Vertreter ohne Vertretungsmacht
Vertreter ohne Vertretungsmacht
Vertreter ohne Vertretungsmacht
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§ 5 STELLVERTRETUNG<br />
1
2<br />
Duldungs- und Anscheinsvollmacht
Duldungs- und Anscheinsvollmacht<br />
3<br />
Richterrechtliche RSV<br />
Anscheinsvollmacht<br />
Duldungsvollmacht
4<br />
Fall Nr.17 [Bauunternehmer]
Fall Nr.17 [Bauunternehmer]<br />
5<br />
Lösungsskizze<br />
B (Insolvenzgefahr!)<br />
Lieferant L<br />
C<br />
Kaufpreiszahlung<br />
§ 433 Abs.2
Fall Nr.17 [Bauunternehmer]<br />
6<br />
Lösungsvorschlag<br />
L gegen C auf Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs.2<br />
I. Kaufvertrag L – C?<br />
1. Einigung nur, wenn B den C vertreten konnte, so dass die<br />
Erklärung des B für und gegen C wirkt.<br />
(P) <strong>Vertretungsmacht</strong>?<br />
- Keine (ausdrückliche oder konkludente)<br />
Bevollmächtigung durch C<br />
- Rechtsschein-, d.h. Duldungs- oder<br />
Anscheinsvollmacht?
Fall Nr.17 [Trickreiche Bauunternehmer]<br />
7<br />
Duldungsvollmacht (BGH, NJW 2002, 2325)<br />
[…] dass eine nicht wirksam erteilte Vollmacht auch über die in §§<br />
171 ff. geregelten Fälle hinaus aus allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten<br />
als wirksam zu behandeln sein kann. Das ist der Fall,<br />
wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht als<br />
nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig<br />
erscheint. [Eine] Duldungsvollmacht ist allerdings nur gegeben, wenn<br />
der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn<br />
als <strong>Vertreter</strong> auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin<br />
versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, dass der als<br />
<strong>Vertreter</strong> Handelnde bevollmächtigt ist."
Duldungsvollmacht<br />
8<br />
1. Rechtsschein der Bevollmächtigung<br />
a) Kenntnis<br />
Der Geschäftsherr weiß, dass ein Unbefugter als (vermeintlicher)<br />
<strong>Vertreter</strong> für ihn auftritt<br />
b) Duldung<br />
Der Geschäftsherr unternimmt aber nichts gegen das Verhalten des<br />
Unbefugten<br />
2. Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners<br />
Der Geschäftsgegner kennt das Fehlen der Vollmacht nicht und musste es<br />
auch nicht kennen! (§ 173 analog)
Fall Nr.17 [Trickreiche Bauunternehmer]<br />
9<br />
Anscheinsvollmacht (BGH, NJW 1998, 1854)<br />
Bei der Anscheinsvollmacht kann sich der Vertretene auf den Mangel<br />
der <strong>Vertretungsmacht</strong> nicht berufen, wenn er schuldhaft den<br />
Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat, so dass der<br />
Geschäftsgegner nach Treu und Glauben von einer Bevollmächtigung<br />
ausgehen darf und von ihr ausgegangen ist. Das kommt in Betracht,<br />
wenn er <strong>ohne</strong> Fahrlässigkeit annehmen darf, der Vertretene kenne und<br />
dulde das Verhalten des für ihn auftretenden <strong>Vertreter</strong>s. Dieser<br />
Rechtsgrundsatz greift aber in der Regel nur dann ein, wenn das<br />
Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die<br />
Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubt, von einer<br />
gewissen Häufigkeit und Dauer ist.
Anscheinsvollmacht<br />
10<br />
1. Rechtsschein der Bevollmächtigung<br />
a) Kennenmüssen<br />
Der Geschäftsherr weiß zwar nicht, dass ein Unbefugter als<br />
(vermeintlicher) <strong>Vertreter</strong> für ihn auftritt, hätte es aber wissen<br />
können und müssen<br />
b) Verhinderungsmöglichkeit<br />
Der Geschäftsherr hätte das Verhalten des Unbefugten<br />
verhindern können<br />
2. Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners<br />
Der Geschäftsgegner kennt das Fehlen der Vollmacht nicht und<br />
musste es auch nicht kennen (§ 173 analog)!
11<br />
Inhalt und Umfang der VM
Inhalt und Umfang der VM<br />
12<br />
<br />
<br />
[…] ergeben sich aus der gesetzlichen Regelung<br />
Elterliche Sorge (§§ 1626, 1629)<br />
Erteilung von Prokura (§§ 49 f. HGB)<br />
[…] oder aus der Bevollmächtigung (Privatautonomie)<br />
Spezialvollmacht – Beispiel: Bevollmächtigung nur im<br />
Hinblick auf den Kauf einer Trachtenjacke (Fall Nr.15)<br />
Generalvollmacht – Bevollmächtigung im Hinblick auf den<br />
gesamten Rechtsverkehr
13<br />
Insichgeschäfte<br />
§ 181
Insichgeschäfte<br />
14<br />
Selbstkontrahierungsverbot<br />
Fall Nr.18 [Betriebsgelände I]<br />
Mehrfachvertretungsverbot<br />
Fall Nr.19 [Betriebsgelände II]
15<br />
Selbstkontrahieren<br />
Fall Nr.18 [Betriebsgelände I]
Fall Nr.18 [Betriebsgelände I]<br />
16<br />
E – GmbH<br />
Bestellung zum<br />
Gf.<br />
K<br />
KV (§§ 433, 311b I 1)<br />
K
Selbstkontrahieren<br />
17<br />
Palandt/Heinrichs, 66. Aufl. 2007, § 181 Rdnr.2<br />
§ 181 beruht auf dem Gedanken, dass die Mitwirkung<br />
derselben Person auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts<br />
die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit die<br />
Schädigung eines Teils in sich birgt.
18<br />
Mehrfachvertretung<br />
Fall Nr.19 [Betriebsgelände II]
Fall Nr.19 [Betriebsgelände II]<br />
19<br />
E-GmbH KLM GbR K<br />
K<br />
(§ 35 GmbHG) (§§ 710, 714)<br />
K
Insichgeschäfte<br />
20<br />
<br />
<br />
<br />
Erlaubte Insichgeschäfte<br />
Erlaubnis durch Rechtsgeschäft oder durch Gesetz<br />
(Beispiel: Kirchenrecht)<br />
Handeln „ausschließlich in Erfüllung einer<br />
Verbindlichkeit“
21<br />
Missbrauch der <strong>Vertretungsmacht</strong>
Missbrauch der <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
22<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Begriff<br />
Handeln im Rahmen des externen Könnens […],<br />
[…] aber gegen das interne Dürfen<br />
Rechtliche Behandlung<br />
Grundsatz<br />
• Risiko des Vertretenen<br />
Ausnahmen<br />
• Objektive Evidenz des Missbrauchs<br />
• Fall Nr.20 [Heiratsschwindler]<br />
• Kollusion
23<br />
Fall Nr.20 [Heiratsschwindler]
Fall Nr.20 [Heiratsschwindler]<br />
24<br />
BGHZ 127, 239, 241<br />
Nach std. Rspr. hat der Vertretene das Risiko eines<br />
Vollmachtsmissbrauchs zu tragen. Der Vertragspartner hat keine<br />
Prüfungspflicht. Der Vertretene ist gegen einen erkennbaren<br />
Missbrauch der <strong>Vertretungsmacht</strong> im Verhältnis zum Vertragspartner<br />
nur dann geschützt, wenn der <strong>Vertreter</strong> von seiner <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass<br />
beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen mussten, ob<br />
nicht ein Treueverstoß des <strong>Vertreter</strong>s gegenüber dem Vertretenen<br />
vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente<br />
voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs."
25<br />
Missbrauch der <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
BGH, NJW 1999, 2883 (vereinfacht)
BGH NJW 1999, 2883<br />
26<br />
<br />
Tatbestand<br />
<br />
Die Kl. fordert von der Bekl. den Restbetrag eines Sparguthabens, das die Bekl.<br />
an einen Bevollmächtigten der Kl. ausbezahlt hat. Die damals 70-jährige Kl.<br />
hatte bei der Sparkasse S. ein Sparkonto, das im Frühjahr 1992 ein Guthaben<br />
von rund 150.000 DM aufwies. Im April 1992 eröffnete sie ein Sparkonto bei<br />
der Bekl., für das sie ihrem Hausarzt Dr. D. Verfügungsvollmacht erteilte. Dieser<br />
hatte der Klägerin angeboten, ihre Ersparnisse bei einer Bank in Luxemburg<br />
anzulegen und behauptet, dass dafür ein Mindestbetrag von 200.000 DM<br />
erforderlich sei. Das bei der Sparkasse S. angelegte Sparguthaben wurde im<br />
Mai 1992 auf das neue Sparkonto bei der Bekl. übertragen. Außerdem nahm<br />
die Kl. bei der Sparkasse S. ein Darlehen in Höhe von 50.000 DM auf. Den<br />
Darlehensbetrag übergab die Kl. Dr. D., der ihn auf dem Sparkonto der<br />
Klägerin bei der Beklagten einzahlte. Das Sparkonto wies damit ein Guthaben<br />
von insgesamt 203.041,90 DM auf. Wenige Tage nach der Übertragung des<br />
Sparguthabens löste D das Sparkonto auf. Einen Teilbetrag von 3.040,90 DM<br />
ließ er sich in bar auszahlen. 200.000,- DM zahlte er sogleich bei der Bekl. zur<br />
Tilgung von bei dieser bestehenden Darlehensverbindlichkeiten ein.
BGH NJW 1999, 2883<br />
27<br />
Kontovertrag (150.000)<br />
Darlehen (50.000)<br />
Sparkasse<br />
Kl.<br />
Bank = Bekl.<br />
Hausarzt Dr. D
BGH NJW 1999, 2883<br />
28<br />
<br />
Entscheidungsgründe<br />
<br />
Die Bekl. wusste, dass das von der Kl. bei ihr angelegte Sparguthaben durch<br />
eine Darlehensaufnahme der Kl. um 50.000 DM auf 200.000 DM erhöht<br />
worden war. Die Kl. gewährte ihrem Hausarzt (und nicht etwa einem<br />
Familienangehörigen) eine umfassende Verfügungsvollmacht, die nur kurze Zeit<br />
nach der Eröffnung des Kontos und nur wenige Tage nach dem Eingang des<br />
Hauptbetrages von 150.000 DM dazu benutzt wurde, das Sparguthaben<br />
aufzulösen, um eigene Darlehensverbindlichkeiten des Bevollmächtigten bei der<br />
Bekl. zu tilgen. […] Es handelt sich hier nicht um ein alltägliches und normales<br />
Geschehen im bankgeschäftlichen Verkehr. Der Vorgang ist vielmehr so auffällig,<br />
daß sich der Bekl. als Vertragspartnerin der Kl. der Verdacht eines Missbrauchs<br />
der Vollmacht hätte aufdrängen müssen. Der eigennützige Einsatz der Vollmacht<br />
gibt in der Regel Anlass zur Aufmerksamkeit. Unter den hier gegebenen<br />
Umständen bestanden starke Verdachtsmomente, die für eine Zweckentfremdung<br />
der abgehobenen Geldbeträge und dafür sprachen, dass der <strong>Vertreter</strong> diese<br />
der Vertretenen unter Missbrauch seiner Vollmacht entziehen wollte.
BGH NJW 1999, 2883<br />
29<br />
<br />
Entscheidungsgründe<br />
Die Bekl. musste insb. deshalb misstrauisch werden, weil es sich um<br />
ein mit einem erheblichen Kreditbetrag aufgestocktes Guthaben<br />
handelte, das der Berechtigte gewöhnlich zu eigenen<br />
Anlagezwecken, nicht aber zur Tilgung der Schulden seines<br />
Kontobevollmächtigten verwenden will. Diese Zweifel drängten<br />
eine Rückfrage bei der Klägerin auf.<br />
Da ein Fall des Vollmachtsmißbrauchs vorliegt, ist die Bekl. in<br />
ihrem Vertrauen auf den Bestand der <strong>Vertretungsmacht</strong> nicht<br />
schutzwürdig. Die Kl. braucht als Vertretene die Rechtsgeschäfte<br />
des <strong>Vertreter</strong>s nicht gegen sich gelten zu lassen … Der Anspruch<br />
der Kl. auf Auszahlung des Guthabens ist durch die von dem<br />
Verfügungsbevollmächtigten veranlaßte Abhebung nicht erloschen<br />
und besteht fort.
30<br />
Missbrauch der <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
Kollusion
Missbrauch der <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
31<br />
Kollusion<br />
BGH, NJW 1989, 26<br />
• […] wenn <strong>Vertreter</strong> und Geschäftspartner im Einverständnis<br />
zum Nachteil des Vertretenen handeln, ist das<br />
Rechtsgeschäft sittenwidrig und damit nichtig.
32<br />
Vertretung <strong>ohne</strong> <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
§§ 177 ff.
<strong>Vertreter</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
33<br />
<br />
<br />
<br />
Begriff: <strong>Vertreter</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Vertretungsmacht</strong> = falsus<br />
procurator<br />
Gesetzliche Regelung (§§ 177 ff.)<br />
Interessenlage<br />
<br />
<br />
Interesse des Vertretenen<br />
Interesse des Dritten
<strong>Vertreter</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
34<br />
<strong>Vertreter</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Vertretungsmacht</strong><br />
bei einseitigen<br />
RG<br />
bei Verträgen<br />
§ 180 Schwebende Unwirksamkeit des RG<br />
Potentielle Genehmigung (§ 177 Abs.1)<br />
Genehmigung erteilt<br />
Vertrag wirksam<br />
Genehmigung verweigert<br />
Vertrag unwirksam; Haftung<br />
des falsus procurator (§ 179)
35<br />
Fall Nr.21 [Notarielle Beurkundung]
Fall Nr.21 [Notarielle Beurkundung]<br />
36<br />
V<br />
Kaufvertrag (§§ 433, 311b)<br />
K<br />
Schadensersatz?<br />
B
Fall Nr.21 [Notarielle Beurkundung]<br />
37<br />
OLG Celle, Urt. v.04.04.05 – 8 U 171/04<br />
Tritt eine Notariatsangestellte auf Bitten ihres Arbeitgebers, des<br />
beurkundenden Notars, für den bei der Beurkundung nicht<br />
anwesenden Verkäufer mit der Erklärung – Genehmigungserklärung<br />
nachzureichen versprechend – auf, und wird die Genehmigung<br />
nachträglich verweigert, so kommt ihre persönliche Haftung als<br />
<strong>Vertreter</strong>in <strong>ohne</strong> <strong>Vertretungsmacht</strong> nicht in Betracht, da der andere<br />
Teil den Mangel der <strong>Vertretungsmacht</strong> kennen musste (§ 179 Abs. 3).
38<br />
Fall Nr.22 [Kündigung]
Fall Nr.22 [Kündigung]<br />
39<br />
Lösungshinweis<br />
Nachträgliche Genehmigung (Begriff: § 184 Abs.1) der<br />
Kündigung (§ 639) gem. § 179 Abs.1 scheidet aus, weil<br />
es sich bei der Kündigung um ein einseitiges<br />
Rechtsgeschäft handelt (§ 180 S.1).
Repetitorium<br />
40<br />
Das sollten<br />
Sie wissen!<br />
Stellvertretung (§§ 164 ff.) in allen<br />
Einzelheiten!<br />
Basiswissen<br />
Prokura (§§ 48 ff. HGB)
Repetitorium<br />
41<br />
Das sollten<br />
Sie<br />
verstanden<br />
haben!<br />
Welche der folgenden Thesen trifft zu?<br />
Die Prokura ist eine von einem Kaufmann<br />
erteilte handelsrechtliche Vollmacht.<br />
Die Prokura ist keine Vollmacht (vgl. § 166<br />
Abs.2 Satz 1), sondern eine gesetzliche<br />
<strong>Vertretungsmacht</strong> (§§ 48 ff. HGB).<br />
Merke<br />
Die Prokura ist eine handelsrechtliche<br />
Vollmacht (rechtsgeschäftliche Erteilung durch<br />
den Inhaber des Handelsgewerbes!) mit<br />
einem gesetzlich (§ 49 HGB) festgelegten<br />
Umfang!