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04/2013 Der Fall Åkerberg Fransson

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DeLuxe – Europarecht aktuell – <strong>04</strong>/<strong>2013</strong> DeLuxe – Europarecht aktuell – <strong>04</strong>/<strong>2013</strong><br />

ge zwischen den beiden Höchstgerichten. Man mag dem BVerfG vorwerfen,<br />

dass es sie nicht in einer Vorlage direkt an den Gerichtshof gerichtet hat. Ob<br />

dem Verhältnis beider Gerichte hierdurch allerdings gedient worden wäre,<br />

erscheint fraglich, da die Vorlagefrage wohl eine eher rhetorische gewesen<br />

wäre. Blickt man hingegen auf den materiellen Kern der Auseinandersetzung,<br />

so kommt man nicht umhin, die durch den EuGH forcierte Entwicklung der<br />

mitgliedstaatlichen EU-Grundrechtsbindung kritisch zu sehen. Denn sie führt<br />

dazu, dass die EU-Grundrechte zunehmend in Bereiche hineinwirken, die in<br />

den Kompetenzen der Mitgliedstaaten verblieben sind. Dort zielen sich nicht<br />

mehr auf eine Bändigung der durch die Mitgliedsstaaten vermittelten EU-<br />

Hoheitsgewalt, sondern bilden – neben den Grundfreiheiten und der Freizügigkeit<br />

– den rechtlichen Rahmen für die Ausübung mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten,<br />

die nur noch rudimentär durch das Unionsrecht berührt werden<br />

müssen, um in den Fokus dieser Kompetenzausübungsschranken zu geraten.<br />

Für diesen Funktionswandel der EU-Grundrechte liefert der Gerichtshof<br />

weder eine ausreichender Begründung, noch weisen die Verträge hierfür die<br />

notwendige rechtliche Legitimation auf. Allein die Sicherung der Einheitlichkeit<br />

des Unionsrechts kann hierfür nicht genügen, wenn es gerade keine konkreten<br />

unionalen Vorgaben materieller Art gibt, deren Einheitlichkeit gesichert<br />

werden kann. Die Grenzziehung zwischen der unionalen und der nationalen<br />

Grundrechtsphäre mag im Einzelfall nicht einfach sein. Das Kriterium der<br />

Determiniertheit durch Unionsrechts bietet jedoch sowohl aus unionsrechtlicher<br />

als auch aus verfassungsrechtlicher Sicht eine konfliktvermeidende Richtschnur.<br />

Zitiervorschlag: Kubicki, DeLuxe 4/<strong>2013</strong>, <strong>Åkerberg</strong> <strong>Fransson</strong><br />

www.rewi.europa-uni.de/deluxe<br />

2. Vertiefende Lesehinweise<br />

• Latzel, Eine misslungene Karlsruher Trotzreaktion, F.A.Z. vom<br />

3.5.<strong>2013</strong>, S. 7<br />

• Lenz, EuGH-Urteil „<strong>Fransson</strong>“ – Kein Anlass zum „Richterkrieg“,<br />

EWS <strong>2013</strong>, S. 1<br />

• Rabe, Grundrechtsbindung der Mitgliedstaaten, NJW <strong>2013</strong>, 1407 ff.<br />

• Rathke, Autoritative Erziehung im europäischen Verfassungsgerichtsverbund,<br />

vom 26.<strong>04</strong>.<strong>2013</strong>, juwiss.de<br />

• Tyhm, Von Karlsruhe nach Bückeburg – auf dem Weg zur europäischen<br />

Grundrechtegemeinschaft, vom 28.02.<strong>2013</strong>, www. verfassungsblog.de<br />

• Winter, Deutliche Worte des EuGH im Grundrechtsbereich, NZA<br />

<strong>2013</strong>, 473 ff.<br />

3. Sachverhalt<br />

Herr <strong>Åkerberg</strong> <strong>Fransson</strong> wurde vor einem schwedischen Gericht wegen Steuerhinterziehung<br />

in einem schweren <strong>Fall</strong> angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, in<br />

seinen Steuererklärungen falsche Angaben gemacht zu haben, wodurch dem<br />

Staat u.a. beinahe Einnahmen der Mehrwertsteuer in bedeutender Höhe entgangen<br />

wären.<br />

Bereits vor dem Strafverfahren wurden Herrn <strong>Åkerberg</strong> <strong>Fransson</strong> wegen derselben<br />

Tat der Abgabe unzutreffender Steuererklärungen für die betreffenden<br />

Zeiträume in einem steuerverwaltungsrechtlichen Verfahren Steuerzuschläge<br />

als verwaltungsrechtliche Sanktionen auferlegt, die zudem zu verzinsen waren.<br />

Eine Anfechtung vor dem Verwaltungsgericht wurde seitens Herrn <strong>Åkerberg</strong><br />

<strong>Fransson</strong> nicht vorgenommen.<br />

Dem vorlegenden Strafgericht stellte sich in der Sache die Frage, ob die Anklage<br />

gegen Herrn <strong>Åkerberg</strong> <strong>Fransson</strong> unzulässig ist, weil er in dem steuerlichen<br />

Verfahren bereits wegen derselben Tat mit einer verwaltungsrechtlichen Sank-<br />

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