Intranet: Geplatzte Träume – neue Chancen

Intranet: Geplatzte Träume – neue Chancen Intranet: Geplatzte Träume – neue Chancen

31.10.2012 Aufrufe

und erreichen seltener eine Übereinstimmung als in der Face-to-face-Kommunikation – dies belegt bereits eine Studie zur Audio- und Videokommunikation von Short/Williams/Christie aus den 70er Jahren (vgl. Hoffmann 2001, S. 133). Im Intranet entstehen neue medienspezifische Hierarchie-Signale. Thomas Mickeleit, ehemaliger Leiter Unternehmenskommunikation von IBM, beschwor noch 2002 den Geist der hierarchiefreien Kommunikation: „Im letzten Jahr hat das Intranet den Vorgesetzten abgelöst“ (zit. in: Mast 2002, S. 12). In der Tat bestätigen Mitarbeiterbefragungen, dass das Intranet nach dem Kollegen die wichtigste Informationsquelle geworden ist (vgl. Mast 2002, S. 12). Da sich die Mitarbeiter alle für sie relevanten Informationen ohne Filterung durch das Management nun aus dem Intranet ziehen können, sind die Vorgesetzten nicht mehr zwangsläufig Kommunikationsquelle Nr. 1. Laut Mast können sie diesen Ruf nur behalten, „wenn sie im persönlichen Gespräch überzeugen“ (Mast 2001). Doch die Kommunikationsverantwortlichen der deutschen Unternehmen sind skeptisch, ob das Intranet den Kontakt zwischen Geschäftsleitung und Mitarbeitern intensiviert hat: Für 68 % der Befragten trifft dies nicht oder nur teilweise zu, lediglich 24 % meinen, dass sich die Kommunikation verbessert hat. Dies hängt eng zusammen mit der mangelnden Dialogorientierung des Mediums: Nur 15 % der befragten Kommunikationsverantwortlichen sind der Ansicht, dass die Prozesse der Mitarbeiterinformation im Intranet dialogorientiert verlaufen. Nur noch ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass Intranet-Kommunikation weniger durch Hierarchien beeinflusst wird als andere Formen der Mitarbeiterkommunikation (vgl. Hoffmann 2001, S. 227ff). Das Intranet und andere moderne Kommunikationsmittel wie das Handy erzeugen eine „Illusion der Erreichbarkeit“. Tatsächlich aber rufen die parallel angewandten Kommunikationsmittel „Strategien des Verbergens“ hervor. Hierdurch ergeben sich neue Hierarchieprobleme und die Tatsache, dass wir immer mehr Zeit mit sinnlosen Kontaktversuchen verbringen (vgl. Accenture/Horx 2003, S. 18). Bei den elektronischen Medien ist die Medienkompetenz zu einem neuen sozialen Selektionsmechanismus geworden. Laut der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 nutzt rund die Hälfte der Deutschen das Internet zumindest gelegentlich (vgl. van Eimeren/Gerhard/Frees 2003, S. 339). Die Medienkompetenz der Mitarbeiter in Unternehmen ist Spiegelbild einer neuen Zweiklassengesellschaft mit dem distinktiven Merkmal Nutzung der modernen Medien. Viele Unternehmen haben daher nachhaltig mit „Soft Wiring“-Blockaden, d. h. „Techno-Analphabetismus“ und allgemeiner Technophobie, zu kämpfen (vgl. Hoffmann 2001, S. 77). 6

Optimale Nutzung des Intranets als Leitmedium der internen Kommunikation Ausdifferenzierung des Medien-Portfolios und klare Zuweisungen von Funktionalitäten. Seit Wolfgang Riepl (1913) ist bekannt: Die Evolution neuer Medien führt zu keiner Verdrängung der alten Medien, sondern zu einer funktionalen Ausdifferenzierung des Mediensystems. Dieses Gesetz bestätigt sich auch beim Medien-Portfolio von Unternehmen. Bei 55 % der DAX 100 Unternehmen hat das Intranet nur geringe Auswirkungen auf die Printmedien und erfüllt eine eher ergänzende Funktion (vgl. Mast 2003, S. 19). Vor allem die direkte Kommunikation kann nicht ersetzt werden: Nach wie vor werden Beziehungen in Unternehmen primär durch die Face-to-face-Kommunikation geprägt. Je mehr virtuelle Kommunikation in einem Unternehmen stattfindet, desto größer wird das Bedürfnis der Mitarbeiter nach personeller Kommunikation. Kommunikationsmanagement. Das Management muss für eine Balance zwischen virtueller und persönlicher Kommunikation sorgen (vgl. Mickeleit 2000). Die geringe Media Richness des Intranets muss durch andere Kommunikationskanäle kompensiert werden: Medien zur Vermittlung von Hintergrundinformationen bleiben nach wie vor die Mitarbeiterzeitschrift, Face-to-face-Kommunikation und schriftliche Mitteilungen. Modell der Informationsüberflutung und Effektivität: Medienmanagement Medium » Face-to-face » Videokonferenz/Business TV » Internet/Intranet » Telefon/Telefonkonferenz » Voice Mail » E-Mail Kolloboration/Chat » E-Mail » Brief, Flyer, Broschüre (Bachmann 2002) Media Richness hoch » überkompliziert » zu viele Kanäle mittel niedrig » nichtssagend » unpersönlich niedrig mittel hoch Komplexität Mit dem Vermittlungsreichtum eines Mediums hängt auch dessen „soziale Präsenz“ zusammen, d. h. die Fähigkeit, sozial-psychische Nähe zu vermitteln (vgl. Höflich 1998, S. 77). Direkte Kommunikation kann nur dann ohne Effizienzverluste ersetzt werden, wenn die „soziale Präsenz“ des Mediums den kommunikativen Anforderungen angemessen ist. „Je mehr persönliche Bezüge Aufgabensituationen fordern oder wenn diese mehrdeutig sind, um so weniger lohnt sich die Verwendung eines Mediums, zumal eines mit geringer ‚sozialer Präsenz’“ (Höflich 1998, S. 78). 7

Optimale Nutzung des <strong>Intranet</strong>s als Leitmedium der internen Kommunikation<br />

Ausdifferenzierung des Medien-Portfolios und klare Zuweisungen von Funktionalitäten.<br />

Seit Wolfgang Riepl (1913) ist bekannt: Die Evolution <strong>neue</strong>r Medien<br />

führt zu keiner Verdrängung der alten Medien, sondern zu einer funktionalen<br />

Ausdifferenzierung des Mediensystems. Dieses Gesetz bestätigt sich auch beim<br />

Medien-Portfolio von Unternehmen. Bei 55 % der DAX 100 Unternehmen hat das<br />

<strong>Intranet</strong> nur geringe Auswirkungen auf die Printmedien und erfüllt eine eher<br />

ergänzende Funktion (vgl. Mast 2003, S. 19). Vor allem die direkte Kommunikation<br />

kann nicht ersetzt werden: Nach wie vor werden Beziehungen in Unternehmen<br />

primär durch die Face-to-face-Kommunikation geprägt. Je mehr virtuelle Kommunikation<br />

in einem Unternehmen stattfindet, desto größer wird das Bedürfnis der<br />

Mitarbeiter nach personeller Kommunikation.<br />

Kommunikationsmanagement. Das Management muss für eine Balance<br />

zwischen virtueller und persönlicher Kommunikation sorgen (vgl. Mickeleit 2000).<br />

Die geringe Media Richness des <strong>Intranet</strong>s muss durch andere Kommunikationskanäle<br />

kompensiert werden: Medien zur Vermittlung von Hintergrundinformationen<br />

bleiben nach wie vor die Mitarbeiterzeitschrift, Face-to-face-Kommunikation und<br />

schriftliche Mitteilungen.<br />

Modell der Informationsüberflutung und Effektivität: Medienmanagement<br />

Medium<br />

» Face-to-face<br />

» Videokonferenz/Business TV<br />

» Internet/<strong>Intranet</strong><br />

» Telefon/Telefonkonferenz<br />

» Voice Mail<br />

» E-Mail Kolloboration/Chat<br />

» E-Mail<br />

» Brief, Flyer, Broschüre<br />

(Bachmann 2002)<br />

Media Richness<br />

hoch » überkompliziert<br />

» zu viele Kanäle<br />

mittel<br />

niedrig<br />

» nichtssagend<br />

» unpersönlich<br />

niedrig mittel hoch<br />

Komplexität<br />

Mit dem Vermittlungsreichtum eines Mediums hängt auch dessen „soziale<br />

Präsenz“ zusammen, d. h. die Fähigkeit, sozial-psychische Nähe zu vermitteln<br />

(vgl. Höflich 1998, S. 77). Direkte Kommunikation kann nur dann ohne Effizienzverluste<br />

ersetzt werden, wenn die „soziale Präsenz“ des Mediums den kommunikativen<br />

Anforderungen angemessen ist. „Je mehr persönliche Bezüge Aufgabensituationen<br />

fordern oder wenn diese mehrdeutig sind, um so weniger lohnt sich die<br />

Verwendung eines Mediums, zumal eines mit geringer ‚sozialer Präsenz’“ (Höflich<br />

1998, S. 78).<br />

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