Intranet: Geplatzte Träume – neue Chancen

Intranet: Geplatzte Träume – neue Chancen Intranet: Geplatzte Träume – neue Chancen

31.10.2012 Aufrufe

Diesem Impetus folgten in den 90er Jahren mit der Einführung des Intranets auch die Unternehmen. Es sollte die offene Kommunikation über alle Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg ermöglichen. L. Nikolaus Guntrum und Friedmar Nusch, ehemaliger Leiter Unternehmenskommunikation bei Hoechst, lobten 1998: „Wie im Internet nehmen die Informationen ihren eigenen Weg, abseits traditioneller Hierarchien der Informationsvermittlung und außerhalb der Informationskaskade“ (Guntrum/Nusch 1998, S. 199). Auch Banken begeisterten sich plötzlich für die Idee des „hierarchiefreien“ Unternehmens: Die Dresdner Bank beispielsweise proklamierte 1999 den „offenen, konstruktiven Dialog über alle Hierarchien, Bereichs-, Abteilungs- und Ländergrenzen“ (Dresdner Bank, zit. in: Mast 2002, S. 8) hinweg. Diese Zielsetzungen folgten den sich wandelnden Ansprüchen der Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz, „die Arbeit auf sich und nicht sich auf die Arbeit zu beziehen“. Der Arbeitssoziologe Martin Baethge beschreibt bereits 1990 in seinem Aufsatz „Arbeit, Vergesellschaftung, Identität – zur zunehmenden Subjektivierung der Arbeit“ die Verbreitung dieses subjektzentrierten Arbeitsverständnisses – weg von der Orientierung an hohem Einkommen hin zur besonderen Wertschätzung interessanter Arbeit, zur gesellschaftlichen Legitimierbarkeit beruflichen Handelns und zur Verwirklichung eigener Ideen. Zum ersten Mal beharrten nicht nur wenige Kreative, sondern alle Beschäftigten darauf, dieses Arbeitsverständnis in der betrieblichen Umwelt zu verwirklichen (vgl. Baethge 1990, S. 260ff). Glaubt man Befragungen von Universitätsabsolventen, so sind die Auswahlkriterien bei der Arbeitgeberwahl ein gutes Arbeitsklima, klare Karrierechancen und die Identifikation mit Unternehmen und Produkt. Hohes Gehalt spielt demnach die geringste Rolle (vgl. Kienbaum, zit. in: Kaufmann 2003). In der aktuellen Diskussion um das Intranet ist das Demokratisierungsversprechen zu einem Effizienzversprechen ermäßigt. In einer umfassenden Untersuchung zum Intranet, durchgeführt von Claus Hoffmann im Jahre 1999 2 , bezeichnen Kommunikationsverantwortliche als Zielsetzungen des Mediums vor allem die Befriedigung der Kommunikationsbedürfnisse der Mitarbeiter und PR nach innen. Verständnis, Transparenz, Partizipation an Entscheidungen und zwischenmenschliche Beziehungen erscheinen weniger wichtig. 2 Auf der Basis von Ergebnissen aus Expertengesprächen mit zwölf Entscheidungsträgern befragte Hoffmann 136 Kommunikationsverantwortliche der umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland schriftlich zum Einsatz des Intranets als Medium der Mitarbeiterkommunikation. 2

Bedeutung einzelner Ziele der Mitarbeiterkommunikation im Intranet Kommunikationsbedürfnisse Mitarbeiter PR nach innen Integration der Mitarbeiter Motivation der Mitarbeiter Aufgabenerfüllung und Arbeitsleistung Meinungsbildung der Mitarbeiter Verständnis, Transparenz Unternehmenskultur, Betriebsklima Entwicklung, Qualifizierung der Mitarbeiter Vertrauensbildung und Sicherheitsgefühl Partizipation an Entscheidungen Konfliktmanagement Zwischenmenschl. Beziehungen Mitarbeiter (Hoffmann 2001) Das Intranet ist zu einem Tool geworden, das die Leistungsfähigkeit fast aller Funktionen steigern soll. Einsatzfelder des Intranets in Organisationen Verwaltung Archive Data-Warehouse Projektkalkulation Projektüberwachung Adress- und Telefonlisten F & E CAD-Daten Entwicklungsbibliotheken Simultaneous Engineering (Hoffmann 2001) Beschaffung Bestellformulare und Bestellüberwachung Lieferanten- und Produktkataloge Elektronische Ausschreibungen Kommunikation Mitarbeiterkommunikation PR nach innen Krisenkommunikation Intranet- Anwendungen Produktion Arbeitsplanung Lagerverwaltung Qualitätsmanagement Fertigungssteuerung Auftrags- und Terminverfolgung 4,40 4,19 4,12 4,09 3,99 3,80 3,80 3,71 3,57 3,48 3,13 3,02 2,98 n = 95 1 2 3 4 5 völlig unwichtig unwichtig mittel wichtig sehr wichtig Personalwesen Online-Stelleninformation und -bewerbung Elektronische Personalakte Aus- und Weiterbildung Vorschlagswesen Arbeitszeitkonten Marketing & Vertrieb Produktinformationen Online-Store Schulung Kundendienst Software-Updates Problemmeldung Fehlerbeseitigung Wartung und Diagnose Die wirtschaftlichen Vorteile des Intranet-Einsatzes sehen die meisten Kommunikationsverantwortlichen dabei vor allem in der verringerten Suchzeit, dem Wissensaustausch, der Prozessoptimierung und dem verringerten Papierverbrauch (vgl. add-all 2003, S. 26). Argumente wie die Ersparnis an Briefmarken, 3

Diesem Impetus folgten in den 90er Jahren mit der Einführung des <strong>Intranet</strong>s auch<br />

die Unternehmen. Es sollte die offene Kommunikation über alle Abteilungs- und<br />

Hierarchiegrenzen hinweg ermöglichen. L. Nikolaus Guntrum und Friedmar<br />

Nusch, ehemaliger Leiter Unternehmenskommunikation bei Hoechst, lobten 1998:<br />

„Wie im Internet nehmen die Informationen ihren eigenen Weg, abseits traditioneller<br />

Hierarchien der Informationsvermittlung und außerhalb der Informationskaskade“<br />

(Guntrum/Nusch 1998, S. 199). Auch Banken begeisterten sich plötzlich für<br />

die Idee des „hierarchiefreien“ Unternehmens: Die Dresdner Bank beispielsweise<br />

proklamierte 1999 den „offenen, konstruktiven Dialog über alle Hierarchien, Bereichs-,<br />

Abteilungs- und Ländergrenzen“ (Dresdner Bank, zit. in: Mast 2002, S. 8)<br />

hinweg.<br />

Diese Zielsetzungen folgten den sich wandelnden Ansprüchen der Mitarbeiter<br />

an ihren Arbeitsplatz, „die Arbeit auf sich und nicht sich auf die Arbeit zu beziehen“.<br />

Der Arbeitssoziologe Martin Baethge beschreibt bereits 1990 in seinem Aufsatz<br />

„Arbeit, Vergesellschaftung, Identität – zur zunehmenden Subjektivierung der<br />

Arbeit“ die Verbreitung dieses subjektzentrierten Arbeitsverständnisses – weg von<br />

der Orientierung an hohem Einkommen hin zur besonderen Wertschätzung interessanter<br />

Arbeit, zur gesellschaftlichen Legitimierbarkeit beruflichen Handelns und<br />

zur Verwirklichung eigener Ideen. Zum ersten Mal beharrten nicht nur wenige<br />

Kreative, sondern alle Beschäftigten darauf, dieses Arbeitsverständnis in der betrieblichen<br />

Umwelt zu verwirklichen (vgl. Baethge 1990, S. 260ff). Glaubt man Befragungen<br />

von Universitätsabsolventen, so sind die Auswahlkriterien bei der Arbeitgeberwahl<br />

ein gutes Arbeitsklima, klare Karrierechancen und die Identifikation<br />

mit Unternehmen und Produkt. Hohes Gehalt spielt demnach die geringste Rolle<br />

(vgl. Kienbaum, zit. in: Kaufmann 2003).<br />

In der aktuellen Diskussion um das <strong>Intranet</strong> ist das Demokratisierungsversprechen<br />

zu einem Effizienzversprechen ermäßigt. In einer umfassenden Untersuchung<br />

zum <strong>Intranet</strong>, durchgeführt von Claus Hoffmann im Jahre 1999 2 , bezeichnen<br />

Kommunikationsverantwortliche als Zielsetzungen des Mediums vor allem die<br />

Befriedigung der Kommunikationsbedürfnisse der Mitarbeiter und PR nach innen.<br />

Verständnis, Transparenz, Partizipation an Entscheidungen und zwischenmenschliche<br />

Beziehungen erscheinen weniger wichtig.<br />

2 Auf der Basis von Ergebnissen aus Expertengesprächen mit zwölf Entscheidungsträgern befragte<br />

Hoffmann 136 Kommunikationsverantwortliche der umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland<br />

schriftlich zum Einsatz des <strong>Intranet</strong>s als Medium der Mitarbeiterkommunikation.<br />

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