ZAHNÄRZ TEBLATT
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MAI 2014<br />
N I E D E R S Ä C H S I S C H E S<br />
<strong>ZAHNÄRZ</strong> <strong>TEBLATT</strong><br />
4<br />
Die Einzelpraxis ist tot –<br />
es lebe die Einzelpraxis<br />
Praxislage<br />
Wo die Bevölkerung lebt<br />
Wo Zahnärzte sich niederlassen<br />
32%<br />
Großstadt 28%<br />
Mittelstadt<br />
40%<br />
Land<br />
44%<br />
Großstadt<br />
26%<br />
30% Mittelstadt<br />
Land<br />
Quelle: IDZ/apoBank<br />
c<br />
IS Grafik<br />
14<br />
Prothetische Rehabilitation<br />
im parodontal geschädigten<br />
Gebiss – geht das?<br />
20<br />
In der Bewährungsphase –<br />
Verblendfreie, monolithische<br />
Kronen und Brücken<br />
aus Zirkoniumdioxid<br />
30<br />
Die indikationsgerechte<br />
Behandlung der<br />
bakteriellen Endodontitis –<br />
Teil 3
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Durch die Hintertür<br />
E D I T O R I A L<br />
Die alte Weisheit, dass Politik die Kunst des Möglichen ist,<br />
wird heutzutage von vielen Politikern gerne derart interpretiert,<br />
dass es darum geht, den Wähler eine möglichst lange<br />
Zeit über die eigentlichen Ziele im Unklaren zu lassen.<br />
So wurde beispielsweise der Bevölkerung der Eindruck<br />
vermittelt, man könne eine Währungsunion ohne Transferunion,<br />
ohne Harmonisierung der Sozialsysteme und mit<br />
einer Beschränkung der Neuverschuldung auf drei Prozent<br />
gestalten. Dazu mussten die Erkenntnisse von Eurostat<br />
bezüglich der Verschuldung einiger Beitrittsländer ignoriert<br />
werden.<br />
Die „roten Linien“ wurden dabei eine nach der anderen<br />
überschritten!<br />
Hätte man der Bevölkerung vor Einführung des Euro die<br />
Konsequenzen aus heutiger Sicht geschildert, der Bürger<br />
und Wähler hätte wohl mit ungläubigem Kopfschütteln<br />
abgewunken.<br />
Eine ähnliche Strategie, wenn auch nicht im gleichen<br />
Maße schicksalhaft für die Gesamtbevölkerung, kann<br />
man beim Umgang der Politik mit der Selbstverwaltung<br />
im Gesundheitswesen erahnen.<br />
Als der Gesetzgeber 2005 die – aus seiner Sicht wohl teilweise<br />
unbotmäßigen – ehrenamtlichen Vorstände bei den<br />
Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen durch hauptamtliche<br />
Vorstände ersetzte, wurde das mit einer notwendigen Professionalisierung<br />
begründet. Um bei dieser Beschneidung<br />
der Selbstverwaltung unterhalb der Schmerzgrenze von<br />
Ärzten und Zahnärzten zu bleiben, räumte man für die<br />
Vorstände die Möglichkeit ein, weiterhin in Nebentätigkeit<br />
als Arzt/Zahnarzt tätig bleiben zu dürfen. Es blieb den<br />
Vertreterversammlungen überlassen, wie dieser Spagat<br />
zwischen betriebswirtschaftlichen Zwängen der eigenen<br />
Praxis und dem Amt in der Körperschaft finanziell auszugleichen<br />
war.<br />
Ohne auf die Frage einzugehen, ob dabei immer das rechte<br />
Maß gefunden wurde, so muss doch festgehalten werden,<br />
dass hier die Selbstverwaltungen selbst entschieden haben,<br />
wie hoch die Entschädigungen sein sollten, finanziert aus<br />
den sauer verdienten Honoraren der Kollegenschaft.<br />
Wenn die Politik sich jetzt anscheinend in die Entschädigungsdiskussion<br />
einmischen will, so ist ihre dafür gegebene<br />
Begründung schlicht falsch und vorgeschoben: Es handelt<br />
sich eben nicht (mehr) um Versichertengelder, aus denen<br />
die Entschädigungen gezahlt werden, sondern um Gelder<br />
der Ärzte/Zahnärzte für deren erbrachte Leistungen.<br />
Das lässt sich auch ganz einfach beweisen: Die Kassen<br />
zahlen Vergütungen bis zur Gesamtvergütungsobergrenze<br />
auf der Basis erbrachter Leistungen, vollkommen unabhängig<br />
davon, wie viel die Vorstände in den jeweiligen<br />
Selbstverwaltungen als Entschädigungen erhalten!<br />
Trotzdem wollen die Aufsichten sich zukünftig die Dienstverträge<br />
vorab vorlegen lassen, und damit der Selbstverwaltung<br />
ein weiteres Stück Entscheidungsbefugnis nehmen.<br />
Ist das schon schlimm genug, droht darüber hinaus eine<br />
faktische Aushebelung der Möglichkeit, aus der Praxis heraus<br />
für eine begrenzte Zeit Verantwortung zu übernehmen.<br />
Denn die von der Politik diskutierte Entschädigungsorientierung<br />
an irgendwelchen Besoldungsstufen, die für<br />
Beamte dann ja im Normalfall für das gesamte Berufsleben<br />
gelten, mit der entsprechenden Pension im Anschluss,<br />
diese Orientierung ist ja nicht sachdienlich für jemanden,<br />
der seine Praxis parallel zu seiner Amtszeit am Leben<br />
erhalten muss, nicht wissend, ob er in der nächsten Legislatur<br />
wieder in sein Amt gewählt wird!<br />
Und dann greift die langfristige Strategie: Wenn sich kein<br />
Arzt/ Zahnarzt mehr findet für dieses Amt, dann werden<br />
die Vorstände der Selbstverwaltung von Verwaltungsfachleuten<br />
gestellt, von denen man sich vielleicht eine – aus<br />
Sicht der Politik – reibungslosere Arbeit erhofft!<br />
Aber auch hier gilt: Nicht jede Strategie geht auf! Ich habe<br />
mittlerweile etliche nichtzahnärztliche Vorstandsmitglieder<br />
in der Selbstverwaltung kennenlernen dürfen, die sich sehr<br />
engagiert für unsere Belange einsetzen! <br />
—<br />
Dr. Thomas Nels<br />
Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der<br />
Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
Foto: NZB-Archiv<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | E D I T O R I A L<br />
1
NIEDERSÄCHSISCHES <strong>ZAHNÄRZ</strong><strong>TEBLATT</strong> – 49. Jahrgang<br />
Monatszeitschrift niedersächsischer Zahnärztinnen und Zahnärzte mit<br />
amtlichen Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
(KZVN), erscheint elfmal jährlich, jeweils zum 15. eines jeden Monats.<br />
I M P R E S S U M<br />
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Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen<br />
Zeißstraße 11, 30519 Hannover;<br />
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Heft 07, 08 / 14: 12. Juni 2014<br />
Heft 09 / 14: 14. August 2014<br />
Heft 10 / 14: 11. September 2014<br />
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4<br />
2012<br />
2011<br />
2010<br />
2009<br />
2008<br />
Art der Existenzgründung<br />
Berufsausübungsgemeinschaft<br />
Übernahme Einzelpraxis<br />
Neugründung Einzelpraxis<br />
Quelle: IDZ/apoBank<br />
27%<br />
33%<br />
30%<br />
30%<br />
35%<br />
61%<br />
57%<br />
57%<br />
50%<br />
55%<br />
12%<br />
10%<br />
13%<br />
20%<br />
10%<br />
c IS Grafik<br />
ABONNENTENVERWALTUNG<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen,<br />
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2 I M P R E S S U M | N Z B | M A I 2 0 14
35<br />
E D I T O R I A L<br />
6<br />
20<br />
EDITORIAL<br />
FACHLICHES<br />
INTERESSANTES<br />
1 Dr. Thomas Nels:<br />
Durch die Hintertür<br />
POLITISCHES<br />
4 Die Einzelpraxis ist tot –<br />
es lebe die Einzelpraxis<br />
Existenzgründungsanalyse untersucht,<br />
wie sich Zahnärzte niederlassen<br />
6 Koordinierungskonferenz Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit in Mainz<br />
8 Das geheim verhandelte<br />
Freihandelsabkommen TTIP<br />
gefährdet die Demokratie<br />
10 Zahnreinigung für 30 Euro<br />
Preiswettbewerb, Qualitätsverunsicherung<br />
und Kulturwandel am Beispiel<br />
der Professionellen Zahnreinigung<br />
14 Prothetische Rehabilitation im<br />
parodontal geschädigten Gebiss –<br />
geht das?<br />
20 In der Bewährungsphase –<br />
Verblendfreie, monolithische Kronen<br />
und Brücken aus Zirkoniumdioxid<br />
30 Die indikationsgerechte Behandlung<br />
der bakteriellen Endodontitis<br />
Das „Timbuktu-Protokoll“<br />
Teil 3: Partielle Gangrän<br />
35 Wenn Knigge in die Praxis kommt –<br />
oder „Herzlich Willkommen in unserer<br />
Zahnarztpraxis“<br />
36 Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
- Aktuelle Urteile aus dem Steuerrecht<br />
- Aktuelle Urteile aus der Arbeitswelt<br />
38 Rechtstipp: Meldung bei Verdacht auf<br />
Kindesmisshandlung<br />
40 Handwerkerleistungen und<br />
haushaltsnahe Dienstleistungen<br />
Kritische Punkte zur Abzugsfähigkeit<br />
ab 2014<br />
TERMINLICHES<br />
42 Termine<br />
PERSÖNLICHES<br />
42 Dr. Karl-Heinz Dreiocker ist gestorben<br />
43 Zum Tod von Dr. Joachim Wömpner<br />
KZVN<br />
44 Niederlassungshinweise<br />
46 Arbeitstreffen von KZVN-Vorstand &<br />
Verwaltungsstellenvorsitzenden<br />
K L E I N A N Z E I G E N<br />
K Z V N<br />
P O L I T I S C H E S<br />
I N H A LT<br />
KLEINANZEIGEN<br />
48 Kleinanzeigen<br />
P E R S Ö N L I C H E S T E R M I N L I C H E S I N T E R E S S A N T E S F A C H L I C H E S<br />
14<br />
30<br />
© Fotos Titel/Inhaltsverzeichnis: © yellowj/Fotolia.com; Dr. Uwe Neddermeyer; NZB-Archiv; Dr. A. Hutsky, J. Illner; Prof. Dr. M. Naumann<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | I N H A L T<br />
3
Die Einzelpraxis ist tot –<br />
es lebe die Einzelpraxis<br />
EXISTENZGRÜNDUNGSANALYSE UNTERSUCHT,<br />
WIE SICH <strong>ZAHNÄRZ</strong>TE NIEDERLASSEN<br />
2012<br />
2011<br />
2010<br />
2009<br />
2008<br />
Auch im Jahr 2012 war die Übernahme<br />
einer Einzelpraxis die häufigste Form der<br />
zahnärztlichen Existenzgründung. Das ergab die „Existenzgründungsanalyse“,<br />
die das Institut der Deutschen<br />
Zahnärzte (IDZ) seit 1984 gemeinsam mit der apoBank<br />
durchführt. Demnach entschieden sich 61 Prozent der<br />
Zahnärzte für die Übernahme einer Einzelpraxis, zwölf<br />
Prozent gründeten eine neue.<br />
Totgesagte leben länger – das gilt auch für die Einzelpraxis.<br />
Seit Jahren wird ihr das Totenglöcklein geläutet, aber sie ist<br />
nach wie vor die beliebteste Form der Niederlassung. Der<br />
Trend der letzten Jahre geht zwar zum Angestelltenverhältnis:<br />
Zwischen 2010 und 2013 ist die Zahl der angestellten<br />
Zahnärzte in Bayern um 65 Prozent gestiegen. Doch wenn<br />
sich Zahnärzte niederlassen, dann tun sie dies immer<br />
noch am liebsten in einer Einzelpraxis. 61 Prozent der<br />
Existenzgründer haben im Jahr 2012 eine bestehende Praxis<br />
übernommen und zwölf Prozent eine neue gegründet<br />
Art der Existenzgründung<br />
Berufsausübungsgemeinschaft<br />
Übernahme Einzelpraxis<br />
Neugründung Einzelpraxis<br />
Quelle: IDZ/apoBank<br />
27%<br />
33%<br />
30%<br />
30%<br />
35%<br />
61%<br />
57%<br />
57%<br />
50%<br />
55%<br />
12%<br />
10%<br />
13%<br />
20%<br />
10%<br />
c IS Grafik<br />
Abb. 1: 73 Prozent der Zahnärzte, die sich neu niederlassen,<br />
gehen in die Einzelpraxis. 61 Prozent übernehmen die Praxis<br />
eines Kollegen, zwölf Prozent gründen eine neue Einzelpraxis.<br />
(s. Abb. 1). Im Vorjahr war der prozentuale Anteil mit 57<br />
und zehn Prozent jeweils niedriger gewesen. Der Einstieg<br />
in eine Berufsausübungsgemeinschaft ist hingegen offensichtlich<br />
unattraktiver geworden.<br />
Einzelpraxen werden günstiger<br />
Für die Neugründung einer Einzelpraxis wendeten die<br />
Existenzgründer im Jahr 2012 im Schnitt 406.000 Euro auf.<br />
Damit ist sie zwar weiterhin die kostspieligste Form der<br />
Niederlassung, der Abstand zu den anderen Arten verringerte<br />
sich jedoch (s. Abb. 2). Zum einen, weil die durchschnittlichen<br />
Kosten für die Neugründung einer Einzelpraxis<br />
sanken (2009 lagen sie noch bei 438.000 Euro), und zum<br />
anderen, weil die Ausgaben für alle anderen Arten der<br />
Niederlassung stiegen, bei der Übernahme einer Einzelpraxis<br />
jedoch nur geringfügig um 2.000 Euro. Wie groß der<br />
Finanzbedarf eines einzelnen Zahnarztes bei Berufsausübungsgemeinschaften<br />
ist, hängt unter anderem von seinem<br />
Praxisanteil ab. Dies ist in Abbildung 2 berücksichtigt. Das<br />
Finanzierungsvolumen für Neugründungen betrug demnach<br />
340.000 Euro, das für Übernahmen 321.000 Euro und das<br />
für den Einstieg in eine Berufsausübungsgemeinschaft<br />
275.000 Euro. Im Jahr 2012 war die Übernahme einer<br />
Berufsausübungsgemeinschaft damit erstmals teurer als<br />
die Übernahme einer Einzelpraxis. Musste für die Einzelpraxisübernahme<br />
im Jahr 2008 noch um 35.000 Euro<br />
mehr aufgewendet werden als für eine Berufsausübungsgemeinschaft,<br />
so war sie 2012 um 20.000 Euro günstiger.<br />
Das dürfte nach Auffassung der apoBank auch auf die fehlende<br />
Nachfrage nach Einzelpraxen in manchen Regionen<br />
Deutschlands zurückzuführen sein. In Kooperationen hingegen<br />
sieht die Bank das Arbeitsmodell der Zukunft. Sie<br />
böten wirtschaftlich viel Potenzial. „Für viele Praxisabgeber<br />
ist es ratsam, die Praxis frühzeitig in eine Kooperation zu<br />
überführen, um sie für potenzielle Übernehmer attraktiver zu<br />
machen“, betonte Dr. David Klingenberger, stellvertretender<br />
wissenschaftlicher Leiter des IDZ, bei der Präsentation der<br />
Studie.<br />
4 P O L I T I S C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Übernahmepreise gestiegen<br />
Bei den Kosten für die Neugründung einer Einzelpraxis<br />
machen die Investitionen in die Einrichtung und die medizinisch-technischen<br />
Geräte nach wie vor mit Abstand den<br />
größten Teil aus. Sowohl der Übernahmepreis von Einzelpraxen<br />
als auch der von Berufsausübungsgemeinschaften<br />
ist im Jahr 2012 gestiegen. Für die Übernahme einer<br />
Einzelpraxis wurde im Schnitt ein Preis von 155.000 Euro<br />
gezahlt. Das ist eine Steigerung zum Vorjahr um elf Prozent.<br />
68 Prozent des Übernahmepreises umfasst der Goodwill,<br />
also der ideelle Wert der Praxis, und 32 Prozent deren<br />
materieller Wert. Bei den Berufsausübungsgemeinschaften<br />
ist der Übernahmepreis noch stärker gestiegen. Im Vergleich<br />
zum Vorjahr ist er um 26 Prozent auf 184.000 Euro gestiegen.<br />
Das prozentuale Verhältnis Goodwill zum materiellen Wert<br />
ist das Gleiche wie bei der Einzelpraxis (68:32).<br />
Frauen zurückhaltender<br />
Im Jahr 2012 haben fast genauso viele Frauen eine zahnärztliche<br />
Existenz gegründet wie Männer. 49 Prozent der<br />
Existenzgründer waren weiblich, 51 Prozent männlich. Wie<br />
in den Vorjahren haben dabei männliche Existenzgründer<br />
auch im Jahr 2012 mehr investiert als ihre Kolleginnen.<br />
In die Neugründung beziehungsweise Übernahme einer<br />
zahnärztlichen Einzelpraxis investierten Männer durchschnittlich<br />
429.000 Euro beziehungsweise 322.000 Euro.<br />
Zahnärztinnen hingegen investierten für Einzelpraxisneugründungen<br />
im Schnitt nur 376.000 Euro und für Einzelpraxisübernahmen<br />
278.000 Euro.<br />
Trend zur Stadt<br />
Auch 2012 zog es viele junge Zahnärzte in die Großstädte.<br />
Mittel- und langfristig gefährdet diese Entwicklung die<br />
flächendeckende zahnärztliche Versorgung in ländlichen<br />
Regionen. In großstädtischen Räumen leben 31,4 Prozent<br />
der Deutschen, der Anteil der Existenzgründungen in diesen<br />
Bereichen lag jedoch mit 44 Prozent deutlich höher<br />
(s. Abb. 3). In ländlichen Gebieten hingegen haben sich<br />
deutlich weniger Zahnärzte niedergelassen, als es der<br />
Bevölkerungsanteil vermuten lassen würde. Auch hier zeigt<br />
sich einmal mehr, dass die Niederlassung in ländlichen<br />
Gebieten weniger Konkurrenzdruck und damit bessere<br />
Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg verspricht als eine in<br />
der Großstadt.<br />
Gesamtwirtschaftlich relevant<br />
Quelle: IDZ/apoBank<br />
32%<br />
Großstadt<br />
Rund 350.000 Menschen arbeiten in deutschen Zahnarztpraxen.<br />
Welche wirtschaftliche Bedeutung der „Jobmotor“<br />
Zahnarztpraxis hat, zeigt einmal mehr die aktuelle Existenzgründungsanalyse.<br />
Allein in den Jahren 2011 und 2012<br />
haben zahnärztliche Existenzgründer laut IDZ und apoBank<br />
eine Milliarde Euro investiert. Mit diesem Geld seien<br />
20.000 Arbeitsplätze neu geschaffen oder erhalten worden.<br />
Grundlage der IDZ-Studie sind die von der apoBank<br />
durchgeführten Finanzierungen. Da der Marktanteil der<br />
Bank bei den zahnärztlichen Existenzgründungen nach<br />
eigenen Angaben bei knapp 50 Prozent liegt, handelt es<br />
sich um einen relevanten Ausschnitt, der „allgemeingültige<br />
Aussagen über das Niederlassungsverhalten im zahnärztlichen<br />
Bereich“ zulasse, heißt es in der Analyse. Die ganze<br />
Studie gibt es unter www.idz-koeln.de. <br />
—<br />
Tobias Horner<br />
Kosten der Niederlassung<br />
Gesamtfinanzierungsvolumina bei der Niederlassung in 1.000 Euro<br />
436<br />
406<br />
2011 2012<br />
Neugründung<br />
Einzelpraxis<br />
Quelle: IDZ/apoBank<br />
40%<br />
Land<br />
299 301<br />
Übernahme<br />
Einzelpraxis<br />
Wo die Bevölkerung lebt<br />
Mittelstadt<br />
Praxislage<br />
28%<br />
256<br />
340<br />
Neugründung<br />
Berufsausübungsgemeinschaft<br />
246<br />
321<br />
2011 2012 2011 2012 2011 2012 2011 2012<br />
Übernahme<br />
Berufsausübungsgemeinschaft<br />
Abb. 2: Die Kosten für die häufigste Form der Niederlassung<br />
(Übernahme einer Einzelpraxis) sind 2012 stabil geblieben.<br />
Wo Zahnärzte sich niederlassen<br />
44%<br />
Großstadt<br />
30%<br />
Land<br />
Abb. 3: Zahnärztliche Existenzgründer lassen sich gern in<br />
Städten nieder. Großstadt bedeutet mehr als 100.000 Einwohner,<br />
Mittelstadt 20.000 bis unter 100.000 Einwohner und Land unter<br />
20.000 Einwohner.<br />
Quelle: Nachdruck mit der freundlichen Genehmigung<br />
des BZB, BZB 1-2/2014<br />
249 275<br />
Beitritt/Einstieg<br />
Berufsausübungsgemeinschaft<br />
26%<br />
Mittelstadt<br />
c IS Grafik<br />
c IS Grafik<br />
P O L I T I S C H E S<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />
5
Koordinierungskonferenz<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
in Mainz<br />
Fotos: © Dr. Uwe Neddermeyer<br />
Am 4. und 5. April waren die „Öffentlichkeitsarbeiter“<br />
der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen<br />
und Zahnärztekammern in Mainz zusammengekommen,<br />
um sich diesmal unter dem Thema „Image<br />
zwischen Sein und Schein“ auszutauschen. „Image<br />
bezeichnet das Stimmungsbild und den Gesamteindruck,<br />
den eine Mehrzahl von Menschen von einer Organisation,<br />
einer Einzelperson oder einem Produkt hat“, hieß es in der<br />
Einladung. Zudem sehen Marktforscher das „Image“ als<br />
wichtigen Einflussfaktor für Kaufentscheidungen, und die<br />
Kommunikationswissenschaft weist dem Begriff folgerichtig<br />
auch einen wertschöpfenden Charakter zu. Mit dieser<br />
Feststellung wird aber bereits das Dilemma deutlich, das<br />
sich für Ärzte und Zahnärzte aus einer verkaufsorientierten<br />
Betrachtung des Image-Begriffs ergeben kann. Allerdings<br />
bildet ein positives Image auch eine Voraussetzung, um<br />
Ideen und Forderungen berufspolitischer Organisationen<br />
erfolgreich zu artikulieren.<br />
Anlässlich der Koordinierungskonferenz sollten unter anderem<br />
Antworten auf die Frage gefunden werden, ob die<br />
Zahnärzteschaft überhaupt eine Image-Kampagne benötige<br />
Prof. Dr. Lothar Rolke.<br />
Karolina Schmitd, Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Christian Wehry,<br />
Dr. Jürgen Fedderwitz, Christian H. Schuster.<br />
und wie dieses zu beeinflussen sei. Unter der souveränen<br />
Moderation von Christian Wehry (Kassenzahnärztliche<br />
Bundesvereinigung – KZBV) und in Anwesenheit des<br />
stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstandes der KZBV,<br />
Dr. Jürgen Fedderwitz, und des Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer,<br />
Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, wurde<br />
ausgiebig diskutiert. Als Diskussionsgrundlage dienten<br />
dabei neben den Statements der beiden Letztgenannten<br />
weitere Vorträge rund um das Thema „Image“.<br />
Im Vordergrund des Vortrages von Prof. Dr. Lothar Rolke<br />
von der FH Mainz stand der Wertschöpfungsgedanke.<br />
Image-Management lohne sich, denn „das Image von<br />
heute ist der Umsatz von morgen“, lautete sein Credo.<br />
Rolke verdeutlichte anhand zahlreicher statistischer Werte<br />
und Beispiele aus der Wirtschaft den Zusammenhang<br />
zwischen Image, Reputation und einer Marke. Um diese<br />
Werte nutzbar zu machen, sei die Kommunikation wichtig.<br />
Über Chancen und Risiken bei Image-Kampagnen, die<br />
Kampagnenfähigkeit von Verbänden sowie über Konzeptionsprozesse<br />
referierte Christian H. Schuster vom Institut<br />
6 P O L I T I S C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
für Kommunikation (IFK), wobei die Übertragung von Marketingstrategien,<br />
wie sie beispielsweise für den Zentralverband<br />
des Deutschen Handwerks gelten, auf zahnärztliche<br />
Körperschaften nicht unproblematisch erschien.<br />
Die „Kommunikation rund um das Thema Organspende“<br />
war das Thema von Birgit Blome, Pressesprecherin der<br />
Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und Karolina<br />
Schmidt von der Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung (BZgA). Anschaulich berichteten sie über die<br />
Grundlagen der Organ- und Gewebespende sowie über<br />
die entsprechende Imagebildung. Diskussionsgegenstand<br />
war ferner der nachhaltige Imageschaden und der darauf<br />
folgende dramatische Rückgang der Spenderbereitschaft<br />
nebst anhaltendem Mangel an Spenderorganen aufgrund<br />
der jüngsten Manipulationsskandale in Kliniken. Im Spiegel<br />
der Medien sei ein hohes Empörungspotential entstanden,<br />
und das Vertrauen der Bevölkerung sei nachhaltig erschüttert<br />
worden. Anhand dieses Beispiels und der geschilderten<br />
Begleitung der Veränderungsprozesse sowie der zum Teil<br />
drastischen und öffentlichkeitswirksamen Kampagnen<br />
(Beispielsweise bettlägerige Dialysepatienten auf Bahnsteigen)<br />
wurden die Maßnahmen aufgezeigt, mit denen man<br />
der Image-Krise begegnen kann.<br />
Referentinnen Karolina Schmidt und Birgit Blome.<br />
P O L I T I S C H E S<br />
Dr. Christoph A. Ramseier von der Klinik für Parodontologie<br />
der Universität Bern beschäftigte sich in seinem ebenso<br />
anspruchsvollen wie dezent humorvollen Vortrag mit der<br />
Frage „Was beeinflusst das Image der Zahnmedizin“. Das<br />
„Image des Zahnarztes als Berufsperson“ war dabei<br />
ebenso ein Thema wie die speziellen Imageprobleme des<br />
gesamten Berufsstandes. Danach fügen beispielsweise die<br />
Werbung für die eigene zahnärztliche Dienstleistung, das<br />
Anbieten von rein ästhetischen Dienstleistungen, der Missbrauch<br />
des Patientenvertrauens und zu hohe Honorare<br />
dem Image des Berufsstandes Schaden zu. Ethik, soziale<br />
Verantwortung und Wertvorstellungen sind daher für Ramseier<br />
wichtige Bestandteile der Imagebildung. Er sprach<br />
sich dafür aus, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen<br />
Praxisumsatz, Personal und Patientenwohl aufrechtzuerhalten.<br />
Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Dr. Christoph A. Ramseier,<br />
Prof. Dr. Lothar Rolke und Dr. Jürgen Fedderwitz.<br />
Gerade diese selbstkritische Betrachtung des eigenen<br />
Berufsstandes dürfte ein nicht unerheblicher Faktor bei der<br />
Imagebildung des einzelnen Praxisinhabers, aber auch des<br />
gesamten Berufsstandes sein, der neben allen anderen<br />
taktischen und strategischen Maßnahmen zur Hebung des<br />
Images nicht aus dem Auge verloren werden sollte. <br />
— loe<br />
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25919
Das geheim verhandelte<br />
Freihandelsabkommen TTIP<br />
gefährdet die Demokratie<br />
„Nichts wünschen wir uns mehr als ein Freihandelsabkommen<br />
zwischen Europa und den Vereinigten Staaten“,<br />
schwärmte Angela Merkel im Februar 2013 vor dem<br />
Bund der Deutschen Industrie. i Was motiviert unsere<br />
Bundeskanzlerin zu solch einer Aussage? Es ist die Aussicht<br />
auf mehr Wachstum und Arbeitsplätze. In der dann<br />
größten Freihandelszone der Welt mit weit mehr als 800<br />
Millionen Einwohner/innen werden heute schon rund<br />
die Hälfte des globalen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet<br />
und ein Drittel des Welthandels bestritten. Die<br />
Einschätzungen der Vorteile, die so ein Abkommen<br />
bringt, driften naturgemäß weit auseinander. Die Europäische<br />
Kommission selbst rechnet bis zum Jahr 2027<br />
mit einem Wachstum des realen Einkommens der EU<br />
von bis zu 0,48 Prozent. ii Es geht also um eine gewisse,<br />
eher geringe Einkommenssteigerung in zehn Jahren.<br />
Dagegen sind die Nachteile abzuwägen. Hier kommt<br />
mehr Demokratie ins Spiel.<br />
Wirtschaft oder Staat, wer entscheidet?<br />
Nun, es geht um weit mehr als freien Handel und Investitionsschutz.<br />
Wenn dieses Abkommen in Kraft tritt, verschiebt<br />
sich damit das heute schon schiefe Machtverhältnis zwischen<br />
den großen transnationalen Konzernen und den Staaten<br />
weiter in die falsche Richtung. Die Wirtschaft erzeugt nach<br />
wie vor die Grundlagen unseres Lebens. Es kann also<br />
nicht darum gehen, „wirtschaftsfeindlich“ zu sein. Es geht<br />
darum zu überlegen, wie Wirtschaft gestaltet wird. Zudem<br />
sollten die Interessen der Großkonzerne nicht mit den<br />
Interessen der hunderttausenden kleinen und mittelständischen<br />
Betriebe verwechselt werden.<br />
In Europa haben wir uns für das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft<br />
entschieden, dies ist auch in den europäischen<br />
Verträgen so festgelegt (EUV Artikel 3, Absatz 3). Das<br />
Wesen dieses Wirtschaftssystems ist, dass der Staat den<br />
Ordnungsrahmen für die Wirtschaft definiert, also die<br />
Spielregeln bestimmt und einen sozialen Ausgleich schafft.<br />
Das Grundgesetz definiert wiederum in Artikel 20 die entscheidenden<br />
Ordnungsprinzipien für den deutschen Staat:<br />
Demokratie, Sozial- und Rechtsstaatlichkeit. Das Abkommen<br />
würde – zum aktuellen Verhandlungsstand – diese Grundlagen<br />
unseres Zusammenlebens empfindlich verletzen.<br />
Deshalb mischt sich Mehr Demokratie ein. Es geht um<br />
mehr als Chlorhühnchen, Gentechnik oder Hormonfleisch.<br />
Konzernklagen: Gefahr für den Rechtsstaat<br />
Besonders kritisch ist das Investitionsschutzkapitel des<br />
Abkommens mit dem sogenannten Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren<br />
(ISDS). Dieses Verfahren erlaubt Konzernen,<br />
vor einem „Schiedsgericht“ zu klagen, wenn sie ihre<br />
Gewinnerwartung durch politische Entscheidungen eines<br />
Staates verletzt sehen. Konzerne selbst können nicht verklagt<br />
werden. Solche „Schiedsgerichte“ sind keine Gerichte<br />
im herkömmlichen Sinne. Sie bestehen ausschließlich<br />
aus Anwälten, die in einem Prozess die Rolle des Kläger-<br />
Anwalts, im nächsten Verfahren die Rolle des Anwalts der<br />
Beklagten, und ein anderes Mal die Rolle des Richters<br />
übernehmen. Eine exklusive Minderheit von hoch bezahlten<br />
Rechtsexpert/innen entscheidet also über Entschädigungen<br />
in Milliardenhöhe – die Steuerzahler/innen dann bezahlen<br />
müssen. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, Berufungsmöglichkeiten<br />
gibt es nicht.<br />
Auf eine solche Investitionsschutzklausel in einem anderen<br />
Abkommen beruft sich heute schon Vattenfall – und verklagt<br />
8 P O L I T I S C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
derzeit Deutschland auf 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz<br />
für den Atomausstieg. Erfunden wurde dieses Gerichtsverfahren,<br />
um Investitionen in Staaten mit fehlender oder<br />
nicht unabhängiger Gerichtsbarkeit zu schützen. Dies trifft<br />
weder auf die USA noch die EU zu, hier wird die bestehende<br />
Justiz umgangen.<br />
Gefahren für die Demokratie<br />
a) Fehlende Transparenz<br />
Die Verhandlungen finden zwischen der EU-Kommission,<br />
vertreten durch den Handelskommissar, und dem US-Handelsministerium<br />
statt. In der EU haben weder die Mitgliedsstaaten<br />
noch die anderen Mitglieder der EU-Kommission<br />
noch gar die Abgeordneten von Europaparlament und<br />
nationalen Parlamenten Einblick in die Verhandlungsdokumente.<br />
Der Skandal dabei: Einige hundert Industrielobbyist/<br />
innen verfügen dagegen über einen exklusiven Zugang zu<br />
den Verhandlungen und können ihre Interessen direkt in<br />
den Vertrag einbringen. Die EU-Kommission will die Verhandlungen<br />
geheim abschließen und den Parlamenten<br />
dann nur noch die Wahl zwischen Zustimmung und<br />
Ablehnung lassen. Nach dem Motto: Friss Vogel oder stirb!<br />
Wir kennen dies bereits von der Eurorettungspolitik.<br />
b) Parlamente werden systematisch geschwächt<br />
Das könnte auch anders laufen. In den USA versucht Präsident<br />
Barack Obama seit Monaten, für seine handelspolitische<br />
Agenda die sogenannte „Fast Track Authority“ vom<br />
Kongress zu bekommen. iii Der US-Kongress hat nämlich<br />
das Recht, bei Handelsabkommen mitzureden. Wenn ein<br />
Verhandlungsergebnis in Form eines fertigen Vertragsentwurfes<br />
vorliegt, kann er den Entwurf Punkt für Punkt<br />
durchgehen und der Regierung Nachverhandlungsaufträge<br />
erteilen. Das verzögert unter Umständen natürlich die<br />
Verabschiedung – jedenfalls dann, wenn die Regierung die<br />
Wünsche der Abgeordneten im Verhandlungsprozess nicht<br />
berücksichtigt. Um das zu vermeiden, kann sich die Regierung<br />
die sogenannte „Fast Track Authority“ bewilligen lassen –<br />
dann verzichtet der Kongress auf diese Rechte und ist<br />
einverstanden, dass er am Ende einen Vertragsentwurf<br />
bekommt, den er nur in Gänze annehmen oder ablehnen<br />
kann. Obama hätte dies gerne, aber er bekommt es nicht.<br />
Fast Track ist in Europa der Normalfall, in Brüssel wie in Berlin.<br />
c) Wirtschaftslobby künftig Co-Autor der Gesetzgebung?<br />
Hinter dem Stichwort „regulatorische Kooperation“ verbirgt<br />
sich ein weiteres Demokratieproblem. Das TTIP könnte die<br />
Art und Weise, wie in der EU Gesetze und Regulierungen<br />
verabschiedet werden, fundamental verändern: Lange<br />
bevor Parlamente bestimmte Vorschläge zu Gesicht bekämen,<br />
hätten US-Regierung und Unternehmen weitreichende<br />
Konsultations- und Einflussmöglichkeiten. US- und EU-Lobbyverbände<br />
wie die American Chamber of Commerce und<br />
Business Europe sprechen hierzu Klartext: „Interessengruppen<br />
würden mit Regulierern zusammen an einem Tisch sitzen,<br />
um gemeinsam Gesetze zu schreiben.“ iv Wer schon ganz<br />
zu Beginn dabei ist, hat natürlich die besten Chancen,<br />
bestimmte Prozesse in seinem Sinne zu beeinflussen oder<br />
gar zu verhindern.<br />
TTIP und Volksentscheide<br />
Die Ergebnisse eines solchen Abkommens – neben TTIP<br />
geht auch vom CETA-Abkommen, das derzeit mit Kanada<br />
verhandelt wird, eine ähnliche Gefahr aus – sind kaum<br />
mehr zurückzudrehen und betreffen gleichzeitig unmittelbar<br />
das Leben von Millionen von Menschen. Die TTIP-Bestimmungen<br />
werden für alle Ebenen bindend sein (EU, Bund,<br />
Länder, Gemeinden); damit werden ganze Politikfelder<br />
dem Einfluss der gewählten und demokratisch legitimierten<br />
Politik und auch Volksentscheiden entzogen.<br />
Bevor das Abkommen in Kraft tritt, muss das europäische<br />
Parlament zustimmen, zudem müssen es vermutlich auch<br />
die einzelnen Mitgliedsstaaten ratifizieren. Das geschieht<br />
in der Regel durch die Parlamente, in einzelnen Ländern<br />
sind aber auch Volksentscheide möglich. Wird der Vertrag<br />
von nur einem EU-Staat nicht ratifiziert, ist er gescheitert.<br />
Mehr Demokratie fordert einen Volksentscheid in Deutschland<br />
über TTIP. Ein so weit gehender Vertrag braucht die<br />
Zustimmung aller Bürger/innen! <br />
—<br />
Roman Huber, Edda Dietrich<br />
Quelle: www.mehr-demokratie.de Nr. 100, 2/2014<br />
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P O L I T I S C H E S<br />
i zitiert nach: „Die Welt“ vom 2. Februar 2013: „USA und eU forcieren gigantische Freihandelszone“.<br />
ii Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Centre for economic Policy Research (CePR 2013).<br />
iii Jürgen Maier: „Freihandelsabkommen – Die Entmachtung der Parlamente“, Eröffnungsrede beim 2. Zivilgesellschaftlichen<br />
Außenwirtschaftsforum in Berlin am 24. Februar 2014, abrufbar unter http://tinyurl.com/juergenmaier<br />
iv Pia Eberhardt: „Weniger Demokratie wagen?“, in: „TTIP: no We Can’t“, abrufbar unter http://tinyurl.com/no-ttip<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />
9
Zahnreinigung für 30 Euro<br />
PREISWETTBEWERB, QUALITÄTSVERUNSICHERUNG UND KULTURWANDEL<br />
AM BEISPIEL DER PROFESSIONELLEN ZAHNREINIGUNG<br />
Fotos: © IGZ Die Alternative<br />
Mehr denn je gehen Patienten heute<br />
nicht erst zum Zahnarzt, wenn sich<br />
bereits Zahnbeschwerden eingestellt haben, sondern um<br />
selbst aktiv Problemen zuvorzukommen – mit regelmäßigen<br />
Kontrolluntersuchungen, Prophylaxeberatungen und einer<br />
Professionellen Zahnreinigung (PZR). Die PZR ist neben der<br />
häuslichen Mundpflege eine der wichtigsten, wissenschaftlich<br />
anerkannten Maßnahmen, um den häufigsten<br />
Erkrankungen in der Mundhöhle – Karies und Parodontitis –<br />
vorzubeugen.<br />
Trotz ihres Nutzens für die Mundgesundheit ist die PZR<br />
nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen<br />
enthalten, so dass die dort versicherten Patienten die<br />
Behandlung – mit wenigen Ausnahmen – aus eigener<br />
Tasche bezahlen müssen. Diese Tatsache und die weite<br />
Verbreitung der PZR haben dazu geführt, dass die Kosten<br />
für eine PZR inzwischen Gegenstand von öffentlichkeitswirksamen<br />
Preisvergleichen in Internetportalen geworden<br />
sind. Dort können Patienten mit wenigen persönlichen<br />
Angaben eine PZR-Behandlung „ausschreiben“ und erhalten<br />
dann Preisangebote von Zahnärzten aus ihrer Nähe. Viele<br />
gesetzliche Krankenkassen unterstützen und bewerben<br />
solche Preisvergleichsportale. Im Mittelpunkt der Werbung<br />
steht dabei unübersehbar der Preis – sowohl Kassen als<br />
auch Portalanbieter versprechen dem Patienten teils horrende<br />
„Einsparpotenziale“.<br />
Zahnärzte aus KZVen und Kammern argumentieren, bei<br />
den Internetauktionen gehe es um Lockvogelangebote<br />
zur Patientengewinnung. Nun gut, mag man sich fragen,<br />
warum sollten sich solche Billigangebote nicht trotzdem<br />
einem Wettbewerb stellen. Wenn sie nicht mit entsprechender<br />
Qualität hinterlegt sind, werden sie – wie die<br />
Kaffeefahrten mit Lammfellverkauf – beim Patienten durchfallen<br />
und allenfalls eine ärgerliche Randerscheinung<br />
bleiben. Dabei gerät aus dem Blick, dass die Qualität einer<br />
zahnmedizinischen Behandlung immer nur individuell<br />
beurteilbar ist, sich oft erst über längere Zeiträume zeigt und<br />
vom Patienten bestenfalls intuitiv und selten nur fachlich<br />
medizinisch einschätzbar ist. Es fehlt also – anders als bei<br />
einer Handelsware – an einem standardisierbaren Maßstab<br />
für die Qualität der Leistung und damit auch die Möglichkeit,<br />
das Gesamtpaket aus Preis und Leistung zu bewerten.<br />
Unter solchen Voraussetzungen kann ein Wettbewerb<br />
nicht sinnvoll funktionieren. Ein solcher Wettbewerb wird,<br />
sollte man ihn wider besseres Wissen befördern, zu falschen<br />
Versprechen, uneinlösbaren Erwartungshaltungen und Verzerrungen<br />
im Anreizgefüge führen.<br />
30 Euro für eine PZR<br />
PZR für 30 Euro – Angebote beim Internetportal<br />
„2te-zahnarztmeinung.de.<br />
Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Ein Patient inseriert<br />
auf der Internetplattform „2te-zahnarztmeinung.de“ eine<br />
Professionelle Zahnreinigung. Er gibt an, dass er 24 Zähne<br />
(unter Berücksichtigung der Weisheitszähne fehlen acht<br />
Zähne) besitzt und dass bislang noch keine Professionelle<br />
Zahnreinigung bei ihm durchgeführt wurde. Diese spärlichen<br />
Informationen lassen kaum sichere Rückschlüsse auf den<br />
Mundgesundheitszustand zu. Die fehlenden Zähne sind<br />
10 P O L I T I S C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
meist Folge von Karies, was aber erst im Kontext des<br />
Alters und nach einer Untersuchung des Patienten bewertet<br />
werden kann. Die Tatsache, dass der Patient bislang noch<br />
nie eine PZR hatte, müsste allerdings einen bietenden<br />
Zahnarzt vorsichtig stimmen: Erfahrungsgemäß ist der<br />
Aufwand bei einer erstmaligen PZR oft wesentlich höher<br />
als bei den in regelmäßigen Abständen durchgeführten<br />
Zahnreinigungen, müssen doch hier die langjährig erworbenen<br />
Zahnbeläge und nicht nur die der letzten sechs<br />
Monate entfernt werden. Der Patient erhält insgesamt acht<br />
Angebote, das höchste Angebot liegt bei 70 Euro, das<br />
niedrigste bei 30 Euro.<br />
Wie sieht nun die Kalkulation des Angebotes über 30 Euro<br />
aus? 20 Prozent des Zahnarzthonorars kassiert das Internetportal<br />
als Gebühr für die Nutzung der Plattform. Vom<br />
Honorar müssen dann noch Kosten für Verbrauchsmaterialien,<br />
Instrumentenaufbereitung und anteilige Geräteabschreibungen<br />
abgezogen werden: Fluoridierung, Polierpaste/Air-<br />
Flow, Handinstrumente, Geräte, Hygiene. Je nach Aufwand<br />
verbleibt vermutlich ein Betrag von etwa 15-20 Euro für<br />
die Lohn- und allgemeinen Praxiskosten – wohlgemerkt<br />
für eine Behandlung, die selbst bei sorgfältig gepflegten<br />
Zähnen und entsprechend wenigen Zahnbelägen kaum<br />
unter einem Zeitaufwand von 30 Minuten ablaufen kann.<br />
Im Beispiel des Patienten, der nach eigenen Angaben<br />
noch nie eine PZR hat durchführen lassen, müsste man<br />
wohl eher mit 60 Minuten rechnen, womöglich bei<br />
schlechtem Pflegezustand sogar mit mehreren Sitzungen.<br />
Es wird deutlich, dass das Angebot über 30 Euro mit nahezu<br />
hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit nicht einmal<br />
die betriebswirtschaftlich zu kalkulierenden Kosten der<br />
Behandlung deckt und schon gar nicht einen Gewinn, ein<br />
Einkommen für den Zahnarzt generiert. Selbst bei den höheren<br />
Angeboten bleibt es zweifelhaft, ob die Behandlung<br />
wirklich kostendeckend hätte durchgeführt werden können.<br />
Der Vertrauensverlust in der Wettbewerbslogik<br />
Wenn Angebote so deutlich unter den betriebswirtschaftlich<br />
zu kalkulierenden Kosten liegen, dann liegt die<br />
Befürchtung nahe, dass an der Qualität der Behandlung<br />
gespart wird. Das könnte im Falle der PZR schlicht bedeuten,<br />
dass nicht alle Zahnbeläge entfernt werden. Die mühselige<br />
und zeitaufwendige Konkremententfernung (Zahnbeläge<br />
unter dem Zahnfleisch) – wichtig vor allem, um Zahnfleischentzündungen<br />
entgegenzuwirken – dürfte zuerst<br />
unter den Tisch fallen. Werden aber nicht alle vorhandenen<br />
Zahnbeläge entfernt, verliert die PZR ihren prophylaktischen<br />
Sinn. Immerhin könnte man noch sagen, dass ein bisschen<br />
Zahnreinigung besser sei als gar keine. Das Argument ist<br />
zwar richtig, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass<br />
der Patient nicht das bekommt, was ihm angeboten<br />
wurde. Hinzu kommt, dass Patienten kaum in der Lage<br />
Benn Roolf, Chefredakteur der<br />
IGZ Die Alternative.<br />
sind, zu erkennen, ob Zahnbeläge wirklich entfernt worden<br />
sind. Die Zahnbeläge an für die Zahnbürste schwer erreichbaren<br />
Stellen sind eben überwiegend nicht im heimischen<br />
Badezimmerspiegel sichtbar, sondern verstecken sich in<br />
Zahnzwischenräumen und Zahnfleischtaschen. Die Tatsache,<br />
dass die Qualität der zahnärztlichen Leistung vom Patienten<br />
nicht eingeschätzt werden kann, bedeutet, dass er letztlich<br />
nichts anderes tun kann, als seinem Zahnarzt zu vertrauen.<br />
Kann er aber einem Zahnarzt wirklich vertrauen, wenn offensichtlich<br />
ist, dass der Preis für die empfangene Leistung<br />
nach allen Regeln des gesunden Menschenverstandes<br />
nicht kostendeckend sein kann? Ein Vertrauensverlust ist<br />
unter diesen Umständen kaum zu vermeiden.<br />
Teurer Wettbewerb<br />
Der Preiswettbewerb produziert nicht nur kaum einlösbare<br />
Qualitätsversprechen und Vertrauensverluste, sondern<br />
verschlingt selbst Ressourcen, die für die Behandlung der<br />
Patienten nicht mehr zur Verfügung stehen. 20 Prozent der<br />
Behandlungskosten zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer<br />
müssen in unserem Beispiel allein für die Nutzung des Internetportals<br />
als „Auftragsakquisition“ an die Betreiberfirma<br />
gezahlt werden.<br />
Daneben entstehen systemische Fehlanreize, die das<br />
Leistungsvolumen innerhalb der Kassenleistungen durch<br />
Doppeluntersuchungen unnötig aufblähen. Jeder Zahnarzt<br />
ist verpflichtet, einen neuen Patienten vor der eigentlichen<br />
Behandlung erst einmal eingehend zu untersuchen und<br />
den Befund zu dokumentieren. Das löst eine Abrechnung<br />
dieser Kassenleistung nach BEMA Nr. 01 aus. Hinzu kommen<br />
ein PSI-Test (Parodontaler Screening Index, BEMA Nr. 04)<br />
und bei Unklarheiten auch noch Röntgenaufnahmen, <br />
P O L I T I S C H E S<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />
11
wenn Bilder vom Vorbehandler nicht verfügbar sind. Je<br />
häufiger Patienten ihren Zahnarzt wechseln, desto häufiger<br />
fallen auch diese Leistungen an. Auf diese Weise entstehen<br />
überflüssige Doppeluntersuchungen – hätte der Patient die<br />
PZR bei seinem angestammten Zahnarzt durchführen lassen,<br />
wären solche Leistungen nicht angefallen. Die unnötige<br />
Aufblähung des Leistungsvolumens bei den Kassenleistungen<br />
geht zwar wegen der Vergütungsobergrenzen zunächst<br />
einmal nicht sofort zu Lasten der gesetzlichen Kassen,<br />
wirkt sich aber perspektivisch über die Budgetverhandlungen<br />
von KZVen und Kassen kostensteigernd aus. Wettbewerb<br />
kann teuer werden.<br />
Wettbewerbsantagonismen kontra<br />
vertrauensvolles Miteinander<br />
Ökonomen sehen Zahnarzt und Patient in einer kruden<br />
Kunden-Lieferanten-Beziehung, ausgestattet mit höchst<br />
gegensätzlichen Interessen. Der modellierte Kunde der<br />
Wirtschaftstheorie möchte den geringstmöglichen Preis<br />
erzielen, der modellierte Lieferant steht dem diametral<br />
entgegen. Dass solche Antagonismen schon im ganz normalen<br />
Wirtschaftsleben nicht die ganze Realität abbilden,<br />
dass es neben der Preisverhandlung immer auch um ein<br />
Vertrauen in die Seriosität des Partners, in die Qualität von<br />
Produkten und Leistungen geht und so ein wechselseitiges<br />
Aufeinander-Angewiesensein entsteht, ist eine Binsenweisheit.<br />
Insofern ist die Vertrauensbeziehung zwischen<br />
Arzt und Patient, eine Beziehung, in der aus guten Gründen<br />
das Miteinander dominiert, gar nicht so weit entfernt von<br />
der Realität des wirtschaftlichen Handelns, wie es uns die<br />
Ökonomen in ihren Modellen des „homo oeconomicus“<br />
weismachen wollen. Das vertrauensvolle Miteinander ist<br />
eben kein ethischromantischer Anachronismus aus vergangenen<br />
Tagen, sondern möglicherweise sogar die effizientere<br />
Form des „Wirtschaftens“. Unser Beispiel der PZR<br />
weist jedenfalls in diese Richtung.<br />
Homo oeconomicus<br />
Der „homo oeconomicus“ ist – und das sollte nicht aus<br />
dem Blick geraten – nur ein Modell der Wirtschaftswissenschaft,<br />
eine Vereinfachung, Vergröberung von Realität, um<br />
Mechanismen wirtschaftlichen Handelns zu beschreiben.<br />
In den politischen Debatten wird das Modell des „homo<br />
oeconomicus“ als des egoistisch-triebhaft, ja quasi<br />
naturgesetzlich seinem wirtschaftlichen Vorteil folgenden<br />
Menschen aber gern – weil es so verlockend simpel<br />
erscheint – als Natur des Menschen, als Realität gesehen.<br />
Doch ebenso wenig, wie die Vergröberung des Menschen<br />
zum „homo oeconomicus“ die ganze Vielfalt menschlicher<br />
Handlungen erklärt, sollte sich die Politik der Versuchung<br />
hingeben, vorrangig mit dem aus diesem Modell abgeleiteten<br />
Instrumentarium von wirtschaftlichen Anreizsystemen<br />
und Wettbewerb das Gesundheitswesen zu gestalten. Der<br />
„homo oeconomicus“ ist – wie der Wettbewerb – nur ein<br />
Teil des Ganzen und nicht das Ganze selbst.<br />
Medizin und wirtschaftlicher Wettbewerb<br />
In der Medizin geht es im Unterschied zu anderen Bereichen<br />
der gewerblichen Wirtschaft um fundamentale Güter der<br />
menschlichen Existenz: die Gesundheit und das Leben.<br />
Das trifft nicht minder auf die Zahnmedizin zu: Bekannt<br />
sind inzwischen die vielfältigen Wechselwirkungen von<br />
Erkrankungen des Mundraumes mit weitverbreiteten,<br />
schweren Allgemeinerkrankungen wie beispielsweise<br />
Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In Studien<br />
zeigte sich, dass Patienten mit Parodontitis ein 1,7fach<br />
erhöhtes Risiko für eine koronare Herzerkrankung hatten.<br />
Deutliche Hinweise gibt es auch auf Zusammenhänge<br />
von Frühgeburten und Atemwegserkrankungen mit einer<br />
unbehandelten Parodontitis. Bakterien aus den Zahnfleischtaschen<br />
wirken nicht nur im Mundraum, sondern<br />
gelangen über die Blutbahn in den Körper. Die Zahnmedizin<br />
ist längst schon dem tradierten Image eines Zahnreparaturbetriebes<br />
entwachsen und heute mehr als je zuvor<br />
prophylaxeorientiert und in Themen anderer medizinischer<br />
Disziplinen eingebunden.<br />
Zahnärztinnen und Zahnärzte sind sich der besonderen<br />
Verantwortung ihrer Berufsausübung bewusst. Das Wohl<br />
der Patienten ist die oberste Maxime zahnärztlichen Handelns<br />
– so steht es in den Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern.<br />
Diese Verpflichtung grenzt den Berufsstand<br />
von gewerblichen, im wirtschaftlichen Wettbewerb<br />
stehenden Unternehmen ab und macht den Weg frei für<br />
eine vertrauensvolle Zahnarzt-Patient-Beziehung. Nur unter<br />
solchen Voraussetzungen ist letztlich eine gelingende<br />
Medizin sinnvoll denkbar, denn Patienten wünschen sich<br />
ihren Arzt als Helfer und nicht als Verkäufer medizinischer<br />
Dienstleistungen. Wenn sie hinter jedem Therapievorschlag<br />
nur noch monetäre Motive vermuten müssten, stünden<br />
wir vor einem grundlegenden kulturellen Wandel, den<br />
niemand – weder Politiker noch Vertreter der Krankenkassen,<br />
Ärzte oder Patienten – ernsthaft wollen kann. Dass eine<br />
vertrauensvolle Zahnarzt-Patient-Beziehung auch wirtschaftlich<br />
effizient sein kann und der wirtschaftliche Wettbewerb<br />
bei näherem Hinsehen keineswegs zwangsläufig zu<br />
Kostenreduzierungen, sondern eher noch zu Kostensteigerungen<br />
führt, dürfte eine gute Nachricht sein. <br />
—<br />
Benn Roolf<br />
Quelle: „IGZ Die Alternative“, Ausgabe 2/2013,<br />
Hrg. von der Interessengemeinschaft Zahnärztlicher<br />
Verbände in Deutschland e. V. (IGZ), www.i-g-z.de<br />
12 P O L I T I S C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
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21.05.2014 Hannover: Dentale Lachgassedierung 3 Punkte<br />
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25.06.2014 Hannover: Bakterien sicher im Griff! Ein Konzept zur modernen<br />
Parodontitisbehandlung mit Photodynamik und Stabilisierung<br />
mit Probiotika<br />
2 Punkte<br />
13.06.2014 Berlin: Systematische Absaug- und Haltetechnik nach Hilger 5 Punkte<br />
09.07.2014 Hannover: Herstellung von Provisorien für<br />
verschiedene Indikationen<br />
4 Punkte<br />
03.09.2014 Berlin: Manueller Schärfkurs für parodontale Handinstrumente 5 Punkte<br />
10.09.2014 Berlin: Neue Richtlinien RKI-BfArM 2012 für Praxisbegehungen 3 Punkte<br />
24.09.2014 Hannover: Tiefziehtechnik 3 Punkte<br />
25.09.2014 Hannover: Schnarchschutz 9 Punkte<br />
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Prothetische Rehabilitation im<br />
parodontal geschädigten Gebiss –<br />
geht das?<br />
Epidemiologische Studien zeigen, dass in<br />
Deutschland mehr als die Hälfte aller Erwachsenen<br />
an einer Parodontitis erkrankt sind. Darüber<br />
hinaus stellen Parodontalerkrankungen die häufigste<br />
Ursache für Zahnverlust bei Erwachsenen dar. Daher<br />
nimmt die prothetische Rehabilitation im parodontal<br />
geschädigten Gebiss einen immer wichtigeren Stellenwert<br />
ein.<br />
Behandlungskonzept<br />
Interdisziplinäres Management der parodontologischen<br />
und prothetischen Therapie in einem synoptischen<br />
Behandlungskonzept stellt die Voraussetzung für eine<br />
funktionelle und ästhetische Rekonstruktion dar. Nur durch<br />
eine erfolgreich abgeschlossene präprothetische Vorbehandlungsphase,<br />
gefolgt von der prothetischen Therapie unter<br />
Berücksichtigung parodontaler Aspekte und anschließender<br />
Einbindung in ein regelmäßiges Nachsorge-Regime können<br />
voraussagbare und langzeitstabile Behandlungsergebnisse<br />
ermöglicht werden.<br />
Das synoptische Behandlungskonzept gliedert sich in<br />
Abhängigkeit von der individuellen Patientensituation in<br />
folgende übergeordnete Behandlungsschritte:<br />
Abb. 1: Sanierungsbedürftiges Gebiss. Ausgangssituation, Patient,<br />
männlich, 55 Jahre, behandlungs- und sanierungsbedürftiges<br />
Gebiss mit parodontaler Vorschädigung; Zähne 11, 12, 14, 15 mit<br />
Interimsprothese ersetzt, Behandlungswunsch: festsitzender<br />
Zahnersatz.<br />
Anamnese und Befundaufnahme,<br />
Schmerzbehandlung (soweit notwendig),<br />
Diagnosen und Einzelzahnprognosen,<br />
Prothetische Therapieplanung und Umsetzung in einem<br />
systematischen Behandlungsablauf und<br />
regelmäßige Nachsorge.<br />
Die gewissenhafte Erhebung der Anamnese in Kombination<br />
mit einer vollständigen Befundaufnahme ist die<br />
Grundlage einer sicheren Diagnosestellung. Ergänzend zur<br />
Fotos: © Prof. Dr. M. Naumann<br />
Abb. 2: Ausgangssituation mit partiellem Zahnersatz. Ansicht von rechts (Foto links), frontal (Foto Mitte), links (Foto rechts).<br />
14 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
dentalen Untersuchung haben sich in der parodontalen<br />
Diagnostik der klinische Parodontalstatus (Taschensondierungstiefen,<br />
Blutung auf Sondieren, parodontale Rezessionen<br />
pro Zahnfläche (m/d/v/oral) und Zahn, Furkationsbeteiligung,<br />
Mobilitätsgrad, Mundhygienestatus) und röntgenologische<br />
Zahnfilmaufnahmen in der Paralleltechnik mit Halter<br />
bewährt. Über den Wert eines DVT finden sich in letzter<br />
Zeit vermehrt Diskussionsbeiträge.<br />
Für die synoptische Behandlungsplanung ist die Einschätzung<br />
der Einzelzahnprognosen auf der Basis der gesamten<br />
Befundsituation von maßgeblicher Bedeutung. Jeder Zahn<br />
wird in die Kategorie sicher, zweifelhaft oder hoffnungslos<br />
eingestuft (Tab. 1), aufgrund dessen weitere, therapeutische<br />
Maßnahmen getroffen werden: Nach Abschluss der Planungsphase<br />
wird mit dem systematischen Behandlungsablauf<br />
begonnen (Tab. 2). Zunächst werden im Rahmen der systemischen<br />
Phase mögliche Risikofaktoren für Patient und<br />
Behandler erfasst und ggf. interdisziplinär abgeklärt. Die<br />
sich anschließende Hygienephase hat die Ziele, adäquate<br />
Mundverhältnisse herzustellen und die Mitarbeit des<br />
Patienten zu evaluieren, sodass eine Verbesserung der<br />
oralen Gesundheit erreicht wird. Entsprechend den Einzelzahnprognosen<br />
werden dann in der präprothetischen<br />
Phase hoffnungslose Zähne extrahiert, die Prognose der<br />
verbliebenen Zähne während der Tragezeit provisorischer<br />
Versorgungen ausgetestet und optimale Okklusionsverhältnisse<br />
wiederhergestellt. Gleichzeitig wird durch konservierende<br />
und endodontische defektbezogene Behandlungsmaßnahmen<br />
versucht, fragliche Zähne in einen<br />
vorhersagbaren Zustand zu überführen.<br />
Die Therapie des parodontalen Krankheitsbildes stellt sich<br />
komplexer dar, da es sich um eine multifaktorielle Infektionserkrankung<br />
handelt. In der Ätiopathogenese wird der<br />
parodontalpathogenen Mikroflora, aber auch den endogenen<br />
respektive exogenen Risikofaktoren sowie genetischen<br />
Komponenten eine entscheidende Rolle zugeschrieben.<br />
Demzufolge stellen die Desintegration von supra- und<br />
subgingivalem Biofilm in Kombination mit einer adjuvanten<br />
antimikrobiellen Therapie und die Modifikation von Risikofaktoren<br />
die zentralen Bestandteile der Parodontitistherapie<br />
dar. Parodontalchirurgische Verfahren sind i. d. R. erst dann<br />
indiziert, wenn die alleinige konservative Therapie zu einem<br />
nicht ausreichenden Behandlungserfolg geführt hat. Insbesondere<br />
bei Patienten mit chronischen schweren respektive<br />
aggressiven Parodontitiden ist die subgingivale Belagentfernung<br />
und Reduktion der Taschensondierungstiefen mit<br />
chirurgischen Verfahren sicherer zu erzielen als mit der<br />
konservativen Therapie alleine. Als weiterreichende<br />
operative Maßnahmen können resektive und regenerative<br />
parodontalchirurgische Techniken zum Einsatz kommen.<br />
Die chirurgische Furkationstherapie mit resektiven Verfahren<br />
wie Hemisektion und Wurzelamputation weisen in der<br />
Literatur heterogene Behandlungsergebnisse auf. <br />
PROGNOSEEINSTUFUNG EINES ZAHNES<br />
Sicher<br />
Zweifelhaft<br />
Hoffnungslos<br />
Tabelle 1.<br />
Zahn mit gutem dentalem und<br />
parodontalem Zustand, so dass ein<br />
dauerhafter Erhalt anzunehmen ist.<br />
Zahn mit fraglichem dentalem<br />
und/oder parodontalem Zustand, aber<br />
in strategisch wichtiger Position.<br />
Im Rahmen der Vorbehandlung muss<br />
versucht werden, den Zahn in einen<br />
sicheren Zustand zu überführen und<br />
somit dauerhaft zu erhalten.<br />
Zahn mit schlechtem dentalem<br />
und/oder paorodontalem Zustand.<br />
Erhalt medizinisch nicht möglich bzw.<br />
nur mit übermäßigem Aufwand zu<br />
realisieren. Der Zahn steht aber in<br />
strategisch unwichtiger Position, so<br />
dass es nicht sinnvoll ist, ihn zu erhalten.<br />
SYSTEMISCHER BEHANDLUNGSABLAUF<br />
1. Systemische Phase<br />
Ziele: Schutz des Patienten und Behandlers<br />
2. Hygienephase<br />
Ziele: Herstellung hygienischer Mundverhältnisse,<br />
Evaluation der Mitarbeit des Patienten<br />
3. Präprothetische Vorbehandlung<br />
Ziele: konservierende Vorbehandlung erhaltungswürdiger<br />
Zähne, Verbesserung parodontaler Verhältnisse,<br />
optimale Okklusionsverhältnisse. Austesten prothetischer<br />
Versorgungen, Pfeilerzahnvermehrung<br />
4. Reevaluation der gesamten Vorbehandlung<br />
(nach 2 bis 12 Monaten)<br />
Ziel: Erfolgreicher Abschluss aller präprothetischen<br />
Maßnahmen<br />
5. Prothetische Phase<br />
Ziel: Eingliedern von definitivem Zahnersatz<br />
6. Nachsorge<br />
Ziele: Aufrechterhaltung der oralen Gesundheit und<br />
Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes<br />
Tabelle 2.<br />
F A C H L I C H E S<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
15
Ist darüber hinaus eine Pfeilervermehrung mit Implantaten<br />
geplant, ist aufgrund eines erhöhten Periimplantitisrisikos<br />
der Zeitpunkt der Insertion nach dem Abschluss der parodontalen<br />
Therapie zu wählen. In dieser Phase können<br />
Zähne mit unsicherer Prognose zur Verankerung von<br />
provisorischen Versorgungen genutzt werden. Diese Zähne<br />
werden zusammen mit der Implantatfreilegung entfernt.<br />
In einer abschließenden Gesamt-Reevaluation werden die<br />
präprothetischen Behandlungsergebnisse der vorbereitenden<br />
Maßnahmen beurteilt. Erst wenn alle Ziele erfolgreich<br />
erreicht wurden, erfolgt die definitive prothetische Therapie.<br />
Andernfalls müssen weitere präprothetische Therapiemaßnahmen<br />
ergriffen oder die prothetische Planung verändert<br />
werden.<br />
Abb. 3: Einzelbild-Röntgenstatus. Prognostische Beurteilung<br />
der Zähne anhand des Ampelsystems: rot = hoffnungslos,<br />
gelb = zweifelhaft, grün = sicher.<br />
Abb. 4: Parodontalstatus. Rot = Taschentiefen von 6 mm und<br />
mehr, Zahn 16 und 47 Furkationsgrad III.<br />
Misserfolge sind u. a. darauf zurückzuführen, dass es zu<br />
einer Multiplikation von verschiedenen Risiken kommt<br />
wie endodontische Behandlung, ausgeprägter Zahnhartsubstanzverlust,<br />
chirurgische Therapie und prothetische<br />
Rekonstruktion. Ist eine derartig komplexe Therapie geplant,<br />
empfiehlt sich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
im Spezialistenteam von Parodontologen, Endodontologen<br />
und Prothetikern.<br />
Die erfolgreiche Bewertung der korrektiven Phase der<br />
gesamten Parodontaltherapie geht mit folgenden Behandlungszielen<br />
einher:<br />
entzündungsfreie Verhältnisse des Parodontiums,<br />
Ausschaltung ökologischer Nischen mit Taschensondierungstiefen<br />
< 5mm sowie Furkationsbeteiligung < Grad 1,<br />
Regeneration der durch Parodontitis destruierten<br />
Strukturen und<br />
Schaffung optimaler Voraussetzungen für<br />
adäquate Mundhygieneverhältnisse.<br />
Lockerungsgrad<br />
Die Zahnbeweglichkeit wird klinisch bestimmt als Amplitude<br />
der Kronenauslenkung als Wirkung einer standardisierten<br />
Kraft (0,1 N). Diese Amplitude wird in der Regel zur Unterscheidung<br />
zwischen physiologischer und pathologischer<br />
Zahnbeweglichkeit herangezogen und hat deshalb Einfluss<br />
auf die prothetische Therapieplanung. Die Grenze zwischen<br />
physiologischer und pathologischer Zahnbeweglichkeit ist<br />
wissenschaftlich nicht klar definiert. Die Zahnbeweglichkeit<br />
ist abhängig von der Höhe des Alveolarknochens und der<br />
Weite des Parodontalspaltes. Ein reduziertes Parodont weist<br />
nicht zwangsläufig eine pathologische Zahnbeweglichkeit<br />
auf. Der Begriff „pathologisch“ ist dann gerechtfertigt, wenn<br />
sich die Zahnbeweglichkeit im Laufe der Zeit erhöht und/<br />
oder Zeichen der Entzündung (Bluten auf Sondieren,<br />
Pusentleerung, Progression des Attachmentverlustes)<br />
vorliegen. Eine erhöhte Zahnbeweglichkeit kann auch ein<br />
Indikator für eine fortschreitende traumatische Läsion sein.<br />
Eine erhöhte Zahnmobilität bei gesundem, reduziertem<br />
alveolärem Attachment ohne erweiterten Parodontalspalt<br />
ist somit als physiologisch zu bezeichnen. Sie wird als<br />
physiologische Adaptation an eine veränderte Funktion<br />
gewertet.<br />
Rekonstruktion<br />
Im Zuge einer parodontalen Vorbehandlung werden die<br />
hoffnungslosen Zähne, bei nicht erfolgreichen präprothetischen<br />
Maßnahmen auch die zweifelhaften Zähne entfernt.<br />
Oft bleibt nach diesen Maßnahmen ein Lückengebiss<br />
zurück, das aufgrund der numerischen topographischen<br />
Verteilung der Restzähne bei konservativer Herangehensweise<br />
eine Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz<br />
zulässt. Ist eine Implantatlösung nicht geplant, bleiben<br />
nur die Optionen, überspannige Brückenrekonstruktionen<br />
(mit ihrem Für und Wider) einzusetzen oder das Gebiss<br />
mit herausnehmbarem Zahnersatz zu versorgen.<br />
16 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Herausnehmbarer Zahnersatz<br />
Bei der Versorgung von teilbezahnten Kiefern mit<br />
herausnehmbaren Prothesen stehen die Optionen<br />
Herausnehmbarer Zahnersatz,<br />
Kombiniert festsitzend-herausnehmbarer Zahnersatz<br />
zur Verfügung.<br />
Die Eingliederung von Teilprothesen führt zu einem erhöhten<br />
Level an Plaquebefall der Ankerzähne. Daher werden<br />
einige Grundregeln in der Gestaltung von Teilprothesen<br />
empfohlen: Ein Abstand der Konstruktionselemente von<br />
etwa 4 mm vom Gingivarand ist einzuhalten, grazile<br />
Gestaltung kleiner Verbinder, im Unterkiefer ist ein Lingualbügel<br />
einer lingual bedeckenden Platte vorzuziehen.<br />
Insgesamt werden vereinfachte Konstruktionen mit wenig<br />
Bedeckung empfohlen. Teilprothesen können durch die<br />
Pfeilerbelastung zu erhöhter Mobilität an den Pfeilern führen.<br />
Daher ist bei parodontal geschädigten Pfeilern, die nach<br />
der Behandlung noch eine erhöhte Mobilität aufweisen,<br />
eine sekundäre Verblockung durch die Retentionselemente<br />
der Teilprothesen sinnvoll. Die sekundäre Verblockung<br />
kann unterstützend wirken, um eine Mobilität zu verringern.<br />
Im Vergleich zu festsitzendem Zahnersatz oder unversorgten<br />
Lückengebissen weisen konventionelle herausnehmbare<br />
Prothesen in klinischen Studien Nachteile in Bezug auf parodontale<br />
Parameter auf. Pfeilerzähne in mit Teilprothesen<br />
versorgten Kiefern haben häufig erhöhte Sondierungstiefen.<br />
Teilprothesen, die mit Doppelkronen verankert werden,<br />
scheinen gegenüber Modellgussprothesen etwas bessere<br />
Überlebensraten zu erzielen. Unter optimalen Bedingungen<br />
wurden nach 25 Jahren Überlebensraten von 65 % gefunden,<br />
aber auch ein erheblich geringeres Überleben von nur<br />
etwa 40 bis 50 % nach 10 Jahren wurde beschrieben. Unterschiede<br />
im verwendeten Retentionselement (Klammern,<br />
Geschiebe, Doppelkronen) scheinen jedoch keinen Einfluss<br />
auf parodontale Parameter, die das Überleben von Pfeilerzähnen<br />
beeinflussen, zu besitzen. Insgesamt weisen jedoch<br />
Teilprothesen gegenüber festsitzendem Zahnersatz<br />
schlechtere Überlebensraten auf.<br />
Festsitzender Zahnersatz<br />
Im Zusammenhang mit der prothetischen Versorgung mit<br />
Brücken wird häufig das Gesetz nach Ante herangezogen.<br />
Es besagt, dass die perizementäre Oberfläche der Brückenpfeiler<br />
diejenigen der zu ersetzenden Zähne erreichen oder<br />
übertreffen soll. <br />
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Abb. 5: Langzeitprovisorische Versorgung. Zum Ersatz von 11, 12, 14, 15, 16 im Sinne einer überspannten Brückenversorgung parallel<br />
zur systematischen PA-Behandlung. Bereits jetzt konnte der Patient subjektiv funktionell und ästhetisch zufrieden gestellt werden.<br />
Abb. 6: Implantatabformung (System: Camlog),<br />
aus Aspekten der Vorhersagbarkeit<br />
der Rot-Weiß-Ästhetik im Frontzahnbereich<br />
wurde auf die Implantation regio 12 zu<br />
Gunsten einer Verbundbrücke z13-i11<br />
verzichtet.<br />
Eine Reihe klinischer Studien belegt, dass trotz eklatanter<br />
Missachtung des Gesetzes nach Ante diese Versorgungen<br />
klinisch erfolgreich sind. Die Komplikationsraten von langspannigen<br />
Brücken im parodontal schwer geschädigten,<br />
aber sanierten Gebiss können wie folgt zusammengefasst<br />
werden: nach fünf Jahren 96,4 % (CI: 94,6-97,6 %), nach 10<br />
Jahren 92,9 % (CI: 89,5-95,3 %).<br />
Für die Pfeilerzähne lagen die Überlebensraten nach 5 Jahren<br />
bei 97,5 % und nach 10 Jahren bei 95 %. Als biologische<br />
Komplikationsraten (nach 5 Jahren/10 Jahren) wurden<br />
bewegliche Brücken 3,1 %/6,2%, Pfeilerkaries 0,9 %/1,9%<br />
und Pfeiler mit endodontischen Komplikationen in 3,6 %/<br />
7 % der Fälle beobachtet. Es wurden nach 5 Jahren/10 Jahren<br />
Dezementierung in 2,2 %/4,6%, Pfeilerfrakturen in 1,9 %/<br />
3,7 % und Gerüstfrakturen in 2,1 %/4,2 % der Fälle im Sinne<br />
technischer Komplikationen beobachtet.<br />
Bei einer gleichmäßigen Anordnung der Pfeilerzähne im<br />
reduzierten, aber gesunden Parodont gelten 20 bis 30 %<br />
des ursprünglichen Zahnhalteapparates als ausreichend,<br />
um eine zirkuläre Brücke zu tragen. Pfeilerzähne mit reduzierter<br />
alveolärer Knochenunterstützung halten normalen<br />
Kaubelastungen stand. Ein negativer Einfluss auf Beißund<br />
Kaumuster wird nicht beobachtet. Eine alternierende<br />
Extraktion nach HELD erscheint heute obsolet.<br />
Zur Versorgung mit zirkulärem, festsitzendem Zahnersatz<br />
werden mindestens 4 bis 6 Pfeilerzähne gefordert. Die<br />
Abb. 7: Individuelles Zirkonabutment<br />
auf Titanklebebasis regio 11 und<br />
Standardabutments Titan regio 14, 15, 16<br />
vor definitiver Befestigung.<br />
symmetrische Anordnung begünstigt<br />
eine gleichmäßige Kräfteverteilung.<br />
Zwei Pfeiler in Prämolaren- und Molarenregion<br />
in beiden Kieferhälften<br />
werden als notwendig erachtet. Die<br />
bilaterale Versorgung einer zirkulären<br />
Brücke mit bis zu zwei Extensionsgliedern<br />
in Prämolarenbreite kann erfolgreich<br />
sein (wird aber nicht als Standardtherapie<br />
für den zahnärztlichen Alltag<br />
empfohlen) unter Berücksichtigung<br />
folgender technischer und biomechanischer<br />
Aspekte.<br />
Hierzu zählen:<br />
Schaffung ausreichender Retention<br />
Das Ziel sollte sein, die Höhe für die Präparation des<br />
Pfeilerzahnes bei möglichst großer Parallelität auszunutzen.<br />
In einer Brückenkonstruktion mit mehreren Pfeilern ist<br />
der parodontal stabilste Zahn den größten Rotationsund<br />
Dislokationsbewegungen ausgesetzt. Hier sollte<br />
die Aufmerksamkeit auf die Schaffung ausreichender<br />
Retention gerichtet sein.<br />
Dimensionierung der Rekonstruktion<br />
Um Materialermüdungen und Spannungen innerhalb<br />
der Konstruktion zu vermeiden, sollte das Metallgerüst<br />
mindestens 5 mm hoch und 4 mm breit sein.<br />
Bissrelation und Okklusion: Eine gleichmäßige<br />
Okklusion mit „freedom in centric“ ist anzustreben<br />
Eine Reduktion des Okklusionsfeldes zur Verringerung<br />
der okklusalen Belastung ist nicht notwendig. Die noch<br />
vorhandenen Parodontien sollen vor allem axial belastet<br />
werden. Im Frontzahnbereich ist ein großer Overbite und<br />
Overjet zu vermeiden. Bei einer Reduktion auf eine<br />
Prämolarenokklusion gemäß dem ShortenedDental<br />
ArchKonzept (SDA) sind okklusale Kontakte im Frontzahnbereich<br />
zwingend erforderlich.<br />
Die dynamische Okklusion sollte anteriore Balancekontakte<br />
bei Exkursivbewegungen im Rahmen einer Front/<br />
Eckzahnführung vorsehen. In extremen Ausnahmefällen<br />
ist eine bilateral balancierte Okklusion sinnvoll. Die<br />
18 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Abb. 8: Abschlussbild. Zahn 21 Zustand nach chirurgischer Kronenverlängerung; Zirkonoxidbasierte Endpfeilerbrücke 13-11<br />
und Einzelkrone 21, 14-17 klassische VMK-Kronenversorgung (Foto links).<br />
statische Okklusion soll langfristig regelmäßig kontrolliert und<br />
adjustiert werden, um das Auftreten von Frühkontakten zu<br />
vermeiden.<br />
Implantate<br />
Es konnte gezeigt werden, dass bei der Implantation bei<br />
Patienten mit vorhergehendem, durch Parodontitis bedingten<br />
Zahnverlust nach 10 Jahren ein 9fach erhöhtes Risiko<br />
für Periimplantitis im Vergleich zu Implantaten bei nicht<br />
parodontal erkrankten Patienten vorliegt. Jedoch liegt eine<br />
gleiche Überlebenswahrscheinlichkeit von Implantat und<br />
Suprakonstruktion vor. Für die Implantation im parodontal<br />
geschädigten, teilbezahnten Gebiss wurde ebenfalls eine<br />
verringerte Erfolgswahrscheinlichkeit beschrieben. Derzeit<br />
ist mit einer um ca. fünf Prozent verringerten Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
der Implantate im Vergleich zu Zähnen<br />
zu rechnen. Trotzdem handelt es sich um eine sinnvolle<br />
Erweiterung des Therapiespektrums, welches unbedingt in<br />
Betracht gezogen werden sollte. Implantate sollten mit<br />
dem Ziel eingesetzt werden, bei Einzelzahnlücken die<br />
Pfeilerpräparation angrenzender Zähne für eine Brücke zu<br />
vermeiden oder über eine Pfeilervermehrung festsitzenden<br />
bzw. festsitzendherausnehmbaren Zahnersatz zu ermöglichen.<br />
Eine „Schienung“ beweglicher Zähne durch Verbundbrücken<br />
(ZahnImplantatgetragene Brücken) scheint nicht<br />
sinnvoll zu sein.<br />
Parodontitistherapie<br />
Langzeitstabile Ergebnisse sind nur durch die lebenslange<br />
Einbindung des parodontal erkrankten Patienten in ein<br />
regelmäßiges Nachsorgekonzept zu erzielen. Ohne eine<br />
adäquate unterstützende Parodontitistherapie kann die<br />
konservative und parodontalchirurgische Therapie die<br />
Progredienz der Parodontitis – wenn überhaupt – nur<br />
kurzfristig stoppen. Während bei der sog. professionellen<br />
Zahnreinigung (PZR) lediglich die sichtbaren supragingivalen<br />
Areale gereinigt werden, müssen bei der unterstützenden<br />
Parodontitistherapie (UPT) Stellen mit Taschensondierungstiefen<br />
> 4 mm zusätzlich auch subgingival instrumentiert<br />
werden. Zeitliche Intervalle von drei bis sechs Monaten<br />
zwischen den einzelnen UPT-Terminen sollten nicht überschritten<br />
werden. Das Nachsorgekonzept für Patienten mit<br />
Implantaten ähnlich den Richtlinien der Parodontitistherapie<br />
erscheint sinnvoll. Hierbei sollten Intervalle von drei Monaten<br />
bei teilbezahnten und mit Implantaten versorgten Patienten<br />
eingehalten werden. Zahnlose Patienten mit implantatgetragenen<br />
Konstruktionen sollten in Abhängigkeit vom<br />
individuellen Mundhygienestatus in 3bis 6monatlichen<br />
Nachsorgeintervallen einbestellt werden. <br />
—<br />
Prof. Dr. Michael Naumann<br />
Prof. Dr. Ralph G. Luthardt, Ulm<br />
Patientenfall: von Prof. Naumann<br />
Quelle: ZBW 01/2012<br />
Literaturverzeichnis beim Informationszentrum<br />
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19
In der Bewährungsphase –<br />
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und Brücken aus Zirkoniumdioxid<br />
Fotos: © Dr. A. Hutsky, J. Illner<br />
Abb. 1 a: Der Scan-Datensatz zur Herstellung vollanatomischer<br />
Vollzirkon-Kronen auf den Zähnen 16-22 und einer vollanatomischen<br />
Vollzirkon-Brücke auf den Pfeilerzähnen 23, 24 und 26 ist<br />
angefertigt worden.<br />
Gegenüber klassischen Glaskeramik-Restaurationen<br />
sowie Sinterverbundrestaurationen<br />
auf Zirkoniumdioxid-Gerüsten verzeichnen monolithische<br />
Restaurationen aus Zirkoniumdioxid insbesondere im<br />
Lachlinienbereich über eine verminderte natürliche Transluzenz.<br />
Im Seitenzahngebiet dagegen – vor allem im retrograden<br />
Oberkiefer – wirken niedrigtransluzente bis opake<br />
Keramiken auf das Gesamterscheinungsbild weit weniger<br />
störend. Daher kommen monolithische Zirkoniumdioxid-<br />
Restaurationen vorwiegend zur ästhetischen Versorgung<br />
außerhalb des sogenannten Lachlinienbereichs nach den<br />
zweiten Prämolaren im Oberkiefer beziehungsweise nach<br />
den ersten Prämolaren im Unterkiefer zum Einsatz. Besonders<br />
vorteilhaft: Im Gegensatz zu Verblend-Metall-Keramikkronen<br />
ergeben sich bei freiliegenden Kronenrändern als<br />
Folge von Gingivarezessionen kaum ästhetische Probleme.<br />
Viele der im Markt erhältlichen Restaurationsmaterialien für<br />
Zirkoniumdioxid lassen sich im gefrästen Grünzustand mit<br />
Färbelösungen im Tauchverfahren gezielt einfärben, dann<br />
sintern und bei Bedarf mit Effektmassen und Malfarben<br />
individualisieren. Andere wiederum sind monochrom voreingefärbt<br />
oder verfügen über einen fließenden Farbverlauf,<br />
bei dem die einzelnen Zahnschmelz-, Dentin- und Zahnhalsfarbabstufungen<br />
sanft coloriert sind (Multicolor-Vollzirkon,<br />
R+K CAD/CAM Technologie GmbH & Co. KG, Berlin). Dentallabore<br />
mit Fräsmaschinen können derart Fräsronden<br />
unproblematisch im alltäglichen Fräsprozess einsetzen.<br />
Besonders praktisch: Obwohl diese Materialien ohne<br />
aufwändiges Eintauchen, Bemalen und Trocknen auskommen,<br />
lässt sich ein ansprechendes Ergebnis mit einem<br />
natürlichen Farbverlauf erzielen. Zudem werden mögliche<br />
manuelle Fehler beispielsweise beim Ansetzen der Färbeflüssigkeiten<br />
oder im Hinblick auf die Einhaltung der Färbedauer<br />
vermieden. Aufgrund des verkürzten Verfahrens kann<br />
termingerechter und kostengünstiger produziert werden<br />
und gleichzeitig die Zufriedenheit durch weniger interne<br />
und externe Reklamationen erhöht werden.<br />
Für Allergiker stellt der biokompatible, allergenfreie Zahnersatz<br />
aus reinem Zirkoniumdioxid eine biologisch langzeitverträgliche<br />
Alternative dar – nicht nur aufgrund dessen<br />
Materialeigenschaften, sondern auch deshalb, weil monolithische<br />
Restaurationen aus Zirkoniumdioxid beispielsweise<br />
im Gegensatz zu den klassischen Glaskeramiken konventionell<br />
befestigt werden können.<br />
Keramiken wie Zirkon-Keramiken sind im Allgemeinen chemisch<br />
inert und im Mundmilieu unlöslich [4, 5]. Aufgrund<br />
der ausgesprochen homogenen und gewebeschonenden<br />
Oberflächenbeschaffenheit erleichtern Restaurationen aus<br />
diesen Werkstoffen deren parodontale Hygienefähigkeit.<br />
Infolge der verminderten Tendenz zur Plaqueanlagerung<br />
wird auf einfache Weise das Entstehen Plaque-induzierter<br />
Gingivitiden vermieden. Patienten mit kälte- und wärme -<br />
empfindlichen Zähnen bieten monolithische Zirkoniumdioxid-<br />
Restaurationen einen besseren Schutz vor Temperaturempfindlichkeiten<br />
im Gegensatz zu den handelsüblichen<br />
metallischen und metallbasierten Restaurationen. Restaurationen<br />
aus Zirkoniumdioxid sind aufgrund ihrer Materialzusammensetzung<br />
weniger empfindlich als klassische<br />
20 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Abb. 1 b, c: Die Einschubrichtung und die Präparationsgrenzen müssen festgelegt werden.<br />
Glaskeramik-Restaurationen. „Chippings“ und „Mikrochippings“<br />
gehören bei verblendfreien, vollanatomisch erstellten<br />
Arbeiten im Gegensatz zu Feldspat-keramisch handverblendeten<br />
Restaurationen der Vergangenheit an [3].<br />
Präparationsempfehlungen für CAD/CAM-basierte<br />
Zirkoniumdioxidkronen- und Brückenpräparationen<br />
Monolithische Zirkoniumdioxidrestaurationen lassen sich<br />
im Vergleich zu herkömmlichen Feldspatkeramiken aufgrund<br />
ihrer höheren Biegefestigkeitswerte, ihrer Bruchzähigkeit<br />
sowie Verschleißfreiheit, abhängig von der Indikation<br />
ebenso substanzschonend präparieren wie herkömmliche<br />
Kronen und Brücken aus edelmetallfreien Legierungen<br />
(EMF). Spezielle Frässtrategien, resultierend aus den<br />
CAD/CAM-Fertigungsverfahren, erfordern dennoch ein Umdenken<br />
hinsichtlich des Präparationsdesigns. Insbesondere<br />
scharfe Kanten am Übergang vom Kavitätenboden zur<br />
lateralen Pulpenwand des Approximalkastens oder stehen<br />
gelassene spitze Grate stellen im Allgemeinen eine typische<br />
Sollbruchstelle für Keramiken dar. Denn während Keramiken<br />
auf der Restaurationsoberseite relativ gut Druckbelastungen <br />
F A C H L I C H E S<br />
Abb. 1 d-g: Jetzt wird die passende Zahnkrone aus der Zahnbibliothek ausgewählt und an die<br />
anatomischen Gegebenheiten angepasst.<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
21
Abb. 1 h-k: Der passende Artikulatortyp wird ausgewählt. Der Einstellwinkel und die Bissebene des Scan-Modells müssen festgelegt<br />
werden. Danach erfolgt die Anpassung der Okklusion. Die Modelle werden mittelwertig artikuliert.<br />
Abb. 1 l-o: Auf Basis der Software Dental System 2013 (3Shape) werden die Restaurationen CAD-gerecht modelliert<br />
und anschließend freigestellt..<br />
22 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
F A C H L I C H E S<br />
Abb. 1 p-u: Die Designdatensätze werden in den maschinellen Produktionsprozess überführt.<br />
Es erfolgt die Berechnung und Simulation der Fräsbahnen (exemplarisch).<br />
Stand halten können, wirken sich Spannungsspitzen an<br />
der zugbelasteten Unterseite der Keramikrestauration negativ<br />
auf die Gesamtstabilität der Restauration aus. Potenziell<br />
erhöhte Frakturgefahren können allerdings reduziert werden,<br />
wenn alle inneren Übergänge, beispielsweise von der<br />
Kavitätenwand zum Kavitätenboden und innerhalb der<br />
Approximalkästen, weich und gleichmäßig abgerundet<br />
gestaltet werden. Fließende Formen und sanfte Übergänge<br />
zeichnen CAD/CAM-gerechte Präparationen aus. Klassische<br />
scharfkantige, retentiv wirkende Kästen sind zu vermeiden.<br />
Zudem würden diese Areale aufgrund der sogenannten<br />
Fräserradiuskorrektur ohnehin von der Produktionssoftware<br />
„rundgerechnet“ und damit unnötig hohlgelegt werden.<br />
Unterschnitte sollten nach einer erforderlichen Kariesexkavation<br />
im Vorfeld zu Gunsten der Substanzschonung beispielsweise<br />
mit einem Komposit aufgefüllt werden –<br />
natürlich nur, wenn die verbleibenden Wände stabil genug<br />
erscheinen. Der Zahnstumpf ist anschließend ohne Unterschnitte<br />
mit einem Konuswinkel von 2 x 3° bis 2 x 6°<br />
hohlkehlartig oder mit einem abgerundeten Zylinder zu<br />
präparieren [1]. Um ein „Abhebeln“ herkömmlich zementierter<br />
Kronen- oder Brückenrestaurationen zu vermeiden,<br />
sollte der Präparationswinkel umso steiler gewählt werden,<br />
je kürzer der Stumpf ist. Prinzipiell sollte die Präparationstiefe<br />
laut Herstellerangaben am Kronenrand mindestens<br />
1,0 mm betragen – wobei dieser Wert in der Realität<br />
erfahrungsgemäß allzu oft unterschritten wird. Darauf<br />
basierend wird die Außengeometrie der Zahnkrone im <br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
23
Abb. 1 v-z: Ein geschicktes Positionieren der Restaurationen in der Höhe des polychromatischen Fräsrohlings (Katana ® Zirconia ML A<br />
dark, KurarayNoritake ® ) bewirkt, dass der gewünschte Farbton und ein natürlicher Farbverlauf erreicht werden kann. Ein aufwändiges<br />
Eintauchen, Bemalen und Trocknen entfällt. Im vorliegenden Patientenfall sind alle Restaurationen individuell bemalt worden.<br />
Normalfall überall möglichst gleichmäßig reduziert. Die<br />
Präparationsempfehlungen für vollkeramische Brückenpfeiler<br />
gleichen denen für Kronen. Selbstverständlich muss darauf<br />
geachtet werden, dass die Pfeiler in einer gemeinsamen<br />
Einschubrichtung präpariert sind und genügend Platzangebot<br />
im okklusalen Bereich vorhanden ist, um ein ästhetisches<br />
Design gerade bei schwierigen Kieferbögen realisieren zu<br />
können. Zu kurze und gleichzeitig kleine Stümpfe können<br />
aufgrund des geringen vertikalen Platzangebots dazu führen,<br />
dass system- und materialabhängige Mindestverbinderstärken<br />
im Gerüst nicht eingehalten werden können. In<br />
diesen Fällen und insbesondere im Falle der konventionellen<br />
Befestigung sollte die Materialwahl überdacht werden, da<br />
eine Unterschreitung der Mindestverbinderstärken zur Fraktur<br />
des Gerüstes führen könnte. Nur durch eine geeignete<br />
Verbinderhöhe kann eine ausreichende und langanhaltende<br />
Stabilität von Vollkeramik-Brücken gewährleistet werden.<br />
Strategien für einen sicheren Haft- und/oder<br />
Klebeverbund<br />
Aufgrund ihrer Eigenstabilität lassen sich Vollzirkoniumdioxid-<br />
Restaurationen oder keramisch verblendete Zirkoniumdioxid-Gerüste<br />
erfahrungsgemäß konventionell zementieren.<br />
Gerade Zahnarztpraxen, die bisher eher festsitzenden<br />
Zahnersatz aus edelmetallfreien und Edellegierungen ein-<br />
24 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
F A C H L I C H E S<br />
Abb. 2 a-d: Fertiggestellter Scan-Datensatz zur Herstellung einer vollanatomischen Krone auf Zahn 47. Die digitale Erfassung<br />
erfolgte mit dem puderfreien Intraoralscanner TRIOS ® von 3Shape. Danach Bestimmung der Präparationsgrenzen, Festlegung der<br />
Einschubrichtung und CAD-Modellation.<br />
gegliedert haben, profitieren von diesem Prozessschritt, da<br />
keine zulänglichen Anpassungen im Zuge der Befestigung<br />
vollzogen werden müssen. Um allerdings ein konstantes<br />
Mischungsverhältnis gewährleisten zu können, sollten im<br />
Falle der herkömmlichen Befestigung anstatt der manuell<br />
gemischten Zemente Kapselmischzemente Anwendung<br />
finden. Nur so kann eine annähernd gleichbleibende<br />
Konsistenz und eine kontrollierte Abbindedauer garantiert<br />
werden. Eine Befestigung monolithischer Zirkoniumdioxid-<br />
Restaurationen kann in aller Regel mit herkömmlichen,<br />
konventionellen Zementen gewährleistet werden. Natürlich<br />
muss die Präparation in solchen Fällen ausreichend friktive<br />
Haftflächen bieten. Die klassischen Phosphatzemente<br />
ermöglichen lediglich ein Minimum an Rückhaltevermögen<br />
der Restauration in ihrer Kavität infolge einer mikroretentiven<br />
Friktion der Zementpartikel im Fügespalt. Über ein höheres<br />
Maß an Haftwirkung an der Schmelz- und Dentinoberfläche<br />
verfügen Glasionomerzemente. Auswascheffekte im<br />
Bereich der Befestigungsfuge, die wiederum zu einem<br />
erhöhten Karies- und Frakturrisiko beitragen können,<br />
lassen sich mit beiden Befestigungsalternativen lediglich<br />
unzureichend abdämpfen.<br />
Selbstadhäsive Zemente sind aufgrund ihrer einfacheren<br />
Handhabung weitaus weniger fehleranfällig im Verbund<br />
zum Dentin. Sie weisen eine zeitsparende Verarbeitungszeit<br />
auf, was wiederum Fehleranfälligkeiten im Bezug auf die<br />
bestehende Restfeuchtigkeit und damit Kontamination mit<br />
Speichel oder Sulkusfluid reduziert. Schließlich ermöglichen<br />
Kronenpfeilerpräparationen in aller Regel nur eine erschwerte<br />
beziehungsweise gar keine speicheldichte Applikation von<br />
Kofferdam.<br />
Kurze und konische Pfeiler sind wie bereits erwähnt nicht<br />
geeignet, Vollzirkoniumdioxid-Restaurationen konventionell<br />
zu befestigen. Sie bieten nur mangelhafte Retentionsmöglichkeiten<br />
für den festsitzenden Zahnersatz. In diesen<br />
Fällen sollte die Restauration, wenn technisch möglich,<br />
selbstadhäsiv oder adhäsiv befestigt werden. Auf diese<br />
Weise kann ein formschlüssiger Verbund zwischen der<br />
keramischen Restaurationsinnenseite und der präparierten<br />
Zahnhartsubstanz erzielt werden.<br />
Achtung: Zirkoniumdioxid-Keramiken enthalten im Gegensatz<br />
zu Feldspatkeramiken keine Siliziumdioxidphase.<br />
Diese ist normalerweise erforderlich, um ein Anlagern der<br />
Silanphase des Silanhaftvermittlers an das Siliziumdioxid<br />
der Restaurationsunterseite zu gewährleisten. Daher ist es<br />
ohne Umwege nicht möglich, die Oberfläche durch Flusssäure<br />
wie gewohnt vorzubehandeln. Hier ein möglicher<br />
Umweg: Die Restaurationsinnenseite sollte zuerst mit <br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
25
Abb. 2 e-h: Die Restauration wird über die SUM-Software im Fräsblank automatisiert positioniert und die Fräsbahnen werden simuliert.<br />
Abb. 2 i-l: Vollständig virtuell erstelltes Dentalmodell – Definieren und Generierung des herausnehmbaren Zahnmodellstumpfes 47.<br />
Gefrästes Polyurethan-Arbeitsmodell für das Dentallabor (Material: Modell blank, R+K CAD/CAM Technologie GmbH & CO. KG, Berlin).<br />
26 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Abb. 2 m-o: Schichtaufbau einer Multilayer-Ronde und CAD/CAM-gefertigte Vollzirkon-Krone<br />
(Material: Katana ® Zirconia ML A dark, KurarayNoritake ® ).<br />
Al 2 O 3 (50 µm-Körnung, 1-2 bar Druck) gesäubert und<br />
vorsichtig mikromechanisch vergrößert werden. Die Restaurationsinnenfläche<br />
wird anschließend mit einem für<br />
Zirkoniumdioxid geeigneten Primer (Scotchbond Universal,<br />
3M Espe; Monobond plus, Ivoclar Vivadent) behandelt.<br />
Eine verbesserte Haftwirkung lässt sich zudem über<br />
Phoshatmonomer-haltige Kompositkleber (Panavia) erzielen.<br />
Ist die Klebefläche beispielsweise nach einer vorherigen<br />
Einprobe der Restauration im Patientenmund kontaminiert<br />
worden, so sollte die Restauration in der Praxis erneut<br />
sandgestrahlt (≤50 µm Aluminiumoxid, Korund, 1,5-2 bar<br />
Druck) werden, um sie anschließend mit Alkohol zu reinigen<br />
und zu trocknen.<br />
Weiterverarbeitung von Zirkoniumdioxid<br />
am Behandlungsstuhl<br />
Die Anpassung von monolithischen Restaurationen im<br />
Patientenmund sollte aufgrund ihrer ausgeprägten<br />
Homogenität und Dichte mit geeigneten Werkzeugen bei<br />
gleichzeitiger Verwendung von ausreichend Wasserkühlung<br />
erfolgen. Infolge Überhitzung könnten ansonsten Oberflächenstrukturdefekte<br />
in Form feinster Risse und Aussprengungen<br />
im Material entstehen. Anschließend ist darauf<br />
zu achten, dass die Oberfläche mit einem für Keramik<br />
geeigneten Poliersystem auf Hochglanz veredelt wird.<br />
Die Entfernung adhäsiv befestigter Zirkoniumdioxid-basierter<br />
und monolithischer Versorgungen stellt den unerfahrenen<br />
Anwender aufgrund der charakteristisch hohen Härte von<br />
Zirkoniumdioxid bisweilen vor eine Geduldsprobe. Spezielle<br />
Kronentrenner für Zirkoniumdioxid (Kronentrenner 4ZR.314.012<br />
und 4ZR.314.014, Gebr. Brasseler GmbH & Co. KG, Lemgo)<br />
zeichnen sich durch eine sehr gute Abtragleistung bei<br />
einer sehr langen Standzeit aus und eignen sich damit<br />
hervorragend für solche Kraftakte.<br />
Recall und Oberflächengüte – Wesentliche Erfolgsfaktoren<br />
für einen langzeitstabilen Parodontalbefund<br />
Der Abrieb des natürlichen Zahnschmelzes beträgt in etwa<br />
20-40µm pro Jahr [2]. Der Abrasionsgrad dentaler Füllungsmaterialien<br />
wie von Kompositen oder Amalgam und <br />
F A C H L I C H E S<br />
– Anzeige –<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
27
Edelmetallfreie Kronen- und<br />
Brückenversorgungen<br />
Gesetzlich bezuschusst,<br />
Abrechnung nach BEMA<br />
Teilverblendete Versorgungen<br />
auf EMF-Gerüsten<br />
Gesetzlich bezuschusst,<br />
Abrechnung nach BEMA<br />
Monolithische Zirkoniumdioxid-<br />
Kronen- und -Brückenversorgungen<br />
Private Leistung, in erster Linie<br />
Abrechnung nach GOZ<br />
Kein Chipping-Risiko Erhöhtes Chipping-Risiko Kein Chipping-Risiko<br />
Potenziell dunkel verfärbter<br />
Zahnfleischsaum durch Metalloxide<br />
„Graue“ Restauration<br />
In Farbe unnatürliches,<br />
auffälliges Erscheinungsbild<br />
Metallischer Glanz (EMF)<br />
Jahrzehntelange Erfahrungen<br />
bei der Anwendung<br />
Potenziell dunkel verfärbter<br />
Zahnfleischsaum durch Metalloxide<br />
Graue oder freiliegende (Opaker-)-<br />
Kronenränder teilverblendeter<br />
Restaurationen<br />
Opakes, „quarkiges“<br />
Erscheinungsbild<br />
Zahnfarben; in nichtverblendeten<br />
Bereichen metallischer Glanz (EMF)<br />
Jahrzehntelange Erfahrungen<br />
bei der Anwendung<br />
Keine Gingivaverfärbung<br />
Verblendfrei, für aufgeklärte Patienten<br />
zufriedenstellende „weiße“ Ästhetik<br />
Akzeptabler Transluzenzgrad in<br />
Abhängigkeit von der Materialwahl<br />
/-stärke<br />
Zahnfarben und in bis zu 16<br />
VITA-Zahnfarben erhältlich<br />
Keine langfristigen klinischen Daten<br />
und unzureichende Studienlage<br />
Nachkontrollen im üblichen Rahmen Nachkontrollen im üblichen Rahmen Aufwändigere und arbeitsintensivere<br />
Nachkontrollen<br />
Kein reproduzierbares Ergebnis<br />
(ausgenommen CAD/CAM)<br />
Kälte- und wärmeleitend (Stichwort:<br />
Temperaturempfindlichkeit)<br />
Metallischer Geschmack<br />
Mit Ausnahme von Titan nicht<br />
korrosionsbeständig<br />
Galvanisches Element<br />
Kein reproduzierbares Ergebnis<br />
(ausgenommen CAD/CAM)<br />
Bedingt kälte- und wärmeleitend<br />
Geringer metallischer Geschmack<br />
durch nicht-verblendete Areale<br />
Mit Ausnahme von Titan nicht<br />
korrosionsbeständig an den<br />
nicht-verblendeten Bereichen<br />
Galvanisches Element (an den<br />
nicht-verblendeten Bereichen)<br />
Dank CAD/CAM-Datensatz<br />
reproduzierbares Ergebnis<br />
Schlecht kälte- und wärmeleitend<br />
Geschmacksneutral<br />
Korrosionsbeständig<br />
Kein galvanisches Element<br />
Abb. 3: Vor- und Nachteile monolithischer Vollzirkoniumdioxid-Restaurationen gegenüber klassischen<br />
EMF-basierten, festsitzenden Versorgungen.<br />
Zahnersatzmaterialien wie Gold und Keramiken sollte sich an<br />
diesen Werten orientieren. Monolithische Vollzirkon-Kronen<br />
weisen nach Testmessungen von ca. 600.000 Kauzyklen<br />
(ca. 2-3 Jahre) eine Abrasion auf, die sowohl an der<br />
Restauration als auch an den Antagonisten als gering<br />
einzuschätzen ist [6]. Der Grund: Nicht primär die Härte<br />
des Werkstoffs ist für die Abrasion verantwortlich, sondern<br />
in erster Linie der Rauheitsgrad der Materialoberfläche.<br />
Polierte und teilweise zusätzlich glasierte Vollzirkon-Kronen<br />
weisen in einer Simulation mit einer Tragedauer von fünf<br />
Jahren die geringste Abrasion beim Material und am<br />
Antagonisten auf [7]. Um potenzielle Frühkontakte auf<br />
den monolithischen Vollzirkon-Restaurationen und an den<br />
dazugehörigen Antagonisten zu vermeiden, sollten diese<br />
28 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
in regelmäßigen Abständen auf den funktionellen Status<br />
der dynamischen Okklusion der umgebenden Restzahnhartsubstanz<br />
überprüft und falls erforderlich durch Einkürzen<br />
des Zahnersatzes gleichmäßig nivelliert und sorgfältig<br />
poliert werden [6].<br />
Wenn dagegen okklusale und approximale Kontaktflächen<br />
nach Einschleif- und Politurmaßnahmen am Patienten<br />
unsachgemäß und mangelhaft durchgeführt werden, kann<br />
gerade bei komplexeren Versorgungen mit Vollzirkoniumdioxid-Restaurationen<br />
[8] in Abhängigkeit von der Rauigkeit<br />
eine erhöhte Abrasion und Attrition an den Antagonisten<br />
nicht ausgeschlossen werden [9]. Dies deuten auch die<br />
Testergebnisse einer Kausimulationsstudie an, die zum<br />
Ausdruck bringen, in welchem Maß natürliche Zähne und<br />
nanogefüllte Komposit-Prothesenzähne unter dem Einfluss<br />
dreier unterschiedlich rauer und sehr harter Oberflächen<br />
(ZrO 2 ) abradiert werden. Bereits Rauigkeiten von über 0,75<br />
µm hinterlassen im Schmelz sichtbare Spuren. Beträgt die<br />
Rauigkeit 2,75 µm, so steigt der Abrieb des Schmelzes auf<br />
das fast vierfache Maß an. Der Abrieb des Schmelzes ist<br />
im Vergleich zu Prothesenzähnen doppelt und der Substanzverlust<br />
beinahe vierfach erhöht [10]. Es wird empfohlen,<br />
mindestens einmal jährlich eine gezielte Okklusionskontrolle<br />
durchzuführen und dabei die Unversehrtheit der<br />
Restaurationsoberfläche zu überprüfen. Erfolgen gezielte<br />
Einschleifmaßnahmen zu spät, könnten daraus weitreichende<br />
Schädigungen an den Zähnen und am Zahnhalteapparat<br />
resultieren. Beispielsweise bei Versorgungen mit Einzelrestaurationen<br />
verteilen sich die Kaukräfte zu Beginn noch<br />
gleichmäßig auf alle Zähne. Diese verschieben sich nach<br />
und nach auf den prothetisch versorgten Zahn und seinen<br />
direkten Antagonisten, da sich der Rest des Gebisses<br />
altersgerecht abnutzt, nicht aber die okklusale Zirkoniumdioxid-Oberfläche<br />
und die seines Antagonisten. Daraus<br />
resultierende Früh- und Hyperbalancekontakte können<br />
zur Lockerung der Parodontien sowie zur Schädigung der<br />
Muskulatur und der Kiefergelenke führen. Weist der Patient<br />
eine mangelhafte Mundpflege und zudem parodontale<br />
Vorerkrankungen auf, ist es für Bakterien und Speisereste<br />
ein Leichtes sich in entzündete Zahnfleischtaschen vorzuarbeiten,<br />
um den mäßigen Parodontalzustand weiter zu<br />
verschlimmern. Großflächig gefüllte natürliche Antagonisten<br />
und nicht überkappte, wurzelkanalbehandelte Zähne<br />
können auf Grund des Stabilitätsverlusts vorzeitig frakturieren.<br />
Obwohl diese Punkte noch nicht abschließend geklärt<br />
sind und sich die Literatur an einigen Stellen uneinig ist,<br />
sollte der Anwender der Vorsicht halber ein engmaschiges<br />
Recallsystem in Betracht ziehen.<br />
Dr. med. dent. André Hutsky,<br />
MBA.<br />
ZT Jan Illner.<br />
Für gesetzlich Krankenversicherte und ganz allgemein für<br />
Patienten mit kleinem Budget stellen computergestützt gefertigte<br />
Kronen und Brücken aus Vollzirkoniumdioxid eine<br />
zahnfarbene und gleichermaßen kostengünstige Variante<br />
zu edelmetallfreien, vollmetallischen Restaurationen gemäß<br />
den Festzuschuss-Richtlinien dar. Mit ihrer „weißen“<br />
Erscheinung und in bis zu 16 individuellen VITA-Zahnfarben<br />
erhältlich, überzeugen monolithische Zirkoniumdioxid-<br />
Restaurationen besonders in vielen Fällen außerhalb des<br />
sogenannten Lachlinienbereichs.<br />
Um eine vorzeitige Beeinträchtigung der Keramik und eine<br />
unnatürlich hohe Abnutzung der verbleibenden Zahnhartsubstanz<br />
und/oder weiterer inserierter Restaurationsmaterialien<br />
zu vermeiden und um eine stabile Funktion zu<br />
erhalten, sollte der Politur der Keramikoberfläche besondere<br />
Bedeutung beigemessen werden. Bei diesen regelmäßigen<br />
Untersuchungen sollte der Behandler den funktionellen<br />
Status der dynamischen Okklusion überprüfen und die<br />
Okklusion bei Bedarf anpassen.<br />
Der Wunsch von immer mehr Patienten nach ästhetischen,<br />
langzeitstabilen und zugleich kostengünstigen Versorgungen,<br />
wie sie nicht zuletzt monolithische Vollzirkoniumdioxid-<br />
Restaurationen bieten, untermauert die Notwendigkeit,<br />
weitere wissenschaftliche und klinische Erfahrungen<br />
zusammenzutragen. Auf diese Weise können innovative<br />
Anwendungen wie diese nachhaltig von Erfolg gekrönt<br />
sein. <br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. med. dent. André Hutsky, MBA<br />
R+K CAD/CAM Technologie GmbH & Co. KG<br />
Ruwersteig 43, 12681 Berlin<br />
E-Mail: andre.hutsky@ruebeling-klar.de<br />
F A C H L I C H E S<br />
Fazit<br />
Die Literaturliste können Sie unter<br />
https://www.kzvn.de/nzb/literaturlisten.html herunterladen oder<br />
unter www.nzb-redaktion@kzvn.de anfordern<br />
—<br />
André Hutsky, Jan Illner<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
29
Die indikationsgerechte Behandlung<br />
der bakteriellen Endodontitis<br />
Das „Timbuktu-Protokoll“*<br />
TEIL 3: PARTIELLE GANGRÄN<br />
30 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14<br />
Darüber, dass es ein klinisch mehr oder weniger deutlich<br />
abgrenzbares, in der älteren Literatur als „partielle Gangrän“<br />
beschriebenes Krankheitsbild sehr wohl gibt, auch wenn<br />
die aktuelle Lehrmeinung dies aus kaum nachvollziehbaren<br />
Gründen neuerdings zu verneinen scheint, kann überhaupt<br />
kein Zweifel bestehen. Schließlich ist sie, wie ich bereits<br />
im 2. Teil dieser Serie ausgeführt habe, histologisch<br />
nachgewiesen. Aber auch klinisch kann sich jeder davon<br />
leicht überzeugen: Denn jeder erfahrende Zahnarzt hat<br />
beispielsweise bereits mehrwurzelige, pulpitisch imponierende<br />
Zähne eröffnet und dann festgestellt, dass zwei<br />
Kanäle sehr wohl vital waren, während einer eindeutig<br />
devital und/oder bereits gangränös verändert war. Wie soll<br />
man einen solchen Befund denn anders als mit „partielle<br />
Gangrän“ bezeichnen? Und es sind nicht selten genau<br />
diese Zähne, die die Diagnostik aufgrund ihrer untypischen<br />
Symptomatik so schwierig machen: eher unauffälliger Vitalitätstest,<br />
kaum Klopfempfindlichkeit, kein Lockerungsgrad,<br />
aber dennoch rezidivierende, atypische Beschwerden, die<br />
häufig keinem Zahn, manchmal nicht einmal dem Oberoder<br />
Unterkiefer sicher zuzuordnen sind. Die Patienten mit<br />
solchen Symptomen tauchen beispielsweise eine Weile<br />
nach prothetischer Versorgung in wechselnden Abständen<br />
immer wieder mit unterschiedlich starken Beschwerden in<br />
der Praxis auf und laufen im Extremfall irgendwann sogar<br />
unter der Diagnose CMD. Man findet dann immer wieder<br />
aufs Neue mehr oder weniger eindeutige Früh- und Fehlkontakte<br />
und schleift sie ein (entzündliches Ödem, siehe<br />
1. Teil). Dann geht es wieder eine Weile, aber gerade dann,<br />
wenn man denkt, dass man dieses Problem endlich los ist,<br />
zeigt der Blick ins Bestellbuch, dass ausgerechnet dieser<br />
Patient schon wieder einen Termin wegen Schmerzen ausgemacht<br />
hat. Entschließt man sich irgendwann entnervt<br />
zur endodontischen Therapie, hat man sich über die lange<br />
Zeit einen inzwischen chronisch-bakteriellen Infekt herangezüchtet,<br />
der dann nicht selten eine langwierige Behandlung<br />
zur Ausheilung erforderlich macht. Wenn ich in<br />
solchen Fällen einen bestimmten Zahn in Verdacht habe,<br />
überlasse ich dem Patienten die Entscheidung und sage:<br />
„Ich kann Sie möglicherweise durch eine einfache Wurzelkanalbehandlung<br />
von diesen Beschwerden befreien, Sie<br />
müssen mir nur sagen, wenn es Ihnen reicht!“ So stellt<br />
sich schnell heraus, wie stark die Patienten wirklich leiden.<br />
Die Schmerzempfindung ist ja ausgesprochen individuell.<br />
Und wenn man über ein Behandlungsprotokoll verfügt,<br />
mit dem man den Behandlungserfolg auch in schwierigen<br />
Fällen sicher voraussagen kann, fällt die Entscheidung für<br />
eine endodontische Therapie deutlich leichter.<br />
Was heißt „bedingt offen“<br />
Unter diesem Begriff verstehe ich den Verschluss der<br />
trepanierten Zahnkrone mit festgestopften, desinfektionsmittelgetränkten<br />
Wattepellets.<br />
„Ubi pus ibi evacua“ ist einer der ältesten überlieferten<br />
Lehr- und Leitsätze der Medizin. Er wird Hippokrates zugeschrieben,<br />
gilt seit 400 vor Christus und wird mit Sicherheit<br />
auch noch die nächsten Zweieinhalbjahrtausende gelten.<br />
Nun muss es aber nicht immer Eiter sein. Gleiches gilt<br />
auch für Fäulnisgase und Sekrete, die beim putriden Zerfall<br />
von menschlichem Gewebe entstehen. Totes, zerfallendes<br />
Gewebe stinkt nun einmal, weil sich Gase – und damit<br />
auch Druck – entwickeln. Und dieses Gas muss schließlich<br />
irgendwo hin, wenn es seinem Besitzer nicht unangenehme<br />
Gefühle in Form von Schmerzen bereiten soll. Kann es<br />
nicht nach koronal entweichen, führt der einzige Weg<br />
nach apikal über das Foramen und nach lateral über die<br />
Nebenkanälchen und Tubuli in die Nachbargewebe. Ist<br />
das medizinisch wünschenswert?<br />
Hochschulseitig wird gelehrt, man müsse praktisch jeden<br />
Zahn nach jeder endodontischen Maßnahme primär verschließen,<br />
um die in der Mundhöhle lauernde Gefahr einer<br />
sekundären Infektion mit allen Mitteln zu verhindern. Den<br />
gangränösen Zahn vor dem bakterostatischen Speichel<br />
retten? Macht das Sinn? Natürlich nicht! Diese Lehrmeinung<br />
widerspricht nicht nur dem oben zitierten, ubiquitär geltenden<br />
medizinischen Lehrsatz – denn was ist eine (begin-<br />
* Warum „Timbuktu-Protokoll“? Der Name hat sich aus einem<br />
Statement Dr. Osswalds in einer Internetmailingliste ergeben,<br />
als er nach seiner speziellen Technik und „Mechanik“ befragt,<br />
sinngemäß antwortete: „Man gebe mir irgendeine marktgängige<br />
Feile und ein potentes Desinfektionsmittel und ich behandele<br />
(fast) jeden Wurzelkanal erfolgreich, zur Not auch mitten in<br />
Timbuktu!“
OPT-Ausschnitt vom 6. Dezember 2011: Akute Pulpitis bei auf<br />
Kälte hypersensibel reagierendem, aber kaum klopfempfindlichem<br />
Zahn 45 mit distal sehr tiefer Karies. Klinische Diagnose:<br />
Lupenreine Vitalexstirpation.<br />
Kontrollaufnahme nach 3 medikamentösen Einlagen und<br />
Wurzelfüllung vom 14. Mai 2012. Die Überpressung des Sealers<br />
legt die Vermutung nahe, dass zum Zeitpunkt der Aufbereitung<br />
im Widerspruch zur klinischen Diagnose bereits eine partielle<br />
Gangrän mit beginnender apikaler Veränderung vorlag.<br />
nende) Gangrän anderes als ein gerade entstehender<br />
intradentaler Abszess? –, sondern auch jeglicher logischen<br />
Überlegung: Zum einen finden wir in der Mundhöhle nur<br />
überwiegend wenig virulente Erreger, mit denen der Patient<br />
seinen Frieden gemacht hat, weshalb man sie auch als<br />
„Hauskeime“ bezeichnet. Zum anderen kommt in der kurzen<br />
Zeit, in der man den Zahn „bedingt“ offen behandelt,<br />
kaum ein Keim an einem mit einem potenten Desinfektionsmittel<br />
getränkten Wattepellet vorbei. Darüber hinaus<br />
verhindern die ins Trepanationskavum gestopften Pellets<br />
zuverlässig den Einbiss von Speiseresten. Dass man den<br />
Patienten anhalten muss, auf der kontralateralen Seite<br />
zu essen, wodurch er den Zahn gleichzeitig schont („Was<br />
heilen soll, muss ruhig gestellt werden!“), versteht sich von<br />
selbst.<br />
Während ich die Einlage und die Watte einbringe, sage ich<br />
zu dem Patienten: „Ich versorge Ihren Zahn jetzt mit einem<br />
sehr potenten Medikament. Es handelt sich um eins der<br />
beiden wirksamsten Desinfektionsmittel, die wir in der<br />
Zahnheilkunde kennen. Schmeckt man, nicht wahr? Wie<br />
früher Mutters Brustwickel. Das ist der Kampfer, der ist leider<br />
unverzichtbar. Sie werden jetzt oft an mich denken. Da<br />
müssen Sie aber durch, wenn Sie den Zahn sicher erhalten<br />
und keine Wurzelspitzenresektion riskieren wollen!“<br />
Als Desinfektionsmittel setze ich dann Prof. Dr. Walkhoff’s<br />
ChKM-Lösung ein. Bisher habe bisher noch keinen Patienten<br />
erlebt, der sich angesichts einer drohenden chirurgischen<br />
Alternative gegen ChKM entschieden oder seinen Entschluss<br />
im Nachhinein bereut hätte. Das noch dazu vor dem Hintergrund<br />
der Einsparung ansonsten reichlich verordneter<br />
Antibiotika und Schmerzmittel, deren Verordnungsnotwendigkeit<br />
bei diesem Protokoll gegen Null tendiert. Und was<br />
meine eigene Nase betrifft: Was ist es für ein Genuss,<br />
wenn ein vorher stinkender Zahn zwei Tage später nur<br />
noch nach ChKM duftet. Es ist auch keineswegs so, dass<br />
unsere Praxis nach ChKM riecht. Das mag aber daran<br />
liegen, dass wir regelmäßig lüften und strikt darauf achten,<br />
das ChKM-Fläschchen geschlossen zu halten und ChKM<br />
mit einer einfachen, aber wirksamen Applikationstechnik<br />
nur im Zahn anzuwenden und keinen einzigen Tropfen zu<br />
verschütten.<br />
Hohe Misserfolgsrate trotz indikationsgerechter<br />
Behandlung?<br />
Die Therapie einer Erkrankung, das ist einer der wichtigsten<br />
Leitsätze der Medizin, wenn nicht der bedeutendste überhaupt,<br />
kann immer nur dann voraussagbar und langfristig<br />
erfolgreich sein, wenn sie indikationsgerecht erfolgt. Bei<br />
bakteriellen Infekten allgemein und bei der Behandlung<br />
der Endodontitis nebst ihren Komplikationen im Besonderen<br />
bedeutet dies, dass man die für den Infekt verantwortlichen<br />
Bakterien vor der definitiven Wurzelfüllung möglichst<br />
vollständig abtöten muss. Die weltweit unbefriedigenden<br />
(um nicht zu sagen grottenschlechten) und seit mehr als<br />
60 Jahren trotz aller mechanischer Aufrüstung unveränderten<br />
Ergebnisse beim endodontischen Zahnerhalt (1, 2, 3) <br />
Verlaufskontrolle vom 26. Februar 2014. Der überpresste Sealer<br />
ist bei apikal blanden Verhältnissen und klinisch anhaltender<br />
Beschwerdefreiheit bereits weitgehend resorbiert.<br />
F A C H L I C H E S<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
31
zeigen jedoch deutlich, dass eben genau dieses Ziel bisher<br />
nicht erreicht wurde und wird.<br />
Schaut man in die wissenschaftliche Literatur, und hier insbesondere<br />
auf die Metaanalysen von Kojima et al. (1) aus<br />
dem Jahre 2004, die von Ng und seinen Mitautoren (2, 3)<br />
in 2008 eindrucksvoll bestätigt wurden, so ist für die hier<br />
besprochene klinische Diagnose „Verdacht auf partielle<br />
Gangrän“ keine explizite Erfolgsquote angegeben. Es kann<br />
jedoch vermutet werden, dass es sich bei den rund 10 %<br />
Zähnen, die trotz vermeintlich lupenreiner Vitalexstirpation<br />
innert relativ kurzer Zeit eine röntgenologisch evidente<br />
apikale Aufhellung, also einen chronischen Knocheninfekt<br />
entwickeln, der jederzeit exazerbieren kann, um Zähne mit<br />
bereits partiell ausgebildeter Gangrän handelt.<br />
Wenn die Ergebnisse, die unter Befolgung der<br />
Lehrmeinung zu erzielen sind, seit mehr als<br />
60 Jahren unverändert schlecht sind, gibt es im<br />
Grunde nur zwei Alternativen:<br />
Entweder man resigniert in der Überzeugung, dass<br />
die Endodontitis mit ihren Komplikationen eine in<br />
weiten Bereichen unheilbare Erkrankung ist. Eine<br />
solche Haltung ist mit Blick auf ihre Ätiologie, die<br />
Pathogenese und das seit 100 Jahren vollständig<br />
beschriebene anatomische Umfeld, in der sie abläuft,<br />
aus ärztlicher Sicht nicht hinnehmbar. Oder<br />
man entschließt sich endlich, diesen Infekt in jedem<br />
Fall anders und am besten indikationsgerecht<br />
zu behandeln, anstatt – wie die Hochschullehrer,<br />
erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange –,<br />
dogmatisch an einer Lehrmeinung festzuhalten, die<br />
international bereits seit Jahren als gescheitert gilt (4).<br />
Die aktuell noch gültige Lehrmeinung setzt auf Spülmittel<br />
Vor vielen Jahren mit einer 0,5 %igen Konzentration gestartet,<br />
ist man heute bei 5.25 %igen Lösungen von Natriumhypochlorit<br />
(NaOCl) mit hohem Nebenwirkungspotential<br />
angekommen. Und man steigert die Konzentration eines<br />
Desinfektionsmittels ja sicherlich dann nicht kontinuierlich,<br />
weil man mit den erzielten Ergebnissen zufrieden ist(4,<br />
10). Die Frage, warum insbesondere die Spezialisten bei<br />
dieser merkwürdigen Konzentration von 5,25 % angekommen<br />
sind, ist einfach beantwortet: Eine entsprechende<br />
Hypochlorit-Lösung wird als Grund- bzw. Toilettenreiniger<br />
in amerikanischen Baumärkten – preiswert – in Gallonengebinden<br />
angeboten. Immer noch unzufrieden mit den<br />
Ergebnissen wird jetzt die Steigerung der Einwirkungsdauer<br />
bis auf eine halbe Stunde pro Kanal, die Erwärmung<br />
auf deutlich mehr als die Körpertemperatur und die Ultraschallaktivierung<br />
empfohlen. Hauptargument für das sture<br />
Festhalten an NaOCl ist seine gewebeauflösende Wirkung.<br />
Leider wird mit entsprechenden, teilweise gravierenden<br />
und irreversiblen, mit einer hohen Dunkelziffer belasteten<br />
Nebenwirkungen jedoch auch lebendes Gewebe ähnlich<br />
gut aufgelöst. Das hat das Bundesamt für Arzneimittel<br />
veranlasst, konzentriertes Natriumhypochlorit mit einer<br />
Kontraindikation für die Anwendung außerhalb des Zahnes<br />
(offenes Foramen apicale) zu belegen(8,9). NaOCl ist also<br />
alles andere als geeignet, die an den Zahn angrenzenden,<br />
in schweren Fällen praktisch immer auch bakteriell infizierten<br />
Nachbargewebe zu desinfizieren(5). Wissenschaftlich durch<br />
zahlreiche Untersuchungen erwiesen ist, dass NaOCl<br />
bereits in der sehr geringen Konzentration von 1 % sehr<br />
gut desinfiziert und in der Lage ist, Biofilme aufzulösen, in<br />
denen sich Bakterien hartnäckig halten können, aber die<br />
Nebenkanälchen und Tubuli praktisch nicht penetrieren<br />
kann(6), die ja mindestens 50 % des endodontischen<br />
Hohlraumsystems ausmachen und sich jeglicher mechanischer<br />
Aufbereitung entziehen. Es kommt also schlicht und<br />
einfach nicht überall hin, wo sich Bakterien tummeln, bzw.<br />
darf es nicht einmal. Wir haben nach einem zum Glück<br />
reversiblen Zwischenfall NaOCl vor vielen Jahren vollständig<br />
aus unserer Praxis verbannt, sind darüber heilfroh, und<br />
vermissen es nicht.<br />
Als zweites Spülmittel wird Ethylendiamintetraacetat (EDTA)<br />
empfohlen, das selbst kaum desinfizierende Eigenschaften<br />
besitzt, aber den „smear layer“ auflösen soll, also die<br />
Schmierschicht, die beim Aufbereiten entsteht und die Eingänge<br />
zu den Nebenkanälchen und Tubuli verstopft. Anzumerken<br />
ist, dass EDTA genau wie NaOCl in Abhängigkeit<br />
von der Einwirkungszeit die organischen Bestandteile aus<br />
dem Dentin herauslöst und es somit nachhaltig schwächt.<br />
NaOCl zerfällt noch dazu sehr schnell und wird unwirksam.<br />
Beide Desinfektionsmittel sind also zur Langzeitdesinfektion<br />
ungeeignet. Wir haben kein EDTA in der Praxis und vermissen<br />
es nicht.<br />
Große Hoffnung wurde anfangs auf Chlorhexidin (CHX)<br />
gesetzt, weil es in vitro besonders gut gegen den<br />
Problemkeim Enterococcus faecalis wirkt, der fast in jedem<br />
wurzelkanalbehandelten Zahn mit apikaler Ostitis und<br />
ausgesprochen häufig auch bereits in gangränösen Zähnen<br />
nachgewiesen wird. Leider haben sich die guten in-vitro-<br />
Ergebnisse in klinischen Untersuchungen nicht bestätigt,<br />
wie, um nur ein Beispiel zu nennen, eine aktuelle prospektive<br />
in-vivo-Studie von Paiva aus dem Jahr 2012 an<br />
Zähnen mit apikaler Ostitis zeigt(11): Interessant ist diese<br />
Studie besonders deshalb, weil sie zeigt, dass ausgedehntes<br />
Spülen mit ultraschallaktiviertem Hypochlorit nebst<br />
zusätzlicher CHX-Anwendung nicht einmal in der Lage war,<br />
die Hauptkanäle bakterienfrei zu bekommen. Wie es dann<br />
in den Nebenkanälchen und Tubuli an Bakterien wimmelt,<br />
kann man sich unschwer vorstellen. Als Fazit fordern die<br />
32 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Autoren dann auch folgerichtig, die Suche nach alternativen<br />
antimikrobiellen Substanzen zu verstärken. Die Wirkung<br />
von CHX scheint, das legen andere Studien nahe, in<br />
Gegenwart von Dentin und entzündlichem Eiweiß leider<br />
schlagartig an Wirkung zu verlieren. Zur Langzeitdesinfektion<br />
ist CHX also ungeeignet. Wir verwenden kein CHX in der<br />
Endodontie und vermissen es nicht.<br />
Als einziges Spülmittel benützen wir reichlich 3 %iges<br />
Wasserstoffsuperoxid (H 2 O 2 ) nach (fast) jeder Feile und<br />
vor jeder neuen medikamentösen Einlage, nicht so sehr<br />
wegen der desinfizierenden Wirkung, die zwar gut, aber<br />
nicht sehr gut ist, sondern einfach als Spülmittel, um den<br />
Kanal feucht und gängig zu halten und, H 2 O 2 schäumt ja<br />
recht gut, die Kanäle vom beim Feilen anfallenden Debris<br />
zu reinigen. Die Nebenwirkungen sind vernachlässigbar.<br />
Überpresst man 3 %iges H 2 O 2 doch einmal akzidentell,<br />
schmerzt es deutlich. Ganz im Gegensatz zum Zwischenfall<br />
mit NaOCl muss man aber nicht den Notarzt rufen, sondern<br />
kann sich beim Patienten entschuldigen und ihn beruhigen,<br />
dass der Schmerzzustand nach weniger als einer Minute<br />
vorbei sein wird, ohne bleibende Schäden zu verursachen.<br />
Insgesamt bleibt festzustellen, so lautet folgerichtig das<br />
Fazit von Fedorowicz et al.(7) im Jahre 2012 nach ihren<br />
systematischen Literaturstudien, dass zurzeit keine verlässliche<br />
wissenschaftliche Evidenz dafür gegeben ist, dass<br />
sich die Ergebnisse bei der Anwendung der gebräuchlichen<br />
Spülmittel ausreichend voneinander unterscheiden, um<br />
das eine oder das andere oder welche Kombination auch<br />
immer zu bevorzugen. Das ist vor dem Hintergrund, dass<br />
diese Desinfektionsmittel weite Bereiche des infizierten<br />
Hohlraumsystems und des Periapex gar nicht penetrieren<br />
können, auch nicht weiter verwunderlich.<br />
Will man in der Endodontie endlich vorankommen,<br />
kommt man an der Langzeitdesinfektion mit potenten<br />
Desinfektionsmitteln nicht vorbei!<br />
Das ergibt sich, wie ich aufgezeigt habe und jeder mit<br />
eigenen Augen sehen kann, wenn er sich die Illustration<br />
zu diesem Artikel anschaut, bei dem die Tubuli nicht<br />
einmal dargestellt sind, allein schon aus der Anatomie:<br />
Wir müssen Desinfektionsmittel einsetzen, die<br />
auf alle bisher nachgewiesenen Bakterien bakterizid<br />
wirken, und nicht nur sämtliche Bereiche des<br />
Hohlraumsytems penetrieren können, sondern<br />
darüber hinaus auch alle Nachbargewebe desinfizieren<br />
dürfen, ohne irreversible Nebenwirkungen<br />
zu verursachen. Zusätzlich müssen wir ihnen<br />
ausreichend Zeit lassen, ihre Arbeit zu verrichten.<br />
Die aktuelle Lehrmeinung empfiehlt, um nicht zu sagen<br />
dogmatisiert, als einzige Langzeiteinlage die Anwendung<br />
von Calziumhydroxid (Ca(OH) 2 ). Das ist vor dem Hintergrund<br />
der auf zahllosen Studien basierenden Metaanalyse von<br />
Waltimo et al. (12), die diesem Medikament nicht nur eine<br />
mangelhafte Desinfektionsleistung, sondern sogar eine<br />
vollständige Unwirksamkeit auf wesentliche endodontitisrelevante<br />
Keime bescheinigen, nur mit „nachhaltig beratungsresistent“<br />
zu bezeichnen. Die Autoren ziehen folgerichtig<br />
das Fazit, dass ihre Untersuchungsergebnisse nur<br />
den Schluss zulassen, deutlich wirksame medikamentöse<br />
Einlagen zu erforschen. Wenn man allerdings dem im<br />
zweiten Teil bereits erwähnten Bericht in den ZM (13)<br />
glauben darf, dann ist Professor Dr. Schäfer davon völlig<br />
unbeeindruckt schon einen ganz großen Schritt weiter.<br />
Er stellte nämlich angeblich daselbst die abenteuerliche<br />
Behauptung auf, eine medikamentöse Einlage mache nur<br />
bei devitalen Zähnen mit Fistel und ausgeprägter Symptomatik<br />
Sinn. Ich bin ja nur ein einfacher Allgemeinzahnarzt,<br />
möchte ihn jedoch diesbezüglich mit allem Respekt und<br />
der gebotenen Bescheidenheit darauf hinweisen, dass<br />
entsprechende, in diesem neuen Jahrtausend veröffentlichte<br />
Metaanalysen (1, 2, 3) zweifelsfrei belegen, dass<br />
auch die als modern auftretende Endodontologie in diesen<br />
Fällen – wenn überhaupt – gerade einmal eine Ausheilungsquote<br />
von 60 % aufweist. Auf die randomisierten prospektiven<br />
klinischen Studien des Kollegen Schäfer bezüglich der<br />
Anwendung seines neuesten „Geheimrezeptes“ (in Wasser<br />
und CHX gelöstem Ca(OH) 2 ), über die ebenfalls in den ZM<br />
berichtet wurde (13) darf mit Spannung gewartet werden.<br />
Wie es scheint, ist er zwischenzeitlich ins Lager der Homö -<br />
opathen übergewechselt, die, – mit Blick auf ihre exorbitanten<br />
Steigerungsraten beim NaOCl – ganz im Gegensatz<br />
zu den Endodontologen, die Überzeugung vertreten, dass<br />
Verdünnung die Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen<br />
unwirksamer Substanzen nachgerade potenziert.<br />
Welche wirklich potenten Desinfektionsmittel stehen uns<br />
also zur Langzeitdesinfektion zu Verfügung?<br />
Wenn wir genau hinschauen, sind es eigentlich nur zwei<br />
wissenschaftlich gut untersuchte: Formaldehyd und ChKM-<br />
Lösung nach Professor Dr. Walkhoff. Beiden ist gemeinsam,<br />
dass sie von der aktuell immer noch gültigen Lehrmeinung<br />
als obsolet betrachten werden. Darüber Ausführliches im<br />
nächsten Teil. <br />
—<br />
Dr. med. Dr. med dent. Rüdiger Osswald, München<br />
www.tarzahn.de<br />
Die Literaturliste können Sie unter<br />
https://www.kzvn.de/nzb/literaturlisten.html herunterladen<br />
oder unter www.nzb-redaktion@kzvn.de anfordern.<br />
Teil 4 des Behandlungsprotokolls folgt in der<br />
Juniausgabe des NZBs.<br />
Teil 1 „der sicher vitale Zahn“: NZB 03/2014, S. 30 ff<br />
Teil 2 „aktute Pulpitis“: NZB 04/2014, S. 28 ff<br />
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D I E I N D I K AT I O N S G E R E C H T E B E H A N D L U N G D E R B A K T E R I E L L E N E N D O D O N T I T I S D A S „T I M B U K T U - P R OTO K O L L“<br />
Partielle Gangrän –<br />
hochakute Pulpitis<br />
Zahn ist, wenn überhaupt, leicht klopfempfindlich, je nach Stadium im Röntgenbild<br />
keine oder allenfalls sehr diskret ausgeprägte apikale Ostitis beispielsweise in Form<br />
eines leicht verbreiterten Parodontalspaltes, unter Umständen (funktionelle Überlastung)<br />
klinisch bereits diskreter Lockerungsgrad, eventuell marginale Gingivitis und vestibuläre<br />
Druckdolenz ohne Schwellung<br />
Einer der beiden Regelfälle mit 3 medikamentösen Einlagen<br />
Ledermix, Watte, „bedingt“ offen für 1 bis 3 Tage (*)<br />
wenn dann nicht mehr oder nur noch sehr wenig klopfempfindlich (Regelfall bei richtiger Einschätzung)<br />
ChKM, Watte, Cavit für mindestens 1 Woche (**)<br />
Jodoformpaste, Watte, Zement für mindestens 2 Wochen bis 3 Monate (***)<br />
Ruhigstellung durch leichtes Außer-Kontakt-Schleifen, insbesondere bei den<br />
Lateralbewegungen (Powerzentrik)<br />
<br />
Nach (fast) jeder Feile druckloses Spülen mit 3 %igem H 2 O 2<br />
Wenn in einem der Stadien Beschwerden auftreten, einen Schritt zurück und mehr Geduld. In diesem<br />
Fall würde das bedeuten: ChKM, Watte, (bedingt) offen für 1 bis 3 Tage, eventuell 1 bis 2mal wiederholen,<br />
bis der Zahn nicht mehr oder nur noch wenig klopfempfindlich ist.<br />
In Fällen, in denen sich ein Zahn unter dieser Therapie partout nicht beruhigen will, ist eine Probe-WF<br />
für beispielsweise 3 Monate mit „Zauberpaste“ eine empfehlenswerte Alternative unter gleichzeitiger<br />
AB-Verordnung (****)<br />
Anweisungen für den Patienten:<br />
(*) Damit mögliche Fäulnisgase in den Mund entweichen und die Schmerzen in der Folge sistieren können, muss der Zahn<br />
zunächst einmal „bedingt offen” behandelt werden. Natürlich auch und gerade für ein Wochenende. Wenn man sich in<br />
der Einschätzung nicht sicher ist und keine Anrufe riskieren möchte, dann empfiehlt es sich generell, dass man zweifelhafte<br />
Zähne über eine Nacht oder das Wochenende „bedingt offen“ lässt.<br />
(**) Die Patienten sind stark unterschiedlich schmerzempfindlich. Deshalb macht es sehr viel Sinn, beim Klopftest nur moderat<br />
und vor allen Dingen erst einmal auf den Nachbarzahn zu klopfen, um sich ein Bild von der Reaktion des jeweiligen Patienten<br />
machen zu können. Ansonsten riskiert man möglicherweise, beim immer selben Behandlungsschritt festzukleben.<br />
(***) Dies im Sinne einer Probewurzelfüllung, die leicht entfernbar ist, falls es in der Folge des jetzt dichten Verschlusses<br />
mit einer Paste zu einer unerwarteten Exazerbation des Krankheitsgeschehens kommt, was, wenn auch selten, immer<br />
wieder einmal passieren kann.<br />
(****) Da es sich bei einer solchen Exazerbation mit anschließend hartnäckig therapieresistentem Verlauf wahrscheinlich<br />
um einen Abszess zwischen Knochen und Knochenhaut/Periost (stark druckdolente, bisweilen federnde vestibuläre<br />
Schwellung) handelt, dessen vollständige Ausbildung und Durchbruch man durch die Intervention zwar verhindert hat,<br />
den man aber auf der anderen Seite nicht vollständig rückbilden konnte, weil es schon zu spät war, ist hier die Gabe<br />
eines Antibiotikums angezeigt. Dies um so mehr, als in diesem Bereich, ganz anders als im Knochen selbst, die notwendigen<br />
therapeutischen Spiegel erreicht werden. Ich verordne, wenn keine Allergie besteht, Amoxicillin 1000, 2x 1 Tablette täglich<br />
für 5 Tage Dauer, bei Unverträglichkeit Doxycyclin 100, 2x1/die. Die auch heute noch immer wieder als Tatsache kolportierte<br />
Mär, es gäbe besonders gut, gut und weniger gut knochengängige Antibiotika, entbehrt jeglichen wissenschaftlichen Substrats<br />
und ist allein marketingbasiert. Außerhalb der Zahnmedizin wird sie inzwischen von kaum jemandem mehr nacherzählt.
Fotos: NZB-Archiv<br />
Wenn Knigge in die Praxis kommt – oder<br />
„Herzlich Willkommen in unserer Zahnarztpraxis“<br />
Am 28. März fand das erste „Knigge“-Seminar<br />
für Zahnarztpraxen in der KZVN statt – und<br />
war gleich ein großer Erfolg. Bereits kurze Zeit nach<br />
Ausschreibung der neuen Fortbildung war die Nachfrage<br />
so groß, dass wir noch einen Zusatztermin am Folgetag<br />
angeboten haben. Beide Seminare waren mit jeweils 25<br />
überwiegend weiblichen Teilnehmern restlos ausgebucht.<br />
Als Referentin für diese außergewöhnlichen Seminare<br />
konnten wir Frau Betül Hanisch aus Freiburg gewinnen.<br />
Frau Hanisch ist selbständige Business Knigge Trainerin für<br />
Fach- und Führungskräfte und überzeugt die Teilnehmer/-<br />
Business Knigge Trainerin Betül Hanisch aus Freiburg und<br />
Monika Popp, Leiterin Fortbildungsorganisation der KZVN (v.l.n.r.).<br />
innen mit einem strahlenden Lächeln davon, dass man<br />
mit Höflichkeit und guten Umgangsformen auch in der<br />
heutigen Zeit noch „up to date“ ist.<br />
Die Hauptthemen des Seminars sind: „Wie zeige ich dem<br />
Anderen /dem Patienten meine Wertschätzung?“, „Wie<br />
unterschiedlich reagieren und kommunizieren Mann und<br />
Frau“ und „Wie begrüße ich einen (neuen) Patienten in der<br />
Praxis, damit er sich bei uns willkommen fühlt?“<br />
Mit praxisnahen Beispielen stellt Frau Hanisch typische<br />
Situationen in der Zahnarztpraxis nach, um zu demonstrieren<br />
wie der Patient sich fühlt, wenn die Umgangsformen<br />
beachtet oder eben auch nicht beachtet werden.<br />
Kommunikation und die unterschiedlichen Wahrnehmungen<br />
sind ebenfalls ein großes Thema im Seminar. Dabei geht<br />
Frau Hanisch immer auf die unterschiedlichen Fragen und<br />
Probleme in den einzelnen Praxen ein, die die Teilnehmer<br />
mitgebracht haben.<br />
Viele Tipps für den Umgang mit dem Patienten und im<br />
Team, die Kleiderordnung in der Praxis und Antworten auf<br />
alle Fragen zum Thema Höflichkeit runden dieses wirklich<br />
unterhaltsame Seminar ab.<br />
Die Teilnehmer/-innen waren begeistert: die Beurteilung<br />
„einfach wahnsinnig gut und weiterzuempfehlen!“ trifft den<br />
Punkt genau.<br />
Für alle diejenigen, die an „Knigge“ interessiert sind, aber<br />
Frau Hanisch im März nicht erleben konnten, bieten wir<br />
das Knigge-Seminar im 2. Halbjahr 2014 erneut an. Wir<br />
empfehlen Ihnen aber, sich schnell anzumelden, da die<br />
Teilnehmerzahl begrenzt ist. Der neue Fortbildungsflyer<br />
mit allen neuen Seminarterminen wird im Juni an alle<br />
Zahnarztpraxen versandt. <br />
—<br />
Monika Popp<br />
Leiterin Fortbildungsorganisation der KZVN<br />
F A C H L I C H E S<br />
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Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
Aktuelle Urteile…<br />
© Sandor Jackal / Fotolia.com<br />
…AUS DER ARBEITSWELT<br />
…AUS DEM STEUERRECHT<br />
Urlaubsrecht: Auch europäisch gibt es<br />
nicht mehr als „15 Monate“<br />
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass<br />
gesetzliche Urlaubsansprüche trotz Arbeitsunfähigkeit<br />
15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres<br />
verfallen. Denn aufgrund der Vorgaben des Europäischen<br />
Parlaments sei die Arbeitszeitgestaltung<br />
zwar unionsrechtskonform dahingehend auszulegen,<br />
dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn<br />
der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres<br />
und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und<br />
deshalb arbeitsunfähig ist. Diese Auslegung habe<br />
jedoch nur zur Folge, dass der „aufrechterhaltene<br />
Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen<br />
Urlaubsanspruch hinzutritt“.<br />
Besteht also die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März<br />
des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres<br />
fort, so kann der Anspruch auf Urlaub nicht weiter<br />
aufrechterhalten bleiben. (BAG, 9 AZR 63/11)<br />
Kündigung: Der Arbeitgeber bestimmt<br />
nicht allein über eine „Freistellung“<br />
Kündigt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter, so steht<br />
ihm nicht generell das Recht zu, den Arbeitnehmer<br />
bis zum Ende der Kündigungsfrist „freizustellen“.<br />
Dies insbesondere dann nicht, wenn der überwiegende<br />
Teil der Vergütung aus Provision besteht, also<br />
leistungs- und erfolgsabhängig ist. Nur „überwiegend<br />
schutzwürdige Interessen” des Arbeitgebers könnten<br />
die Freistellung rechtfertigen, die ihm weitere<br />
Beschäftigung im Betrieb auch für die Dauer der<br />
Kündigungsfrist „als unzumutbar erscheinen lassen“.<br />
(LAG Hamm, 14 SaGa 9/12)<br />
Steuerrecht: Kosten für die „Erstausbildung“<br />
haben mit „Werbung“ nichts zu tun, aber...<br />
Aufwendungen für ein „Erststudium“ sind keine steuerlichen<br />
Werbungskosten. Das Gesetz sieht dafür einen Betrag bis<br />
zu 6.000 Euro pro Jahr als steuerliche Sonderausgaben<br />
vor. Ist jedoch einem Studium bereits ein abgeschlossenes<br />
Erststudium oder eine abgeschlossene erste Berufsausbildung<br />
vorausgegangen, so zählen die nunmehr anfallenden<br />
Aufwendungen als Werbungskosten. Bedingung: Es<br />
besteht ein „hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer<br />
Zusammenhang mit späteren im Inland steuerpflichtigen<br />
Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit“.<br />
Entsprechendes gilt für ein Erststudium nach einer abgeschlossenen<br />
nichtakademischen Berufsausbildung.<br />
(Der Unterschied zwischen Werbungskosten und Sonderausgaben<br />
besteht darin, dass Werbungskosten, die in<br />
einem Kalenderjahr mangels ausreichender Einkünfte<br />
steuerlich keine Entlastung bringen, auf nachfolgende<br />
Jahre „vorgetragen“ werden können – Sonderausgaben<br />
hingegen nicht.) (BFH, VIII R 22/12)<br />
Steuerrecht/Verfahrensrecht: Auf „Einspruch per E-Mail“<br />
braucht nicht hingewiesen zu werden<br />
Die so genannte Rechtsbehelfsbelehrung des Finanzamtes<br />
in einem Steuerbescheid muss keinen Hinweis darauf enthalten,<br />
dass der Steuerzahler Einspruch dagegen auch per<br />
E-Mail einlegen kann. Es reicht aus, wenn angegeben ist,<br />
dass der Einspruch „schriftlich“ vorzunehmen ist. (Hier erkannte<br />
der Bundesfinanzhof an, dass der Steuerbescheid<br />
zu dieser Frage den maßgebenden Wortlaut aus der<br />
Abgabenordnung – § 357 Absatz 1 Satz 1 – aufführte.)<br />
(BFH, X R 2/12)<br />
36 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
Aktuelle Urteile…<br />
© Sandor Jackal / Fotolia.com<br />
…AUS DER ARBEITSWELT<br />
…AUS DEM STEUERRECHT<br />
Urlaubsrecht: Auch europäisch gibt es<br />
nicht mehr als „15 Monate“<br />
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass<br />
gesetzliche Urlaubsansprüche trotz Arbeitsunfähigkeit<br />
15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres<br />
verfallen. Denn aufgrund der Vorgaben des Europäischen<br />
Parlaments sei die Arbeitszeitgestaltung<br />
zwar unionsrechtskonform dahingehend auszulegen,<br />
dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn<br />
der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres<br />
und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und<br />
deshalb arbeitsunfähig ist. Diese Auslegung habe<br />
jedoch nur zur Folge, dass der „aufrechterhaltene<br />
Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen<br />
Urlaubsanspruch hinzutritt“.<br />
Besteht also die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März<br />
des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres<br />
fort, so kann der Anspruch auf Urlaub nicht weiter<br />
aufrechterhalten bleiben. (BAG, 9 AZR 63/11)<br />
Kündigung: Der Arbeitgeber bestimmt<br />
nicht allein über eine „Freistellung“<br />
Kündigt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter, so steht<br />
ihm nicht generell das Recht zu, den Arbeitnehmer<br />
bis zum Ende der Kündigungsfrist „freizustellen“.<br />
Dies insbesondere dann nicht, wenn der überwiegende<br />
Teil der Vergütung aus Provision besteht, also<br />
leistungs- und erfolgsabhängig ist. Nur „überwiegend<br />
schutzwürdige Interessen” des Arbeitgebers könnten<br />
die Freistellung rechtfertigen, die ihm weitere<br />
Beschäftigung im Betrieb auch für die Dauer der<br />
Kündigungsfrist „als unzumutbar erscheinen lassen“.<br />
(LAG Hamm, 14 SaGa 9/12)<br />
Steuerrecht: Kosten für die „Erstausbildung“<br />
haben mit „Werbung“ nichts zu tun, aber...<br />
Aufwendungen für ein „Erststudium“ sind keine steuerlichen<br />
Werbungskosten. Das Gesetz sieht dafür einen Betrag bis<br />
zu 6.000 Euro pro Jahr als steuerliche Sonderausgaben<br />
vor. Ist jedoch einem Studium bereits ein abgeschlossenes<br />
Erststudium oder eine abgeschlossene erste Berufsausbildung<br />
vorausgegangen, so zählen die nunmehr anfallenden<br />
Aufwendungen als Werbungskosten. Bedingung: Es<br />
besteht ein „hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer<br />
Zusammenhang mit späteren im Inland steuerpflichtigen<br />
Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit“.<br />
Entsprechendes gilt für ein Erststudium nach einer abgeschlossenen<br />
nichtakademischen Berufsausbildung.<br />
(Der Unterschied zwischen Werbungskosten und Sonderausgaben<br />
besteht darin, dass Werbungskosten, die in<br />
einem Kalenderjahr mangels ausreichender Einkünfte<br />
steuerlich keine Entlastung bringen, auf nachfolgende<br />
Jahre „vorgetragen“ werden können – Sonderausgaben<br />
hingegen nicht.) (BFH, VIII R 22/12)<br />
Steuerrecht/Verfahrensrecht: Auf „Einspruch per E-Mail“<br />
braucht nicht hingewiesen zu werden<br />
Die so genannte Rechtsbehelfsbelehrung des Finanzamtes<br />
in einem Steuerbescheid muss keinen Hinweis darauf enthalten,<br />
dass der Steuerzahler Einspruch dagegen auch per<br />
E-Mail einlegen kann. Es reicht aus, wenn angegeben ist,<br />
dass der Einspruch „schriftlich“ vorzunehmen ist. (Hier erkannte<br />
der Bundesfinanzhof an, dass der Steuerbescheid<br />
zu dieser Frage den maßgebenden Wortlaut aus der<br />
Abgabenordnung – § 357 Absatz 1 Satz 1 – aufführte.)<br />
(BFH, X R 2/12)<br />
36 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Rechtstipp<br />
© Matthias Eckert / Fotolia.com<br />
Meldung bei Verdacht auf Kindesmisshandlung<br />
Bei der Erörterung der Schweigepflicht ist mir mehrfach die<br />
Frage zugetragen worden, wie der Arzt oder Zahnarzt sich<br />
verhalten darf, wenn er aus Anlass der Behandlung eines<br />
Kindes den Verdacht schöpft, dass ein Fall von Kindesmisshandlung<br />
vorliegt. Hier haben wir es mit einer Güterabwägung<br />
zu tun: Das vermeintlich gefährdete Kindeswohl<br />
ist abzuwägen mit den Interessen der Eltern, sie vor unberechtigten<br />
Vorwürfen zu schützen. Maßgebend ist insoweit<br />
§ 34 des Strafgesetzbuches (=StGB). Diese Bestimmung<br />
besagt vereinfacht, wer eine Rechtsgutverletzung (Schweigepflichtverletzung)<br />
begeht, um die Gefahr von einem<br />
anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn<br />
bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das geschützte<br />
Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt.<br />
Außerdem muss die Tat, nämlich die Verletzung der<br />
Schweigepflicht, ein angemessenes Mittel sein, die Gefahr<br />
abzuwenden.<br />
Wenden wir uns nach diesen theoretischen Erörterungen<br />
einem konkreten Fall zu, den das Kammergericht Berlin in<br />
seinem Urteil vom 27.06.2013 (20 U 19/12) zu entscheiden<br />
hatte. Während einer ärztlichen Behandlung wurde bei<br />
einem Säugling eine subdurale Blutung beidseits und<br />
Netzhautablösung beidseits diagnostiziert, die Fontanelle<br />
war vorgewölbt. Die Mitarbeiter des Arztes teilten dem<br />
Landeskriminalamt und dem Jugendamt mit, dass bei dem<br />
Säugling typische Verletzungen vorliegen, die auf ein sogenanntes<br />
Schütteltrauma hindeuten, deren Herkunft jedoch<br />
ungeklärt sei. Die Eltern des Kindes wurden vernommen<br />
und in Haft genommen. Sie machten den behandelnden<br />
Arzt wegen Verletzung der Schweigepflicht verantwortlich,<br />
© altanaka/Fotolia.com<br />
weil er durch seine Mitarbeiter das Landeskriminalamt<br />
und das Jugendamt informiert hätte. Sie verlangten wegen<br />
Verletzung der Schweigepflicht Schmerzensgeld.<br />
Das Kammergericht Berlin wies die Klage ab. Aus der<br />
Entscheidung sind folgende Lehren zu entnehmen:<br />
Entscheidend sei, dass der behandelnde Arzt angesichts<br />
der für ein Schütteltrauma typischen Verletzungen annehmen<br />
durfte, dass möglicherweise ein Fall der Kindesmisshandlung<br />
vorliegt. Das hätte der Arzt aus damaliger Sicht auch<br />
annehmen dürfen, wenn sich im Nachhinein herausstellt,<br />
dass die Verletzungen tatsächlich durch andere Umstände<br />
verursacht worden seien. Die strafrechtliche Beurteilung ist<br />
letztlich irrelevant und kann auch nicht von den Ärzten<br />
verlangt werden. Andererseits muss es sich um typische<br />
Verletzungen handeln, durch die der Verdacht der Kindesmisshandlung<br />
begründet ist. Maßgebend sind insoweit<br />
auch die Unfalldarstellungen der Eltern. Hat das Kind sich<br />
Hämatome zugezogen und ist es nach Darstellung der<br />
Eltern gegen den Türrahmen der Wohnzimmertür gestolpert,<br />
sind die Verletzung lebensnah und zwanglos schlüssig<br />
erklärt worden, da derartige Spielunfälle geradezu typisch<br />
für Kinder sind.<br />
Im Raum steht allein die Frage, ob eine Wiederholungsgefahr<br />
im Einzelfall anzunehmen ist, denn nur dann ist es<br />
trotz ärztlicher Schweigepflicht gerechtfertigt, dass die Ärzte<br />
die Behörden informieren, damit künftige Gesundheitsschäden<br />
abgewendet werden. Der Heilauftrag der behandelnden<br />
Ärzte umfasst nicht nur das Erkennen und die<br />
Behandlung von Erkrankungen, sondern auch die Vermeidung<br />
von künftigen Gesundheitsgefährdungen. Besteht der<br />
Verdacht vorsätzlich zugefügter Verletzungen, so liege die<br />
Wiederholungsgefahr auf der Hand. Auch wenn „nur“ eine<br />
vorsätzliche Körperverletzung im Raum steht, ist zumindest<br />
bei derart schwerwiegenden Verletzungen, die lebensbedrohlich<br />
sind, von einer Wiederholungsgefahr auszugehen.<br />
Das Gericht hat sodann anerkannt, dass Kindeseltern, die<br />
dem Verdacht einer Kindesmisshandlung ausgesetzt sind,<br />
erheblichen Belastungen unterliegen. Im entschiedenen<br />
Fall waren die Eltern bei den „psychosozialen Gesprächen“<br />
einer Vorverurteilung ausgesetzt. Die Gespräche waren<br />
klinikintern im Sinne einer Anschuldigung und Vorverurteilung<br />
empfunden worden. Das Gericht hält es ausdrücklich<br />
für wünschenswert, dass derartige „Konfrontationsgesprä-<br />
38 F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
che“, deren Berechtigung und Notwendigkeit das Gericht<br />
nicht anzweifelt, von Seiten der entsprechenden Mitarbeiter<br />
unter dem Blickwinkel geführt werden, dass die Kindeseltern<br />
als nicht schuldig anzusehen sind und auch dementsprechend<br />
behandelt werden, solange aufgrund von Ermittlungen<br />
nicht das Gegenteil feststeht.<br />
Andererseits stellt das Gericht aber fest, dass Kindeseltern,<br />
die dem Verdacht einer Kindesmisshandlung ausgesetzt<br />
sind, solche Belastungen hinzunehmen haben, welche<br />
Maßnahmen auslösen, die in der Absicht getroffen werden,<br />
das vermeintlich gefährdete Kindeswohl, welches Vorrang<br />
vor den Befindlichkeiten der Eltern hat, zu schützen.<br />
Bemerkenswert sind auch die Ausführungen des Gerichts,<br />
dass entscheidend für die Berechtigung zum Bruch der<br />
Schweigepflicht ein Verdacht sei und es nicht Aufgabe der<br />
Ärzte sei, einen Verdacht „auszuermitteln“, d.h. definitiv zu<br />
klären, welche Ursache eine Verletzung hat. Ausreichend<br />
sei allein, dass die betreffenden Verletzungen typischerweise<br />
durch Kindesmisshandlung hervorgerufen werden und<br />
insoweit ein „begründeter“ Verdacht vorhanden ist.<br />
Die Entscheidung des Gerichts stellt Maßstäbe auf, die im<br />
Falle des Verdachts der Kindesmisshandlung aufgrund<br />
diesbezüglich typischer Verletzungen nicht nur von Ärzten,<br />
sondern auch von Zahnärzten und eigentlich allen Stellen,<br />
bei denen begründeter Verdacht entsteht, zu beachten sind.<br />
Eine Offenbarung und damit eine Verletzung der Schweigepflicht<br />
ist in diesen Fällen gerechtfertigt und damit<br />
straffrei. Leichtfertige Behauptungen sind dagegen wegen<br />
der hierdurch hervorgerufenen Folgen für die Kindeseltern<br />
nicht strafbefreiend, wobei dem Anzeigenden nicht die<br />
Pflicht obliegt, zu entscheiden, ob andere Ursachen die<br />
Verletzungen herbeigeführt haben könnten. <br />
Wencke Boldt,<br />
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />
Hildesheimer Straße 3330169 Hannover<br />
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M A I 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S
Handwerkerleistungen und<br />
haushaltsnahe Dienstleistungen<br />
KRITISCHE PUNKTE ZUR ABZUGSFÄHIGKEIT AB 2014<br />
Ausgangslage<br />
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) erlässt zu<br />
wichtigen Vorschriften regelmäßig Anwendungsschreiben,<br />
die für die Finanzverwaltung bindend sind und die von<br />
Zeit zu Zeit an aktuelle Entwicklungen angepasst werden.<br />
Im Fall des BMF-Schreibens zur Abzugsfähigkeit von Handwerkerleistungen<br />
gem. § 35a Einkommensteuergesetz<br />
(EStG) führt die Überarbeitung Anfang 2014 bei einigen<br />
Sachverhalten zu Fallstricken für die Steuerzahler.<br />
Neubaumaßnahmen<br />
Nach Auffassung des BMF sind handwerkliche Tätigkeiten<br />
im Rahmen einer Neubaumaßnahme nicht begünstigt.<br />
Kosten für Neubaumaßnahmen sind alle Aufwendungen für<br />
die Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung.<br />
Eine eindeutige Abgrenzung, wann eine Neubaumaßnahme<br />
beendet ist und damit begünstigte Aufwendungen für<br />
Modernisierungen oder Reparatur vorliegen, erfolgt in dem<br />
Schreiben des BMF jedoch nicht. Hierzu wird vielmehr auf<br />
die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung<br />
verwiesen.<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat z.B. mit Urteil vom 13.07.2011<br />
entschieden, dass umfangreiche Gartengestaltungen, die<br />
erstmalig drei Jahre nach Erstellung eines Einfamilienhauses<br />
vorgenommen wurden, keine Neubaumaßnahme sind,<br />
sondern abziehbare Handwerkerleistungen.<br />
In Frage kommende Aufwendungen sollten daher in der<br />
Steuererklärung geltend gemacht werden.<br />
Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst<br />
Aufwendungen für Straßen- und Gehwegreinigung sowie<br />
für Winterdienst auf öffentlichen Flächen und Gehwegen<br />
vor dem Grundstück sollen laut BMF ebenfalls nicht steuerlich<br />
begünstigt sein.<br />
Werden neben den öffentlichen auch private Flächen<br />
gereinigt, sind nach Auffassung des BMF nur die auf den<br />
privaten Teil entfallenden Kosten abzugsfähig, wenn sie<br />
auf der Rechnung gesondert ausgewiesen sind.<br />
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat jedoch mit Urteil<br />
vom 23.08.2012 entschieden, dass die bestehende Räumund<br />
Reinigungspflicht der Hauseigentümer die steuerliche<br />
Begünstigung rechtfertige und den Abzug der Reinigungskosten<br />
zugelassen.<br />
© donatas1205/Fotolia.com<br />
Gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt, der<br />
nun über diese Frage zu entscheiden hat. In der Praxis<br />
empfiehlt es sich daher, Aufwendungen für die Gehwegreinigung<br />
und den Winterdienst auf öffentlichen Wegen steuerlich<br />
geltend zu machen. Lehnt das Finanzamt den Abzug<br />
ab, sollte gegen den Bescheid Einspruch eingelegt und mit<br />
Verweis auf das ausstehende Urteil des BFH das Ruhen<br />
des Verfahrens beantragt werden.<br />
Schornsteinfegerleistungen<br />
Die Kosten für Schornsteinfegerleistungen wurden bisher<br />
in vollem Umfang zum Abzug zugelassen. Dies gilt auch<br />
weiterhin für den Veranlagungszeitraum 2013.<br />
Ab 2014 sind laut BMF Schornsteinfegerleistungen jedoch<br />
aufzuteilen.<br />
Aufwendungen für Kehrarbeiten, Reparatur- und Wartungskosten<br />
sind dabei als Handwerkerleistungen steuerlich<br />
begünstigt und abziehbar.<br />
Kosten für Mess- oder Überprüfungsarbeiten sowie<br />
die Feuerstättenschau sind hingegen nicht zum Abzug<br />
zugelassen.<br />
Der Abzug der begünstigten Aufwendungen ist nur möglich,<br />
soweit sie in der Rechnung gesondert ausgewiesen werden.<br />
Fazit<br />
Die Finanzverwaltung versucht wieder einmal, Steuerermäßigungen<br />
restriktiv zu begegnen. <br />
—<br />
Tino Koch, Steuerberater, Fachberater im ambulanten<br />
Gesundheitswesen (IHK), Geschäftsführer der<br />
Koch & Kollegen Steuerberatung GmbH, Hannover<br />
40 I N T E R E S S A N T E S | N Z B | M A I 2 0 14
© Igor Dutina/Fotolia.com<br />
Honorarkürzung<br />
wegen eines fehlenden<br />
Fortbildungsnachweises?<br />
Nein Danke!!!<br />
Haben Sie Ihren Erfassungsbogen<br />
schon bei der KZVN eingereicht?<br />
Wer muss<br />
einreichen?<br />
Alle Zahnärzte/ärztinnen, deren Frist zum Nachweis der<br />
Fortbildungsverpflichtung zum 30.06.2014 endet.<br />
Was muss<br />
eingereicht werden?<br />
Ein Erfassungsbogen, auf dem 125 Fortbildungspunkte mit<br />
den entsprechenden Fortbildungsthemen aufgeführt sind.<br />
Wo muss<br />
eingereicht werden?<br />
KZVN, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />
Tel. 0511 8405-101; Fax: 0511 59097040<br />
Wann muss<br />
eingereicht werden?<br />
Bis spätestens 30.06.2014<br />
Was geschieht, wenn Sie den Erfassungsbogen<br />
verspätet einreichen?<br />
Ihr Honorar muss zumindest in den nächsten vier Quartalen<br />
um 10 % und ggf. dann um 25 % gekürzt werden (§ 95d SGB V).
Terminliches<br />
56. SYLTER WOCHE<br />
FORTBILDUNGSKONGRESS<br />
DER <strong>ZAHNÄRZ</strong>TEKAMMER<br />
SCHLESWIG-HOLSTEIN<br />
02.-06.06.2014<br />
Ort: Sylt/Westerland<br />
Thema: „Schöne Zähne!“<br />
Informationen:<br />
Zahnärztekammer Schleswig-Holstein<br />
Westring 496<br />
24106 Kiel<br />
Tel.: 0431 260926-82<br />
Fax: 0431 260926-15<br />
E-Mail: info@sylterwoche.de<br />
Internet: www.sylterwoche.de<br />
DER WEG IN DIE EIGENE PRAXIS<br />
15.10.2014<br />
Ort: KZVN Hannover<br />
Informationen:<br />
KZV Niedersachsen<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />
Zeißstraße 11<br />
30519 Hannover<br />
Tel.: 0511 8405-420 oder -430<br />
E-Mail: pressestelle@kzvn.de<br />
BEZIRKSSTELLE VERDEN<br />
18.06.2014<br />
Referent: Prof. Dr. Edgar Schäfer<br />
Thema: Chemo-mechanische<br />
Aufbereitung des Wurzelkanals<br />
Ort: Haags Hotel Niedersachsenhof,<br />
Lindhooper Str. 97, 27283 Verden<br />
Fortbildungsreferent:<br />
Dr. Walter Schulze<br />
Zahnärztekammer Niedersachsen/<br />
Bezirksstelle Verden, Nordstr. 5,<br />
27356 Rotenburg/W.<br />
Tel.: 04261 3665, Fax: 04261 4742<br />
E-Mail: drws.walter@t-online.de<br />
DENTAL GOLF-CUP 2014<br />
ANLÄSSLICH DER<br />
56. SYLTER WOCHE<br />
06.06.2014<br />
Ort: Sylt/Westerland<br />
Thema: Charity-Turnier zugunsten<br />
„Familien in Not“<br />
Informationen:<br />
Marine-Golf-Club Sylt e. V.<br />
Flughafen 69<br />
25980 Sylt/Westerland<br />
Tel.: 04651 927575<br />
Fax: 04651 927155<br />
E-Mail: marinegolf@t-online.de<br />
PRAXIS UND FAMILIE ERFOLGREICH<br />
KOMBINIEREN –<br />
GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN<br />
FÜR (ZAHN-)MEDIZINER<br />
24.10.2014<br />
Ort: KZVN Hannover<br />
Informationen:<br />
KZV Niedersachsen<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit<br />
Zeißstraße 11<br />
30519 Hannover<br />
Tel.: 0511 8405-420 oder -430<br />
E-Mail: pressestelle@kzvn.de<br />
XXII. WELTKONGRESS DER INTERNATIONA-<br />
LEN VEREINIGUNG ZUR VERBESSERUNG<br />
DER MUNDGESUNDHEIT VON MENSCHEN<br />
MIT BEHINDERUNG (IADH)<br />
02.-04.10.2014<br />
Ort: Berlin<br />
Informationen:<br />
OEMUS MEDIA AG<br />
Holbeinstraße 29, 04229 Leipzig<br />
Germany<br />
Tel.: 0341 48474-308<br />
Fax: 0341 48474-390<br />
E-Mail: event@oemus-media.de<br />
Internet: www.iadh2014.com<br />
Dr. Karl-Heinz<br />
Dreiocker ist<br />
gestorben<br />
Am 09. April verstarb nach kurzer<br />
schwerer Krankheit der Vorsitzende<br />
des Disziplinarausschusses der KZVN,<br />
Dr. Karl-Heinz Dreiocker, im Alter von<br />
75 Jahren.<br />
Dr. Dreiocker wurde 1939 in Prenzlau/<br />
Uckermark geboren und wuchs in<br />
Lübeck auf. Zum Ende seiner beruflichen<br />
Laufbahn war Karl-Heinz Dreiocker<br />
(1989 bis zu seiner Pensionierung im<br />
Dezember 2004) als Präsident des<br />
Verwaltungsgerichts Hannover tätig, wo<br />
er den Vorsitz der Disziplinarkammer<br />
hatte und die Zuständigkeit für Verwaltungsrechtssachen<br />
aus dem öffentlichen<br />
Dienstrecht in seiner Verantwortung lag.<br />
Im April 2005 übernahm Dr. Dreiocker<br />
das Amt des Vorsitzenden des Disziplinarausschusses<br />
der KZVN – eine<br />
Aufgabe, die er mit Engagement und<br />
Begeisterung bis zum Schluss ausfüllte<br />
und lebte.<br />
Seine Fachkompetenz, sein konsequentes<br />
Denken und Handeln und sein<br />
wertschätzender Umgang mit anderen<br />
Menschen haben ihm sicherlich nicht<br />
nur in diesem Amt Achtung und Respekt<br />
eingebracht.<br />
Bezeichnend ist, dass er es sich trotz<br />
seiner Erkrankung nicht hat nehmen<br />
lassen, einen möglichen Nachfolger<br />
für das Amt des Vorsitzenden vom<br />
Disziplinarausschuss vorzuschlagen.<br />
Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme<br />
gilt seiner Familie. <br />
—<br />
Der Vorstand der KZVN<br />
42 T E R M I N L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 14
Persönliches<br />
Fotos: NZB-Archiv<br />
Zum Tod von<br />
Dr. Joachim Wömpner<br />
Für den Vorstand der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Niedersachsen (KZVN) habe ich<br />
die traurige Pflicht, den plötzlichen Tod meines Freundes,<br />
des Zahnarztes und des Vorsitzenden der Vertreterversammlung<br />
der KZVN, Dr. Joachim Wömpner, mitzuteilen.<br />
Dr. Joachim Wömpner ist während eines Aufenthaltes in<br />
den USA unerwartet im Kreise seiner Familie verstorben.<br />
Der Vorstand, alle Kolleginnen und Kollegen und die vielen<br />
Seminarteilnehmer, die seine außergewöhnliche Persönlichkeit<br />
kennenlernen und seinen jahrzehntelangen und<br />
kompetenten Einsatz für die niedersächsische<br />
Kollegenschaft und weit darüber hinaus erfahren durften,<br />
sind tief betroffen von dem menschlichen Verlust und der<br />
großen Lücke, die der Verstorbene im berufspolitischen<br />
Geschehen hinterlässt.<br />
„Mein Engagement soll der Kollegin, dem Kollegen und<br />
den Mitarbeitern in der Praxis nützen“. So lautete Joachim<br />
Wömpners Devise, und danach handelte er konsequent in<br />
seiner mehr als 20jährigen berufspolitischen Arbeit. Sein<br />
profundes Fachwissen und seine langjährige Tätigkeit in<br />
unterschiedlichen Fachbereichen und Gremien bildeten die<br />
Basis seines kompetenten und zugewandten Auftretens.<br />
Bereits 1993 wurde er Mitglied im Vorstand der Zahnärztekammer<br />
Niedersachsen, deren Vizepräsident er von 1997<br />
bis 2005 war. Seit 2010 bekleidete er das verantwortungsvolle<br />
Amt des Vorsitzenden der Vertreterversammlung der<br />
KZVN, das er stets souverän ausfüllte. Gerade in diesem<br />
Amt zeichnete er sich dadurch aus, dass er der Mehrheitsund<br />
der Oppositionsfraktion gleichermaßen gerecht wurde,<br />
was ihm eine hohe Anerkennung und Achtung seiner<br />
stets sachlich geführten Argumentation von allen Seiten<br />
eintrug.<br />
Beeindruckend war die Konsequenz, mit der er sich neuen<br />
Herausforderungen widmete. Dabei halfen ihm neben seinem<br />
fachlichen und berufspolitischen Wissen und Können<br />
auch die elektronischen Medien, derer er sich – beruflich<br />
wie privat – seit vielen Jahren begeistert bediente. Hierdurch<br />
glänzten seine professionell gestalteten Vorträge und<br />
erschlossen so dem Zuhörer, untermalt durch seine launige<br />
Vortragsweise, damit selbst trockenste Themen. Aktuell<br />
lagen ihm das Qualitätsmanagement und die Hygieneanforderungen<br />
in den Praxen ganz besonders am Herzen. So<br />
begegnete er beispielsweise den vielen und komplizierten<br />
Vorschriften und den daraus in den Praxisteams entstehenden<br />
Ängsten, indem er die Vorschriften in seinen Vorträgen<br />
herunterbrach, so dass die Kursteilnehmer erkennen konnten,<br />
wie relativ einfach es sein kann, wenn man seine Arbeit<br />
an bestimmten Punkten systematisiert.<br />
Unser ganzes Mitgefühl gilt seiner Familie und insbesondere<br />
seiner Frau, die seinen unermüdlichen Einsatz für<br />
die Kollegenschaft stets mit getragen und ermöglicht hat.<br />
Joachim Wömpner hat sich um die niedersächsische<br />
Kollegenschaft verdient gemacht.<br />
Wir werden den Kollegen und Freund sehr vermissen. <br />
—<br />
Für den Vorstand der KZVN<br />
Dr. Jobst-W. Carl<br />
T E R M I N L I C H E S<br />
P E R S Ö N L I C H E S<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | P E R S Ö N L I C H E S<br />
43
Niederlassungshinweise<br />
AUSZUG AUS DER ZULASSUNGS VERORDNUNG<br />
FÜR VERTRAGS<strong>ZAHNÄRZ</strong>TE (ZV-Z)<br />
§ 18<br />
(1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem<br />
Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragszahnarztsitz<br />
und gegebenenfalls unter welcher Gebietsbezeichnung<br />
die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind<br />
beizufügen<br />
a) Ein Auszug aus dem Zahnarztregister, aus dem der<br />
Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das<br />
Zahnarztregister und gegebenenfalls der Tag der<br />
Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten<br />
Gebietsbezeichnung hervorgehen müssen,<br />
b) Bescheinigungen über die seit der Approbation<br />
ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeiten,<br />
c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19 a Abs. 2<br />
Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende<br />
Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird.<br />
(2) Ferner sind beizufügen:<br />
1. ein Lebenslauf,<br />
2. ein polizeiliches Führungszeugnis,<br />
3. Bescheinigungen der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigungen, in deren Bereich der Zahnarzt bisher<br />
niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen<br />
war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen<br />
Niederlassung oder Zulassung und der Grund<br />
einer etwaigen Beendigung ergeben,<br />
4. eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung<br />
bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse<br />
unter Angabe des frühestmöglichen Endes des<br />
Beschäftigungsverhältnisses,<br />
5. eine Erklärung des Zahnarztes, ob er drogen- oder<br />
alkoholabhängig ist oder innerhalb der letzten fünf<br />
Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten<br />
fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Drogenoder<br />
Alkoholabhängigkeit unterzogen hat und dass<br />
gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des<br />
zahnärztlichen Berufs nicht entgegenstehen.<br />
(3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte<br />
Abschriften beigefügt werden.<br />
(4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz<br />
2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt<br />
werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt<br />
glaubhaft zu machen.<br />
Kolleginnen und Kollegen, die sich in Niedersachsen<br />
niederlassen möchten, wenden sich bitte an die<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen,<br />
Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />
Tel. 0511 8405-323/361, E-Mail: info@kzvn.de.<br />
Antragsformulare können entweder bei der Geschäftsstelle<br />
des Zulassungsausschusses Niedersachsen<br />
angefordert oder unter www.kzvn.de als PDF-Dokument<br />
heruntergeladen werden.<br />
Bitte achten Sie darauf, bei der Einreichung der Anträge<br />
zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit sämtliche in § 18<br />
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (ZV-Z)<br />
aufgeführten Unterlagen beizufügen.<br />
GEMEINSAME AUSÜBUNG DER<br />
VERTRAGS<strong>ZAHNÄRZ</strong>TLICHEN TÄTIGKEIT<br />
(Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft)<br />
Bei Anträgen auf Genehmigung der gemeinsamen<br />
Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ist<br />
grundsätzlich die Vorlage eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages<br />
notwendig.<br />
Bitte achten Sie bei entsprechenden Anträgen darauf,<br />
den Gesellschaftsvertrag spätestens bis zum Abgabetermin<br />
bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
einzureichen.<br />
VERLEGUNGEN<br />
Nach § 24 Abs. 7 ZV-Z ist im Falle einer Verlegung des<br />
Vertragszahnarztsitzes grundsätzlich ein entsprechender<br />
Antrag an den Zulassungsausschuss zu richten. Die<br />
Verlegung ist erst möglich, wenn der Zulassungsausschuss<br />
diesem Antrag stattgegeben hat.<br />
SITZUNGEN DES<br />
ZULASSUNGSAUSSCHUSSES<br />
NIEDERSACHSEN FÜR <strong>ZAHNÄRZ</strong>TE<br />
Alle Anträge an den Zulassungsausschuss Niedersachsen<br />
sind unter Beifügung sämtlicher erforderlicher Unterlagen<br />
rechtzeitig bis zum Abgabetermin bei der<br />
Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover, in<br />
Urschrift und eigenhändig unterschrieben einzureichen.<br />
44 K Z V N | N Z B | M A I 2 0 14
© diego cervo / iStockphoto.com<br />
Abgabe bis 13.05.2014<br />
Sitzungstermin 11.06.2014<br />
Abgabe bis 22.08.2014<br />
Sitzungstermin 17.09.2014<br />
Abgabe bis 24.10.2014<br />
Sitzungstermin 19.11.2014<br />
HINWEISE AUF PRAXISORTE<br />
FÜR NIEDERLASSUNGEN<br />
a) Vertragszahnärzte<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
Planungsbereich Landkreis Aurich:<br />
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines<br />
Nordsee-Kurbades ist auf der Insel Norderney ein<br />
Vertragszahnarztsitz vakant.<br />
Planungsbereich Landkreis Leer:<br />
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines<br />
Nordsee-Kurbades ist aus der Insel Borkum ein<br />
Vertragszahnarztsitz vakant.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Ostfriesland der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Jörg Hendriks, Julianenburger Straße 15,<br />
26603 Aurich, Tel. 04941 2655, Fax 04941 68633,<br />
E-Mail: ostfriesland@kzvn.de<br />
b) Fachzahnärzte für Kieferorthopädie<br />
In folgenden Planungsbereichen besteht Bedarf an<br />
Fachzahnärzten für Kieferorthopädie:<br />
Verwaltungsstelle Braunschweig<br />
Planungsbereich Landkreis Gifhorn:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Gifhorn mit 33.747 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 47,4 % versorgt.<br />
Planungsbereich Landkreis Peine:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Peine mit 24.905 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 48,2 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Braunschweig der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Helmut Peters, Münzstraße 9,<br />
38100 Braunschweig, Tel. 0531 13605, Fax 0531 4811315,<br />
E-Mail: braunschweig@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Lüneburg<br />
Planungsbereich Landkreis Lüchow-Dannenberg:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Lüchow-Dannenberg mit<br />
8.168 zu versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 49,0 %<br />
versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Lüneburg der KZVN,<br />
Vorsitzender: Zahnarzt Thomas Koch, Sülztorstraße 1,<br />
21335 Lüneburg, Tel. 04131 732770, Fax 04131 732772,<br />
E-Mail: lueneburg@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Oldenburg<br />
Planungsbereich Landkreis Oldenburg:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Oldenburg mit 24.601 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 32,5 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Oldenburg der KZVN,<br />
Vorsitzende: Zahnärztin Silke Lange, Bloher Landstraße 24,<br />
26160 Bad Zwischenahn, Tel. 0441 6990288,<br />
Fax 0441 691650, E-Mail: oldenburg@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
Planungsbereich Landkreis Aurich:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Aurich mit 36.272 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 44,1 % versorgt.<br />
Planungsbereich Landkreis Leer:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Leer mit 32.390 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 43,2 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Ostfriesland der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Jörg Hendriks, Julianenburger Straße 15,<br />
26603 Aurich, Tel. 04941 2655, Fax 04941 68633,<br />
E-Mail: ostfriesland@kzvn.de<br />
BITTE NICHT VERGESSEN:<br />
—<br />
Stand 25.04.2014<br />
Das BSG-Urteil von 1989 gilt nach wie vor (interne Beratung<br />
der Kassen durch Dritte, ob Leistungszusage oder Einleitung<br />
eines Vertragsgutachtens), und wer sich als Zahnarzt dem<br />
MDK zur Verfügung stellt, unterstützt die Kassen bei ihrem<br />
rechtswidrigen Verhalten!<br />
— NZB-Redaktion<br />
K Z V N<br />
M A I 2 0 14 | N Z B | K Z V N<br />
45
Fotos: NZB-Archiv<br />
Arbeitstreffen von KZVN-Vorstand &<br />
Verwaltungsstellenvorsitzenden<br />
SITZUNG AM 23. APRIL IN DER KZVN<br />
Die jährlichen Zusammenkünfte von KZVN-<br />
Vorstand und den Vorsitzenden der Verwaltungsstellen<br />
sind ein bewährtes Instrument, um Sachfragen<br />
aus den Verwaltungsstellen nicht nur in großer Runde,<br />
sondern auch in der gebotenen Ausführlichkeit zu besprechen,<br />
gemeinsame Positionen zu entwickeln und zukünftige<br />
Projekte abzustimmen.<br />
Traditionell steht der Bericht des Vorstandes als erster<br />
Tagesordnungspunkt auf der Agenda. Allerdings wirkte bei<br />
diesem Treffen die Nachricht vom plötzlichen Tod des Vorsitzenden<br />
der Vertreterversammlung der KZVN, Dr. Joachim<br />
Wömpner, und auch vom Ableben von Dr. Karl-Heinz<br />
Dreiocker, dem ehemaligen Vorsitzenden des Disziplinar-<br />
Ausschusses, auch in dieser Runde nach und verlangte<br />
nach Innehalten und Gedenken. Der Vorstandsvorsitzende<br />
der KZVN, Dr. Jobst-W. Carl, fand auch hierfür die richtigen<br />
Worte.<br />
Verwaltungsstellenversammlungen: Themen & Termine<br />
Inhaltlich stand das Frühjahrstreffen an diesem Tag neben<br />
den Routinethemen zur organisierten Notfallbereitschaft<br />
und vertragszahnärztlichen Rechten und Pflichten als<br />
Konsequenzen aus der Zulassung ganz im Zeichen der<br />
anstehenden Verwaltungsstellenversammlungen, die am<br />
27. Mai in Verden ihren Anfang nehmen. In Vorbereitung<br />
darauf gab es für die aus ganz Niedersachsen angereisten<br />
Verwaltungsstellenvorsitzenden „schwere Kost“.<br />
Dr. Thomas Nels, stellvertretender KZVN-Vorstandsvorsitzender,<br />
berichtet über die Hintergründe und Details zur vertragszahnärztlichen<br />
Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten in<br />
stationären Pflegeeinrichtungen.<br />
In einem Parforceritt führte Dr. Thomas Nels, stellvertretender<br />
Vorsitzender der KZVN, die Teilnehmer/-innen durch das<br />
Thema „Vertragszahnärztliche Versorgung von pflegebedürftigen<br />
Versicherten in stationären Pflegeeinrichtungen<br />
ab 01.04.2014“. Dabei waren die gesetzlichen Grundlagen<br />
und Definitionen, die Abrechnungsvoraussetzungen/-<br />
möglichkeiten von Besuchen von Patienten im häuslichen<br />
Umfeld und in stationären Pflegeeinrichtungen mit/ohne<br />
Kooperationsvertrag nach § 119b SGB V zentrale Themen.<br />
Grundsätzlich – so das Fazit von Dr. Nels – ist die in § 87<br />
Abs. 2 SGB V beschriebene Zielsetzung, die zahnmedizinische<br />
Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit<br />
46 K Z V N | N Z B | M A I 2 0 14
Behinderungen in der häuslichen und stationären Betreuung<br />
durch Zahnärzte zu verbessern, zu begrüßen. Und dies<br />
nicht nur in Hinblick auf die demografische Entwicklung in<br />
Deutschland und die absehbare Entwicklung, dass ältere<br />
Menschen ihren Lebensabend zunehmend in Einrichtungen<br />
der Alten- und Seniorenbetreuung verbringen.<br />
„Unsere Kolleginnen und Kollegen fühlen sich seit jeher<br />
ihren Patientinnen und Patienten auch dann verpflichtet,<br />
wenn diese pflegebedürftig werden. Insofern sind die<br />
neuen Regelungen als erster Schritt zur Verbesserung<br />
der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für die<br />
zahnmedizinische Versorgung immobiler Patienten zu<br />
werten. Wichtig sind sie auch deshalb, weil damit das<br />
bereits bestehende Engagement der Zahnärzteschaft für<br />
ihre pflegebedürftigen Patienten Anerkennung findet“ –<br />
so Dr. Thomas Nels.<br />
Honorarverteilungsmaßstab (HVM) & Budgetsituation<br />
D.M.D. Henner Bunke, Vorsitzender des Finanz- und Verwaltungsausschusses<br />
der KZVN, informierte die Teilnehmer<br />
umfassend über die Themen „Leistungsabrechnung 2013“,<br />
„HVM-Systematik in 2014“ und „Budgetsituation“.<br />
D.M.D. Henner Bunke, Vorsitzender vom Finanz- und Verwaltungsausschuss<br />
der KZVN, erläutert den Abschluss der Leistungsabrechnung<br />
und die Vergütungsverhandlungsabschlüsse aus 2013<br />
in ihren Auswirkungen auf das Budget und den HVM 2014.<br />
Fazit<br />
„Wer sich detailliert über die für die eigene Praxis relevanten<br />
Themen informieren möchte, wer wissen will, was in seiner<br />
Verwaltungsstelle wichtig ist, der sollte sich die Zeit für die<br />
Teilnahme an der Versammlung in seiner Verwaltungsstelle<br />
nehmen“ – so der Vorstandsvorsitzende Dr. Carl.<br />
Und vielleicht auch die Chance nutzen, im Anschluss an<br />
den offiziellen Part mit Kolleginnen und Kollegen zu klönen.<br />
„Cape diem“. <br />
— st-dr<br />
VERWALTUNGSSTELLENVERSAMMLUNGEN IM ÜBERBLICK<br />
Verwaltungsstelle Datum Beginn Tagungshaus/Ort<br />
Verden Dienstag, 27.05.2014 18:00 Uhr Niedersachsenhof, Verden<br />
Stade Mittwoch, 04.06.2014 16:00 Uhr Stadeum, Stade<br />
Wilhelmshaven & Oldenburg Donnerstag, 05.06.2014 18:00 Uhr CityClub Hotel, Oldenburg<br />
Hannover Dienstag, 10.06.2014 18:00 Uhr Hotel Hennies, Altwarmbüchen<br />
Lüneburg Mittwoch, 11.06.2014 16:00 Uhr Castanea Resort, Lüneburg<br />
Hildesheim & Göttingen Mittwoch, 18.06.2014 16:00 Uhr Burghotel, Nörten-Hardenberg<br />
Braunschweig Mittwoch, 25.06.2014 16.00 Uhr Waldhaus Oelper, Braunschweig<br />
Osnabrück Donnerstag, 26.06.2014 18:00 Uhr Steigenberger Hotel, Osnabrück<br />
Ostfriesland Mittwoch, 02.07.2014 16:00 Uhr Seminarhotel, Aurich<br />
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Schnell und universell: Futurabond M+ ist das<br />
Multitalent unter den Bondings. Das Universal-<br />
Flaschenadhäsiv punktet mit dem Plus an Inhalt,<br />
dem Plus an Zuverlässigkeit und dem Plus an<br />
Können. Der Nachfolger des seit über fünf Jahren<br />
erfolgreich in der Praxis eingesetzten Futurabond<br />
M bietet dem Anwender flexible Lösungen für<br />
jede Bondingsituation. Das gilt zum einen für<br />
die Ätztechnik: Ob Total-Etch, Selective-Etch oder<br />
Self-Etch – die Ätztechnik kann je nach Indikation<br />
oder gemäß der persönlichen Präferenz des<br />
Zahnarztes frei gewählt und angewendet werden.<br />
Dank einer neuen Monomertechnologie ist ein<br />
Überätzen des Dentins ausgeschlossen – postoperative<br />
Sensitivitäten werden also verhindert.<br />
Wesentlich flexibler als konventionelle Flaschenbondings<br />
ist Futurabond M+ zum anderen auch<br />
hinsichtlich seines Einsatzspektrums: Es ist nicht<br />
nur bei direkten und indirekten Restaurationen<br />
verlässlich einsetzbar, sondern bietet einen sicheren<br />
Haftverbund zu diversen Materialien wie<br />
Metallen, Zirkon- und Aluminiumoxid sowie Silikatkeramik<br />
– und das ohne zusätzlichen Primer.<br />
In Verbindung mit Futurabond M+ DCA, dem Aktivator<br />
für Dualhärtung, ist das Universal-Adhäsiv<br />
mit allen selbst- und dualhärtenden Composites<br />
auf Methacrylatbasis uneingeschränkt kompatibel.<br />
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Hervorhebungen. Bitte tragen Sie Ihren gewünschten<br />
Text in Druckschrift gut leserlich in die unten stehenden<br />
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Satzzeichen bitte ein Feld benutzen. Die Zeilen werden<br />
im NZB veröffentlicht wie von Ihnen im Formular<br />
vorgegeben. Die Anzahl der (angefangenen) Zeilen<br />
und damit den Preis Ihrer Anzeige bestimmen Sie<br />
selbst. Bei Chiffre Anzeigen rechnen Sie zur Zeilengebühr<br />
noch die Gebühr von 10,- EUR für die Chiffre Nr.<br />
hinzu. – Für alle Kleinanzeigenaufträge ist Ihre Einzugsermächtigung<br />
für den Bankeinzug erforderlich.<br />
Annahmeschluss für Kleinanzeigen ist der<br />
17. des Vormonats vor Erscheinen der Zeitschrift.<br />
Das NZB macht Sommerpause. Es erscheint 2014<br />
Mitte Juli eine Doppelausgabe. Das darauf folgende<br />
NZB wird wieder Mitte September veröffentlicht.<br />
Folgende Kleinanzeige bitte<br />
nur einmal<br />
in den nächsten Ausgaben<br />
veröffentlichen unter der Rubrik:<br />
Verkauf<br />
Ankauf<br />
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davon die 1. Zeile fett)<br />
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20,80 €<br />
26,00 €<br />
31,20 €<br />
36,40 €<br />
41,60 €<br />
46,80 €<br />
52,00 €<br />
57,20 €<br />
62,40 €<br />
67,60 €<br />
SEPA – Basislastschrift:<br />
Ich ermächtige die KZVN, einmalig eine Zahlung von meinem Bankkonto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut<br />
an, die von der KZVN auf mein Konto gezogene Lastschrift einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem<br />
Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
Vorname und Name (Kontoinhaber)<br />
Straße und Hausnummer<br />
Postleitzahl und Ort<br />
IBAN<br />
DE<br />
Zeilengebühr<br />
Die Anzeige soll unter Chiffre<br />
erscheinen, Chiffregebühr 10,- EUR<br />
Die Anzeige soll auch im Internet<br />
erscheinen (www.assistentenboerse.de)<br />
€<br />
€<br />
00,00<br />
K L E I N A N Z E I G E N<br />
Datum, Ort und Unterschrift<br />
Gesamtbetrag<br />
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