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Info-Blatt Nr 8 Gde-Wappen - Gemeinde Reutigen

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Dorfgeschichte<br />

REUTIGEN<br />

Arbeitsgruppe<br />

DORFCHRONIK<br />

<strong>Info</strong>rmationsblatt <strong>Nr</strong>. 8<br />

Winter 2007/2008<br />

INHALT:<br />

Das <strong>Gemeinde</strong>wappen von <strong>Reutigen</strong><br />

Zum 530. Jahr-Jubiläum


Unser <strong>Gemeinde</strong>wappen<br />

Von der Herkunft und seiner Geschichte<br />

„Was jeder weis und doch keiner kennt“, so wollen wir diesen Bericht<br />

einleiten. Denn jeder Bürger, der schon einmal in unserer Kirche war, wird am<br />

Taufstein dieses <strong>Wappen</strong> gesehen haben und es als unser <strong>Gemeinde</strong>wappen<br />

erkannt haben. Hier nun die Geschichte dazu:<br />

Der aufmerksame Bürger wird festgestellt haben, dass sich unser <strong>Wappen</strong><br />

markant von den <strong>Wappen</strong> der umliegenden <strong>Gemeinde</strong>n unterscheidet. Fast<br />

alle südlichen Nachbargemeinden im Amt Niedersimmental führen im <strong>Wappen</strong><br />

das Schloss der Herren zu Weissenburg, nur wir die nördlichen <strong>Gemeinde</strong>n<br />

Spiez, Nieder- und Oberstocken und <strong>Reutigen</strong>, führen andere <strong>Wappen</strong>. Aber<br />

besonders unser <strong>Wappen</strong> fällt durch seine Buchstabenform auf.<br />

Blicken wir zurück ins 13. Jahrhundert (1200 – 1299) in welchem unser Dorf<br />

zur Herrschaft der Freiherren von Strättligen gehörte. In diesem Jahrhundert<br />

vermuten wir auch den Bau unserer Kirche, was aber erst mit Dokumenten<br />

ab 1330 belegbar ist. Um das Jahr 1450 war ein Heinrich von Bannmoos der<br />

Herr zu <strong>Reutigen</strong>, welcher 1478 seinen Anteil der Herrschaft an einen Berner<br />

Namens Hans Schütz verkaufte. Zu dieser Zeit hatte auch Adrian von Bubenberg<br />

(* 1434 - +1479, Verteidiger von Murten 1476) als Herr zu Spiez und<br />

Mitherr zu <strong>Reutigen</strong> seine Rechte am Dorf. Wer war dieser Hans Schütz?<br />

Hans Schütz war ein hochangesehener Ratsherr aus Bern, der es vom einfachen<br />

Kaufmann zum reichen Handelsmann gebracht hatte. 1435 kam er in<br />

den grossen Rat in Bern und 14 Jahre Mitglied des kleinen Rates. 1458 –<br />

1462 war er Salzherr zu Bern. 1469 amtete er als<br />

Landvogt vom Niedersimmental und kam verm.<br />

dadurch erstmalig mit <strong>Reutigen</strong> in Berührung. In<br />

Bern amtete er in der Zeit 1449 – 1454 als<br />

Kirchenpfleger und führte das Schuldbuch im St.<br />

Vinzenzen-Stift, dem späteren Münster. Den<br />

Gepflogenheiten seiner Zeit entsprechend, wollte<br />

der inzwischen gut begüterte Handelsmann, seinen<br />

Teil am Ausbau zum Berner Münster teilhaben und<br />

stiftete den St.Gregor-Altar in der heutigen Schütz-<br />

Kapelle im Münster. Oben an der Decke im Gewölbe<br />

liess er sein Familienwappen<br />

und das seiner Frau anbringen.<br />

Es zeigt unser heutiges <strong>Gemeinde</strong>wappen<br />

(Bild rechts). In unserem <strong>Info</strong>rmationsblatt<br />

<strong>Nr</strong>. 6 berichteten wir, wie es zur Entstehung der<br />

Familienwappen kam und sich mit einem Aufstieg in der<br />

Gesellschaft auch das Anschaffen eines <strong>Wappen</strong>s/ Siegels<br />

nötig machte. So auch bei Hans Schütz, dessen <strong>Wappen</strong>zeichen,<br />

Version 1: eine Kombination seiner Initialen H &<br />

S und sein inniger Bezug zur Kirche mit dem nach rechts gerichteten Kreuz<br />

zeigt dieses <strong>Wappen</strong> (im Staatsarchiv Bern) als schwarzes Symbol auf rotem<br />

Untergrund (Bild oben), oder doch Version 2: Ein Hof- und Hauszeichen.<br />

(Siehe <strong>Info</strong>blatt <strong>Nr</strong>. 6)


Dem Beispiel vieler vermögender Zeitgenossen folgend, versuchte auch er<br />

durch Erwerbungen seine gesellschaftliche Stellung nach aussen zu zeigen<br />

und kaufte 1472 die Herrschaft Stocken. Er stiftete dort eine Kapelle, welche<br />

heute in ein Bauernhaus umgebaut ist.<br />

Dann 1478 (vor nunmehr 530 Jahren) konnte Hans Schütz von Heinrich<br />

von Bannmoos die Hälfte der Herrschaftsrechte von <strong>Reutigen</strong> kaufen.<br />

Und so kam sein Familienwappen im Jahre 1478 in unser Dorf <strong>Reutigen</strong>.<br />

Zu dieser Zeit war unsere Marienkapelle eine Filialkirche von Wimmis, welche<br />

der Verwaltung der Benediktinerabtei Selz im Elsass unterstand und diese<br />

Abtei verkaufte im Jahre 1480 alle ihre Kirchengüter am Thunersee an die<br />

Stadt Bern. Unsere Kapelle wurde von Wimmis getrennt und zur eigenständigen<br />

Kirche mit Pfarrei/Kirchgemeinde erhoben. Zu diesem Anlass<br />

stiftete der Mitherr zu <strong>Reutigen</strong> seiner Kirche einen neuen Taufstein aus<br />

Sandstein mit seinem Familienwappen versehen.<br />

Es ist der Taufstein mit dem <strong>Wappen</strong>, der noch heute in der Kirche steht.<br />

Das <strong>Wappen</strong> des Hans Schütz am Taufstein in unserer Kirche ist das älteste<br />

historische <strong>Wappen</strong> in der <strong>Gemeinde</strong>. Seit dem Jahr 1480 steht es nun da in<br />

seiner Einfachheit und Würde vor der versammelten <strong>Gemeinde</strong> ( <strong>Gde</strong> ).<br />

Alles hat es gesehen, was in der Kirche abgehalten wurde: Chorgerichte,<br />

Predigten, Hochzeiten, Taufen, <strong>Gemeinde</strong>versammlungen, Vorträge, usw., usf.<br />

„Seit dieser Zeit wurde es zum Sinnbild und Zeichen dieser <strong>Gemeinde</strong> und es<br />

ist zu wünschen, dass dieses schöne <strong>Wappen</strong> für alle Zukunft das Sinnbild<br />

unserer <strong>Gemeinde</strong> bleibt, als das <strong>Wappen</strong> von <strong>Reutigen</strong>“.<br />

Das schrieb Ernst Thönen (*1888 +1972, Thönen-Chronist, Ortshistoriker und<br />

Lehrer in Neuegg /Sumiswald) in seinem Bericht zu Hans Schütz.<br />

Er schrieb dies im Jahr 1935 in seinem diesbez. Bericht und einer Zeit, in der<br />

unsere <strong>Gemeinde</strong> noch kein offizielles anerkanntes <strong>Gemeinde</strong>wappen hatte.<br />

Doch blicken wir zurück:<br />

Im August 1924 beschliesst die Musikgesellschaft <strong>Reutigen</strong> (Gegründet 1897)<br />

dem Kt. Bernischen Musikverband beizutreten,<br />

um dadurch an dem Kt. Musikfest<br />

in Thun teilnehmen zu können. Hierzu mit<br />

eigener Uniform und Fahne teilzunehmen<br />

war Wunschdenken, aber aus finanziellen<br />

Gründen vorerst nicht realisierbar.<br />

Der zu dieser Zeit bei Pfarrer Burri, im<br />

Pfarrhaus wohnende Kunstmaler Otto<br />

Wilhelm Ochsenbein aus Bern (*1878<br />

+1944), bot seine Hilfe an. Er malte das<br />

Fahnenbild mit einem Ortsausschnitt, dem<br />

Bernerwappen und einem unbekannten<br />

<strong>Wappen</strong>. Doch das <strong>Wappen</strong> zeigt nicht das<br />

Taufsteinwappen, sondern ein Baum!<br />

Warum? Da uns keine schriftlichen<br />

Dokumente vorliegen, kann über gewisse<br />

Abläufe und Handlungen nur spekuliert<br />

werden. Nachfolgend eine mögliche<br />

plausible Version:


Da O.W. Ochsenbein wusste, dass zu diesem Zeitpunkt, weder die Kirch-, die<br />

Burger- noch die Einwohnergemeinde ein offizielles <strong>Wappen</strong> führten, stellte er<br />

bestimmt eine Anfrage ans Staatsarchiv Bern und deren Antwort war eindeutig:<br />

Im sog. <strong>Gemeinde</strong>wappenbuch vom Kt. Bern aus dem Jahr 1780 ein<br />

„Grüner Baum (Ahorn?) auf grünem Hügel und silbernem Hintergrund“.<br />

Auf die Rückfrage vom Staatsarchivar Kurz in <strong>Reutigen</strong>, antwortete ihm<br />

<strong>Gemeinde</strong>schreiber Kernen sinngemäss: „ In unserem Archiv ist dazu nichts<br />

zu finden. Ihre Beschreibung wird wohl richtig sein“.<br />

Daraufhin ging dieses Motiv an die ausführende Fahnenfabrik. Bis zur zweiten<br />

Fahne 1972, zierte nun dieses Motiv seit 1925 als „altes <strong>Gemeinde</strong>wappen“ die<br />

Fahne der Musikgesellschaft.<br />

10 Jahre lang war dieses Thema dann vom Tisch,<br />

bis sich Ernst Thönen (Thönen-Chronist und<br />

Lehrer in Neuegg) dieser Thematik annahm.<br />

Während einem seiner vielen Rechercheaufenthalte<br />

im Dorf, stellte dieser bei der<br />

Burgergemeinde den Antrag, betr. einem <strong>Gde</strong>-<br />

<strong>Wappen</strong> vorsprechen zu dürfen.<br />

Im Sept. 1935 hielt er seinen Vortrag zum<br />

Taufsteinwappen Hans Schütz und empfiehlt<br />

dasselbe als offizielles <strong>Gde</strong>-<strong>Wappen</strong> anzuerkennen<br />

und zu führen.<br />

Dann an der Burgergemeindeversammlung vom<br />

30.12.1935 wurde einstimmig beschlossen dieses<br />

Taufsteinwappen anzuerkennen und in Zukunft<br />

zu führen.<br />

Doch bereits vorher im Juni 1935 besprach sich<br />

der Einwohnergemeinderat zu diesem Thema und<br />

beschloss sich dann der Burgergemeinde anzuschliessen. Bestimmt erfolgte<br />

diese Besprechung durch Einwirkung von Ernst Thönen.<br />

1936 beauftragte die Burgergemeinde den Lehrer Thönen dafür zu sorgen,<br />

dass das neu angenommene <strong>Wappen</strong> im Staatsarchiv eingetragen wird.<br />

Aus Anlass dieses Beschlusses der Burgergemeinde vom 30.12.1935,<br />

spendete Ernst Thönen alle Burgerwappen als herrliche Gemälde, welche<br />

heute im Sitzungszimmer der Burgerverwaltung hängen (<strong>Info</strong>rmationsblatt <strong>Nr</strong>. 7).<br />

Bedingt durch die Kriegszeit 1939 – 1945, fand man erst danach wieder die<br />

Zeit und Interesse, sich auf der Einwohnergemeindeverwaltung darum zu<br />

kümmern. Somit erfolgte anlässlich der Einwohnerversammlung vom 02. Juni<br />

1945 die Beschlussfassung, dieses <strong>Wappen</strong> des Hans Schütz, ebenfalls, wie<br />

die Burgergemeinde, anzuerkennen und künftig zu führen.<br />

Seit nunmehr über 60. resp. 70. Jahren führt unsere <strong>Gemeinde</strong> offiziell dieses<br />

markante <strong>Wappen</strong> des einstigen Mitherr zu <strong>Reutigen</strong> Hans Schütz.<br />

Schliessen wir diesen Bericht mit den treffenden Worten von Ernst Thönen:<br />

„Möge dieses goldene Symbol im blauen Schild noch vielen Generationen<br />

entgegen leuchten als Zeichen und Sinnbild unserer Heimatgemeinde!“<br />

Arbeitsgruppe Dorfchronik <strong>Reutigen</strong>, Stephan Kernen<br />

Tel. 079 414 09 09, Mail: reutigen@gmail.com

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