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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Dokumentation über die BMU<br />

Fachveranstaltungen<br />

auf der Entsorga-Enteco in Köln vom 27. bis 30.10.2009<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Erfolgreicher Messeauftritt auf der<br />

ENTSORGA-Enteco 2009<br />

Vorstellung der <strong>RETech</strong>-Initiative und hochkarätiges<br />

Rahmenprogramm stoßen auf reges Interesse<br />

Im Rahmen der diesjährigen Fachmesse ENTSORGA Enteco vom 27. bis zum 30.<br />

Oktober 2009 in den Hallen der Kölner Messe waren das Bundesumweltministerium<br />

und das Umweltbundesamt mit einem Stand und diversen Fachveranstaltungen<br />

vertreten. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Vorstellung der Exportinitiative<br />

Recycling- und Effizienztechnik (<strong>RETech</strong>).<br />

Bundesumweltminister a.D. Klaus Töpfer und<br />

Landeswirtschaftsministerin Christa Thoben<br />

Am Eröffnungstag der ENTSORGA wurde der<br />

Messestand von der Wirtschaftsministerin des<br />

Landes NRW Christa Thoben und dem<br />

ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer<br />

besucht. Ministerialdirektor Dr. Helge Wendenburg<br />

nahm beide in Empfang und stellte die <strong>RETech</strong><br />

Initiative vor. Weiterhin konnten sich die Besucher<br />

des Messestandestandes über Vorträge,<br />

Diskussionsrunden, Bildschirmpräsentationen<br />

sowie umfassendes Informationsmaterial über die Initiative informieren und die<br />

Internetpräsenz von <strong>RETech</strong> an einem der vier bereit gestellten Computerterminals<br />

vor Ort erkunden. Ein Höhepunkt waren die zahlreichen und abwechslungsreichen<br />

Veranstaltungen auf dem Messestand. Über dreißig Einzelveranstaltungen – von<br />

Podiumsdiskussionen über Dialogrunden bis hin zu Vorträgen – mit insgesamt über<br />

einhundert Moderatoren, Diskussionsteilnehmern und Referenten fanden statt. Dabei<br />

standen die Themen „Angepasste Technik und internationale Märkte“,<br />

„Auslandsmärkte“, „Fördermöglichkeiten“, „Zukunft der Abfallwirtschaft“ sowie „Knowhow-Transfer“<br />

im Fokus.<br />

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Im Bereich „Angepasste Technik und<br />

internationale Märkte“ gingen die<br />

Diskussionsteilnehmer aus Praxis und<br />

Forschung der Frage nach, wo<br />

beispielhafte und erfolgversprechende<br />

Anwendungsbereiche für die Mechanisch-<br />

Biologische Abfallbehandlung und die<br />

Müllverbrennung im In- und Ausland<br />

zu finden sind. Die zukünftige Rolle der<br />

Abfalldeponierung und die<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

MinDir Dr. Helge Wendenburg im Gespräch zum<br />

Thema „Recyclingmärkte in Bewegung – Auswirkungen<br />

der Finanz- und Wirtschaftskrise“<br />

Gegenüberstellung von Kompostierung und Vergärung bei der Bioabfallbehandlung<br />

waren ebenfalls Themenschwerpunkte von Podiumsdiskussionen. Darüber hinaus<br />

stellten Fachdozenten in ergänzenden Vorträgen neue Verfahren im Bereich<br />

Membrantechnik, Biomassenutzung und Phosphorrückgewinnung vor.<br />

Beim Themenschwerpunkt „Auslandsmärkte“ erhielten die Besucher aus erster Hand<br />

Eindrücke über die Marktchancen im asiatischen Raum. In einer intensiven Diskussion<br />

tauschten die Teilnehmer Erfahrungen über ihre Geschäftsbeziehungen in Fernost<br />

aus. Ebenso konnte man eine Reihe von Vorträgen über die Zusammenarbeit<br />

deutscher Unternehmen mit osteuropäischen Firmen verfolgen.<br />

Unter dem Oberbegriff „Förderung“ tauschten sich Vertreter von Geldinstituten und<br />

Unternehmen unter anderem über die Möglichkeiten und Grenzen der Finanzierung<br />

und Risikoabsicherung bei Auslandsgeschäften aus. Von Seiten öffentlicher<br />

Institutionen wurden die Arten und Möglichkeiten der Außenwirtschaftsförderung<br />

vorgestellt.<br />

In verschiedenen Veranstaltungen zum Thema „Zukunft der Abfallwirtschaft“<br />

diskutierten Vertreter der Entsorgerverbände, der Kommunen, des<br />

Bundesumweltministeriums sowie der Hochschulen beispielsweise<br />

über die zukünftige europäische Abfallpolitik, die Novellierung des<br />

Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie den Stand und die Zukunft der<br />

Verpackungsentsorgung.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Schließlich schilderten in der Diskussionsrunde „Auswirkungen der Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise“ Vertreter aus verschiedenen Recyclingbranchen ihre derzeitig<br />

schwierige Geschäftssituation und ihre Erwartungen an die Zukunft.<br />

Schlussendlich gab der Bereich „Know-how-Transfer“ konkrete Einblicke in die Arbeit<br />

deutscher Universitäten bei internationalen Kooperationen, vornehmlich in der<br />

Russischen Föderation und im asiatischen Raum.<br />

Zahlreiche Besucher auf dem Messestand des BMU<br />

Das breitgefächerte und<br />

abwechslungsreiche Programm sowie<br />

die Präsentationen fanden bei den<br />

Besuchern reges Interesse, sodass auf<br />

dem Messestand des<br />

Bundesumweltministeriums und<br />

Umweltbundesamtes im Laufe der<br />

vier Messetage eine Vielzahl von<br />

Interessenten über die <strong>RETech</strong>-Initiative informiert und zahlreiche Kontakte geknüpft<br />

werden konnten.<br />

Nähere Informationen zum Messeauftritt und zur <strong>RETech</strong>-Initiative finden Sie auf:<br />

www.retech-germany.de<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Auslandsmärkte………………………………………………………………………………6<br />

Marktchancen in Fernost……………………………………………….……………….…6<br />

Angepasste Technik und internationale Märkte………………………………….......10<br />

MBA : Eine Technik für alle?....................................................................................10<br />

MVA: Chancen und Risiken in Auslandsmärkten………………………….…………12<br />

Wie viel Deponie braucht man ?..............................................................................14<br />

Bioabfallsammlung in deutschen Kommunen…………………..…………………..…18<br />

Förderung…………………………………………………………………………………....22<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Finanzierung und Risikoabsicherung…...…….…..22<br />

Außenwirtschaft: Wer wird gefördert ? ....................................................................24<br />

Profitiert die Abfallwirtschaft vom CDM ? ................................................................26<br />

Zukunft der Abfallwirtschaft………………………………………………………….…..28<br />

Europäische Abfallpolitik: Wie weit reicht die Strategie?..........................................28<br />

Novellierung des Krw-/AbfG: Wo geht die Reise hin?..............................................32<br />

.<br />

Urban Mining – Sekundärrohstoffe aus Gebäuden…………………………………...37<br />

Stand und Zukunft der Verpackungsentsorgung…………………………………..…..39<br />

Rücknahmen und Entsorgung vor dem Hintergrund der WEEE-Revision …..…......42<br />

Recyclingmärkte in Bewegung –<br />

Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise…………………………………….....44<br />

Know-how-Transfer………………………………………………………………………...48<br />

Internationale Kooperationen mit deutschen Universitäten…………………………...48<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Auslandsmärkte<br />

Marktchancen in Fernost<br />

Unter der Moderation von Dr. Thomas Probst vom Bundesverband Sekundärrohstoffe<br />

und Entsorgung tauschten sich fünf asienkundige Diskussionsteilnehmer über die<br />

aktuellen Marktchancen für deutsche Unternehmen in Fernost aus.<br />

Zunächst ging das Wort an Frau Andrea Jünemann vom Bundesministerium für<br />

Wirtschaft und Technologie. Sie verneinte die Anfrage, ob die <strong>RETech</strong>-Initiative eine<br />

Konkurrenz zu den Maßnahmen des BMWi darstellt. Vielmehr sehe Sie ReTech als<br />

Ergänzung, nicht als Gegner.<br />

Weiterhin wurden die Diskutanten nach den Mengen und Materialien befragt mit<br />

welchen die Unternehmensvertreter in der Runde in Asien handeln und wie der<br />

Geschäftskontakt vor Ort abläuft.<br />

Lars Kossack, Geschäftsführer der „Thüringen Recycling GmbH“ vertreibt mit seiner<br />

Firma Sekundärrohstoffen wie Schrotte oder Altholz nach China und Indonesien.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Sascha Schuh, Geschäftsführer der „Gesellschaft für Abfall und Sekundärrohstoffe<br />

Consulting mnH“, handelt unter anderem mit Kunststoffen und Computergehäusen<br />

nach Malaisia, Vietnam und China.<br />

Frau Wong, die als Managerin bei Hellmann Process Management tätig ist, berichtete,<br />

dass ihre Firma ebenfalls im Kunststoffhandel vor allem in China und Malaysia tätig<br />

ist.<br />

An Frau Jünemann ging die Frage, warum der Export von Sekundärrohstoffen nach<br />

Fernost überhaupt gefördert wird, wenn doch ein vor Ort Recycling zunächst sinnvoller<br />

erscheint. Sie entgegnete dem, dass im Allgemeinen der freie Welthandel wichtig sei<br />

und Deutschland davon profitiere. Über den Export von Waren würden zudem<br />

Standards und Philosophien deutscher Umwelttechnik verbreitet.<br />

Lars Kossack führte daraufhin aus, inwieweit Auflagen vom Zoll und<br />

Qualitätsanforderungen im Außenhandel hinderlich seien. Zum einen böten diese<br />

Schutz vor dem Missbrauch lockererer Einfuhrregeln, andererseits bekämen<br />

ordentliche arbeitende Unternehmen unnötig Steine in den Weg gelegt. Vor allem<br />

China behindere den freien Welthandel durch zu strenge Zulassungsverfahren.<br />

Frau Wong ergänzte, dass nicht alle Exporthindernisse negativ seien. Gewisse Regeln<br />

wie das Verbot für den Export bleihaltiger Produkte seien durchaus sinnvoll.<br />

Weiterhin wurden Lars Kossack nach Unterschieden und Besonderheiten beim Ablauf<br />

asiatischer Geschäften befragt. Seine Erkenntnis, so Kossack, sei es, nie ohne<br />

einheimische Mitarbeiter vor Ort zu arbeiten. Deutsche Mitarbeiter alleine hätten<br />

Probleme im asiatischen Raum einen Draht zu den Firmenpartnern zu finden.<br />

Frau Yinan Gu von der RWTH, die selbst in China geboren ist und dort studiert hat,<br />

wies auf die doch großen Gemeinsamkeiten beider Völker hin. So seien ihrer<br />

Beobachtung nach Chinesen und Deutsche sehr gastfreundlich und es sei oft leichter<br />

einen Zugang zu finden als man erwarten würde.<br />

An Herrn Schuh ging die Frage, wie mittelständige Unternehmen Ihren Kontakt nach<br />

China organisieren. Er gab an, dass in diesem Bereich wegen der geringen Manpower<br />

der Persönliche Kontakt sehr wichtig sei.<br />

Frau Jünemann riet auf die Nachfrage über den Schutz deutscher Erfindungen vor<br />

ausländischen Plagiaten, eigene Patente stets auch in China anzumelden.<br />

Diese seien dann besser geschützt. Auch wenn in diesem Bereich vieles besser<br />

geworden sei, so sei dies auch weiterhin ein brisantes Thema.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Der Moderator Dr. Thomas Probst richtete danach an Frau Wong die Frage, ob der<br />

deutsche Mittelstand den asiatischen Markt bereits zu spät erreicht. Für sie sei dies<br />

nicht der Fall, deutsche mittelständige Unternehmen hätten durchaus noch gute<br />

Aussichten in Fernost. Gleichzeitig wies Frau Wong noch auf die Feinheiten beim<br />

Umgang mit chinesischen Geschäftspartnern hin. So sei das Ausüben von Kritik eine<br />

sehr schwierige Angelegenheit, da man in China schnell fürchte, sein Gesicht zu<br />

verlieren. Ebenso seien persönliche Beziehungen in der dortigen Geschäftswelt sehr<br />

wichtig. Eine weitere Besonderheit sei das stark hierarchische Denken innerhalb von<br />

Firmen, was leider die Kommunikation verlangsame und oft sehr hinderlich sei.<br />

Frau Gu appellierte erneut dafür sich weniger auf die Unterschiede als auf die<br />

Gemeinsamkeiten zu konzentrieren. Im Übrigen seien kulturelle Eigenheiten nicht<br />

statisch und verändern sich ständig.<br />

Herr Schuh schilderte weiterhin seine Eindrücke zur Wirtschaftskrise in Fernost,<br />

welche er als Crash auf den asiatischen Märkten deutlich erlebt hat. Gleichzeitig sehe<br />

er aber ein großes Wachstumspotential und erwarte langfristig eine steigende<br />

Nachfrage.<br />

Herr Kossack bestätigte diesen Eindruck. Für ihn seien allerdings auch kulturelle<br />

Unterschiede ein Hemmnis beim tieferen Einstieg in den chinesischen Markt über den<br />

reinen Warenvertrieb hinaus.<br />

Die These, dass der deutsche Mittelstand zu spät für den asiatischen Markt kommt,<br />

teilte Herr Kossack nicht, seiner Meinung nach war dieser immer schon international<br />

aktiv.<br />

Zuletzt wurde Frau Jünemann nach dem weiteren Zielen des Bundesministeriums für<br />

Wirtschaft und Technologie gefragt. Dem neuen Minister Rainer Brüderle läge der<br />

Mittelstand besonders am Herzen, daher seien neue Programme in diesem Bereich im<br />

Rahmen des Konjunkturpaketes in Arbeit.<br />

Fazit:<br />

Der deutsche Mittelstand ist weiter auf dem Weg in die asiatischen Märkte<br />

und zu teilen schon angekommen.<br />

Die Marktchancen für deutsche Firmen in Fernost werden fairer und<br />

sicherer.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Für den asiatischen Markt wird langfristig eine steigende Nachfrage<br />

erwartet.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Angepasste Technik und<br />

internationale Märkte<br />

MBA: Eine Technik für alle?<br />

Unter der Moderation von Dr. Claus-André Radde vom Bundesministerium für Umwelt,<br />

Naturschutz und Reaktorsicherheit diskutierten vier Experten über den<br />

Anwendungsbereich der Mechanisch-Biologischen-Abfallbehandlung. Teilnehmer<br />

waren Dr. Matthias Kühle-Weidemeier von „wasteconsult international“, Professor<br />

Klaus Fricke von der TU Braunschweig, Thomas Grundmann, Vorsitzender<br />

Arbeitsgemeinschaft stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA) und Prof. Karl Thomé-<br />

Kozmiensky, Inhaber des TK Verlags.<br />

Fazit:<br />

Seit 2005 ist die Ablagerung von unbehandelten Abfällen in Deutschland<br />

gesetzlich verboten. Im Zeitraum von 2001 bis 2005 wurden daher viele<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Mechanisch-Biologische-Anlagen parallel gebaut, man hatte also wenig Zeit<br />

voneinander zu lernen bzw. auf Erfahrungen bereits bestehender Anlagen<br />

zurückzugreifen (Grundman).<br />

Die großangelegte Einführung der MBA-Technik in Europa war ein<br />

überflüssiger Schritt, man hätte besser mehr in die Vermeidung und<br />

Verbrennung von Abfällen investieren sollen.<br />

Als Exportschlager ist die wenig zukunftsweisende MBA nicht zu sehen, in den<br />

betroffenen Ländern sei diese Technik nicht zu finanzieren. Die Lösung könne<br />

allerdings in einer abgespeckten MBA liegen, die auf komplexe Technik<br />

verzichtet (Thomé-Kozmiensky).<br />

MBA´s können von einfachsten technischen Lösungen bis zu Hight-Tech-<br />

Varianten ausgeführt werden. Sie sind daher auch in Ländern einsetzbar, in<br />

denen nur sehr geringe Mittel für die Abfallwirtschaft zur Verfügung stehen.<br />

Sie können weiterhin von Kleinstanlagen von einigen wenigen 100 Tonnen<br />

Jahreskapazität bis zu Großanlagen gebaut werden. Sie sind daher auch in<br />

weniger dich besiedelten Gebieten – dezentral – einsetzbar.<br />

MBA‘s bieten ebenso die Möglichkeit zur Integration der Ausschleusung von<br />

Wertstoffen z.B. durch die händische Sortierung. Die Wertstoffe sind in der<br />

Regel mit Gewinnen vermarktbar. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass der<br />

getrennten Abfallsammlung Priorität eingeräumt wird, d.h. der MBA<br />

vorgeschaltet werden sollte (Fricke).<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

MVA: Chancen und Risiken in Auslandsmärkten<br />

Unter der Moderation durch Volker Weiss vom Umweltbundesamt kamen Ferdinand<br />

Kleppmann, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Thermischen<br />

Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland und Präsident der CEWEP<br />

(Europ. Verband der Abfallverbrenner), und Dr. Benjamin Bongardt vom<br />

Naturschutzbund Deutschland e.V. zusammen, um einen Dialog über die Chancen<br />

und Risiken von Müllverbrennungsanlagen in Auslandsmärkten zu halten.<br />

Zunächst begründete Herr Kleppmann die Notwendigkeit von Überkapazitäten im<br />

Bereich der Müllverbrennung. Diese seien wichtig, um auf konjunkturelle und<br />

saisonale Schwankungen beim Abfallanfall reagieren zu können. Ebenso sei eine<br />

MVA eine langfristige Investition, die nicht für den aktuellen, sondern für den<br />

zukünftigen Bedarf ausgelegt sei.<br />

Dem setzte Dr. Bongardt eine Studie des NABU entgegen, wonach die geschaffenen<br />

Kapazitäten das zu erwartende Abfallaufkommen deutlich überschreiten. Die Politik<br />

solle anstatt neue Müllverbrennungsanlagen zu planen eher Anreize für das stoffliche<br />

Recycling setzen. Dieses könne ansonsten durch den Preisdruck billiger MVA-<br />

Entsorgung untergraben werden.<br />

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Waste Management<br />

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Herr Kleppmann stellte darauf hin klar, dass keine weitere Kapazitätserhöhung im<br />

Bereich der Müllverbrennung geplant sei. Seiner Meinung nach sei das Problem des<br />

stofflichen Recyclings weniger die Müllverbrennung sondern viel mehr die mangelnde<br />

Nachfrage an Recyclingmaterial. Außerdem sei für die endgültige Beendigung der<br />

Deponierung die MVA-Technik als Alternative zwingend notwendig.<br />

Dr. Bongardt entgegnete dem mit dem Argument, dass solche Entscheidungen im<br />

Sinne des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung gefällt werden müssten und<br />

weniger nach finanziellen Gesichtspunkten. Um einen Staubsaugereffekt der<br />

überkapazitären deutschen Müllverbrennungswirtschaft für Abfälle aus dem Ausland<br />

zu verhindern, müsse die Politik Maßnahmen ergreifen, beispielsweise Einfuhrverbote.<br />

Die mit dem Müllimport verbundenen zusätzlichen Mülltransporte seien unnötig und<br />

klimaschädigend.<br />

In der weiteren Diskussion warfen die Dialogteilnehmer einen Blick auf den<br />

internationalen Entsorgungsmarkt.<br />

Herr Kleppmann beschrieb die Entsorgungssituation in Großbritannien, wo die<br />

Recyclingquote bei lediglich 25 % liegt. Dort erliege man immer noch dem<br />

Trugschluss, dass die Deponierung die günstigste Art sei, Abfall zu entsorgen. Da<br />

allerdings die Unterhaltskosten einer Deponie nur auf 20 Jahre berechnet würden und<br />

die tatsächliche Nachsorge weit länger dauert, entstünden auch deutlich höhere<br />

Kosten als berechnet.<br />

Das insgesamt nutzbare Recyclingpotential in Europa sah Dr. Bongardt bei 65%. Eine<br />

zu hohe Förderung in die Müllverbrennung auf europäischer Ebene stünde dem<br />

entgegen und gefährde dieses Ziel. Herr Kleppmann gab als Gegenbeispiel den<br />

Freistaat Bayern an, der trotz seiner Förderungen im Bereich der MVA eine<br />

Recyclingquote von circa 70 % besitzt. Im Allgemeinen sei die Müllverbrennung ein<br />

wichtiger Bestandteil auf dem Weg zur Beendigung der Deponierung. Den Vorrang<br />

solle allerdings weiterhin die stoffliche Verwertung haben. Für das unverwertbare<br />

Restmaterial spräche aber nichts gegen eine energetische Verwertung.<br />

Zusätzlich betonte Herr Kleppmann, dass deutsche Systeme oft nicht ohne weiteres<br />

im Ausland angewandt werden können. Als Beispiel nannte er Kairo, wo die<br />

Müllsammlung Lebensgrundlage vieler Menschen ist und nicht einfach ersetzt werden<br />

kann.<br />

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Waste Management<br />

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Abschließend wurden die Dialogteilnehmer nach der zukünftigen Bedeutung und den<br />

Aufgaben des Bereichs Müllverbrennung gefragt.<br />

Herr Kleppmann verwies zunächst auf das notwendige Ziel, die illegale<br />

Abfallverbringung zu unterbinden. Jährlich würden ein bis drei Millionen Tonnen Abfall<br />

an der ordnungsgemäßen Entsorgung vorbeigeführt.<br />

Ein wichtiges Ziel für Deutschland sei weiterhin der langfristige Ausstieg aus der<br />

Deponierung mit Hilfe der Müllverbrennung.<br />

Dr. Bongardt sah die MVA auch in Zukunft als Bestandteil der Abfallbehandlung,<br />

allerdings nur für den nicht recycelbaren Restanteil im Abfall.<br />

Fazit:<br />

Die Müllverbrennung wird auch in Zukunft wichtiger Teil der<br />

Abfallentsorgung sein, Vorrang hat aber grundsätzlich die stoffliche<br />

Verwertung.<br />

Wie viel Deponie braucht man?<br />

Moderiert von Herrn Bernd Engelmann vom Umweltbundesamt diskutierten vier<br />

Teilnehmer aus der Entsorgungsbranche über die Zukunft der Deponierung.<br />

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M ade in G ermany<br />

Zunächst stellte Herr Engelmann die Frage in den Raum, ob Deponien an sich ein<br />

Fluch oder ein Segen darstellen.<br />

Professor Ramke von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe machte seine Antwort von<br />

dem Standort der Deponie und dem Standard der lokalen Abfallwirtschaft abhängig.<br />

Oftmals fehlten die geeigneten Strukturen für eine getrennte Abfallsammlung und die<br />

Voraussetzungen für die Abfallverwertung und Vorbehandlung. Dann ist eine<br />

ordentlich gebaute und betriebene Deponie die einzige Möglichkeit, um die Abfälle<br />

umweltgerecht zu beseitigen und damit ein Segen..<br />

Im Gegensatz dazu sind für Professor Heck von der Fachhochschule Birkenfeld<br />

Deponien ganz eindeutig ein Fluch. Diese Form der Entsorgung sei keine dauerhafte<br />

Lösung, das Problem werde nur vergraben. Außerdem ergebe sich im Vergleich zu<br />

anderen Verfahren keine Form der Wertschöpfung.<br />

Nach Herrn Burkart Schulte, Geschäftsführer der GVoA, gibt es für die Frage nach<br />

Fluch oder Segen einer Deponie keine genaue Antwort. Da allerdings stark<br />

umweltbelastende Stoffe ohnehin nicht deponiert werden dürften und ein großer Teil<br />

verwertet wird, sei der Deponierungsanteil am Gesamtmüll in Zukunft nur sehr gering.<br />

Im Anschluss wurde Professor Heck nach dem Stellenwert der Deponierung bei<br />

internationalen Projekten befragt. Dieser sieht zwar die Deponie als Fortschritt<br />

gegenüber wilden Müllkippen, glaubt aber, dass eine Welt ohne Deponie möglich ist.<br />

Die Prioritätenfolge bei der Abfallbehandlung müsse in jedem Fall weiterhin<br />

Vermeiden, Verwerten und erst zuletzt Entsorgen lauten.<br />

Die Runde diskutierte daraufhin über das Ziel, bis zum Jahr 2020 die Deponierung<br />

völlig aufzugeben.<br />

Nach Professor Ramke sei die Deponie als Senke für die nicht verwertbaren<br />

Abfallreste auch weiterhin von Bedeutung.<br />

Professor Heck sah im Gegensatz dazu den Weg, wertvolle Ressourcen in eine<br />

Senke zu fahren, im Sinne der Kreislaufwirtschaft für falsch an. Ebenso sei die<br />

Deponie keine Exporttechnik mehr, die betroffenen Länder seien mittlerweile selbst in<br />

der Lage Deponien zu bauen.<br />

Professor Ramke hingegen sah die Deponierung auch weiterhin als Exporttechnik an,<br />

längst nicht alle Entwicklungsländer seien in der Lage selbst Deponien zu bauen.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Detlef Schreiber von der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit sah<br />

das Vorhaben bis 2020 keine Deponierung mehr zu betreiben als sinnvoll an. Es sei<br />

gut, sich ehrgeizige Ziele zu setzten.<br />

Burkart Schulte fügte an, dass bei dieser Frage auch immer die Zuordnung zu einer<br />

bestimmten Deponieklasse eine Rolle spielt. Man müsse sich die Frage stellen,<br />

welcher Deponieabfall tatsächlich gefährlich ist und welcher nicht.<br />

Im Folgenden sprachen die Diskutanten über die internationale Rolle der Deponie-<br />

Technik.<br />

Professor Heck sah in der Deponie die schlechteste denkbare Lösung, vor allem für 3.<br />

Welt Länder. Biomasse zu vergraben, aus der man noch Energie oder Dünger hätte<br />

gewinnen könne, sei der falsche Weg. Durch den positiven Marktwert dieser Produkte<br />

sei die benötigte Technik auch ohne Subventionen finanzierbar.<br />

Burkhard Schulte schloss sich dieser Meinung an. Auch wenn Deponien nicht immer<br />

die schlechteste Lösung seien, könne der Abfall durch die Herstellung von Dünger,<br />

Biogas und der Wiedergewinnung der Plastikfraktion besser genutzt werden.<br />

Investitionen in den Deponiebau hingegen seien nicht zukunftsorientiert.<br />

Herr Schreiber ergänzte, dass man den sozialen Aspekt nicht vernachlässigen dürfe,<br />

so lebten nach einer Schätzung circa 60 bis 80 Millionen Menschen weltweit vom<br />

Abfall. Man müsse immer darauf achten, dass man durch das unüberlegte Einrichten<br />

eines Entsorgungssystems nicht solchen Menschen einfach die Lebensgrundlage<br />

entziehe.<br />

Professor Ramke gab zu bedenken, dass die Stoffstromwirtschaft jenseits der<br />

Deponierung auch nicht immer und überall reibungslos funktioniere. So sei die<br />

Kompostherstellung in Deutschland ein Verlustgeschäft, wenn man bedenkt, dass für<br />

die Herstellung pro Tonne 50€ bezahlt, mit dem Verkauf aber nur 5€ je Tonne<br />

verdient würden.<br />

In anderen Ländern, so Ramke, könne dies ganz anders aussehen. So wäre<br />

beispielsweise im Iran die Kompostherstellung wegen der hohen Düngerpreise sehr<br />

lohnenswert, die Biogasherstellung wegen dem dort Herrschenden Überfluss an<br />

Erdgas hingegen wenig sinnvoll.<br />

Des Weiteren sei bei Projekten in der 3. Welt wichtig, Experten im jeweiligen Land<br />

auszubilden. Der dauerhafte Erfolg einer Anlage hänge sehr von der Kompetenz der<br />

Fachkräfte vor Ort ab.<br />

16


Es folgte die Frage, was mit den sogenannten scavengers, den Reste- und<br />

Müllsammlern, nach dem Bau einer Abfallbehandlungsanlage und dem damit<br />

verbundenen Entzug ihrer Lebensgrundlage passiert.<br />

Professor Heck sprach sich dafür aus, solche Menschen in den späteren<br />

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M ade in G ermany<br />

Anlagenbetrieb einzubinden. Dadurch könne man gleichzeitig ihr durchaus wertvolles<br />

Wissen über die Abfallarten und Mengenströme nutzen.<br />

Weiterhin diskutierte die Runde über die Problematik fehlender Gebührensysteme in<br />

Entwicklungsländern und den damit Verbundenen Finanzierungsmöglichkeiten.<br />

Professor Ramke sah für beispielsweise für Afrika die Möglichkeit der<br />

Kostenaufteilung. So solle der Staat komplett die Investition bezahlen, die Bürger<br />

hingegen nur die laufenden Kosten.<br />

Zuletzt ging die Frage an die Runde, welche Bedeutung Deponien wohl im Jahr 2050<br />

haben würden.<br />

Burkhard Schulte ging davon aus, dass keine Deponien mehr in Betrieb sein werden<br />

und die alten Standorte abgebaut werden.<br />

Professor Heck meinte, dass man Deponien in dieser Zeit nur noch aus alten<br />

Lehrbüchern als Fehlentwicklung der Vergangenheit kennen würde.<br />

Herr Professor Ramke formulierte die Hoffnung, dass im Jahr 2050 im Rückblick<br />

deutlich wird, dass in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts durch eine<br />

geeignete Deponietechnik mit deutscher Unterstützung viel zur Umweltentlastung in<br />

Drittwelt- und Schwellenländern beigetragen wurde.<br />

Fazit:<br />

Deponierung ist ein Fortschritt gegenüber wilden, ungesicherten<br />

Abfalllagerstätten, aber Vermeidung und Verwertung sind, wenn möglich,<br />

vorzuziehen.<br />

beim Anlagenbau in Entwicklungsländern ist auch auf den sozialen<br />

Aspekt zu achten.<br />

Ortsbezogene Planung ist absolut notwendig! Mangels<br />

Gebührensystemen, Fachkräften vor Ort und lokal unterschiedlichen<br />

Preisen für Sekundärrohstoffen ist deutsche Technik im Ausland nicht<br />

immer 1:1 umsetzbar.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Bioabfallsammlung in deutschen Kommunen<br />

Moderiert von RDir Dr. Claus-Gerhard Bergs vom Bundesumweltministerium<br />

diskutierten fünf weitere Teilnehmer über die „Bioabfallsammlung in deutschen<br />

Kommunen“. Zunächst jedoch hielt Dr. Michael Kern, Geschäftsführer des<br />

Witzenhausen-Instituts für Abfall, Umwelt und Energie, einen Vortrag zum Thema<br />

„Kompostierung und Vergärung“.<br />

Der Diskussionsteil begann mit der Frage nach dem momentanen Stellenwert und den<br />

Perspektiven der Kompostierung in Deutschland.<br />

Frau Dr. Annette Ochs vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft<br />

e.V. sah in der Kompostierung eine bewährte Technik mit einem guten Kosten-Nutzen<br />

Faktor.<br />

Professor Kranert von der Universität Stuttgart gab an, dass in Deutschland der Markt<br />

für weitere Kompostierungsanlagen klein sei. In Europa und darüber hinaus würde die<br />

Kompostierung allerdings wachsen. Weltweit gesehen, vor allem in Afrika, werde<br />

Kompost als Dünger auch in Zukunft verstärkt benötigt. Dabei sehe er keine<br />

Konkurrenz zwischen Vergärung und Kompostierung, sondern eine gegenseitige<br />

Ergänzung durch kombinierte Verfahren.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Peter Lutz, Vorstand der BEKON Holding AG, sah dies ebenso. Eine zusätzliche<br />

Möglichkeit dieses Verfahrens bestehe in der Phosphorrückgewinnung. Eine Tonne<br />

Bioabfall könnte demnach 100 kg chemischen Dünger ersetzen.<br />

Die Runde diskutierte weiterhin darüber, ob die Biogasgewinnung aus Bioabfällen<br />

sinnvoll sei.<br />

Professor Jager von der TU Darmstadt sprach sich für dieses Verfahren aus. Das<br />

Ganze sei ein stabiler Prozess, der schon von Natur aus stattfände.<br />

Peter Lutz sah die Möglichkeit, gereinigtes Biogas in das reguläre Gasnetz<br />

einzuspeisen. Der optimale Weg mit direkter Wärmenutzung wäre allerdings die<br />

Verbrennung des gewonnenen Biogases in dezentralen Blockkraftheizwerken.<br />

Professor Kranert ergänzte, dass auch für die regulären Gasanbieter der Vertrieb von<br />

Biogas in ihrem Netz interessant sein könnte. Der Umweltaspekt beim Energiehandel<br />

sei dem Verbraucher immer wichtiger.<br />

Der Moderator Dr. Bergs stieß daraufhin die Frage an, ob man Humus in Deutschland<br />

überhaupt benötigen würde. Im europäischen Raum werde dieser Aspekt kontrovers<br />

diskutiert: Während zum Beispiel die skandinavischen Länder immer wieder betonten,<br />

die dortigen Böden bräuchten keinen zusätzlichen Humus, bestehe in südlichen<br />

Ländern offensichtlich ein großer Bedarf.<br />

Frau Dr. Ochs betonte, Humus sei auch hierzulande wichtig für die Regeneration von<br />

landwirtschaftlich intensiv genutzten Böden. Ebenso sei Boden ohne Humusschicht<br />

aufgrund der geringen Wasserhaltekraft anfällig für Erosionen. Gerade im<br />

Landschaftsbau sei zur Bodenbefestigung Humus gefragt.<br />

Professor Kranert fügte hinzu, dass gerade die für die regenerative Energiegewinnung<br />

ebenfalls benötigten NawaRo (nachwachsenden Rohstoffe) Kompost als Dünger<br />

benötigen. Ebenso diene Humus der mittelfristigen CO2-Speicherung.<br />

Auf die Frage hin, wie Kompost in Deutschland angenommen werde, antwortete<br />

Professor Kranert, dass in der Bevölkerung dafür mittlerweile hohe Akzeptanz<br />

herrsche. Dies sei vor allem das Ergebnis kontinuierlicher Öffentlichkeitsarbeit und<br />

gütegesicherter Kompost-Qualität. Die oft zitierten Kompostberge existierten nicht<br />

mehr, es gäbe genügend Markt für Humus, beispielsweise auch bei<br />

Rekultivierungsmaßnahmen im Gala-Bau und Substratbereich.<br />

Professor Jager erinnerte daran, dass vor einigen Jahren die Marktsituation deutlich<br />

schlechter war. Man hatte große Probleme gehabt, den Kompost als Produkt zu<br />

19


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

vertreiben, mangelhafte Qualitäten einiger Anbieter in der Anfangsphase hatten das<br />

Image verschlechtert.<br />

Peter Lutz fügte hinzu, dass sich Top-Qualität im Kompost gut vermarkten lässt. Man<br />

müsse den Bürger auf seine Seite bringen, schon die Sammlung von Bioabfällen dürfe<br />

kein Geruchs- oder Hygieneproblem sein. So erreiche man auch in Großstädten hohe<br />

Sammelquoten.<br />

Dr. Kern sieht die erhöhte Nachfrage für Kompost in den steigenden<br />

Düngemittelpreisen. So sei die Situation für die Vermarktung besser als vor 20 Jahren.<br />

Weiterhin beschäftigte sich die Gruppe mit den Rückgewinnungsmöglichkeiten<br />

wertvoller Stoffe wie beispielsweise Phosphor aus dem Bioabfall.<br />

Professor Jager merkte an, dass dies nur durch Monoverbrennung möglich sei, da<br />

ansonsten die Gefahr von Schadstoffansammlung im Produkt zu hoch sei.<br />

Der Kostenaspekt, so Professor Kranert, sei ein entscheidender Faktor. Phosphor sei<br />

allerdings eine endliche Ressource. Daher müsse dieser Rohstoff in einer<br />

Kreislaufwirtschaft geführt werden.<br />

Es folgte die Frage nach der Eignung der Bioabfallsammlung für die dicht besiedelten<br />

Kernbereiche von größeren Städten.<br />

Die Städte, so Dr. Kern, täten entgegen der häufig verbreiteten Meinung nicht zu<br />

wenig für die Erfassung des Bioabfalls. Das Potential in den Städten sei ebenfalls<br />

hoch, die Erfassung in den Landkreisen funktioniere auch nicht besser.<br />

Peter Lutz forderte mehr politische Anreize zur Energiegewinnung aus Abfall, so<br />

müsse die Abfallverstromung besser gestellt sein als die Energiegewinnung aus<br />

Nahrungsmitteln. Der gesammelte Biomüll der Städte habe ohnehin eine höhere<br />

Energiedichte als der aus ländlichen Gebieten, der Markt würde sich bei<br />

ausreichender Förderung den Bioabfall selbst beschaffen.<br />

Frau Dr. Ochs warf ein, dass das EEG einseitig die energetische Nutzung von<br />

Biomassen fördere. Einen Bonus erhalten jetzt auch Abfälle, die der<br />

Entsorgungspflicht unterliegen und für die Entsorgungserlöse gezahlt werden. Vor<br />

dem Hintergrund des Ressourcenschutzes müssen jedoch vorrangig die stofflichen<br />

Eigenschaften von Bioabfällen betrachtet und diese auch genutzt werden. Dies ist mit<br />

einer Kompostierung und mit einer Vergärung möglich.<br />

20


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Fazit:<br />

In Deutschland soll der Trend zur Vergärungstechnologie verstärkt<br />

werden, aber auch für die Kompostierung ist in Zukunft noch eine<br />

wachsende Nachfrage zu erwarten, vor allem weltweit.<br />

Der Markt für Humus hat sich etabliert, die Zeiten der unverkäuflichen<br />

Kompostberge sind vorbei.<br />

Kompostierung und Vergärung müssen nicht konkurrieren, sondern<br />

können als Kombination eingesetzt werden.<br />

Die stoffliche und energetische Nutzung von Bioabfällen ist eine sinnvolle<br />

Maßnahme zum Klima- und Ressourcenschutz<br />

21


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Förderung<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Finanzierung und<br />

Risikoabsicherung<br />

Begleitet von der Moderation durch Thomas Dillig von „eco2business“ diskutierten<br />

vier Experten über die Möglichkeiten und Grenzen der Finanzierung und<br />

Risikoabsicherung bei Auslandsgeschäften.<br />

Es sprachen Ludwig Sahm, Direktor von SSI Schäfer, Norbert Gasten von der KfW<br />

IPEX Bank GmbH, Dr. Jürgen Balg von der Tönsmeier Dienstleistungs GmbH & Co.<br />

KG sowie Karsten Großimlinghaus von EulerHermes.<br />

Diskussionsergebnisse:<br />

Oft liegt das Problem der Finanzierung bei den Banken in dem Land, welches<br />

eine Anlage oder Dienstleistung bestellt. Beispielsweise sind in der Ukraine<br />

viele Banken nicht bereit in Kommunen zu investieren. Konkrete Projekte sind<br />

so oft nicht möglich, weil das Geld fehlt.<br />

Es gilt die Risikostruktur in den Bestellerländern zu minimieren<br />

22


Die Krise ist aus Sicht der Banken konstruktgebunden, Hermes sollte<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Kommunalprojekte finanzieren. Die Ukraine ist allerdings ein Risikopartner, die<br />

dortige Kommune wird wegen geringer Zahlungsmöglichkeit weder durch<br />

Banken noch die Projektpartner akzeptiert<br />

Ein weiteres Thema stellen Lokalwährungseinahmen dar. Kommunen im<br />

Ausland können bei Darlehen weder US-Dollar noch Euro annehmen, daher<br />

besteht die Gefahr des Wechselkursrisikos.<br />

Oft lohnen sich Geschäfte mit Kommunen aus strukturellen Gründen nicht. Aus<br />

Unternehmersicht sind kleine, verstreute Siedlungseinheiten unter 30000<br />

Einwohnern nicht rentabel. Oft bestehen noch keine Gemeindeverbünde, daher<br />

kann nicht einheitlich verhandelt werden.<br />

Wenn ein mittelständisches Unternehmen um Deckung bittet, müssen folgende<br />

Fragen geklärt sein: Wie sieht das Projekt aus? Wer vertritt die deutsche Seite?<br />

Wer ist der Abnehmer im Partnerland?<br />

Je größer die Projekte ausfallen, desto langwieriger und aufwendiger ist die<br />

Vorbereitung. Bei komplexen Projektfinanzierungen dauert die<br />

Finanzierungsorganisation ein bis zwei Jahre.<br />

Da beispielsweise in der Ukraine keine einheitliche kommunale Satzung<br />

herrscht, kann Hermes nicht unmittelbar mit der Kommune arbeiten sondern<br />

muss eine Bank zwischenschalten.<br />

Die Finanzierung von Müllverbringung im Ausland ist möglich. Dazu gibt es<br />

auch zahlreiche Erfahrungswerte, allerdings erhalten mittelständische<br />

Unternehmen keine Absicherung im Ausland bei Geschäften mit armen<br />

Ländern und Kommunen.<br />

Man muss das abfalltechnische Wissen ins Ausland bringen um gleiche<br />

Standards herzustellen.<br />

Fazit:<br />

In den Ländern, die Hilfe brauchen hat sich viel getan, die gegenseitigen<br />

Beziehungen und der Austausch sind im Fluss.<br />

Eine Aufgabe der Zukunft ist es, weiter Wissen in die jeweiligen Länder zu<br />

tragen und nicht nur finanzielle Mittel.<br />

23


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Außenwirtschaft: Wer wird gefördert?<br />

Moderiert von Dr. Gottfried Jung trafen sich Dr. Volker Berresheim vom Auswärtigen<br />

Amt und Stefan Rolle vom Bundesministerium für Wirtschaft zu einem Dialog über die<br />

Fördermöglichkeiten in der Außenwirtschaft.<br />

Zunächst bestätigte Herr Rolle den allgemeinen Eindruck, dass ausländische Firmen<br />

den deutschen Konkurrenten bei Auslandsgeschäften oft zuvorkommen. Deutsche<br />

Unternehmen seien oft zögerlicher und risikoscheuer als ihre Mitbewerber.<br />

Das Bundeswirtschaftsministerium, so Rolle, wirke durch das GTAI aktiv daran mit,<br />

dass Firmen auf neue Märkte aufmerksam gemacht werden und wichtige<br />

Informationen und Kontakte zu ihren Partnerländern erhalten. Diese Förderung sei vor<br />

allem auf Kleine und Mittelständische Unternehmen ausgerichtet, die nicht ohne<br />

weiteres einen Auslandsmarkt erschließen könnten.<br />

Dr. Berresheim beschrieb daraufhin das Angebot des Auswärtigen Amtes. Die<br />

Botschaften der Bundesrepublik in den Partnerländern bieten zum einen vor Ort<br />

politische Analysekapazität aus deutscher Sicht, zum anderen seien die meist hoch<br />

angesehenen Vertretungen die ideale Anlaufstelle um Geschäftskontakte zu<br />

schließen.<br />

Leider komme es oft vor, dass dieser Service nicht prophylaktisch, sondern erst<br />

nachdem ein Projekt gescheitert ist in Anspruch genommen wird.<br />

24


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Moderator Dr. Jung fragte daraufhin, ob die derzeitige Außenwirtschaftsförderung<br />

ausreichend sei. Herr Rolle stellte im Gegenzug die Frage nach dem Grenznutzen<br />

einer solchen Förderung. Es gelte auch immer der Ansatz, möglichst keine<br />

Steuergelder zu verschwenden. Allerdings müsse man auch beachten, dass<br />

Deutschland zurzeit als Exportweltmeister recht gute Außenhandelsquoten besitzt.<br />

Deutsche Unternehmen fielen allerdings wegen ihrer meist Mittelständischen Herkunft<br />

im Ausland weniger auf als beispielsweise die Großkonzerne aus Frankreich.<br />

Als nach den besten Märkten für deutsche Unternehmen gefragt wurde, wollte sich<br />

Herr Rolle zu keinem Staat konkret äußern. Er verwies aber auf das Problem, dass<br />

viele Länder ein schlechteres Image bei deutschen Firmen haben als es der Realität<br />

entspricht. Dadurch würden potenzielle Geschäftsbeziehungen unnötig verbaut.<br />

Dr. Berresheim fügte abschließend hinzu, dass man zuerst die angestrebten Märkte<br />

genau untersuchen und erst dann konkret tätig werden sollten. Das GTAI und die<br />

Botschaften vor Ort seien dabei eine große Hilfe.<br />

Fazit:<br />

Deutsche Firmen sollten die Möglichkeiten von GTAI, der deutschen<br />

Auslandshandelskammer sowie die Vertretungen der Bundesrepublik vor<br />

Ort nutzen um sich auf Auslandsmärkte optimal vorzubereiten.<br />

25


Profitiert die Abfallwirtschaft vom CDM?<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Nachdem Herr Bernhard Gerstmayr vom bifa-Institut zunächst seinem Vortrag<br />

„Leitfaden und Nutzung des Clean Development Mechansim“ gehalten hatte, begann<br />

mit Thomas Forth vom BMU als Moderator der Diskussionsteil.<br />

Die erste Frage nach einer Bewertung der realen Situation des CDM ging an Herrn<br />

Pfaff-Simonheit, seit 2002 technischer Sachverständiger für Abfallwirtschaft im<br />

Kompetenzcentrum Wasser- und Abfallwirtschaft der KfW-Entwicklungsbank.<br />

Seine Beurteilung fiel zwiespältig aus. Zum einen gebe es positive Entwicklungen bei<br />

der Sanierung von Müllkippen, für die der CDM hohe Anreize in Entwicklungsländern<br />

biete. Nachteilig seien die Regelungen des CDM allerdings bei Neuvorhaben, da er<br />

hier falsche Anreize setze, die den Bau von Deponien übervorteilen. Fortschrittlichere<br />

Verfahren der Abfallbehandlung sowie generell das Recycling würden vom CDM nicht<br />

bzw. nicht angemessen berücksichtigt. Insgesamt könne der CDM aber hilfreich zur<br />

Förderung des Umweltschutzes sein, da er privates Kapital für die Finanzierung<br />

solcher Maßnahmen in die Entwicklungsländer leite. Allerdings müsse er<br />

weiterentwickelt werden, damit auch fortschrittliche Strategien und Verfahren besser<br />

zum Einsatz kommen können.<br />

26


Dr. Kölsch, Geschäftsführer der Dr. Kölsch Geo- und Umwelttechnik GmbH in<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Braunschweig, berichtete, dass die Entgasung von Deponien eine billige und simple<br />

Technik sei, es aber leider vor Ort oft an qualifizierten Technikern fehle. Dies sei bei<br />

der Planung solcher Projekte immer zu beachten.<br />

Joachim Schnurr, Geschäftsführer der GFA ENVEST GmbH, beschrieb als Beispiel<br />

die Planung von vergleichbaren JI Projekten in Russland. Problematisch sei, dass erst<br />

ab Städten mit 300.000 Einwohnern Deponiegasprojekte rentabel seien. Ab dieser<br />

Größenordnung würden genügend Emissionszertifikate aus der Vermeidung von<br />

Methanemissionen generiert, um die Transaktionskosten eines Klimaprojektes zu<br />

decken und ausreichende Gewinne zu erzielen. Kleinere Deponiestandorte bleiben<br />

daher außen vor. Ebenso müsse man beachten, dass beispielsweise in Russland<br />

Deponiegas direkt thermisch genutzt werden muss und damit die Investitionskosten<br />

drastisch ansteigen. Im Hinblick auf Recycling- oder Müllverbrennungsprojekte unter<br />

CDM oder JI können Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten nur einen<br />

relativ geringen Anteil der notwendigen Investitionen refinanzieren.<br />

Ergänzend fügte Herr Gerstmayr hinzu, dass gute Projekte, die alleingenommen zu<br />

klein sind, mit anderen zusammengefasst werden können.<br />

Auf die Frage, wie Gastländer bei Projekten eingebunden werden, empfahl Herr<br />

Gerstmayr den Kontakt zu diplomatischen Vertretern im Gastland zu suchen.<br />

In einer letzten Fragerunde wurden alle Diskutanten gebeten ihre Wünsche bezüglich<br />

des UN-Klimagipfels in Kopenhagen zu formulieren.<br />

Dr. Kölsch forderte ein Bonus-System für Nachhaltigkeit in der Zertifikatvergabe.<br />

Zurzeit wäre der Anreiz, wirklich langfristige Lösungen zu schaffen, viel zu gering.<br />

Herr Pfaff-Simoneit wies darauf hin, dass über die Kohlenstoffmärkte allein der Bedarf<br />

der Entwicklungsländer nicht gedeckt werden könne. Er wünsche sich mehr öffentliche<br />

Unterstützung für Entwicklungsländer und ebenfalls eine stärkere qualitative<br />

Bewertung der Vorhaben bei der Zertifikatvergabe.<br />

Herr Schnurr schloss sich seinen Vorrednern an, fügte aber hinzu, dass man sich in<br />

den betroffenen Ländern immer noch Gedanken über das fehlenden Gebührensystem<br />

zur Finanzierung solcher Projekte machen müsste.<br />

Herr Gerstmayr schloss die Runde indem er sich ebenfalls der Forderung nach einem<br />

Nachhaltigkeitsfaktor anschloss, als kurzfristige Lösung allerdings einen<br />

Technologiefaktor vorschlug.<br />

27


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Fazit:<br />

Für die Zukunft ist beim CDM ein Nachhaltigkeitsfaktor bei der CO²-<br />

Zertifizierung nötig.<br />

Zukunft der Abfallwirtschaft<br />

Europäische Abfallpolitik:<br />

Wie weit reicht die Strategie?<br />

Unter der Moderation von Ministerialrat Dr. Jaron vom Bundesministerium für Umwelt,<br />

Naturschutz und Reaktorsicherheit stellten sich die Diskussionsteilnehmer die Frage<br />

nach der zukünftigen strategischen Ausrichtung der europäischen Abfallpolitik.<br />

Klaus Koegler von der Generaldirektion Umwelt in der Eu-Kommission nannte als<br />

Kern den allgemeinen strategischen Grundsatz, dass Abfall an sich eine<br />

Umweltverschmutzung darstellt und seine Existenz mit einer suboptimalen<br />

28


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Prozessführung gleichzusetzen ist. Weiterhin sei die bekannte Abfallhierarchie<br />

Vermeidung, Verwertung und zuletzt Entsorgung fester Bestandteil der Strategie, auch<br />

wenn im Sinne der Umwelt diese Reihenfolge nicht in jedem Fall zwanghaft<br />

eingehalten werden müsse. Ziel sei eine hohe Wertschöpfung mit einem möglichst<br />

niedrigen Abfallaufkommen. Diese Gesamtstrategie sei zu 80% in die neue<br />

Abfallrahmenrichtlinie eingeflossen.<br />

Olaf Wendler, Referent beim „Verband kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung<br />

im Verband kommunaler Unternehmen“, nannte die schleppende Umsetzung der<br />

Abfallrahmenrichtlinie innerhalb der Europäischen Union als eines der zentralen<br />

Probleme für die deutsche Abfallwirtschaft. Müll nehme vornehmlich den Weg des<br />

geringsten finanziellen Widerstands, dadurch könnten deutsche Investitionen im<br />

Bereich Abfalltechnik am europäischen Marktdruck scheitern.<br />

Die Kooperation zwischen Privatunternehmen und Kommunen in Deutschland<br />

bewertete Wendler hingegen positiv, ein rein freimarktwirtschaftliches Modell hingegen<br />

führe zu kurzfristig billiger und damit oft umweltschädlicher Entsorgung.<br />

Schließlich müsse neben der Überlassungspflicht für Abfälle zur Entsorgung weiterhin<br />

der Grundsatz der Abfallvermeidung einen hohen Stellenwert haben. Dieser schließt<br />

vor allem die Produzenten und Verbraucher ein, die zum einen weniger und besser<br />

recyclebare Verpackungen verwenden und zum anderen abfallarme Produkte<br />

konsumieren sollten.<br />

Frau Anne Baum-Rudischhauser, Geschäftsführerin des Brüsseler Büros des<br />

Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V., bestätigte die<br />

insgesamt gute Zusammenarbeit zwischen Kommunen und der privaten<br />

Entsorgungswirtschaft in Deutschland. Auf europäischer Ebener müsse dieses<br />

Zusammenspiel allerdings neu geregelt werden.<br />

Mit der Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie in Deutschland zeigte sich Frau Baum-<br />

Rudischhauser zufrieden, die beschriebene Hierarchie der Abfallbehandlung und die<br />

Stärkung der Getrenntsammlung seien Schritte in die richtige Richtung.<br />

MinDir Dr. Helge Wendenburg vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorsicherheit fügte hinzu, dass man Abfall in Zukunft noch mehr als wertvolle<br />

Ressource und weniger als Last verstehen müsse. Ebenso sei der Effizienzgedanke<br />

bereits bei der Produktherstellung anzusetzen. Als wichtigsten Ansatz sehe er<br />

allerdings eine Kreislaufwirtschaft mit der Einsicht, dass Recycling weniger Energie<br />

29


kostet als die Rohstoffgewinnung desselben Stoffes aus Erz verbraucht. Die<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Deponierung wertvoller Rohstoffe im Müll sei in jedem Fall die schlechteste Lösung.<br />

Ob nun Kommunen oder Privatanbieter besser mit dem Abfall verfahren sei ein Streit<br />

von gestern. Beide Seiten seien wichtig und sollten kooperieren, entscheidend müsse<br />

das Ergebnis sein. Als Beispiel nannte Dr. Wendenburg die Annahme von<br />

Elektroschrott und die Rücknahme von Leuchtkörpern. Dieser Service muss für den<br />

Bürger bequem und einfach vonstatten gehen, ansonsten sei das Ergebnis eine<br />

niedrige Erfassungsquote.<br />

Herr Koegler machte auf die Frage über die Exportchancen deutscher Technik und<br />

Standards hin deutlich, dass das unmittelbare Ziel in Europa eine Vereinheitlichung<br />

hoher Grundstandards sei. Länder mit Durchführungsproblemen müssten<br />

Hilfestellungen erhalten. Der Grund für die schleppende Umsetzung in manchen<br />

Staaten sieht Koegler in der Umsetzungssouveränität für europäische<br />

Rahmenrichtlinien. Zurzeit fehlen der EU-Kommission die Möglichkeiten direkt auf die<br />

Umsetzung einzuwirken.<br />

Olaf Wendler sah diesen Punkt ähnlich. Um Abfallströme in Länder mit geringen<br />

Entsorgungskosten auf Kosten der Umwelt zu verhindern, müssten die übrigen<br />

Mitgliedsstaaten der EU ihre Standards anheben. Insgesamt gab sich Olaf Wendler<br />

aber mit der Umsetzung der Richtlinie zufrieden. Man müsste jedoch im Punkt<br />

Abfallbehandlungshierarchie im Einzelfall prüfen, ob eine Entsorgung der Verwertung<br />

nicht vorzuziehen sei, sobald dies für die Gesamtumweltbilanz positiver ausfällt.<br />

Als Punkt möglicher Weiterentwicklung der europäischen Strategie sah Frau Anne<br />

Baum-Rudischhauser eine zusätzliche Beschränkung der Abfalldeponierung. Obwohl<br />

die letzten Fristen der Deponierichtlinie bereits abgelaufen sind, seien in weiten Teilen<br />

Europas immer noch wilde Müllhalden vorzufinden und der Deponierungsanteil in<br />

manchen Ländern stehe weit über 50%. Konsequenz daraus müsse eine strengere<br />

Überwachung und eine Verteuerung dieses Entsorgungsweges sein.<br />

Abschließend forderte Dr. Wendenburg, dass der wesentliche Anteil des Bereichs<br />

Abfall am Klimaschutz deutlicher hervorgehoben wird. Beispielhaft schilderte er ein<br />

Projekt auf Malta, bei welchem die Abfalldeponierung durch eine Müllverbrennung<br />

ersetzt und durch die damit Verbundene Methanreduzierung die Kioto-Ziele erreicht<br />

werden konnten. Ebenso müssten planerische Ansätze besser ausgebaut werden.<br />

Abfallvermeidung seitens der Bürger dürfe wegen starrer Anlagenkapazitäten nicht zu<br />

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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

steigenden Gebühren führen. Vor allem müsse den Menschen die Kreislaufwirtschaft<br />

nähergebracht werden, beispielsweise auch durch Müllwagen die mit aus dem<br />

eigenen Biomüll hergestellten Biogas angetrieben werden.<br />

Fazit:<br />

Die Europäischen Nachbarn müssen ihre Entsorgungsstandards durch<br />

Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie weiter anheben, damit Abfallströme<br />

zu kurzfristig billigen und unnachhaltigen Entsorgungssystemen<br />

verhindert werden.<br />

Die Abfallentsorgungshierarchie sollte im Sinne der Umwelt nicht immer<br />

starr vollzogen werden, in Einzelfällen kann eine Beseitigung vorteilhafter<br />

als eine stoffliche Verwertung sein.<br />

Abfall stellt nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft nicht nur einen<br />

Rohstoff dar, seine nachhaltige Verbringung hat auch eine hohe<br />

Bedeutung für den Klimaschutz.<br />

Die deutsche Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie verläuft<br />

weitestgehend zufriedenstellend.<br />

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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Novellierung des Krw-/AbfG: Wo geht die Reise hin?<br />

Moderiert von MinR. Dr. Frank Petersen diskutierte die Fachrunde über die weitere<br />

Entwicklung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes.<br />

Zunächst wurden die Diskutanten nach Ihrer Meinung zu dem Koalitionsvertrag der<br />

neuen Regierung befragt.<br />

Karin Opphard vom „Verband kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung im<br />

Verband kommunaler Unternehmen“ kritisierte die ihrer Meinung nach schwammige<br />

Formulierung des Vertrages im Bereich Kreislaufwirtschaft. Für sie seien klare Ziele<br />

nicht erkennbar.<br />

Dr. Armin Rockholz vom deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sah den<br />

Koalitionsvertrag hingegen positiv. Für ihn macht es Sinn zunächst auf die Anhebung<br />

europäischer Standards zu setzen und erst im Anschluss deutsche Vorschriften weiter<br />

zu verschärfen. Ebenfalls positiv sei das Ziel vor allem im Umweltbereich<br />

bürokratische Hürden abzubauen und die Steuerprivilegien kommunaler Entsorger<br />

abzuschaffen.<br />

Dr. Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund (NABU) kritisierte die seiner Meinung<br />

nach widersprüchlichen Ausführungen. Im Abfallteil des Koalitionsvertrags werde die<br />

steuerliche Gleichstellung kommunaler und privater Abfallunternehmen angestrebt, im<br />

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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Teil zur Umsatzsteuer allerdings werde gefordert, dass Dienstleistungen im Rahmen<br />

der Daseinsvorsorge so wie bisher behandelt werden sollen.<br />

Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und<br />

Entsorgung (bvse), begrüßte hingegen den Wegfall der sogenannten Steuerprivilegien<br />

der kommunalen Betriebe.<br />

Jens Lattmann, Leiter des Dezernats für Umwelt und Wirtschaft beim Deutschen<br />

Städtetag, sah dies wie Dr. Bongardt. Er betonte zusätzlich die Bedeutung der<br />

Andienungspflicht. Abfallsammlung sei eine Form der Daseinsvorsorge, die<br />

letztendlich in der Verantwortung der Kommunen liegen müsse.<br />

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungswirtschaft,<br />

Matthias Raith, wies auf die starke Bedeutung des Themas Abfallwirtschaft in Europa<br />

hin. Das Engagement der europäischen Union in diesem Beriech zeige, dass Abfall in<br />

der Spitzenpolitik angekommen sei. Die große Aufgabe liege nun in der Integration der<br />

Abfallwirtschaft in die reguläre Wirtschaft mit dem Ziel einer nachhaltigen<br />

Kreislaufwirtschaft.<br />

In einem weiteren Fragenkomplex ging es um die Bewertung der geplanten<br />

fünfstufigen Abfallhierarchie, namentlich Vermeidung, Aufbereitung für die<br />

Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung wie energetische Verwertung und<br />

Beseitigung.<br />

Dr. Rockholz rief dazu auf, die wirtschaftlichen Leistungsträger nicht mit solchen<br />

bürokratischen Belastungen zu überfordern. Nach Meinung der DIHK müsse ein fairer<br />

Wettbewerb in der Verwertung und Entsorgung geschaffen werden, um pragmatische<br />

Lösungen zu erzielen.<br />

Dr. Bongardt hingegen sah die fünfstufige Einteilung als sinnvoll an. Die stoffliche<br />

Verwertung im Sinne der Ressourcenschonung sei der energetischen vorzuziehen.<br />

Allerdings seien, so Bongardt, in den letzten Jahren Überkapazitäten in der<br />

Müllverbrennung geschaffen worden, die nun der stofflichen Verwertung in störender<br />

Weise Konkurrenz machen.<br />

Karin Opphard stellte klar, dass Deutschland eine sehr hohe Recyclingquote bereits<br />

erreicht und der Großteil des Abfalls nicht verbrannt wird. Trotzdem sei man unter<br />

Druck geraten, da durch die Schaffung zahlreicher Müllverbrennungskapazitäten der<br />

Bereich der stofflichen Verwertung gesunken ist. Man müsse allerdings Verständnis<br />

33


für die Interessen der Kommunen an einer Nutzung der bereits geschaffenen<br />

Kapazitäten und der Sicherstellung der Entsorgungssicherheit haben.<br />

R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Jens Lattmann betonte den hohen Standard der Kommunen im Bereich Recycling,<br />

gab aber auch zu bedenken, dass man durch Verstärkung dieses Bereiches die<br />

Bürger nicht überstrapazieren dürfe.<br />

Matthias Raith fügte hinzu, dass die Umsetzung der neuen Hierarchie sehr komplex<br />

sei, und deren Bewertung nicht immer rational bedingt sei, sondern oft von der<br />

geschäftlichen Herkunft des Betroffenen abhängt.<br />

Ebenfalls positiv beurteilte Herrn Rehbock die neue Hierarchie. Es sei der richtige<br />

Weg der stofflichen Verwertung eine deutlich höhere Stellung als der energetischen<br />

Nutzung zu geben, jedoch dürfe Recycling nicht nur des Recyclings wegen<br />

geschehen. Es wäre aber ein schlechtes Signal für Europa, wenn sich Deutschland<br />

auf seinen vorbildlichen Recyclingquoten ausruhen und wieder verstärkt auf<br />

energetische Verwertung setzen würde.<br />

Ein weiterer Diskussionspunkt befasste sich mit der dualen Entsorgung und der Frage,<br />

ob diese besser von privaten oder kommunalen Betreibern durchgeführt werden sollte.<br />

Für Dr. Bongardt stellte sich die Frage der Zuständigkeit nicht, ihm käme es primär<br />

darauf an, dass überhaupt eine umweltverträgliche getrennte Sammlung durchgeführt<br />

werde. Wer diese Aufgabe nun im Einzelnen übernimmt bzw. daraus Wert schöpft, sei<br />

im Grunde sekundär.<br />

Dr. Rockholz betonte, dass das in diesem Zusammenhang weit verbreitete Argument,<br />

Privatunternehmen würden weniger ökologisch wirtschaften als kommunale Betreiber,<br />

falsch sei. Gerade im Innovationsbereich, so Rockholz, trage die Privatwirtschaft den<br />

entscheidenden Anteil bei.<br />

Weiterhin müsse die Andienungspflicht abgeschafft werden, der Abfallerzeuger müsse<br />

die freie Wahl haben, wer seinen Müll entsorgt.<br />

Dagegen sah Jens Lattmann die Andienungspflicht als durchaus sinnvoll an. Der freie<br />

Markt käme seiner Pflicht bei der Abfallsammlung nur solange nach, wie er sich<br />

Gewinn davon verspricht. Nur die Kommunen können eine hohe Abholquote beim<br />

Bürger sicherstellen. Die Kommunen seien für die Entsorgung der Bürger<br />

verantwortlich, die operative Ausführung der Entsorgung könne allerdings durchaus<br />

frei vergeben werden.<br />

34


R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Eric Rehbock fügte hinzu, dass die Schaffung mehrer paralleler System zu vermeiden<br />

ist. Zu klären sei noch, wie die Andienungspflicht innerhalb Europas geregelt werden<br />

soll, um Ungleichheiten zu vermeiden.<br />

Matthias Raith merkte an, dass eine Festschreibung der Arbeitsteilung zwischen<br />

Kommunen und Privaten nötig sei. Die Verhältnisse sollten eindeutig geklärt sein,<br />

damit man zuverlässig planen könne. So müsse es den Kommunen schwerer<br />

gemacht werden, privaten Entsorgern vergebene Abfallströme wieder zu entziehen.<br />

Durch die geplante steuerliche Gleichstellung von kommunalen und privaten<br />

Entsorgern sei immer noch keine Chancengleichheit gegeben, so Karin Opphard. Die<br />

Kommunen seien im Gegensatz zu den privaten Unternehmen gezwungen, tariflich<br />

höhere Löhne an ihre Mitarbeiter zu zahlen. Ein wichtiger Vorzug von kommunaler<br />

Entsorgung sei auch, dass die Bürger über das Gebührensystem an der<br />

Wertschöpfung beteiligt werden könnten.<br />

Insgesamt habe sich das System der Arbeitsteilung in Deutschland aber bewährt, man<br />

solle sich auf die gemeinsamen Ziele besinnen.<br />

In einer letzten Fragerunde formulierten alle Diskussionsteilnehmer Ihre Wünsche für<br />

das neue Gesetz.<br />

Karin Opphard forderte Sicherheit für geleistete kommunalen Investitionen, ein<br />

zuverlässiges Entsorgungssystem für die Bürger und dass das Erreichte weiter<br />

vorangetrieben und in andere Länder exportiert wird.<br />

Dr. Rockholz wünschte sich ein Bekenntnis zur Entbürokratisierung, vorherige<br />

Abklärung von Eckpunkten mit den Betroffenen bei der Planung von neuen Gesetzen<br />

und eine klare Aussage über die Ziele des Gesetzes.<br />

Dr. Bongardt sprach sich für die Beibehaltung der fünfstufigen Abfallhierarchie und ein<br />

klares Bekenntnis zum Klimaschutz aus.<br />

Eric Rehbock erhoffte sich in Zukunft eine Bevorzugung der stofflichen Verwertung<br />

und eine klare und eindeutige Definition für das Ende des Abfallzustandes.<br />

Gleichzeitig sei eine Abgrenzung der Daseinsvorsorge von den Aufgaben Privater<br />

nötig.<br />

Jens Lattmann sah vor allem den Erhalt von flächendeckenden und zuverlässigen<br />

Entsorgungssystemen und damit die Fortsetzung der Andienungspflicht als Ziel.<br />

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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Matthias Raith sprach sich schließlich für einen fairen Wettbewerb und den Erhalt der<br />

vielfältigen deutschen Entsorgungssysteme aus anstatt sich nur auf eine Art der<br />

Abfallbehandlung zu konzentrieren.<br />

Fazit:<br />

Die fünfstufige Hierarchie und der relative Vorzug der stofflichen vor der<br />

energetischen Verwertung finden überwiegend Zuspruch.<br />

Die Andienungspflicht und damit die Endverantwortung für den Abfall bei<br />

den Kommunen wird kontrovers beurteilt.<br />

Das derzeitige Zusammenspiel zwischen privaten Entsorgern und<br />

Kommunen funktioniert größtenteils zufriedenstellend.<br />

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R E T e c h<br />

Waste Management<br />

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Urban Mining – Sekundärrohstoffe aus Gebäude:<br />

Floskel oder neuer Rohstoffmarkt?<br />

Unter der Moderation von Dr. Karl Biedermann vom Bundesumweltministeriums<br />

diskutierten drei Experten zum Thema „Urban Mining“. Zunächst jedoch hielt jeder der<br />

Diskutanten einen Fachvortrag, angefangen mit Professor Rechberger von der<br />

Technischen Universität Wien, gefolgt von Herrn Clemens Deilmann vom IÖR<br />

Dresden und schließlich Herr Florian Kappe vom IFEU-Institut.<br />

Diskussionsergebnisse:<br />

Das Rohstofflager des Gebäudebestands, das im Wesentlichen aus<br />

- mineralischen Materialien, wie Steine, Kies, Ziegel und Beton,<br />

- Metallen, wie Eisen, Stahl, Aluminium, Kupfer<br />

- Holz und aus<br />

- Kunststoffen<br />

Besteht, ist gewaltig. Bereits heute ist die Rückgewinnung von Rohstoffen aus<br />

Bauwerken - in den neuen Bundesländern stehen ca. 1,1 Mio. Wohnungen leer<br />

- über selektiven Rückbau oder Abriss von Gebäuden und die Rückgewinnung<br />

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von (strategischen) Metallen, wie z.B. von Kupfer, aus dem Gebäudeabriss<br />

oder Umbau ein wichtiges Ressourcenthema. Die Menge und Verteilung der<br />

Rohstoffe in diesem Lager sowie Bau- und Abbruchprognosen im Rahmen der<br />

demographischen Entwicklung sind Gegenstand von Forschungsvorhaben des<br />

BMU/UBA.<br />

der wesentliche Anteil der Kupfervorräte befindet sich bereits in der baulichen<br />

Verwendung. Die Wiedergewinnung dieses Kupfers ist auf Grund der höheren<br />

Reinheit und leichten Erreichbarkeit im Vergleich zur Erzgewinnung zukünftig<br />

anzustreben (Rechberger).<br />

Beim Vergleich von Recyclingbeton mit herkömmlichem Beton ist vor allem der<br />

Zementverbrauch gegeben durch die Kornform des Füllmaterials entscheidend.<br />

Die energieaufwendige Zementherstellung ist beim ökobilanziellen Vergleich<br />

der klimarelevante Faktor. Mit der richtigen Aufbereitung hat Recycling-Beton<br />

keinen erhöhten Zementverbrauch. Die mechanischen Eigenschaften des<br />

Recyclingbetons sind die gleichen wie bei gewöhnlichen Beton (Kappe).<br />

Die Recyclingtechnologie nach dem Abriss eines Gebäudes ist für die Qualität<br />

des Materials genauso entscheidend, wie die Vorbereitung während der<br />

Bauphase hinsichtlich Recyclebarkeit. Daher macht es jedenfalls Sinn die<br />

materielle Zusammensetzung von Neubauten zu dokumentieren und auch im<br />

Bauswesen Design for Recycling Ansätze einzuführen. (Rechberger)<br />

Fazit:<br />

Urban Mining ist keine Floskel. Sekundär-Rohstoffe aus dem Abriss von<br />

Gebäuden werden zukünftig zunehmende Bedeutung erlangen.<br />

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Stand und Zukunft der Verpackungsentsorgung<br />

In der Podiumsrunde unter der Moderation von Dr. Rummler vom BMU diskutierten<br />

vier Experten zu dem Thema „Stand und Zukunft der Verpackungsentsorgung“.<br />

Die erste Frage über den Stand der Verpackungsentsorgung aus wissenschaftlicher<br />

Sicht ging an Professor Thomas Pretz von der RWTH Aachen. Dieser beschrieb die<br />

erfolgreiche technische Entwicklung in den letzten Jahren, die mittlerweile einen<br />

Automatisierungsstand von 90 % erreicht habe. Die steigende Nachfrage für<br />

Trennverfahren und der damit einhergegangene technische Fortschritt seien in der<br />

Verpackungsverordnung begründet. Das Problem sei nur, dass die Verordnung bei<br />

den Nutzern noch nicht angekommen sei.<br />

Burkard Landers vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. sah<br />

den geschaffenen Sekundärrohstoffstrom und den damit verbundenen verlässlichen<br />

Märkten ebenfalls als positive Folge der Verpackungsverordnung. Nachteilhaft seien<br />

hingegen die leider oft nicht eindeutigen Definitionen, ebenso wie die Gefahr der<br />

Monopolbildung.<br />

Die nächste Frage von Dr. Rummler betraf die weiteren Perspektiven der<br />

Verpackungsentsorgung.<br />

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Waste Management<br />

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Burkard Landers war der Meinung, dass die Verpackungsentsorgung nicht ohne die<br />

Kommunen funktionieren würde und dass der Zugriff auf die Wertstoffströme klar<br />

geregelt sein müsse. Zurzeit sehe er eine verstärkte Monopolbildung.<br />

Vielleicht wäre es besser, so Landers, statt der ständigen Erneuerung der alten<br />

Einrichtungen ein völlig neues System zu bilden. Wichtig seien vor allem klare und<br />

exakte Grenzen der Zuständigkeiten.<br />

Ein Argument dafür, dass die Kommunen an der Übernahme der Verantwortung für<br />

die Verpackungssammlung interessiert seien, nannte Dr. Bleicher. Die Kommune<br />

habe dann als Vertragspartner die Möglichkeit, bei Leistungsstörungen selbst auf das<br />

operativ tätige Entsorgungsunternehmen einzuwirken. Dies zeige sich besonders bei<br />

kritischen Situationen.<br />

Wilfried Reinhold von der Firma Unilever und Vertreter des Markenverbands wurde<br />

anschließend nach der Idee gefragt, Kommunen die Sammeltätigkeit voll zu<br />

überlassen und die Produzenten des Verpackungsmülls die Kosten tragen zu lassen.<br />

Für Herrn Reinhold müsse dies in jedem Fall anders geregelt werden. In einem<br />

solchen Modell gäbe es keinen freien Wettbewerb. Ebenso seien die sogenannten<br />

Standardkosten der Kommunen unklar definiert, zwischen einzelnen Städten ergäben<br />

sich je nach Rechnungsansatz schon heute Unterschiede um den Faktor 4,5. Zu der<br />

Frage, ob Leichtverpackungen verbrannt werden sollten, gab Burkhard Landers an,<br />

dass die stoffliche der energetischen Verwertung im jeden Fall vorzuziehen sei. Um<br />

den Preisdruck hin zur Verbrennung zu unterbinden, müssten alte<br />

Müllverbrennungsanlagen vom Stromnetz genommen werden.<br />

Die Perspektive, eine Recyclingquote von 75 % bei Kunststoff zu erreichen, hielt Dr.<br />

Bleicher für durchaus möglich. 1991 habe es die heutige Sortiertechnik noch nicht<br />

gegeben.<br />

Weiterhin forderte Burkhard Landers die Produktverantwortung nicht zu überziehen,<br />

so dass jedes „Quietscheentchen“ aus Plastik erfasst wird. Eine offene Bilanzierung<br />

der Abfallmengen sei nötig und die Vollständigkeitserklärungen sollten öffentlich sein.<br />

Zuletzt ging Professor Pretz auf die im neuen Koalitionsvertrag angesprochene<br />

Wertstofftonne ein. Für ihn müsse klar beantwortet sein, was damit gemeint sei. Wenn<br />

es sich tatsächlich um eine Tonne für Wertstoffe handle, sei dies eine gute,<br />

verbrauchernahe Lösung. Sei damit aber eine Mischtonne gemeint, sei dies der<br />

falsche Weg.<br />

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Fazit:<br />

Die VerpackV hat zu einem technischen Fortschritt in der Trenntechnik<br />

sowie zuverlässigen Sekundärrohstoffströmen geführt, allerdings sind<br />

nicht alle Definitionen eindeutig<br />

Die Wertstofftonne scheint der richtige Weg zu sein, solange es sich um<br />

eine Sammlung von Wertstoffen handle und daraus keine Mischtonne<br />

wird.<br />

Weiterhin Streit zwischen den Abfall sammelnden Kommunen und<br />

finanzierenden Verpackungsproduzenten.<br />

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Bürgerfreundliche Rücknahme und Entsorgung vor<br />

dem Hintergrund der WEEE-Revision<br />

Moderiert von MinR´in Anette van Dillen trafen sich Otmar Frey vom Zentralverband<br />

Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. und Dr. Ralf Bleicher vom Deutschen<br />

Landkreistag zu einem Dialog über die „Bürgerfreundliche Rücknahme und<br />

Entsorgung vor dem Hintergrund der WEEE-Revision“.<br />

Dr. Bleicher beschrieb den Start der neuen Elektrogeräterücknahme als recht holprig.<br />

Das Problem läge vor allem darin, dass es keine Leistungsbeziehungen zwischen<br />

dem operativ tätigen Entsorgungsunternehmen und der Kommune gäbe. Die<br />

vorgegebenen Sammelmengen würden aber erreicht werden.<br />

Otmar Frey fügte an, dass die Rücknahme der Elektrogeräte vor allem einfach und<br />

bürgerfreundlich sein müsse, um hohe Quoten zu erfüllen.<br />

Die heutigen recht hohen Sammelquoten hingen vor allem damit zusammen, dass<br />

vorhandene, etablierte Systeme und Anlaufstellen genutzt würden.<br />

Dr. Bleicher fügte an, dass auch die Finanzierung der Entsorgung von Altgeräten, die<br />

vor Inkrafttreten des ElektroG in Verkehr gebracht wurden, kein Problem darstellen<br />

sollte. Verwende man das beim Verkauf eines Neugerätes für dessen künftige<br />

Entsorgung eingenommene Geld für die Entsorgung eines „historischen“ Altgerätes,<br />

müsse die Finanzierung funktionieren wie ein „Perpetuum mobile“.<br />

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Waste Management<br />

M ade in G ermany<br />

Dem Bürger, so Otmar Frey, dürften nicht zu häufig Veränderungen zugemutet<br />

werden, ansonsten könne es passieren, dass diese gedanklich nicht mehr mitgetragen<br />

werden.<br />

Fakt sei, dass nur die Kommune den bürgernahen Annahmeservice organisieren<br />

könne. Ziel müsse es sein, ein allgemeines und einheitliches System nicht nur für<br />

Elektrogeräte zu schaffen und keine Sonderregelungen für jedes Einzelgerät. Bei<br />

Kleingeräten wie Handys oder Taschenrechner, so zeige die Erfahrung, wäre die<br />

Erfassung nur bei gutem Service möglich. Diesen könnten nur bürgernahe<br />

Einrichtungen wie die Kommunen bieten.<br />

Zuletzt wurden beide Dialogteilnehmer nach ihrer Meinung zu Revision der WEEE-<br />

Richtlinie befragt.<br />

Nach Dr. Bleichers Meinung werde sich wenig verändern. Ein wesentlicher Punkt sei<br />

aber die Änderung der zu erreichenden Sammelmengen. Künftige solle auf<br />

prozentuale Anteile der in dem jeweiligen Mitgliedstaat in Verkehr gebrachten Menge<br />

abgestellt werden.<br />

Für Herrn Otmar Fey war die WEEE-Revision völlig verfrüht und deshalb überflüssig.<br />

Sie sei ein Eingriff in ein sich aufbauendes System, man hätte lieber abwarten sollen<br />

und den Dialog unter den praktischen Anwendern der Richtlinie suchen sollen.<br />

Fazit:<br />

Bürgerfreundliche Rücknahme muss einfach und servicefreundlich sein,<br />

um eine hohe Erfassung zu erreichen.<br />

WEEE-Revision ist verfrüht – Veränderungen sollten aus der Praxis<br />

heraus kommen.<br />

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Recyclingmärkte in der Bewegung – Auswirkung der<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

Unter der Moderation von Ministerialdirektor Dr. Helge Wendenburg besprachen fünf<br />

Vertreter aus der Recyclingbranche die aktuelle Marktsituation in der Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise.<br />

Zunächst ging an alle Diskutanten die Frage nach der aktuellen Marktsituation in<br />

deren jeweiliger Branche.<br />

Den Anfang machte Professor Rommel, Geschäftsführer des bifa Umweltinstituts in<br />

Augsburg. Die Krise hätte bis jetzt noch keine Auswirkung auf den Konsum und die<br />

damit einhergehenden Abfallmengen gezeigt. Allerdings sei ein deutlicher Rückgang<br />

der Produktion zu beobachten. Dies habe in doppelter Hinsicht negative Folgen. Zum<br />

einen sei im Input weniger Abfall zu erwarten, zum anderen würde die Nachfrage an<br />

Sekundärrohstoffen im Output sinken.<br />

Allerdings seien die Preise dabei, sich wieder zu stabilisieren.<br />

Herbert Snell, Vizepräsident des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und<br />

Entsorgung e. V., sah den Bereich Kunststoffrecycling immer noch als rentabel an, die<br />

Situation sei aber schwieriger als früher. Die Banken seien zurückhaltender, die<br />

Investitionen gingen dadurch zurück und die konjunkturbelebenden Maßnahmen der<br />

Bundesregierung zeigten bisher keine Wirkung.<br />

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Für den Stahlschrott gab Dr. Cosson, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung<br />

Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen e. V., ein Statement ab. Sein<br />

Bereich sei im Gegensatz zum Kunststoff zu 100% auf die stoffliche Verwertung<br />

angewiesen. Diese sei aber wegen der sinkenden Stahlproduktion deutlich weniger<br />

gefragt. Der Stahlschrotteinkauf sei so um 50% eingebrochen, was einen starken<br />

Preisverfall zur Folge hatte.<br />

Man hoffe nun auf ein Anziehen der Auto- und Maschinenbauindustrie. Bis dahin habe<br />

man mit Absatzproblemen erheblich zu kämpfen. Bis dahin bleibe man auf dem<br />

Stahlschrott sitzen.<br />

Dr. Andreas Bruckschen vom Fachbereich Kreislaufwirtschaft des Bundesverbandes<br />

der deutschen Entsorgungswirtschaft sah die Situation ähnlich. Langfristig gesehen<br />

seien die Aussichten für den Recyclingmarkt aber gut.<br />

Herr Olaf Wendler vom Verband kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung im<br />

Verband kommunaler Unternehmen wurde im Anschluss nach der Lage der<br />

Kommunen befragt.<br />

Zunächst seien private Unternehmen und Kommunen gemeinsam an der stofflichen<br />

Verwertung interessiert, so Wendler. Das Problem sei nur, dass die Privaten bei<br />

besserer Konjunktur den Kommunen sehr stark Konkurrenz machten, um Zugang zu<br />

Wertstoffen zu erhalten. Wenn diese allerdings an Wert verlieren, kämen die privaten<br />

Unternehmen Ihren Entsorgungspflichten teilweise nicht mehr nach.<br />

Weiterhin seien unabhängig von der Krise weitere Investitionen im Recyclingsektor<br />

nötig.<br />

Der Moderator Dr. Wendenburg stellte daraufhin staatliche Preisgarantien für<br />

Recyclingprodukte zu Diskussion.<br />

Nach staatlicher Hilfe zu rufen, so Dr. Bruckschen, sei der falsche Weg. Klare und<br />

eindeutige gesetzliche Rahmenbedingungen seien viel wichtiger.<br />

Dr. Cosson sah dies für seinen Geschäftssektor ähnlich, es solle keine Preisgarantien<br />

für Stahl geben. Eine weitreichende Entbürokratisierung sei ein besserer Weg den<br />

Unternehmen zu helfen. Weiterhin dürfe die Krise den richtigen Weg der<br />

Kreislaufwirtschaft nicht in Frage stellen. Der Recyclinggedanke müsse erhalten<br />

bleiben.<br />

Auf die Frage hin, ob dies auch für Kunststoff gelte, entgegnete Herbert Snell, dass<br />

auch hier die stoffliche Verwertung an erste Stelle stehen müsse, wie nach der<br />

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gesetzlichen Abfallhierarchie vorgesehen. Der Staat solle zunächst bestehende<br />

Gesetze vollziehen bevor er über Preisgarantien nachdenkt.<br />

Professor Rommel fügte an, dass die stoffliche Verwertung nur sinnvoll sei, wenn<br />

auch eine stoffliche Endnutzung erfolge.<br />

Ebenso gäbe es weitere Stoffe, um die man sich in Zukunft kümmern müsse. So sei<br />

der Bereich des High-Tech-Recycling zum Beispiel von Neodym oder seltenen Erden<br />

ein interessanter Bereich.<br />

Die Frage, ob eine differenzierte Abfallsammlung überhaupt nötig sei, bejahte Olaf<br />

Wendler. Dies sei auch bei sinkenden Wertstoffpreisen so, man habe sich in den<br />

letzten Jahren vielleicht zu sehr an einen positiven Wirtschaftsverlauf gewöhnt. Vor<br />

allem sei aber eine Sicherheit der gesetzlichen Rahmenbedingungen für alle<br />

Beteiligten nötig.<br />

An Herrn Dr. Cosson ging im Anschluss die Frage, wie er den Ressourcenverlust<br />

durch den Strom alter Pkws nach Afrika und Osteuropa sehe.<br />

Dieser Verlauf sei, so Dr. Cosson, höchst fahrlässig. Durch den großen Strom von<br />

Altwagen ins Ausland würden diese der ordnungsgemäßen Entsorgung entzogen und<br />

gleichzeitig gingen Deutschland wertvolle Rohstoffe verloren.<br />

Dr. Bruckschen ergänzte, dass man an diesem Beispiel sehe, dass man nur in<br />

globaler Verantwortung Recyclingprobleme lösen könne.<br />

Zum Abschluss stellte der moderierende Dr. Wendenburg die gesetzliche Pflicht,<br />

ausschließlich Recyclingmaterial bei der Neuproduktion zu verwenden, zur<br />

Diskussion.<br />

Herbert Snell sah diesen Vorschlag als übertrieben an, fand aber eine Priorisierung<br />

von Recyclingmaterial sinnvoll. Auch Professor Rommel befand diesen Vorschlag als<br />

für zu pauschal. Das Ganze müsse stoff- und anwendungsspezifisch geregelt werden.<br />

Momentan sei vor allem eine weitumfassende Rohstoffstrategie für die gesamte Welt<br />

nötig.<br />

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Fazit:<br />

Die Recyclingbranche ist von der Krise betroffen, langfristig scheinen die<br />

Aussichten aber positiv zu sein.<br />

Direkte staatliche Eingriffe wie Festpreise sind nicht gewünscht, dagegen<br />

hofft man auf feste und eindeutige gesetzliche Rahmenbedingungen.<br />

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Know-how-Transfer<br />

Internationale Kooperationen mit deutschen<br />

Universitäten<br />

Begleitet von der Moderation durch Marlene Sieck vom Umweltbundesamt<br />

berichteten fünf Universitätsvertreter über die internationale Zusammenarbeit ihrer<br />

Hochschulen.<br />

Zunächst stellten alle Diskutanten ihre konkreten Projekte vor.<br />

Den Anfang machte Professor Michael Nelles von der Universität Rostock. Zum einen<br />

betreut er Projekte zur getrennten Bioabfallsammlung und Prozessoptimierung bei<br />

Müllverbrennungsanlagen in China, zum anderen ist er im arabischen Raum aktiv.<br />

Über sechzig Doktoranden wurden aus diesen Regionen in der Bundesrepublik im<br />

Bereich Umwelttechnik ausgebildet und sind in ihre jeweiligen Heimatländer<br />

zurückgekehrt.<br />

Professor Bernd Bilitewski von der Technischen Universität Dresden berichtete von<br />

seinen Aktivitäten in Vietnam. Um langfristig ausreichend Fachkräfte für den<br />

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Recyclingbereich auszubilden, wurde unter seiner Mitarbeit an der Universität Hanoi<br />

der Masterstudiengang „Abfall“ eingeführt. Ebenso betreut er vor Ort Projekte zur<br />

Planung von Biogasanlagen.<br />

Als nächstes stellte Frau Dr. Olga Ulanova von der Technischen Universität Irkutsk<br />

ihre Arbeit in der Baikal-Region vor. Da es in dieser stark Industrialisierten Gegend<br />

Russlands keine Fachkräfte im Bereich Umweltschutz gibt, wurde an drei<br />

Universitäten der Studiengang „Waste Management“ eingerichtet. Sechzehn russische<br />

Hochschullehrer sind zu diesem Zweck im Vorhinein an deutschen Universitäten<br />

ausgebildet und anschließend als Lehrkräfte eingesetzt worden.<br />

Frau Julia Kaazke von der Technischen Universität Berlin arbeitet ebenfalls an einem<br />

Projekt in Sibirien. Es geht ebenso um Abfallforschung und den Aufbau eines<br />

Studiengangs vor Ort. Auf Nachfrage der Moderatorin Frau Sieck bestätigte Frau<br />

Kaazke, dass ein Austausch mit Frau Dr. Ulanova stattgefunden habe. Sie sei über<br />

einen Bericht der Zeitschrift „Müll und Abfall“ auf das Baikal-Projekt aufmerksam<br />

geworden und habe daraufhin mit Frau Dr. Ulanova Kontakt aufgenommen.<br />

Danach stellte Professor Kranert „Wastenet“ vor, ein internationales Netzwerk für<br />

nachhaltige Abfallwirtschaft mit Forschung als Schwerpunkt. Ziel dieser Initiative ist<br />

es die internationale Kooperation zu steigern, nachhaltige Systeme zur<br />

Abfallbehandlung zu entwickeln und den europäischen Forschungsraum zu erweitern.<br />

Mittlerweile nehmen zwölf Hochschulen aus dem südamerikanischen Raum, China,<br />

Malaysia und Europa teil. Über Workshops und eine gemeinsame Internetseite<br />

werden die Informationen und Erfahrungen zusammengetragen. Im Bildungsbereich<br />

sind vor Ort Studiengänge etabliert worden, wie in Brasilien für Abwasser und Abfall<br />

und in Deutschland englischsprachige Masterstudiengänge im Umweltbereich. Diese<br />

seien besonders attraktiv für ausländische Studenten, die dann wiederum später in<br />

den betroffenen Ländern arbeiten können.<br />

Die Frage, ob man besser vor Ort oder in Deutschland ausbilden sollte, beantwortete<br />

Professor Nelles mit „sowohl als auch“. Beides sei wichtig, allerdings könne man in<br />

Deutschland bessere und fortschrittlichere Technik kennenlernen.<br />

Frau Dr. Ulanova bejahte die Frage, ob russische Studenten ihrer Hochschule in<br />

Irkutsk nach Deutschland kämen. Es gibt einen aktiven Studentenaustausch und<br />

weitere Aktivitäten sind geplant.<br />

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Als nächstes richtete Frau Sieck an Herrn Professor Billitewski die Frage, ob auch wir<br />

etwas von anderen Ländern lernen könnten. Für seine Studenten, die zum Austausch<br />

nach Hanoi gehen, sei dies in jedem Fall eine gute Erfahrung. Der gegenseitige<br />

kulturelle Austausch sei entscheidend für die zukünftige internationale<br />

Zusammenarbeit.<br />

Aus dem Publikum wurde daraufhin nach den Erfahrungen mit der GTZ gefragt.<br />

Für Professor Nelles ist in China die GTZ ein wichtiger Ansprechpartner, der Erfolg<br />

eines Projektes hänge aber vor allem von den beteiligten Personen ab. Er lobte<br />

ebenso die Zusammenarbeit mit dem DAAD, sehe aber bei beiden Institutionen noch<br />

Optimierungsmöglichkeiten.<br />

Professor Kranert pflegt ebenfalls Kontakt zur GTZ, seine Projekte seien allerdings<br />

eher wissenschaftlich geprägt, während die GTZ praxisorientierter arbeite.<br />

Im Allgemeinen, so Kranert, müsse die Koordination von Auslandsaktivitäten der<br />

einzelnen Organisationen besser werden. Oft erfahre man erst vor Ort, dass bereits<br />

ein weiteres deutsches Projekt in der Nähe läuft.<br />

Frau Kaazke wurde gefragt, ob ihre Arbeit in Sibirien einen Türöffnereffekt bewirke<br />

und daraus Folgeprojekte entstünden.<br />

Konkrete Projekte, so Kaazke, gäbe es nicht, allerdings seien Denkanstöße bei der<br />

örtlichen Verwaltung erreicht worden. So sei ab 2010 erstmals ein festes Budget für<br />

die Abfallwirtschaft im Projektgebiet vorgesehen.<br />

Im Anschluss befragte die Moderatorin Marlene Sieck Professor Kranert über die<br />

Zusammenführung der verschiedenen Erfahrungsberichte und Erkenntnisse, die man<br />

in anderen Ländern gesammelt habe und welche Rolle dabei die ReTech-Initiative<br />

spiele.<br />

ReTech, so Kranert, sei ein Kristallisationspunkt für den Informationsaustausch, auf<br />

dessen Basis eventuell eine neue Form des Zusammenschlusses entstehen könne.<br />

Der Vorteil an ReTech sei auch, dass durch die Einbindung der Universitäten in die<br />

Initiative Neutralität gewährleistet sei, da bei einer alleinigen Fokussierung auf Firmen<br />

die Gewinnorientierung im Vordergrund stehe.<br />

Schließlich ging die Frage an die Runde, ob die Universitäten national und<br />

international ausreichend vernetzt seien.<br />

Professor Nelles beklagte dazu, dass sich die einzelnen Universitäten häufig<br />

gegenseitig als Konkurrenz sehen würden anstatt zusammenzuarbeiten.<br />

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Professor Kranert hält Förderprogramme für die internationale Abfallwirtschaft sowie<br />

die Verkopplung der einzelnen Aktivitäten für notwendig.<br />

Zusätzlich merkte er an, dass man bei Auslandsprojekten oft vernachlässige,<br />

Menschen für das operative Geschäft wie Techniker oder Meister auszubilden. Man<br />

denke häufig ausschließlich nur an die Ausbildung akademischer Fachkräfte.<br />

Frau Dr. Ulanova wies auf die steigende Bedeutung des Themas Technologietransfer<br />

der Abfalltechnik in der Russischen Föderation hin. So steige das Bewusstsein für die<br />

Notwendigkeit funktionierender Entsorgungstechnik auch in Russland.<br />

Zum Schluss bekräftigte Professor Bilitewski die hohe Bedeutung der Aus- und<br />

Weiterbildung für den Transfer von Umwelttechnik. Wissenstransfer sei dafür die<br />

notwendige Basis.<br />

Fazit:<br />

Der Export von Recyclingtechnologie muss immer mit dem Transfer von<br />

Wissen einhergehen, damit die Anwendung vor Ort dauerhaft funktioniert.<br />

Deutsche Universitäten sind weltweit mit unterschiedlichen Projekten im<br />

Recyclingbereich aktiv, die Zusammenarbeit könnte aber koordinierter<br />

und enger ablaufen.<br />

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