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Journal<br />

für das Lohnbüro<br />

04|2013<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Lohnsteuerrecht<br />

• Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts<br />

• Steuerfreie Arbeitgeberleistungen Teil 1<br />

• Moches Meinung zum Betriebsfest<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Sozialversicherungsrecht<br />

• Ärztlicher Leiter ist abhängig beschäftigt<br />

• Schwerpunkt Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

• Pflegepersonen und abhängige Beschäftigung<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Arbeitsrecht<br />

• Elternzeit und Teilzeit<br />

• Rechtsprechung für Sie aufbereitet<br />




Markus Matt<br />

Chefredakteur<br />

Das Finanzamt feiert gerne mit<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts ist nun<br />

beschlossen und damit treten alle Neuregelungen<br />

zum 1.1.2014 in Kraft. Eine<br />

rechtzeitige Vorbereitung und Umstellung<br />

auf die neuen Regelungen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

durch entsprechen<strong>de</strong> Anpassung betriebsinterner<br />

Reiserichtlinien und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lohnbuchhaltung ist dringend ratsam,<br />

wie unsere Autorin weiß.<br />

Personelle Engpässe und <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch<br />

nach Flexibilität führen zu einer wachsen<strong>de</strong>n<br />

Zahl an Pflegekräften, die auf Honorarbasis<br />

in Krankenhäusern und Altenheimen<br />

arbeiten. Doch Achtung: Schnell<br />

wird aus einer Honorarkraft ein abhängig<br />

Beschäftigter - mit allen Pflichten für <strong>de</strong>n<br />

Arbeitgeber. Unser Autor weiß, worauf zu<br />

achten ist.<br />

Arbeitgeberleistungen wie Warengutscheine<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Fortbildungsmaßnahmen sind<br />

innerhalb bestimmter Grenzen steuerfrei<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> pauschal besteuerbar und daher ein<br />

optimales Instrument zur Mitarbeitermotivation.<br />

Doch um welche Arbeitgeberleistungen<br />

geht es hier genau? Unser Autor erklärt<br />

es Ihnen.<br />

Auch unser Kommentator Werner Moche<br />

beschäftigt sich in seinem Kommentar dieses<br />

Mal mit steuerfreien Arbeitgeberleistungen,<br />

und zwar mit jenen im Rahmen<br />

von Betriebsfesten. Bei aller Freu<strong>de</strong> auf die<br />

Feier ist nämlich Vorsicht angesagt, dann<br />

schnell lan<strong>de</strong>n die guten Absichten <strong>de</strong>s<br />

Chefs in <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerpflicht - und spätestens<br />

dann feiert das Finanzamt freudig mit.<br />

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine<br />

spannen<strong>de</strong> Lektüre<br />

Ihr Markus Matt<br />

2 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Das Finanzamt feiert gerne mit


Aktuelles aus <strong>de</strong>m Lohnsteuerrecht<br />

Gebrauchte Geschäftswagen und<br />

1-Prozent-Metho<strong>de</strong><br />

Wer<strong>de</strong>n angestellten Geschäftsführern<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstigen Arbeitnehmern gebrauchte<br />

Dienstwagen auch zur privaten Nutzung<br />

zur Verfügung gestellt, muss dieser geldwerte<br />

Vorteil versteuert wer<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>ssen<br />

Berechnung gibt es zwei Metho<strong>de</strong>n:<br />

die pauschale 1-Prozent-Metho<strong>de</strong> (zuzüglich<br />

0,03 Prozent für Fahrten zwischen<br />

Wohnung und Arbeitsstätte) o<strong><strong>de</strong>r</strong> die aufwendigere<br />

Fahrtenbuchmetho<strong>de</strong>, die auch<br />

in elektronischer Form bei Beachtung bestimmter<br />

Regeln als ordnungsgemäß anerkannt<br />

wird.<br />

In einem jetzt vom Bun<strong>de</strong>sfinanzhof entschie<strong>de</strong>nen<br />

Fall war umstritten, ob die Bewertung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Privatnutzung nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1-Prozent-Metho<strong>de</strong> noch insoweit verfassungsgemäß<br />

ist, als <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzungswert für<br />

das gebrauchte KFZ nach <strong>de</strong>m inländischen<br />

Bruttolistenpreis bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erstzulassung<br />

bemessen wird. Der Bun<strong>de</strong>sfinanzhof<br />

(BFH) hat diese Frage in Übereinstimmung<br />

mit <strong>de</strong>m Finanzgericht Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sachsen erneut<br />

bejaht.<br />

Es entspricht ständiger Rechtsprechung,<br />

dass die Überlassung eines Dienstwagens<br />

an <strong>de</strong>n Arbeitnehmer für <strong>de</strong>ssen Privatnutzung<br />

zu <strong>de</strong>ssen Bereicherung und damit<br />

zu Lohnzufluss führt. Steht <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorteil<br />

<strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> nach fest, ist dieser<br />

entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> 1-Prozent-Regelung<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Fahrtenbuch-Metho<strong>de</strong> zu bewerten.<br />

Wird ein (ordnungsgemäßes)<br />

Fahrtenbuch nicht geführt, gilt die 1-Prozent-Metho<strong>de</strong>.<br />

Dieser Nutzungsvorteil ist<br />

für je<strong>de</strong>n Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong>monat mit 1 Prozent<br />

<strong>de</strong>s inländischen Listenpreises im Zeitpunkt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Erstzulassung zzgl. <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosten<br />

für Son<strong><strong>de</strong>r</strong>ausstattungen einschl. Umsatzsatzsteuer<br />

anzusetzen. Die 1-Prozent-Regelung<br />

ist insoweit eine grundsätzlich<br />

zwingen<strong>de</strong>, stark typisieren<strong>de</strong> und pauschalieren<strong>de</strong><br />

Bewertungsregelung. Deshalb<br />

bleiben individuelle Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten<br />

hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Art und <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzung <strong>de</strong>s<br />

Dienstwagens grds. ebenso unberücksichtigt<br />

wie nachträgliche Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong>de</strong>s Fahrzeugwertes. Dementsprechend<br />

erhöht etwa <strong><strong>de</strong>r</strong> nachträgliche Einbau von<br />

Zusatzausstattungen nicht die Bemessungsgrundlage.<br />

Weiter bleibt <strong><strong>de</strong>r</strong> inländische<br />

Listenpreis auch dann Bemessungsgrundlage,<br />

wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

das Fahrzeug gebraucht angeschafft hatte<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> wenn schon ein Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Anschaffungskosten<br />

als Betriebsausgaben<br />

(AfA) geltend gemacht wor<strong>de</strong>n war.<br />

Die Bewertung <strong>de</strong>s Vorteils ist mit <strong>de</strong>m<br />

Ansatz eines Nutzungsvorteils in Höhe<br />

von 1 Prozent <strong>de</strong>s Bruttolistenpreises pro<br />

Monat zwar eine nur grob typisieren<strong>de</strong><br />

Regelung. Allerdings normiert diese Regelung<br />

keine zwingen<strong>de</strong> und unwi<strong><strong>de</strong>r</strong>legbare<br />

Typisierung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n tritt nur alternativ<br />

zur Fahrtenbuchmetho<strong>de</strong> hinzu.<br />

Diese Metho<strong>de</strong> bewertet <strong>de</strong>n vom Arbeitgeber<br />

zugewandten Nutzungsvorteil nach<br />

Maßgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> konkret entstan<strong>de</strong>nen Kosten.<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e im Hinblick auf dieses<br />

Wahlrecht (sog. „Escape-Klausel“) beurteilt<br />

die bisherige BFH-Rechtsprechung<br />

die Typisierung als unbe<strong>de</strong>nklich.<br />

Der erkennen<strong>de</strong> Senat folgt dieser Rechtsprechung.<br />

Denn wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerpflichtige<br />

statt einer typisieren<strong>de</strong>n Regelung<br />

auch <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>s tatsächlichen<br />

Sachverhalts und eine daran anknüpfen<strong>de</strong><br />

Besteuerung wählen kann, ist er<br />

durch eine ihm lediglich zusätzlich zur<br />

Wahl gestellte Typisierung in einer verfassungsrechtlichen<br />

Position auch dann<br />

nicht betroffen, wenn sie im Vergleich<br />

zur an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Besteuerungsform im konkreten<br />

Fall nachteilig wirkt. Angesichts<br />

<strong>de</strong>ssen kann sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsführer<br />

nicht mit Erfolg darauf berufen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kraftfahrzeughan<strong>de</strong>l beim Neuwagenverkauf<br />

mittlerweile regelmäßig Rabatte<br />

einräumt, also <strong><strong>de</strong>r</strong> Bruttolistenpreis nicht<br />

einmal mehr typisierend <strong>de</strong>n Verkaufspreis<br />

für Neufahrzeuge darstellt. Denn<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gesetzgeber unterliegt gegenwärtig<br />

diesbezüglich keinem Anpassungszwang.<br />

Die Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> 1-Prozent-Regelung<br />

bezweckt, <strong>de</strong>n beim Arbeitnehmer entstan<strong>de</strong>nen<br />

Vorteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzungsüberlassung<br />

eines betriebsbereiten KFZ zu bewerten.<br />

Dieser Vorteil umfasst nicht nur<br />

das Zurverfügungstellen <strong>de</strong>s Fahrzeugs<br />

selbst, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die Übernahme<br />

sämtlicher damit verbun<strong>de</strong>ner Kosten wie<br />

Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur-<br />

und Wartungskosten sowie insb. <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Treibstoffkosten. Das alles sind Aufwendungen,<br />

die sich we<strong><strong>de</strong>r</strong> im Bruttolistenneupreis<br />

noch in <strong>de</strong>n tatsächlichen Neuanschaffungskosten<br />

mit einem festen<br />

Prozentsatz unmittelbar abbil<strong>de</strong>n.<br />

Die vom Gesetzgeber zu Grun<strong>de</strong> gelegte<br />

Bemessungsgrundlage <strong>de</strong>s Bruttolistenneupreises<br />

bezweckt also nicht, die tatsächlichen<br />

Neuanschaffungskosten und<br />

erst recht nicht <strong>de</strong>ssen gegenwärtigen<br />

Wert im Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Überlassung realitätsgerecht<br />

abzubil<strong>de</strong>n. Der Bruttolistenneupreis<br />

erweist sich vielmehr als generalisieren<strong>de</strong><br />

Bemessungsgrundlage, die<br />

aus typisierten Neuanschaffungskosten<br />

<strong>de</strong>n Nutzungsvorteil insgesamt zu gewinnen<br />

sucht, <strong><strong>de</strong>r</strong> ungleich mehr umfasst als<br />

die Überlassung <strong>de</strong>s Fahrzeugs selbst.<br />

Denn <strong><strong>de</strong>r</strong> tatsächliche geldwerte Vorteil<br />

entspricht <strong>de</strong>m Betrag, <strong><strong>de</strong>r</strong> von einem Arbeitnehmer<br />

für eine vergleichbare Nutzung<br />

aufgewandt wer<strong>de</strong>n müsste und <strong>de</strong>n<br />

er durch die Überlassung erspart.<br />

(BFH v. 13.12.2012, Az.: VI R 51/11; Pressemitteilung<br />

Nr. 14 v. 06.03.2013;<br />

www.bun<strong>de</strong>sfinanzhof.<strong>de</strong>).<br />

Wolfgang Gamp<br />

Rechtsassessor,<br />

Lohnsteuerhilfeverein<br />

LoBe e.V.,<br />

Her<strong>de</strong>cke<br />

www.lohnsteuerhilfeher<strong>de</strong>cke.<strong>de</strong><br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Lohnsteuerrecht<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 3


Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts zum 01.01.2014<br />

Die Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts ist nun beschlossen<br />

und damit treten alle Neuregelungen<br />

zum 01.01.2014 in Kraft. Sie gelten somit<br />

für alle nach <strong>de</strong>m 31. Dezember 2013 gelten<strong>de</strong>n<br />

Lohnzahlungszeiträume. Eine rechtzeitige<br />

Vorbereitung und Umstellung auf die<br />

neuen Regelungen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s durch eine entsprechen<strong>de</strong><br />

Anpassung betriebsinterner Reiserichtlinien<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Lohnbuchhaltung, ist<br />

dringend ratsam.<br />

1. Fahrtkosten<br />

Abgrenzung Entfernungspauschale/<br />

Reisekosten<br />

Im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Fahrtkosten wird neu geregelt,<br />

für welche Fahrten (Auswärtstätigkeiten) die<br />

gesamten Fahrtkosten steuerfrei erstattet<br />

wer<strong>de</strong>n können (Kilometerpauschale i. H. v.<br />

0,30 Euro für je<strong>de</strong>n tatsächlich gefahrenen<br />

Kilometer) o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur die Entfernungspauschale<br />

(Pauschale i. H. v. 0,30 Euro für die<br />

einfache Entfernung zwischen Wohnung<br />

und Tätigkeitsstätte) angesetzt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Hierzu wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Begriff einer „ersten Tätigkeitsstätte“<br />

gesetzlich neu <strong>de</strong>finiert und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bisherige Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> „regelmäßigen Arbeitsstätte“<br />

hierdurch ersetzt. Folge ist, dass nur<br />

für die Fahrten von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung zur „ersten<br />

Tätigkeitsstätte“ die Entfernungspauschale<br />

anzusetzen ist und für alle übrigen<br />

Fahrten die tatsächlichen Kosten bzw. die Kilometerpauschale<br />

als Werbungskosten angesetzt<br />

bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet<br />

wer<strong>de</strong>n können.<br />

Gesetzliche Definition <strong><strong>de</strong>r</strong> „ersten Tätigkeitsstätte“<br />

Nach<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>n letzten Jahren ein ständiges<br />

Wechselspiel zwischen Rechtsprechung<br />

und Verwaltung zur Bestimmung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> regelmäßigen Arbeitsstätte erfolgte,<br />

soll nun Rechtssicherheit und eine ein<strong>de</strong>utige<br />

gesetzliche Definition geschaffen wer<strong>de</strong>n<br />

(§ 9 Abs. 4 EStG-neu). Der bisherige<br />

Begriff <strong><strong>de</strong>r</strong> „regelmäßigen Arbeitsstätte“<br />

wird durch einen neuen Begriff einer „ersten<br />

Tätigkeitsstätte“ ersetzt.<br />

Folge: Je Dienstverhältnis gibt es nur noch<br />

maximal eine erste Tätigkeitsstätte, die zu<br />

einem beschränkten Werbungskostenabzug<br />

bzw. Reisekostenersatz (Entfernungspauschale,<br />

keine Verpflegungspauschale, Übernachtungskosten<br />

nur im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> doppelten<br />

Haushaltsführung) o<strong><strong>de</strong>r</strong> zur<br />

Versteuerung eines geldwerten Vorteils im<br />

Falle einer Dienstwagengestellung führt. Bei<br />

je<strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen Tätigkeit an an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Tätigkeitsstätten<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen<br />

gar keine Tätigkeitsstätte vorhan<strong>de</strong>n ist, ist<br />

voller steuerfreier Reisekostenersatz möglich.<br />

Die „erste Tätigkeitsstätte“ ist künftig<br />

nach folgen<strong>de</strong>m Schema zu bestimmen:<br />

(1) Zuordnung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>s als bisher wird die erste Tätigkeitsstätte<br />

künftig in erster Linie anhand<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> arbeitsrechtlichen bzw. dienstrechtlichen<br />

Zuordnung <strong>de</strong>s Arbeitgebers bestimmt.<br />

Entschei<strong>de</strong>nd ist also, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

nach <strong>de</strong>n Festlegungen <strong>de</strong>s<br />

Arbeitgebers (auch mündliche Absprachen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Weisungen ausreichend) dauerhaft<br />

an einer Tätigkeitsstätte tätig wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Dabei kommt es nur darauf an,<br />

was im Vorhinein vom Arbeitgeber festgelegt<br />

ist; weichen die tatsächlichen Verhältnisse<br />

zum Beispiel durch unvorhergesehene<br />

Ereignisse von <strong><strong>de</strong>r</strong> vereinbarten<br />

Festlegung ab, bleibt die getroffene Prognoseentscheidung<br />

bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> dauerhaften<br />

Zuordnung davon unberührt.<br />

Hinweis: Es spielt keine Rolle, ob die Tätigkeitsstätte<br />

als „erste Tätigkeitsstätte“<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> zum Beispiel als „Haupttätigkeitsstätte“<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> als „Stammdienststelle“ o. Ä.<br />

bezeichnet wird. Das steuerliche Reisekostenrecht<br />

soll im Prinzip grundsätzlich<br />

<strong>de</strong>m Arbeitsrecht folgen.<br />

a) Betriebliche Einrichtung<br />

Bisher konnte eine regelmäßige Arbeitsstätte<br />

nur an betrieblichen Einrichtungen<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers vorliegen. Nun wird <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Anwendungsbereich gesetzlich erweitert<br />

und eine erste Tätigkeitsstätte kann eine<br />

ortsfeste betriebliche Einrichtung<br />

• <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

• eines verbun<strong>de</strong>nen, rechtlich selbständigen<br />

Unternehmens (z. B. Tochtergesellschaft)<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

• eines vom Arbeitgeber bestimmten<br />

Dritten (z. B. Kun<strong>de</strong>) sein.<br />

olly © www.fotolia.<strong>de</strong><br />

Die Welt zu Füßen: Das Reisekostenrecht wird reformiert<br />

Hinweis:<br />

Zu Einschränkungen <strong>de</strong>s steuerfreien Reisekostenersatzes<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Besteuerung eines<br />

geldwerten Vorteils im Falle einer Dienstwagengestellung<br />

(0,03-Prozent-Zuschlag) führt<br />

dies beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen ein<br />

Arbeitnehmer innerhalb einer Unternehmensgruppe<br />

bei einem verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen<br />

eingesetzt wird, und bei längerfristigen<br />

Einsätzen bei Kun<strong>de</strong>n (Einschränkung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sog. „Kun<strong>de</strong>nrechtsprechung“ <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfinanzhofs).<br />

Bisher gab es keinen „Konzernarbeitgeber“,<br />

d. h. bei Tätigkeiten bei einem<br />

verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen konnte<br />

nach Reisekostengrundsätzen abgerechnet<br />

wer<strong>de</strong>n. Ebenso wur<strong>de</strong> bisher nach gefestigter<br />

Rechtsprechung <strong>de</strong>s BFH durch eine Tätigkeit<br />

beim Kun<strong>de</strong>n generell keine regelmäßige<br />

Arbeitsstätte begrün<strong>de</strong>t. Nun kann in<br />

diesen Fällen eine erste Tätigkeitsstätte<br />

grundsätzlich begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, allerdings<br />

nur, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber <strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />

im Vorhinein länger als 48 Monate o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

unbefristet zuordnet.<br />

4 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts zum 01.01.2014


Beispiel:<br />

Ein Außendienstmitarbeiter wird nach Weisung<br />

seines Arbeitgebers befristet für drei<br />

Jahre bei einem Kun<strong>de</strong>n eingesetzt: Da er<br />

dort nicht länger als 48 Monate tätig ist,<br />

begrün<strong>de</strong>t er dort keine erste Tätigkeitsstätte<br />

und kann für die gesamten zwei Jahre<br />

vollen Fahrtkostenersatz (Kilometerpauschale)<br />

erhalten.<br />

b) Ortsfest<br />

Wie bisher muss die erste Tätigkeitsstätte<br />

„ortsfest“ sein. Die bisherige Rechtsprechung<br />

und Verwaltungsauffassung, wonach<br />

auf einem Fahrzeug o<strong><strong>de</strong>r</strong> auf einem<br />

fahren<strong>de</strong>n Schiff keine erste Tätigkeitsstätte<br />

begrün<strong>de</strong>t wird, gilt fort.<br />

Hinweis:<br />

Eine erste Tätigkeitsstätte kann aber am<br />

Übernahmeort (z. B. Bus<strong>de</strong>pot, Treffpunkt<br />

für Sammeltransport, Fährhafen) entstehen,<br />

von <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer arbeitstäglich<br />

unterschiedliche Einsatzorte aufsucht („bei<br />

dauerhaftem Aufsuchen <strong>de</strong>sselben Ortes,<br />

§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG-neu). Damit<br />

soll im Hinblick auf die Fahrtkosten eine<br />

Gleichbehandlung mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Arbeitnehmern<br />

erfolgen, die Verpflegungspauschale<br />

ist allerdings davon unabhängig (Anspruch<br />

besteht immer bei mind. acht Stun<strong>de</strong>n Abwesenheit<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung).<br />

c) Dauerhaft<br />

Die Zuordnung <strong>de</strong>s Arbeitgebers begrün<strong>de</strong>t<br />

nur dann eine erste Tätigkeitsstätte<br />

<strong>de</strong>s Arbeitnehmers, wenn diese dauerhaft<br />

ist: Das be<strong>de</strong>utet, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

einer Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet<br />

sein muss, auf die „Regelmäßigkeit“<br />

<strong>de</strong>s Aufsuchens einer Arbeitsstätte kommt<br />

es künftig nicht mehr an. Typisierend<br />

wird eine „dauerhafte“ Zuordnung für<br />

folgen<strong>de</strong> Fällen angenommen (§ 9 Abs. 4<br />

S. 3 EStG-neu):<br />

• die unbefristete Zuordnung<br />

• die Zuordnung für die Dauer eines<br />

Dienstverhältnisses (befristete Arbeitsverträge)<br />

• die Zuordnung über einen Zeitraum<br />

von 48 Monaten hinaus<br />

Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts zum 01.01.2014<br />

Maßstab ist, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer an einer<br />

Tätigkeitsstätte dauerhaft tätig wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Es kommt somit nur auf die Prognose<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers an, unbeachtlich ist es,<br />

wenn die tatsächlichen Verhältnisse von<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> vereinbarten Festlegung abweichen.<br />

(Tipp: Um Streitigkeiten mit <strong>de</strong>m Prüfer<br />

zu vermei<strong>de</strong>n, sollte die tatsächliche Tätigkeit<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis <strong><strong>de</strong>r</strong> formalen Zuordnung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers möglichst entsprechen,<br />

ansonsten kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorwurf eines<br />

Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abgabenordnung<br />

(AO) entstehen).<br />

Hinweis:<br />

Bei bestehen<strong>de</strong>n Arbeitsverträgen muss geprüft<br />

wer<strong>de</strong>n, ob sich hieraus eine ein<strong>de</strong>utige<br />

Zuordnung ergibt, ansonsten kommt<br />

es auf <strong>de</strong>n zeitlichen Umfang einer Tätigkeit<br />

an (siehe unten). Bei neuen Arbeitsverträgen<br />

sollte möglichst eine ein<strong>de</strong>utige Festlegung<br />

einer ersten Tätigkeitsstätte vorgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n, um spätere Streitigkeiten mit <strong>de</strong>m<br />

Finanzamt zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Beispiele zur „dauerhaften Zuordnung“:<br />

• Ein IT-Berater wird befristet für zwei<br />

Jahre bei einem Kun<strong>de</strong>n eingesetzt: Da<br />

er dort we<strong><strong>de</strong>r</strong> unbefristet, noch im Rahmen<br />

eines befristeten Arbeitsvertrages,<br />

noch länger als 48 Monate tätig ist, begrün<strong>de</strong>t<br />

er dort keine erste Tätigkeitsstätte<br />

und kann für die gesamten zwei<br />

Jahre vollen Fahrtkostenersatz (Kilometerpauschale)<br />

erhalten. Bei einer Verlängerung<br />

<strong>de</strong>s Vertrages um weitere zwei<br />

Jahre gilt dasselbe (sog. Kettenabordnungen<br />

sind unschädlich)<br />

• Ein Arbeitnehmer wird über einen Zeitraum<br />

von fünf Jahren als Kun<strong>de</strong>ndienstmonteur<br />

einem Großkun<strong>de</strong>n zugeordnet:<br />

Für die Fahrten von seiner Wohnung<br />

dorthin kann er nur die Entfernungspauschale<br />

geltend machen. Im Falle einer<br />

Dienstwagengestellung ist ein geldwerter<br />

Vorteil (0,03-Prozent-Zuschlag) zu<br />

besteuern.<br />

(2) Bei Fehlen einer Zuordnung:<br />

Zeitlicher Umfang einer Tätigkeit<br />

Wenn eine arbeitsrechtliche Festlegung<br />

gar nicht vorhan<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> diese nicht ein<strong>de</strong>utig<br />

ist, sind hilfsweise zeitliche (quantitative)<br />

Kriterien heranzuziehen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> zu leisten<strong>de</strong>n<br />

vertraglichen Arbeitszeit an einer Tätigkeitsstätte:<br />

Eine erste Tätigkeitsstätte wird<br />

dann begrün<strong>de</strong>t, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

dort typischerweise arbeitstäglich o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mehr als zwei volle Arbeitstage pro Woche<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> min<strong>de</strong>stens 1/3 seiner Arbeitszeit<br />

tätig wer<strong>de</strong>n soll (§ 9 Abs. 4 S. 4 EStG-neu):<br />

Nicht mehr möglich ist es – wie bisher<br />

nach <strong>de</strong>m BMF-Schreiben vom 15. Dezember<br />

2012 – anhand qualitativer Kriterien<br />

das Vorliegen einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en ersten Tätigkeitsstätte<br />

nachzuweisen. Damit kann es<br />

zum Beispiel bei Geschäftsstellen- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Filialleitern im Falle einer Dienstwagengestellung<br />

zu einer Besteuerung eines<br />

geldwerten Vorteils (0,03-Prozent-Zuschlag)<br />

für Fahrten zu einer weiter entfernten<br />

Tätigkeitsstätte kommen, auch<br />

wenn diese inhaltlich nicht <strong>de</strong>n Schwerpunkt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeit darstellt.<br />

Hinweis:<br />

Prüfen einer „ersten Tätigkeitsstätte“ bei<br />

mehreren Tätigkeitsstätten:<br />

(1) Zuordnung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

(2) Bei Fehlen einer ein<strong>de</strong>utigen Zuordnung<br />

hat ein Arbeitnehmer dort seine<br />

erste Tätigkeitsstätte, wo er je Arbeitswoche<br />

zwei volle Arbeitstage o<strong><strong>de</strong>r</strong> min<strong>de</strong>stens<br />

1/3 seiner Arbeitszeit regelmäßig tätig<br />

wer<strong>de</strong>n soll (Prognose, tatsächliches<br />

Abweichen unbeachtlich).<br />

(3) Soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer an mehreren Tätigkeitsstätten<br />

min<strong>de</strong>stens 1/3 seiner Arbeitszeit<br />

tätig wer<strong>de</strong>n (z. B. Filialbetreuer,<br />

Monteure), so ist zu prüfen, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

bestimmt hat, welche dieser Tätigkeitsstätten<br />

seine erste Tätigkeitsstätte<br />

sein soll (§ 9 Abs. 4 S. 6 EStG-neu).<br />

(4) Fehlt eine solche Bestimmung, gilt die<br />

zur Wohnung nächstgelegene Tätigkeitsstätte<br />

als erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs. 4<br />

S. 7 EStG-neu).<br />

Wie bisher kann auch gar keine erste Tätigkeitsstätte<br />

begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n: Ist <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer an keiner Tätigkeitsstätte<br />

min<strong>de</strong>stens 1/3 seiner Arbeitszeit tätig<br />

(ständig wechseln<strong>de</strong> Tätigkeitsstätten),<br />

dann hat er keine erste Tätigkeitsstätte<br />

und kann für alle Fahrten unbegrenzten<br />

steuerfreien Reisekostenersatz erhalten.<br />

Beispiele zu <strong>de</strong>n „zeitlichen Kriterien“:<br />

• Ein Arbeitnehmer ist als Kun<strong>de</strong>ndienstmonteur<br />

an drei Tagen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Woche bei<br />

einem Großkun<strong>de</strong>n tätig: Für die Fahrten<br />

von seiner Wohnung dorthin kann er<br />

nur die Entfernungspauschale geltend<br />

machen und nicht die Kilometerpauschale.<br />

• Ein Arbeitnehmer ist als EDV-Berater an<br />

zwei Tagen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Woche am Hauptsitz<br />

eines Betriebes und an drei Tagen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Woche bei einer Filiale in einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Stadt (Tochtergesellschaft) tätig: Für die<br />

Fahrten von seiner Wohnung zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Filiale<br />

kann er nur die Entfernungspauschale<br />

geltend machen und nicht die Kilometerpauschale.<br />

Im Falle einer Dienstwagengestellung<br />

ist ein geldwerter Vorteil<br />

(0,03-Prozent-Zuschlag) zu besteuern.<br />

• Ein Arbeitnehmer ist als Kun<strong>de</strong>ndienstmonteur<br />

täglich wechselnd bei verschie<strong>de</strong>nen<br />

Kun<strong>de</strong>n tätig: Er hat keine<br />

erste Tätigkeitsstätte und kann für alle<br />

Fahrten unbegrenzten Reisekostenersatz<br />

bzw. Werbungskostenabzug im<br />

Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kilometerpauschale geltend<br />

machen.<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 5


Hinweis:<br />

Auch wenn mangels Zuordnung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zeitlicher Kriterien keine erste Tätigkeitsstätte<br />

vorliegt, kann eine Begrenzung <strong>de</strong>s<br />

steuerfreien Fahrtkostenersatzes auf die<br />

Entfernungspauschale erfolgen. Dies gilt<br />

immer dann, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer arbeitstäglich<br />

<strong>de</strong>nselben Ort aufsucht, um<br />

von dort unterschiedliche eigentliche Einsatzorte<br />

aufzusuchen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a<br />

S. 3 EStG-neu). Als Beispiel ist <strong><strong>de</strong>r</strong> tägliche<br />

Übernahmeort eines Fahrzeugs (z. B. Betriebssitz<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch ein Bus<strong>de</strong>pot) zu nennen.<br />

Allein durch das Aufla<strong>de</strong>n von Material<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Abholen bzw. Bringen von<br />

Unterlagen, Krankmeldungen o. Ä. wird<br />

allerdings noch keine erste Tätigkeitsstätte<br />

am Betriebssitz begrün<strong>de</strong>t.<br />

(3) Son<strong><strong>de</strong>r</strong>fall „weiträumiges<br />

Arbeitsgebiet“<br />

Arbeitnehmer mit einem weiträumigen<br />

Arbeitsgebiet (z. B. Zusteller, Forstarbeiter,<br />

Hafenarbeiter, Schornsteinfeger), die<br />

ihre Tätigkeit dauerhaft in einem festgelegten<br />

Tätigkeitsgebiet – außerhalb von<br />

ortsfesten Tätigkeitsstätten – ausüben,<br />

können zukünftig für die Fahrten zu diesem<br />

Tätigkeitsgebiet nur noch die Entfernungspauschale<br />

geltend machen (§ 9<br />

Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG-neu). Lediglich<br />

die Fahrten innerhalb <strong>de</strong>s weiträumigen<br />

Arbeitsgebietes können nach Reisekostengrundsätzen<br />

(Kilometerpauschale)<br />

abgerechnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Hinweis:<br />

Kein weiträumiges Arbeitsgebiet in diesem<br />

Sinne hat, wer in mehreren festen<br />

Tätigkeitsstätten, die innerhalb eines bestimmten<br />

Bezirks liegen, arbeitet. Das be<strong>de</strong>utet,<br />

dass z. B. Filialbetreuer o<strong><strong>de</strong>r</strong> mobile<br />

Pflegekräfte weiterhin für alle<br />

Fahrten von zu Hause aus steuerfrei die<br />

Kilometerpauschale erhalten können.<br />

(4) Son<strong><strong>de</strong>r</strong>fall „Aufsuchen einer Bildungseinrichtung“<br />

Als erste Tätigkeitsstätte gilt künftig auch<br />

eine Bildungseinrichtung, die außerhalb<br />

eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines<br />

Vollzeitstudiums o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer vollzeitigen<br />

Bildungsmaßnahme aufgesucht wird<br />

(§ 9 Abs. 4 S. 7 EStG). Fahrtkosten wegen<br />

eines Vollzeitstudiums können damit nur<br />

noch im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Entfernungspauschale<br />

geltend gemacht wer<strong>de</strong>n. Nebenberufliche<br />

Fortbildungsmaßnahmen sind<br />

hiervon allerdings nicht betroffen.<br />

(5) Einzelfälle<br />

• Filialbetreuer/Bezirksleiter: erste Tätigkeitsstätte<br />

nur dann, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

dort mehr als 1/3 <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitszeit<br />

tätig ist; ansonsten keine<br />

erste Tätigkeitsstätte.<br />

• Außendienstmitarbeiter/Monteure/<br />

Bauarbeiter: im Regelfall keine erste<br />

Tätigkeitsstätte (es sei <strong>de</strong>nn, Fahrzeug<br />

wird arbeitstäglich an Sammel<strong>de</strong>pot<br />

o. Ä. abgeholt).<br />

• Zeit-/Leiharbeitnehmer: im Regelfall<br />

keine erste Tätigkeitsstätte beim Entleiher<br />

(es sei <strong>de</strong>nn, es wird arbeitsvertraglich<br />

von Anfang an festgelegt,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer beim Entleiher<br />

für die gesamte Dauer seines Arbeitsverhältnisses<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> länger als 48 Monate<br />

tätig wer<strong>de</strong>n soll).<br />

• Outsourcing-Fälle: im Regelfall keine<br />

erste Tätigkeitsstätte (es sei <strong>de</strong>nn, es<br />

wird arbeitsvertraglich von Anfang an<br />

festgelegt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer bei<br />

<strong>de</strong>m neuen Arbeitgeber für die gesamte<br />

Dauer seines Arbeitsverhältnisses<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> länger als 48 Monate tätig wer<strong>de</strong>n<br />

soll).<br />

• In verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen (Tochtergesellschaft)<br />

tätige Arbeitnehmer:<br />

grundsätzlich keine erste Tätigkeitsstätte<br />

bei verbun<strong>de</strong>nem Unternehmen<br />

(es sei <strong>de</strong>nn, es wird arbeitsvertraglich<br />

von Anfang an festgelegt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

bei <strong>de</strong>m neuen Arbeitgeber<br />

für die gesamte Dauer seines Arbeitsverhältnisses<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> länger als 48<br />

Monate tätig wer<strong>de</strong>n soll).<br />

• Mobile Pflegekräfte: im Regelfall keine<br />

erste Tätigkeitsstätte (es sei <strong>de</strong>nn,<br />

Fahrzeug wird arbeitstäglich an Sammel<strong>de</strong>pot<br />

o. Ä. abgeholt).<br />

• Busfahrer/Lkw-Fahrer: im Regelfall<br />

keine erste Tätigkeitsstätte (es sei <strong>de</strong>nn,<br />

Fahrzeug wird arbeitstäglich an Sammel<strong>de</strong>pot<br />

o. Ä. abgeholt).<br />

• Postzusteller, Schornsteinfeger: Für<br />

Fahrten von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung zu <strong>de</strong>m<br />

weiträumigen Arbeitsgebiet gilt die<br />

Entfernungspauschale, für Fahrten innerhalb<br />

<strong>de</strong>s weiträumigen Arbeitsgebiets<br />

die Kilometerpauschale.<br />

2. Verpflegungsmehraufwand<br />

Der Werbungskostenabzug bzw. die steuerfreie<br />

Erstattung von Verpflegungsmehraufwand<br />

wird vereinfacht und in § 9 Abs. 4a<br />

EStG neu geregelt.<br />

Eintägige Auswärtstätigkeiten<br />

Bei eintägigen Dienstreisen gibt es zukünftig<br />

nur noch einen Pauschbetrag in<br />

Höhe von 12 Euro bei einer Min<strong>de</strong>stabwesenheit<br />

von mehr als acht Stun<strong>de</strong>n (maßgeblich<br />

ist die Abwesenheit von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung).<br />

Im Vergleich zur bisherigen<br />

Rechtslage (sechs Euro bei Abwesenheit<br />

von mehr als acht Stun<strong>de</strong>n, 12 Euro bei<br />

Abwesenheit von mehr 14 Stun<strong>de</strong>n) wer<strong>de</strong>n<br />

zahlreiche Arbeitnehmer zukünftig<br />

bessergestellt sein. Arbeitgeber wer<strong>de</strong>n<br />

umgekehrt auch einem höheren Kostendruck<br />

unterliegen, da Arbeitnehmer sich<br />

auf die günstigeren gesetzlichen Regelungen<br />

berufen wer<strong>de</strong>n.<br />

Hinweis:<br />

Es bleibt nach wie vor die Möglichkeit <strong>de</strong>s<br />

Arbeitgebers, <strong>de</strong>m Arbeitnehmer weniger<br />

als die steuerfreien Pauschalen zu zahlen<br />

(z. B. sechs Euro), die Differenz zu 12 Euro<br />

kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer im Rahmen <strong>de</strong>s<br />

Werbungskostenabzugs geltend machen.<br />

Beispiel:<br />

Ein Arbeitnehmer unternimmt eine eintägige<br />

Dienstreise und startet hierzu um 7.00 Uhr<br />

von seiner Wohnung und kehrt um 16.00 Uhr<br />

zurück. Da er mehr als acht Stun<strong>de</strong>n auswärts<br />

tätig ist, kann ihm <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

eine steuerfreie Verpflegungspauschale von<br />

12 Euro erstatten.<br />

Mehrtägige Auswärtstätigkeiten<br />

Bei mehrtägigen Auswärtstätigkeiten erfolgt<br />

ebenfalls eine Vereinfachung, in<strong>de</strong>m<br />

für <strong>de</strong>n An- und Abreisetag künftig pauschal<br />

ohne Prüfung einer Min<strong>de</strong>stabwesenheit<br />

ein Betrag von 12 Euro angesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Für die Zwischentage (zwischen<br />

zwei Übernachtungen, Abwesenheit<br />

24 Stun<strong>de</strong>n) kann ein Betrag von 24<br />

Euro angesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Hinweis:<br />

Da es bei <strong>de</strong>m An- und Abreisetag nicht<br />

auf eine Min<strong>de</strong>stabwesenheit ankommt,<br />

ist es unerheblich, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

die Auswärtstätigkeit von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ersten o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Tätigkeitsstätte<br />

beginnt. Es genügt, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

unmittelbar nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Anreise<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Abreise auswärts übernachtet.<br />

Die bisherige „Mitternachtsregelung“<br />

gilt auch weiterhin, d. h. beginnt die auswärtige<br />

berufliche Tätigkeit an einem Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong>tag<br />

und en<strong>de</strong>t sie am nachfolgen<strong>de</strong>n<br />

Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong>tag ohne Übernachtung,<br />

wer<strong>de</strong>n 12 Euro für <strong>de</strong>n Tag gewährt, an<br />

<strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer <strong>de</strong>n überwiegen<strong>de</strong>n<br />

Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> insgesamt mehr als acht Stun<strong>de</strong>n<br />

von seiner Wohnung und <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten<br />

Tätigkeitsstätte abwesend ist (§ 9 Abs. 4a<br />

Nr. 3 HS 2 EStG-neu).<br />

6 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts zum 01.01.2014


Franz Pfluegl © www.fotolia.<strong>de</strong><br />

Nur die Reise bleibt: die Reform soll alles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e vereinfachen<br />

Beispiele:<br />

• Der Arbeitnehmer unternimmt eine zweitägige<br />

Dienstreise nach Berlin und startet<br />

am ersten Tag um 7.00 Uhr und kehrt am<br />

zweiten Tag um 15.00 Uhr zurück. Er kann<br />

insgesamt 24 Euro (2 x 12 Euro) steuerfreien<br />

Verpflegungsmehraufwand geltend<br />

machen.<br />

• Der Arbeitnehmer unternimmt eine<br />

dreitägige Dienstreise nach München<br />

und startet am ersten Tag um 7.00 Uhr<br />

und kehrt am dritten Tag um 15.00 Uhr<br />

zurück. Er kann insgesamt 48 Euro (2 x<br />

12 Euro + 24 Euro) steuerfreien Verpflegungsmehraufwand<br />

geltend machen.<br />

Auslandspauschalen<br />

Bei <strong>de</strong>n Auslandstagegel<strong><strong>de</strong>r</strong>n wer<strong>de</strong>n die<br />

bisherigen Pauschalen für <strong>de</strong>n Verpflegungsmehraufwand<br />

ebenso wie im Inland<br />

auf zwei Pauschalen reduziert, d. h. auf eine<br />

Pauschale mit einer Min<strong>de</strong>stabwesenheit<br />

mit mehr als acht Stun<strong>de</strong>n und einer Min<strong>de</strong>stabwesenheit<br />

von mehr als 24 Stun<strong>de</strong>n.<br />

Weitere Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen sind in diesem Bereich<br />

nicht erfolgt, das heißt die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Auslandstagegel<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

wird wie bisher mit BMF-<br />

Schreiben jeweils bekannt gegeben.<br />

Dreimonatsfrist<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Dreimonatsfrist, wonach die steuerfreie<br />

Erstattung von Verpflegungsmehraufwand<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong>selben Auswärtstätigkeit<br />

auf drei Monate begrenzt ist, soll künftig<br />

aus Vereinfachungszwecken nur noch auf<br />

eine rein zeitliche Unterbrechung von vier<br />

Wochen abgestellt wer<strong>de</strong>n, unabhängig<br />

vom Anlass <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterbrechung.<br />

Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts zum 01.01.2014<br />

Hinweis:<br />

Die bisherige Unterscheidung mit entsprechen<strong>de</strong>m<br />

Nachweis von Krankheit,<br />

Urlaub, Tätigkeit an einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Tätigkeitsstätte<br />

o. Ä. fällt damit weg, es kommt<br />

nur noch darauf an, ob eine rein zeitliche<br />

Unterbrechung von vier Wochen vorliegt.<br />

Beispiel zur Dreimonatsfrist:<br />

Ein Außendienstmitarbeiter ist an <strong><strong>de</strong>r</strong>selben<br />

Tätigkeitsstätte von Januar bis einschließlich<br />

Juni 2013 tätig. Im März hat er erst zwei<br />

Wochen Urlaub und ist direkt im Anschluss<br />

noch zwei Wochen krankgeschrieben. Im Ergebnis<br />

kann dieser Arbeitnehmer die steuerfreie<br />

Verpflegungspauschale für die gesamte<br />

Zeit von Januar bis Juni erhalten, da<br />

die Unterbrechung im März von vier Wochen<br />

zu einem Neubeginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Frist geführt hat.<br />

Kürzung bei arbeitgeberseitig<br />

gestellten Mahlzeiten<br />

Neu ist die Verpflichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber,<br />

die Verpflegungspauschale <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />

zu kürzen, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswärtstätigkeit vom Arbeitgeber<br />

(o<strong><strong>de</strong>r</strong> auf Veranlassung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

von einem Dritten) Mahlzeiten erhalten hat:<br />

Die Verpflegungspauschale von 12 Euro<br />

ist jeweils um 20 Prozent von 24 Euro<br />

(= 4,80 Euro) für ein Frühstück und um jeweils<br />

40 Prozent von 24 Euro (= 9,60 Euro)<br />

für ein Mittag- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Aben<strong>de</strong>ssen zu kürzen.<br />

Eine ungekürzte Verpflegungspauschale<br />

kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer also nur noch dann<br />

geltend machen, wenn er die Mahlzeiten bei<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Auswärtstätigkeit selbst bezahlt hat.<br />

Außer<strong>de</strong>m gilt die Kürzung ausdrücklich<br />

nicht für Mahlzeiten, die im eigenbetrieblichen<br />

Interesse vom Arbeitgeber o<strong><strong>de</strong>r</strong> einem<br />

Dritten gestellt wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Mahlzeiten bei Geschäftsessen.<br />

Hinweis:<br />

Von Be<strong>de</strong>utung ist die Kürzung vor allem<br />

in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

vom Arbeitgeber auf Fortbildungsveranstaltungen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstigen Inhouse-Veranstaltungen<br />

kostenfreie Mahlzeiten erhält.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Lohnsteuerbescheinigung soll<br />

künftig durch <strong>de</strong>n Großbuchstaben „M“<br />

gekennzeichnet wer<strong>de</strong>n, ob ein Arbeitnehmer<br />

eine unentgeltliche Mahlzeit vom Arbeitgeber<br />

erhalten hat. Weitere Nachweise<br />

im Einzelnen sollen dann ggfs. über die<br />

Reisekostenabrechnungen erfolgen, hier<br />

bedarf es allerdings noch genauerer Regelungen<br />

von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzverwaltung.<br />

Beispiele zur Kürzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verpflegungspauschalen:<br />

• Der Arbeitnehmer ist auf einer zweitägigen<br />

Dienstreise. Dabei hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

für ihn eine Hotelübernachtung mit<br />

Frühstück gebucht und bezahlt. Die<br />

sonstigen Mahlzeiten (Mittag- und<br />

Aben<strong>de</strong>ssen) erhält er auf Einladung von<br />

Dritten. Der Arbeitnehmer kann für <strong>de</strong>n<br />

An- und Abreisetag jeweils 12 Euro Verpflegungspauschale<br />

geltend machen und<br />

für das Frühstück ist eine Kürzung<br />

von 4,80 Euro vorzunehmen, so dass<br />

7,20 Euro verbleiben. Der Arbeitgeber<br />

muss keinen geldwerten Vorteil für die<br />

Mahlzeiten versteuern.<br />

• Ein Arbeitnehmer erhält auf einer ganztägigen<br />

Veranstaltung bei seinem Arbeitgeber<br />

ein kostenloses Mittagessen. Die Verpflegungspauschale<br />

i. H. v. 12 Euro ist<br />

daher um 9,60 Euro zu kürzen, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer nur noch 2,40 Euro ausgezahlt<br />

bekommt. Ein geldwerter Vorteil für<br />

die Mahlzeit muss nicht versteuert wer<strong>de</strong>n.<br />

• Ein Arbeitnehmer ist auf einer dreitägigen<br />

Auswärtstätigkeit und <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

hat für ihn zwei Hotelübernachtungen<br />

jeweils mit Frühstück sowie je ein<br />

Aben<strong>de</strong>ssen bezahlt. Für das Aben<strong>de</strong>ssen<br />

hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer jeweils einen Betrag<br />

von 2,93 Euro gezahlt (entspricht<br />

<strong>de</strong>m Sachbezugswert für ein Aben<strong>de</strong>ssen<br />

2013). Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch<br />

auf Verpflegungspauschalen in<br />

Höhe von insgesamt 48 Euro (12 Euro<br />

Anreisetag, 24 Euro Zwischentag, 12 Euro<br />

Abreisetag), die jedoch um insgesamt<br />

22,94 Euro zu kürzen sind (2 x 4,80 Euro,<br />

2 x 6,67 Euro [9,60 Euro – 2,93 Euro]). Es<br />

verbleiben also 25,06 Euro Verpflegungsmehraufwand,<br />

die <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber steuerfrei<br />

erstatten kann. Ein geldwerter Vorteil<br />

für die Mahlzeiten muss nicht<br />

versteuert wer<strong>de</strong>n.<br />

3. Mahlzeiten<br />

Mahlzeiten auf Auswärtstätigkeiten, die<br />

vom Arbeitgeber kostenlos o<strong><strong>de</strong>r</strong> verbilligt<br />

gestellt wer<strong>de</strong>n, müssen künftig typisierend<br />

generell bis zu einem Wert von 60<br />

Euro mit <strong>de</strong>m Sachbezugswert bewertet<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 7


wer<strong>de</strong>n (§ 8 Abs. 2 S. 8 EStG-neu). Wenn<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer Anspruch auf eine Verpflegungspauschale<br />

hat, wird auf die Besteuerung<br />

<strong>de</strong>s Sachbezugswerts ganz verzichtet,<br />

dafür ist die Kürzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verpflegungspauschalen vorzunehmen<br />

(siehe oben). Umgekehrt be<strong>de</strong>utet dies,<br />

dass eine Besteuerung von Mahlzeiten<br />

mit <strong>de</strong>m Sachbezugswert nur noch in <strong>de</strong>n<br />

Fällen vorzunehmen ist, in <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

weniger als acht Stun<strong>de</strong>n auswärts<br />

tätig ist, o<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen<br />

die Dreimonatsfrist abgelaufen ist.<br />

Hinweis:<br />

Arbeitgeber, die keine Aufzeichnung für<br />

die Verpflegung führen möchten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

haben, die zwar Mahlzeiten<br />

auf Auswärtstätigkeiten erhalten, aber<br />

weniger als acht Stun<strong>de</strong>n Abwesenheit<br />

aufweisen, können die (mit <strong>de</strong>m Sachbezugswert<br />

bewerteten) Mahlzeiten auch<br />

vereinfacht mit 25 Prozent pauschal besteuern<br />

(§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a EStG-neu).<br />

4. Übernachtungskosten<br />

Der unbegrenzte steuerfreie Ersatz von beruflich<br />

veranlassten Unterkunftskosten bei<br />

längerfristigen Auswärtstätigkeiten wird<br />

künftig zeitlich auf maximal 48 Monate begrenzt<br />

(keine Verlängerungsmöglichkeit, § 9<br />

Abs. 1 S. 3 Nr. 5a EStG-neu). Nach <strong>de</strong>m Zeitraum<br />

von vier Jahren können Unterkunftskosten<br />

nur noch im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> doppelten<br />

Haushaltsführung geltend gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> doppelten Haushaltsführung können<br />

beruflich veranlasste Unterkunftskosten<br />

für eine Zweitwohnung künftig bis zu<br />

einem Betrag von maximal 1.000 Euro monatlich<br />

steuerfrei erstattet wer<strong>de</strong>n (§ 9 Abs. 1<br />

S. 3 Nr. 5 EStG-neu). Die bisherige, für Arbeitgeber<br />

häufig aufwändige Ermittlung<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachweis <strong><strong>de</strong>r</strong> ortsüblichen Durchschnittsmiete<br />

sind dadurch nicht mehr notwendig.<br />

Erstattet <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber nach Ablauf<br />

von 48 Monaten Mietkosten von mehr<br />

als monatlich 1.000 Euro, liegt steuerpflichtiger<br />

Arbeitslohn vor. Eine Unterbrechung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen Tätigkeit an ein- und <strong><strong>de</strong>r</strong>selben<br />

Tätigkeitsstätte von sechs Monaten<br />

führt zu einem Neubeginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 48-Monatsfrist<br />

(Grund <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterbrechung wie bei<br />

Dreimonatsfrist künftig unerheblich).<br />

Mit dieser Begrenzung soll ein Missbrauch<br />

in Einzelfällen verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n, für <strong>de</strong>n<br />

Normalfall einer Auswärtstätigkeit wird<br />

die neue Obergrenze allerdings keine Rolle<br />

spielen, da sich Auswärtstätigkeiten regelmäßig<br />

nicht über einen Zeitraum von mehr<br />

als vier Jahren erstrecken (<strong>de</strong>nkbar zum Beispiel<br />

lediglich bei Großbaustellen o. Ä.). Allerdings<br />

gilt die Begrenzung nicht nur in<br />

<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> doppelten Haushaltsführung wirtschaftlich<br />

vergleichbaren Fällen, in <strong>de</strong>nen<br />

ein Arbeitnehmer die auswärtige Tätigkeitsstätte<br />

arbeitstäglich aufsucht, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesetzesbegründung genügt es<br />

auch, wenn über einen Zeitraum von 48 Monaten<br />

hinaus regelmäßig infolge <strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen<br />

Tätigkeit nur einmal o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrmals<br />

wöchentlich an <strong><strong>de</strong>r</strong> auswärtigen Tätigkeitsstätte<br />

übernachtet wird („sporadische“<br />

Übernachtungen). Arbeitgeber sollten daher<br />

die 48-Monatsfrist – einschließlich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sechsmonatigen Unterbrechungsfrist –<br />

auch in diesen Fällen überwachen, um im<br />

Zweifel festzustellen und ggfs. nachzuweisen,<br />

dass die 1 000-Euro-Grenze nicht überschritten<br />

wur<strong>de</strong>. Ob diesbezüglich entsprechen<strong>de</strong><br />

Aufzeichnungserleichterungen<br />

zugelassen wer<strong>de</strong>n, bleibt einem möglichen<br />

BMF-Schreiben vorbehalten.<br />

Eine Einschränkung erfolgt in <strong>de</strong>n Fällen,<br />

in <strong>de</strong>nen eine Wohnung o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Zimmer<br />

ohne eigene finanzielle Beteiligung genutzt<br />

wird (kein eigener Hausstand, z. B.<br />

Kind bewohnt Zimmer im Haus seiner Eltern).<br />

In diesen Fällen können Unterkunftskosten<br />

wegen einer doppelten<br />

Haushaltsführung nicht mehr geltend gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n, es sei <strong>de</strong>nn, es liegt eine<br />

nachgewiesene angemessene finanzielle<br />

Beteiligung an <strong>de</strong>n Kosten <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensführung<br />

vor (§ 9 Abs. 1 S.3 Nr. 5 S. 3 EStGneu).<br />

Entsprechen<strong>de</strong> Streitigkeiten mit<br />

<strong>de</strong>m Finanzamt sind absehbar (finanzielle<br />

Beteiligung in vielfacher Form möglich).<br />

Hinweis:<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> 1.000-Euro-Grenze han<strong>de</strong>lt es sich<br />

um die Bruttomiete, d. h. <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrag umfasst<br />

die Miete inklusive Betriebskosten,<br />

Miet- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze,<br />

Aufwendungen für Son<strong><strong>de</strong>r</strong>nutzung<br />

(z. B. Garten) o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch eine Möblierung.<br />

Kosten für Hotelübernachtungen fallen<br />

nicht unter die 1 000-Euro-Grenze.<br />

Beispiel zur steuerfreien Erstattung von<br />

Unterkunftskosten:<br />

• Ein Arbeitnehmer ist über einen Zeitraum<br />

von fünf Jahren an drei Tagen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Woche<br />

auswärts tätig und hat sich <strong>de</strong>swegen<br />

an diesem Ort eine Zweitwohnung<br />

angemietet. Die Kosten für die Zweitwohnung<br />

können insgesamt vier Jahre in unbegrenzter<br />

Höhe vom Arbeitgeber erstattet<br />

bzw. als Werbungskosten angesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n und danach nur noch bis zu einem<br />

Betrag i. H. v. monatlich 1 000 Euro.<br />

• Ein Arbeitnehmer betreut an zwei Tagen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Woche eine Filiale in einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Stadt und übernachtet dort regelmäßig<br />

einmal wöchentlich. Auch in diesem<br />

Fall können ihm die tatsächlich<br />

entstan<strong>de</strong>nen Übernachtungskosten<br />

nach Ablauf von 48 Monaten nur noch<br />

bis zur Höhe von 1 000 Euro monatlich<br />

steuerfrei erstattet wer<strong>de</strong>n.<br />

Fazit:<br />

Arbeitgeber sollten bereits jetzt beginnen,<br />

sich auf die neuen Regelungen zum Reisekostenrecht<br />

vorzubereiten. Neben einer<br />

Überarbeitung interner Reiserichtlinien<br />

sollte auch in Abstimmung mit <strong>de</strong>m Steuerberater<br />

die interne Buchhaltung angepasst<br />

bzw. Rücksprache mit <strong>de</strong>m externen<br />

Softwareanbieter genommen wer<strong>de</strong>n.<br />

Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> konkreten Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzverwaltung in Anwendung<br />

<strong>de</strong>s neuen Rechts ist davon auszugehen,<br />

dass diese im Laufe dieses Jahres im Rahmen<br />

eines Einführungsschreibens bekannt<br />

gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />

RAIn Dr. MonIKA<br />

Wünnemann<br />

verantwortlich für<br />

<strong>de</strong>n Bereich Lohnsteuer<br />

beim Bun<strong>de</strong>sverband<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen<br />

Industrie e. V.<br />

(BDI) Berlin<br />

8 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Reform <strong>de</strong>s Reisekostenrechts zum 01.01.2014


So motivieren Arbeitgeber ihre Mitarbeiter<br />

Steuer- und sozialversicherungsfreie Leistungen von A – Z (1. Teil)<br />

Aufmerksamkeiten<br />

Sachzuwendungen <strong>de</strong>s Arbeitgebers an<br />

Mitarbeiter aus beson<strong><strong>de</strong>r</strong>em persönlichem<br />

Anlass (z. B. Geburtstag) sind bis<br />

zu einem Wert von 40 Euro (inkl. USt.)<br />

steuer- und sozialversicherungsfrei.<br />

Dazu gehören z. B. Blumen, ein Buch<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine CD. Übersteigt die Zuwendung<br />

die genannte Freigrenze, besteht in vollem<br />

Umfang Steuer- und SV-Pflicht.<br />

Geldzuwendungen sind stets abgabepflichtig,<br />

ausgenommen bestimmte Verwendungsauflagen.<br />

Die Freigrenze ist<br />

auch mehrfach im Jahr aus beson<strong><strong>de</strong>r</strong>em<br />

Anlass (z. B. Verlobung, Heirat, Kindsgeburt)<br />

anwendbar. Sie besteht unabhängig<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> monatlichen Freigrenze von<br />

44 Euro (inkl. USt.) für Sachbezüge (z. B.<br />

bei Warengutscheinen).<br />

Aufwandsentschädigungen<br />

für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst<br />

sind abgabenfrei, wenn sie aus öffentlichen<br />

Kassen geleistet wer<strong>de</strong>n. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Privatwirtschaft<br />

sind <strong><strong>de</strong>r</strong>artige Aufwandsentschädigungen<br />

(z. B. zur Abgeltung<br />

etwaiger Repräsentationskosten, bei häuslichen<br />

Telearbeitsplätzen etc.) stets abgabepflichtig.<br />

Auf die Bezeichnung (z. B. als<br />

Auslagenersatz) kommt es nicht an, jedoch<br />

ist abgabenfreier Arbeitgeberersatz aufgrund<br />

spezieller Regelungen (z. B. bei Reisekosten,<br />

Fortbildungen etc.) möglich.<br />

Auslagenersatz<br />

und durchlaufen<strong>de</strong> Gel<strong><strong>de</strong>r</strong> sind abgabenfrei<br />

(§ 3 Nr. 50 EStG). Es han<strong>de</strong>lt sich um<br />

Zahlungen, die Arbeitnehmer für ihren<br />

Chef ausgeben (= durchlaufen<strong>de</strong> Gel<strong><strong>de</strong>r</strong>)<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> schon ausgegeben haben. Die Zwecke<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers müssen im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund<br />

stehen; für diesen han<strong>de</strong>ln die Arbeitnehmer<br />

als Bote o<strong><strong>de</strong>r</strong> Vertreter.<br />

Besteht auch ein eigenes Interesse <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />

an <strong>de</strong>n Aufwendungen<br />

,schei<strong>de</strong>t die Abgabenfreiheit aus.<br />

Abzugrenzen ist <strong><strong>de</strong>r</strong> steuerfreie Auslagenersatz<br />

vom grds. steuerpflichtigen Werbungskostenersatz,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> nur aufgrund ausdrücklicher<br />

Befreiungsvorschriften<br />

abgabenfrei sein kann (vgl. R 19.3 Abs. 3 S.<br />

1 LStR). Zu unterschei<strong>de</strong>n ist <strong><strong>de</strong>r</strong> einzeln<br />

abgerechnete vom pauschalen Auslagenersatz.<br />

Bei Letzterem kann eine Gehaltsumwandlung<br />

vom steuerpflichtigen in steuerfreien<br />

Arbeitslohn vorliegen. Pauschaler<br />

Auslagenersatz muss regelmäßig wie<strong><strong>de</strong>r</strong>kehren<br />

und für einen repräsentativen Zeit-<br />

So motivieren Arbeitgeber ihre Mitarbeiter<br />

pressmaster © www.fotolia.<strong>de</strong><br />

„Sieh mal, alles steuerfrei!“ – Arbeitgeber können ganz legal ihre Beschäftigten beglücken.<br />

raum von mind. drei Monaten vor Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitsvertrages nachgewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n (vgl. R 3.50 Abs. 2 S. 2 LStR).<br />

Beihilfen<br />

und Unterstützungen sind Zuwendungen<br />

an Arbeitnehmer, um diese von bestimmten<br />

Aufwendungen (z. B. Krankheitskosten)<br />

zu entlasten o<strong><strong>de</strong>r</strong> vor best. Kosten zu<br />

bewahren (z. B. Vorsorgekuren). Beihilfen<br />

aus öffentlichen Kassen (z. B. bei Beamten)<br />

sind stets abgabenfrei (§ 3 Nr. 11 EStG).<br />

Beihilfen von Arbeitgebern an Arbeitnehmer<br />

können bis 600 Euro jährlich abgabenfrei<br />

sein, wenn diese infolge eines persönlichen<br />

Ereignisses beim Arbeitnehmer<br />

(z. B. Tod eines nahen Angehörigen) gezahlt<br />

wer<strong>de</strong>n. In Kleinbetrieben bis 5 AN<br />

gelten erleichterte Voraussetzungen (vgl.<br />

R 3.11 Abs. 2 S. 3 LStR).<br />

Belegschaftsrabatte<br />

Die verbilligte o<strong><strong>de</strong>r</strong> unentgeltliche Überlassung<br />

von Waren an Arbeitnehmer ist grds.<br />

abgabepflichtig. An<strong><strong>de</strong>r</strong>s ist es bei vom Arbeitgeber<br />

selbst hergestellten o<strong><strong>de</strong>r</strong> vertriebenen<br />

Waren o<strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Dienstleistungen,<br />

wofür ein Freibetrag von 1 080 Euro<br />

p. a. gilt (§ 8 Abs. 3 EStG). Kommt <strong><strong>de</strong>r</strong> Rabatt<br />

von einem Dritten (z. B. einem verbun<strong>de</strong>nen<br />

Konzernunternehmen), gilt <strong><strong>de</strong>r</strong> Freibetrag<br />

nicht. Auch für (überwiegend) nur für die<br />

Mitarbeiter hergestellte Sachen (z. B. das<br />

Kantinenessen) o<strong><strong>de</strong>r</strong> für vom Arbeitgeber<br />

pauschal versteuerte Rabatte schei<strong>de</strong>t <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Freibetrag aus.<br />

Nach neuester Rechtsprechung ist „angebotener<br />

Endpreis“ (z. B. bei Jahreswagen)<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Preis, <strong><strong>de</strong>r</strong> am En<strong>de</strong> von Verkaufsverhandlungen<br />

als letztes Händlerangebot<br />

(inkl. Rabatt) steht. Zwischen <strong>de</strong>m Rabattfreibetrag<br />

und <strong>de</strong>n allgemeinen Bewertungsvorschriften<br />

(nach § 8 Abs. 2 EStG)<br />

kann gewählt wer<strong>de</strong>n. Leiharbeiter dürfen<br />

seit Dez. 2011 zwar zu gleichen Bedingungen<br />

an Gemeinschaftseinrichtungen/-<br />

diensten wie die Stammkräfte <strong>de</strong>s Entleihers<br />

teilhaben (z. B. bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>betreuung,<br />

Verpflegung und Beför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung). Ein Rabattfreibetrag<br />

steht diesen aber nicht zu, da Arbeitgeber<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verleiher (also ein Dritter) ist.<br />

Belohnungen<br />

an Arbeitnehmer für beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Leistungen<br />

sind grds. abgabepflichtiger Arbeitslohn<br />

(z. B. bei Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Diebstahl<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Betrug). In beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Einzelfällen<br />

kann das Finanzamt von <strong><strong>de</strong>r</strong> Besteuerung<br />

absehen, z. B. wenn eine Katastrophe<br />

durch bes. persönlichen Einsatz verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

wird und das nicht gera<strong>de</strong> zum unmittelbaren<br />

Aufgabenbereich <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />

gehört (bun<strong>de</strong>seinheitliche Regelung, z. B.<br />

in Bayern durch Schreiben <strong>de</strong>s FinMin v.<br />

01.06.1954, Gz.: S 2303-10/2-49079; abgedruckt<br />

als Anlage 1 zu H 19.3 LStR im Steuerhandbuch<br />

für das Lohnbüro 2013).<br />

Berufskleidung<br />

Die unentgeltliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> verbilligte Überlassung<br />

von typischer, <strong>de</strong>m Arbeitgeber gehören<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitskleidung (z. B. Schutzanzüge,<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 9


Uniformen, Sicherheitsschuhe etc.) ist kein<br />

abgabepflichtiger Arbeitslohn (§ 3 Nr. 31<br />

EStG). Steuerfrei sind auch die Übereignung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> im Namen und auf Rechnung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

beschafften Berufskleidung sowie<br />

Zuschüsse <strong>de</strong>s Arbeitgebers zur betrieblichen<br />

Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>kasse, sofern es sich um<br />

typische Arbeitskleidung han<strong>de</strong>lt (vgl. R<br />

3.31 Abs. 1 S. 3 LStR). Stets muss eine private<br />

Nutzungsmöglichkeit so gut wie ausgeschlossen<br />

sein. Deshalb gehören z. B. Unterwäsche<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Lo<strong>de</strong>nmantel eines Forstbeamten<br />

nicht zur Berufskleidung. Ist<br />

Arbeitnehmern das Tragen einheitlicher<br />

bürgerlicher Kleidung während <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitszeit<br />

dienstlich vorgeschrieben (z. B.<br />

rote Hem<strong>de</strong>n, Blusen, Krawatten, Halstücher<br />

etc.), überwiegt regelmäßig das Arbeitgeber-Interesse,<br />

auch wenn kein Firmen-<br />

Logo aufgedruckt ist. Arbeitslohn liegt<br />

dann nicht vor ebenso wenig wie beim<br />

schwarzen Anzug <strong>de</strong>s Oberkellners, eines<br />

Bestatters o<strong><strong>de</strong>r</strong> eines Orchestermusikers.<br />

Die Reinigung typischer Arbeitskleidung<br />

fällt unter Werbungskosten; ohne Belege<br />

wer<strong>de</strong>n zusammen mit Fachliteratur ca. 100<br />

Euro p. a. vom Finanzamt akzeptiert.<br />

Betriebsveranstaltungen<br />

Bis zu zweimal jährlich kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

seinen Mitarbeitern z. B. einen Betriebsausflug,<br />

ein Firmenjubiläum u/o eine Weihnachtsfeier<br />

etc. zuwen<strong>de</strong>n bis zur Freigrenze<br />

von 110 Euro pro Teilnehmer. Übersteigen<br />

die Kosten diese Grenze auch nur um einen<br />

Cent, liegt insgesamt abgabepflichtiger Arbeitslohn<br />

vor. Vorsichtige Kalkulation ist<br />

hier also geboten!<br />

Die 110-Euro-Freigrenze gilt trotz <strong>de</strong>s<br />

Preisanstiegs <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten Jahre vorerst<br />

weiter. Dürfen Angehörige an diesen Veranstaltungen<br />

teilnehmen, wer<strong>de</strong>n auch<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kosten <strong>de</strong>n Arbeitnehmern zugerechnet.<br />

Hier kann eine vorher vereinbarte<br />

schriftliche Eigenbeteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mitarbeiter die kritische Grenze retten,<br />

was zum Lohnkonto genommen wer<strong>de</strong>n<br />

muss. Bei Einhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freigrenze (nur<br />

dann!) hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber <strong>de</strong>n Vorsteuerabzug<br />

ohne umsatzsteuerliche Entnahmebesteuerung.<br />

Herkömmliche (übliche) Betriebsveranstaltungen<br />

erfolgen in ganz überwiegen<strong>de</strong>m<br />

Arbeitgeber-Interesse (Motivation, Betriebsklima,<br />

Danksagung; vgl. R 19.5 IV LStR). Ab<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> dritten Veranstaltung besteht immer<br />

Abgabepflicht. In die Freigrenze sind alle<br />

Kosten einzubeziehen (z. B. Saalmiete, Kapelle,<br />

Essen, Programme etc.) einschließlich<br />

Umsatzsteuer. Jedoch können z. B. Taxikosten<br />

und Übernachtungen einzelner Teilnehmer<br />

separat verbucht wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Übrigen gibt es zu <strong>de</strong>m Thema eine umfangreiche<br />

Rechtsprechung und zahlreiche<br />

Verwaltungsanweisungen, die im Lexikon<br />

für das Lohnbüro 2013 auf <strong>de</strong>n S. 187 bis<br />

194 dargestellt sind.<br />

Computer (Datenverarbeitungsund<br />

Kommunikationsgeräte)<br />

Rückwirkend ab 2000 sind Vorteile <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer aus <strong><strong>de</strong>r</strong> privaten Nutzung<br />

von betrieblichen Datenverarbeitungsund<br />

Kommunikationsgeräten (z. B. PCs,<br />

Laptops, Notebooks, Tablets), <strong><strong>de</strong>r</strong>en Zubehör<br />

sowie überlassene Software und in<br />

Zusammenhang damit erbrachte Dienstleistungen<br />

abgabenfrei (§ 3 Nr. 45 EStG).<br />

Nicht begünstigt sind Smart-TV, Konsolen,<br />

MP3-Player, E-Books, Digitalkameras und<br />

vorinstallierte Navis in Firmenwagen.<br />

Zu <strong>de</strong>n begünstigten Programmen gehören<br />

Betriebssysteme, Browser, Virenscanner<br />

und Home-use-Programme, nicht<br />

aber z. B. Computerspiele. Zum begünstigten<br />

Zubehör gehören Monitor, (Farb-)<br />

Drucker, Scanner, Mo<strong>de</strong>m, Router, ISDN-,<br />

UMTS- und LTE-Karten, La<strong>de</strong>geräte und<br />

Transportmittel (z. B. Laptop-Taschen).<br />

Auch die Installation, Inbetriebnahme<br />

und die Reparaturen durch <strong>de</strong>n IT-Service<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers sind steuerfrei.<br />

Wird <strong><strong>de</strong>r</strong> PC/Laptop an Mitarbeiter übereignet,<br />

kann dieser geldwerte Vorteil mit<br />

25 Prozent pauschal versteuert wer<strong>de</strong>n bei<br />

voller SV-Beitrags-Freiheit. Diese Pauschalierung<br />

ist auch für Barzuschüsse <strong>de</strong>s<br />

Arbeitgebers zu <strong>de</strong>n Arbeitnehmer-Aufwendungen<br />

zur Internetnutzung möglich<br />

(§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG).<br />

Direktversicherung<br />

Arbeitgeber-Beiträge für Direktversicherungen<br />

zwecks Aufbau einer kapitalge<strong>de</strong>ckten<br />

betrieblichen Altersversorgung<br />

und zu Pensionsfonds und Pensionskassen<br />

sind bis zu 4 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Beitragsbemessungsgrenze<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen Rentenversicherung<br />

abgabenfrei (§ 3 Nr. 63<br />

EStG). Nicht befreit sind darüber hinausgehen<strong>de</strong><br />

Zukunftssicherungsleistungen<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers nach § 3 Nr. 62 EStG, die<br />

nachrangig zu beachten sind.<br />

Ehrenämter<br />

Seit 2013 beträgt die jährliche steuerfreie Pauschale<br />

statt 500 Euro jetzt 720 Euro p. a. (§ 3<br />

Nr. 26a EStG). Der Übungsleiter-Freibetrag<br />

wur<strong>de</strong> von 2 100 Euro auf 2 400 Euro erhöht<br />

(§ 3 Nr. 26 EStG). Die Abgabenfreiheit besteht<br />

nicht zusätzlich neben Aufwandsentschädigungen<br />

aus öffentlichen Kassen in Höhe von<br />

175 Euro monatlich (§ 3 Nr. 12 EStG).<br />

Einmalige Zuwendung<br />

Dieser sozialversicherungsrechtliche Begriff<br />

entspricht <strong>de</strong>m sonstigen Bezug im Lohnsteuerrecht<br />

und grenzt sich ab vom laufen<strong>de</strong>n<br />

Bezug. Beispiele sind Urlaubs- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Weihnachtsgeld o<strong><strong>de</strong>r</strong> Prämien. Sie sind <strong>de</strong>m<br />

Abrechnungszeitraum zuzurechnen, in <strong>de</strong>m<br />

sie ausgezahlt wer<strong>de</strong>n. Dabei ist die sog.<br />

Märzklausel zu beachten (vgl. R 39b.2 LStR).<br />

Vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Berechnung sind folgen<strong>de</strong> Freibeträge<br />

abzuziehen: Arbeitnehmer-Freibetrag,<br />

Altersentlastungsbetrag und Versorgungsfreibetrag.<br />

Die Besteuerung sonstiger Bezüge<br />

(z. B. bei Abfindungen) erfolgt nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

„Fünftelregelung“ <strong>de</strong>s § 39b Abs. 3 S. 9 EStG.<br />

Elterngeld/Elternzeit<br />

Elterngeld in Höhe von früher 67 bzw. zuletzt<br />

65 Prozent <strong>de</strong>s letzten Nettoeinkommens<br />

(max. 1 800 Euro) und vergleichbare<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>-Leistungen sind ebenso wie das<br />

Erziehungsgeld abgabenfrei (§ 3 Nr. 67<br />

EStG). Es unterliegt aber <strong>de</strong>m Progressionsvorbehalt<br />

und zählt somit beim anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Steuersatz mit. Das gilt auch<br />

für <strong>de</strong>n Min<strong>de</strong>stbetrag von 300 Euro.<br />

Anspruch auf Elternzeit besteht für bei<strong>de</strong><br />

Elternteile bis zur Vollendung <strong>de</strong>s dritten<br />

Lebensjahres <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s. Mit Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers ist eine Übertragung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit von bis zu 12 Monaten<br />

auf die Zeit vom dritten bis achten Lebensjahr<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s möglich.<br />

Essenszuschüsse<br />

Erhalten Arbeitnehmer unentgeltlich<br />

Mahlzeiten im Betrieb, ist dieser Vorteil<br />

mit <strong>de</strong>m amtlichen Sachbezugswert von<br />

2,93 Euro (bei Frühstück 1,60 Euro) 2013<br />

zu versteuern. Wer<strong>de</strong>n die Mahlzeiten<br />

verbilligt abgegeben, gehört die Differenz<br />

zum gezahlten Entgelt (inklusive USt.)<br />

zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.<br />

Bei Zuzahlungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeiter entsteht<br />

kein geldwerter Vorteil, wenn die Zahlung<br />

min<strong>de</strong>stens in Höhe <strong>de</strong>s Sachbezugswertes<br />

erfolgt. Der wertmäßig übersteigen<strong>de</strong><br />

Teil fließt hier also <strong>de</strong>n Mitarbeitern<br />

abgabenfrei zu.<br />

Bei Mahlzeiten in überwiegen<strong>de</strong>m betrieblichem<br />

Interesse (z. B. Bewirtung von<br />

Geschäftsfreun<strong>de</strong>n, Arbeitsessen, Fortbildungen<br />

etc.) liegt kein Arbeitslohn vor.<br />

Diese Fälle sind abschließend unter R 8.1<br />

(8) LStR aufgelistet.<br />

Fahrtkostenersatz<br />

Ersatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Fahrtkosten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhe, wie sie<br />

beim Arbeitnehmer als Werbungskosten<br />

abziehbar wären, ist steuerfrei (§ 3 Nr. 16<br />

10 | Journal für das Lohnbüro April 2013 So motivieren Arbeitgeber ihre Mitarbeiter


EStG). Aus öffentlichen Kassen erstattete<br />

Fahrtkosten sind in vollem Umfang steuerfrei<br />

(§ 3 Nr. 13 EStG). Fahrtkostenzuschüsse<br />

sind seit 2004 abgabepflichtig<br />

ohne Rücksicht auf das benutzte Verkehrsmittel.<br />

Die Lohnsteuer kann in Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Entfernungspauschale (30 Cent pro Entfernungs-Kilometer)<br />

mit 15 Prozent pauschaliert<br />

wer<strong>de</strong>n. Dann besteht Beitragsfreiheit<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialversicherung.<br />

Wer<strong>de</strong>n Job-Tickets unentgeltlich o<strong><strong>de</strong>r</strong> verbilligt<br />

überlassen, kann die Versteuerung<br />

<strong>de</strong>s geldwerten Vorteils mit 15 Prozent<br />

pauschal erfolgen. Auch das ist beitragsfrei<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> SV. Verkauft <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber das zuvor<br />

von einem Nahverkehrsunternehmen<br />

ermäßigt erworbene Ticket zu <strong>de</strong>m ermäßigten<br />

Preis an Mitarbeiter weiter, liegt<br />

kein geldwerter Vorteil vor.<br />

Die kostenlose o<strong><strong>de</strong>r</strong> verbilligte Überlassung<br />

eines Job-Tickets o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch die Verschaffung<br />

eines Rabatts ist ein Sachbezug,<br />

auf <strong>de</strong>n die monatliche Freigrenze von 44<br />

Euro anwendbar ist (sofern noch frei und<br />

nicht an<strong><strong>de</strong>r</strong>weitig verbraucht). Das gilt aber<br />

nicht für Jahresfahrscheine, die nach Auffassung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzverwaltung nicht auf<br />

monatliche Beträge umgerechnet wer<strong>de</strong>n<br />

können. Besteht das Jahres-Ticket aber aus<br />

einzelnen monatlichen Fahrberechtigungen,<br />

die z. B. bei Chipkarten monatlich freigeschaltet<br />

wer<strong>de</strong>n können, ist die 44-Euro-<br />

Freigrenze wie<strong><strong>de</strong>r</strong> anwendbar.<br />

(Mehr Informationen folgen unter „Fahrten<br />

zwischen Wohnung und regelmäßiger<br />

Arbeitsstätte“).<br />

Wolfgang Gamp<br />

Rechtsassessor,<br />

Lohnsteuerhilfeverein<br />

LoBe e.V.,<br />

Her<strong>de</strong>cke<br />

www.lohnsteuerhilfeher<strong>de</strong>cke.<strong>de</strong><br />

Moches Meinung<br />

Betriebsfest<br />

Das war ja gleich am Anfang ganz großes<br />

Kino. Damals, bei unserem großen Betriebsfest.<br />

Die Chefs, die man sonst nie<br />

sieht, höchstens im Firmenjubelblatt, stan<strong>de</strong>n<br />

in ihren dunklen Anzügen fein aufgereiht<br />

zu bei<strong>de</strong>n Seiten <strong>de</strong>s Saaleinganges.<br />

Bei <strong>de</strong>m einen o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en war sogar so<br />

etwas wie echte Vorfreu<strong>de</strong> auf das Kommen<strong>de</strong><br />

zu sehen. Die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en hatten nur<br />

ihr gemeißeltes Lächeln im Gesicht.<br />

Unsere weiblichen Belegschaftsangehörigen<br />

bekamen zur Begrüßung einen kleinen<br />

Blumenstrauß, wir Männer einen mehr<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger festen o<strong><strong>de</strong>r</strong> feuchten Hän<strong>de</strong>druck.<br />

Unser alter Speisesaal, auch besser<br />

bekannt als unsere Kantine, war von Profis<br />

echt durchgestylt wor<strong>de</strong>n. War kaum wie<strong><strong>de</strong>r</strong>zuerkennen,<br />

bei all <strong>de</strong>n Dekos und Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

und Fähnchen und Girlan<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>n<br />

Tischen stand schon feines Porzellan und<br />

je<strong>de</strong> Menge Blümchen<strong>de</strong>ko. Und wie Silber<br />

aussehen<strong>de</strong>s Besteck für offenbar mehrere<br />

Gänge war or<strong>de</strong>ntlich drumherum gelegt,<br />

mehrere Gläsersorten gehörten auch noch<br />

dazu. Echt schick aussehen<strong>de</strong> Tischkarten<br />

zeigten <strong>de</strong>n uns zugedachten Platz an. Erst<br />

mal großes Durcheinan<strong><strong>de</strong>r</strong> und dann fand<br />

sich kaum jemand im Kreise seiner Kolleginnen<br />

und Kollegen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Abteilung<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Alle waren irgendwie<br />

durchgemischt wor<strong>de</strong>n.<br />

Moches Meinung<br />

Kzenon © www.fotolia.<strong>de</strong><br />

Achtung bei Betriebsfeiern: Das Finanzamt prostet gerne mit.<br />

Und dann ging es auch schon richtig los.<br />

Unser Ober-Chef enterte die Bühne und begrüßte<br />

uns alle, die lieben Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter, auf das Herzlichste zu diesem<br />

schönen Abend, von <strong>de</strong>m seiner Meinung<br />

nach noch Generationen nachfolgen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kolleginnen und Kollegen sprechen<br />

wür<strong>de</strong>n. Dann die üblichen Lob-Hu<strong>de</strong>leien,<br />

ein bisschen Drohung vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft, aber<br />

wir alle gemeinsam wer<strong>de</strong>n das schon<br />

schaffen und vielen Dank für die bisher geleistete<br />

Arbeit und weiter so, bloß nicht<br />

nachlassen, die Konkurrenz schläft nicht.<br />

Das Ganze war dann durch die vielen<br />

Scheinwerfermöglichkeiten in verschie<strong>de</strong>ne<br />

Farben gehüllt und im Hintergrund leistete<br />

ein großer Beamer richtig gute Arbeit und<br />

projizierte je<strong>de</strong> Menge Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Firmengeschichte<br />

und <strong>de</strong>m laufen<strong>de</strong>n Betrieb<br />

auf eine riesengroße Leinwand. Immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

wur<strong>de</strong> ganz kurz auch das Bild einzelner<br />

Mitarbeiter eingeblen<strong>de</strong>t. Das war ganz<br />

spannend. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> wartete darauf, ob und wie<br />

er o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie selbst wohl aussehen wür<strong>de</strong>. Da<br />

war es dann auch nicht mehr so interessant,<br />

was die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Chefs auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Bühne noch<br />

so von sich gaben. Und auch die Sache mit<br />

<strong>de</strong>m bekannten Motivationstrainer, <strong>de</strong>n wir<br />

schon ein paarmal in <strong><strong>de</strong>r</strong> Firma hatten, kam<br />

nicht so doll an.<br />

Irgendwann war die ganze Re<strong><strong>de</strong>r</strong>ei dann<br />

mal vorbei und dann wur<strong>de</strong>n noch einige<br />

Leute beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s geehrt. Mit dicken Geschenken<br />

und so. Die kannte ich fast alle<br />

nicht, einige waren meiner Meinung nach<br />

auch schon ganz schön alt. Aber dann ging<br />

es erst recht los: wie auf Kommando vom<br />

Traumschiff tauchten je<strong>de</strong> Menge Servicekräfte<br />

auf, die wir vorher noch nie in unserer<br />

Kantine gesehen hatten. In Win<strong>de</strong>seile<br />

hatte je<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Suppe vor sich und damit<br />

war dann die Völlerei in vollem Gange. War<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 11


echt gut das Überraschungsmenü, dauerte<br />

wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> vielen Gänge nur zu lange. Und<br />

da ja keiner wusste, was <strong>de</strong>nn noch so alles<br />

kommen wür<strong>de</strong>, hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> eine o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e,<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> die meisten, viel zu früh schon viel zu<br />

viel gegessen und musste auf <strong>de</strong>n einen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gang notgedrungen verzichten.<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong> er hatte von <strong>de</strong>m ebenfalls reichlichen<br />

Getränkeangebot schon ebenso<br />

reichlich Gebrauch gemacht.<br />

Die Stimmung an <strong>de</strong>n Tischen kam nur<br />

langsam in Gang, es kannte sich ja kaum<br />

wer. Aber nach und nach ging auch das bzw.<br />

fan<strong>de</strong>n sich dann nach Abschluss <strong>de</strong>s Essens<br />

durch Platztausch doch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> viele<br />

Kolleginnen und Kollegen und so wur<strong>de</strong> es<br />

dann meistens doch noch ein ganz netter<br />

Abend. Vor allem als dann noch eine Band<br />

auf die Bühne kam und halbwegs gute<br />

Tanzmusik machte. Da konnte man dann<br />

die liebe Kollegin o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Kollegen auch<br />

mal richtig anpacken, beim Tanzen. Als<br />

weit nach drei Uhr morgens die Band ihre<br />

Instrumente einpackte, waren die Chefs natürlich<br />

alle schon längst weg. Und die letzten<br />

Gäste waren doch ein wenig erstaunt,<br />

wie viele von <strong>de</strong>n Begrüßungsblumen in die<br />

Blümchen-Deko gesteckt wor<strong>de</strong>n waren.<br />

Hat wohl nicht so gefallen, <strong><strong>de</strong>r</strong> kleine Blumenstrauß.<br />

Und dann sind auch noch die<br />

Letzten, wenn sie wollten, von <strong><strong>de</strong>r</strong> Firma mit<br />

einem Taxi nach Hause gefahren wor<strong>de</strong>n,<br />

toller Service war das.<br />

Tja, und jetzt sitze ich hier und soll dieses<br />

Betriebsfest lohnsteuerrechtlich so überprüfen,<br />

dass die 110-Euro-Grenze je Teilnehmer<br />

bloß nicht überschritten wird.<br />

Laut meinem Chef hat unser Ober-Chef<br />

das so gesagt und ich solle mir ganz bestimmt<br />

was einfallen lassen, damit das<br />

auch hinhaut mit <strong>de</strong>n 110 Euro. Ok, sage<br />

ich, wird gemacht. Und ich weiß auch<br />

schon wie. Denn da war doch erst kürzlich<br />

ein Urteil vom Bun<strong>de</strong>sfinanzhof<br />

(BFH) zu Betriebsfesten, o<strong><strong>de</strong>r</strong> so. Das<br />

schaue ich mir mal genauer an.<br />

So, so. Also im Jahr 2007 waren die 110 Euro<br />

noch in Ordnung. Und jetzt für das Jahr<br />

2012? Kann ich so einfach fünfmal zwei Prozent<br />

Teuerungsrate draufrechnen und<br />

komme so auf 121 Euro? Erst mal wohl nicht,<br />

je<strong>de</strong>nfalls kann ich das nicht alleine entschei<strong>de</strong>n.<br />

Aber gerecht wäre es schon und<br />

drum streiten könnte man sich ja auch mal,<br />

mit <strong>de</strong>m Betriebsprüfer meine ich. Wenn ich<br />

alles, was mir die Buchhaltung an Belegen<br />

gegeben hat, zusammenrechne, dann<br />

komme ich sowieso schon auf ungefähr 135<br />

Euro pro Teilnehmer. Es geht also ohnehin<br />

nur, wenn ich noch etwas herausrechnen<br />

könnte. Der BFH hat ja gesagt, dass Leistungen,<br />

die nicht in unmittelbarem Zusammenhang<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsveranstaltung stehen<br />

und durch die <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

<strong>de</strong>shalb nicht bereichert ist, kein Lohn sind<br />

und <strong>de</strong>shalb in die Berechnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freigrenze<br />

nicht einzubeziehen sind. Und auch<br />

nicht die Aufwendungen <strong>de</strong>s Arbeitgebers,<br />

die nicht direkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsveranstaltung<br />

zuzuordnen sind. Und dass in einer Betriebsveranstaltung<br />

enthaltene Elemente einer<br />

sonstigen betrieblichen Veranstaltung<br />

auch nicht zur Lohnzuwendung führen.<br />

Na dann wollen wir mal prüfen. Alle Teilnehmerlisten<br />

mit Unterschriften sind da,<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahl kann man wohl nichts machen.<br />

Die Blümchen am Eingang zur Begrüßung,<br />

die können wir schon mal streichen. Erstens<br />

sind die meisten sowieso in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kantine<br />

geblieben, zweitens halten Schnittblumen<br />

sowieso nur zwei bis drei Tage und<br />

stellen somit keine Bereicherung dar und<br />

drittens wur<strong>de</strong>n die Blümchen ja fast schon<br />

aufgedrängt – welche Dame wollte sich<br />

gleich zu Anfang dagegen wehren.<br />

Das Essen war ja ganz ok, aber viel zu viel.<br />

Ich bin sicher, dass je<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong>de</strong>n man fragen<br />

wür<strong>de</strong>, höchstens die Hälfte von <strong>de</strong>m gegessen<br />

hat, was angeboten wur<strong>de</strong>. Ob ich da<br />

einfach mal so 20 Prozent von <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechnung<br />

<strong>de</strong>s Caterers wegen fehlen<strong><strong>de</strong>r</strong> Inanspruchnahme<br />

herunterrechne? Mal sehen ob wir<br />

das vielleicht noch brauchen. Und die Beleuchtungsanlage<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Beamer und die<br />

Leinwand brauchten wir doch sowieso für<br />

die Lobeshymnen <strong>de</strong>s Chefs und <strong>de</strong>n großen<br />

Motivator. Das war doch sowieso wie<br />

auf fast je<strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsversammlung. Da<br />

kann ich dann ja auch noch mal genauer<br />

hinsehen und wahrscheinlich etwas o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vielleicht sogar alles herausrechnen.<br />

Die Getränkerechnung. Ach guck mal,<br />

ganz schön viel Sekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausmarke ist da<br />

getrunken wor<strong>de</strong>n. Aber wieso auch<br />

Champagner? Habe ich nichts von gesehen.<br />

Und von teurem Whisky auch nichts. Und<br />

wieso überhaupt Zigarren – da war doch<br />

wie überall Rauchverbot. O<strong><strong>de</strong>r</strong> haben die<br />

Chef’s vielleicht, im Besucherkasino, so<br />

ganz für sich? Und dann so klammheimlich<br />

in die große Rechnung reinrechnen.<br />

Na das schaue ich mir aber mal genauer an.<br />

Das wür<strong>de</strong> die Summe pro Teilnehmer<br />

aber ganz sicher nach unten korrigieren.<br />

So, nun zur Saal-Deko. War ja alles ganz<br />

nett. Aber eigentlich hätten es unsere Kantinenteller<br />

und -bestecke auch getan. Aber<br />

egal, das ist Aufwand für <strong>de</strong>n äußeren<br />

Rahmen, da kann man nichts machen. Und<br />

was ist das hier? „Honorar für Event-Manager“–<br />

wer war das <strong>de</strong>nn? Ganz hoher Betrag.<br />

Und <strong><strong>de</strong>r</strong> BFH sagte dazu doch ausdrücklich,<br />

dass z. B. die Beschäftigung<br />

eines Event-Managers nicht direkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsveranstaltung<br />

zuzurechnen wäre. Na<br />

also, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Punkt, <strong>de</strong>n wir uns noch<br />

mal genauer ansehen müssen und <strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />

110-Euro-Grenze beeinflussen könnte.<br />

Beim Servicepersonal kann man wohl<br />

nichts machen, die waren ja bis in <strong>de</strong>n frühen<br />

Morgen da. Aber morgens waren das<br />

doch schon sehr viel weniger Servicekräfte.<br />

Da muss ich noch mal nachhaken, ob <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Betrag so richtig sein kann. Apropos Honorar.<br />

Gehörte <strong><strong>de</strong>r</strong> Motivationstrainer nun<br />

zum Betriebsfest o<strong><strong>de</strong>r</strong> war das nicht eigentlich<br />

doch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> so wie bei <strong>de</strong>n vielen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Motivationstrainings in <strong><strong>de</strong>r</strong> Firma?<br />

Muss ich auch noch mal prüfen.<br />

Also die Kosten für die Geschenkeaktion<br />

nehme ich aber nicht in die Berechnung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Grenze hinein. Da schauen wir mal, ob<br />

wir das nicht eher individuell besteuern,<br />

wenn es <strong>de</strong>nn notwendig wäre. Das hat in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaftsaktion für alle aber<br />

wirklich nichts zu suchen – wäre ja noch<br />

schöner. Und das mache ich bei <strong>de</strong>n Taxi-<br />

Kosten auch so. Hat <strong><strong>de</strong>r</strong> BFH ja schließlich<br />

auch gesagt: Dabei kann es sich allenfalls<br />

um Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer<br />

han<strong>de</strong>ln. Wie<strong><strong>de</strong>r</strong> etwas, das ich herausrechnen<br />

kann. Damit wären wir dann<br />

insgesamt <strong>de</strong>utlich unter <strong>de</strong>n 110 Euro pro<br />

Teilnehmer. Und ein bisschen Luft nach<br />

oben haben wir auch noch, falls wir doch<br />

noch das eine o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e, ggf. anteilig,<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> mit hineinnehmen.<br />

So, und damit gehe ich jetzt zu meinem<br />

Chef. Na <strong><strong>de</strong>r</strong> wird sich wun<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ob er<br />

meine Streichungsvorschläge und Fragestellungen<br />

selbst entschei<strong>de</strong>t o<strong><strong>de</strong>r</strong> ob er<br />

wohl <strong>de</strong>n Ober-Chef fragen muss? Vielleicht<br />

fragt <strong><strong>de</strong>r</strong> Ober-Chef mich dann ja<br />

auch mal direkt – wäre auch nicht schlecht.<br />

Es sei <strong>de</strong>nn, er fragt mich danach, wie ich<br />

<strong>de</strong>nn auf eine geson<strong><strong>de</strong>r</strong>te Veranstaltung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsführung im Nebenraum<br />

käme, das sei doch so gar nicht gewesen.<br />

WERnER M. MoCHE<br />

BiAM-Beratung<br />

Holzmin<strong>de</strong>n<br />

12 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Moches Meinung


Aktuelles aus <strong>de</strong>m Sozialversicherungsrecht<br />

Entgeltbescheinigungsverordnung:<br />

AWV arbeitet an einer Praxis-<br />

Kommentierung<br />

(Hm) Am 1. Juli 2013 tritt die Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

(EBV) in Kraft. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

EBV wird ein verbindlicher Min<strong>de</strong>st-Standard<br />

zum Inhalt und zum Verfahren einer<br />

Entgeltbescheinigung geregelt.<br />

Derzeit arbeitet die Arbeitsgemeinschaft<br />

für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) an<br />

einer Praxis-Kommentierung zur bzw. <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

EBV. Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommentierung ist es, <strong>de</strong>taillierte<br />

Beschreibungen und Informationen<br />

zu <strong>de</strong>n einzelnen Punkten <strong><strong>de</strong>r</strong> EBV<br />

zur Verfügung zu stellen, um Arbeitgeber<br />

und Softwarehäuser bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Einrichtung<br />

und Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> EBV zu unterstützen.<br />

Die Kommentierung, die auch eine Sammlung<br />

von Fallbeispielen beinhalten wird,<br />

soll auf <strong>de</strong>n Web-Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> AWV und <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>sministeriums für Arbeit und Soziales<br />

(BMAS) veröffentlicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Die AWV verfügt über beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Kenntnisse<br />

und Erfahrungen im betrieblichen<br />

Verdienstbescheinigungswesen. So setzt<br />

sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitskreis „Vereinheitlichte Bescheinigungen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lohn- und Gehaltsabrechnung“<br />

seit über 25 Jahren mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Harmonisierung und Entbürokratisierung<br />

in diesem Themenfeld auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

BUK-Neuorganisationsgesetz<br />

im Bun<strong>de</strong>stag<br />

(Hm) Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuorganisation<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bun<strong>de</strong>sunmittelbaren<br />

Unfallkassen, zur Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Sozialgerichtsgesetzes<br />

und zur Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz)<br />

wird <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit im Deutschen Bun<strong>de</strong>stag<br />

beraten. Auf folgen<strong>de</strong> Punkte ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

hinzuweisen:<br />

• bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses<br />

soll die Arbeitsbescheinigung<br />

„nur noch“ dann ausgestellt<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> betroffene Arbeitnehmer<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Bun<strong>de</strong>sagentur für<br />

Arbeit dies explizit verlangen<br />

• darüber hinaus soll <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />

die Möglichkeit eröffnet wer<strong>de</strong>n, die<br />

von ihm zu erstellen<strong>de</strong> Bescheinigung<br />

auf elektronischem Wege an die Bun<strong>de</strong>sagentur<br />

für Arbeit zu übermitteln,<br />

statt diese auf Papier auszugeben (Projekt<br />

Bea)<br />

• <strong><strong>de</strong>r</strong> Termin zur Erstattung <strong><strong>de</strong>r</strong> DEÜV-<br />

Jahresmeldung soll vom 15. April <strong>de</strong>s<br />

Folgejahres auf <strong>de</strong>n 15. Februar <strong>de</strong>s Folgejahres<br />

vorverlegt wer<strong>de</strong>n (erstmals<br />

für die Jahresmeldung 2013 in 2014)<br />

• die Unfallversicherungsträger sollen<br />

ihre Prüfkompetenz für die Fälle „zurückbekommen“,<br />

bei <strong>de</strong>nen konkrete<br />

Anhaltspunkte vorliegen, dass Arbeitsentgelte<br />

vom Unternehmen nicht<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> richtigen Gefahrklasse zugeordnet<br />

wur<strong>de</strong>n und die Aufklärung keinen<br />

Aufschub dul<strong>de</strong>t<br />

• bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Künstlersozialabgabe<br />

soll künftig auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Vier-Jahres-<br />

Prüfturnus gelten (§ 28p Abs. 1 SGB IV)<br />

Kommt in 2014 das Präventionsgesetz?<br />

(Gp) Das betriebliche Gesundheitsmanagement<br />

soll noch stärker geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Das beinhaltet <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesetzentwurf<br />

zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Prävention, <strong>de</strong>n die<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung am 20.03.2013 nach vielen<br />

Verzögerungen verabschie<strong>de</strong>t hat. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

die Finanzierung ist bei <strong>de</strong>n<br />

Kassen auf Kritik gestoßen.<br />

Schon heute för<strong><strong>de</strong>r</strong>n die gesetzlichen<br />

Krankenkassen in erheblichem Umfang<br />

Präventionsmaßnahmen z. B. zu Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen,<br />

Diabetis und Krebserkrankungen<br />

(z. B. zu Darmkrebs). Das sollte aber<br />

nicht nur aus Werbe- und Wettbewerbsgrün<strong>de</strong>n<br />

geschehen.<br />

Bisher konnten die Kassen die Prioritäten<br />

weitgehend selbst und frei bestimmen.<br />

Künftig sind konkrete Vorgaben von Gesundheitszielen<br />

geplant, wie sie vom Kooperationsverbund<br />

GVG unter www.gesundheitsziele.<strong>de</strong><br />

erarbeitet wor<strong>de</strong>n sind.<br />

Boni sollen künftig an Arbeitgeber und<br />

Arbeitnehmer geleistet wer<strong>de</strong>n, die am Erfolg<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Maßnahmen anknüpfen. Durch<br />

Vereinbarung von Gruppentarifen mit Arbeitgebern<br />

können zielgerichtete Angebote<br />

für bestimmte Arbeitnehmer-Gruppen<br />

unterbreitet wer<strong>de</strong>n.<br />

Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesetzentwurf <strong><strong>de</strong>r</strong> Opposition<br />

nicht weit genug geht, diese aber im Bun<strong>de</strong>srat<br />

zustimmen muss, bleibt das weitere<br />

Schicksal dieses wichtigen Gesetzentwurfs<br />

spannend (Info-Stand Mitte März 2013).<br />

OMS-Bericht jetzt veröffentlicht<br />

(Gp) Zum Projekt „Optimiertes Mel<strong>de</strong>verfahren<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Sicherung“(OMS)<br />

hat das Statistische Bun<strong>de</strong>samt jetzt einen<br />

168 seitigen Bericht veröffentlicht. Es geht<br />

dabei um die Kosten <strong><strong>de</strong>r</strong> bestehen<strong>de</strong>n<br />

Mel<strong>de</strong>verfahren in <strong><strong>de</strong>r</strong> SV für das Jahr<br />

2011. Dargestellt wer<strong>de</strong>n die Aufwän<strong>de</strong><br />

beim Arbeitgeber (Zeitaufwand, Personalund<br />

Sachkosten), beim Bürger und bei <strong>de</strong>n<br />

SV-Trägern. Insgesamt zählte man 86 Mio<br />

SV-Meldungen, die insgesamt einen Aufwand<br />

von 1,2 Mrd. Euro verursachten.<br />

Das sind bezogen auf <strong>de</strong>n einzelnen Arbeitgeber<br />

ca. 14 Euro pro Meldung. Der<br />

vollständige OMS-Bericht Erfüllungsaufwand<br />

Destatis vom 21.03.2013 ist unter<br />

www.projekt-oms.<strong>de</strong> bei Aktuelles veröffentlicht.<br />

Beitrags-Nachfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n anwendbaren Tarifvertrag<br />

(Gp) Wenn SV-Beiträge z. B. bei untertariflicher<br />

Bezahlung von <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nachgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n, setzt das voraus, dass die Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

rechtmäßig zustehen<strong>de</strong>n Entgelte feststehen.<br />

Dabei ist es unerheblich, ob die Gehälter<br />

tatsächlich nachgezahlt wer<strong>de</strong>n. Wegen<br />

<strong>de</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> SV gelten<strong>de</strong>n Entstehungsprinzips<br />

muss aber klar sein, ob ein Tarifvertrag<br />

anzuwen<strong>de</strong>n ist o<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht.<br />

Das ist (noch) nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall, wenn in einem<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Prozess gera<strong>de</strong> die rückwirken<strong>de</strong><br />

Allgemeinverbindlichkeit <strong>de</strong>s TV für <strong>de</strong>n<br />

fraglichen Zeitraum umstritten ist. Die<br />

Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> rechtmäßigen Entgelte (hier für<br />

eine Fastfood-Kette) muss feststehen, damit<br />

die SV-Beiträge berechnet wer<strong>de</strong>n können.<br />

Sonst wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber möglicherweise<br />

mit ungerechtfertigten Nachfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

belastet und ggf. sogar zur Insolvenz gebracht.<br />

Nachfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen von SV-Beiträgen<br />

dürfen <strong>de</strong>shalb bis zur Klärung <strong><strong>de</strong>r</strong> arbeitsrechtlichen<br />

Vorfragen nicht vollstreckt wer<strong>de</strong>n<br />

(Sozialgericht Düsseldorf v. 18.09.2012,<br />

Az.: S 26 R 1670/12 ER).<br />

Arbeitsbescheinigungen künftig nur<br />

noch auf Verlangen und elektronisch<br />

(Gp) Aktuell müssen Arbeitgeber bei je<strong>de</strong>m<br />

En<strong>de</strong> einer sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigung eine Arbeitsbescheinigung<br />

ausstellen, insgesamt rund<br />

7,8 Mio pro Jahr. Diese Arbeitsbelastung<br />

soll künftig (wahrscheinlich ab 2014) nur<br />

noch anfallen, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> die BA das ausdrücklich wünschen.<br />

Verzichtbar ist die Bescheinigung bei direktem<br />

Arbeitsplatzwechsel, wenn kein<br />

Arbeitslosengeld beansprucht wird.<br />

Außer<strong>de</strong>m sollen die Arbeitsbescheinigungen<br />

und die Nebeneinkommensbescheinigungen<br />

elektronisch an die Arbeitsämter<br />

übermittelt wer<strong>de</strong>n. Dabei können die<br />

im Mel<strong>de</strong>verfahren <strong><strong>de</strong>r</strong> SV vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Strukturen genutzt wer<strong>de</strong>n (Entwurf eines<br />

Gesetzes zur Neuorganisation <strong><strong>de</strong>r</strong> bun<strong>de</strong>sunmittelbaren<br />

Unfallkassen, zur Än<strong>de</strong>-<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Sozialversicherungsrecht<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 13


ung <strong>de</strong>s Sozialgerichtsgesetzes und zur<br />

Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Gesetze – BUK-NOG-<br />

Stand En<strong>de</strong> März 2013).<br />

Für Sie zusammengestellt von Stefan<br />

Haussmann (Hm) und Wolfgang Gamp<br />

(Gp).<br />

STEfan Haussmann<br />

LL.M.<br />

Berlin<br />

Wolfgang Gamp<br />

Rechtsassessor,<br />

Lohnsteuerhilfeverein<br />

LoBe e.V.,<br />

Her<strong>de</strong>cke<br />

www.lohnsteuerhilfeher<strong>de</strong>cke.<strong>de</strong><br />

Ärztlicher Leiter ist abhängig beschäftigt<br />

Für das medizinische Qualitätsmanagement<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Patientenversorgung und Patientenbetreuung<br />

im Notarzt- und Rettungsdienst<br />

ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel <strong><strong>de</strong>r</strong> Ärztliche Leiter<br />

Rettungsdienst verantwortlich. Die Institution<br />

<strong>de</strong>s Ärztlichen Leiters Rettungsdienst<br />

ist jedoch wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vielfalt unterschiedlicher<br />

überregionaler und regionaler<br />

rettungsdienstlicher Strukturen nicht einheitlich<br />

in allen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorgesehen.<br />

Fraglich ist, ob es sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeit<br />

eines Ärztlichen Leiters Rettungsdienst<br />

nach <strong>de</strong>n in Bayern gelten<strong>de</strong>n lan<strong>de</strong>srechtlichen<br />

Regelungen um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis<br />

han<strong>de</strong>lt.<br />

In Bayern nimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> Ärztliche Leiter Rettungsdienst<br />

seine Aufgaben auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grundlage <strong>de</strong>s Bayerischen Rettungsdienstgesetzes<br />

(BayRDG), und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung<br />

zur Ausführung <strong>de</strong>s Bayerischen<br />

Rettungsdienstgesetzes zu <strong>de</strong>n Ärztlichen<br />

Leitern Rettungsdienst in Bayern wahr.<br />

Darüber hinausgehen<strong>de</strong> vertragliche Vereinbarungen<br />

bestehen nicht. Die flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong><br />

Versorgung mit rettungsdienstlichen<br />

Leistungen ist danach eine<br />

öffentliche Aufgabe, die durch einen öffentlichen<br />

Rettungsdienst sicherzustellen<br />

ist. Als Angelegenheit <strong>de</strong>s übertragenen<br />

Wirkungskreises ist die Sicherstellung <strong>de</strong>s<br />

öffentlichen Rettungsdienstes Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Landkreise und kreisfreien Gemein<strong>de</strong>n,<br />

die diese Aufgaben (im Hinblick auf die<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> obersten Rettungsdienstbehör<strong>de</strong><br />

festgelegten Rettungsdienstbereiche) im<br />

Zusammenschluss zu einem Zweckverband<br />

für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung<br />

(ZRF) erledigen. Als öffentlicher<br />

Rettungsdienst <strong>de</strong>finiert das BayRDG<br />

die Gesamtheit aller Einrichtungen, Einsatzmittel<br />

und Personen, die aufgrund einer<br />

Beauftragung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bestellung an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen<br />

beteiligt sind. Zu <strong>de</strong>n Einrichtungen<br />

<strong>de</strong>s öffentlichen Rettungsdienstes gehören<br />

zwingend eine integrierte Leitstelle, ein<br />

Ärztlicher Leiter Rettungsdienst sowie<br />

ganztägig einsatzbereite Rettungswachen<br />

und Notarztstandorte, die in je<strong>de</strong>m Rettungsbereich<br />

vorhan<strong>de</strong>n sein müssen. Die<br />

notwendige Versorgungsstruktur, die bedarfsgemäß<br />

noch weitere Einrichtungen<br />

<strong>de</strong>s öffentlichen Rettungsdienstes beinhalten<br />

kann, legt <strong><strong>de</strong>r</strong> ZRF fest, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch über<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen entschei<strong>de</strong>t.<br />

Leistung wird innerhalb einer<br />

Arbeitsorganisation erbracht<br />

Die Funktion <strong>de</strong>s Ärztlichen Leiters Rettungsdienst<br />

ist integraler Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

verantwortlich von <strong><strong>de</strong>r</strong> ZRF zu führen<strong>de</strong>n<br />

Einrichtungen <strong>de</strong>s öffentlichen Rettungsdienstes.<br />

Das BayRDG weist <strong>de</strong>m Ärztlichen<br />

Leiter Rettungsdienst verbindlich<br />

öffentlich-rechtliche Aufgaben und Befugnisse<br />

einschließlich Weisungsbefugnissen<br />

gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Personen, die Aufgaben<br />

<strong>de</strong>s öffentlichen Rettungsdienstes wahrnehmen,<br />

zu. In sozialversicherungsrechtlicher<br />

Hinsicht wird die Tätigkeit damit im<br />

Rahmen einer von Dritten vorgegebenen<br />

Arbeitsorganisation erbracht.<br />

Kein Arbeitsvertrag<br />

Die Tatsache, dass zwischen <strong>de</strong>m Ärztlichen<br />

Leiter Rettungsdienst und <strong>de</strong>m ZRF<br />

ein Arbeitsvertrag im Sinne von § 613 Bürgerliches<br />

Gesetzbuch (BGB) nicht vorgesehen<br />

ist, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine auf fünf Jahre befristete<br />

Bestellung durch <strong>de</strong>n ZRF erfolgt,<br />

spricht nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.<br />

We<strong><strong>de</strong>r</strong> das Zustan<strong>de</strong>kommen<br />

eines Arbeitsverhältnisses<br />

in sozialversicherungsrechtlichem<br />

Sinne hängen davon ab, dass ein Arbeitsvertrag<br />

geschlossen wur<strong>de</strong>; das Fehlen eines<br />

Arbeitsvertrages hat danach keinerlei<br />

Indizwirkung. Die Erbringung abhängiger<br />

Erwerbsarbeit ist ebenso im Rahmen<br />

öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse<br />

<strong>de</strong>nkbar (Urteile <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>ssozialgerichtes<br />

– BSG – vom 22.02.1996, Az.: 12 RK 6/95<br />

und 15.07.2009, Az.: B 12 KR 1/09 R).<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> ständigen Rechtsprechung <strong>de</strong>s<br />

BSG kann die Weisungsgebun<strong>de</strong>nheit insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

bei Diensten höherer Art zur<br />

funktionsgerecht dienen<strong>de</strong>n Teilhabe am<br />

Arbeitsprozess verfeinert sein Dies verwirklicht<br />

sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Funktion <strong>de</strong>s Ärztlichen<br />

Leiters Rettungsdienst; eine völlige<br />

Weisungsfreiheit besteht insofern nicht.<br />

Die Weisungsgebun<strong>de</strong>nheit ergibt sich daraus,<br />

dass es Aufgabe <strong>de</strong>s entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Ausschusses ist, ein einheitliches Vorgehen<br />

in grundsätzlichen Fragen sicherzustellen.<br />

Der Ausschuss beschließt über fachliche<br />

Empfehlungen an die Ärztlichen Leiter<br />

Rettungsdienst, die wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um die oberste<br />

Rettungsdienstbehör<strong>de</strong> zum Inhalt einer<br />

Dienstanweisung machen kann. Durch die<br />

Zahlung einer Aufwandsentschädigung<br />

besteht für <strong>de</strong>n Ärztlichen Leiter Rettungsdienst<br />

kein unternehmerisches Risiko.<br />

Nach einem Besprechungsergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Spitzenverbän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialversicherung<br />

vom 08./09.05.2012 (TOP 2) besteht ein abhängiges<br />

Beschäftigungsverhältnis. Diese<br />

Feststellung gilt auch für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />

wenn es dort auch einen Ärztlichen<br />

Leiter Rettungsdienst gibt.<br />

MICHAEL Schmatz<br />

Sozialversicherungsfachwirt<br />

Wirtschaftsjournalist<br />

14 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Ärztlicher Leiter ist abhängig beschäftigt


Schwerpunkt Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

AWV-Bescheinigungsarbeitskreis tagte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Domstadt Köln<br />

Kommentierung und Fallbeispiele<br />

wer<strong>de</strong>n im April 2013 veröffentlicht<br />

„Wofür stehen die vier Buchstaben in<br />

‚REWE‘ eigentlich?“ Diese Frage verursachte<br />

bei <strong>de</strong>n über 30 Mitarbeiter/-innen<br />

<strong>de</strong>s AWV-Arbeitskreises 2.18 „Vereinheitlichung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bescheinigungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lohnund<br />

Gehaltsabrechnung“, die sich zur<br />

Frühjahrssitzung in Köln eingefun<strong>de</strong>n<br />

hatten, ratloses Achselzucken. Doch die<br />

Antwort von Dr. Phillip Merten, Bereichsleiter<br />

Personalwesen Konzern bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

REWE Group, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Frage im Rahmen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> herzlichen Begrüßung stellte, ließ<br />

nicht lange auf sich warten: Das Akronym<br />

„REWE“ steht für „Revisionsverband <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Westkaufgenossenschaften“. Dies blieb<br />

aber die einzige Frage, die das Gremium<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> zweitägigen Sitzung am 20./21.<br />

März 2013 in <strong>de</strong>n repräsentativen Räumlichkeiten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> diesmal gastgeben<strong>de</strong>n<br />

REWE Zentralfinanz e. G. in Schwierigkeiten<br />

brachte. Denn ansonsten wur<strong>de</strong>n<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> bewährten Leitung von Wilhelm<br />

Knoop (Deutsche Lufthansa AG) in<br />

gewohnter Manier praxisgerechte Lösungen<br />

zu <strong>de</strong>n vielfältigen Themen, die auf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Tagesordnung stan<strong>de</strong>n, erarbeitet.<br />

EBV im Fokus<br />

Topthema <strong><strong>de</strong>r</strong> Agenda war die Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

(EBV), welche<br />

zum 01.07.2013 in Kraft tritt. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung<br />

wer<strong>de</strong>n verbindliche Vorgaben<br />

<strong>de</strong>s Inhalts einer Entgeltbescheinigung<br />

Schwerpunkt Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

gemacht, die zu Zwecken nach <strong>de</strong>m Sozialgesetzbuch<br />

verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Ziel ist, eine normierte Entgeltbescheinigung<br />

zu erreichen, um sicherzustellen,<br />

dass <strong>de</strong>n Sozialleistungsträgern bun<strong>de</strong>sweit<br />

einheitliche Angaben aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Bescheinigung<br />

zur Verfügung stehen. Damit<br />

können bislang individuell zu erstellen<strong>de</strong><br />

Bescheinigungen durch die monatlichen<br />

Entgeltbescheinigungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

ersetzt wer<strong>de</strong>n. Ein erstes Massenverfahren,<br />

das diesen Ansatz verfolgt, fin<strong>de</strong>t<br />

sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Berechnung <strong>de</strong>s Elterngel<strong>de</strong>s:<br />

Grundsätzlich sind für die Einkommensermittlung<br />

gem. § 2c Abs. 2 BEEG die<br />

monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen<br />

zu verwen<strong>de</strong>n. Das verordnungserlassen<strong>de</strong><br />

Bun<strong>de</strong>sministerium für<br />

Arbeit und Soziales (BMAS) hat die AWV<br />

gebeten, eine praxisbezogene Umsetzungs-<br />

und Anwendungshilfe zur Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

zu erstellen.<br />

Zu diesem Zweck wur<strong>de</strong> eine<br />

erweiterte Projektgruppe <strong>de</strong>s AK 2.18 gegrün<strong>de</strong>t,<br />

um im Rahmen einer Kommentierung<br />

<strong>de</strong>taillierte Beschreibungen und<br />

Informationen zu <strong>de</strong>n einzelnen Punkten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Entgeltbescheinigungsverordnung<br />

zur Verfügung zu stellen. Damit sollen<br />

Softwarehäuser und Arbeitgeber bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einrichtung unterstützt und konkrete Fragen<br />

geklärt wer<strong>de</strong>n. Die Sitzung in Köln<br />

wur<strong>de</strong> genutzt, um <strong>de</strong>n erstellten Entwurf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kommentierung mit <strong>de</strong>m Gastreferenten<br />

Ivo Hurnik vom BMAS ausführlich<br />

Fester Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagesordnung: AWV-Geschäftsführer Dr. Ulrich Naujokat informiert über<br />

aktuelle Themen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Facharbeit.<br />

Verabschiedung: Robert Steuer, REWE, (r.) und<br />

Uwe Remus, Volkswagen AG, (2. v. l.) verlassen<br />

<strong>de</strong>n AK 2.18. Wilhelm Knoop, Deutsche Lufthansa,<br />

Leiter <strong>de</strong>s FA 2, (2. v. r.) und AWV-Referent Volker<br />

Will (l.) wünschen für die Zukunft alles Gute.<br />

zu besprechen. Zentraler Punkt war dabei<br />

die Frage, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber <strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />

über die Angaben informieren<br />

kann, die nicht unter die Vorgaben <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Entgeltbescheinigungsverordnung fallen.<br />

Diese Informationen darf <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

aus datenschutzrechtlichen Grün<strong>de</strong>n<br />

vor Weitergabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Bescheinigung unkenntlich<br />

machen. Ausdrücklich geregelt<br />

ist dies in <strong><strong>de</strong>r</strong> EBV für das Kirchensteuermerkmal,<br />

gilt aber auch für weitere Angaben,<br />

die regelmäßig in <strong>de</strong>n Bescheinigungen<br />

enthalten sind (z. B. Urlaubsbestän<strong>de</strong>).<br />

Die Kommentierung zur EBV und eine Anlage<br />

mit Fallbeispielen wer<strong>de</strong>n im April<br />

2013 veröffentlicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Neue AK-Leitung<br />

Die Standardisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vordruckmuster<br />

ist eine Daueraufgabe, die <strong><strong>de</strong>r</strong> AK 2.18<br />

seit über 25 Jahren verfolgt. Die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche<br />

Kontinuität in <strong><strong>de</strong>r</strong> Facharbeit ist gewährleistet,<br />

weil die im Arbeitskreis vertretenen<br />

Unternehmen/Behör<strong>de</strong>n für<br />

ausschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mitarbeiter regelmäßig<br />

Nachfolger benennen. Dies ist glücklicherweise<br />

auch im Fall von Robert Steuer<br />

(REWE Group) und Uwe Remus (Volkswagen<br />

AG) so, welche <strong>de</strong>n Arbeitskreis<br />

nach langen Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit<br />

verlassen und in <strong>de</strong>n wohlverdienten<br />

Ruhestand treten. AK-Leiter Wilhelm<br />

Knoop bedankte sich herzlich für das<br />

große Engagement und wünschte für die<br />

Zukunft alles Gute. Personelle Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

erfolgten aber auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitskreises selbst. Wilhelm Knoop<br />

legte sein Amt als Leiter, welches er im<br />

August 2000 übernommen hatte, nie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

Knoop bleibt aber <strong><strong>de</strong>r</strong> AWV als Leiter <strong>de</strong>s<br />

Fachausschusses 2 und <strong>de</strong>m AK 2.18 als<br />

Mitglied erhalten. Zum Nachfolger und<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 15


Auch in Team 3 (Bescheinigungen an Gemein<strong>de</strong>n,<br />

Amtsgerichte etc.) fand ein<br />

Wechsel statt: Sven Fester (Deutsche Post<br />

AG) übernimmt das Teamleiteramt von Peter<br />

Berg (Stadt Bochum). Fachlich steht die<br />

Aktualisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bescheinigungen an,<br />

die Bezug auf <strong>de</strong>n Begriff „Gesamtbruttoentgelt“<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bisherigen Entgeltbescheinigungsrichtlinie<br />

nahmen, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> nunmehrigen<br />

Verordnung modifiziert wur<strong>de</strong>.<br />

Künftiges Führungstrio im AK 2.18: Der neue Leiter Stefan Haussmann, DB Mobility Logistics AG,<br />

(2. v. r.) seine Stellvertreterin Anna Zetzmann, Deutsche Lufthansa AG, (2. v. l.) und sein Stellvertreter<br />

Sven Fester, Deutsche Post AG (3. v. l.). Wilhelm Knoop, Deutsche Lufthansa AG, Leiter<br />

<strong>de</strong>s FA 2, (l.) und AWV-Referent Volker Will (r.) freuen sich über die Wahl.<br />

neuem Leiter <strong>de</strong>s AK 2.18 wur<strong>de</strong> Stefan<br />

Haussmann (DB Mobility Logistics AG)<br />

einstimmig gewählt. Die Stellvertretung<br />

wur<strong>de</strong> doppelt besetzt: Anna Zetzmann<br />

(Deutsche Lufthansa AG) und Sven Fester<br />

(Deutsche Post AG) übernehmen diese<br />

Aufgabe. Knoop gratulierte <strong>de</strong>m gewählten<br />

Trio und gab sich zuversichtlich, dass<br />

die Erfolgsgeschichte <strong>de</strong>s AK 2.18 weitergeschrieben<br />

wird.<br />

Team-Aktivitäten<br />

Der Arbeitskreis 2.18 setzt bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfüllung<br />

seiner Aufgabe auf einzelne Teams,<br />

die für die unterschiedlichen Bescheinigungsgruppen<br />

verantwortlich sind. Team<br />

1 (Bescheinigungen an die Sozialversicherungsträger)<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung von Anna<br />

Zetzmann (Deutsche Lufthansa) beschäftigte<br />

sich mit <strong>de</strong>m Entwurf eines Erstattungsantrags<br />

nach § 3a Abs. 2 EntgFG. Ein<br />

wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Spen<strong>de</strong> von Organen arbeitsunfähiger<br />

Arbeitnehmer hat bis zur Dauer<br />

von sechs Wochen einen Anspruch auf<br />

Entgeltfortzahlung, <strong><strong>de</strong>r</strong> zahlen<strong>de</strong> Arbeitgeber<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um einen Erstattungsanspruch<br />

gegen die Krankenkasse <strong>de</strong>s Organempfängers.<br />

Der erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Antrag<br />

soll nach Abstimmung mit <strong>de</strong>m GKV-<br />

Spitzenverband in die Loseblattsammlung<br />

aufgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />

In Team 2 (Bescheinigungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sagentur<br />

für Arbeit) löst Rü<strong><strong>de</strong>r</strong> Krebs (Kaufland<br />

Stiftung & Co. KG) <strong>de</strong>n langjährigen<br />

Leiter Robert Steuer (REWE Group) ab.<br />

Schwerpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Teamarbeit war die Umsetzung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen verschie<strong>de</strong>ner<br />

BA-Bescheinigungen (u. a. Arbeits- und<br />

Nebeneinkommensbescheinigung).<br />

Team 4 (Bescheinigungen an Arbeitgeber,<br />

Versicherungen etc.) unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung<br />

von Jutta Schmitz (Bun<strong>de</strong>sverwaltungsamt)<br />

griff das Thema „Regresse gegenüber<br />

<strong>de</strong>m Scha<strong>de</strong>nsverursacher“ wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auf. Das Muster <strong><strong>de</strong>r</strong> AWV soll mit aktuelleren<br />

Urteilen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsprechung<br />

versehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Leiterin Doris Heymach (Deutsche Bank<br />

AG) und Team 5 (Bescheinigungen an Statistische<br />

Ämter etc.) setzten sich brandaktuell<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitskostenerhebung 2012<br />

auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>, eine Information wird <strong>de</strong>n<br />

Nutzern <strong><strong>de</strong>r</strong> Loseblattsammlung kurzfristig<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Die nächste Sitzung <strong>de</strong>s Arbeitskreises fin<strong>de</strong>t<br />

am 10./11. Oktober 2013 statt.<br />

VoLKER WILL<br />

Referent für <strong>de</strong>n AWV-<br />

Fachausschuss 2<br />

„Verwaltungsvereinfachung<br />

und Entbürokratisierung<br />

im personalwirtschaftlichen<br />

Umfeld“<br />

Pflegepersonen stehen in einer abhängigen<br />

Beschäftigung<br />

Die Deutschen wer<strong>de</strong>n immer älter, das<br />

ist sehr erfreulich. Gleichzeitig gibt es in<br />

Deutschland immer mehr Pflegefälle. Allerdings<br />

fehlen bereits jetzt die Pflegekräfte,<br />

die beispielsweise in Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Pflegeheimen die Senioren betreuen. Auf<br />

<strong>de</strong>m Arbeitsmarkt gibt es kaum noch Pflegekräfte,<br />

die die zum Teil schwere Arbeit<br />

ausführen. Anlässlich von Betriebsprüfungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Rentenversicherungsträger<br />

sind immer mehr Pflegekräfte, die in Alten-<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheimen tätig wer<strong>de</strong>n,<br />

selbstständig tätig. In diesem Zusammenhang<br />

taucht die Frage auf, ob Pflegekräfte,<br />

die in einer ambulanten o<strong><strong>de</strong>r</strong> stationären<br />

Einrichtung tätig sind, überhaupt als<br />

Selbstständige arbeiten dürfen.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> jüngeren Vergangenheit beantragen<br />

vermehrt Pflegepersonen, die in<br />

Krankenhäusern, Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheimen<br />

tätig sind, wie beispielsweise<br />

Anästhesie schwestern o<strong><strong>de</strong>r</strong> Anästhesiepfleger,<br />

OP-Fachkräfte, Stationsschwestern<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stationspfleger, Altenpflegerinnen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Altenpfleger, die Feststellung<br />

ihrer Rentenversicherungspflicht als<br />

selbstständig Tätige nach § 2 Sozialgesetzbuch<br />

(SGB) VI bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Rentenversicherung.<br />

16 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Pflegepersonen stehen in einer abhängigen Beschäftigung


Agenturen vermitteln selbstständige<br />

Pflegepersonen<br />

So kommt es vor, dass dieser Personenkreis<br />

regelmäßig von Agenturen zeitlich<br />

begrenzt aufgrund entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> vertraglicher<br />

Vereinbarungen in Krankenhäuser,<br />

Alten- und Pflegeheime als selbstständig<br />

Tätige vermittelt wird, um dort<br />

Krankheits- bzw. Urlaubsvertretungen zu<br />

übernehmen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstige außergewöhnliche<br />

Arbeitsleistungen zu kompensieren.<br />

Das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit<br />

wird insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e damit begrün<strong>de</strong>t,<br />

dass die Ersatzpflegekräfte ihnen angebotene<br />

Aufträge ablehnen können, sie weisungsfrei<br />

arbeiten und ein Unternehmerrisiko<br />

tragen, da sie ihre Arbeitskleidung<br />

selbst beschaffen müssen und ungewiss<br />

ist, ob sie Folgeaufträge erhalten.<br />

Arbeit unter Kontrolle<br />

Dennoch wer<strong>de</strong>n die Tätigkeiten unter<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrolle <strong>de</strong>s jeweiligen Krankenhauses<br />

bzw. Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheims stehen,<br />

d. h. unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrolle <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen<br />

Anästhesie-, OP-, Stations- bzw.<br />

Schichtleitung. Allein die Möglichkeit,<br />

ein konkretes Angebot ablehnen zu können,<br />

macht die Pflegeperson nicht zum<br />

selbstständig Tätigen, wenn sie nach Annahme<br />

<strong>de</strong>s Angebots – wie das Stamm<strong>de</strong>anm1974<br />

© www.fotolia.<strong>de</strong><br />

Abhängig statt selbständig: Pflegepersonal im Altenheim<br />

Entschei<strong>de</strong>nd ist die persönliche<br />

Abhängigkeit<br />

Das Bun<strong>de</strong>ssozialgericht (BSG) hat im<br />

Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahrzehnte Abgrenzungsmerkmale<br />

herausgearbeitet. Die Nicht-<br />

Selbstständigkeit ist dabei das rechtlich<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Merkmal, das die Arbeit<br />

zur Beschäftigung im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialversicherung<br />

macht. Dabei stellt die persönliche<br />

Abhängigkeit, nach Auffassung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Richter, das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Kriterium<br />

für die Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage dar,<br />

ob ein Erwerbstätiger als abhängig Beschäftigter<br />

anzusehen ist. Alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

von <strong>de</strong>n Gerichten entwickelten Merkmale<br />

nennen lediglich Teilaspekte, die<br />

für die Nicht-Selbstständigkeit sprechen.<br />

Je<strong>de</strong>s einzelne für sich allein gesehen ist<br />

nicht geeignet, eine Abgrenzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Selbstständigkeit von einem abhängigen<br />

Beschäftigungsverhältnis zu vollziehen.<br />

Die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsprechung entwickelten<br />

Kriterien stellen insgesamt einen<br />

Prüfungskatalog dar, <strong><strong>de</strong>r</strong>, in seiner Gesamtheit<br />

angewen<strong>de</strong>t, geeignet erscheint,<br />

die notwendige Abgrenzung<br />

vornehmen zu können. Ob jemand abhängig<br />

beschäftigt o<strong><strong>de</strong>r</strong> selbstständig ist,<br />

hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.<br />

Maßgebend ist das Gesamtbild<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ausgeübten Tätigkeit unter Berücksichtigung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehrsanschauung.<br />

Mit seinen Urteilen vom 25.01.2006 (Az.:<br />

B 12 KR 30/04 R) und vom 24.01.2007<br />

(Az.: B 12 KR 31/06 R) hat das BSG seine<br />

bisherige Rechtsprechung zu <strong>de</strong>n das<br />

Gesamtbild bestimmen<strong>de</strong>n tatsächlichen<br />

Verhältnissen präzisiert. Entschei<strong>de</strong>nd<br />

ist nicht, was in einem schriftlichen<br />

Vertrag vereinbart wur<strong>de</strong>. Es<br />

kommt alleine auf die tatsächlichen Verhältnisse<br />

an, wie wird etwas gelebt.<br />

Weitere wesentliche Merkmale<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> persönlichen Abhängigkeit<br />

sind die Weisungsgebun<strong>de</strong>nheit, das fehlen<strong>de</strong><br />

Unternehmerrisiko, <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong><br />

Einsatz von Kapital und die wirtschaftliche<br />

Abhängigkeit wesentliche Merkmale,<br />

die für eine abhängige Beschäftigung im<br />

Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialversicherung sprechen.<br />

• Keine im Wesentlichen freie Gestaltung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitstätigkeit: Dabei ist zu<br />

berücksichtigen, dass auch Selbstständige<br />

zwar nicht durch Einzelanordnungen,<br />

jedoch durch Regeln und<br />

Normen in ihren Handlungsmöglichkeiten<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitstätigkeit<br />

eingeschränkt sind.<br />

• Kein Unternehmerrisiko: Wer ein Unternehmerrisiko<br />

trägt, ist stets selbstständig<br />

tätig. Wer mit Hilfe eines<br />

Dienstplans eingeteilt ist, trägt kein<br />

Risiko, ein Entgelt für seine Arbeit<br />

nicht zu erhalten.<br />

• Kein Einsatz von eigenem Kapital: Der<br />

Einsatz von eigenem Kapital kennzeichnet<br />

typischerweise die selbstständige<br />

Tätigkeit.<br />

• Wirtschaftliche Abhängigkeit: Das<br />

Tatbestandsmerkmal wirtschaftliche<br />

Abhängigkeit ergänzt im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesamtwürdigung das Kriterium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

persönlichen Abhängigkeit.<br />

Tatsächliche Gegebenheiten<br />

sind an<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

Die für die versicherungsrechtliche Beurteilung<br />

maßgeben<strong>de</strong>n tatsächlichen Gegebenheiten<br />

stellen sich in ihrer Wertung jedoch<br />

im Regelfall an<strong><strong>de</strong>r</strong>s dar, als von <strong>de</strong>n<br />

Antragstellern begrün<strong>de</strong>t. Die Pflege in einem<br />

Krankenhaus bzw. Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheim<br />

wird nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation <strong>de</strong>s<br />

Krankenhauses bzw. <strong>de</strong>s Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheims<br />

durch eine Vielzahl von abhängig<br />

beschäftigten Pflegekräften sichergestellt.<br />

Wird eine solche Stelle zeitlich begrenzt<br />

durch einen Dritten besetzt, wird aufgrund<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Einglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ersatzkraft in das<br />

Gesamtgefüge diese Arbeitsleistung ebenfalls<br />

in aller Regel in abhängiger Beschäftigung<br />

erbracht. Die Pflegepersonen sind<br />

hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitszeit, <strong>de</strong>s Arbeitsortes,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsdauer und <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsausführung<br />

weisungsgebun<strong>de</strong>n in das Krankenhaus<br />

bzw. das Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheim<br />

eingeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Sie müssen sich an die dortigen<br />

Gepflogenheiten anpassen sowie <strong>de</strong>n<br />

Weisungen <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Leitung, beispielsweise<br />

<strong>de</strong>s Stationsarztes o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Stationsschwester,<br />

<strong>de</strong>s Anästhesisten, <strong>de</strong>s OP-<br />

Arztes o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegedienstleitung, Folge<br />

leisten. Ihre Arbeitsleistung unterschei<strong>de</strong>t<br />

sich nicht von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> festangestellten abhängig<br />

beschäftigten Pflegepersonen. Sie<br />

arbeiten häufig sogar Hand in Hand zusammen.<br />

Zwar mag es je nach Qualifikation<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegekraft und abhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zu erledigen<strong>de</strong>n Tätigkeit in unterschiedlichem<br />

Ausmaß zur Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsleistung<br />

kommen.<br />

Pflegepersonen stehen in einer abhängigen Beschäftigung<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 17


personal – weisungsgebun<strong>de</strong>n in die Organisation<br />

<strong>de</strong>s Krankenhauses bzw.<br />

Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheims eingeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t ist.<br />

Auch ein typisches Unternehmerrisiko<br />

besteht nicht, da lediglich die Vergütung<br />

ausfüllen kann und je nach Ausgestaltung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitsvertrags auch angestellte<br />

Pflegekräfte sich ihre Arbeitskleidung<br />

selbst beschaffen müssen. Selbst<br />

wenn die Pflegekräfte ein Gewerbe anmel<strong>de</strong>n,<br />

Einkommenssteuer abführen,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsgenossenschaft die Tätigkeitsaufnahme<br />

mitteilen, eine Berufshaftpflichtversicherung<br />

abschließen, hat dies<br />

kein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Gewicht, weil damit<br />

nur <strong><strong>de</strong>r</strong> äußere Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeit gestaltet<br />

wird, während die maßgeben<strong>de</strong>n<br />

tatsächlichen Verhältnisses für das Bestehen<br />

einer abhängigen Beschäftigung<br />

sprechen (Urteil <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>ssozialgerichts<br />

Hamburg vom 18.05.2004, Az.: L 1<br />

KR 80/04).<br />

Wie Stammpflegepersonal<br />

abhängig beschäftigt<br />

Pflegepersonen, die zeitlich begrenzt in<br />

Krankenhäusern, Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeheimen<br />

tätig wer<strong>de</strong>n, wie beispielsweise Anästhesieschwestern<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Anästhesiepfleger,<br />

OP-Fachkräfte, Stationsschwestern o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Stationspfleger, Altenpflegerinnen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Altenpfleger,<br />

um dort Krankheits- bzw. Urlaubsvertretungen<br />

zu übernehmen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sonstige außergewöhnliche Arbeitsbelastungen<br />

zu kompensieren, stehen – wie das<br />

von ihnen vertretene Stammpflegepersonal<br />

– mithin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis<br />

im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialversicherung<br />

(§ 7 Abs. 1 SGB IV), so die<br />

Spitzenverbän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialversicherung<br />

nach einem Besprechungsergebnis vom<br />

08./09.05.2012 (TOP 1). Es besteht Versicherungs-<br />

und Beitragspflicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> gesetzlichen<br />

Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.<br />

Verleiher und Entleiher haften<br />

gesamtschuldnerisch für die<br />

Sozialversicherungsbeiträge<br />

Sofern es sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Pflegepersonen um unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung<br />

han<strong>de</strong>lt, weil <strong>de</strong>m<br />

Verleiher die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Erlaubnis<br />

nach § 1 <strong>de</strong>s Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG) fehlt und <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertrag<br />

zwischen ihm und <strong>de</strong>m Entleiher <strong>de</strong>shalb<br />

nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist,<br />

wird nach § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis<br />

zwischen <strong>de</strong>m Entleiher und<br />

<strong>de</strong>m Leiharbeitnehmer fingiert. Damit<br />

gilt das Krankenhaus bzw. Alten- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Pflegeheim (Entleiher) als Arbeitgeber,<br />

<strong>de</strong>m nach § 28e Abs. 1 SGB IV die Zahlungspflicht<br />

hinsichtlich <strong>de</strong>s Gesamtsozialversicherungsbeitrags<br />

obliegt. Zahlt<br />

die Agentur als Verleiher trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Unwirksamkeit<br />

<strong>de</strong>s Vertrages (Teil-)Arbeitsentgelt<br />

an die Pflegepersonen (Leiharbeitnehmer),<br />

liegt ein sogenanntes<br />

faktisches Arbeitsverhältnis und damit<br />

auch eine abhängige Beschäftigung nach<br />

§ 7 Abs. 1 SGB IV vor. Der Verleiher ist<br />

daher als (weiterer) fiktiver Arbeitgeber<br />

anzusehen (§ 28e Abs. 2 Satz 4 1. Halbsatz<br />

SGB IV). Er hat die auf das von ihm gezahlte<br />

Entgelt entfallen<strong>de</strong>n Gesamtsozialversicherungsbeiträge<br />

zu zahlen (§ 28e<br />

Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV, § 10 Abs. 3<br />

AÜG). In diesen Fällen gelten sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Entleiher als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Verleiher als<br />

Arbeitgeber und sie haften insoweit als<br />

Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4<br />

2. Halbsatz SGB IV).<br />

MICHAEL Schmatz<br />

Sozialversicherungsfachwirt<br />

Wirtschaftsjournalist<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Arbeitsrecht<br />

Was besagt <strong><strong>de</strong>r</strong> „Anspruch auf ein<br />

wohlwollen<strong>de</strong>s Zeugnis“?<br />

Vergleiche beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Kündigungsschutzprozessen<br />

enthalten häufig die Verpflichtung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers, Arbeitnehmern<br />

ein „wohlwollen<strong>de</strong>s Zeugnis“<br />

auszustellen, um diesen die Job-Suche zu<br />

erleichtern. So auch in einem Fall <strong>de</strong>s<br />

Sächsischen Lan<strong>de</strong>sarbeitsgerichts, wo es<br />

im Vergleich hieß:<br />

„Der Arbeitgeber verpflichtet sich, <strong>de</strong>m<br />

Arbeitnehmer ein wohlwollen<strong>de</strong>s qualifiziertes<br />

Zeugnis auszustellen, das seiner<br />

weiteren beruflichen Entwicklung dienlich<br />

ist.“<br />

Als <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer mit <strong>de</strong>m später erteilten<br />

Zeugnis nicht einverstan<strong>de</strong>n war,<br />

wollte er eine Nachbesserung im Wege <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zwangsvollstreckung (§ 888 ZPO) durchsetzen.<br />

Das scheiterte aber, weil <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

ein Zeugnis erteilt hatte, dass <strong>de</strong>n<br />

Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s gerichtlichen Vergleichs<br />

entsprach.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewerbeordnung (§ 109<br />

GewO) muss ein qualifiziertes Zeugnis<br />

enthalten:<br />

• Art und Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschäftigung,<br />

• eine Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> erbrachten Leistungen<br />

und<br />

• das persönliche Verhalten <strong>de</strong>s Arbeitnehmers.<br />

Diese Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen waren hier in <strong>de</strong>m<br />

schriftlichen Zeugnis formal erfüllt.<br />

Im Übrigen ist „Wohlwollen“ nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ständigen Rechtsprechung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgerichte<br />

zu unbestimmt, um vollstreckt wer<strong>de</strong>n<br />

zu können. Das gilt auch für die<br />

Formulierung, dass es „<strong><strong>de</strong>r</strong> weiteren beruflichen<br />

Entwicklung dienen“ soll. Eine<br />

Zeugnis-Rüge kann nur in einem Erkenntnisverfahren<br />

erfolgreich sein, nicht<br />

in einem Vollstreckungsverfahren, wenn<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer darlegt und ggf. beweist,<br />

dass die Qualität seiner Leistungen<br />

nicht angemessen bewertet wur<strong>de</strong>.<br />

Praxistipp:<br />

Für arbeitsgerichtliche Vergleiche sollten<br />

<strong>de</strong>shalb exakte Formulierungen vereinbart<br />

wer<strong>de</strong>n, die dann auch vollstreckt<br />

wer<strong>de</strong>n könnten (Sächsisches LAG v.<br />

06.08.2012, Az.: 4 Ta 170/12).<br />

Betriebsrat: Internetanschluss über<br />

Firmen-Intranet reicht aus<br />

Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf einen<br />

externen Internetanschluss, wenn er<br />

über das Firmen-Intranet ins Internet gelangen<br />

kann. Ein Internetzugang gehört zur Informations-<br />

und Kommunikationstechnik,<br />

die <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsrat nur verlangen kann,<br />

wenn das zur ordnungsgemäßen Erledigung<br />

seiner Aufgaben erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist. Diese Prüfung<br />

darf er nicht nur nach seinen subjektiven<br />

Bedürfnissen und <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Belegschaft<br />

ausrichten. In die gebotene Abwägung im<br />

Einzelfall müssen auch die Interessen <strong>de</strong>s<br />

Arbeitgebers an einer Begrenzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kostentragungspflicht<br />

einfließen (LAG Ba<strong>de</strong>n-<br />

Württemberg v. 23.01.2013, Az.: 13 TaBV 8/12).<br />

18 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Aktuelles aus <strong>de</strong>m Arbeitsrecht


Gleiches Arbeitsentgelt für<br />

Leih-Arbeitnehmer<br />

Von fünf Equal-Pay-Klagen von Zeit-Arbeitnehmern<br />

war jetzt eine erfolgreich,<br />

zwei wur<strong>de</strong>n abgewiesen und zwei wur<strong>de</strong>n<br />

an die jeweiligen Lan<strong>de</strong>sarbeitsgerichte<br />

zurückverwiesen.<br />

Nach <strong>de</strong>m Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

kann von <strong>de</strong>m Gebot <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichbehandlung<br />

durch Tarifvertrag abgewichen wer<strong>de</strong>n. Dabei<br />

können auch nicht tarifgebun<strong>de</strong>ne Arbeitsvertragspartner<br />

die Anwendung tariflicher<br />

Regelungen vereinbaren. Jedoch<br />

müssen die Tarifverträge wirksam sein. Das<br />

war bei <strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> CGZP abgeschlossenen<br />

Tarifverträgen nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall.<br />

Das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht hat sich bei <strong>de</strong>n<br />

jetzt vorliegen<strong>de</strong>n fünf Entscheidungen<br />

von folgen<strong>de</strong>n Grundsätzen leiten lassen:<br />

1. Die CGZP konnte keine wirksamen<br />

Tarifverträge schließen. Leiharbeitnehmer,<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong>en Arbeitsverträgen auf<br />

die CGZP-Tarifverträge Bezug genommen<br />

wur<strong>de</strong>, haben Anspruch auf das<br />

Arbeitsentgelt, das ein vergleichbarer<br />

Stammarbeitnehmer <strong>de</strong>s Entleihers erhalten<br />

hat (§ 10 IV AÜG).<br />

2. Etwaiges Vertrauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verleiher in<br />

die Tariffähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> CGZP ist nicht<br />

geschützt.<br />

3. Soweit in neueren Arbeitsverträgen<br />

neben o<strong><strong>de</strong>r</strong> anstelle einer Verweisung<br />

auf CGZP-Tarifverträge auf <strong>de</strong>n mehrgliedrigen<br />

Tarifvertrag zwischen <strong>de</strong>m<br />

Arbeitgeberverband AMP, <strong><strong>de</strong>r</strong> CGZP<br />

und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen<br />

vom<br />

15.03.2010 Bezug genommen wird, ist<br />

eine solche Klausel intransparent und<br />

nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam,<br />

wenn sich nicht ersehen lässt,<br />

welches <strong><strong>de</strong>r</strong> tariflichen Regelwerke bei<br />

sich wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprechen<strong>de</strong>n Regelungen<br />

<strong>de</strong>n Vorrang haben soll.<br />

4. Der gesetzliche Anspruch auf gleiches<br />

Arbeitsentgelt wird zu <strong>de</strong>m arbeitsvertraglich<br />

für die Vergütung vereinbarten<br />

Zeitpunkt fällig. Er unterliegt<br />

wirksam vereinbarten Ausschlussfristen.<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e darf die Verfallfrist<br />

drei Monate nicht unterschreiten. Zur<br />

Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Verfalls genügt die<br />

Geltendmachung <strong>de</strong>s Anspruchs <strong>de</strong>m<br />

Grun<strong>de</strong> nach.<br />

5. Der gesetzliche Anspruch auf gleiches<br />

Arbeitsentgelt unterliegt <strong><strong>de</strong>r</strong> regelmäßigen<br />

Verjährungsfrist von drei Jahren.<br />

Diese Frist beginnt mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Jahres, in <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Anspruch entstan<strong>de</strong>n<br />

ist und <strong><strong>de</strong>r</strong> Leiharbeitnehmer Kenntnis<br />

von <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Anspruch begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Umstän<strong>de</strong>n hat. Dafür reicht die Kenntnis<br />

von <strong>de</strong>n Tatsachen. Auf die rechtliche<br />

Beurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tariffähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

CGZP kommt es nicht an.<br />

6. Der Anspruch auf gleiches Entgelt besteht<br />

während <strong><strong>de</strong>r</strong> Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Überlassung<br />

an ein entleihen<strong>de</strong>s Unternehmen.<br />

Zu seiner Berechnung ist ein<br />

Gesamtvergleich aller Entgelte im<br />

Überlassungszeitraum anzustellen.<br />

Dabei bleibt Aufwendungsersatz außer<br />

Betracht, es sei <strong>de</strong>nn, es han<strong>de</strong>lt<br />

sich um „verschleiertes“ und damit<br />

steuerpflichtiges Arbeitsentgelt.<br />

(BAG v. 13.03.2013, Az.: 5 AZR 954/11, 5<br />

AZR 146/12, 5 AZR 242/12, 5 AZR 294/12<br />

und 5 AZR 424/12).<br />

Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bei Schwellenwerten:<br />

Leih-Arbeitnehmer zählen jetzt mit!<br />

Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> im Betriebsrat richtet<br />

sich nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> im Betrieb in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel beschäftigten Mitarbeiter (§ 9<br />

BetrVG). Bei 5 bis 100 Mitarbeitern kommt<br />

es auf die Wahlberechtigung an, so dass<br />

auch in Betrieben mit z. B. 52 Arbeitnehmern<br />

min<strong>de</strong>stens 51 aktiv wahlberechtigt<br />

für einen fünfköpfigen Betriebsrat nach § 7<br />

BetrVG sein müssen. Ab 101 Mitarbeitern<br />

genügt die Betriebszugehörigkeit für einen<br />

siebenköpfigen Betriebsrat.<br />

Bisher zählten Leih-Arbeitnehmer bei <strong>de</strong>n<br />

Schwellenwerten nicht mit. Das sieht das<br />

Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht jetzt an<strong><strong>de</strong>r</strong>s. Bei<br />

mehr als 100 Mitarbeitern kommt es auch<br />

nicht auf die Wahlberechtigung an.<br />

Eine Wahlanfechtung für einen Betrieb<br />

von 879 Stammkräften und 292 Leih-Arbeitnehmern<br />

war <strong>de</strong>shalb jetzt erfolgreich.<br />

Anstelle eines 13-köpfigen Betriebsrats<br />

muss jetzt ein Betriebsrat mit 15 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

gewählt wer<strong>de</strong>n (BAG v. 13.03.2013,<br />

Az.: 7 ABR 69/11).<br />

Betriebsratswahl aufgrund unwirksamen<br />

Tarifverträge ist anfechtbar<br />

Unwirksam ist ein Tarifvertrag (TV), <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vom Betriebsverfassungsgesetz abweichen<strong>de</strong><br />

Arbeitnehmervertretungsstrukturen<br />

bestimmt, ohne <strong>de</strong>n hierfür vorgesehenen<br />

gesetzlichen Voraussetzungen zu<br />

genügen. Diese abweichen<strong>de</strong>n Strukturen<br />

sind zulässig, „soweit dies insbes. aufgrund<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebs-, Unternehmens- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Konzernorganisation o<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgrund an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Formen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit von<br />

Unternehmen einer wirksamen und<br />

zweckmäßigen Interessenvertretung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer dient“ (§ 3 Abs. 1 Nr. 3<br />

BetrVG). Erfüllt ein Tarifvertrag diese Voraussetzungen<br />

nicht (mehr), ist er unwirksam.<br />

Eine <strong>de</strong>nnoch auf dieser Grundlage<br />

urchgeführte Betriebsratswahl ist zwar<br />

nicht nichtig (also nicht völlig unwirksam),<br />

aber anfechtbar.<br />

Im Urteilsfall ging es um zwei Arbeitgeber<br />

im Bereich <strong>de</strong>s Eventmanagements,<br />

die zusammen mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Arbeitgebern<br />

mit ver.di 2002 einen Tarifvertrag (TV EBS<br />

2002) zur Bildung einheitlicher Gesamtbetriebsratsstrukturen<br />

abschlossen. Danach<br />

wur<strong>de</strong>n Betriebe an verschie<strong>de</strong>nen<br />

Standorten zu neun Wahlregionen zusammengefasst,<br />

in <strong>de</strong>nen jeweils ein Regional-Betriebsrat<br />

gewählt wur<strong>de</strong>. Diese<br />

Betriebe wur<strong>de</strong>n unternehmensübergreifend<br />

durch Regionalleitungen geführt.<br />

Diese Regionalstruktur wur<strong>de</strong> 2004 aufgegeben,<br />

aber die Errichtung von Regional-Betriebsräten<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage <strong>de</strong>s<br />

TV EBS 2004 fortgeschrieben. Auch eine<br />

im März 2010 für die „Region Mitte“<br />

durchgeführte Wahl eines Regionalbetriebsrats<br />

fand auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage dieses<br />

Tarifvertrages statt.<br />

Die gegen die Betriebsratswahl erhobene<br />

Wahlanfechtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber war jetzt<br />

erfolgreich. Die Wahl hätte nicht auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grundlage <strong>de</strong>s TV EBS 2004 stattfin<strong>de</strong>n dürfen.<br />

Dieser war unwirksam, weil er nicht<br />

<strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s Betriebsverfassungsgesetzes<br />

entsprach. Nach<strong>de</strong>m bereits<br />

2004 die Regionalleitungen abgeschafft waren,<br />

dienten die in <strong>de</strong>m Tarifvertrag bestimmten<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Arbeitnehmervertretungsstrukturen<br />

nicht mehr <strong><strong>de</strong>r</strong> wirksamen<br />

und zweckmäßigen Interessenvertretung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer (BAG v. 13.03.2013, Az.: 7<br />

ABR 70/11).<br />

Wolfgang Gamp<br />

Rechtsassessor,<br />

Lohnsteuerhilfeverein<br />

LoBe e.V.,<br />

Her<strong>de</strong>cke<br />

www.lohnsteuerhilfeher<strong>de</strong>cke.<strong>de</strong><br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Arbeitsrecht<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 19


Elternzeit und Teilzeit<br />

Das verflixte dritte Jahr<br />

Das Bun<strong>de</strong>selterngeld- und Elternzeitgesetz<br />

(BEEG) soll gegenüber <strong>de</strong>m vorher gelten<strong>de</strong>n<br />

Bun<strong>de</strong>serziehungsgeldgesetz eine bessere<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen.<br />

Obwohl es seit sechs Jahren in Kraft<br />

ist, gibt es in einigen Fragen nach wie vor<br />

Unklarheiten. Elternzeit kann grundsätzlich<br />

bis zur Vollendung <strong>de</strong>s dritten Lebensjahres<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s beantragt wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m<br />

haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine<br />

Teilzeitbeschäftigung während <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit,<br />

sofern <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel<br />

mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Sie<br />

müssen sich aber nicht von Anfang an für<br />

die gesamte Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit festlegen.<br />

Das Gesetz verlangt zunächst nur eine Erklärung<br />

für die ersten zwei Jahre. Mitarbeiter<br />

können die Elternzeit vor Ablauf <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten<br />

zwei Jahre mit einer nur siebenwöchigen<br />

Ankündigungsfrist um ein drittes Jahr verlängern.<br />

Das bringt viele Arbeitgeber bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Personaldisposition in die Bredouille, da sie<br />

kurzfristig mit <strong>de</strong>n Plänen ihrer Angestellten<br />

konfrontiert wer<strong>de</strong>n. Daher ist es für Personalverantwortliche<br />

wichtig zu wissen,<br />

welche Ansprüche Mitarbeiter geltend machen<br />

können. Ein kleiner Trost: Arbeitgeber<br />

können eine Teilzeitbeschäftigung unter bestimmten<br />

Voraussetzungen ablehnen.<br />

Yevgeniy Zateychuk © www.fotolia.<strong>de</strong><br />

Selbst im verflixten dritten Jahr: Für sie bleibt die Welt in Ordnung<br />

Aktuell hat das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht (BAG)<br />

über die Verlängerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit um ein<br />

drittes Jahr und die Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichzeitigen<br />

Fortsetzung einer Teilzeitvereinbarung entschie<strong>de</strong>n<br />

(Urteil vom 19.02.2013, Az.: 9 AZR<br />

461/11). Die Personalreferentin eines Beratungsunternehmens<br />

beantragte nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Geburt ihrer Tochter fristgerecht eine zweijährige<br />

Elternzeit und gleichzeitig eine gestaffelte<br />

Teilzeit. Der Arbeitgeber erklärte<br />

sich hiermit einverstan<strong>de</strong>n. Innerhalb <strong>de</strong>s<br />

ersten Jahres arbeitete sie zunächst 15 Stun<strong>de</strong>n<br />

pro Woche, im zweiten Jahr 20. Als die<br />

Arbeitnehmerin zwei Monate vor En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Elternzeit die Verlängerung für das dritte<br />

Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit und die gleichzeitige<br />

Fortführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilzeitvereinbarung in<br />

diesem Zeitraum beantragte, lehnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

ab. Sie könne entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> ganz o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gar nicht arbeiten. Die Verlängerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit<br />

sei grundsätzlich möglich, nicht jedoch<br />

eine Teilzeitbeschäftigung in diesem<br />

Zeitraum, da dieser eine innerbetriebliche<br />

Umstrukturierung entgegenstün<strong>de</strong>. Der<br />

Arbeitgeber argumentierte weiter, dass die<br />

Mitarbeiterin nicht erneut die Reduzierung<br />

ihrer Arbeitszeit beantragen könne, <strong>de</strong>nn<br />

das Gesetz sehe nur eine insgesamt zweimalige<br />

Verringerungsmöglichkeit vor. Mit<br />

<strong>de</strong>m ersten Teilzeitantrag habe er aber bereits<br />

zwei Verringerungsbegehren (15 und<br />

20 Stun<strong>de</strong>n) zugestimmt.<br />

Das Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht hatte zwar die<br />

<strong>de</strong>m Teilzeitwunsch entgegengehaltenen<br />

betrieblichen Grün<strong>de</strong> nicht für tragfähig gehalten,<br />

war aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Argumentation <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Überschreitung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> zulässigen Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Verringerungsanträge<br />

gefolgt. Die Revision <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeiterin<br />

vor <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht hatte<br />

Erfolg. Da sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber und die Personalreferentin<br />

einvernehmlich über die gestaffelte<br />

Teilzeitbeschäftigung während <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Elternzeit geeinigt hatten, ist die getroffene<br />

Teilzeitvereinbarung nach <strong>de</strong>m Urteil <strong>de</strong>s<br />

BAG nicht auf <strong>de</strong>n Anspruch auf zweimalige<br />

Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitszeit anzurechnen.<br />

Die Mitarbeiterin durfte daher auch im<br />

dritten Jahr wie zuvor 20 Stun<strong>de</strong>n in Teilzeit<br />

arbeiten. Nehmen Arbeitnehmer zunächst<br />

einmal nur Elternzeit für weniger als drei<br />

Jahre in Anspruch, können sich bei nachträglicher<br />

Beanspruchung von Elternzeit<br />

für die Restdauer ungeahnte Probleme ergeben.<br />

Hierbei sind zwei mögliche Szenarien<br />

zu unterschei<strong>de</strong>n:<br />

Verlangt eine Arbeitnehmerin o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein<br />

Arbeitnehmer Elternzeit für eine kürzere<br />

Zeit als zwei Jahre, kann eine Verlängerung<br />

beantragt wer<strong>de</strong>n, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

zustimmt (§ 16 Abs. 3 BEEG).<br />

Ob auch die Elternzeit im dritten Jahr –<br />

nach<strong>de</strong>m zunächst Elternzeit für zwei<br />

Jahre beansprucht wur<strong>de</strong> – <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers bedarf, ist noch<br />

nicht durch das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht entschie<strong>de</strong>n<br />

wor<strong>de</strong>n. Der Gesetzeswortlaut<br />

ist hier nicht ein<strong>de</strong>utig. Überwiegend<br />

wird allerdings vertreten, dass keine Zustimmung<br />

benötigt wird. Dies hat unter<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>em das Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht Düsseldorf<br />

entschie<strong>de</strong>n (Urteil vom 24.01.2011,<br />

14 Sa 1399/10). Ein Leasingunternehmen<br />

hatte einer Vertriebsmitarbeiterin die Verlängerung<br />

um das dritte Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit<br />

verweigert.<br />

Elternzeit<br />

Generell gilt: Arbeitnehmer haben nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Geburt eines Kin<strong>de</strong>s Anspruch auf eine unbezahlte<br />

Freistellung, die bis zur Vollendung <strong>de</strong>s dritten Lebensjahres <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s genommen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Der Arbeitgeber muss sieben Wochen vor Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit <strong>de</strong>n Antrag auf Elternzeit erhalten,<br />

verbun<strong>de</strong>n mit einer verbindlichen Planung über die ersten zwei Jahre. Das dritte Jahr können<br />

Mitarbeiter auch im Nachhinein beantragen. Auf die dreijährige Elternzeit wird die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mutterschutzfrist angerechnet. Die dreijährige Elternzeit en<strong>de</strong>t nach <strong>de</strong>n gesetzlichen Vorschriften<br />

zur Fristenberechnung am Tag vor <strong>de</strong>m dritten Geburtstag <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s. Mit Zustimmung <strong>de</strong>s<br />

Arbeitgebers kann ein Anteil von 12 Monaten <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit auch auf die Zeit bis zur Vollendung<br />

<strong>de</strong>s achten Lebensjahres <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s übertragen wer<strong>de</strong>n.<br />

20 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Elternzeit und Teilzeit


Teilzeit<br />

Sofern <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, können Arbeitnehmer<br />

während <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit anstelle einer kompletten Freistellung von <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit eine Verringerung<br />

ihrer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit verlangen. In Kleinunternehmen mit geringerer Beschäftigtenanzahl<br />

ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeiter auf eine einvernehmliche Regelung mit <strong>de</strong>m Arbeitgeber angewiesen.<br />

Ein Teilzeitanspruch besteht im Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstun<strong>de</strong>n. Mitarbeiter<br />

können während <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit insgesamt zweimal eine Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitszeit beantragen.<br />

Einvernehmliche Lösungen sind darüber hinaus möglich.<br />

Das Gesetz geht von einer einvernehmlichen<br />

Teilzeitlösung aus. Gemäß § 15<br />

Abs. 5 Satz 1 BEEG können Arbeitnehmer<br />

während <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit eine Verringerung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung<br />

beim Arbeitgeber beantragen. Innerhalb<br />

von vier Wochen sollten sich bei<strong>de</strong> Seiten<br />

über diesen Antrag verständigen (§ 15<br />

Abs. 5 Satz 2 BEEG).<br />

Kommt keine Einigung zustan<strong>de</strong>, kann <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer einseitig die Verringerung<br />

seiner Arbeitszeit beanspruchen. Das kann<br />

er insgesamt zweimal während <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternzeit<br />

geltend machen (§ 15 Abs. 6 BEEG).<br />

Ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch<br />

auf Teilzeit besteht aber nur unter <strong>de</strong>n<br />

nachfolgen<strong>de</strong>n Voraussetzungen:<br />

• Im Unternehmen sind mehr als 15 Arbeitnehmer<br />

regelmäßig beschäftigt.<br />

• Die beantragte Wochenstun<strong>de</strong>nzahl liegt<br />

zwischen 15 und 30 Wochenstun<strong>de</strong>n.<br />

• Min<strong>de</strong>stdauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilzeitregelung<br />

sind zwei Monate.<br />

• Das Arbeitsverhältnis besteht ohne<br />

Unterbrechung bereits länger als sechs<br />

Monate.<br />

• Dem Anspruch stehen keine dringen<strong>de</strong>n<br />

betrieblichen Grün<strong>de</strong> entgegen.<br />

Für Arbeitgeber ist von Be<strong>de</strong>utung, dass<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilzeitantrag nur innerhalb von vier<br />

Wochen mit schriftlicher Begründung abgelehnt<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Geschieht dies<br />

nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur ohne Begründung, gilt die<br />

Teilzeit als vereinbart. Sofern <strong>de</strong>m Anspruch<br />

dringen<strong>de</strong> betriebliche Grün<strong>de</strong><br />

entgegengehalten wer<strong>de</strong>n, müssen diese<br />

im Ablehnungsschreiben genannt wer<strong>de</strong>n.<br />

Arbeitgeber müssen je<strong>de</strong>nfalls die<br />

tragen<strong>de</strong>n Erwägungen darstellen, d. h.<br />

<strong>de</strong>n wesentlichen Kern <strong><strong>de</strong>r</strong> betrieblichen<br />

Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsgrün<strong>de</strong> kennzeichnen.<br />

Fazit<br />

Das Elternzeitrecht stellt die Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

an die Personaldisposition vor erhebliche<br />

Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e im<br />

Hinblick auf <strong>de</strong>n Teilzeitanspruch verlangen<br />

Gesetz und Rechtsprechung Arbeitgebern<br />

einiges ab. Umso wichtiger ist es für<br />

Personalverantwortliche, die rechtlichen<br />

Ansprüche <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeiter zu kennen.<br />

Auch wenn diese sehr weit reichen, gibt es<br />

keinen automatischen Anspruch auf Teilzeit.<br />

Soll ein Teilzeitbegehren abgelehnt<br />

wer<strong>de</strong>n, müssen Arbeitgeber das sorgfältig<br />

begrün<strong>de</strong>n. Um Organisationsprobleme<br />

durch die knappen Ankündigungsfristen<br />

<strong>de</strong>s Elternzeitrechts zu vermei<strong>de</strong>n, können<br />

frühzeitige einvernehmliche Lösungen gera<strong>de</strong><br />

für das dritte Jahr auch für die Personalseite<br />

vorteilhaft sein.<br />

Schmalz Rechtsanwälte mit Sitz in Frankfurt<br />

am Main wur<strong>de</strong> im September 2002 als<br />

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Rechtsprechung für Sie aufbereitet<br />

Mitbestimmungsrecht <strong>de</strong>s Betriebsrats<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzung von Parkplätzen<br />

durch die Arbeitnehmer<br />

Stellt <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber allen Arbeitnehmern<br />

Parkmöglichkeiten auf <strong>de</strong>m Betriebsgelän<strong>de</strong><br />

zur Verfügung und regelt<br />

er <strong><strong>de</strong>r</strong>en Verteilung in einer abstrakten<br />

Ordnung, so unterliegt eine solche Maßnahme<br />

<strong>de</strong>m Mitbestimmungsrecht aus<br />

§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.<br />

Seinem Wortlaut nach unterwirft § 87<br />

Abs. 1 Nr. 1 BetrVG je<strong>de</strong>s Verhalten <strong>de</strong>s<br />

Arbeitnehmers im Betrieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitbestimmung.<br />

Das wür<strong>de</strong> auch die Art und Weise<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Erbringung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsleistung selbst<br />

erfassen. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsprechung <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht (BAG) besteht aber<br />

Rechtsprechung für Sie aufbereitet<br />

kein Beteiligungsrecht, soweit die Regeln<br />

und Weisungen das Arbeitsverhalten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer betreffen. Dieses ist berührt,<br />

wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber näher bestimmt,<br />

welche Arbeiten auszuführen sind und in<br />

welcher Weise das geschehen soll. Danach<br />

unterliegen nur solche Weisungen nicht<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitbestimmung, mit <strong>de</strong>nen die Arbeitspflicht<br />

unmittelbar konkretisiert<br />

wird. Hingegen hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsrat nach<br />

§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen<br />

bei Maßnahmen, die das sogenannte Ordnungsverhalten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer im Betrieb<br />

betreffen. Dies sind Anordnungen,<br />

die dazu dienen, das sonstige Verhalten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer zu koordinieren.<br />

Hierzu zählen sowohl verbindliche Verhaltensregeln<br />

als auch Maßnahmen, die<br />

das Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer in Bezug<br />

auf die betriebliche Ordnung betreffen<br />

und berühren, ohne Normen für das Arbeitsverhalten<br />

zum Inhalt zu haben. Ausreichend<br />

ist es, wenn eine solche Maßnahme<br />

darauf gerichtet ist, die vorgegebene<br />

Ordnung <strong>de</strong>s Betriebs zu gewährleisten<br />

und aufrechtzuerhalten.<br />

Das Mitbestimmungsrecht <strong>de</strong>s Betriebsrats<br />

bei Maßnahmen, die das Ordnungsverhalten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer<br />

betreffen, beschränkt sich<br />

allerdings auf kollektive Tatbestän<strong>de</strong>. Ein<br />

solcher liegt vor, wenn sich eine Regelungsfrage<br />

stellt, die über eine ausschließlich<br />

einzelfallbezogene Rechtsausübung<br />

hinausgeht und kollektive Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 21


Arbeitnehmer <strong>de</strong>s Betriebs berührt. Inhalt<br />

<strong>de</strong>s Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1<br />

Nr. 1 BetrVG ist die Mitwirkung <strong>de</strong>s Betriebsrats<br />

an <strong>de</strong>n vom Arbeitgeber vorgegebenen<br />

Maßnahmen, die das Verhalten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Beschäftigten im Betrieb beeinflussen<br />

und koordinieren, soweit sie nicht auf individuellen<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten <strong>de</strong>s einzelnen<br />

Arbeitsverhältnisses beruhen. Die gleichberechtigte<br />

Gestaltung <strong>de</strong>s betrieblichen<br />

Zusammenlebens ist daher betroffen,<br />

wenn die Maßnahme <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

das Ordnungsverhalten betrifft und auf<br />

einer Regel o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer über <strong>de</strong>n Einzelfall<br />

hinausgehen<strong>de</strong>n Handhabung beruht.<br />

Danach hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Betriebsrat bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Benutzung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> vom Arbeitgeber zur Verfügung<br />

gestellten Parkflächen mitzubestimmen.<br />

Die Nutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Parkplätze durch die Belegschaft<br />

betrifft nicht das mitbestimmungsfreie<br />

Arbeits-, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Ordnungsverhalten.<br />

Die Art und Weise <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitsleistung wird von <strong><strong>de</strong>r</strong> Maßnahme<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers nicht berührt.<br />

(BAG, Beschluss vom 07.02.2012 – 1 ABR<br />

63/10)<br />

Außeror<strong>de</strong>ntliche<br />

Verdachtskündigung<br />

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis<br />

aus wichtigem Grund außeror<strong>de</strong>ntlich<br />

gekündigt wer<strong>de</strong>n, wenn Tatsachen<br />

vorliegen, aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>de</strong>m<br />

Kündigen<strong>de</strong>n unter Berücksichtigung aller<br />

Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalls und unter<br />

Abwägung <strong><strong>de</strong>r</strong> Interessen bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragsteile<br />

die Fortsetzung <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses<br />

bis zum Ablauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Kündigungsfrist<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> bis zu <strong><strong>de</strong>r</strong> vereinbarten<br />

Beendigung <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses<br />

nicht zugemutet wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Verdacht einer schwerwiegen<strong>de</strong>n<br />

Pflichtverletzung kann einen wichtigen<br />

Grund bil<strong>de</strong>n. Ein solcher Verdacht<br />

stellt gegenüber <strong>de</strong>m Vorwurf, <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

habe die Tat begangen, einen eigenständigen<br />

Kündigungsgrund dar.<br />

Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt<br />

sein, wenn sich starke Verdachtsmomente<br />

auf objektive Tatsachen grün<strong>de</strong>n,<br />

die Verdachtsmomente geeignet sind,<br />

das für die Fortsetzung <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Vertrauen zu zerstören,<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber alle zumutbaren<br />

Anstrengungen zur Aufklärung<br />

<strong>de</strong>s Sachverhalts unternommen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

<strong>de</strong>m Arbeitnehmer Gelegenheit<br />

zur Stellungnahme gegeben hat.<br />

Der Verdacht muss auf konkrete – vom<br />

Kündigen<strong>de</strong>n gegebenenfalls zu beweisen<strong>de</strong><br />

– Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht<br />

muss ferner dringend sein. Es muss<br />

die große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen,<br />

dass er zutrifft. Die Umstän<strong>de</strong>, die<br />

ihn begrün<strong>de</strong>n, dürfen nach allgemeiner<br />

Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch<br />

ein Geschehen zu erklären sein, das eine<br />

außeror<strong>de</strong>ntliche Kündigung nicht zu<br />

rechtfertigen vermag. Bloße, auf mehr<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger haltbare Vermutungen gestützte<br />

Verdächtigungen reichen <strong>de</strong>mentsprechend<br />

zur Rechtfertigung eines dringen<strong>de</strong>n<br />

Tatverdachts nicht aus.<br />

Schließlich muss <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber alles<br />

ihm Zumutbare zur Aufklärung <strong>de</strong>s Sachverhalts<br />

getan, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>de</strong>m Arbeitnehmer<br />

Gelegenheit zur Stellungnahme<br />

gegeben haben. Der Umfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachforschungspflichten<br />

richtet sich nach <strong>de</strong>n<br />

Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Einzelfalls.<br />

Für die kündigungsrechtliche Beurteilung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Pflichtverletzung, auf die sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verdacht<br />

bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung<br />

nicht maßgebend. Entschei<strong>de</strong>nd<br />

ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Verstoß gegen vertragliche Haupto<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nebenpflichten und <strong><strong>de</strong>r</strong> mit ihm verbun<strong>de</strong>ne<br />

Vertrauensbruch. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> dringen<strong>de</strong><br />

Verdacht einer nicht strafbaren,<br />

gleichwohl erheblichen Verletzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sich aus <strong>de</strong>m Arbeitsverhältnis ergeben<strong>de</strong>n<br />

Pflichten kann ein wichtiger Grund<br />

im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB sein.<br />

Wer als Arbeitnehmer bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausführung<br />

von vertraglichen Aufgaben Vorteile für<br />

sich for<strong><strong>de</strong>r</strong>t, sich versprechen lässt o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

entgegennimmt, verletzt zugleich – unabhängig<br />

von einer möglichen Strafbarkeit<br />

wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen<br />

Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB o<strong><strong>de</strong>r</strong> – als<br />

Beschäftigter im öffentlichen Dienst – wegen<br />

Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1<br />

StGB bzw. Bestechlichkeit nach § 332<br />

Abs. 1 StGB – seine Pflicht, auf die berechtigten<br />

Interessen seines Arbeitgebers<br />

Rücksicht zu nehmen (§ 242 Abs. 2 BGB).<br />

Ein solches Verhalten ist „an sich“ geeignet,<br />

eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.<br />

Dabei spielt es grundsätzlich keine<br />

Rolle, ob es zu einer <strong>de</strong>n Arbeitgeber schädigen<strong>de</strong>n<br />

Handlung gekommen ist. Der<br />

ins Auge gefasste Vorteil begrün<strong>de</strong>t vielmehr<br />

allgemein die Gefahr, <strong><strong>de</strong>r</strong> Annehmen<strong>de</strong><br />

wer<strong>de</strong> nicht mehr allein die Interessen<br />

<strong>de</strong>s Geschäftsherrn wahrnehmen.<br />

Der wichtige Grund liegt in <strong><strong>de</strong>r</strong> zu Tage<br />

getretenen Einstellung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers,<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfüllung von arbeitsvertraglich<br />

geschul<strong>de</strong>ten Aufgaben unberechtigte<br />

eigene Vorteile wahrzunehmen.<br />

Durch sein Verhalten zerstört <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer<br />

regelmäßig das Vertrauen in<br />

seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit.<br />

Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> dringen<strong>de</strong> Verdacht einer <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen<br />

Pflichtverletzung kann einen wichtigen<br />

Grund zur außeror<strong>de</strong>ntlichen Kündigung<br />

darstellen.<br />

In einem Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Handlungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Strafverfolgungsbehör<strong>de</strong>n<br />

können die Annahme<br />

verstärken, <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer habe die<br />

Pflichtverletzung begangen. Derartige Umstän<strong>de</strong><br />

können nicht nur bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage Be<strong>de</strong>utung<br />

gewinnen, zu welchem Zeitpunkt<br />

eine Verdachtskündigung ausgesprochen<br />

wer<strong>de</strong>n soll, und <strong>de</strong>shalb für die Einhaltung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Zweiwochenfrist von Be<strong>de</strong>utung sein.<br />

Sie können auch <strong>de</strong>n Kündigungsgrund<br />

selbst unterstützen, sofern es um Handlungen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Anordnungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ermittlungsbehör<strong>de</strong>n<br />

geht, die ihrerseits einen dringen<strong>de</strong>n<br />

Tatverdacht voraussetzen. So darf nach<br />

§ 112 Abs. 1 in Verbindung mit § 114 StPO<br />

Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten<br />

nur angeordnet wer<strong>de</strong>n, wenn er <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Tat dringend verdächtigt ist und – kumulativ<br />

–ein Haftgrund besteht. Hinzu kommt,<br />

dass die Staatsanwaltschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> materiellen<br />

Wahrheit verpflichtet ist und <strong>de</strong>shalb nach<br />

§ 160 Abs. 2 StPO auch <strong>de</strong>n Beschuldigten<br />

entlasten<strong>de</strong> Umstän<strong>de</strong> zu ermitteln und bei<br />

ihrem Vorgehen zu berücksichtigen hat.<br />

Gleiches gilt für <strong>de</strong>n Ermittlungsrichter, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

über die Anordnung von Untersuchungshaft<br />

entschei<strong>de</strong>t.<br />

Allerdings wird eine Verdachtskündigung<br />

nicht allein auf eine <strong>de</strong>n dringen<strong>de</strong>n<br />

Tatverdacht bejahen<strong>de</strong> Entscheidung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Strafverfolgungsbehör<strong>de</strong>n als solche gestützt<br />

wer<strong>de</strong>n können. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Kündigung<br />

wegen erwiesener Tat reicht eine strafgerichtliche<br />

Verurteilung für sich genommen<br />

nicht aus, die Kündigung zu rechtfertigen.<br />

Vielmehr sind die Arbeitsgerichte<br />

gehalten, <strong>de</strong>n Sachverhalt im Kündigungsschutzprozess<br />

ohne Bindung an das<br />

Strafurteil selbst aufzuklären und zu bewerten.<br />

Für die Verdachtskündigung<br />

wird nichts an<strong><strong>de</strong>r</strong>es gelten können. Das<br />

hat zur Folge, dass Handlungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Strafverfolgungsbehör<strong>de</strong>n<br />

allenfalls indizielle Be<strong>de</strong>utung für die<br />

vom Gericht vorzunehmen<strong>de</strong> Bewertung<br />

erlangen können, ob die Kündigung <strong>de</strong>s<br />

Arbeitsverhältnisses aus wichtigem<br />

Grund wegen <strong>de</strong>s entsprechen<strong>de</strong>n Verdachts<br />

gerechtfertigt ist. Die behördlichen<br />

Maßnahmen bil<strong>de</strong>n dagegen für sich genommen<br />

keinen Kündigungsgrund und<br />

sind nicht geeignet, eine eigene Bewertung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Verdacht begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Tatsachen<br />

durch die mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sache befassten<br />

Gerichte zu ersetzen.<br />

22 | Journal für das Lohnbüro April 2013 Rechtsprechung für Sie aufbereitet


Die vorherige Anhörung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />

ist Wirksamkeitsvoraussetzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verdachtskündigung. Bei dieser besteht<br />

in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>em Maße die Gefahr, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt<br />

wird. Dessen Anhörung ist <strong>de</strong>shalb ein<br />

Gebot <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe<br />

sie, wäre die Kündigung nicht „ultima<br />

ratio“.<br />

Der dringen<strong>de</strong> Verdacht einer schwerwiegen<strong>de</strong>n<br />

Verfehlung kann nur dann<br />

für <strong>de</strong>n Ausspruch einer Kündigung genügen,<br />

wenn es we<strong><strong>de</strong>r</strong> gelungen ist, ihn<br />

auszuräumen, noch gelungen ist, die erhobenen<br />

Vorwürfe auf eine sichere<br />

Grundlage zu stellen. Die Anhörung <strong>de</strong>s<br />

Arbeitnehmers ist <strong>de</strong>shalb ein stets gebotenes<br />

Mittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Sachverhaltsaufklärung.<br />

Ihr Umfang richtet sich nach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Einzelfalls. Einerseits muss<br />

sie nicht in je<strong><strong>de</strong>r</strong> Hinsicht <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

genügen, die an eine Anhörung<br />

<strong>de</strong>s Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG<br />

gestellt wer<strong>de</strong>n. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits reicht es<br />

nicht aus, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber <strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />

lediglich mit einer allgemein<br />

gehaltenen Wertung konfrontiert. Die<br />

Anhörung muss sich auf einen greifbaren<br />

Sachverhalt beziehen. Der Arbeitnehmer<br />

muss die Möglichkeit haben, bestimmte,<br />

zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen<br />

gegebenenfalls zu bestreiten o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>n Verdacht entkräften<strong>de</strong> Tatsachen<br />

aufzuzeigen und so zur Aufhellung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

für <strong>de</strong>n Arbeitgeber im Dunkeln liegen<strong>de</strong>n<br />

Geschehnisse beizutragen. Um dieser<br />

Aufklärung willen wird <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />

die Anhörung abverlangt. Sie ist<br />

nicht etwa dazu bestimmt, als verfahrensrechtliche<br />

Erschwernis die Aufklärung<br />

zu verzögern und die Wahrheit zu<br />

verdunkeln.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit einer<br />

Verdachtskündigung ist zu berücksichtigen,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> ursprüngliche Verdacht<br />

durch später bekannt gewor<strong>de</strong>ner Umstän<strong>de</strong>,<br />

je<strong>de</strong>nfalls soweit sie bei Kündigungszugang<br />

objektiv bereits vorlagen,<br />

abgeschwächt o<strong><strong>de</strong>r</strong> verstärkt wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Eine Differenzierung danach, ob<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber objektiv die Möglichkeit<br />

hatte, von <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Tatsachen bis<br />

zum Kündigungsausspruch Kenntnis zu<br />

erlangen, ist nicht gerechtfertigt.<br />

(BAG, Urteil vom 24.05.2012 – 2 AZR 206/11)<br />

Schlussformel im Arbeitszeugnis –<br />

Kein Anspruch auf Dank und gute<br />

Wünsche<br />

Gemäß § 109 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GewO ist<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber nur verpflichtet, Angaben<br />

zu Art und Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeit in ein<br />

Zeugnis aufzunehmen und auf Wunsch<br />

<strong>de</strong>s Arbeitnehmers um Angaben zu Leistung<br />

und Verhalten im Arbeitsverhältnis<br />

zu ergänzen. Aus dieser Vorschrift lässt<br />

sich aber keine Verpflichtung <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />

ableiten, auf die Gesamtnote abgestimmte<br />

Schlusssätze zu formulieren. Eine<br />

solche Verpflichtung wür<strong>de</strong> im Ergebnis<br />

auch nur be<strong>de</strong>uten, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

die bereits abgegebene Leistungs- und Verhaltensbeurteilung<br />

mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Worten<br />

nochmals formelhaft wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt. § 109<br />

Abs. 1 GewO verlangt eine solche Verpflichtung<br />

zur „doppelten“ Leistungs- und<br />

Verhaltensbeurteilung nicht.<br />

Das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht erkennt an,<br />

dass positive Schlusssätze geeignet sein<br />

können, die Bewerbungschancen eines<br />

Arbeitnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis,<br />

in <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber seinen Dank für<br />

die guten Leistungen zum Ausdruck<br />

bringt und <strong>de</strong>m Arbeitnehmer für die berufliche<br />

Zukunft weiterhin alles Gute<br />

wünscht, wird aufgewertet. Freilich besteht<br />

die Be<strong>de</strong>utung von Schlusssätzen gera<strong>de</strong><br />

darin, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber Erklärungen<br />

abgibt, die über <strong>de</strong>n von ihm<br />

geschul<strong>de</strong>ten Zeugnisinhalt hinausgehen.<br />

Wünscht <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber <strong>de</strong>m Arbeitnehmer<br />

im Zeugnis „für die Zukunft alles<br />

Gute“, ergibt sich auch unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstbindung kein Anspruch<br />

<strong>de</strong>s Arbeitnehmers auf eine<br />

Schlussformel. Der Arbeitgeber ist zwar<br />

an <strong>de</strong>n Inhalt eines erteilten Zeugnisses<br />

grundsätzlich gebun<strong>de</strong>n. Die Bindung an<br />

<strong>de</strong>n Ausdruck persönlicher Empfindungen<br />

wie Dank, Bedauern o<strong><strong>de</strong>r</strong> gute Wünsche<br />

für die Zukunft ist jedoch auf <strong>de</strong>n<br />

Ausdruck <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Empfindung beschränkt<br />

und führt <strong>de</strong>shalb nicht zu einer<br />

Verpflichtung <strong>de</strong>s Arbeitgebers, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Empfindungen im Zeugnis zu formulieren,<br />

von <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitnehmer meint,<br />

dass sie sein Arbeitgeber haben müsse.<br />

Ohne gesetzliche Grundlage kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeber<br />

nicht verurteilt wer<strong>de</strong>n, das Bestehen<br />

von persönlichen Empfindungen,<br />

wie z. B. Dankbarkeit, <strong>de</strong>m Arbeitnehmer<br />

gegenüber schriftlich zu bescheinigen.<br />

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein<br />

Zeugnis nicht in erster Linie an <strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />

persönlich richtet. Das Zeugnis<br />

dient <strong>de</strong>m Arbeitnehmer vor allem als<br />

Bewerbungsunterlage und ist insoweit<br />

Dritten, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e möglichen künftigen<br />

Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl.<br />

Ist ein Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber<br />

in das Zeugnis <strong>de</strong>nnoch aufgenommenen<br />

Schlussformel nicht einverstan<strong>de</strong>n,<br />

hat er keinen Anspruch auf<br />

Ergänzung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Umformulierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schlussformel, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur Anspruch auf<br />

die Erteilung eines Zeugnisses ohne<br />

Schlussformel.<br />

(BAG, Urteil vom 11.12.2012 – 9 AZR<br />

227/11)<br />

Dr. jur.<br />

HanS­oTTo<br />

Blaeser<br />

Frechen<br />

Rechtsprechung für Sie aufbereitet<br />

Journal für das Lohnbüro April 2013 | 23


Journal<br />

für das Lohnbüro<br />

04|2013<br />

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