Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de

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08.06.2014 Aufrufe

keit. Diese beiden Kriterien sind regelmäßig näher zu prüfen bzw. festzustellen. Die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer kann allerdings ein Indiz für den Umfang einer selbstständigen Tätigkeit darstellen. Denn der mit der Leitungsfunktion notwendig verbundene Zeitaufwand als Arbeitgeber ist dem Selbstständigen ebenso zuzurechnen wie das wirtschaftliche Ergebnis der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer. Ob eine selbstständige Tätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die nebenher ausgeübte Beschäftigung deutlich übersteigt, ist durch einen Vergleich dieser beiden Kriterien (jeweils aus der selbstständigen Tätigkeit und der Beschäftigung) festzustellen. Der Arbeitgeber muss dies im Rahmen der Erfüllung seiner üblichen Melde- und Beitragspflichten bei Aufnahme der Beschäftigung eines Arbeitnehmers oder bei einer Änderung der Verhältnisse prüfen. Um den Belangen aller Beteiligten Rechnung zu tragen, kann eine vor allem verfahrenspraktisch relativ einfach durchzuführende Abgrenzung erfolgen. Hierzu kann zunächst schematisch von folgenden Grundannahmen ausgegangen werden: • Bei Arbeitnehmern, die aufgrund tariflicher, betriebsbedingter oder arbeitsvertraglicher Regelungen vollschichtig arbeiten oder deren Arbeitszeit der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs entspricht, ist anzunehmen, dass – unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts – daneben für eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit kein Raum mehr bleibt. • Bei Arbeitnehmern, die mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten und deren monatliches Arbeitsentgelt mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße beträgt, ist ebenfalls anzunehmen, dass daneben für eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit kein Raum mehr bleibt. • Bei Arbeitnehmern, die an nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten und deren Arbeitsentgelt nicht mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße beträgt, ist anzunehmen, dass die selbstständige Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Für Sie zusammengestellt von Stefan Haussmann (Hm) und Wolfgang Gamp (Gp). STEFAN HAUSSMANN LL.M. Berlin WOLFGANG GAMP Rechtsassessor, www.lohnsteuerhilfeherdecke.de Nettolohnfiktion: Wann dürfen die Betriebsprüfer den Nettolohn um die Steuer erhöhen? Bei Betriebsprüfungen kommt es immer wieder zum Streit, wann die sogenannte „Nettolohnfiktion“ von den Mitarbeitern der Rentenversicherungsträger angewandt werden darf und wann nicht. Mit Urteil vom 09.11.2011 hat das Bundessozialgericht (BSG) klargestellt, dass für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht nur die „objektive“ Verletzung von Zahlungspflichten sowie hiermit zusammenhängender Pflichten vorliegen, sondern neben der Feststellung eines solchen objektiven Verstoßes ein auf die Verletzung der Arbeitgeberpflichten gerichteter (mindestens bedingter) Vorsatz bestehen muss. Mit dem Besprechungsergebnis vom 14./15.11.2012 (TOP 3) haben die Spitzenorganisationen in der Sozialversicherung festgestellt, dass sie dem Urteil zur Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen folgen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gilt bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, in den Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt wurden, ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Definition „illegale Beschäftigung“ • Illegale Arbeitnehmerüberlassung • illegale Ausländerbeschäftigung und • Beschäftigung mit Sozialleistungsbetrug N-Media-Images © www.fotolia.de Von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit ist ferner auszugehen, wenn jemand Mitarbeiter beschäftigt, die nicht bei einer Einzugsstelle (gesetzlichen Krankenkasse) angemeldet wurden, und keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden, Schwarzlohn an Arbeitnehmer bezahlt wird, der Bruttoarbeitslohn vorsätzlich verkürzt wird oder Lohnsplitting durchgeführt wurde. 8 | Journal für das Lohnbüro August 2013 Nettolohnfiktion: Wann dürfen die Betriebsprüfer den Nettolohn um die Steuer erhöhen?

Erstattung von Meldungen Illegale Beschäftigung liegt aber auch vor, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Zahlung von Beiträgen nicht nachkommt. Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV führt bereits ein Verstoß gegen den objektiven Tatbestand zur Anwendung der Norm, ohne dass subjektive Tatbestandsmerkmale wie Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit erfüllt sein müssen. BSG-Urteil wird gefolgt Mit Urteil vom 09.11.2011 (Az.: B 12 R 18/09 R, USK 2011-142) hat das BSG klargestellt, dass für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht nur die „objektive“ Verletzung von Zahlungspflichten sowie hiermit zusammenhängender Pflichten vorliegen, sondern neben der Feststellung eines solchen objektiven Verstoßes ein auf die Verletzung der Arbeitgeberpflichten gerichteter (mindestens bedingter) Vorsatz bestehen muss. Spitzenverbände folgen dem Urteil Die Besprechungsteilnehmer (Besprechungsergebnis der Spitzenverbände in der Sozialversicherung vom 14./15.11.2012, TOP 3) sind der Auffassung, dass dem vorgenannten Urteil grundsätzlich Bedeutung für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV zur Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen zukommt. Danach kann ein illegales Beschäftigungsverhältnis dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts wie die Nichtzahlung von Beiträgen und die vorausgehenden Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten verletzt. Subjektives Element Für die Frage, in welchem Maße die Pflichtverstöße von einem subjektiven Element getragen sein müssen, ist in Ermangelung anderer Maßstäbe an die für die Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) und die Erhebung von Säumniszuschlägen bei Beitragsnachforderungen (§ 24 Abs. 2 SGB IV) maßgebenden Kriterien, die das BSG bereits präzisiert hat (Urteil vom 30.03.2000, Az.: B 12 KR 14/99 R-, USK 2000-9), anzuknüpfen. Die Nichtzahlung von Beiträgen muss demnach zumindest billigend in Kauf genommen worden sein, das heißt, der Arbeitgeber hätte wissen müssen, dass Beiträge zu zahlen waren, bzw. das Nichtwissen resultierte aus der unterbliebenen Einholung von Auskünften oder Entscheidungen bei den Einzugsstellen bzw. den Trägern der Rentenversicherung. Vereinbarung von Nettoarbeitsentgelt Zu beachten ist, ob zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart wurde. Wurde ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, so gelten neben den Einnahmen (Nettolohn oder Nettogehalt) auch die darauf entfallende Lohn- und Kirchensteuer sowie der errechnete Solidaritätszuschlag und die vom Arbeitgeber übernommenen Sozialversicherungsbeiträge als beitragspflichtige Einnahmen. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, wo durch den Arbeitgeber und den Beschäftigten keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden, gilt stets ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Voraussetzung ist, dass sich bei illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit beide, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, einig sind, dass das an sich sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt dem Beschäftigten brutto für netto, also ohne Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, zufließen soll. Nettolohnfiktion darf nicht bei Fehlbeurteilung angewandt werden Allerdings darf die sogenannte „Nettolohnfiktion“ von den Sozialversicherungsträgern (Einzugsstellen, Deutsche Rentenversicherung etc.) nicht angewandt werden, wenn Arbeitgeber einen Sachverhalt sozialversicherungsrechtlich falsch beurteilt haben. In diesen Fällen dürfen die gesetzlichen Krankenkassen und die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nur aus der falsch beurteilten beitragspflichtigen Einnahme und aus der eventuell durch den Arbeitgeber übernommenen Lohnund Kirchensteuer sowie dem Solidaritätszuschlages, errechnet werden. Beispiel: Sie beschäftigten in Ihrem Hotel eine Bürokraft. Die hat von Ihnen in diesem Jahr, anlässlich ihrer Hochzeit, ein Geldgeschenk in Höhe von 500 Euro erhalten. Bei der jüngsten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung hat der Betriebsprüfer festgestellt, dass aus dem Geldgeschenk keine Lohn- bzw. Kirchensteuer sowie kein Solidaritätszuschlag und keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Heiratsbeihilfen sind nicht mehr lohnsteuerund beitragsfrei. Hier liegt kein Fall der sogenannten „Nettolohnfiktion“ vor. Der Sachverhalt wurde von Ihnen versehentlich falsch beurteilt. Sozialversicherungsbeiträge dürfen vom Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung nur aus den 500 Euro errechnet werden. Zusätzlich werden Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert, wenn Sie für Ihre Mitarbeiterin die zu entrichtende Lohn- bzw. Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag übernommen haben. Normalerweise hätte für die Steuern der Arbeitnehmer aufkommen müssen. Übernehmen Sie die Steuern, so stellt dies einen geldwerten Vorteil dar. Steuerklasse VI ist grundsätzlich zu berücksichtigen Bei der Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist grundsätzlich die Lohnsteuerklasse VI zugrunde zu legen. In der Anhörung vor Erlass des Beitragsbescheides ist auf die Anwendung der Lohnsteuerklasse VI hinzuweisen; dem Arbeitgeber wird hierdurch die Gelegenheit gegeben, den Beweis einer anderen Lohnsteuerklasse zu erbringen. Die Steuerklasse I kann nur dann berücksichtigt werden, wenn eine entsprechende Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamtes vorliegt bzw. im Anhörungsverfahren beigebracht wird. Beispiel: Sie beschäftigen in Ihrem Hotel eine Bürokauffrau. Anlässlich einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung im September diese Jahres wurde festgestellt, dass Sie Ihrer Mitarbeiterin im Dezember 2012 versehentlich 800 Euro gezahlt haben, ohne dass der Betrag von Ihnen in der Lohnbuchhaltung versteuert und verbeitragt wurde. Die Mitarbeiterin war im Dezember 2012 gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Die Beschäftigte hat keine Kinder und hat bereits das 23. Lebensjahr vollendet. In der gesetzlichen Pflegeversicherung ist der Zusatzbeitrag zu entrichten. Außerdem wohnt sie in Bayern und ist kirchensteuerpflichtig. Nettolohnberechnung bei Lohnsteuerklasse I: Hier errechnet sich ein sozialversicherungspflichtiger Bruttolohn in Höhe von 1.030,82 Euro (15,91 Euro Lohnsteuer, 1,27 Euro Kirchensteuer und 213,64 Euro Sozialversicherungsbeiträge = Arbeitnehmeranteile). Nettolohnfiktion: Wann dürfen die Betriebsprüfer den Nettolohn um die Steuer erhöhen? Journal für das Lohnbüro August 2013 | 9

Erstattung von Meldungen<br />

Illegale Beschäftigung liegt aber auch vor,<br />

wenn <strong>de</strong>r Arbeitgeber seiner Verpflichtung<br />

zur Erstattung von Meldungen und<br />

Zahlung von Beiträgen nicht nachkommt.<br />

Nach <strong>de</strong>m Wortlaut <strong>de</strong>s § 14 Abs. 2 Satz 2<br />

SGB IV führt bereits ein Verstoß gegen<br />

<strong>de</strong>n objektiven Tatbestand zur Anwendung<br />

<strong>de</strong>r Norm, ohne <strong>das</strong>s subjektive<br />

Tatbestandsmerkmale wie Vorsatz bzw.<br />

Fahrlässigkeit erfüllt sein müssen.<br />

BSG-Urteil wird gefolgt<br />

Mit Urteil vom 09.11.2011 (Az.: B 12 R 18/09<br />

R, USK 2011-142) hat <strong>das</strong> BSG klargestellt,<br />

<strong>das</strong>s <strong>für</strong> die Anwendung <strong>de</strong>s § 14 Abs. 2<br />

Satz 2 SGB IV nicht nur die „objektive“<br />

Verletzung von Zahlungspflichten sowie<br />

hiermit zusammenhängen<strong>de</strong>r Pflichten<br />

vorliegen, son<strong>de</strong>rn neben <strong>de</strong>r Feststellung<br />

eines solchen objektiven Verstoßes ein auf<br />

die Verletzung <strong>de</strong>r Arbeitgeberpflichten<br />

gerichteter (min<strong>de</strong>stens bedingter) Vorsatz<br />

bestehen muss.<br />

Spitzenverbän<strong>de</strong> folgen <strong>de</strong>m Urteil<br />

Die Besprechungsteilnehmer (Besprechungsergebnis<br />

<strong>de</strong>r Spitzenverbän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Sozialversicherung vom 14./15.11.2012,<br />

TOP 3) sind <strong>de</strong>r Auffassung, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>m vorgenannten<br />

Urteil grundsätzlich Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>für</strong> die Anwendbarkeit <strong>de</strong>s § 14 Abs. 2 Satz<br />

2 SGB IV zur Ermittlung <strong>de</strong>r Beitragsbemessungsgrundlage<br />

bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen<br />

zukommt. Danach<br />

kann ein illegales Beschäftigungsverhältnis<br />

dann angenommen wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r<br />

Arbeitgeber zentrale arbeitgeberbezogene<br />

Pflichten <strong>de</strong>s Sozialversicherungsrechts<br />

wie die Nichtzahlung von Beiträgen und<br />

die vorausgehen<strong>de</strong>n Mel<strong>de</strong>-, Aufzeichnungs-<br />

und Nachweispflichten verletzt.<br />

Subjektives Element<br />

Für die Frage, in welchem Maße die<br />

Pflichtverstöße von einem subjektiven<br />

Element getragen sein müssen, ist in Ermangelung<br />

an<strong>de</strong>rer Maßstäbe an die <strong>für</strong><br />

die Anwendung <strong>de</strong>r dreißigjährigen Verjährungsfrist<br />

(§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV)<br />

und die Erhebung von Säumniszuschlägen<br />

bei Beitragsnachfor<strong>de</strong>rungen (§ 24<br />

Abs. 2 SGB IV) maßgeben<strong>de</strong>n Kriterien,<br />

die <strong>das</strong> BSG bereits präzisiert hat (Urteil<br />

vom 30.03.2000, Az.: B 12 KR 14/99 R-, USK<br />

2000-9), anzuknüpfen. Die Nichtzahlung<br />

von Beiträgen muss <strong>de</strong>mnach zumin<strong>de</strong>st<br />

billigend in Kauf genommen wor<strong>de</strong>n sein,<br />

<strong>das</strong> heißt, <strong>de</strong>r Arbeitgeber hätte wissen<br />

müssen, <strong>das</strong>s Beiträge zu zahlen waren,<br />

bzw. <strong>das</strong> Nichtwissen resultierte aus <strong>de</strong>r<br />

unterbliebenen Einholung von Auskünften<br />

o<strong>de</strong>r Entscheidungen bei <strong>de</strong>n Einzugsstellen<br />

bzw. <strong>de</strong>n Trägern <strong>de</strong>r Rentenversicherung.<br />

Vereinbarung von Nettoarbeitsentgelt<br />

Zu beachten ist, ob zwischen <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />

und <strong>de</strong>m Arbeitnehmer ein Nettoarbeitsentgelt<br />

vereinbart wur<strong>de</strong>. Wur<strong>de</strong><br />

ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, so gelten<br />

neben <strong>de</strong>n Einnahmen (Nettolohn<br />

o<strong>de</strong>r Nettogehalt) auch die darauf entfallen<strong>de</strong><br />

Lohn- und Kirchensteuer sowie <strong>de</strong>r<br />

errechnete Solidaritätszuschlag und die<br />

vom Arbeitgeber übernommenen Sozialversicherungsbeiträge<br />

als beitragspflichtige<br />

Einnahmen. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen,<br />

wo durch <strong>de</strong>n<br />

Arbeitgeber und <strong>de</strong>n Beschäftigten keine<br />

Steuern und Sozialversicherungsbeiträge<br />

entrichtet wur<strong>de</strong>n, gilt stets ein Nettoarbeitsentgelt<br />

als vereinbart. Voraussetzung<br />

ist, <strong>das</strong>s sich bei illegaler Beschäftigung<br />

und Schwarzarbeit bei<strong>de</strong>, also Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer, einig sind, <strong>das</strong>s<br />

<strong>das</strong> an sich sozialversicherungspflichtige<br />

Arbeitsentgelt <strong>de</strong>m Beschäftigten brutto<br />

<strong>für</strong> netto, also ohne Abzug von Steuern<br />

und Sozialversicherungsbeiträgen, zufließen<br />

soll.<br />

Nettolohnfiktion darf nicht bei<br />

Fehlbeurteilung angewandt wer<strong>de</strong>n<br />

Allerdings darf die sogenannte „Nettolohnfiktion“<br />

von <strong>de</strong>n Sozialversicherungsträgern<br />

(Einzugsstellen, Deutsche Rentenversicherung<br />

etc.) nicht angewandt wer<strong>de</strong>n,<br />

wenn Arbeitgeber einen Sachverhalt sozialversicherungsrechtlich<br />

falsch beurteilt<br />

haben. In diesen Fällen dürfen die gesetzlichen<br />

Krankenkassen und die Betriebsprüfer<br />

<strong>de</strong>r Deutschen Rentenversicherung<br />

Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-,<br />

Renten- und Arbeitslosenversicherung nur<br />

aus <strong>de</strong>r falsch beurteilten beitragspflichtigen<br />

Einnahme und aus <strong>de</strong>r eventuell durch<br />

<strong>de</strong>n Arbeitgeber übernommenen Lohnund<br />

Kirchensteuer sowie <strong>de</strong>m Solidaritätszuschlages,<br />

errechnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Beispiel:<br />

Sie beschäftigten in Ihrem Hotel eine Bürokraft.<br />

Die hat von Ihnen in diesem Jahr, anlässlich<br />

ihrer Hochzeit, ein Geldgeschenk in<br />

Höhe von 500 Euro erhalten. Bei <strong>de</strong>r jüngsten<br />

Betriebsprüfung durch die Deutsche<br />

Rentenversicherung hat <strong>de</strong>r Betriebsprüfer<br />

festgestellt, <strong>das</strong>s aus <strong>de</strong>m Geldgeschenk<br />

keine Lohn- bzw. Kirchensteuer sowie kein<br />

Solidaritätszuschlag und keine Sozialversicherungsbeiträge<br />

entrichtet wur<strong>de</strong>n.<br />

Heiratsbeihilfen sind nicht mehr lohnsteuerund<br />

beitragsfrei.<br />

Hier liegt kein Fall <strong>de</strong>r sogenannten „Nettolohnfiktion“<br />

vor. Der Sachverhalt wur<strong>de</strong> von<br />

Ihnen versehentlich falsch beurteilt. Sozialversicherungsbeiträge<br />

dürfen vom Betriebsprüfer<br />

<strong>de</strong>r Deutschen Rentenversicherung<br />

nur aus <strong>de</strong>n 500 Euro errechnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Zusätzlich wer<strong>de</strong>n Sozialversicherungsbeiträge<br />

nachgefor<strong>de</strong>rt, wenn Sie <strong>für</strong> Ihre Mitarbeiterin<br />

die zu entrichten<strong>de</strong> Lohn- bzw.<br />

Kirchensteuer sowie <strong>de</strong>n Solidaritätszuschlag<br />

übernommen haben. Normalerweise<br />

hätte <strong>für</strong> die Steuern <strong>de</strong>r Arbeitnehmer aufkommen<br />

müssen. Übernehmen Sie die Steuern,<br />

so stellt dies einen geldwerten Vorteil<br />

dar.<br />

Steuerklasse VI ist grundsätzlich<br />

zu berücksichtigen<br />

Bei <strong>de</strong>r Hochrechnung nach § 14 Abs. 2<br />

Satz 2 SGB IV ist grundsätzlich die Lohnsteuerklasse<br />

VI zugrun<strong>de</strong> zu legen. In <strong>de</strong>r<br />

Anhörung vor Erlass <strong>de</strong>s Beitragsbeschei<strong>de</strong>s<br />

ist auf die Anwendung <strong>de</strong>r Lohnsteuerklasse<br />

VI hinzuweisen; <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />

wird hierdurch die Gelegenheit<br />

gegeben, <strong>de</strong>n Beweis einer an<strong>de</strong>ren Lohnsteuerklasse<br />

zu erbringen. Die Steuerklasse<br />

I kann nur dann berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn eine entsprechen<strong>de</strong> Bescheinigung<br />

<strong>de</strong>s Betriebsstättenfinanzamtes<br />

vorliegt bzw. im Anhörungsverfahren<br />

beigebracht wird.<br />

Beispiel:<br />

Sie beschäftigen in Ihrem Hotel eine Bürokauffrau.<br />

Anlässlich einer Betriebsprüfung<br />

<strong>de</strong>r Deutschen Rentenversicherung im September<br />

diese Jahres wur<strong>de</strong> festgestellt, <strong>das</strong>s<br />

Sie Ihrer Mitarbeiterin im Dezember 2012<br />

versehentlich 800 Euro gezahlt haben, ohne<br />

<strong>das</strong>s <strong>de</strong>r Betrag von Ihnen in <strong>de</strong>r Lohnbuchhaltung<br />

versteuert und verbeitragt wur<strong>de</strong>.<br />

Die Mitarbeiterin war im Dezember 2012 gesetzlich<br />

kranken- und pflegeversichert. Die<br />

Beschäftigte hat keine Kin<strong>de</strong>r und hat bereits<br />

<strong>das</strong> 23. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t. In <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />

Pflegeversicherung ist <strong>de</strong>r Zusatzbeitrag<br />

zu entrichten. Außer<strong>de</strong>m wohnt<br />

sie in Bayern und ist kirchensteuerpflichtig.<br />

Nettolohnberechnung<br />

bei Lohnsteuerklasse I:<br />

Hier errechnet sich ein sozialversicherungspflichtiger<br />

Bruttolohn in Höhe von 1.030,82<br />

Euro (15,91 Euro Lohnsteuer, 1,27 Euro Kirchensteuer<br />

und 213,64 Euro Sozialversicherungsbeiträge<br />

= Arbeitnehmeranteile).<br />

Nettolohnfiktion: Wann dürfen die Betriebsprüfer <strong>de</strong>n Nettolohn um die Steuer erhöhen?<br />

<strong>Journal</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Lohnbüro</strong> August 2013 | 9

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