Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de
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ehör<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Steuergesetzgeber,<br />
weniger <strong>de</strong>n vorinstanzlichen Finanzgerichten,<br />
eine teils <strong>de</strong>utlich abweichen<strong>de</strong><br />
Rechtsauffassung <strong>de</strong>s BFH entgegengehalten<br />
wird.<br />
Auch die höchstrichterlichen Urteile <strong>de</strong>s<br />
BFH beziehen sich aber nahezu immer auf<br />
einen Einzelfall. Und damit ist es dann<br />
gar nicht so selten, son<strong>de</strong>rn eher fast die<br />
Regel, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> BMF „im Einvernehmen<br />
mit <strong>de</strong>n obersten Finanzbehör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Län<strong>de</strong>r“ doch die eigene, gemäß BFH<br />
dann eigentlich falsche Rechtsauffassung<br />
weiterhin per Nichtanwendungserlass<br />
„über <strong>de</strong>n entschie<strong>de</strong>nen Einzelfall hinaus“<br />
gültig bleiben lässt. Dieser Nichtanwendungserlass<br />
ist dann eine Anweisung<br />
an die ausführen<strong>de</strong>n örtlichen Finanzbehör<strong>de</strong>n<br />
mit <strong>de</strong>m Ziel, in <strong>de</strong>r Regel die<br />
durch diese Nichtanwendung weiterhin<br />
erzielbaren Mehrsteuern von <strong>de</strong>n Bürgern<br />
auch einzutreiben. Und falls einer o<strong>de</strong>r<br />
mehrere Bürger sich dann doch weiter auf<br />
<strong>das</strong> <strong>für</strong> ihn o<strong>de</strong>r sie günstigere BFH-Urteil<br />
beziehen möchten, dann müssen sie halt<br />
erneut klagen.<br />
Ob <strong>de</strong>rartige Nichtanwendungserlasse<br />
<strong>de</strong>s BMF noch als rechtsstaatlich angesehen<br />
wer<strong>de</strong>n können, darüber streiten sich<br />
die verschie<strong>de</strong>nen Fachleute aus grundgesetzlichem<br />
Anlass schon seit langem.<br />
Bisher ist es je<strong>de</strong>nfalls bei <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r<br />
Nichtanwendungserlasse geblieben.<br />
Dieses vorausgeschickt soll hier über<br />
einen <strong>de</strong>r eher ganz seltenen Fälle berichtet<br />
wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen ein Nichtanwendungserlass<br />
<strong>de</strong>s BMF vom 22. Mai 2013 –<br />
IV C 5 – S 2388/11/10001-02 –, entgegen<br />
einer zu Lasten <strong>de</strong>r Steuerbürger verschärften<br />
steuerlichen Definition durch<br />
<strong>de</strong>n BFH, weiterhin und ausdrücklich<br />
eine großzügigere Handhabung <strong>de</strong>r Finanzbehör<strong>de</strong>n<br />
in bestimmten steuerlichen<br />
Beurteilungsfällen anweist. Und<br />
damit erst recht <strong>für</strong> Erstaunen und Verwun<strong>de</strong>rung<br />
sorgt.<br />
Es geht hierbei um die Urteile <strong>de</strong>s BFH<br />
vom 19. September 2012 – VI R 54/11 und<br />
VI R 55/11. Mit diesen Urteilen hatte <strong>de</strong>r<br />
BFH entschie<strong>de</strong>n, <strong>das</strong> in bestimmten<br />
lohnsteuerlichen Begünstigungsnormen<br />
verwen<strong>de</strong>te Tatbestandsmerkmal „zusätzlich<br />
zum ohnehin geschul<strong>de</strong>ten Arbeitslohn“<br />
sei nur bei freiwilligen Arbeitgeberleistungen<br />
erfüllt. In diesen Urteilen ging<br />
es um Fälle von Kin<strong>de</strong>rbetreuungsleistungen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitgebers (§ 3 Nr. 33 EStG), IT-<br />
Leistungen <strong>de</strong>s Arbeitgebers (§ 40 Abs. 2<br />
Satz 1 Nr. 5 EStG) sowie um Fahrtkostenzuschüsse<br />
(§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG).<br />
Der „ohnehin geschul<strong>de</strong>te Arbeitslohn“<br />
Dabei hatte <strong>de</strong>r BFH ausdrücklich betont,<br />
<strong>das</strong>s die von <strong>de</strong>n klagen<strong>de</strong>n Unternehmen<br />
vorgenommenen Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Arbeitsverträge<br />
schon aufgrund <strong>de</strong>r zum<br />
Zeitpunkt dieser Än<strong>de</strong>rungen gelten<strong>de</strong>n<br />
steuerrechtlichen Vorschriften, und ergänzend<br />
aufgrund früher dazu ergangener<br />
höchstrichterlicher Urteile, die notwendigen<br />
Voraussetzungen nicht erfüllten.<br />
Der BFH bestätigte dabei ausdrücklich die<br />
Urteile <strong>de</strong>r Vorinstanz (FG Nie<strong>de</strong>rsachsen),<br />
wonach die arbeitsvertragliche Herabsetzung<br />
bisher geschul<strong>de</strong>ter Arbeitslöhne zugunsten<br />
künftiger steuerfreier bzw. pauschal<br />
zu versteuern<strong>de</strong>r Zusatzleistungen<br />
steuerrechtlich unrichtig war. Die dazu ergangenen<br />
Lohnsteuerhaftungsbeschei<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Betriebsstättenfinanzamtes waren<br />
<strong>de</strong>mnach zu Recht erfolgt.<br />
Zusammenfassend hatte <strong>de</strong>r BFH je<strong>de</strong>nfalls<br />
geurteilt, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r „ohnehin geschul<strong>de</strong>te<br />
Arbeitslohn“ <strong>de</strong>r Arbeitslohn ist, <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber aus allen verbindlichen<br />
Rechtsansprüchen seinen Arbeitnehmern<br />
schul<strong>de</strong>t. Und dazu gehören nach durchaus<br />
vertretbarer Meinung <strong>de</strong>s BFH dann<br />
auch „freiwillige“ Son<strong>de</strong>rzahlungen, je<strong>de</strong>nfalls<br />
soweit auf diese aus betrieblicher<br />
Übung ebenfalls ein Anspruch hergeleitet<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Das sei dann <strong>de</strong>r aufgrund<br />
von Vereinbarungen o<strong>de</strong>r durch eine dauern<strong>de</strong><br />
Übung arbeitsrechtlich geschul<strong>de</strong>te<br />
Arbeitslohn. Und so hatte <strong>de</strong>r BFH, konsequent<br />
ausgerichtet an <strong>de</strong>n jeweiligen Gesetzestexten,<br />
auch schon früher geurteilt.<br />
Ergänzend macht <strong>de</strong>r BFH dann noch<br />
<strong>de</strong>utlich: „Wenn davon <strong>das</strong> Gesetz Leistungen<br />
unterschei<strong>de</strong>t, die „zusätzlich zum<br />
ohnehin geschul<strong>de</strong>ten Arbeitslohn“ erbracht<br />
wer<strong>de</strong>n, wie etwa in <strong>de</strong>n §§ 3 Nr.<br />
33, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 o<strong>de</strong>r § 40 Abs. 2<br />
Satz 2 EStG, können <strong>de</strong>rartige Leistungen<br />
dann nur noch freiwillige Arbeitgeberleistungen<br />
sein, also solche, auf die<br />
<strong>de</strong>r Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen<br />
Anspruch hat. Denn nur solche<br />
schul<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Arbeitgeber nicht ohnehin.“<br />
Demnach sei die durch die Arbeitgeberin<br />
erfolgte arbeitsvertragliche Herabsetzung<br />
bisher als Arbeitslohn geschul<strong>de</strong>ter<br />
Ansprüche zugunsten künftiger steuerfreier<br />
o<strong>de</strong>r steuerbegünstigter „Zusatzleistungen“<br />
insofern nicht zulässig gewesen.<br />
Dieses sei auch darin begrün<strong>de</strong>t<br />
gewesen, weil die Arbeitnehmer auf<br />
diese Zusatzleistungen arbeitsrechtlich<br />
auch dann noch im vollen Umfang<br />
Anspruch gehabt hätten, wenn die individuellen<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> die steuerfreien<br />
o<strong>de</strong>r steuerbegünstigen Zusatzleistungen<br />
entfallen waren. Damit sei <strong>das</strong><br />
Zusätzlichkeitserfor<strong>de</strong>rnis endgültig<br />
nicht erfüllt gewesen.<br />
In seiner Urteilsbegründung setzt <strong>de</strong>r BFH<br />
dann noch eine weitere bemerkenswerte<br />
Begründung hinzu: „Deshalb än<strong>de</strong>rt an<br />
diesem Ergebnis auch die grundsätzlich<br />
zutreffen<strong>de</strong> Einwendung <strong>de</strong>r Klägerin<br />
nichts, <strong>das</strong>s damit letztlich auch freiwillige<br />
Leistungen über <strong>das</strong> arbeitsrechtliche<br />
Institut <strong>de</strong>r betrieblichen Übung zu ohnehin<br />
geschul<strong>de</strong>tem Arbeitslohn wer<strong>de</strong>n<br />
können und daher <strong>de</strong>r Anwendungsbereich<br />
<strong>de</strong>r Pauschalierungs- und Begünstigungsnormen<br />
eingeschränkt ist. Hier<br />
Än<strong>de</strong>rungen vorzunehmen, ist Aufgabe<br />
<strong>de</strong>s Gesetzgebers.“<br />
Der BFH bestätigt also nicht nur seine frühere<br />
hierzu ergangene Rechtsprechung,<br />
son<strong>de</strong>rn er setzt noch einen drauf, in<strong>de</strong>m<br />
er „zusätzlich“ ausdrücklich mit „freiwillig“<br />
verbin<strong>de</strong>t. Und allen Adressaten dabei<br />
gleich noch mitteilt, <strong>das</strong>s auch <strong>de</strong>rartige<br />
freiwilligen Leistungen dann ihren<br />
steuerfreien o<strong>de</strong>r steuerbegünstigten Status<br />
verlieren können, wenn sie durch<br />
betriebliche Übung arbeitsrechtlich zu<br />
einem beanspruchbaren Arbeitslohn führen.<br />
Und <strong>de</strong>r Gesetzgeber erhält gleichzeitig<br />
einen <strong>de</strong>utlichen Hinweis, <strong>das</strong>s er dieses<br />
Problem ja durch entsprechen<strong>de</strong><br />
gesetzliche Anpassungen lösen könne.<br />
Der Gesetzgeber, in Gestalt <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfinanzministeriums<br />
in Abstimmung mit<br />
<strong>de</strong>n obersten Finanzbehör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r,<br />
hat <strong>de</strong>n über<strong>de</strong>utlichen Zwischenruf <strong>de</strong>s<br />
BFH sehr wohl gehört bzw. gelesen. Und<br />
reagiert hat er auch, allerdings nicht mit<br />
einer Gesetzesän<strong>de</strong>rung, wie vom BFH<br />
gefor<strong>de</strong>rt. Statt<strong>de</strong>ssen reagiert <strong>de</strong>r BMF<br />
mit <strong>de</strong>m eingangs erwähnten Nichtanwendungserlass,<br />
<strong>de</strong>r formal ja nur <strong>für</strong><br />
die nachgeordneten Finanzbehör<strong>de</strong>n gilt,<br />
und weist folgen<strong>de</strong>s an:<br />
„Die Verwaltung sieht die Zusätzlichkeitsvoraussetzung<br />
abweichend von <strong>de</strong>r neuen<br />
BFH-Rechtsprechung als erfüllt an, wenn<br />
die zweckbestimmte Leistung zu <strong>de</strong>m Arbeitslohn<br />
hinzukommt, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
arbeitsrechtlich schul<strong>de</strong>t (vgl. R 3.33<br />
Abs. 5 Satz 1 LStR 2011). Nur Gehaltsumwandlungen<br />
sind danach schädlich.“<br />
Und in <strong>de</strong>r Tat sieht die RL-Vorschrift <strong>de</strong>s<br />
Abs. 5 vor, <strong>das</strong>s Umwandlungen aus laufen<strong>de</strong>n<br />
Arbeitslohnansprüchen nicht als<br />
„zusätzlich“ gelten. Dieses jedoch sehr<br />
wohl unter Anrechnung auf „freiwillige“<br />
Leistungen, also z. B. ein freiwilliges<br />
Weihnachtsgeld, möglich ist. Der auch bei<br />
freiwilligen Leistungen mögliche Übergang<br />
in eine beanspruchbare betriebliche<br />
Übung wird gar nicht erst erwähnt. Und<br />
<strong>Journal</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Lohnbüro</strong> August 2013 | 5