Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de
Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de
Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
zur Erreichung dieses Ziels angemessen<br />
und erfor<strong>de</strong>rlich. Bestimmungen in Vereinbarungen,<br />
die gegen <strong>das</strong> Benachteiligungsverbot<br />
<strong>de</strong>s § 7 Abs. 1 AGG verstoßen,<br />
sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.<br />
Das Erfor<strong>de</strong>rnis einer min<strong>de</strong>stens 15-jährigen<br />
Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen<br />
<strong>de</strong>r Regelaltersgrenze in <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Rentenversicherung bewirkt<br />
keine unzulässige Diskriminierung wegen<br />
<strong>de</strong>s Alters. Es kann dahinstehen, ob<br />
die Festlegung einer erreichbaren 15-jährigen<br />
Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze<br />
in <strong>de</strong>r Rentenversicherung<br />
als Zugangsvoraussetzung <strong>für</strong> Leistungen<br />
<strong>de</strong>r betrieblichen Altersversorgung ältere<br />
Arbeitnehmer unmittelbar wegen ihres<br />
Alters benachteiligt, weil sie ab einem bestimmten<br />
Lebensalter von <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Altersversorgung ausgeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r ob lediglich eine mittelbare<br />
Diskriminierung <strong>de</strong>nkbar ist. Selbst eine<br />
unmittelbare Benachteiligung wegen <strong>de</strong>s<br />
Alters wäre nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.<br />
Dies schließt auch eine unzulässige<br />
mittelbare Benachteiligung wegen<br />
<strong>de</strong>s Alters aus.<br />
Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche<br />
Behandlung wegen <strong>de</strong>s Alters zulässig,<br />
wenn sie objektiv und angemessen<br />
und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt<br />
ist. Die Mittel zur Erreichung dieses<br />
Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen<br />
und erfor<strong>de</strong>rlich sein. § 10 Satz 3<br />
AGG enthält eine Aufzählung von Tatbestän<strong>de</strong>n,<br />
wonach <strong>de</strong>rartige unterschiedliche<br />
Behandlungen insbeson<strong>de</strong>re gerechtfertigt<br />
sein können. Nach § 10 Satz 3<br />
Nr. 4 AGG ist dies <strong>de</strong>r Fall bei <strong>de</strong>r Festsetzung<br />
von Altersgrenzen bei betrieblichen<br />
Systemen <strong>de</strong>r sozialen Sicherheit als Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> die Mitgliedschaft o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n Bezug von Altersrente.<br />
Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel <strong>de</strong>r<br />
För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r betrieblichen Altersversorgung<br />
ist ein legitimes Ziel im Sinne <strong>de</strong>s<br />
§ 10 Satz 1 AGG. Um dieses Ziel zu för<strong>de</strong>rn,<br />
hat <strong>de</strong>r Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 4<br />
AGG zur Gestaltung <strong>de</strong>r betrieblichen Altersversorgung<br />
<strong>das</strong> Mittel <strong>de</strong>r Festsetzung<br />
von Altersgrenzen in Versorgungsordnungen<br />
zur Verfügung gestellt. Von dieser<br />
Möglichkeit kann grundsätzlich auch<br />
<strong>de</strong>r einzelne Arbeitgeber bei <strong>de</strong>r Schaffung<br />
von Versorgungsregelungen Gebrauch<br />
machen. Allerdings muss die konkret<br />
festgelegte Altersgrenze nach § 10<br />
Satz 2 AGG angemessen sein. Das ist <strong>de</strong>r<br />
Fall, wenn <strong>de</strong>r Arbeitgeber diejenigen Arbeitnehmer<br />
von <strong>de</strong>r betrieblichen Altersversorgung<br />
ausnimmt, die von ihrem Eintritt<br />
in <strong>das</strong> Arbeitsverhältnis bis zur<br />
Regelaltersgrenze in <strong>de</strong>r gesetzlichen Rentenversicherung<br />
eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit<br />
nicht erreichen können.<br />
Dem Arbeitgeber steht bei freiwilligen zusätzlichen<br />
Leistungen – wozu Leistungen<br />
<strong>de</strong>r betrieblichen Altersversorgung zählen<br />
– ein von <strong>de</strong>n Gerichten zu respektieren<strong>de</strong>r<br />
Ermessensspielraum zu. Dies ist<br />
seiner Bereitschaft geschul<strong>de</strong>t, sich freiwillig<br />
zu einer von ihm zu finanzieren<strong>de</strong>n<br />
betrieblichen Zusatzversorgung zu verpflichten.<br />
Durch die Festlegung <strong>de</strong>r Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> die Zusage einer betrieblichen<br />
Altersversorgung bestimmt<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber zu<strong>de</strong>m seinen Dotierungsrahmen.<br />
Diese Gestaltungsfreiheit<br />
eröffnet <strong>de</strong>m Arbeitgeber grundsätzlich<br />
die Möglichkeit, einen Zeitraum festzulegen,<br />
<strong>de</strong>n ein Arbeitnehmer min<strong>de</strong>stens im<br />
Arbeitsverhältnis zurückgelegt haben<br />
muss, um einen Versorgungsanspruch zu<br />
erwerben.<br />
Allerdings darf <strong>de</strong>r Arbeitgeber bei <strong>de</strong>r<br />
Festlegung einer Höchstaltersgrenze o<strong>de</strong>r<br />
einer Min<strong>de</strong>stbetriebszugehörigkeit als<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> Leistungen <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Altersversorgung die berechtigten<br />
Belange <strong>de</strong>r betroffenen Arbeitnehmer<br />
nicht außer Acht lassen. Dabei ist zu<br />
berücksichtigen, <strong>das</strong>s die betriebliche Altersversorgung<br />
nicht nur Versorgungs-,<br />
son<strong>de</strong>rn auch Entgeltcharakter hat und<br />
eine anspruchsausschließen<strong>de</strong> Wartezeit<br />
in Form einer Min<strong>de</strong>stbetriebszugehörigkeit<br />
bis zum Erreichen <strong>de</strong>r Regelaltersgrenze<br />
in <strong>de</strong>r gesetzlichen Rentenversicherung<br />
o<strong>de</strong>r einer Höchstaltersgrenze<br />
dazu führt, <strong>das</strong>s die hiervon betroffenen<br />
Arbeitnehmer <strong>für</strong> die gesamte von ihnen<br />
geleistete Betriebstreue keine betriebliche<br />
Altersversorgung erhalten. Damit dürfte<br />
etwa eine Regelung, die zur Folge hat,<br />
<strong>das</strong>s während eines beträchtlichen Teils<br />
eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften<br />
erworben wer<strong>de</strong>n<br />
können, nicht zu vereinbaren sein.<br />
Eine Höchstaltersgrenze o<strong>de</strong>r die Festlegung<br />
einer Min<strong>de</strong>stbetriebszugehörigkeit<br />
bis zur Regelaltersgrenze in <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Rentenversicherung als Anspruchsvoraussetzung<br />
<strong>für</strong> Leistungen <strong>de</strong>r betrieblichen<br />
Altersversorgung darf auch nicht<br />
zu einer mittelbaren Benachteiligung von<br />
Frauen führen. Deshalb ist bei einer solchen<br />
Regelung darauf Bedacht zu nehmen,<br />
<strong>das</strong>s Frauen häufig nach einer familiär bedingten<br />
Unterbrechung <strong>de</strong>r Berufstätigkeit<br />
zur Kin<strong>de</strong>rbetreuung und Erziehung<br />
in <strong>das</strong> Erwerbsleben zurückkehren und<br />
ihnen auch in <strong>de</strong>r Folgezeit grundsätzlich<br />
die Möglichkeit eröffnet wer<strong>de</strong>n soll, noch<br />
Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung<br />
zu erwerben.<br />
Danach wer<strong>de</strong>n die Interessen <strong>de</strong>r Arbeitnehmer<br />
durch die Festlegung einer min<strong>de</strong>stens<br />
15-jährigen Betriebszugehörigkeit<br />
bis zur Regelaltersgrenze in <strong>de</strong>r<br />
gesetzlichen Rentenversicherung nicht<br />
unangemessen beeinträchtigt. Zwar können<br />
Arbeitnehmer, <strong>de</strong>ren Arbeitsverhältnis<br />
innerhalb <strong>de</strong>r letzten 15 Jahre vor <strong>de</strong>m<br />
gesetzlichen Rentenalter beginnt, keine<br />
Versorgungsanwartschaften erwerben. Im<br />
Hinblick darauf, <strong>das</strong>s ein Erwerbsleben<br />
bei typisieren<strong>de</strong>r Betrachtung min<strong>de</strong>stens<br />
40 Jahre und mehr umfasst, ist dies jedoch<br />
hinnehmbar, zumal diese Arbeitnehmer<br />
bereits in vorangegangenen Arbeitsverhältnissen<br />
die Möglichkeit hatten, Betriebsrentenanwartschaften<br />
zu erdienen.<br />
Das Erfor<strong>de</strong>rnis einer min<strong>de</strong>stens 15-jährigen<br />
Betriebszugehörigkeit führt auch<br />
nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung<br />
von Frauen. Bei typisieren<strong>de</strong>r Betrachtung<br />
ist mit <strong>de</strong>m Wie<strong>de</strong>reintritt in<br />
<strong>das</strong> Berufsleben nach Zeiten <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rerziehung<br />
bereits vor Vollendung <strong>de</strong>s 50.<br />
Lebensjahres zu rechnen.<br />
(BAG, Urteil vom 12.02.2013 – 3 AZR<br />
100/11)<br />
DR. JUR.<br />
HANS-OTTO<br />
BLAESER<br />
Frechen<br />
26 | <strong>Journal</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Lohnbüro</strong> August 2013 Rechtsprechung <strong>für</strong> Sie aufbereitet