Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de

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08.06.2014 Aufrufe

Aktuelles aus dem Arbeitsrecht Betriebsbedingte Kündigung unkündbarer Arbeitnehmer: Bei Outsourcing ist die Unternehmer-Entscheidung nur begrenzt überprüfbar Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgeber auch dann nicht von der Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen müssen, wenn dadurch einer größeren Zahl ordentlich nicht mehr kündbarer Arbeitsverhältnisse die Grundlage entzogen wird. Im Streitfall ging es um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist nach einem Outsourcing. Der Arbeitgeber hatte entschieden, die Aufgaben der Servicetechniker an ein Drittunternehmen zu vergeben, was zum Wegfall aller Disponentenstellen am Standort in X führte. Dazu vereinbarte er gemeinsam mit zwei konzernverbundenen Unternehmen und dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich mit Sozialplan. Danach kündigte er auch den Arbeitsvertrag mit dem eigentlich unkündbaren und jetzt klagenden Arbeitnehmer außerordentlich unter Einhaltung einer Auslauffrist. Im Gegensatz zu beiden Vorinstanzen hält das BAG hier eine Kündigung für möglich und hat den Streit zur weiteren Sachaufklärung an das LAG Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Meinung damit, dass eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung in Betracht komme, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und das dazu führt, dass andernfalls Betriebe Arbeitnehmer trotz Wegfalls der Arbeitsplätze noch jahrelang vergüten müssten, ohne dass dem eine Gegenleistung entspräche. Der erforderliche wichtige Grund nach § 626 BGB könne sich auch aufgrund innerbetrieblicher Maßnahmen wie Umstrukturierungen ergeben. Die zugrundeliegende unternehmerische Entscheidung ist nur daraufhin überprüfbar, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Der besondere tarifliche Kündigungsschutz schränkt hier nicht die Freiheit ein, Umstrukturierungen durchzuführen, bei denen Arbeitsplätze verloren gehen. Derartige Maßnahmen erhöhen nur die Anforderungen an die Bemühungen des Arbeitgebers, die Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters zu ermöglichen. Das gilt auch, wenn eine hohe Zahl ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer betroffen ist. Das LAG muss im zweiten Rechtsgang aufklären, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung nach Umsetzung der Organisationsentscheidung möglich und zumutbar war. Dabei muss die Vorinstanz auch Arbeitsplätze berücksichtigen, die bei den beiden konzernverbundenen Unternehmen bestehen, die ebenso Parteien des vereinbarten Interessenausgleichs waren. Das Kündigungsschutzgesetz ist zwar nicht konzernbezogen, jedoch ergebe sich hier eine Ausnahme gerade aufgrund des von allen drei Konzernunternehmen abgeschlossenen Interessenausgleichs (BAG v. 22.11.2012, Az.: 2 AZR 673/11; www.bundesarbeitsgericht.de). Haramis Kalfar © www.fotolia.de Immer auf dem Stand der Zeit: Das richtig angewandte Arbeitsrecht spart bares Geld. 22 | Journal für das Lohnbüro August 2013 Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Zu dauerhafter Leiharbeit kann der Betriebsrat nein sagen Wenn Leih-Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb nicht nur vorübergehend eingesetzt werden sollen, kann der Betriebsrat dazu seine Zustimmung verweigern. Ein zeitlich unbegrenzter Einsatz widerspricht dem § 1 I Satz 2 des Arbeitnehmer- Überlassungsgesetzes (AÜG) in der seit dem 01.12.2011 geltenden Fassung. Das Bundesarbeitsgericht hat aber leider den Begriff „vorübergehend“ nicht näher festgelegt. Damit wird der Spielraum für Unternehmen beim Einsatz von Zeitarbeitern stark eingeschränkt. Hintergrund ist, dass der Betriebsrat des Entleiherbetriebes vor der Übernahme zu beteiligen ist (§ 99 II BetrVG). Die Zustimmung zur Einstellung kann u. a. dann verweigert werden, wenn das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Im Weigerungsfall kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung beantragen. In diesem Verfahren wird dann die Berechtigung der Zustimmungs-Verweigerung geprüft. Die neue AÜG-Regelung diene laut BAG einerseits dem Schutz der Leiharbeitnehmer und andererseits soll sie die dauerhafte Aufspaltung im Entleiherbetrieb – Stammbelegschaft und Leih-Belegschaft – verhindern. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebes könne daher seine Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn diese nicht nur vorübergehend beschäftigt werden sollen. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Folgen sich aus einem AÜG-Verstoß für das Verhältnis des Leiharbeitnehmers zum Entleiher ergeben. Anders als in den Vorinstanzen hatte daher hier der Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmungs- Ersetzung keinen Erfolg. Der Streitfall verlangte keine genaue Abgrenzung des Begriffs „vorübergehend“. Der Arbeitgeber beabsichtigt, die Leiharbeitnehmer ohne jegliche zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft einzustellen. Das sei jedenfalls nicht mehr vorübergehend (BAG, Beschluss v. 10.07.2013, Az.: 7 ABR 91/11). Ausschlussfrist in vertraglicher Ausschlussklausel: Was ist regelbar und was nicht? Wie ist es bei Mobbing? In einem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall ging es um einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag vom 01.09.2009. Darin war u. a. geregelt, dass Aktuelles aus dem Arbeitsrecht alle beiderseitigen Ansprüche drei Monate nach Fälligkeit enden sollen, wenn sie nicht schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Die Arbeitnehmerin war hier seit dem 16.11.2009 arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010 verständigten sich die Vertragspartner auf eine Vertragsbeendigung zum 31.05.2010. Am 26.03.2010 unterrichtete die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber darüber, dass sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung gestellt habe. Mit einer am 30.08.2010 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage machte die Arbeitnehmerin erstmalig Schmerzensgeld wegen Mobbings geltend. Im Gegensatz zu beiden Vorinstanzen war sie jetzt vor dem BAG erfolgreich. Begründung: Anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist können Vertragsparteien weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus rechtsgeschäftlich erleichtern noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner erlassen. Das ergebe sich aus § 202 und 276 III BGB. Zudem hafte der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und bei Berufsunfähigkeit nur bei Vorsatz (§ 104 SGB VII). Bei dieser klaren Gesetzeslage ist ohne besondere Anzeichen regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit der Ausschlussklausel nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung ausschließen wollten. Im Übrigen wäre auch bei anderem Auslegungsergebnis eine solche arbeitsvertragliche Klausel – anders als in einem Tarifvertrag – unwirksam. Der Streitfall wurde an das LAG Köln zurückverwiesen. Dieses Tatsachengericht muss jetzt aufklären, ob eine vorsätzliche Handlung des Arbeitgebers oder seiner Erfüllungsgehilfen einen Anspruch der Arbeitnehmerin auf Schmerzensgeld wegen Mobbings begründet (BAG v. 20.06.2013, Az.: 8 AZR 280/12; www.bundesarbeitsgericht.de). Praxis-Hinweis zum Mobbing: Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann gegeben sein, wenn die Gesamtschau aller Handlungen (vom Arbeitgeber u/o von Kollegen) ergibt, dass ein Arbeitnehmer systematisch ausgegrenzt wurde. In einem Fall wurde einem nicht ausgelasteten IT-Mitarbeiter ein Schmerzensgeld von 7.000 Euro zugesprochen, nachdem der Arbeitgeber ihn angewiesen hatte, zur Auslastung täglich Arbeitsberichte zu verfassen und EDV-Schrott zu sortieren. Hierdurch sei ihm suggeriert worden, fachlich und persönlich ungeeignet und minderwertig zu sein, was seine persönliche Würde verletzt habe (Arbeitsgericht Siegburg, Az.. 1 Ca 1310/12). Lohnpfändungen werden jetzt anders berechnet: Bundesarbeitsgericht wechselt von der Brutto- zur Nettomethode Nach der bisherigen Vorgehensweise wurden vom Gesamtbrutto die unpfändbaren Teile abgezogen plus SV-Beiträge plus Lohnsteuer jeweils bezogen auf das Gesamtbrutto. Auf diese Weise wurden die Steuern und SV-Beiträge praktisch zweimal berücksichtigt. Jetzt gilt die Nettomethode, wonach im ersten Schritt weiterhin die unpfändbaren Teile abgezogen werden. Dann werden die auf den Restbetrag entfallenden (fiktiven) SV-Beiträge und die Lohnsteuer ermittelt und abgezogen. Das führt vor allem bei hohen unpfändbaren Teilen (z. B. Überstundenvergütungen, Urlaubsgeld etc.) zu plausibleren und dem Schutz des Schuldners dienenden Ergebnissen. Der zusätzliche Berechnungsaufwand sei zumutbar, zumal die meisten heute eingesetzten Abrechnungsprogramme die Arbeiten erleichtern (BAG v. 17.04.2013, Az.: 10 AZR 59/12; www.bundesarbeitsgericht.de). Ausführlich, siehe Seite 12. Praxis-Hinweise: Prüfen Sie Ihre Lohnabrechnungs-Software auf Aktualität auch wegen der neuen Pfändungsfreigrenzen ab 01.07.2013 (BGBl I S.700). Eine 30-seitige Broschüre mit aktueller Tabelle unter dem Titel „Pfändungsfreigrenzen bei Arbeitseinkommen“ ist kostenlos erhältlich beim Bundesjustizministerium, Referat Öffentlichkeitsarbeit, 11015 Berlin (www.bmj.de/publikationen; Tel.: 01805-778090). Wichtig: Bei Lohnpfändungen ist besondere Sorgfalt geboten, da leicht Fehler unterlaufen und der Arbeitgeber streng haftet! Keine Glosse Der erste BAG-Senat fragt den siebten: Wie haltet ihr es künftig mit verfahrensfehlerhaften Betriebsrats-Beschlüssen? Bisher war es herrschende Rechtsmeinung beim Bundesarbeitsgericht, dass Betriebsrats-Beschlüsse dann unwirksam sind, Journal für das Lohnbüro August 2013 | 23

Zu dauerhafter Leiharbeit kann<br />

<strong>de</strong>r Betriebsrat nein sagen<br />

Wenn Leih-Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb<br />

nicht nur vorübergehend eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n sollen, kann <strong>de</strong>r Betriebsrat<br />

dazu seine Zustimmung verweigern. Ein<br />

zeitlich unbegrenzter Einsatz wi<strong>de</strong>rspricht<br />

<strong>de</strong>m § 1 I Satz 2 <strong>de</strong>s Arbeitnehmer-<br />

Überlassungsgesetzes (AÜG) in <strong>de</strong>r seit<br />

<strong>de</strong>m 01.12.2011 gelten<strong>de</strong>n Fassung. Das<br />

Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht hat aber lei<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Begriff „vorübergehend“ nicht näher festgelegt.<br />

Damit wird <strong>de</strong>r Spielraum <strong>für</strong> Unternehmen<br />

beim Einsatz von Zeitarbeitern<br />

stark eingeschränkt.<br />

Hintergrund ist, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r Betriebsrat <strong>de</strong>s<br />

Entleiherbetriebes vor <strong>de</strong>r Übernahme zu<br />

beteiligen ist (§ 99 II BetrVG). Die Zustimmung<br />

zur Einstellung kann u. a. dann<br />

verweigert wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>das</strong> gegen ein<br />

gesetzliches Verbot verstößt. Im Weigerungsfall<br />

kann <strong>de</strong>r Arbeitgeber beim Arbeitsgericht<br />

die gerichtliche Ersetzung <strong>de</strong>r<br />

Zustimmung beantragen. In diesem Verfahren<br />

wird dann die Berechtigung <strong>de</strong>r<br />

Zustimmungs-Verweigerung geprüft.<br />

Die neue AÜG-Regelung diene laut BAG<br />

einerseits <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r Leiharbeitnehmer<br />

und an<strong>de</strong>rerseits soll sie die dauerhafte<br />

Aufspaltung im Entleiherbetrieb –<br />

Stammbelegschaft und Leih-Belegschaft<br />

– verhin<strong>de</strong>rn. Der Betriebsrat <strong>de</strong>s Entleiherbetriebes<br />

könne daher seine Zustimmung<br />

zur Einstellung von Leiharbeitnehmern<br />

verweigern, wenn diese nicht nur<br />

vorübergehend beschäftigt wer<strong>de</strong>n sollen.<br />

Dabei kommt es nicht darauf an, welche<br />

Folgen sich aus einem AÜG-Verstoß <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> Verhältnis <strong>de</strong>s Leiharbeitnehmers<br />

zum Entleiher ergeben. An<strong>de</strong>rs als in <strong>de</strong>n<br />

Vorinstanzen hatte daher hier <strong>de</strong>r Antrag<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers auf Zustimmungs-<br />

Ersetzung keinen Erfolg.<br />

Der Streitfall verlangte keine genaue Abgrenzung<br />

<strong>de</strong>s Begriffs „vorübergehend“.<br />

Der Arbeitgeber beabsichtigt, die Leiharbeitnehmer<br />

ohne jegliche zeitliche Begrenzung<br />

statt einer Stammkraft einzustellen.<br />

Das sei je<strong>de</strong>nfalls nicht mehr vorübergehend<br />

(BAG, Beschluss v. 10.07.2013, Az.: 7<br />

ABR 91/11).<br />

Ausschlussfrist in vertraglicher<br />

Ausschlussklausel:<br />

Was ist regelbar und was nicht?<br />

Wie ist es bei Mobbing?<br />

In einem vom Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht zu<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fall ging es um einen auf<br />

ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag vom<br />

01.09.2009. Darin war u. a. geregelt, <strong>das</strong>s<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m Arbeitsrecht<br />

alle bei<strong>de</strong>rseitigen Ansprüche drei Monate<br />

nach Fälligkeit en<strong>de</strong>n sollen, wenn<br />

sie nicht schriftlich gegenüber <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

Vertragspartei geltend gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Arbeitnehmerin war hier seit <strong>de</strong>m<br />

16.11.2009 arbeitsunfähig krank. Anfang<br />

Februar 2010 verständigten sich die Vertragspartner<br />

auf eine Vertragsbeendigung<br />

zum 31.05.2010. Am 26.03.2010 unterrichtete<br />

die Arbeitnehmerin <strong>de</strong>n Arbeitgeber<br />

darüber, <strong>das</strong>s sie gegen ihren Vorgesetzten<br />

Strafanzeige wegen Beleidigung und<br />

sexueller Belästigung gestellt habe. Mit<br />

einer am 30.08.2010 beim Arbeitsgericht<br />

Köln eingegangenen Klage machte die Arbeitnehmerin<br />

erstmalig Schmerzensgeld<br />

wegen Mobbings geltend.<br />

Im Gegensatz zu bei<strong>de</strong>n Vorinstanzen war<br />

sie jetzt vor <strong>de</strong>m BAG erfolgreich. Begründung:<br />

An<strong>de</strong>rs als bei einer tarifvertraglichen<br />

Ausschlussfrist können Vertragsparteien<br />

we<strong>de</strong>r die Verjährung bei<br />

Haftung wegen Vorsatzes im Voraus<br />

rechtsgeschäftlich erleichtern noch die<br />

Haftung wegen Vorsatzes <strong>de</strong>m Schuldner<br />

erlassen. Das ergebe sich aus § 202 und<br />

276 III BGB. Zu<strong>de</strong>m hafte <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />

bei Arbeitsunfällen und bei Berufsunfähigkeit<br />

nur bei Vorsatz (§ 104 SGB VII). Bei<br />

dieser klaren Gesetzeslage ist ohne beson<strong>de</strong>re<br />

Anzeichen regelmäßig davon auszugehen,<br />

<strong>das</strong>s die Parteien <strong>de</strong>s Arbeitsvertrages<br />

mit <strong>de</strong>r Ausschlussklausel nicht<br />

auch Fragen <strong>de</strong>r Vorsatzhaftung ausschließen<br />

wollten. Im Übrigen wäre auch<br />

bei an<strong>de</strong>rem Auslegungsergebnis eine solche<br />

arbeitsvertragliche Klausel – an<strong>de</strong>rs<br />

als in einem Tarifvertrag – unwirksam.<br />

Der Streitfall wur<strong>de</strong> an <strong>das</strong> LAG Köln zurückverwiesen.<br />

Dieses Tatsachengericht<br />

muss jetzt aufklären, ob eine vorsätzliche<br />

Handlung <strong>de</strong>s Arbeitgebers o<strong>de</strong>r seiner Erfüllungsgehilfen<br />

einen Anspruch <strong>de</strong>r Arbeitnehmerin<br />

auf Schmerzensgeld wegen<br />

Mobbings begrün<strong>de</strong>t (BAG v. 20.06.2013,<br />

Az.: 8 AZR 280/12; www.bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht.<strong>de</strong>).<br />

Praxis-Hinweis zum Mobbing:<br />

Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung<br />

<strong>de</strong>s Persönlichkeitsrechts kann<br />

gegeben sein, wenn die Gesamtschau aller<br />

Handlungen (vom Arbeitgeber u/o von<br />

Kollegen) ergibt, <strong>das</strong>s ein Arbeitnehmer<br />

systematisch ausgegrenzt wur<strong>de</strong>. In einem<br />

Fall wur<strong>de</strong> einem nicht ausgelasteten<br />

IT-Mitarbeiter ein Schmerzensgeld von<br />

7.000 Euro zugesprochen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

Arbeitgeber ihn angewiesen hatte, zur<br />

Auslastung täglich Arbeitsberichte zu verfassen<br />

und EDV-Schrott zu sortieren.<br />

Hierdurch sei ihm suggeriert wor<strong>de</strong>n,<br />

fachlich und persönlich ungeeignet und<br />

min<strong>de</strong>rwertig zu sein, was seine persönliche<br />

Wür<strong>de</strong> verletzt habe (Arbeitsgericht<br />

Siegburg, Az.. 1 Ca 1310/12).<br />

Lohnpfändungen wer<strong>de</strong>n jetzt<br />

an<strong>de</strong>rs berechnet:<br />

Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht wechselt von<br />

<strong>de</strong>r Brutto- zur Nettometho<strong>de</strong><br />

Nach <strong>de</strong>r bisherigen Vorgehensweise<br />

wur<strong>de</strong>n vom Gesamtbrutto die unpfändbaren<br />

Teile abgezogen plus SV-Beiträge<br />

plus Lohnsteuer jeweils bezogen auf <strong>das</strong><br />

Gesamtbrutto. Auf diese Weise wur<strong>de</strong>n<br />

die Steuern und SV-Beiträge praktisch<br />

zweimal berücksichtigt.<br />

Jetzt gilt die Nettometho<strong>de</strong>, wonach im<br />

ersten Schritt weiterhin die unpfändbaren<br />

Teile abgezogen wer<strong>de</strong>n. Dann wer<strong>de</strong>n die<br />

auf <strong>de</strong>n Restbetrag entfallen<strong>de</strong>n (fiktiven)<br />

SV-Beiträge und die Lohnsteuer ermittelt<br />

und abgezogen. Das führt vor allem bei<br />

hohen unpfändbaren Teilen (z. B. Überstun<strong>de</strong>nvergütungen,<br />

Urlaubsgeld etc.) zu<br />

plausibleren und <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>s Schuldners<br />

dienen<strong>de</strong>n Ergebnissen.<br />

Der zusätzliche Berechnungsaufwand sei<br />

zumutbar, zumal die meisten heute eingesetzten<br />

Abrechnungsprogramme die<br />

Arbeiten erleichtern (BAG v. 17.04.2013,<br />

Az.: 10 AZR 59/12; www.bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht.<strong>de</strong>).<br />

Ausführlich, siehe Seite 12.<br />

Praxis-Hinweise:<br />

Prüfen Sie Ihre Lohnabrechnungs-Software<br />

auf Aktualität auch wegen <strong>de</strong>r neuen<br />

Pfändungsfreigrenzen ab 01.07.2013 (BGBl<br />

I S.700). Eine 30-seitige Broschüre mit<br />

aktueller Tabelle unter <strong>de</strong>m Titel „Pfändungsfreigrenzen<br />

bei Arbeitseinkommen“<br />

ist kostenlos erhältlich beim Bun<strong>de</strong>sjustizministerium,<br />

Referat Öffentlichkeitsarbeit,<br />

11015 Berlin (www.bmj.<strong>de</strong>/publikationen;<br />

Tel.: 01805-778090).<br />

Wichtig:<br />

Bei Lohnpfändungen ist beson<strong>de</strong>re Sorgfalt<br />

geboten, da leicht Fehler unterlaufen<br />

und <strong>de</strong>r Arbeitgeber streng haftet!<br />

Keine Glosse<br />

Der erste BAG-Senat fragt <strong>de</strong>n<br />

siebten: Wie haltet ihr es künftig<br />

mit verfahrensfehlerhaften<br />

Betriebsrats-Beschlüssen?<br />

Bisher war es herrschen<strong>de</strong> Rechtsmeinung<br />

beim Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht, <strong>das</strong>s Betriebsrats-Beschlüsse<br />

dann unwirksam sind,<br />

<strong>Journal</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Lohnbüro</strong> August 2013 | 23

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