Journal für das Lohnbüro 06|2013 - rehmnetz.de
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kommens gemäß § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO<br />
die sog. Nettometho<strong>de</strong> anzuwen<strong>de</strong>n ist.<br />
Der Leitsatz: „Bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s<br />
pfändbaren Einkommens gemäß § 850e<br />
Nr. 1 Satz 1 ZPO gilt die sog. Nettometho<strong>de</strong>.<br />
Die <strong>de</strong>r Pfändung entzogenen Bezüge<br />
sind mit ihrem Bruttobetrag vom Gesamteinkommen<br />
abzuziehen. Ein erneuter<br />
Abzug <strong>de</strong>r auf diesen Bruttobetrag entfallen<strong>de</strong>n<br />
Steuern und Abgaben erfolgt<br />
nicht.“<br />
unpict © www.fotolia.<strong>de</strong><br />
In <strong>de</strong>r Pfändungsfalle: Die Nettometho<strong>de</strong> wird Pflicht.<br />
Pkt. 3.1.1 diese Meinung: „Dass die Berechnung<br />
ggf. bei beson<strong>de</strong>ren Einkommenskonstellationen<br />
u. U. dazu führt,<br />
<strong>das</strong>s in einem Monat mit Weihnachtsgeldzahlung<br />
sogar geringere Beträge pfändbar<br />
sind als in Monaten mit laufen<strong>de</strong>m Einkommen,<br />
ist – unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s<br />
beson<strong>de</strong>ren Schutzgedankens <strong>de</strong>s § 850a<br />
ZPO Nr. 4 ZPO – hinzunehmen.“<br />
Vertreter <strong>de</strong>r Nettometho<strong>de</strong><br />
Die Ten<strong>de</strong>nz hat sich bereits in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahren jedoch in Richtung Nettometho<strong>de</strong><br />
verschoben, weil bei näherer Betrachtung<br />
die Bruttometho<strong>de</strong> rechtlichen Be<strong>de</strong>nken<br />
begegnet. Die Bruttometho<strong>de</strong> zieht im Ergebnis<br />
die auf <strong>de</strong>n unpfändbaren Teil entfallenen<br />
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge<br />
zweimal vom Gesamtbruttolohn<br />
<strong>de</strong>s Schuldners ab. „Für diesen Steuer- und<br />
Sozialversicherungsbonus zugunsten <strong>de</strong>s<br />
Schuldners gibt es keinen plausiblen<br />
Grund. Abrechnungstechnisch ist <strong>de</strong>r unpfändbare<br />
Betrag nach § 850a ZPO gänzlich<br />
unberücksichtigt zu lassen, so als ob<br />
<strong>de</strong>r Schuldner diesen Betrag überhaupt<br />
nicht erhalten hätte. Diese Lösung entspricht<br />
<strong>de</strong>r Intention <strong>de</strong>s Gesetzes“ (Dietrich<br />
Boewer, Vorsitzen<strong>de</strong>r Richter am<br />
Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht Düsseldorf, a. D.,<br />
Handbuch Lohnpfändung, Rn 752 ff.).<br />
Viele Praktiker teilten seit längerem diese<br />
Auffassung, u. a. Müller/Wolf in <strong>de</strong>r Fachzeitschrift<br />
Lohn+Gehalt, Ausgabe 4/2012.<br />
Ebenfalls <strong>für</strong> die Nettometho<strong>de</strong> sprechen<br />
sich Hellwich/Frankenberg im Buch Pfändung<br />
<strong>de</strong>s Arbeitseinkommens aus: „Nach<br />
<strong>de</strong>n Intentionen <strong>de</strong>r Gesetzesnorm <strong>de</strong>s<br />
§ 850a ZPO spricht meiner Ansicht alles<br />
BAG-Urteil zur Berechnung <strong>de</strong>s pfändbaren Betrages<br />
<strong>für</strong> einen gerechten Interessenausgleich<br />
zwischen Gläubiger und Schuldner. Danach<br />
ist <strong>de</strong>r unpfändbare Teil <strong>de</strong>s Einkommens<br />
völlig unberücksichtigt zu lassen.“<br />
Bisherige Rechtsprechung<br />
Da bisher kein BAG-Urteil zu diesem<br />
Thema vorlag, konnte die Abrechnungspraxis<br />
höchstens auf diverse Urteile unterhalb<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarbeitsgerichts zurückgreifen.<br />
Für die Bruttometho<strong>de</strong> u. a. LAG Berlin,<br />
Urteil v. 14.01.2000 – 19 Sa 2154/99 –:<br />
„Dabei ist ein nach § 850a Nr. 2 ZPO unpfändbares<br />
Urlaubsgeld als Bruttobetrag<br />
vom Gesamtbruttoeinkommen abzuziehen,<br />
obwohl dies zu einer doppelten Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r auf <strong>das</strong> Urlaubsgeld<br />
entfallen<strong>de</strong>n Abzüge führt.“<br />
Das Arbeitsgericht Aachen wie<strong>de</strong>rum hat<br />
mit Urteil vom 21.02.2006 – 4 Ca 4544/05 –<br />
die Bruttometho<strong>de</strong> verneint. Aus <strong>de</strong>m Leitsatz:<br />
„Aus <strong>de</strong>r Formulierung <strong>de</strong>s § 850e<br />
Abs. 1 ZPO lässt sich nicht herleiten, <strong>das</strong>s<br />
die auf <strong>das</strong> zusätzliche Urlaubsgeld entfallen<strong>de</strong>n<br />
Steuern und Sozialabgaben vom<br />
Nettolohn <strong>de</strong>s Arbeitnehmers zweimal in<br />
Abzug zu bringen sind. Dem Arbeitnehmer<br />
soll vielmehr <strong>das</strong> Netto verbleiben,<br />
was er durch die Auszahlung <strong>de</strong>s Urlaubsgel<strong>de</strong>s<br />
netto mehr erhält. Insofern ist <strong>das</strong><br />
von <strong>de</strong>r herrschen<strong>de</strong>n Meinung vertretene<br />
Bruttoprinzip nicht anzuwen<strong>de</strong>n.“<br />
Nun endlich Klarheit<br />
Das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht hat – u. a. mit<br />
Verweis auf Boewer, Handbuch Lohnpfändung,<br />
Rn 752 ff. – entschie<strong>de</strong>n, <strong>das</strong>s<br />
bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s pfändbaren Ein-<br />
BAG, Urteil vom 17. April 2013, Az. 10 AZR<br />
59/12, Rn. 35:<br />
„Aufgrund <strong>de</strong>r doppelten Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n unpfändbaren Teil entfallen<strong>de</strong>n<br />
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge<br />
bewirkt die Bruttometho<strong>de</strong>,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> pfändbare Einkommen <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers umso niedriger ausfällt, je<br />
höher die unpfändbaren Bezüge i. S. d.<br />
§ 850a ZPO sind (Hk-ZV/Meller-Hannich,<br />
§ 850a Rn. 32; Bauckhage-Hoffer/Umnuß,<br />
NZI 2011, 745, 747). Ab einem bestimmten<br />
Anteil <strong>de</strong>r unpfändbaren Bezüge am Gesamteinkommen<br />
hat die Bruttometho<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>mentsprechend sogar zur Folge, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> pfändbare Einkommen <strong>de</strong>s Schuldners<br />
allein wegen <strong>de</strong>r zusätzlichen unpfändbaren<br />
Bezüge unter die Pfändungsfreigrenzen<br />
<strong>de</strong>s § 850c ZPO fällt und eine<br />
Zwangsvollstreckung im Wege <strong>de</strong>r Pfändung<br />
vollständig ausgeschlossen ist (vgl.<br />
Bauckhage-Hoffer/Umnuß a. a. O). Die<br />
Bruttometho<strong>de</strong> führt damit zu <strong>de</strong>m paradoxen<br />
Ergebnis, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r Gläubiger in einer<br />
Lohnabrechnungsperio<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Schuldner erheblich mehr verdient, kein<br />
Arbeitseinkommen pfän<strong>de</strong>n kann, nur<br />
weil zusätzlich unpfändbare Bezüge anfallen<br />
(vgl. Boewer/Bommermann, Lohnpfändung<br />
und Lohnabtretung in Recht<br />
und Praxis, Rn. 646; Boewer, Handbuch<br />
Lohnpfändung, Rn. 753; Bauckhage-<br />
Hoffer/Umnuß a. a. O).“<br />
„Demgegenüber führt die Nettometho<strong>de</strong><br />
zu zweckmäßigen und interessengerechten<br />
Ergebnissen. Der Umfang <strong>de</strong>r unpfändbaren<br />
Bezüge hat hier keinen Einfluss<br />
auf die Höhe <strong>de</strong>s pfändbaren<br />
Arbeitseinkommens. Der pfändbare Teil<br />
<strong>de</strong>s Arbeitseinkommens entspricht vielmehr<br />
stets <strong>de</strong>m Betrag, <strong>de</strong>n ein Gläubiger<br />
auch dann pfän<strong>de</strong>n kann, wenn <strong>de</strong>r Vollstreckungsschuldner<br />
keine Bezüge i. S. d.<br />
§ 850a ZPO erhält (Bauckhage-Hoffer/Umnuß,<br />
NZI 2011, 745, 747).“<br />
Fazit<br />
Nun hat die Praxis endlich ein höchstrichterliches<br />
Urteil. Immer wie<strong>de</strong>r gab es Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
in <strong>de</strong>r Entgeltabrechnungspraxis.<br />
Häufig kamen von <strong>de</strong>r<br />
<strong>Journal</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Lohnbüro</strong> August 2013 | 13