forward ever â backward never«. - Die Linke
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»DIE LINKE in Feindschaft umarmen« 1<br />
Nordrhein-Westfalen: Vom Umgang der WAZ-Gruppe mit der LINKEN<br />
Von Anna Conrads und Hubertus Zdebel<br />
Ulrich Maurer, Parteibildungsbeauftragter<br />
West, hat kürzlich die Strategie<br />
der »etablierten« Parteien gegen über<br />
der LINKEN in drei Stufen unterteilt:<br />
Erstens: ignorieren, zweitens: diffamieren,<br />
drittens: umarmen. Auch wenn Zeitungskonzerne<br />
keine Parteien sind, so<br />
lässt sich doch durchaus eine gewisse<br />
Nähe gerade zu großen Volksparteien<br />
oftmals nicht leugnen. Deshalb bietet<br />
es sich an, die »Maurer’sche Schablone«<br />
einmal an die Berichterstattung<br />
des größten Medienkonzerns in Nordrhein-Westfalen,<br />
der SPD-nahen WAZ-<br />
Gruppe, anzulegen.<br />
Nachdem die WAZ-Gruppe PDS und<br />
WASG in den letzten zwei Jahren weitgehend<br />
ignoriert hatte, peilte der konservative<br />
Parteienforscher Eckhard Jesse<br />
in der »WAZ« (Westdeutsche Allgemeine<br />
Zeitung) am 28. Januar 2008<br />
gleich die dritte Stufe an: Umarmung!<br />
»<strong>Die</strong> SPD kann versuchen, durch eine<br />
Integration der <strong>Linke</strong>n diese in die<br />
Defensive zu bringen. (…) Auf der einen<br />
Seite würde man die <strong>Linke</strong> auf diese<br />
Weise salonfähig machen. Doch zugleich<br />
würde man sie entzaubern, wenn<br />
sie Regierungsverantwortung übernehmen<br />
müsste.« Allerdings folgten in<br />
den nächsten Monaten, besonders im<br />
Nachklang der Landtagswahlen in Hessen<br />
und Niedersachsen, mehrere Artikel,<br />
die darauf hindeuten, dass wir uns<br />
eher mitten in Stufe 2 befi nden – der<br />
Diffamierung.<br />
Vor allem im Februar und März erschienen<br />
im überregionalen Mantelteil<br />
der Zeitungen der WAZ-Gruppe 2 Artikel,<br />
die sich bemühen, kein gutes Haar an<br />
der LINKEN zu lassen. Meist fi nden sich<br />
dazu zwei Stoßrichtungen bei den Autoren:<br />
Entweder wird mit antikommunistischen<br />
Ressentiments gearbeitet,<br />
oder es geht darum, DIE LINKE als Ansammlung<br />
unfähiger, chaotischer und<br />
realitätsferner Spinner darzustellen.<br />
Als Beispiel dafür lassen sich besonders<br />
zwei längere Artikel aus dem letzten<br />
Monat anführen.<br />
»Alle Sektierer dieser Welt«, titelte<br />
die »WAZ« am 5. März 2008 in einem<br />
fast ganzseitigen Artikel im Mantelteil<br />
und fährt fort: »Sogar die eigene<br />
Parteizentrale klagt über den Zustand<br />
des nordrhein-westfälischen Landesverbandes<br />
der Linkspartei ...« Der Autor,<br />
Christopher Meinerz, bemühte sich,<br />
15 0 DISPUT April 2008<br />
unter anderem mit knackigen Zwischenüberschriften<br />
(»Wenig Ideen, aber radikal«),<br />
ein durch und durch unattraktives<br />
Bild von politischen Sektierern<br />
und Dilettanten zu malen. Dabei offenbarte<br />
er nicht nur Sachfehler und mangelnde<br />
allgemeine Kenntnis über Parteistrukturen<br />
und die der LINKEN im<br />
Besonderen. Er benannte auch keinen<br />
einzigen ordentlichen Zeugen für<br />
seine Darstellungen, sondern zitierte<br />
den »Gewerkschaftssekretär aus dem<br />
Ruhrgebiet«, einen »Insider« und einen<br />
»hohen Parteifunktionär« aus der Parteizentrale.<br />
Zurück bleibt der Eindruck<br />
einer schlecht recherchierten Auftragsarbeit.<br />
Ein Paradebeispiel für die Bedienung<br />
antikommunistischer Vorurteile<br />
ist das von der »NRZ« (Neue Ruhrzeitung)<br />
am 12. März 2008 veröffentliche<br />
Interview mit dem wissenschaftlichen<br />
Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen,<br />
Hubertus Knabe,<br />
den die TAZ (29.11.2006, Ein Mann auf<br />
der Lauer) auch als »Kommunistenfresser«<br />
bezeichnete. Unter dem Titel: »<strong>Die</strong><br />
<strong>Linke</strong> will den Systemwechsel und verharmlost<br />
die DDR« beschreibt Knabe<br />
auf einer ganzen Seite die neue LINKE<br />
als »seltsames Sammelsurium von linken<br />
Ewiggestrigen« und »Diktaturverherrlichern«,<br />
die er gern in totalitaristischer<br />
Tradition mit (Neo-)FaschistInnen<br />
gleichsetzt: »Früher gab es so was nur<br />
am rechten Rand. <strong>Die</strong>se Partei gehört<br />
ausgegrenzt und nicht hofi ert (…) <strong>Die</strong><br />
frühere Geschlossenheit der demokratischen<br />
Parteien in dieser Frage müsste<br />
hergestellt werden. Im Umgang mit<br />
den Rechtsextremisten funktioniert sie<br />
ja auch.«<br />
Medien und Parteien<br />
Obwohl sich die beiden oben zitierten<br />
Artikel wie der Versuch einer Diffamierungskampagne<br />
lesen, muss das nicht<br />
so heiß gegessen werden, wie es gekocht<br />
scheint. <strong>Die</strong>se beiden Artikel waren<br />
die deftigsten, die die WAZ-Gruppe<br />
servierte – der eine journalistisch<br />
fragwürdig, der andere mit einem Interviewpartner<br />
in eindeutiger antikommunistischer<br />
Mission. Außerdem<br />
darf nicht außer Acht gelassen werden,<br />
dass auch Medien nicht losgelöst von<br />
politischen Interessenlagen berichten.<br />
Der Geschäftsführer der WAZ-Gruppe<br />
ist Bodo Hombach, Sozialdemokrat<br />
und Schröder-Freund, die SPD-Nähe<br />
der WAZ-Gruppe ist kein Geheimnis.<br />
Darüber ob nun die aggressiv-diffamierende<br />
Berichterstattung gegen die LIN-<br />
KE mit den unterirdischen Umfragewerten<br />
der SPD zusammenhängt, kann an<br />
dieser Stelle nur spekuliert werden.<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang<br />
auch, dass gerade während<br />
der letzten Monate beispielsweise die<br />
konkurrierenden »Ruhr Nachrichten«<br />
ausführlich und positiv über die LINKE<br />
auf kommunaler und Landesebene berichteten.<br />
<strong>Die</strong> »Ruhr Nachrichten« gehören<br />
zum konservativen Verlagshaus<br />
Lensing-Wolff, das mit der WAZ-Gruppe<br />
um den Zeitungsmarkt Ruhrgebiet<br />
konkurriert.<br />
Aber auch, was die redaktionellen<br />
Inhalte angeht, kann man nicht von<br />
einem Feldzug gegen DIE LINKE sprechen.<br />
<strong>Die</strong> Regionalredaktion hat im<br />
Mantelteil auch einige sachlich-positive<br />
Berichte über die Mitgliederentwicklung<br />
und die steigende Bedeutung<br />
der LINKEN veröffentlicht, so in »<strong>Die</strong><br />
<strong>Linke</strong> punktet besonders in NRW« am<br />
21. März 2008.<br />
Wenn sich Partei und Fraktion der<br />
Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort<br />
annehmen und sich als ernstzunehmende,<br />
solidarische und sachkundige<br />
Ansprechpartner/innen präsentieren,<br />
muss die Presse dies zur Kenntnis<br />
nehmen. Auf lokaler Ebene gibt es<br />
inzwischen viele gute Kontakte zu RedakteurInnen.<br />
Über die Arbeit der zahlreichen<br />
Ratsfraktionen wird regelmäßig<br />
positiv berichtet, genauso wie über die<br />
Gründungen der Kreis- und Ortsverbände.<br />
Auch über Aktionen, wie »Fraktion<br />
vor Ort«, bei denen die Bundestagsabgeordneten<br />
Regionen besuchen, oder<br />
über thematische Veranstaltungen wie<br />
die Betriebsrätekonferenzen finden<br />
sich im Regional- oder Lokalteil überwiegend<br />
sachliche Berichte.<br />
1 Überschrift eines Artikels aus der<br />
WAZ vom 29. 1. 2008<br />
2 Dazu gehören WAZ (Westdeutsche<br />
Allgemeine Zeitung), NRZ (Neue Ruhrzeitung),<br />
WP (Westfalenpost), WR (Westfälische<br />
Rundschau) und IKZ (Iserlohner<br />
Kreisanzeiger- und Zeitung).<br />
MEDIEN