rechnungshofberichte gemeindequerschnitt – allgemeiner teil stadt ...
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RECHNUNGSHOFBERICHTE<br />
VORLAGE VOM 21. NOVEMBER 2013<br />
REIHEN BURGENLAND 2013/3, KÄRNTEN 2013/7,<br />
NIEDERÖSTERREICH 2013/4, STEIERMARK 2013/5, TIROL<br />
2013/4, VORARLBERG 2013/6<br />
GEMEINDEQUERSCHNITT <strong>–</strong> ALLGEMEINER TEIL<br />
STADT BLUDENZ<br />
LANDESHAUPTSTADT EISENSTADT<br />
STADTGEMEINDE HALL IN TIROL<br />
STADTGEMEINDE KNITTELFELD<br />
STADTGEMEINDE MISTELBACH<br />
STADTGEMEINDE ST. VEIT/GLAN<br />
STADTGEMEINDE STOCKERAU<br />
STADTGEMEINDE WÖRGL
Seite 2 / 144<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Gemeindequerschnitt <strong>–</strong> Allgemeiner Teil<br />
Rechnungswesen <br />
Finanzielle Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation und Personal <br />
Abwasser <br />
8 <br />
9 <br />
11 <br />
12 <br />
14 <br />
Stadt Bludenz<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Schulden und Finanzierungsverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
VAL BLU Resort <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Förderungen <br />
Ausgaben für Repräsentationen <br />
Konzepte <br />
Stadtsaal <br />
Schlussempfehlungen <br />
18 <br />
19 <br />
20 <br />
20 <br />
21 <br />
22 <br />
22 <br />
22 <br />
23 <br />
25 <br />
26 <br />
27 <br />
27 <br />
30 <br />
30 <br />
30 <br />
31 <br />
31
Seite 3 / 144<br />
Landeshaupt<strong>stadt</strong> Eisen<strong>stadt</strong><br />
Prüfungsziel <br />
Rechtliche Lage <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Schulden und Finanzierungsverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Förderungen <br />
Schlossparkverein <br />
E<strong>–</strong>Cube <br />
Schlussempfehlungen <br />
38 <br />
39 <br />
39 <br />
40 <br />
41 <br />
41 <br />
41 <br />
42 <br />
42 <br />
42 <br />
43 <br />
44 <br />
45 <br />
46 <br />
47 <br />
47 <br />
48 <br />
Stadtgemeinde Hall in Tirol<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Finanzschulden und Leasingverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Schlussempfehlungen <br />
56 <br />
56 <br />
58 <br />
58 <br />
59 <br />
59 <br />
60 <br />
60 <br />
60 <br />
63 <br />
64 <br />
64 <br />
66
Seite 4 / 144<br />
Stadtgemeinde Knittelfeld<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Schulden und Finanzierungsverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Schlussempfehlungen <br />
69 <br />
69 <br />
70 <br />
71 <br />
71 <br />
72 <br />
72 <br />
73 <br />
73 <br />
75 <br />
75 <br />
76 <br />
78 <br />
Stadtgemeinde Mistelbach<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Schulden und Finanzierungsverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Schlussempfehlungen <br />
82 <br />
82 <br />
83 <br />
84 <br />
84 <br />
85 <br />
85 <br />
86 <br />
86 <br />
88 <br />
89 <br />
90 <br />
91
Seite 5 / 144<br />
Stadtgemeinde St. Veit/Glan<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Schulden und Finanzierungsverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Entwicklungen der Einnahmen und Ausgaben in ausgewählten Aufgabenbereichen <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Schlussempfehlungen <br />
96 <br />
96 <br />
97 <br />
98 <br />
98 <br />
99 <br />
99 <br />
99 <br />
100 <br />
101 <br />
102 <br />
103 <br />
104 <br />
105 <br />
Stadtgemeinde Stockerau<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Schulden und Finanzierungsverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben in ausgewählten Aufgabenbereichen <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Schlussempfehlungen <br />
112 <br />
112 <br />
114 <br />
115 <br />
116 <br />
117 <br />
117 <br />
118 <br />
118 <br />
120 <br />
122 <br />
122 <br />
123 <br />
125
Seite 6 / 144<br />
Stadtgemeinde Wörgl<br />
Prüfungsziel <br />
Finanzielle Lage <br />
Vermögen <br />
Finanzschulden und Leasingverpflichtungen <br />
Haftungen <br />
Transfers von und an öffentliche Rechtsträger <br />
Mittelfristige Finanzplanung <br />
Transparenz der finanziellen Lage <br />
Be<strong>teil</strong>igungen <br />
Organisation <br />
Personal <br />
Abwasser <br />
Schlussempfehlungen <br />
133 <br />
133 <br />
134 <br />
134 <br />
135 <br />
135 <br />
136 <br />
136 <br />
137 <br />
139 <br />
140 <br />
141 <br />
142
Seite 7 / 144<br />
GEMEINDEQUERSCHNITT <strong>–</strong> ALLGEMEINER TEIL<br />
Die auf der Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) basierenden<br />
Rechenwerke der Gemeinden boten keine vollständigen, hinreichenden Informationen<br />
über die tatsächliche finanzielle Lage der Gemeinden. Dadurch waren Transparenz und<br />
Vergleichbarkeit nicht gegeben und fehlten den Verantwortlichen entscheidungswesentliche<br />
und valide Daten zur Haushaltssteuerung.<br />
In den acht überprüften Gemeinden Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl verlief die Entwicklung der Ausgaben<br />
und Einnahmen im Prüfungszeitraum 2008 bis 2011 sehr unterschiedlich. Die<br />
Einnahmenentwicklung aus öffentlichen Abgaben lag überwiegend im bundesweiten<br />
Trend (Rückgang der Abgaben in den Jahren 2009 und 2010, Anstieg im Jahr 2011). Bei<br />
zwei Gemeinden (Mistelbach und Stockerau) war die Kennzahl freie Finanzspitze<br />
durchgängig negativ. Fünf Gemeinden (Bludenz, Hall in Tirol, Mistelbach, St. Veit/Glan<br />
und Stockerau) verzeichneten von 2008 bis 2011 einen Anstieg der Finanzschulden.<br />
Neben den Finanzschulden, die in den Rechnungsabschlüssen der Gemeinden ausgewiesen<br />
waren, bestanden bei den überprüften Gemeinden (ausgenommen Mistelbach<br />
und Knittelfeld) hohe mittel<strong>–</strong> und langfristige Verbindlichkeiten in Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen.<br />
Aufgrund der Ausgliederungen, die in den Rechenwerken der Gemeinden<br />
nicht ausreichend abgebildet waren, boten die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden<br />
keinen vollständigen Überblick über die Vermögens<strong>–</strong> und Schuldenlage.<br />
In fünf Gemeinden (Hall in Tirol, Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl)<br />
entsprachen die Stellen<strong>–</strong> bzw. Dienstpostenpläne aus unterschiedlichen Gründen nicht<br />
den Vorgaben der VRV oder enthielten nicht nachvollziehbare Daten über<br />
Personalstände.<br />
Die Abwasserbeseitigung von Liegenschaften, für die in Österreich neun Kanal<strong>–</strong> bzw.<br />
Abwasserentsorgungsgesetze bestanden, erfolgte in sechs Gemeinden (Bludenz,<br />
Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld, St. Veit/Glan und Wörgl) gemeindeübergreifend.<br />
Fünf Gemeinden (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Knittelfeld, Mistelbach und Stockerau) verwendeten<br />
Überschüsse aus dem Abwasserhaushalt nicht für abwasserspezifische Angelegenheiten,<br />
sondern führten sie dem allgemeinen Haushalt zu. Dies widersprach der<br />
Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und kam im Ergebnis der Einhebung einer<br />
Steuer ohne entsprechende Rechtsgrundlage gleich. Die Unterschiede bei den jährlichen<br />
Kanalgebühren reichten bis zum 5<strong>–</strong>Fachen.
Seite 8 / 144<br />
RECHNUNGSWESEN<br />
Die auf der Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) basierenden<br />
Rechenwerke von Ländern und Gemeinden boten keine vollständigen, hinreichenden<br />
Informationen über die tatsächliche finanzielle Lage von Ländern und Gemeinden. Dadurch<br />
waren Transparenz und Vergleichbarkeit nicht gegeben und dadurch fehlten den Verantwortlichen<br />
entscheidungswesentliche und valide Daten zur Haushaltssteuerung. Vor allem aber<br />
auch im Hinblick auf unionsrechtliche und verfassungsrechtliche Verpflichtungen und die<br />
Erfordernisse im Zusammenhang mit dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 sah der RH<br />
dringenden Handlungsbedarf: (TZ 3)<br />
<strong>–</strong> Aussagen über den wirtschaftlichen Erfolg sind aufgrund der Rechnungsabschlüsse nur<br />
eingeschränkt möglich;<br />
<strong>–</strong> die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse sind rein zahlungsorientiert aufgebaut; die<br />
Vermögens<strong>–</strong> und Ertragslage ist unvollständig dargestellt, Vermögensabgänge wirken sich<br />
zwar als Einnahmen aus, ohne dass allerdings die VRV dem Vermögensverlust ausreichende<br />
Bedeutung beimisst; für wichtige Bereiche des Rechnungswesens fehlen Regelungen (z.B. zur<br />
Aktivierung und Bewertung des Vermögens);<br />
<strong>–</strong> durch Ausgliederungen sind Teile der Gebarung dem öffentlichen Haushalt entzogen;<br />
<strong>–</strong> wichtige Begriffe des Rechnungswesens, wie etwa die „nicht fälligen Verwaltungsschulden“,<br />
die „Finanzschulden“ oder die „Rücklagen“ sind nicht definiert (daher unterschiedliche/<br />
unübersichtliche Darstellung der Verbindlichkeiten);<br />
<strong>–</strong> Regelungen für die Ermittlung und Darstellung zukünftiger Verpflichtungen (sogenannte<br />
nicht fällige Verwaltungsschulden) und Sonderfinanzierungen (Leasing) fehlen;<br />
<strong>–</strong> vor allem die Rechnungsabschlüsse sind — im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben<br />
(Kohärenz der Rechnungslegungsvorschriften und <strong>–</strong>verfahren) — uneinheitlich und ohne<br />
Zusatzinformationen nicht vergleichbar, z.B. durch die Erfassung und Darstellung der<br />
Schulden in unterschiedlicher Genauigkeit;<br />
<strong>–</strong> das Rechnungswesen bietet angesichts der komplexen Finanzverflechtungen zwischen den<br />
Gebietskörperschaften nicht jene Informationen, die für eine gesamtstaatliche Steuerung<br />
erforderlich sind;<br />
<strong>–</strong> die landesrechtlichen Regelungen zur mittelfristigen Haushaltsplanung der Länder und<br />
Gemeinden sind unterschiedlich, weshalb die Planungsdokumente der einzelnen staatlichen
Seite 9 / 144<br />
Ebenen nicht aufeinander abgestimmt sind und nach Inhalt, Planungszeitraum, Geltungsdauer<br />
und Aktualität stark voneinander abweichen.<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
In den acht überprüften Gemeinden war die Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen sehr<br />
unterschiedlich, sowohl in der Richtung der Entwicklung (Steigerung oder Rückgang) als<br />
auch im Umfang der Entwicklung (geringfügige oder deutliche Veränderung). In vier Gemeinden<br />
(Bludenz, Knittelfeld, Mistelbach und Wörgl) gingen die Einnahmen und Ausgaben im<br />
Überprüfungszeitraum zurück, in zwei Gemeinden (Eisen<strong>stadt</strong> und Hall in Tirol) stiegen sie<br />
an, in St. Veit/ Glan gingen bei steigenden Einnahmen die Ausgaben zurück, in Stockerau<br />
verzerrten massive Einmaleffekte im Jahr 2008 die Periodenbetrachtung. (TZ 4)<br />
Die Einnahmenentwicklung aus öffentlichen Abgaben in den acht überprüften Gemeinden<br />
lag mit Ausnahme von Hall in Tirol und Eisen<strong>stadt</strong> im bundesweiten Trend: in den Jahren<br />
2009 und 2010 Rückgang der Abgaben gegenüber 2008, im Jahr 2011 wieder Anstieg der<br />
Abgaben. In Eisen<strong>stadt</strong> und in Hall in Tirol waren die Einnahmen aus öffentlichen Abgaben<br />
auch von 2008 auf 2009 gestiegen. (TZ 5)<br />
Die Kennzahl freie Finanzspitze, die jenen Überschuss der laufenden Gebarung nach Abzug<br />
der Schuldentilgung ausweist, der noch für Investitionen verfügbar ist, zeigte in den acht<br />
Gemeinden ein überaus heterogenes Bild von <strong>–</strong> 29,97 Mio. EUR (Stockerau 2008) bis + 6,08<br />
Mio. EUR (St. Veit/Glan 2010). Während einzelne Gemeinden durchgängig (Hall in Tirol) oder<br />
überwiegend (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, St. Veit/Glan und Wörgl) und Knittelfeld in zwei der überprüften<br />
vier Jahre positive Werte aufwiesen und folglich in den betreffenden Jahren aus ihrer<br />
laufenden Gebarung Mittel für Investitionen erwirtschaften konnten, war dies in den<br />
Gemeinden Stockerau und Mistelbach nicht der Fall. (TZ 6)<br />
Lediglich Knittelfeld (deutlich um 182 %) und Wörgl (um 30 %) konnten im Beobachtungszeitraum<br />
ihre Investitionsausgaben erhöhen. Die übrigen sechs Gemeinden reduzierten im<br />
Vergleichszeitraum ihre Investitionsausgaben. Die betragsmäßig vergleichsweise hohen<br />
Investitionsausgaben von Mistelbach, St. Veit/Glan und Stockerau gingen mit einer Erhöhung<br />
der Finanzschulden einher. Bei Hall in Tirol und Wörgl war zu berücksichtigen, dass z.B.<br />
sämtliche Investitionen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung<br />
(im Überprüfungszeitraum 340.000 EUR Hall in Tirol und 4,19 Mio. EUR Wörgl)<br />
durch die jeweiligen Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen erfolgten und die diesbezüglichen Ausgaben<br />
nicht im Gemeindehaushalt abgebildet waren. (TZ 7)<br />
Fünf Gemeinden (Bludenz, Hall in Tirol, Mistelbach, St. Veit/Glan und Stockerau) verzeichneten<br />
von 2008 bis 2011 einen Anstieg der Finanzschulden. Am höchsten war die Steigerung
Seite 10 / 144<br />
der Finanzschulden in Stockerau (24,9 %) und St. Veit/Glan (13,7 %). Eisen<strong>stadt</strong>, Knittelfeld<br />
und Wörgl konnten im Vergleichszeitraum ihre Finanzschulden im Gemeindehaushalt<br />
reduzieren. Mistelbach wies zwar die höchsten Finanzschulden je Einwohner auf (2011:<br />
4.311 EUR), doch war zu berücksichtigen, dass in Mistelbach — im Gegensatz zu den<br />
anderen Gemeinden — keine Aufgabenbereiche bzw. Schulden in Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
ausgegliedert bzw. ausgelagert waren. (TZ 8)<br />
Neben den Finanzschulden, die in den Rechnungsabschlüssen der Gemeinden ausgewiesen<br />
waren, bestanden bei allen überprüften Gemeinden außer Mistelbach und Knittelfeld z.T.<br />
hohe mittel<strong>–</strong> und langfristige Verbindlichkeiten in Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen; die Bandbreite<br />
reichte im Jahr 2011 von 8,19 Mio. EUR in Eisen<strong>stadt</strong> bis 63,11 Mio. EUR 1 in Hall in Tirol.<br />
Diese Verbindlichkeiten waren häufig durch Haftungen der Gemeinden besichert, was in<br />
letzter Konsequenz bedeutete, dass das Risiko bei der Gemeinde lag. Obwohl sich für die<br />
Gemeinden aus den Verbindlichkeiten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen umfangreiche<br />
Verpflichtungen ergaben, die den zukünftigen Handlungsspielraum erheblich einschränken<br />
können, waren sie aufgrund der derzeit geltenden Haushaltsregeln in den Rechenwerken der<br />
Gemeinden nicht bzw. nicht hinreichend transparent dargestellt. Dies bestätigte die Kritik<br />
des RH an der mangelnden Transparenz des Rechnungswesens der Länder und Gemeinden.<br />
(TZ 9)<br />
Als best practice beur<strong>teil</strong>te der RH die Vorgangsweise der Gemeinde Bludenz, den<br />
Schuldenstand und den Schuldendienst ihrer Be<strong>teil</strong>igungen Immobilien KG und VAL BLU<br />
Resort GmbH in den Rechnungsabschluss der Gemeinde aufzunehmen. (TZ 9)<br />
Das Haftungsvolumen je Einwohner schwankte in den überprüften Gemeinden stark: Die<br />
einwohnerbezogenen Haftungsbeträge 2011 in Bludenz und Hall in Tirol (4.874 EUR bzw.<br />
4.809 EUR) beliefen sich auf fast das 24<strong>–</strong>Fache des Betrags in Mistelbach (202 EUR). Die<br />
hohen Haftungen stellten ein Risiko für die Gemeinde dar. (TZ 10)<br />
St. Veit/Glan wies im Jahr 2011 mit <strong>–</strong> 465 EUR die höchste Transferbelastung je Einwohner<br />
auf, die sich überdies im Vergleichszeitraum laufend erhöht hatte. Bei Stockerau war die<br />
hohe Transferbelastung je Einwohner im Jahr 2008 (<strong>–</strong> 425 EUR) durch Zahlungen im<br />
Zusammenhang mit der Übertragung des Krankenanstaltenverbands an das Land bedingt;<br />
2011 lag der Transfersaldo je Einwohner hier bei <strong>–</strong> 318 EUR. Der vergleichsweise positive<br />
Transfersaldo der Gemeinde Hall in Tirol im Jahr 2009 (+ 209 EUR) und der nahezu<br />
1<br />
In die hier dargestellten Werte sind die Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen in Form einer<br />
Aufsummierung der bei den einzelnen Unternehmen ausgewiesenen Werte, somit ohne Konsolidierung allenfalls<br />
bestehender gegenseitiger Forderungen und Verbindlichkeiten, eingeflossen.
Seite 11 / 144<br />
ausgeglichene Transfersaldo 2010 (<strong>–</strong> 1 EUR) waren auf höhere Transfereinnahmen vom Bund<br />
und vom Land im Zusammenhang mit dem Um<strong>–</strong> und Zubau einer Schule zurückzuführen.<br />
(TZ 11)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Mistelbach hatte im Unterschied zu den übrigen sieben Gemeinden keine Aufgabenbereiche<br />
an ein Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen übertragen. Allen anderen Gemeinden war gemeinsam,<br />
dass sie im Aufgabenbereich Immobilienverwaltung, <strong>–</strong>errichtung und <strong>–</strong>vermietung Agenden<br />
ausgelagert hatten. In den Gemeinden St. Veit/Glan und Hall in Tirol waren zur Steuerung<br />
und Verwaltung eines maßgeblichen Teils ihrer Unternehmen Holdinggesellschaften<br />
eingerichtet. (TZ 12)<br />
Die häufigsten Ausgliederungsmotive der Gemeinden waren wirtschaftlicher, steuerlicher<br />
und organisatorischer Natur. Auch die Umsetzung von Einzelprojekten, wie etwa der Bau<br />
einer Umfahrungsstraße durch ein Gewerbegebiet, war in einzelnen Gemeinden Anlass,<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zu betreiben. Kritisch zu beur<strong>teil</strong>en war am Beispiel Stockerau die<br />
Auslagerung von Immobilien an eine eigens gegründete Gesellschaft zum Zweck des<br />
Schuldenabbaus in der Gemeinde unter gleichzeitiger Aufnahme eines endfälligen Darlehens<br />
durch das neu gegründete Unternehmen. (TZ 13)<br />
Aufgrund der dargestellten Ausgliederungen — die in den Rechnungsabschlüssen der<br />
Gemeinden nicht ausreichend abgebildet waren — boten die Rechnungsabschlüsse der<br />
betroffenen Gemeinden keinen vollständigen Überblick über die Vermögens<strong>–</strong> und<br />
Schuldenlage. (TZ 13)<br />
In keiner der acht überprüften Gemeinden wurden Be<strong>teil</strong>igungsberichte erstellt, dies obwohl<br />
etwa in Bludenz, Hall in Tirol, St. Veit/ Glan und Wörgl weitreichende Aufgaben an Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
übertragen waren. Positiv war, dass in vier Gemeinden regelmäßig<br />
schriftlich an den Gemeinderat berichtet wurde und dass in Bludenz die Stadtvertretung bei<br />
den im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Unternehmen die Generalversammlung<br />
bildete. (TZ 15)<br />
Dort, wo aufgrund der Kennzahlen die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs bestand<br />
und die Gemeinde oder eines ihrer Unternehmen den Be<strong>teil</strong>igungen Liquiditätszuschüsse,<br />
Kapitalzuschüsse oder Gesellschafterdarlehen gewährte, wie bspw. in Stockerau, war das<br />
wirtschaftliche Risiko letztlich von der jeweiligen Gemeinde zu tragen. Der RH vermisste in<br />
diesen Fällen konkrete Maßnahmen zur Gegensteuerung. (TZ 16)
Seite 12 / 144<br />
In sechs Gemeinden (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Stockerau, St. Veit/Glan und Wörgl)<br />
wiesen die im Allein<strong>–</strong> oder Mehrheitseigentum der Gemeinden stehenden Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
zum Teil hohe mittel<strong>–</strong> und langfristige Verbindlichkeiten aus. (TZ 17)<br />
Die Höhe dieser Verbindlichkeiten im Verhältnis zu den Finanzschulden der jeweiligen<br />
Gemeinde ergab zum Jahresende 2011 2 folgendes Bild: (TZ 17)<br />
Verhältnis der mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der im Mehrheitseigentum<br />
stehenden Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zu den Finanzschulden der Gemeinde zum<br />
31. Dezember 2011<br />
In Eisen<strong>stadt</strong> kamen auf 1 EUR Finanzschulden der Gemeinde 0,4 EUR Verbindlichkeiten in<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen, in Hall in Tirol waren es 3,8 EUR. Hall in Tirol, Stockerau und<br />
Wörgl wiesen in Relation zu ihren Finanzschulden besonders hohe Verbindlichkeiten in<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen aus. In Hall in Tirol, St. Veit/ Glan und Wörgl waren die<br />
Verbindlichkeiten in Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen im Zusammenhang mit dem hohen Grad an<br />
ausgelagerten Aufgabenbereichen zu sehen. (TZ 17)<br />
ORGANISATION UND PERSONAL<br />
In Hall in Tirol, Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl entsprachen die Stellen<strong>–</strong> bzw.<br />
Dienstpostenpläne aus unterschiedlichen Gründen nicht den Vorgaben der VRV oder<br />
2<br />
in Wörgl (wegen des bei der Stadtwerke Wörgl GmbH abweichenden Wirtschaftsjahres) Stand der Verbindlichkeiten<br />
zum 31. März 2011
Seite 13 / 144<br />
enthielten nicht nachvollziehbare Daten über Personalstände. In allen acht überprüften<br />
Gemeinden boten die Stellen<strong>–</strong> bzw. Dienstpostenpläne — u.a. wegen des Fehlens von nicht<br />
ständig beschäftigten Dienstnehmern — kein vollständiges Bild über die Personalstände der<br />
Gemeinden. Sie bildeten daher weder eine ausreichende Grundlage für ein effizientes<br />
Personalmanagement, noch konnten aus ihnen aussagekräftige Daten für interkommunale<br />
Vergleiche abgeleitet werden. (TZ 20)<br />
Die Steigerung der Personalausgaben im Zeitraum 2008 bis 2011 entsprach in Mistelbach<br />
(8,0 %) in etwa dem Durchschnitt der österreichweiten Gemeinden mit 10.000 bis 20.000<br />
Einwohnern (7,9 %). Wörgl (+ 14,2 %) und Eisen<strong>stadt</strong> (+ 10,2 %) lagen darüber, in Knittelfeld<br />
(<strong>–</strong> 2,0 %) und in St. Veit/Glan (<strong>–</strong> 0,9 %) sanken die Personalausgaben im Vergleichszeitraum.<br />
(TZ 22)<br />
Die Veränderungen der Personalausgaben korrelierten kaum mit der Veränderung des<br />
Personalstands in Vollbeschäftigungsäquivalenten (VBÄ): Obwohl der Personalstand in<br />
Eisen<strong>stadt</strong> um rd. 1,5 % zurückging, erhöhten sich die Personalausgaben überdurchschnittlich.<br />
Auch in Wörgl erhöhte sich der Personalstand lediglich um rd. 3,1 %, die<br />
Personalausgaben stiegen hingegen um 14,2 %. In Knittelfeld reduzierte sich der<br />
Personalstand um 11,8 %, die Personalausgaben sanken lediglich um 2,0 %. (TZ 22)<br />
Die Personalausgaben je Einwohner lagen im Durchschnitt der Vergleichsgemeinden 3<br />
Österreichs im Jahr 2011 bei 574 EUR. Mit Ausnahme von St. Veit/Glan (521 EUR) lagen alle<br />
überprüften Gemeinden über diesem Vergleichswert; weit darüber lagen Hall in Tirol<br />
(1.045 EUR), Stockerau (733 EUR), Knittelfeld (702 EUR) und Wörgl (660 EUR). (TZ 23)<br />
Die Personalausgaben je Bediensteten (in VBÄ) lagen im Jahr 2011 zwischen 39.464 EUR<br />
(Eisen<strong>stadt</strong>) und 51.000 EUR (Bludenz). Für die Abweichungen waren unterschiedliche<br />
Altersstrukturen sowie die unterschiedlichen dienst<strong>–</strong> und besoldungsrechtlichen Regelungen<br />
der Länder maßgebend. Außerdem waren neben der von den Gemeinden wahrgenommenen<br />
Möglichkeit, Bedienstete unter bestimmten Voraussetzungen in höhere Dienstklassen oder<br />
Gehaltsstufen zu befördern, auch individuelle Regelungen feststellbar, die eine finanzielle<br />
Besserstellung von Bediensteten bewirkten. Dies betraf z.B. außerordentliche Vorrückungen<br />
bei Erreichen bestimmter Dienstzeiten (Mistelbach), Sonderzahlungen, freiwillige Zulagen<br />
und Sachbezüge (Hall in Tirol und Wörgl), freiwillig gewährte Jubiläumsgelder (Knittelfeld)<br />
und Vorrückungen für Bedienstete mit Sondervertrag (Wörgl). Bezugserhöhungen aufgrund<br />
von Vorrückungen und Beförderungen hatten auch finanzielle Auswirkungen auf die<br />
Folgejahre. (TZ 24)<br />
3<br />
Als Vergleichsgemeinden bezeichnet der RH in diesem Bericht Gemeinden mit 10.000 bis 20.000<br />
Einwohnern.
Seite 14 / 144<br />
ABWASSER<br />
Die Abwasserbeseitigung von Liegenschaften fiel weitgehend in die Gesetzgebungskompetenz<br />
der Länder. Somit bestanden in Österreich neun Kanal<strong>–</strong> bzw. Abwasserentsorgungsgesetze.<br />
Die Vollziehung dieser Gesetze oblag im Wesentlichen den Gemeinden im<br />
eigenen Wirkungsbereich. Sieben der acht überprüften Gemeinden nahmen dieses Recht<br />
wahr und verfügten über entsprechende Beschlüsse bzw. Verordnungen über Kanalabgaben.<br />
In Hall in Tirol beruhte die Einhebung von Abwasserentgelten, bedingt durch die Ausgliederung<br />
der Abwasserbeseitigung an eine gemeindeeigene Betreibergesellschaft, auf einer<br />
vom Aufsichtsrat dieser Gesellschaft beschlossenen Tarifordnung. (TZ 26)<br />
Das doppelte Äquivalenzprinzip (wonach die für die Benützung der Kanalanlagen<br />
vorgeschriebenen Gebühren das doppelte Jahreserfordernis nicht überschreiten dürfen)<br />
wurde im Betrachtungszeitraum von allen acht Gemeinden eingehalten. (TZ 26)<br />
In sechs Gemeinden (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld, St. Veit/Glan und Wörgl)<br />
erfolgte die Abwasserbeseitigung gemeindeübergreifend. Diese Gemeinden waren Mitglieder<br />
regionaler Abwasserverbände mit Verbandsan<strong>teil</strong>en zwischen 25 % (St. Veit/Glan) und 61 %<br />
(Eisen<strong>stadt</strong>). (TZ 27)<br />
Der Anschlussgrad (das Verhältnis der angeschlossenen Objekte zur Gesamtzahl der<br />
Objekte) lag in Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld, Stockerau und Wörgl bei<br />
mindestens 99 %, in Mistelbach bei 95 % und in St. Veit/Glan bei 93 %. (TZ 28)<br />
Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Knittelfeld, Mistelbach und Stockerau verwendeten Überschüsse aus<br />
dem Abwasserhaushalt nicht für abwasserspezifische Angelegenheiten, sondern führten sie<br />
dem allgemeinen Haushalt zu. Dies widersprach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs<br />
und entsprach im Ergebnis der Einhebung einer Steuer ohne entsprechende Rechtsgrundlage.<br />
Als best practice war hier St. Veit/Glan zu nennen, das Überschüsse des Abwasserhaushalts<br />
einer zweckgebundenen Abwasserrücklage zuführte. Diese Rücklage wurde in der<br />
Folge <strong>teil</strong>weise als Darlehen für die Finanzierung anderer Gemeindeprojekte verwendet und<br />
unter Verrechnung von Zinsen an den Abwasserhaushalt refundiert. (TZ 29)<br />
Die den einmaligen und laufenden Abgaben bzw. Entgelten zugrunde liegenden<br />
Bemessungssysteme der acht Gemeinden waren — landesgesetzlich bedingt —<br />
unterschiedlich. Mengenmäßige Bemessungen der laufenden Abgaben bzw. Entgelte nach<br />
dem Trinkwasserverbrauch sowie die Berücksichtigung von Gartenbewässerungen, von<br />
Niederschlagswässern und des Verschmutzungsgrades der Abwässer waren — im Gegensatz<br />
zu bspw. flächenbezogenen Berechnungssystemen — grundsätzlich geeignet, eine<br />
verursachergerechte Kostenver<strong>teil</strong>ung sicherzustellen und finanzielle Anreize für Wasserein-
Seite 15 / 144<br />
sparungen und die Verminderung des Verschmutzungsgrades und der Abwassermenge zu<br />
schaffen. (TZ 31)<br />
Bei der Berechnung von einmaligen Anschlussbeiträgen/<strong>–</strong>entgelten waren bauflächen<strong>–</strong> und <strong>–</strong><br />
volumensabhängige Beiträge/Entgelte bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Niederschlagswässern<br />
und des Verschmutzungsgrades von Abwässern grundsätzlich als<br />
verursachergerecht einzustufen. Auch Nachtrags<strong>–</strong> bzw. Ergänzungsbeiträge/<strong>–</strong>entgelte bei<br />
baulichen Änderungen des Anschlussobjekts bzw. bei Erweiterungs<strong>–</strong> und Verbesserungsmaßnahmen<br />
der Abwasserreinigungsanlage konnten eine verursachergerechte Aufbringung<br />
der Einnahmen sicherstellen. (TZ 31)<br />
Für einen Vergleich der Gebühren/Entgelte definierte der RH drei Standardobjekte<br />
(Wohnung, Reihenhaus und Einfamilienhaus), für die er in den überprüften Gemeinden die<br />
dafür jeweils anfallenden Gebühren bzw. Entgelte erhob. Bei jedem dieser Standardobjekte<br />
unterschied er zusätzlich eine Variante mit und ohne Regenwassereinleitung:
Seite 16 / 144<br />
Die jährliche Kanalbenützungsgebühr war in Eisen<strong>stadt</strong> und in St. Veit/Glan am niedrigsten.<br />
Die Gemeinden Hall in Tirol, Knittelfeld, Mistelbach, Stockerau und Wörgl waren im Mittelfeld<br />
angesiedelt, Bludenz war nahezu bei allen Varianten die teuerste Gemeinde. Am größten war<br />
dabei der Unterschied bei einem Einfamilienhaus und Reihenhaus mit Regenwassereinleitung.<br />
In Bludenz war dafür jährlich das mehr als 5<strong>–</strong>Fache im Vergleich zu Eisen<strong>stadt</strong> zu
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bezahlen. In sieben Gemeinden (außer Eisen<strong>stadt</strong>) stieg die Gebühr bzw. das Entgelt bei<br />
Berücksichtigung der Regenwassereinleitung auf bis zu mehr als das Doppelte der Gebühren<br />
bzw. Entgelte ohne Regenwassereinleitung an. (TZ 32)<br />
Der RH sah die bis zum 5<strong>–</strong>Fachen reichenden Unterschiede bei den jährlichen Kanalgebühren<br />
äußerst kritisch. Diese Unterschiede waren insbesondere auf die Verschiedenheit der<br />
landesgesetzlichen und gemeindespezifischen Regelungen, der Berechnungs<strong>–</strong> und<br />
Bemessungssysteme, der Anlagen und Abwässer, des Investitions<strong>–</strong> und Sanierungsvolumens<br />
sowie der Finanzierungssysteme zurückzuführen. Besonders kritisch erachtete der RH die in<br />
der Gemeinde Bludenz gewährten Rabatte und Nachsichten sowie die fehlende<br />
Berücksichtigung des Verschmutzungsgrades von Abwässern. (TZ 32)
Seite 18 / 144<br />
STADT BLUDENZ<br />
Die finanzielle Lage der Gemeinde Bludenz war angespannt. Die Haushaltskennzahlen<br />
verschlechterten sich im Zeitraum 2008 bis 2010, zeigten jedoch im Jahr 2011 eine<br />
deutlich positive Entwicklung. Dennoch konnte die Gemeinde Bludenz in den Jahren<br />
2008 bis 2011 ihre laufenden Ausgaben weitgehend durch laufende Einnahmen decken.<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Bludenz erhöhten sich im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
von 20,03 Mio. EUR um rd. 5,8 % auf 21,20 Mio. EUR. Die zur Hälfte in Schweizer Franken<br />
bestehenden Darlehen der Gemeinde Bludenz und von zwei in ihrem Alleineigentum<br />
stehenden Be<strong>teil</strong>igungen verursachten seit September 2011 Kursverluste von 4,29 Mio.<br />
EUR. In den Jahren 2010 und 2011 konnte ein ausgeglichenes Haushaltsergebnis nur<br />
durch Darlehensaufnahmen in Höhe von insgesamt 2,33 Mio. EUR erreicht werden. Im<br />
Jahr 2011 setzte die Gemeinde die Tilgung von sechs Darlehen aus.<br />
Die Gemeinde Bludenz war Ende 2011 an zwölf Unternehmen be<strong>teil</strong>igt. Davon standen<br />
fünf Unternehmen im Alleineigentum der Gemeinde. Die mittel<strong>–</strong> und langfristigen<br />
Verbindlichkeiten der im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Be<strong>teil</strong>igungen in<br />
Höhe von 15,20 Mio. EUR (2011) erreichten beinahe drei Viertel der Schulden der<br />
Gemeinde.<br />
Der seit Herbst 2005 betriebene Zubau zur Bade<strong>–</strong> und Freizeitanlage VAL BLU<br />
verursachte im Zeitraum 2006 bis 2011 negative Ergebnisse der gewöhnlichen<br />
Geschäftstätigkeit von 1,27 Mio EUR.<br />
Die in der Gemeinde eingerichtete Bürgerservicestelle bot ein umfassendes<br />
Serviceangebot.<br />
Die Personalausgaben der Gemeinde Bludenz stiegen von 2008 bis 2011 um 8,6 % auf<br />
8,62 Mio EUR und waren ab 2010 leicht rückläufig.<br />
Der Abwasserhaushalt erwirtschaftete Abgänge. Diese waren vor allem durch die<br />
fehlende Wertsicherung von Abwasserbeiträgen sowie durch Nachsichten,<br />
Mengenrabatte und die fehlende Verrechnung von Schmutzbeiwerten bedingt.<br />
PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,
Seite 19 / 144<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser.<br />
(TZ 1)<br />
Zusätzlich überprüfte der RH in Bludenz ausgewählte Teilgebiete der Gebarung (Förderungen,<br />
Repräsentationsausgaben, Entwicklungskonzepte, Stadtsaal und VAL BLU Gesellschaften).<br />
Mit Ausnahme der VAL BLU Gesellschaften waren die Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde<br />
nicht Gegenstand der Gebarungsüberprüfung. (TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Die Einnahmen (ohne neu aufgenommene Finanzschulden) der Gemeinde Bludenz<br />
verringerten sich von 36,19 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 33,73 Mio. EUR im Jahr 2011, somit<br />
um rd. 7 %. Den größten An<strong>teil</strong> an den Einnahmen hatten die eigenen Steuern und die<br />
Ertragsan<strong>teil</strong>e. Bei den Ertragsan<strong>teil</strong>en lag Bludenz 1,3 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt<br />
der Vorarlberger Vergleichsgemeinden, aber 3,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt<br />
der österreichischen Vergleichsgemeinden. Bei den eigenen Steuern blieb Bludenz<br />
hingegen unter den österreichischen (<strong>–</strong> 2,2 Prozentpunkte), aber gleich auf mit den<br />
Vorarlberger Vergleichsgemeinden. (TZ 4, 5)<br />
Die Ausgaben verringerten sich von 36,58 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 35,22 Mio. EUR im Jahr<br />
2011, somit um rd. 4 %. In den Haushaltsgruppen 5 (Gesundheit) und 0 (Allgemeine<br />
Verwaltung) wies Bludenz gegenüber den Vorarlberger und österreichischen Vergleichsgemeinden<br />
überdurchschnittlich hohe Ausgaben auf; Erstere bedingt durch Beiträge der<br />
Gemeinde für die Vorarlberger Krankenanstalten und insbesondere für das Landeskrankenhaus<br />
Bludenz, Zweitere durch besoldungsrechtliche Grundlagen. (TZ 4, 7)<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 der Gemeinde Bludenz war im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
durchgehend negativ. Das heißt, die jährlichen Ausgaben lagen in diesem Zeitraum über den<br />
Einnahmen. In den Jahren 2010 und 2011 konnte ein ausgeglichenes Jahresergebnis nur<br />
durch die Neuaufnahme von Finanzschulden in Höhe von 2,33 Mio. EUR erreicht werden.<br />
Wiederholt auftretende negative Jahresergebnisse können das Haushaltsgleichgewicht<br />
nachhaltig gefährden. (TZ 4)<br />
Sowohl der relative als auch der betragsmäßige Anstieg der laufenden Ausgaben war durch<br />
die erzielten laufenden Mehreinnahmen gedeckt. (TZ 8)<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des<br />
Rechnungsquerschnitts) abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 20 / 144<br />
Die Gemeinde Bludenz wies ihre außerordentlichen Einnahmen und Ausgaben — entgegen<br />
der VRV — nicht in einem gesonderten Teil des Voranschlags bzw. des Rechnungsabschlusses<br />
(außerordentlicher Haushalt) aus. (TZ 9)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. Obwohl in Bludenz im Überprüfungszeitraum durch einen Überschuss der<br />
laufenden Gebarung Mittel für Investitionen erwirtschaftet werden konnten, wiesen die<br />
Kennzahlen im Zeitraum 2008 bis 2010 insgesamt eine negative Entwicklung auf. Bludenz<br />
blieb überwiegend hinter den Vergleichswerten sowohl der Vorarlberger als auch der<br />
österreichischen Gemeinden zurück. Für das Jahr 2011 war hingegen eine Verbesserung der<br />
drei Kennzahlen erkennbar. (TZ 10)<br />
Bereits im Jahr 2006 hatte die Gemeindeaufsicht ein Konzept für Budgetkonsolidierungsmaßnahmen<br />
eingefordert. Bis Anfang 2012 lag ein solches nicht vor. (TZ 10)<br />
VERMÖGEN<br />
Der Rechnungsabschluss der Gemeinde Bludenz enthielt eine Gegenüberstellung des<br />
Vermögens und der Verbindlichkeiten der Gemeinde; bei den Verbindlichkeiten allerdings<br />
lediglich jene der Gemeinde, nicht auch jene der im Alleineigentum der Gemeinde stehenden<br />
Be<strong>teil</strong>igungen. Das Reinvermögen (Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) hatte sich im<br />
Zeitraum 2008 bis 2011 kontinuierlich und insgesamt um 1,85 Mio. EUR bzw. 4 % verringert.<br />
(TZ 12)<br />
SCHULDEN UND FINANZIERUNGSVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Bludenz erhöhten sich im Zeitraum 2008 bis 2011 von<br />
20,03 Mio. EUR um rd. 6 % auf 21,20 Mio. EUR. Die sonstigen Finanzierungsverpflichtungen<br />
(Leasing) stiegen in diesem Zeitraum auf das 8<strong>–</strong>Fache von 30.000 EUR auf 230.000 EUR an.<br />
Diese Entwicklung schlug sich in den Kennzahlen zur Verschuldung nieder: Die Finanzschulden<br />
je Einwohner stiegen im Zeitraum 2008 bis 2011 von 1.449 EUR auf 1.539 EUR; in<br />
den Jahren 2010 und 2011 war eine Nettoneuverschuldung von 94 bzw. 29 EUR pro<br />
Einwohner feststellbar; die Schuldendienstquote fiel in der Zeit von 2008 bis 2011 von<br />
12,9 % auf 5,8 %. Insgesamt waren die Kennzahlen zur Verschuldung in Bludenz in den<br />
Jahren 2010 und 2011 im Vergleich zu den Vorarlberger und österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden ungünstiger. (TZ 13, 15)
Seite 21 / 144<br />
Bei der Gemeinde Bludenz und bei zwei in ihrem Alleineigentum stehenden Be<strong>teil</strong>igungen<br />
bestanden knapp 50 % der Finanzschulden bzw. Verbindlichkeiten aus CHF<strong>–</strong>Darlehen.<br />
Aufgrund der Aufwertung des Schweizer Franken entstanden seit September 2011 Kursverluste<br />
von 4,29 Mio. EUR. Damit entsprach die Höhe der im Herbst 2012 aushaftenden CHF<strong>–</strong><br />
Darlehen der ursprünglichen Darlehenssumme, obwohl zwischenzeitig Tilgungen in der<br />
Höhe von 4,27 Mio. EUR geleistet worden waren. Im Jahr 2011 setzte die Gemeinde Bludenz<br />
die Tilgung von vier CHF<strong>–</strong>Darlehen und zwei EUR<strong>–</strong>Darlehen im Ausmaß von rd. 370.000 EUR<br />
aus. (TZ 14)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Bludenz waren im Zeitraum 2008 bis 2011 zu rd. 77 %<br />
den Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit (vorwiegend Wasser und Abwasser) zuzuordnen<br />
(österreichische Vergleichsgemeinden rd. 68 %). Von den Finanzschulden waren im<br />
Jahr 2011 11,7 % fix verzinst, die Darlehensschulden der Immobilien KG und der VAL BLU<br />
Resort GmbH waren zur Gänze variabel verzinst. Das bewirkte im Überprüfungszeitraum im<br />
Vergleich zu ausschließlich fix verzinsten Krediten zwar geringere Finanzierungskosten,<br />
könnte allerdings bei einem sprunghaften Anstieg des Marktzinsniveaus das Gemeindebudget<br />
durch unerwartet hohe Finanzierungskosten erheblich belasten. (TZ 14)<br />
HAFTUNGEN<br />
Die von der Gemeinde Bludenz im Zeitraum 2008 bis 2011 übernommenen Haftungen<br />
bewegten sich zwischen 22,08 Mio. EUR (2008) und 23,10 Mio. EUR (2010). Gegenüber der<br />
Sparkasse Bludenz bestand Ende 2011 eine erstmals im Voranschlag 2012 und Rechnungsabschluss<br />
2011 ausgewiesene Gewährträgerhaftung von rd. 44,7 Mio. EUR. Dadurch verdreifachte<br />
sich die zu Jahresende ausgewiesene Haftungssumme auf 67,28 Mio. EUR. (TZ 16)<br />
Mit einem Haftungsbetrag von durchschnittlich 1.599 EUR pro Einwohner im Zeitraum 2008<br />
bis 2010 lag die Gemeinde Bludenz fast 100 % über dem gesamtösterreichischen Schnitt von<br />
815 EUR und rd. 70 % über dem Vorarlberger Vergleichswert von 943 EUR. Unter<br />
Einrechnung der Gewährträgerhaftung erhöhte sich die Haftungssumme je Einwohner per<br />
Jahresende 2011 auf 4.883 EUR. (TZ 16)<br />
Eine im Jänner 2012 in Kraft getretene Verordnung der Vorarlberger Landesregierung zu<br />
Haftungsobergrenzen, Risikoklassen und Vorgaben für Haftungsübernahmen umfasste nicht<br />
Haftungen, die bereits im Schuldenstand enthalten waren, und sah Ausnahmebestimmungen<br />
für Gewährträgerhaftungen von Gemeinden gegenüber Sparkassen vor. (TZ 16)
Seite 22 / 144<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung bestand mit dem Land Vorarlberg:<br />
Bludenz erhielt im Zeitraum 2008 bis 2011 rd. 2,8 Mio. EUR jährlich vom Land (insbesondere<br />
im Bereich Bildung, Kinderbetreuung und Umwelt) und hatte demgegenüber rd. 6,7 Mio. EUR<br />
jährlich an das Land (insbesondere im Bereich Gesundheit, Soziales und Pflege) zu leisten.<br />
Der Transfersaldo gegenüber dem Land war durchgehend negativ und sank von <strong>–</strong><br />
3,01 Mio. EUR (2008) auf <strong>–</strong> 4,56 Mio. EUR (2011) ab. Die Transferbeziehungen zum Bund<br />
spielten in Bludenz eine geringere Rolle, ebenso jene zu Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden<br />
sowie zu sonstigen öffentlichen Rechtsträgern. (TZ 18)<br />
Die Transferbelastung der Gemeinde Bludenz war fast doppelt so hoch wie bei den<br />
Vorarlberger und österreichischen Vergleichsgemeinden; sie belasteten den Gemeindehaushalt<br />
im Ausmaß von rund einem Drittel der laufenden Ausgaben. Jedoch konnte Bludenz<br />
wie auch andere Gemeinden die Transferausgaben insbesondere im Bereich Gesundheit und<br />
Pflege weder der Höhe noch ihrer Verwendung nach beeinflussen. (TZ 19)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Zur Erreichung nachhaltig geordneter Haushalte war die mittelfristige Finanzplanung eine<br />
wesentliche Grundlage. Für die Jahre 2008 bis 2011 hatte die Gemeinde Bludenz jährliche<br />
mittelfristige Finanzpläne mit jeweils zweijährigem Planungshorizont erstellt, ohne jedoch<br />
die geplanten Schulden der ausgegliederten Einrichtungen bei den geplanten Finanzschulden<br />
mitzuberücksichtigen. (TZ 20, 21)<br />
Im mittelfristigen Finanzplan 2012 plante die Gemeinde Bludenz, die bis zum Jahr 2013<br />
steigenden Finanzschulden (24,96 Mio. EUR) bis zum Jahr 2015 auf 23,16 Mio. EUR zu<br />
verringern. Angesichts der angespannten Finanzlage der Gemeinde Bludenz — trotz<br />
geplanten Schuldenabbaus Anstieg der Finanzschulden von 21,20 Mio. EUR im Jahr 2011 um<br />
rd. 9 % bis zum Jahr 2015 — waren die von der Gemeinde geplanten Maßnahmen zur<br />
Einhaltung des mittelfristigen Finanzplans (strikte Ausgabendisziplin beim Personal,<br />
Neuverhandlung des mitzutragenden Abgangs für das Landeskrankenhaus Bludenz,<br />
Beschränkung auf gesetzlich vorgeschriebene bzw. nur dringend notwendige Investitionen,<br />
Evaluierung der Förderungen) zu begrüßen. (TZ 20, 21)<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Informationen über die finanzielle Lage der Gemeinde waren vor allem den Rechnungsabschlüssen<br />
zu entnehmen. Die gemäß VRV in den Beilagen zum Rechnungsabschluss zu
Seite 23 / 144<br />
führenden Nachweise waren allerdings unvollständig: Es fehlten der Nachweis über die<br />
Anzahl der Ruhe<strong>–</strong> und Versorgungsempfänger, der Nachweis über die am Schluss des<br />
Finanzjahres offenen Bestellungen (Vorbelastungen), bis zum Jahr 2011 der Nachweis über<br />
den Rücklagenstand. Die Darstellung der Transfers entsprach nicht der VRV (z.B. war der<br />
Beitrag an den Landeswohnbaufonds als Transfer an das Land und nicht als Transfer an<br />
sonstige öffentliche Rechtsträger ausgewiesen). Der Nachweis über Be<strong>teil</strong>igungen fehlte für<br />
das Jahr 2010 und war für die Jahre 2009 und 2011 unvollständig. Fünf im Nachweis zur<br />
Vermögensaufstellung als Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit ausgewiesene<br />
Unternehmungen verfügten über kein Betriebsstatut als Betrieb mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit. (TZ 17, 22 bis 24)<br />
Positiv war, dass der Schuldenstand und der Schuldendienst der Immobilien KG und der VAL<br />
BLU Resort GmbH in den Anlagen zum Rechnungsabschluss enthalten waren, was zu einer<br />
transparenteren Gebarung beitrug. (TZ 32)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Bludenz war Ende des Jahres 2011 an zwölf Unternehmen be<strong>teil</strong>igt. Davon standen fünf<br />
Unternehmen im Alleineigentum der Gemeinde, an sieben hielt Bludenz Minderheitsan<strong>teil</strong>e<br />
von 0,08 % bis 5,48 %. Aus den Be<strong>teil</strong>igungen entstanden der Gemeinde in den Jahren 2008<br />
bis 2011 Ausgaben in Höhe von 12,26 Mio. EUR und Einnahmen in Höhe von 1,11 Mio. EUR.<br />
Somit überstiegen die Ausgaben die Einnahmen um 11,15 Mio. EUR. (TZ 25, 27)<br />
Die Ausrichtung der Be<strong>teil</strong>igungen war zum Teil gemeinwohlorientiert mit im Allgemeininteresse<br />
der örtlichen Bevölkerung liegenden Aufgaben. Die Be<strong>teil</strong>igung an touristischen<br />
Projekten von überregionaler Bedeutung (VAL BLU Gesellschaften, Golfclub GmbH und<br />
Sonnenkopfbahn) ging allerdings über das Interesse der örtlichen Bevölkerung und über den<br />
Kernbereich staatlicher Aufgabenerfüllung durch eine Gemeinde hinaus. (TZ 25)<br />
Zu beanstanden war die mit der Gründung der VAL BLU Resort GmbH verbundene Absicht,<br />
ein Vergabeverfahren zu vermeiden. Dadurch nützte die Gemeinde nicht das einer<br />
Ausschreibung innewohnende Potenzial, allfällige noch nicht bekannte wirtschaftliche<br />
Lösungen und Einsparungen zu finden. (TZ 26)<br />
Die Gemeinde Bludenz haftete Ende 2011 für Darlehen der Immobilien KG in Höhe von 7,36<br />
Mio. EUR sowie für Darlehen der VAL BLU Resort GmbH in Höhe von 7,83 Mio. EUR. Während<br />
bei der Immobilien KG die Gemeinde sämtliche finanziellen Verpflichtungen bedeckte, hing<br />
das Risiko der Gemeinde für die VAL BLU Resort GmbH insbesondere vom Markterfolg der<br />
Alpenerlebnisbad VAL BLU GmbH (VAL BLU GmbH) ab. (TZ 28)
Seite 24 / 144<br />
Die Finanzierung der fünf im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Unternehmen erfolgte<br />
nach ihrem finanziellen Bedarf, wodurch ein möglicher Anreiz zu sparsamer Mittelverwendung<br />
fehlte. Eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und den Unternehmen über ihre<br />
Finanzierung gab es nicht. (TZ 28)<br />
Budgetplanungen waren wesentliche strategische Steuerungs<strong>–</strong> und Lenkungsinstrumente. Zu<br />
begrüßen war daher die detaillierte einjährige Budgetplanung der im Alleineigentum<br />
stehenden Unternehmen der Gemeinde Bludenz und die Pläne der Gemeinde für detaillierte<br />
mehrjährige Budgetvorschauen. (TZ 29)<br />
Dadurch, dass die Generalversammlung der im Alleineigentum der Gemeinde stehenden<br />
Unternehmen (ausgenommen Immobilien KG) in der Zusammensetzung der Stadtvertretung<br />
abgehalten wurde und Protokolle ihrer Organe an die in die Stadtvertretung gewählten<br />
Fraktionen übermittelt wurden, war eine unmittelbare und nachvollziehbare Information<br />
sämtlicher in der Stadtvertretung vertretenen Fraktionen sichergestellt. Kritikwürdig war<br />
allerdings, dass bei der Immobilien KG in den Jahren 2008 bis 2011 die Gesellschafterversammlung<br />
unterblieb und dass es keine regelmäßigen schriftlichen Berichte an die<br />
Stadtvertretung über die wirtschaftliche Situation der Minderheitsbe<strong>teil</strong>igungen und deren<br />
voraussichtliche Entwicklung gab. (TZ 30)<br />
Bei der VAL BLU GmbH lag in den Jahren 2009 und 2011, bei der VAL BLU Resort GmbH in<br />
den Jahren 2010 und 2011 die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs vor. Wenn auch<br />
aufgrund der Liquiditätszuschüsse der Gemeinde Bludenz kein Reorganisationsbedarf<br />
bestand, lag das wirtschaftliche Risiko der VAL BLU Resort GmbH bei der Gemeinde. (TZ 31)<br />
Bei Hinzurechnung der mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen<br />
zu den Finanzschulden der Gemeinde erhöhten sich im Zeitraum 2008 bis 2011 die von<br />
der Gemeinde zu tragenden jährlichen Schulden von durchschnittlich 20,40 Mio. EUR um<br />
13,88 Mio. EUR bis 15,20 Mio. EUR. Damit erreichten die mittel<strong>–</strong> und langfristigen<br />
Verbindlichkeiten der Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen im Jahr 2011 beinahe drei Viertel der<br />
Finanzschulden der Gemeinde. (TZ 32)<br />
Nicht nachvollziehbar war, welches Gemeindeorgan letztendlich die Eigentümerinteressen<br />
der im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Unternehmen wahrzunehmen hatte: Einerseits<br />
tagte die Stadtvertretung als Generalversammlung der Unternehmen, andererseits traf<br />
der Bürgermeister als Eigentümervertreter Anordnungen. Mangels Geschäftsordnungen für<br />
die Organe der im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Unternehmen war eine klare<br />
Kompetenzabgrenzung zwischen den Unternehmen und der Gemeinde nicht vorhanden.<br />
(TZ 35, 36)
Seite 25 / 144<br />
VAL BLU RESORT<br />
Das VAL BLU Resort umfasste ein Hallenbad, ein Freibad sowie einen im Jahr 2005 eröffneten<br />
Zubau bestehend aus Hotel mit Seminar<strong>–</strong>, Gastronomie<strong>–</strong>, Gesundheits<strong>–</strong> und Fitnesseinrichtungen.<br />
Die Eigentums<strong>–</strong> und Vertragsstrukturen des VAL BLU Resorts waren komplex.<br />
Durch die mangelnde Ersichtlichmachung im Grundbuch waren diese weder transparent<br />
noch nachvollziehbar. (TZ 36, 37)<br />
Aufgrund seiner Größe und Besucherstruktur stellte das VAL BLU Resort eine Badeanlage von<br />
überregionaler Bedeutung dar. Die Finanzierungsverantwortung dafür lag jedoch ausschließlich<br />
bei der Gemeinde Bludenz, wodurch die von Bludenz investierten Mittel nur zu<br />
einem Drittel der örtlichen Bevölkerung zugute kamen. (TZ 38)<br />
Die Gemeinde Bludenz hatte die Entscheidung für den VAL BLU<strong>–</strong> Zubau aufgrund zu<br />
optimistischer Annahmen der Planungsrechnungen getroffen: Gemäß den Prognosen hätte<br />
der VAL BLU<strong>–</strong>Zubau in den Jahren 2006 bis 2011 ein kumuliertes negatives Ergebnis der<br />
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von rd. 22.000 EUR erwirtschaften sollen. Das<br />
tatsächliche kumulierte EGT in diesem Zeitraum lag jedoch bei <strong>–</strong> 1,27 Mio. EUR und war<br />
damit 57<strong>–</strong>mal niedriger als der Prognosewert. Sämtliche Bereiche entwickelten sich anders<br />
als vorgesehen: die Bereiche Gastronomie und Vermietung negativ, der Bereich<br />
Hotel/Seminar positiv. In der derzeitigen Konzeption wird der VAL BLU<strong>–</strong>Zubau mittelfristig<br />
kein positives EGT erzielen und nachhaltig auf Zuschüsse aus dem Gemeindehaushalt<br />
angewiesen sein. Dies wiegt umso schwerer, als der Betrieb eines Hotels nicht zu den<br />
Kernaufgaben einer Gemeinde zählt. (TZ 39)<br />
Die Gemeinde verfehlte ihr Ziel, aus dem Betrieb des VAL BLU<strong>–</strong> Zubaus Überschüsse zu<br />
erwirtschaften und damit den Abgang der VAL BLU GmbH zu reduzieren. Stattdessen<br />
verursachte der Zubau um 60 % höhere Subventionen für das VAL BLU Resort. (TZ 40)<br />
Das VAL BLU<strong>–</strong>Freibad stand vor einer dringenden Generalsanierung (geschätzte<br />
Sanierungskosten mindestens 2,7 Mio. EUR). Angesichts des Subventionsbedarfs des VAL<br />
BLU Resorts und der nicht gegebenen Kostendeckung des Freibades würde eine Sanierung<br />
zu einer zusätzlichen Schuldenbelastung des Gemeindehaushalts führen. (TZ 41)<br />
Eine Interessentensuche für Mieter im VAL BLU<strong>–</strong>Zubau gab es nicht; bei manchen Mietverträgen<br />
wurden Aufsichtsrat und Stadtrat nicht befasst. Potenzielle Interessenkonflikte —<br />
bspw. aus dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Geschäftsführer der VAL BLU GmbH<br />
und Vertretern des eingemieteten Fitnessunternehmens — waren die Folge. Die<br />
Mietfreistellung der Cageballhalle bedeutete die Überwälzung des wirtschaftlichen Risikos
Seite 26 / 144<br />
ihres Betriebs auf die VAL BLU GmbH und in letzter Konsequenz auf die Gemeinde Bludenz.<br />
(TZ 42)<br />
Die Werbekostenbeiträge der VAL BLU<strong>–</strong>Mieter basierten nicht auf quantifizierten Kriterien,<br />
die der Bedeutung der Mieter entsprachen und deren Stellenwert im Werbekonzept der VAL<br />
BLU GmbH berücksichtigten. Ein An<strong>teil</strong>svergleich der Werbekostenbeiträge und der<br />
genutzten Fläche zeigte erhebliche Abweichungen zu Ungunsten der VAL BLU GmbH. (TZ 43)<br />
Die gemeinsame Nutzung einer einheitlichen Wortbildmarke für die VAL BLU Freizeit<strong>–</strong> und<br />
Hotelanlage war zweckmäßig. Für diese Marke bestand jedoch weder ein Schutz gegenüber<br />
Dritten noch für ihre ausschließliche Nutzung. (TZ 44)<br />
ORGANISATION<br />
Die Gemeinde Bludenz führte 2011 einen Reorganisationsprozess unter Mitwirkung eines<br />
externen Beraters durch. Die neue Organisation des Amtes der Gemeinde Bludenz umfasste<br />
vier Bereiche mit jeweils zwei bis sechs Ab<strong>teil</strong>ungen. Trotz Zusage der Kostenneutralität der<br />
Umorganisation stiegen Anfang 2012 die Bezüge zweier Bereichsleiter. Die aus einem<br />
Mitarbeiter bestehende Ab<strong>teil</strong>ung Öffentlichkeitsarbeit war organisatorisch nicht selbständig.<br />
Acht Organisationseinheiten wiesen Führungsspannen von höchsten 1:3 auf. Der Leiter der<br />
für die Planung der gemeindeeigenen Bauvorhaben zuständigen Ab<strong>teil</strong>ung war als Bereichsleiter<br />
gleichzeitig der für die Genehmigung dieser Vorhaben zuständigen Ab<strong>teil</strong>ung<br />
vorgesetzt. Dadurch waren allenfalls Anbringen zu prüfen, die von einem Vorgesetzten<br />
(mit)verfasst wurden, wodurch eine unbefangene Prüfung nicht garantiert war.<br />
(TZ 45, 47 48)<br />
Im Rahmen der Geschäftsver<strong>teil</strong>ung war die Ab<strong>teil</strong>ung Bürgerservice, Meldeamt systemwidrig<br />
auch für die Vorschreibung und Versendung von Forderungen zuständig. Einer Empfehlung<br />
der Gemeindeaufsicht des Amtes der Vorarlberger Landesregierung, die Tätigkeiten der<br />
Fachab<strong>teil</strong>ungen zu erheben, kam die Gemeinde Bludenz bisher nicht nach. (TZ 49)<br />
Der Prüfungsausschuss der Gemeinde Bludenz überprüfte zwischen 2008 und 2011<br />
19 gebarungsrelevante Themen in elf Sitzungen; im Jahr 2010 führte er entgegen den<br />
gesetzlichen Vorgaben zu wenig Prüfungen durch. Positiv war, dass er auch ausgegliederte<br />
Einrichtungen der Gemeinde überprüfte. (TZ 51)<br />
Für die Gemeinde Bludenz bestanden keine allgemeinen Regelungen über die Ordnung des<br />
Rechnungswesens. Weiters fehlte eine strikte Trennung zwischen Zahlungsanordnung und <strong>–</strong><br />
ausführung. (TZ 54)
Seite 27 / 144<br />
Die Gemeinde Bludenz hatte eine im Jahr 2008 erworbene Immobilienverwaltungssoftware<br />
mangels Datenerfassung im März 2012 noch immer nicht genutzt. (TZ 55)<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 beschäftigte die Gemeinde Bludenz 207 Bedienstete (169,17 VBÄ). Dafür fielen<br />
Personalausgaben von 8,62 Mio. EUR an. Der Personal<strong>–</strong>Ist<strong>–</strong>Stand wich in den Jahren 2008<br />
und 2009 geringfügig vom Dienstpostenplan ab, in den Jahren 2010 und 2011 blieb der Ist<strong>–</strong><br />
Stand um bis zu 8,1 % unter dem Plan<strong>–</strong>Stand. Von 2008 bis 2011 stieg der Personalstand in<br />
VBÄ geringfügig um 2,6 % an, infolge einer Erhöhung der Teilzeitkräfte jener in Köpfen um<br />
rd. 5 %; die Personalausgaben stiegen um 8,6 % (bei leichtem Rückgang in den Jahren 2010<br />
und 2011). Mit dieser Steigerung lag Bludenz über dem Niveau der österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden (+ 7,9 %). (TZ 57, 58)<br />
Die Personalausgaben je Einwohner lagen in Bludenz im gesamten Überprüfungszeitraum<br />
höher als bei den Vergleichsgemeinden Vorarlbergs und Österreichs. Im Jahr 2011 betrugen<br />
sie 625 EUR gegenüber 518 EUR (Vorarlberg) bzw. 574 EUR (Österreich). Bludenz verzeichnete<br />
im Jahr 2011 im Vergleich der acht überprüften Gemeinden die höchsten<br />
Personalausgaben je Bediensteten (51.000 EUR). (TZ 59)<br />
Die Gemeinde Bludenz führte Beförderungen in überschaubarem Ausmaß durch, bspw. im<br />
Jahr 2011 18 von insgesamt 78 rechtlich möglichen. Sie griff dabei auf aufbereitete<br />
Entscheidungsgrundlagen zurück und stellte die budgetären Auswirkungen dar. (TZ 60)<br />
Die Bediensteten der Gemeinde Bludenz, die den Regelungen des seit 2005 neuen<br />
Dienstrechts unterworfen waren, erhielten als Gehaltsbestand<strong>teil</strong> eine Leistungsprämie,<br />
deren Höhe von der jährlichen Leistungsbeur<strong>teil</strong>ung abhängig war. Bedienstete der<br />
Gemeinde Bludenz erhielten nach den gesetzlichen Regelungen Zulagen, für deren<br />
Gewährung keine allgemeinen Regelungen für die Gemeinde Bludenz bestanden. Dies führte<br />
in Einzelfällen zu nicht nachvollziehbaren Zuerkennungen. (TZ 61, 62)<br />
ABWASSER<br />
Bludenz war Mitglied des Abwasserverbands Region Bludenz mit einem An<strong>teil</strong> von rd. 52 %.<br />
An das rd. 65 km umfassende Ortsnetz waren rd. 2.500 Objekte angeschlossen. Von den<br />
rd. 22.800 Einwohnerwerten entfielen rd. 8.100 auf 41 in der Gemeinde Bludenz erfasste<br />
Gewerbebetriebe. (TZ 64, 65)
Seite 28 / 144<br />
Die Kenntnis von Lage, Dimension, Kapazität, Material, Alter und Zustand der Kanalisation<br />
war wesentlich für die Steuerung im Bereich der Abwasserentsorgung. Zu beanstanden war<br />
daher die unzureichende Umsetzung des Kanalkatasters. Die Gemeinde Bludenz hatte zwar<br />
mit seiner Erstellung begonnen, danach das Projekt jedoch nicht weitergeführt. Infolge der<br />
fehlenden personellen Ressourcen waren weder die Fertigstellung noch die uneingeschränkte<br />
Nutzung absehbar. (TZ 64, 65)<br />
Für das im Eigentum der Gemeinde stehende Kanalnetz richtete Bludenz einen Betrieb mit<br />
marktbestimmter Tätigkeit ein. Die zugeordneten Personalkosten waren nicht aktuell.<br />
(TZ 64)<br />
Bludenz erwirtschaftete im Zeitraum 2008 bis 2011 im Abwasserhaushalt einen Abgang von<br />
insgesamt 565.000 EUR bzw. 141.000 EUR pro Jahr. Den Überschuss aus dem Jahr 2009 in<br />
Höhe von 280.000 EUR führte die Gemeinde nicht den Rücklagen zu, sondern verwendete<br />
ihn für den allgemeinen Haushalt. Das stand nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des<br />
Verfassungsgerichtshofs und entsprach im Ergebnis der Einhebung von versteckten Steuern,<br />
wofür die Rechtsgrundlage fehlte. Derartige „Gewinnentnahmen“ waren auch bei den<br />
Abgaben für Müll und Wasser festzustellen; hier verwendete die Gemeinde im gleichen<br />
Zeitraum 190.000 EUR bzw. 1,15 Mio. EUR für nicht im inneren Zusammenhang mit den<br />
eingenommenen Abgaben stehende Belange. (TZ 67)<br />
Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Einhebung der Abwasserabgaben (Kanalordnung<br />
und Kanalgebührenordnung) waren geeignet, eine verursachergerechte Kostenver<strong>teil</strong>ung zu<br />
ermöglichen. Die Verrechnung der laufenden Gebühr auf der Basis des Trinkwasserbezugs<br />
schuf Anreize für Wassereinsparungen. Auch die Berücksichtigung von eingeleiteten<br />
Niederschlagswässern und die Möglichkeit, Schmutzbeiwerte festzulegen, ermöglichten es,<br />
auf spezielle Gegebenheiten bei den Einleitern einzugehen. (TZ 68)<br />
Während der Gebührensatz für die laufende Kanalbenützungsgebühr zeitnah angepasst<br />
wurde, war der Beitragssatz für den Erschließungs<strong>–</strong>, Anschluss<strong>–</strong> und Ergänzungsbeitrag seit<br />
Dezember 2002 unverändert und damit einem Kaufkraftverlust von mehr als 15 % unterworfen.<br />
Somit erbrachten Liegenschaftseigentümer im Rahmen des aktuellen Kanalanschlussbeitrags<br />
nur mehr rd. 85 % der finanziellen Leistungen, die im Jahr 2003 auf<br />
Liegenschaftseigentümer entfielen. Dies führte — abhängig von der Art der Wertsicherung —<br />
alleine im Jahr 2011 zu einem Einnahmenverlust zwischen 57.000 EUR und 83.000 EUR.<br />
(TZ 69)<br />
Der Stadtrat beschloss regelmäßig Nachsichten für vorgeschriebene Kanalbenützungsgebühren<br />
zu Gunsten der im Eigentum der Gemeinde Bludenz stehenden VAL BLU GmbH. In<br />
den Jahren 2007 bis 2011 ergab sich eine Summe von 441.838 EUR <strong>–</strong> zuzüglich der
Seite 29 / 144<br />
ebenfalls für das Wasser er<strong>teil</strong>ten Nachsichten eine Gesamtsumme von 636.855 EUR. Die<br />
Gemeinde Bludenz begründete dies u.a. damit, dass der Betrieb die Gebühren nicht<br />
erwirtschaften könne und eine Vorschreibung der ungekürzten Abgaben zu einer erhöhten,<br />
von der Gemeinde vorzunehmenden Verlustabdeckung führen würde. Die im Jahr 2006 vom<br />
Land Vorarlberg ergangenen Prüfungsfeststellungen bezüglich der Problematik dieser<br />
verdeckten Subventionen beachtete die Gemeinde Bludenz nicht. Weitere Nachsichten<br />
er<strong>teil</strong>te die Gemeinde einem Hotelbetrieb (17.188 EUR) und einem Textilbetrieb (41.437<br />
EUR). Die Gemeinde verletzte damit das Gebot der Transparenz und Nachvollziehbarkeit und<br />
belastete den eigenständigen Kanalhaushalt. In der Folge waren die Gesamtkosten der<br />
Abwasserbeseitigung von den übrigen Abgabenpflichtigen aufzubringen und belasteten<br />
diese stärker. (TZ 70)<br />
Bei der Gewährung von Nachsichten fehlte in den Bescheiden generell eine Prüfung der<br />
erforderlichen Nachsichtsvoraussetzungen und eine entsprechende Begründung. (TZ 70)<br />
Obwohl die Gemeinde Bludenz in ihrer Kanalordnung die Anwendung von Schmutzbeiwerten<br />
festgelegt hatte, unterblieb bislang deren Festsetzung. Der maßgeblichste Einleiter, ein<br />
großer Textilbetrieb, verursachte im Jahr 2010 rd. 14 % der Gesamtmenge der Gemeinde<br />
Bludenz, aber rd. 43 % der ermittelten Gesamtfracht. Trotz der signifikant vom häuslichen<br />
Abwasser abweichenden Inhaltsstoffe wurde er abgabenmäßig diesem gleichgestellt. Das<br />
Fehlen von Schmutzbeiwerten kam einer Wirtschaftsförderung gleich, die jedoch nicht das<br />
allgemeine Budget, sondern wiederum den Abwasserhaushalt belastete. (TZ 71)<br />
Die Gemeinde Bludenz legte in ihrer Kanalgebührenordnung Mengenrabatte von bis zu 48 %<br />
fest, die nur ein großer Textilbetrieb geltend machen konnte. In den Jahren 2007 bis 2011<br />
konnte dieser Betrieb den größtmöglichen Ermäßigungssatz geltend machen, da die<br />
Gemeinde Bludenz eine laufende Anpassung der Mengengrenzen vornahm. Das Mengenrabattsystem<br />
für Kanalgebühren setzte keine Anreize für Mengeneinsparungen und<br />
berücksichtigte weder die anfallenden Schmutzfrachten noch besondere Inhaltsstoffe, die<br />
eine Reinigung erschwerten. (TZ 72)<br />
Trotz der in der Kanalgebührenordnung selbst festgelegten Bestimmung berücksichtigte die<br />
Gemeinde Bludenz die Einleitung von Niederschlagswässern bislang nicht. Der dadurch<br />
entstandene finanzielle Nach<strong>teil</strong> belief sich nach eigenen Schätzungen auf rd. 150.000 EUR<br />
pro Jahr. (TZ 73)<br />
Die Vorschreibung und Einhebung der Kanalabgaben erfolgte unstrukturiert. Eine<br />
Abstimmung der von den Ab<strong>teil</strong>ungen Baurecht und Bauverwaltung sowie Bautechnik und<br />
Planung gesetzten Schritte gab es nicht. Ein Internes Kontrollsystem, das eine lückenlose<br />
Erledigung der baurechtlichen und abgabenmäßigen Schritte sichergestellt hätte, bestand
Seite 30 / 144<br />
nicht. Die technische Bearbeitung der Kanalhausanschlüsse war unzureichend: Weder ging<br />
die Gemeinde in den bezughabenden Bescheiden auf die technische Ausführung ein, noch<br />
konnte diese aus den Einreich<strong>–</strong> oder Ausführungsunterlagen entnommen werden. Erhebliche<br />
Dokumentations<strong>–</strong> und Bearbeitungsdefizite führten zu nicht nachvollziehbaren Abgabenvorschreibungen.<br />
(TZ 74, 75)<br />
FÖRDERUNGEN<br />
Für mehr als 80 % der von der Gemeinde im Zeitraum 2007 bis 2011 gewährten Förderungen<br />
bestanden keine Regelungen, die eine transparente und nachvollziehbare Förderungsabwicklung<br />
sicherstellten. Kulturförderungen wurden formlos vergeben (ein Kulturverein<br />
erhielt ohne Förderungsvertrag in den Jahren 2007 bis 2011 Förderungen in Höhe von<br />
insgesamt 325.000 EUR), Nachprüfungen ihrer Mittelverwendung unterblieben. (TZ 76)<br />
Die von der Gemeinde praktizierte Parteienförderung war intransparent: Verwendungsnachweise<br />
für Förderungen, die jährlich an die in der Stadtvertretung vertretenen Fraktionen<br />
gewährt wurden, waren nicht zu erbringen; auch eine Verwendungskontrolle durch den<br />
Prüfungsausschuss erfolgte nicht. (TZ 77)<br />
AUSGABEN FÜR REPRÄSENTATIONEN<br />
Die Verbuchung der vom Bürgermeister im Zeitraum 2007 bis 2011 veranlassten Ausgaben<br />
von rd. 225.500 EUR — die überwiegend Repräsentationscharakter aufwiesen — auf drei<br />
unterschiedlichen Haushaltsansätzen, war intransparent. Insbesondere unterstützte der<br />
Bürgermeister Brauchtumsvereine, Exkursionen, Sportaktivitäten oder Marketingmaßnahmen<br />
aus einem dafür nicht vorgesehenen Haushaltsansatz („Freie Wohlfahrt — Maßnahmen zur<br />
Arbeitslosenunterstützung“) mit rd. 37.700 EUR. Eine Ausgabenobergrenze war weder für<br />
Repräsentationsausgaben noch für Verfügungsmittel des Bürgermeisters vorgesehen.<br />
(TZ 78)<br />
KONZEPTE<br />
Für unterschiedliche Problem<strong>–</strong> und Entwicklungsbereiche ließ die Gemeinde Konzepte mit<br />
Ist<strong>–</strong>Analysen, Ideen und Maßnahmenpaketen erstellen, im Zeitraum 1997 bis 2011 insgesamt<br />
25. Positiv waren die in zwei Fällen festgestellten Bemühungen, Konzepte gemeinsam<br />
mit Nachbargemeinden zu erarbeiten. (TZ 79)<br />
Kritikwürdig waren allerdings das fehlende Interesse der Gemeinde Bludenz an einem<br />
Gesamtüberblick über ihre Konzepte, deren Umsetzungsstand sowie die dafür entstandenen
Seite 31 / 144<br />
Kosten, der unkoordinierte Umgang mit den fertiggestellten Konzepten sowie die nicht<br />
nachvollziehbare Verzögerung bei der Erstellung von mehreren Konzepten, insbesondere<br />
beim 1998 geplanten Gemeinde<strong>–</strong> bzw. Raumentwicklungskonzept. (TZ 79)<br />
STADTSAAL<br />
Die Gemeinde Bludenz verfügte in einem angemieteten Gebäude über einen rd. 280 m2<br />
großen Saal samt Galerie, Bühne und Foyer mit einem maximalen Fassungsvermögen von<br />
600 Sitzplätzen. Die finanzielle Lage des Stadtsaals war angesichts seines Zuschussbedarfs<br />
durch die Gemeinde Bludenz in Höhe von rd. 109.000 EUR jährlich und knapp 3.000 EUR je<br />
Veranstaltung wenig wirtschaftlich und im Lichte der jährlich rd. 38 Veranstaltungen<br />
unangemessen hoch. Die Ausgaben für die Anmietung eines rd. 10 km entfernten Veranstaltungssaals<br />
für sämtliche Stadtsaalveranstaltungen wären um rd. 40.000 bis 60.000 EUR<br />
geringer gewesen als der jährliche Abgang des Stadtsaals. Eine Prüfung dieser Alternative<br />
war nicht erfolgt. (TZ 81)<br />
Angesichts des renovierungsbedürftigen Zustands des Stadtsaals überlegte die Gemeinde<br />
Bludenz, einen neuen zu errichten. Dies, obwohl die angespannte budgetäre Lage der<br />
Gemeinde keinen finanziellen Spielraum für ein derartiges Projekt zuließ, die Gemeinde mit<br />
der seit 1998 bestehenden Kultureinrichtung Remise über einen weiteren, wenn auch nur<br />
maximal 200 Sitz<strong>–</strong> und 50 Stehplätze umfassenden Veranstaltungsraum verfügte und im<br />
Umkreis von bis zu 20 Straßenkilometern sechs Säle mit einer Kapazität von 320 bis 1.200<br />
Sitzplätzen bestanden. (TZ 82)<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Gemeinde Bludenz<br />
hervor:<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Der Haushalt wäre nachhaltig ausgeglichen zu führen, da wiederholt auftretende<br />
negative Jahresergebnisse das Haushaltsgleichgewicht nachhaltig gefährden können. Dabei<br />
sollte, weil bei den Einnahmen nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde<br />
bestehen, das Hauptaugenmerk auf ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden. (TZ 4)<br />
(2) Ein Budgetkonsolidierungskonzept wäre umgehend zu erarbeiten. Darin wären die<br />
geplanten Maßnahmen zur Einhaltung des mittelfristigen Finanzplans (strikte Ausgabendisziplin<br />
beim Personal, Neuverhandlung des mitzutragenden Abgangs für das Landeskrankenhaus<br />
Bludenz, Beschränkung auf gesetzlich vorgeschriebene bzw. nur dringend<br />
notwendige Investitionen, Evaluierung der Förderungen) einfließen zu lassen. (TZ 10, 15, 20)
Seite 32 / 144<br />
(3) Die Entwicklung der Fremdwährungskredite wäre kontinuierlich zu überwachen und<br />
geeignete Strategien und Maßnahmenbündel für die Reduktion des bei Fremdwährungskrediten<br />
gegenüber Finanzierungen in heimischer Währung gegebenen zusätzlichen<br />
Wechselkurs<strong>–</strong> und Zinsänderungsrisikos wären vorzusehen. (TZ 14)<br />
(4) Ein Abbau der CHF<strong>–</strong>Kredite bis zu dem von der Vorarlberger Landesregierung<br />
vorgesehenen An<strong>teil</strong> von 30 % wäre anzustreben. (TZ 14)<br />
(5) Wirtschaftliche Unternehmungen der Gemeinde wären nur dann als Betriebe mit<br />
marktbestimmter Tätigkeit zu führen, wenn sämtliche Voraussetzungen hiefür vorliegen.<br />
(TZ 24)<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(6) Es wäre darauf hinzuwirken, dass die VAL BLU RESORT Errichtungs<strong>–</strong> und Verwaltungsgesellschaft<br />
m.b.H. (VAL BLU Resort GmbH) künftig das Vergaberecht anwendet. (TZ 26)<br />
(7) Mit allen im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Be<strong>teil</strong>igungen wären Finanzierungsvereinbarungen<br />
abzuschließen und auf eine solche zwischen der Alpenerlebnisbad VAL BLU<br />
GmbH (VAL BLU GmbH) und der VAL BLU Resort GmbH hinzuwirken. Diese Vereinbarungen<br />
sollten die Art der abzudeckenden Ausgaben möglichst detailliert enthalten. (TZ 28)<br />
(8) Eine regelmäßige Berichterstattung an die Stadtvertretung über Be<strong>teil</strong>igungen der<br />
Gemeinde sollte sichergestellt werden. (TZ 30)<br />
(9) Es wäre darauf hinzuwirken, die Gesellschafterversammlung der Stadt Bludenz<br />
Immobilien KG (Immobilien KG) jährlich einzuberufen. (TZ 30)<br />
(10) Für Be<strong>teil</strong>igungen wären Erwerbsvoraussetzungen in Form von Be<strong>teil</strong>igungsrichtlinien zu<br />
beschließen und auf bestehende und zukünftige Be<strong>teil</strong>igungen anzuwenden. Dabei wären die<br />
im Vorarlberger Gemeindegesetz vorgegebenen Grundsätze zu konkretisieren. (TZ 33)<br />
(11) Es wäre ausschließlich die Stadtvertretung mit der Vertretung der Eigentümerinteressen<br />
der im Alleineigentum der Gemeinde stehenden Gesellschaften zu betrauen. Die Gesellschaftsverträge<br />
wären entsprechend anzupassen. (TZ 34)<br />
(12) Es wäre darauf hinzuwirken, für sämtliche Organe der im Alleineigentum der Gemeinde<br />
stehenden Unternehmen Geschäftsordnungen zu erlassen. (TZ 35)
Seite 33 / 144<br />
VAL BLU Gesellschaften<br />
(13) Betreffend das VAL BLU Resort wären das auf Gemeindegrund errichtete Superädifikat<br />
und das Wiederkaufsrecht der Gemeinde für das Hallenbad im Grundbuch eintragen zu<br />
lassen. (TZ 37)<br />
(14) Bei allfälligen zukünftigen Investitionen in das VAL BLU Resort wäre die Möglichkeit<br />
einer Kooperation mit bzw. einer Finanzierung durch Umlandgemeinden zu prüfen. (TZ 38)<br />
(15) Die Umbauüberlegungen für das VAL BLU Resort (Hotelzimmer statt Cageballhalle)<br />
wären nur im Falle der Sicherstellung ihrer Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
umzusetzen. (TZ 39)<br />
(16) Auf eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierte Gestaltung der Preise des<br />
VAL BLU Resorts wäre hinzuwirken. (TZ 40)<br />
(17) Eine gemeindeübergreifend finanzierte Sanierung des VAL BLU<strong>–</strong> Freibades wäre<br />
anzustreben. Ohne Mitfinanzierungen wäre seine Schließung zu überlegen. (TZ 41)<br />
(18) Es wäre darauf hinzuwirken, sämtliche Mietverträge der VAL BLU GmbH im Aufsichtsrat<br />
und in den Gremien der Gemeinde zu behandeln. (TZ 42)<br />
(19) Eine Neufestsetzung der Werbekostenbeiträge der VAL BLU<strong>–</strong> Mieter auf Basis von<br />
quantifizierten Kriterien wäre zu veranlassen. (TZ 43)<br />
(20) Die Wortbildmarke VAL BLU wäre markenrechtlich schützen zu lassen. (TZ 44)<br />
Organisation<br />
(21) Der Ab<strong>teil</strong>ungsstatus der aus einem Bediensteten bestehenden Ab<strong>teil</strong>ung Öffentlichkeitsarbeit<br />
wäre zu überdenken. (TZ 45)<br />
(22) Im Falle von gemeindeeigenen Bauvorhaben wären Maßnahmen zu treffen, um eine<br />
objektive Prüfung der Bauvorhaben sicherzustellen. (TZ 47)<br />
(23) Stellenbeschreibungen wären — auch im Sinne der Empfehlung der Gemeindeaufsicht<br />
des Landes Vorarlberg aus dem Jahr 2006 — ehestens zu erstellen. Dabei sollte auch die<br />
Aufgabenver<strong>teil</strong>ung zwischen den Ab<strong>teil</strong>ungen im Bereich der Vorschreibung von Abgaben<br />
bzw. der Verrechnung von Forderungen überprüft und eine Aufsplitterung dieser<br />
Zuständigkeit nach Möglichkeit vermieden werden. (TZ 49)
Seite 34 / 144<br />
(24) Die landesgesetzlichen Mindesterfordernisse für die Tätigkeit des Prüfungsausschusses<br />
wären einzuhalten. (TZ 51)<br />
(25) Das für die gesamte Verwaltung geltende System der Aktenführung wäre einheitlich<br />
anzuwenden. (TZ 52)<br />
(26) Die erledigten Geschäftsstücke, deren separate Archivierung nicht sachlich geboten<br />
schien, sollten unter einem einheitlichen Archivsystem aufbewahrt werden. (TZ 53)<br />
(27) Die Kontoberechtigungen wären entsprechend den Grundsätzen der Trennung zwischen<br />
Zahlungsanordnenden und Zahlungsausführenden zu gestalten. (TZ 54)<br />
(28) Der Gebäudebestand der Gemeinde wäre zu erfassen und das angekaufte Immobilienverwaltungsprogramm<br />
zu verwenden. Andernfalls wäre das Programm stillzulegen und der<br />
Wartungsvertrag zu beenden. (TZ 55)<br />
Personal<br />
(29) Die seit dem Jahr 2010 feststellbare sinkende Entwicklung der Personalausgaben wäre<br />
fortzusetzen. (TZ 59)<br />
(30) Richtlinien für die Gewährung von Zulagen sollten erlassen und darin die Anspruchsvoraussetzungen<br />
und die Höhe der Zulagen geregelt werden. (TZ 62)<br />
(31) Im Falle des andauernden und wesentlichen Unterschreitens einer pauschal abgegoltenen<br />
Überstundenzahl wäre die Pauschale zu reduzieren. (TZ 63)<br />
Abwasser<br />
(32) Alle der Abwasserbeseitigung zugeordneten Personalkosten wären im Sinne der<br />
Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) aktuell zu halten. (TZ 64)<br />
(33) Der Aufbau des digitalen Kanalkatasters sollte zügig vorangetrieben werden. (TZ 65)<br />
(34) Überschüsse aus den Gebührenhaushalten (Kanal, Müll, Wasser) wären zweckgebunden<br />
zu verwenden bzw. zwischenzeitlich anderweitig verwendete Überschüsse an diese<br />
rückzuführen. (TZ 67)<br />
(35) Der Beitragssatz im Bereich Abwasser wäre laufend zu valorisieren. (TZ 69)
Seite 35 / 144<br />
(36) Nachsichten von Kanalgebühren wären nur bei Vorliegen der entsprechenden<br />
Voraussetzungen zu gewähren sowie im Bescheid entsprechend zu begründen. (TZ 70)<br />
(37) Eine verursachergerechte Verrechnung von Kanalgebühren durch die Festlegung und<br />
Verrechnung von Schmutzbeiwerten wäre sicherzustellen. (TZ 71)<br />
(38) Die Gewährung von mengenabhängigen Ermäßigungen wäre im Hinblick auf<br />
tatsächliche Vor<strong>teil</strong>e hinsichtlich der Betriebskosten von Abwasserreinigungsanlagen zu<br />
prüfen und dabei auf eine ausgewogene Gestaltung der diesbezüglichen rechtlichen<br />
Bestimmungen zu achten. (TZ 72)<br />
(39) Hinsichtlich der Verrechnung von Niederschlagswässern wäre die Kanalgebührenordnung<br />
einzuhalten bzw. diese erforderlichenfalls zu novellieren. (TZ 73)<br />
(40) Betreffend die Vorschreibung und Einhebung der Kanalgebühren wäre die Anwendung<br />
einer geeigneten, die einzelnen Bereiche der Verwaltung umfassenden IT<strong>–</strong>Unterstützung zu<br />
prüfen und wären administrativ zweckmäßige Abläufe sowie eine lückenlose Erledigung<br />
sicherzustellen. (TZ 74)<br />
(41) Die Ab<strong>teil</strong>ungen Baurecht und Bauverwaltung sowie Bautechnik und Planung sollten<br />
aufgabenorientiert zusammenarbeiten und die Bauverfahren gewissenhaft abwickeln.<br />
(TZ 75)<br />
Förderungen<br />
(42) Sämtliche Förderungen wären auf Grundlage von Richtlinien abzuwickeln. (TZ 76)<br />
(43) Es wären lückenlos Antragsformulare für die Gewährung von Förderungen elektronisch<br />
bereitzustellen. Die Formulare sollten jedenfalls Angaben über bereits erhaltene<br />
Förderungen, den Zweck der Förderung sowie Anforderungen über den Nachweis der<br />
widmungsgemäßen Verwendung überwiesener Mittel enthalten. (TZ 76)<br />
(44) Förderungen wären nur auf Antrag zu gewähren. (TZ 76)<br />
(45) Die Verwendung von Fördermitteln wäre regelmäßig zu kontrollieren. (TZ 76)<br />
(46) Nicht widmungsgemäß verwendete Förderungen wären zurückzufordern. (TZ 76)
Seite 36 / 144<br />
(47) Regelmäßige Förderungen wären ab einer wesentlichen Höhe — wie im Fall eines<br />
Kulturvereins — nur auf Grundlage von schriftlichen Förderungsvereinbarungen zu<br />
gewähren. (TZ 76)<br />
(48) Auch die Abwicklung der Parteienförderungen wäre in den empfohlenen Richtlinien zu<br />
verankern und insbesondere wären dort entsprechende Offenlegungs<strong>–</strong> und Kontrollbestimmungen<br />
vorzusehen. (TZ 77)<br />
Repräsentationsausgaben<br />
(49) Die jahrelange Praxis, für Arbeitslosenunterstützung vorgesehene Mittel für<br />
Repräsentationen zu verwenden, sollte ehestens eingestellt werden. (TZ 78)<br />
(50) Verfügungsmittel wären ausschließlich für sonstige, im Voranschlag nicht vorgesehene<br />
Ausgaben zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben zu verwenden. (TZ 78)<br />
(51) Für Repräsentationsausgaben und Verfügungsmittel des Bürgermeisters wäre eine<br />
Ausgabenobergrenze festzulegen. (TZ 78)<br />
Entwicklungskonzepte<br />
(52) Die vorliegenden Konzepte zur Entwicklung der Gemeinde wären hinsichtlich ihres<br />
Umsetzungsgrades laufend zu evaluieren und darüber zumindest jährlich der<br />
Stadtvertretung und dem Stadtrat zu berichten. (TZ 79)<br />
(53) Zukünftig wären Konzepte mit Zeit<strong>–</strong> und Finanzplänen zu versehen. (TZ 79)<br />
Stadtsaal<br />
(54) Die Finanzlage des Stadtsaals wäre im Lichte der ab 2012 eingeleiteten Vermarktungsmaßnahmen<br />
zu evaluieren. Im Falle eines Fortbestands des hohen Abgangs wäre die<br />
Kündigung des Mietvertrags zu prüfen und die Stadtsaalnutzung zu beenden. (TZ 81)<br />
(55) Der geplante Neubau des Stadtsaals wäre kritisch zu hinterfragen. Alternativ zu einem<br />
Saalneubau wären gemeindeübergreifende Kooperationen anzustreben. (TZ 82)
Seite 37 / 144<br />
Rechnungswesen<br />
(56) Das Rechnungswesen der Gemeinde wäre an die Vorschriften der VRV anzupassen und<br />
zukünftig außerordentliche Ausgaben und außerordentliche Einnahmen gesondert<br />
auszuweisen. (TZ 9)<br />
(57) Transfersnachweise wären zukünftig ordnungsgemäß zu erbringen. (TZ 17)<br />
(58) Sämtliche gemäß VRV vorgesehenen Beilagen zu den Rechnungsabschlüssen wären zu<br />
erstellen bzw. gegebenenfalls Leermeldungen zu erstatten. (TZ 22)<br />
(59) In zukünftige Nachweise über Be<strong>teil</strong>igungen wären auch sämtliche öffentlich<strong>–</strong>rechtlich<br />
organisierte Be<strong>teil</strong>igungen aufzunehmen. (TZ 23)<br />
(60) Allgemeine Regelungen für die Organisation des Rechnungswesens wären zu erlassen.<br />
(TZ 54)<br />
(61) Die Repräsentationsausgaben des Bürgermeisters wären zukünftig ausschließlich auf<br />
dem eigens dafür vorgesehenen Haushaltsansatz „Repräsentationskosten“ zu verbuchen.<br />
(TZ 78)
Seite 38 / 144<br />
LANDESHAUPTSTADT EISENSTADT<br />
Die finanzielle Lage der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> stellte sich im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
unterschiedlich dar. Während die laufenden jährlichen Einnahmen der Gemeinde ihre<br />
laufenden jährlichen Ausgaben abdeckten, war zur Finanzierung der Gesamtausgaben<br />
der Jahre 2008, 2009 und 2011 auch die Aufnahme von Finanzschulden erforderlich.<br />
Dennoch verringerte die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> die im Rechnungsabschluss<br />
ausgewiesenen Finanzschulden im Zeitraum 2008 bis 2011 von 21,7 Mio. EUR auf 19,3<br />
Mio. EUR. Darin waren die außerhalb des Gemeindehaushalts bestehenden Schulden der<br />
ausgegliederten Infrastruktur KG in Höhe von 8,0 Mio. EUR jedoch nicht ausgewiesen.<br />
Die Infrastruktur KG war die einzige Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igung der Gemeinde, deren<br />
finanzielles Risiko zur Gänze die Gemeinde trug. An drei weiteren Be<strong>teil</strong>igungen hatte<br />
die Gemeinde Minderheitsan<strong>teil</strong>e.<br />
Eine Geschäftsein<strong>teil</strong>ung legte die Aufbauorganisation des Magistrats der Gemeinde<br />
Eisen<strong>stadt</strong> fest. Eine Geschäftsordnung des Magistrats fehlte.<br />
Beamte als auch Vertragsbedienstete der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> hatten im Vergleich zum<br />
Bund einen um drei Tage höheren Jahreserholungsurlaub. Vertragsbediensteten wurde<br />
zusätzlich zur Abfertigung eine Belohnung in Höhe von bis zu einem dreifachen<br />
Monatsentgelt (zuzüglich Haushaltszulage) als Art weitere Abfertigung gewährt.<br />
Das mangelhafte Mahnwesen insbesondere im Abwasserbereich führte zu<br />
Außenständen von 1,6 Mio. EUR (Ende 2011). Dies bewirkte eine Benach<strong>teil</strong>igung und<br />
Ungleichbehandlung der Bürger.<br />
PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser.<br />
Zusätzlich überprüfte der RH in Eisen<strong>stadt</strong> ausgewählte Teilgebiete der Gebarung<br />
(Förderungen, Schlossparkverein und E<strong>–</strong>Cube). Die Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde waren nicht<br />
Gegenstand der Gebarungsüberprüfung. (TZ 1)
Seite 39 / 144<br />
RECHTLICHE LAGE<br />
Eisen<strong>stadt</strong> war neben Rust eine der beiden Freistädte des Burgenlandes und eine Stadt mit<br />
eigenem Statut. Für Eisen<strong>stadt</strong> war nicht die Burgenländische Gemeindeordnung, sondern<br />
das Eisenstädter Stadtrecht (Stadtrecht) maßgeblich. Die im Stadtrecht im Vergleich zur<br />
Burgenländischen Gemeindeordnung bestehenden Abweichungen und Lücken insbesondere<br />
bei den Bestimmungen für wirtschaftliche Unternehmungen (betreffend z.B. Berichtspflicht<br />
oder Bilanzierungspflicht) und für den Prüfungsausschuss (in Eisen<strong>stadt</strong> keine Kompetenz<br />
zur Prüfung ausgegliederter Einrichtungen) waren weder zweckmäßig noch nachvollziehbar.<br />
Damit waren Defizite bei Minderheiten<strong>–</strong>, Kontroll<strong>–</strong> und Bürgerrechten verbunden und<br />
Rechtsunsicherheit für die Stadtorgane gegeben. (TZ 2, 3)<br />
Da die Burgenländische Landesregierung ihrer seit 1965 bestehenden Pflicht zur Erlassung<br />
einer Haushaltsordnung für Eisen<strong>stadt</strong> nicht nachgekommen war, wandte Eisen<strong>stadt</strong><br />
anlassbezogen die Burgenländische Gemeindehaushaltsordnung an, von der Eisen<strong>stadt</strong><br />
jedoch ausdrücklich ausgenommen war. (TZ 4)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Die Einnahmen (ohne neu aufgenommene Finanzschulden) der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> stiegen<br />
von 26,11 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 29,17 Mio. EUR im Jahr 2011, somit um 11,7 %. Den<br />
größten An<strong>teil</strong> an den Einnahmen hatten die eigenen Steuern und die Ertragsan<strong>teil</strong>e. Diese<br />
Einnahmenarten lagen mit einem An<strong>teil</strong> von 35,4 % bzw. 35,8 % an den Gesamteinnahmen<br />
über dem Durchschnitt der österreichischen Vergleichsgemeinden (19,2 % bzw. 29,7 %). Die<br />
eigenen Steuern und Ertragsan<strong>teil</strong>e hatten damit in Eisen<strong>stadt</strong> eine vergleichsweise höhere<br />
Bedeutung. Bei den Einnahmen aus Gebühren lag Eisen<strong>stadt</strong> mit 5,2 % deutlich unter dem<br />
Durchschnitt der Vergleichsgemeinden Österreichs (10,1 %). (TZ 7, 8)<br />
Die Ausgaben stiegen von 28,82 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 31,20 Mio. EUR im Jahr 2011,<br />
somit um 8,3 %. Im Vergleich mit den Vergleichsgemeinden überdurchschnittlich hohe<br />
Ausgaben fielen hier in der Haushaltsgruppe 0 (Vertretungskörper und Allgemeine<br />
Verwaltung) — u.a. wegen der Funktion Eisen<strong>stadt</strong>s als Magistrat — und in der<br />
Haushaltsgruppe 2 (Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft) — wegen umfangreicher<br />
Aufgaben im Schul<strong>–</strong> und Kindergartenbereich — an. (TZ 7, 10)<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> war im Zeitraum 2008 bis<br />
2011 mit Ausnahme des Jahres 2010 negativ. Das heißt, die jährlichen Ausgaben lagen in<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des<br />
Rechnungsquerschnitts) abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 40 / 144<br />
diesem Zeitraum über den Einnahmen. Auch bei Abzug der Schuldentilgungen konnte in den<br />
Jahren 2008, 2009 und 2011 kein positives Jahresergebnis erzielt werden. Auch das über<br />
den Zeitraum 2008 bis 2011 kumulierte vereinheitlichte Jahresergebnis war mit <strong>–</strong> 5,64 Mio.<br />
EUR negativ und nur nach Herausrechnung der Tilgungen mit rd. 740.000 EUR knapp positiv.<br />
Wiederholt auftretende negative Jahresergebnisse können das Haushaltsgleichgewicht<br />
nachhaltig gefährden. (TZ 7)<br />
In Eisen<strong>stadt</strong> erhöhten sich die laufenden Einnahmen der Gemeinde von 2008 auf 2011 um<br />
10,5 % und die laufenden Ausgaben um 11,5 %. Auch wenn die laufenden Einnahmen im<br />
Betrachtungszeitraum 2008 bis 2011 die laufenden Ausgaben — absolut betrachtet —<br />
deckten, war zu bedenken, dass ein höherer Anstieg laufender Ausgaben im Vergleich zu<br />
laufenden Einnahmen zu Finanzierungslücken führt. (TZ 11)<br />
Der Gebarungsumfang des außerordentlichen Haushalts der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> war in den<br />
Jahren 2008 und 2009 mehr als doppelt so hoch wie in den Jahren 2010 und 2011. Der<br />
Rückgang war durch die budgetär begründete Reduktion von Investitionen begründet. Im<br />
Zeitraum 2008 bis 2011 betrugen die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben des außerordentlichen<br />
Haushalts 2,3 Mio. EUR. (TZ 12)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. In den Jahren 2008 und 2009 waren die drei Kennzahlen in Eisen<strong>stadt</strong><br />
überwiegend ungünstiger als in den Vergleichsgemeinden Österreichs. Im Jahr 2009 konnte<br />
Eisen<strong>stadt</strong> keine Mittel für Investitionen aus den laufenden Einnahmen erwirtschaften. Im<br />
Jahr 2010 verbesserte sich die finanzielle Lage: Eisen<strong>stadt</strong> lag bei allen drei Kennzahlen<br />
besser als die österreichischen Vergleichsgemeinden, im Jahr 2011 jedoch neuerlich<br />
geringfügig schlechter. (TZ 13)<br />
VERMÖGEN<br />
Die im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Vermögenswerte der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong><br />
erhöhten sich im Zeitraum 2008 bis 2011 von 60,5 Mio. EUR auf 64,2 Mio. EUR. Dieser<br />
Vermögensanstieg war vor allem durch Zugänge im Bereich der Gemeindestraßen<br />
(3,4 Mio. EUR) und durch Bildung einer Rücklage (Erlös aus dem Verkauf des Kultur<strong>–</strong> und<br />
Jugendzentrums) im Jahr 2011 begründet. (TZ 15)<br />
Eisen<strong>stadt</strong> wies in den Rechnungsabschlüssen 2008 bis 2011 Darlehensforderungen von bis<br />
zu 1,8 Mio. EUR aus, obwohl solche nie bestanden hatten. Die Rechnungsabschlüsse der<br />
Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> vermittelten somit in unzutreffender Weise den Eindruck bestehender<br />
Vermögenswerte von 1,8 Mio. EUR. (TZ 16)
Seite 41 / 144<br />
SCHULDEN UND FINANZIERUNGSVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> verringerten sich im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
von 21,7 Mio. EUR um rd. 11 % auf 19,3 Mio. EUR. Dadurch konnten in den Jahren 2010 und<br />
2011 im Vergleich mit den Vergleichsgemeinden Österreichs bessere Werte für die<br />
Kennzahlen Finanzschulden je Einwohner, Nettoschuldenabbau/Nettoneuverschuldung je<br />
Einwohner und Schuldendienstquote erreicht werden. Allerdings waren die Leasingverpflichtungen<br />
der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> im Rechnungsabschluss nicht ausgewiesen. Dadurch<br />
war weder eine umfassende Beur<strong>teil</strong>ung der Schuldenentwicklung möglich noch feststellbar,<br />
inwiefern die sinkenden Finanzschulden gegebenenfalls durch einen Anstieg der Leasingverpflichtungen<br />
kompensiert würden. (TZ 17, 19)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> waren im Zeitraum 2008 bis 2011 zu rd. 61 %<br />
den marktbestimmten Betrieben (insbesondere der Abwasserbeseitigung) zuzuordnen.<br />
Eisen<strong>stadt</strong> wies keine Finanzschulden in Fremdwährungen auf. Sämtliche Finanzschulden des<br />
Zeitraums 2008 bis 2011 waren variabel verzinst, was im Betrachtungszeitraum im Vergleich<br />
zu ausschließlich fix verzinsten Krediten zwar geringere Finanzierungskosten bewirkt hatte,<br />
allerdings bei einem sprunghaften Anstieg des Marktzinsniveaus das Gemeindebudget durch<br />
unerwartet hohe Finanzierungskosten erheblich belasten könnte. (TZ 18)<br />
HAFTUNGEN<br />
Die von Eisen<strong>stadt</strong> im Zeitraum 2008 bis 2011 ausgewiesenen Haftungen blieben mit<br />
rd. 11,50 Mio. EUR jährlich nahezu unverändert. Mit einem Haftungsbetrag von durchschnittlich<br />
905 EUR pro Einwohner im Zeitraum 2008 bis 2011 lag Eisen<strong>stadt</strong> über den<br />
österreichischen Vergleichsgemeinden (805 EUR pro Einwohner). Der den Rechnungsabschlüssen<br />
beiliegende Nachweis über den Stand der Haftungen war unvollständig. (TZ 20)<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> bestand —<br />
bei insgesamt durchgehend negativem Transfersaldo — gegenüber dem Land Burgenland:<br />
Eisen<strong>stadt</strong> erhielt im Zeitraum 2008 bis 2011 rd. 1,5 Mio. EUR jährlich vom Land (insbesondere<br />
im Kinderbetreuungsbereich, bei Bedarfszuweisungen und sonstigen Zuschüssen)<br />
und hatte demgegenüber rd. 4,9 Mio. EUR jährlich an das Land (insbesondere im Bereich<br />
Soziales, Pflege und Gesundheit sowie Landesumlage) zu leisten. Zwischen der Gemeinde<br />
Eisen<strong>stadt</strong> und dem Bund bzw. anderen Gemeinden und Gemeindeverbänden flossen keine<br />
Transfers. (TZ 22)
Seite 42 / 144<br />
Die Transferbelastung der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> war niedriger als bei den Vergleichsgemeinden<br />
Österreichs. Jedoch konnte Eisen<strong>stadt</strong> wie auch andere Gemeinden die Transferausgaben<br />
insbesondere im Bereich Gesundheit und Pflege weder der Höhe noch ihrer<br />
Verwendung nach beeinflussen. (TZ 23)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Zur Erreichung nachhaltig geordneter Haushalte war die mittelfristige Finanzplanung eine<br />
wesentliche Grundlage. Die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> beschloss in den Jahren 2008 bis 2011<br />
jährlich mittelfristige Finanzpläne, ohne jedoch die geplanten Schulden der ausgegliederten<br />
Einrichtungen bei den geplanten Finanzschulden mitzuberücksichtigen. Bis Ende 2014<br />
sollten die so ermittelten Finanzschulden kontinuierlich auf 17,2 Mio. EUR reduziert werden,<br />
das waren 11 % gegenüber dem Jahr 2011. Die Gesamtausgaben für das Jahr 2012 waren<br />
mit 36,3 Mio. EUR geplant und sollten auf 31,6 Mio. EUR im Jahr 2014 sinken. (TZ 24, 25)<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Die Rechenwerke waren weder vollständig noch ordnungsgemäß: Zum Beispiel enthielten die<br />
Be<strong>teil</strong>igungsnachweise nicht alle Be<strong>teil</strong>igungen, fehlte in den Voranschlägen die Zuordnung<br />
der Ausgaben zu den Stadtbezirken, waren in den Rechnungsabschlüssen die Transfers nicht<br />
entsprechend der VRV ausgewiesen und Einrichtungen als Betriebe mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit geführt, obwohl sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllten. (TZ 21, 27 bis 29)<br />
Zu begrüßen war die regelmäßige Darstellung der mit dem Voranschlag verbundenen<br />
wichtigsten Vorhaben der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> für interessierte Gemeindemitglieder in den<br />
jährlichen Gemeindeversammlungen. Dies stellte sowohl die Information der Bürger als auch<br />
die direkte Kommunikation mit ihnen sicher, wenngleich die Ergebnisse des<br />
Rechnungsabschlusses dabei kein Thema waren. (TZ 26)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Eisen<strong>stadt</strong> war Ende des Jahres 2011 an vier Unternehmen mit überwiegend gemeinwohlorientierter<br />
Ausrichtung be<strong>teil</strong>igt. Nur am Verein zur Erhaltung und Erneuerung der<br />
Infrastruktur der Frei<strong>stadt</strong> Eisen<strong>stadt</strong> und Co KG (Infrastruktur KG) hielt die Gemeinde eine<br />
Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igung (100 %), an den anderen drei Unternehmen Minderheitsbe<strong>teil</strong>igungen<br />
von 0,04 % bis 29 %. Aus den Be<strong>teil</strong>igungen entstanden der Gemeinde im Zeitraum 2008 bis<br />
2011 Ausgaben in Höhe von insgesamt 2,4 Mio. EUR und Einnahmen in Höhe von insgesamt<br />
202.000 EUR. Sämtliche finanzielle Verpflichtungen der Infrastruktur KG bedeckte die<br />
Gemeinde. (TZ 6, 30, 37)
Seite 43 / 144<br />
Das mit der Gründung der Infrastruktur KG verbundene Ziel, Investitionen in vormals<br />
gemeindeeigene Immobilien durch die Schaffung von Einrichtungen mit Vorsteuerabzugsberechtigung<br />
zu vergünstigen, wurde in den Jahren 2008 bis 2011 erreicht. Der Kostenvor<strong>teil</strong><br />
wird infolge der zehnjährigen Verpflichtung, für Einnahmen Umsatzsteuer zu<br />
entrichten, erst nach Ablauf dieser Frist bewertet werden können. Die Gründung der E<strong>–</strong><br />
mobilisiert GmbH war wirtschaftlich und zweckmäßig, weil dadurch eine Förderung aus dem<br />
Klima<strong>–</strong> und Energiefonds lukriert werden konnte. (TZ 32, 63)<br />
Die vertraglichen Vorgaben über die mittelfristige Finanzplanung der Infrastruktur KG<br />
wurden nicht eingehalten: Der Mittelfristplan 2011 bis 2013 wurde weder dem Gemeinderat<br />
vorgelegt noch im Jahr 2011 fortgeschrieben. Eine Information des Gemeinderats über<br />
Budget und Mittelfristplan der E<strong>–</strong>mobilisiert GmbH unterblieb. Auch fehlte eine regelmäßige<br />
Information des Gemeinderats über die wirtschaftliche Entwicklung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen.<br />
Dadurch entstand eine Informationslücke. Hinsichtlich der Infrastruktur KG<br />
wurde der Gemeinderat wohl mit dem Voranschlag, aber nicht mit dem Rechnungsabschluss<br />
befasst. Über Ziele und Maßnahmen der zu gründenden E<strong>–</strong>mobilisiert GmbH wurde der<br />
Gemeinderat erst bei Gründung des Unternehmens und damit im Hinblick auf die in der<br />
Vorbereitungsphase einer Gesellschaft zu treffenden rechtlichen, finanziellen, strategischen<br />
oder personellen Entscheidungen sehr spät informiert. (TZ 38, 39, 42)<br />
Die 14 % Eigenmittel sowie die seitens der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> vorgesehene Abgangsdeckung<br />
ließen keinen Reorganisationsbedarf bei der Infrastruktur KG vermuten. Das<br />
finanzielle Risiko der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> für ihre sonstigen Be<strong>teil</strong>igungen war<br />
insbesondere angesichts der Höhe der Stammeinlagen vertretbar. (TZ 40)<br />
Die Schulden der Infrastruktur KG betrugen mehr als ein Drittel der Finanzschulden der<br />
Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong>. Da die Schulden der Infrastruktur KG im Rechnungsabschluss der<br />
Gemeinde nicht abgebildet waren, entsprach die Darstellung der finanziellen Lage der<br />
Gemeinde nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. (TZ 41)<br />
ORGANISATION<br />
Gemäß Stadtrecht legte eine Geschäftsein<strong>teil</strong>ung die Aufbauorganisation des Magistrats der<br />
Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> fest. Aufgaben und Kompetenzen der in den jeweiligen Organisationseinheiten<br />
tätigen Magistratsmitarbeiter waren in Stellenbeschreibungen definiert. Eine<br />
Geschäftsordnung des Magistrats fehlte. (TZ 43, 51)<br />
Die Führungsspannen im Magistrat Eisen<strong>stadt</strong> reichten von 1:1 bis 1:20. Insbesondere die<br />
geringe Führungsspanne in der Stabstelle Personal (1:1) sowie im Geschäftsbereich<br />
Marketing und Innovation (1:2) sah der RH kritisch. (TZ 44)
Seite 44 / 144<br />
Eine Überprüfung des Rechnungsabschlusses der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> durch den<br />
Prüfungsausschuss war in den Jahren 2008 bis 2011 nicht erfolgt. Das Stadtrecht sah diese<br />
Prüfung zwar nicht ausdrücklich vor, sie war aber von der im Stadtrecht festgelegten<br />
Prüfkompetenz mitumfasst. Auch eine Überprüfung der Infrastruktur KG war nicht erfolgt,<br />
obwohl der Gesellschaftsvertrag der Infrastruktur KG eine jährliche Prüfung durch den<br />
Prüfungsausschuss vorsah. Entgegen den gesetzlichen Vorgaben führte der Prüfungsausschuss<br />
im Jahr 2011, das einen Wechsel des Bürgermeisters brachte, nur fünf statt sechs<br />
Überprüfungen durch. (TZ 46 bis 48)<br />
Die Kassenführung der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> war insofern nicht ordnungsgemäß, als ein<br />
nicht anordnungsbefugter Mitarbeiter Zahlungen anordnete und ein anordnungsbefugter<br />
Mitarbeiter auch zur Zahlung berechtigt war. (TZ 49, 50)<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 beschäftigte die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> 220 Bedienstete (202,32 VBÄ). Dafür<br />
fielen Personalausgaben von 7,98 Mio. EUR an. Der Personalstand blieb im Zeitraum 2008<br />
bis 2011 nahezu unverändert (bei über die Jahre geringfügigen Abweichungen vom<br />
Dienstpostenplan), die Personalausgaben stiegen um 10,2 %. Mit dieser Steigerung lag<br />
Eisen<strong>stadt</strong> über dem Niveau der österreichischen Vergleichsgemeinden (+ 7,9 %). (TZ 53, 54)<br />
Unter anderem aufgrund der Aufgaben als Bezirksverwaltungsbehörde, welche nach<br />
Angaben der Gemeinde insgesamt rd. 17,6 (VBÄ) Mitarbeiter zusätzlich erforderten,<br />
verzeichnete Eisen<strong>stadt</strong> höhere Personalausgaben je Einwohner als die österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden (2011: Eisen<strong>stadt</strong> 616 EUR, Österreich 574 EUR), jedoch im Vergleich<br />
der acht überprüften Gemeinden die niedrigsten Personalausgaben je Mitarbeiter (39.464<br />
EUR; Maximalwert Bludenz 51.000 EUR). (TZ 55)<br />
Auf gesetzwidrigen Beschlüssen des Stadtsenats beruhende Überstellungen in eine höhere<br />
Entlohnungsgruppe verursachten jährlich rd. 12.000 EUR Mehrkosten. Der in der Gemeinde<br />
Eisen<strong>stadt</strong> geübten großzügigen Belohnungspraxis lag überwiegend kein Leistungsanreiz<br />
zugrunde. Hier war unter dem Titel Belohnung eine zusätzliche Abfertigung geschaffen<br />
worden. Durch die Umrechnung des Urlaubsausmaßes von Werktagen in Arbeitstage im<br />
Verhältnis 12:11 ergab sich für Bedienstete der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> ein jährlicher<br />
Mehrurlaub von drei Tagen im Vergleich zu Bundesbediensteten. (TZ 57, 59, 62)<br />
Aufgrund der bisher unterbliebenen Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen zu den<br />
Modellstellen und Modellfunktionen entsprachen die Bezüge der betroffenen Bediensteten<br />
der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> nicht den gesetzlichen Vorgaben. Damit verbunden waren allfällige<br />
finanzielle Ansprüche gegenüber der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> für jene Dienstnehmer, die durch
Seite 45 / 144<br />
die zeitgerechte Umsetzung der Modellstellenregelung eine finanzielle Besserstellung<br />
erfahren hätten. (TZ 61)<br />
ABWASSER<br />
Eisen<strong>stadt</strong> war neben Großhöflein, Müllendorf und Trausdorf eine der Mitgliedsgemeinden<br />
des Abwasserverbands Eisen<strong>stadt</strong><strong>–</strong>Eisbachtal mit einem An<strong>teil</strong> von rd. 61 %. An das<br />
rd. 113 km umfassende Kanalnetz der Gemeinde waren rd. 2.800 Objekte angeschlossen.<br />
Von den rd. 28.000 Einwohnerwerten entfielen rd. 13.500 auf 69 in der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong><br />
erfasste Gewerbebetriebe. (TZ 64, 65)<br />
Während die Berechnungsweise der Kanalisationsbeiträge landesweit einheitlich festgelegt<br />
war, bestanden für die laufenden Kanalbenützungsgebühren keine landesgesetzlichen<br />
Vorschriften für ein bestimmtes Gebührenmodell. In Anlehnung an den einmaligen<br />
Kanalisationsbeitrag hatte Eisen<strong>stadt</strong> auch für die laufende Kanalbenützungsgebühr eine<br />
flächenbezogene Berechnung (unabhängig von der Bewohneranzahl oder der Abwassermenge)<br />
gewählt. Weder die Berechnung der einmaligen Beiträge noch der laufenden<br />
Gebühren unterschied zwischen Liegenschaften, die ihre Regenwässer in einen Regenwasser<strong>–</strong><br />
oder Mischwasserkanal einbrachten und solchen, die anfallende Regenwässer auf<br />
eigenem Grund versickerten.<br />
Beide Berechnungssysteme waren daher wenig geeignet, eine verursachergerechte<br />
Kostenver<strong>teil</strong>ung zu ermöglichen und Anreize für Wassereinsparungen bzw. für eine dem<br />
natürlichen Wasserkreislauf entsprechende Versickerung zu schaffen. (TZ 66, 68)<br />
Die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> erwirtschaftete im Zeitraum 2008 bis 2011 im Abwasserhaushalt<br />
jährliche Überschüsse von rd. 82.000 EUR. Sie bildete jedoch keine (Erneuerungs)Rücklage<br />
zum Abwasserhaushalt und nahm sich dadurch die Möglichkeit, eine günstigere<br />
Finanzierung von Bauvorhaben durch die Verwendung von Eigenmitteln zu ermöglichen.<br />
Auch verwendete die Gemeinde Überschüsse <strong>teil</strong>weise zweckwidrig für Vorhaben des<br />
allgemeinen Haushalts, was der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs widersprach.<br />
Durch die nicht im inneren Zusammenhang mit dem Zweck der Abwasser<strong>–</strong>Einrichtung<br />
erfolgte Verwendung der über die vollen Kosten hinausgehenden Gebühren hob die<br />
Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> im Ergebnis Steuern ein, für die eine Rechtsgrundlage fehlte. (TZ 67)<br />
Die Beitrags<strong>–</strong> und Gebührensätze waren seit 1995 bzw. 2008 unverändert und damit<br />
Kaufkraftverlusten in Höhe von mehr als 25 % bzw. 8 % unterworfen. Dadurch hatten die<br />
Abgabepflichtigen seit 1995 ungleiche finanzielle Leistungen zu erbringen. Die landesgesetzliche<br />
Regelung, wonach erhöhte Beitragssätze nicht nur auf künftige Anschlüsse<br />
anzuwenden waren, sondern die Beitragserhöhungen (Differenz) allen Abgabepflichtigen als
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Nachtragsbeitrag vorzuschreiben waren, war wenig praktikabel. Diese Regelung stand einer<br />
allenfalls wirtschaftlich erforderlichen Indexierung von Beitragssätzen entgegen. (TZ 69)<br />
Die Vorschreibung und Einhebung der Abgaben erfolgte in der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong><br />
unstrukturiert (z.B. Abgabenvorschreibung erst eineinhalb Jahre nach Benützungsfreigabe).<br />
Eine übergreifende, die befassten Bereiche (Geschäftsbereiche Technik und Finanzen)<br />
umfassende Organisation fehlte ebenso wie ein Internes Kontrollsystem, das den<br />
lückenlosen und zeitnahen Ablauf von der Benützungsfreigabe bis zur Einhebung der<br />
Kanalabgaben sichergestellt hätte. (TZ 70)<br />
Auch ein Mahnwesen und ein systematisches, regelmäßiges Berichtswesen zur Steuerung<br />
waren nicht installiert, was zu bleibenden finanziellen Nach<strong>teil</strong>en der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong><br />
führte. So beliefen sich die Außenstände inkl. USt für alle Abgabenarten zum Stand Anfang<br />
Dezember 2011 auf rd. 1,6 Mio. EUR, davon entfielen rd. 180.000 EUR auf Kanalabgaben. Bei<br />
einem Teil der offenen Abgaben war bereits Verjährung eingetreten. Diese Vorgangsweise<br />
der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> bedeutete auch eine Benach<strong>teil</strong>igung jener Bürger, die ihre<br />
Abgaben fristgerecht abgeführt hatten. Besonders erschwerend erachtete der RH den<br />
Umstand, dass das Mahnwesen bereits im Jahr 2007 von der Gemeindeaufsicht umfassend<br />
beanstandet worden war. (TZ 71)<br />
Die Ausstellung des Bescheids zur Kanalanschlussverpflichtung mit Einzelheiten über<br />
Kontroll<strong>–</strong> und Putzschächte und allfälligen diesbezüglichen Vorschreibungen erfolgte<br />
regelmäßig nach Er<strong>teil</strong>ung der Benützungsfreigabe. Dies war unzweckmäßig, weil zum<br />
Zeitpunkt der Ausstellung bereits alle Baumaßnahmen abgeschlossen waren. (TZ 72)<br />
FÖRDERUNGEN<br />
In den Jahren 2007 bis 2011 vergab die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> Förderungen im Umfang von<br />
insgesamt rd. 225.000 EUR gemäß Förderungsrichtlinien und von 2,2 Mio. EUR (damit 91 %)<br />
ohne Richtlinien. Ohne Richtlinien war eine transparente und nachvollziehbare Förderungsabwicklung<br />
nicht gewährleistet. Für die insgesamt 513.000 EUR Förderungen an den<br />
Haydnverein, den Schlossparkverein und den Kultur<strong>–</strong>, Tourismus<strong>–</strong> und Wirtschaftsverein gab<br />
es keine Förderungsvereinbarungen. (TZ 74)<br />
Der Bürgermeister und die Mitglieder des Stadtsenats der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> entschieden<br />
über Förderungen für die drei genannten Vereine, in deren Leitungsorganen sie gleichzeitig<br />
vertreten waren. Diese personelle Identität von Förderungsgeber und Förderungsempfänger<br />
barg potenzielle Interessenkonflikte. Auch die Bestellung des Leiters des Geschäftsbereichs<br />
Finanzen und Controlling der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> zum Rechnungsprüfer der drei Vereine<br />
war kritikwürdig. Als solcher hatte er die Gebarung und damit die Tätigkeit von Vereins-
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organwaltern zu prüfen, zu denen aufgrund seines Dienstverhältnisses in der Gemeinde ein<br />
Abhängigkeitsverhältnis bestand. (TZ 75)<br />
SCHLOSSPARKVEREIN<br />
Im Widerspruch zum Stadtrecht konnten für Förderungen an den Schlossparkverein keine<br />
Beschlüsse eines Gemeindeorgans vorgelegt werden. Für Parkerhaltungsarbeiten durch<br />
Gemeindemitarbeiter gab es keine vertragliche Grundlage. Eine Geltendmachung allfällig<br />
daraus entstandener Forderungen der Gemeinde (319.000 EUR) war dadurch erschwert.<br />
Mitglieder und Organe des Schlossparkvereins hatten über Jahre hinweg ihre gesetzlichen<br />
und statutarischen Pflichten verletzt: keine Generalversammlung seit 2005, keine Vorstandssitzung<br />
seit 2006, keine Neubestellung von Organen, keine Geschäftsführerberichte.<br />
(TZ 76, 78)<br />
Ende 2011 standen den Verbindlichkeiten des Schlossparkvereins gegenüber der Gemeinde<br />
(die Mitglied des Vereins war), dem Land Burgenland und der KSB <strong>–</strong> Kultur<strong>–</strong>Service<br />
Burgenland GmbH in der Höhe von 443.196 EUR Forderungen von 255.747 EUR gegenüber.<br />
Es fehlte die Bereitschaft der Be<strong>teil</strong>igten (u.a. der Gemeinde), diese offenen finanziellen<br />
Angelegenheiten des Schlossparkvereins zu lösen. Bereits im Jahr 2007 hatte der RH<br />
diesbezügliches Handeln empfohlen. (TZ 77)<br />
E<strong>–</strong>CUBE<br />
Die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> plante, ein primär von Jugendlichen und mit Jugendprojekten<br />
genutztes Gebäude (E<strong>–</strong>Cube) zu errichten, wobei ein rd. 280 m2 großer Mehrzweckraum für<br />
alle Bevölkerungsschichten verfügbar sein sollte. Die primäre Ausrichtung des E<strong>–</strong>Cube als<br />
Jugendtreff war mit der gleichzeitigen Positionierung als generationenübergreifende<br />
Mehrzweckeinrichtung nur schwer vereinbar. Auch würde die Nutzung des E<strong>–</strong>Cube durch<br />
Erwachsene in direkter Konkurrenz zu mindestens elf in Eisen<strong>stadt</strong> befindlichen Sälen<br />
stehen. Dieser Aspekt war in der Projektplanung nicht bedacht worden. (TZ 79)<br />
Der parallel zur Projektentwicklung begonnene Jugendbe<strong>teil</strong>igungsprozess war eine<br />
sinnvolle Ergänzung und Unterstützung für die Projektrealisierung. Durch die Nichtrealisierung<br />
der im April 2011 angekündigten Einrichtung einer begleitenden Internet<strong>–</strong><br />
Plattform begab sich die Gemeinde einer unkomplizierten und kostengünstigen Möglichkeit<br />
des Informationsaustauschs mit den Jugendlichen. (TZ 80)<br />
Weder nachhaltig noch zukunftsorientiert war die Planung der Gemeinde auch deshalb, weil<br />
zum Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses über das E<strong>–</strong>Cube weder eine Schätzung noch
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eine Beur<strong>teil</strong>ung der laufenden Projektausgaben vorlagen. Der Gemeinderat beschloss somit<br />
ein Projekt in Unkenntnis der laufenden Kosten und des jährlichen Zuschussbedarfs durch<br />
die Gemeinde. (TZ 81)<br />
Die Kostenschätzungen für das Projekt waren — begründet durch mehrmals geänderte<br />
Planungsvorgaben — ungenau: Die im Oktober 2011 genannten Gesamtkosten in Höhe von<br />
rd. 700.000 EUR (exkl. USt) waren zu niedrig bemessen, weil darin die bereits im Jahr 2010<br />
erfolgten Zahlungen für das Projekt im Ausmaß von rd. 27.000 EUR (exkl. USt) und die<br />
voraussichtlichen Ausgaben für die Lüftung nicht enthalten waren. (TZ 81)<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong><br />
hervor:<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Auf die Erlassung von Bestimmungen für das Haushalts<strong>–</strong>, Kassen<strong>–</strong> und Rechenwesen wäre<br />
hinzuwirken. (TZ 4)<br />
(2) Der Haushalt wäre nachhaltig ausgeglichen zu führen, da wiederholt auftretende<br />
negative Jahresergebnisse das Haushaltsgleichgewicht nachhaltig gefährden können. Da bei<br />
den Einnahmen nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde bestehen, sollte das<br />
Hauptaugenmerk auf ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden. (TZ 7)<br />
(3) Die von 2009 auf 2010 feststellbare positive Entwicklung der Eigenfinanzierungsquote,<br />
der Quote freie Finanzspitze und der öffentlichen Sparquote sollte nachhaltig sichergestellt<br />
werden. (TZ 13)<br />
(4) Die jährlich stattfindenden Gemeindeversammlungen sollten auch für eine kurze und<br />
leicht verständliche Präsentation der finanziellen Lage der Gemeinde genutzt werden. (TZ 26)<br />
(5) Die für Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit erforderlichen Voraussetzungen wären<br />
jährlich zu prüfen; wirtschaftliche Unternehmungen wären nur bei Vorliegen aller<br />
Voraussetzungen als Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit zu führen. (TZ 29)<br />
(6) Der Rechnungsabschluss der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> wäre jährlich durch den<br />
Prüfungsausschuss zu prüfen. (TZ 46)
Seite 49 / 144<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(7) Die Kostenvor<strong>teil</strong>e der gewählten Vorsteueroption für den Verein zur Erhaltung und<br />
Erneuerung der Infrastruktur der Frei<strong>stadt</strong> Eisen<strong>stadt</strong> und Co KG (Infrastruktur KG) wären<br />
insbesondere nach Ende der zehnjährigen Optionsfrist zu prüfen und die weitere<br />
Vorgangsweise wäre anhand von Kosten<strong>–</strong>Nutzen<strong>–</strong>Überlegungen zu wählen. (TZ 32)<br />
(8) Die Planungsinstrumente Budget und mittelfristige Finanzplanung der Be<strong>teil</strong>igungen<br />
wären nicht nur dem Bürgermeister, sondern auch dem Gemeinderat vorzulegen. (TZ 38)<br />
(9) Eine regelmäßige Berichterstattung an den Gemeinderat über die wirtschaftliche<br />
Entwicklung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen, angepasst an das Ausmaß und die Bedeutung der<br />
Be<strong>teil</strong>igung, wäre vorzusehen. (TZ 39)<br />
(10) Für die Infrastruktur KG sollte die vertraglich vorgesehene dreijährig vorausschauende<br />
und jährlich fortzuschreibende Finanzplanung — nach vorgängiger Behandlung im<br />
Gemeinderat — umgesetzt werden. (TZ 38)<br />
(11) Der Rechnungsabschluss der Infrastruktur KG sollte künftig auch einer Beschlussfassung<br />
durch den Gemeinderat zugeführt werden. (TZ 42)<br />
(12) Die Infrastruktur KG wäre jährlich durch den Prüfungsausschuss zu überprüfen. (TZ 48)<br />
Organisation und Personal<br />
(13) Der Geschäftsbereich Marketing und Innovation wäre der Ab<strong>teil</strong>ung Privatwirtschaft<br />
zuzuordnen. (TZ 43)<br />
(14) Die im Bürgerservice erhobenen Besucherfrequenzen und Leistungsdaten sollten zur<br />
Evaluierung und Weiterentwicklung des Bürgerservice sowie für eine Leistungsplanung und<br />
Ressourcensteuerung in Verbindung mit Zielvorgaben genutzt werden. (TZ 45)<br />
(15) Die vom Bürgerservice wahrzunehmenden Aufgaben sollten in die Stellenbeschreibungen<br />
aufgenommen werden. (TZ 45)<br />
(16) Vom Prüfungsausschuss wäre die gesetzlich vorgesehene Anzahl an Überprüfungen<br />
einzuhalten. (TZ 47)<br />
(17) Eine konsequente Trennung von Zahlungsanordnung und kassamäßigem Vollzug wäre<br />
sicherzustellen. (TZ 50)
Seite 50 / 144<br />
(18) Die Konto<strong>–</strong>Zeichnungsberechtigung des anordnungsbefugten Mitarbeiters im<br />
Geschäftsbereich Wirtschaftsbetriebe wäre zu beenden. (TZ 50)<br />
(19) Für den Magistrat sollte umgehend eine Geschäftsordnung erlassen werden. (TZ 51)<br />
(20) Von einer weiteren Anwendung der beiden gesetzwidrigen Stadtsenatsbeschlüsse (vom<br />
Februar 1998 und März 2001) zur Ernennung (Überstellung) eines Bediensteten in die<br />
Entlohnungsgruppe p2 wäre abzusehen. (TZ 57)<br />
(21) Belohnungen sollten nach vorher festgelegten Leistungskriterien gewährt werden.<br />
(TZ 59)<br />
(22) Im Hinblick auf Rechtsansprüche von Dienstnehmern auf gesetzeskonforme Bezüge wäre<br />
der Verpflichtung zur Umsetzung der Modellstellenregelung umgehend nachzukommen.<br />
(TZ 61)<br />
(23) Jedenfalls bei neu eintretenden Mitarbeitern sollte der bisher freiwillig angewandte<br />
Erlass des Amtes der Burgenländischen Landesregierung zur Umrechnung von Werktagen in<br />
Arbeitstage im Verhältnis 12:11 nicht mehr angewendet werden; der jährliche<br />
Urlaubsanspruch sollte analog zum Bund mit 25 bzw. 30 Arbeitstagen (fünf bzw. sechs<br />
Urlaubswochen) festgelegt werden. (TZ 62)<br />
(24) Die vom Stadtsenat beschlossenen jährlichen Evaluierungen der Benzinpauschalen<br />
wären in Hinkunft durchzuführen und im Falle von Unterschreitungen wären die<br />
Pauschalzahlungen zu reduzieren. (TZ 63)<br />
Abwasser<br />
(25) Überschüsse aus dem Abwasserhaushalt wären zweckgebunden zu verwenden;<br />
zwischenzeitlich anderweitig verwendete Überschüsse aus dem Abwasserhaushalt wären an<br />
diesen rückzuführen. (TZ 67)<br />
(26) Es wäre auf eine Änderung der relevanten landesgesetzlichen Bestimmungen betreffend<br />
Nachtragsbeitrag bei Beitragserhöhungen sowie Berechnungsfläche hinzuwirken. (TZ 69, 73)<br />
(27) Administrativ zweckmäßige Abläufe sowie Interne Kontrollsysteme bei der<br />
Vorschreibung und Einhebung der Kanalabgaben wären sicherzustellen. (TZ 70)
Seite 51 / 144<br />
(28) Die Anwendung einer geeigneten IT<strong>–</strong>Unterstützung in der Vorschreibung und Einhebung<br />
der Kanalabgaben wäre unter Abwägung von Kosten<strong>–</strong>Nutzen<strong>–</strong>Überlegungen zu prüfen.<br />
(TZ 70)<br />
(29) Es wären ein IT<strong>–</strong>unterstütztes Mahnwesen und ein Berichtswesen in der Abgabenvorschreibung<strong>–</strong><br />
und <strong>–</strong>einhebung einzurichten. (TZ 71)<br />
(30) Kanalanschlussverpflichtungen wären möglichst zeitgleich mit den Baubewilligungen<br />
bzw. Baufreigaben zu übermitteln, jedenfalls aber vor dem Baubeginn. (TZ 72)<br />
Förderungen<br />
(31) Sämtliche Förderungen durch die Gemeinde wären auf Grundlage <strong>allgemeiner</strong> Rahmen<strong>–</strong><br />
oder entsprechender Sonderrichtlinien abzuwickeln. (TZ 74)<br />
(32) Für die Gewährung von Förderungen sollten möglichst umfassende Antragsformulare<br />
bereitgestellt werden. Darin sollten sich jedenfalls Angaben über bereits erhaltene<br />
Förderungen, den Zweck der Förderung sowie über die Anforderungen zum späteren<br />
Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung überwiesener Mittel finden. (TZ 74)<br />
(33) Die jährlichen Förderungen an den Haydnverein, an den Kultur<strong>–</strong>, Tourismus<strong>–</strong> und<br />
Wirtschaftsverein sowie an den Schlossparkverein wären künftig nur noch auf Grundlage von<br />
schriftlichen Förderungsvereinbarungen zu gewähren. (TZ 74)<br />
(34) Bei der Förderung von Vereinen sollten Interessenkonflikte vermieden werden, z.B. durch<br />
eine personelle Entflechtung der Funktionen als Bürgermeister oder Stadtrat einerseits und<br />
als Mitglied eines Leitungsorgans des geförderten Vereins andererseits. (TZ 75)<br />
(35) Es sollten jene Gemeindemitarbeiter nicht als Rechnungsprüfer in Vereine entsendet<br />
werden, die zu den überprüften Vereinsorganen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen.<br />
(TZ 75)<br />
(36) Es wäre auf eine baldige Neuwahl der Rechnungsprüfer im Haydnverein, im Kultur<strong>–</strong>,<br />
Tourismus<strong>–</strong> und Wirtschaftsverein sowie im Schlossparkverein hinzuwirken. (TZ 75)<br />
Schlossparkverein<br />
(37) Förderungen an den Schlossparkverein wären nur auf Basis von dokumentierten<br />
Beschlüssen der zuständigen Gemeindeorgane zu gewähren. (TZ 76)
Seite 52 / 144<br />
(38) Es wäre mit dem Schlossparkverein über die von Gemeindemitarbeitern durchgeführten<br />
Erhaltungsarbeiten im Schlosspark ein Vertrag zu schließen inklusive detaillierter Festlegung<br />
der Leistungen der jeweiligen Vertragspartner. (TZ 76)<br />
(39) Auf eine Lösung der offenen finanziellen Ansprüche zwischen der Gemeinde und dem<br />
Schlossparkverein wäre in den Vereinsgremien hinzuwirken. Bei erfolglosen Gesprächen<br />
wäre das vereinsinterne Schiedsgericht anzurufen. (TZ 77)<br />
(40) Ebenso sollte auf den umgehenden Abschluss der vom RH im Jahr 2007 empfohlenen<br />
Betriebsvereinbarung zwischen dem Schlossparkverein und der KSB <strong>–</strong> Kultur<strong>–</strong>Service<br />
Burgenland GmbH hingewirkt werden. (TZ 77)<br />
(41) Angesichts vom RH festgestellter Verletzungen vereinsrechtlicher Vorgaben wäre<br />
umgehend die Einberufung einer Generalversammlung und einer Vorstandssitzung des<br />
Schlossparkvereins zu verlangen. (TZ 78)<br />
E<strong>–</strong>Cube<br />
(42) Bei der Planung von Freizeiteinrichtungen sollten künftig allenfalls bereits vorhandene<br />
andere Einrichtungen berücksichtigt und die Projektgestaltung danach ausgerichtet werden.<br />
(TZ 79)<br />
(43) Im Hinblick auf die laufende Einbindung der Jugendlichen in das Projekt E<strong>–</strong>Cube sollte<br />
die angekündigte Internet<strong>–</strong>Plattform möglichst zeitnah eingerichtet werden. (TZ 80)<br />
(44) Projekte wie das E<strong>–</strong>Cube wären zukünftig umfassend und abschließend zu planen.<br />
(TZ 81)<br />
(45) Nicht kostendeckende und nur mit öffentlichen Zuschüssen durchführbare Projekte der<br />
Gemeinde sollten seitens der zuständigen Organe erst nach Kenntnis der laufenden Kosten<br />
bzw. Zuschüsse sowie nach Sicherstellung ihrer Finanzierung beschlossen werden. (TZ 81)<br />
Rechnungswesen<br />
(46) Die nicht bestehenden Forderungen im Ausmaß von rd. 1,8 Mio. EUR sollten in<br />
zukünftigen Nachweisen über gegebene Darlehen nicht mehr ausgewiesen werden. (TZ 16)<br />
(47) Der Haftungsnachweis wäre vollständig zu führen, sodass sämtliche von der Gemeinde<br />
Eisen<strong>stadt</strong> eingegangene Haftungen dort aufscheinen. (TZ 20)
Seite 53 / 144<br />
(48) Die Transfernachweise wären ordnungsgemäß zu führen (z.B. nur tatsächliche<br />
Transfers an öffentliche Rechtsträger als solche auszuweisen). (TZ 21)<br />
(49) Die gemäß Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) vorgesehenen<br />
Beilagen (Nachweise) zum Voranschlag und Rechnungsabschluss wären zu erstellen und<br />
gegebenenfalls Leermeldungen zu erstatten. (TZ 27)<br />
Insbesondere wäre<br />
a. dem Rechnungsabschluss ein Leasingnachweis beizulegen, der Aufschluss über den<br />
Stand der Leasing<strong>–</strong>Verpflichtungen zum Jahresende bietet; (TZ 17)<br />
b. der Rechnungsabschluss der Infrastruktur KG künftig in den Beilagen zum<br />
Rechnungsabschluss der Gemeinde auszuweisen. (TZ 41)<br />
(50) Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sollten die Ausgaben im Voranschlag auch auf<br />
die Stadtbezirke aufge<strong>teil</strong>t werden. (TZ 27)<br />
(51) Auch die Infrastruktur KG wäre im Rechnungsabschluss der Gemeinde im Nachweis über<br />
den Stand an Be<strong>teil</strong>igungen zu führen, nicht aber die Burgenländische Weinwoche. (TZ 28)<br />
(52) Alle dem Kanalbetrieb zuzuordnenden Kosten wären in der bezughabenden Kostenstelle<br />
lückenlos zu erfassen. (TZ 64)<br />
Stadtrecht<br />
(53) Das der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> zukommende Antragsrecht auf Änderung des Stadtrechts<br />
wäre wahrzunehmen und dabei wären insbesondere folgende Änderungen anzustreben:<br />
a. eine Harmonisierung des Stadtrechts mit der Burgenländischen Gemeindeordnung<br />
unter Berücksichtigung magistratsspezifischer Bestimmungen; (TZ 3)<br />
b. die Überprüfung des Rechnungsabschlusses der Gemeinde Eisen<strong>stadt</strong> durch den<br />
Prüfungsausschuss. (TZ 46)<br />
(54) Das Rechnungswesen der Gemeinde wäre an die Vorschriften der VRV anzupassen und<br />
zukünftig wären außerordentliche Ausgaben und außerordentliche Einnahmen gesondert<br />
auszuweisen. (TZ 9)<br />
(55) Transfersnachweise wären zukünftig ordnungsgemäß zu erbringen. (TZ 17)
Seite 54 / 144<br />
(56) Sämtliche gemäß VRV vorgesehenen Beilagen zu den Rechnungsabschlüssen wären zu<br />
erstellen bzw. gegebenenfalls Leermeldungen zu erstatten. (TZ 22)<br />
(57) In zukünftige Nachweise über Be<strong>teil</strong>igungen wären auch sämtliche öffentlich<strong>–</strong>rechtlich<br />
organisierte Be<strong>teil</strong>igungen aufzunehmen. (TZ 23)<br />
(58) Allgemeine Regelungen für die Organisation des Rechnungswesens wären zu erlassen.<br />
(TZ 54)<br />
(59) Die Repräsentationsausgaben des Bürgermeisters wären zukünftig ausschließlich auf<br />
dem eigens dafür vorgesehenen Haushaltsansatz „Repräsentationskosten“ zu verbuchen.<br />
(TZ 78)
Seite 55 / 144<br />
STADTGEMEINDE HALL IN TIROL<br />
Im Zeitraum 2008 bis 2011 stiegen die laufenden Ausgaben der Gemeinde Hall in Tirol<br />
stärker an als ihre laufenden Einnahmen. Die erzielten positiven freien Finanzspitzen<br />
waren zu gering, um wesentliche Reserven für künftige Investitionen erwirtschaften zu<br />
können.<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde stiegen von 16,02 Mio. EUR im Jahr 2008 auf<br />
16,62 Mio. EUR im Jahr 2011. Die Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
(63,11 Mio. EUR im Jahr 2011) blieben dabei ausgeklammert. Der Stand an Rücklagen<br />
verringerte sich um mehr als ein Drittel. Die Haftungen der Gemeinde lagen in<br />
rd. 3,6<strong>–</strong>facher Höhe ihrer Finanzschulden.<br />
Ein von der Gemeinde im Jahr 2006 abgeschlossener Leasingvertrag wurde erst sechs<br />
Jahre später der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt. Für den am Ende der<br />
Vertragslaufzeit fälligen Betrag von 1,67 Mio. EUR war keine zweckgebundene Rücklage<br />
gebildet worden.<br />
Hall in Tirol hatte zahlreiche Aufgaben an Unternehmen übertragen, die in direktem<br />
oder indirektem Mehrheitseigentum der Gemeinde standen. Neben den im Rechnungsabschluss<br />
der Gemeinde ausgewiesenen Finanzschulden bestanden mittel<strong>–</strong> und<br />
langfristige Verbindlichkeiten der Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen in Höhe von 63,11 Mio. EUR<br />
(2011). Diese lagen damit beim 3,8<strong>–</strong>Fachen der Finanzschulden der Gemeinde Hall in<br />
Tirol. Mit den von der Gemeinde für ihre Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen eingegangenen<br />
Haftungen in Höhe von 51,95 Mio. EUR (2011) wurde der überwiegende Teil dieser<br />
mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten abgesichert.<br />
Die Darlehensstände der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen lagen zum Jahresende 2011 bei<br />
73,23 Mio. EUR und damit um 21,28 Mio. EUR über jenem Betrag, für den die Gemeinde<br />
Hall in Tirol Haftungen übernommen hatte.<br />
Durch drei Leasingverträge zwischen der Gemeinde und der Stadtwerke Hall in Tirol<br />
GmbH wurde das Unternehmen dazu herangezogen, Gebäude und Anlagen zu<br />
finanzieren und zu errichten, die nicht den von ihm betriebenen Geschäftszweigen<br />
dienten. Damit wurden Schulden der Gemeinde Hall in Tirol in Höhe von 15,52 Mio. EUR<br />
in die Stadtwerke Hall in Tirol GmbH ausgelagert.<br />
Bei vier Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen (Parkhotel Hall Betriebsgesellschaft mbH, Infra<strong>–</strong>Hall<br />
GmbH, Kraftwerk Weißenbach Betriebsgesellschaft mbH und Kunsthalle Tirol<br />
Betriebsges.m.b.H.), von denen allerdings drei über keine operativen Aufgaben
Seite 56 / 144<br />
verfügten, bestand seit Jahren die gesetzliche Vermutung eines Reorganisationsbedarfs,<br />
ohne dass nachhaltig wirkende Reorganisationsmaßnahmen gesetzt wurden.<br />
Die letzte vollständige Zustandserhebung des Kanalnetzes erfolgte 1992; im Jahr 2012<br />
wurde mit einer neuen Zustandserhebung begonnen. Die von der Stadtwerke Hall in<br />
Tirol GmbH erzielten Umsatzerlöse im Bereich Abwasserbeseitigung waren<br />
kostendeckend.<br />
PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser. Da<br />
die Abwasserbeseitigung in Hall in Tirol in die Stadtwerke Hall in Tirol GmbH ausgelagert<br />
war, überprüfte der RH dort den Geschäftsbereich Abwasserbeseitigung. Die Be<strong>teil</strong>igungen<br />
der Gemeinde waren nicht Gegenstand der Gebarungsüberprüfung. (TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Die Einnahmen der Gemeinde Hall in Tirol stiegen von 34,59 Mio. EUR im Jahr 2008 auf<br />
40,50 Mio. EUR im Jahr 2011, somit um 17,1 %. Den größten An<strong>teil</strong> an den Einnahmen mit<br />
zusammen 70,0 % an den Gesamteinnahmen der Jahre 2008 bis 2011 hatten die Ertragsan<strong>teil</strong>e,<br />
die Steuern sowie die Einnahmen aus Leistungen, Besitz und wirtschaftlicher<br />
Tätigkeit. Damit lag dieser An<strong>teil</strong> in Hall in Tirol deutlich höher als in den österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden (61,4 %). Gebühren fielen in Hall in Tirol aufgrund des hohen<br />
Ausgliederungsgrades und der damit zusammenhängenden Vereinnahmung der Gebühren<br />
durch die Stadtwerke Hall in Tirol GmbH nur mehr in geringer Höhe an (2,4 %). Bei den<br />
Vergleichsgemeinden Österreichs lag der An<strong>teil</strong> bei 10,1 %. Zwar nahm Hall in Tirol nur im<br />
Jahr 2009 im Gemeindehaushalt weitere Finanzschulden auf (0,9 % der Einnahmen 2008 bis<br />
2011), jedoch war kritisch darauf hinzuweisen, dass hohe Haftungen der Gemeinde<br />
bestanden (Ende 2011 für 60,31 Mio. EUR) und dass sich die Rücklagen — und damit die<br />
finanziellen Reserven der Gemeinde — zwischen 2008 und 2011 um mehr als ein Drittel<br />
verringerten. (TZ 4, 5)<br />
Die Ausgaben stiegen von 35,65 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 39,21 Mio. EUR im Jahr 2011,<br />
somit um 10,0 %. Wie in den Vergleichsgemeinden waren die Haushaltsgruppe 8 (Dienstleistungen)<br />
und die Haushaltsgruppe 2 (Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft)
Seite 57 / 144<br />
an<strong>teil</strong>smäßig die ausgabenstärksten, auch wenn der Dienstleistungs<strong>–</strong>An<strong>teil</strong> bei den<br />
Vergleichsgemeinden mit 35,7 % höher lag als in Hall in Tirol mit 30,7 % und der An<strong>teil</strong> an<br />
der Haushaltsgruppe 2 mit 15,2 % niedriger als in Hall in Tirol mit 22,3 %. Der niedrigere<br />
Wert in Hall in Tirol bei den Dienstleistungen war auf den hohen Ausgliederungsgrad<br />
(Wasserversorgung, Abwasserentsorgung) zurückzuführen, der höhere Wert in der<br />
Haushaltsgruppe 2 auf den Zu<strong>–</strong> und Umbau des Franziskanergymnasiums. (TZ 4, 6)<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 der Gemeinde Hall in Tirol war in den Jahren 2008 und<br />
2010 negativ; dies auch nach Abzug der Schuldentilgungen. (TZ 3)<br />
Einer im Zeitraum 2008 bis 2011 erfolgten Steigerung der laufenden Ausgaben in Höhe von<br />
3,46 Mio. EUR bzw. um 12,2 % stand eine Erhöhung der laufenden Einnahmen in Höhe von<br />
lediglich 2,86 Mio. EUR bzw. um 9,5 % gegenüber. Damit konnte die Gemeinde Hall in Tirol<br />
die Steigerung ihrer laufenden Ausgaben nur zu 82,7 % durch höhere laufende Einnahmen<br />
kompensieren. (TZ 6)<br />
Das Einnahmenvolumen des außerordentlichen Haushalts der Gemeinde Hall in Tirol betrug<br />
im Zeitraum 2008 bis 2011 jährlich durchschnittlich 5,50 Mio. EUR, das Ausgabenvolumen<br />
5,52 Mio. EUR. In den Jahren 2009 und 2010 war das Volumen durch den Zu<strong>–</strong> und Umbau<br />
des Franziskanergymnasiums wesentlich höher als in den anderen Jahren. Der Gemeinde<br />
Hall in Tirol gelang es zwar, den außerordentlichen Haushalt mit einem geringen An<strong>teil</strong> an<br />
Fremd mitteln zu finanzieren, jedoch erfolgte ein Abbau der Rücklagen. Dadurch wurden die<br />
finanziellen Reserven der Gemeinde wesentlich verringert. (TZ 7)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. Hall in Tirol erwirtschaftete im Wesentlichen positive laufende Salden und freie<br />
Finanzspitzen. Die erzielten freien Finanzspitzen waren jedoch zu gering, um wesentliche<br />
Reserven für künftige Investitionen aufbauen zu können. Auch wies Hall in Tirol in den<br />
Jahren 2008 bis 2011 überwiegend ungünstigere Werte der drei Kennzahlen auf als die<br />
österreichischen Vergleichsgemeinden. (TZ 8, 9)<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des Rechnungsquerschnitts)<br />
abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 58 / 144<br />
VERMÖGEN<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol konnte eine im Jahr 2010 im außerordentlichen Haushalt<br />
gebildete Rücklage in Höhe von 2,17 Mio. EUR nicht mehr bedecken. Durch die Auflösung<br />
der Rücklage im ordentlichen Haushalt des Jahres 2011 finanzierte die Gemeinde den<br />
ordentlichen Haushalt mit Mitteln des außerordentlichen Haushalts. (TZ 11)<br />
FINANZSCHULDEN UND LEASINGVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Hall in Tirol stiegen von 16,02 Mio. EUR im Jahr 2008 auf<br />
16,62 Mio. EUR Ende 2011. Im Jahr 2009 erreichten sie durch die Aufnahme von<br />
1,37 Mio. EUR für die Sanierung eines Seniorenwohnheims den Höchststand von<br />
17,17 Mio. EUR und verringerten sich bis 2011 wieder um 3,2 %, lagen jedoch noch immer<br />
über dem Niveau des Jahres 2008. Dabei blieben die Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
von zuletzt 63,11 Mio. EUR im Jahr 2011 — für die die Gemeinde Ende 2011<br />
bis zu einem Betrag von 51,95 Mio. EUR haftete — ausgeklammert. (TZ 12)<br />
Der Schuldendienst blieb auf annähernd gleicher Höhe. Die Leasingverpflichtungen sanken<br />
von 13,77 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 12,43 Mio. EUR im Jahr 2011. Sie hatten Ende des<br />
Jahres 2011 bereits 37,6 % der laufenden Einnahmen erreicht. Für Leasingraten waren im<br />
Jahr 2011 2,7 % der laufenden Einnahmen gebunden. (TZ 12, 15)<br />
Auch die Finanzschulden je Einwohner zeigten ab 2009 einen sinkenden Verlauf, auch sie<br />
lagen jedoch im Jahr 2011 (1.325 EUR) noch über dem Wert von 2008 (1.290 EUR). Sowohl<br />
bei der Kennzahl Finanzschulden je Einwohner als auch bei der Kennzahl Schuldendienstquote<br />
wies Hall in Tirol günstigere Werte auf als die österreichischen Vergleichsgemeinden.<br />
In diese Betrachtung waren allerdings die Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
(63,11 Mio. EUR im Jahr 2011) nicht einbezogen. In dem Zusammenhang war weiters auf die<br />
hohen Haftungen der Gemeinde Hall in Tirol (60,31 Mio. EUR Ende 2011) hinzuweisen, die<br />
bereits 182,2 % der jährlichen laufenden Einnahmen betrugen. (TZ 14, 16)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Hall in Tirol waren im Zeitraum 2008 bis 2011 zu durchschnittlich<br />
90 % den Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit zuzuordnen. Hall in Tirol hielt<br />
keine Finanzschulden in Fremdwährungen. 15,1 % der Darlehen waren variabel, der Rest fix<br />
verzinst. (TZ 13)<br />
Im Jahr 2006 schloss die Gemeinde Hall in Tirol einen Leasingvertrag mit der Stadtwerke Hall<br />
in Tirol GmbH zur Finanzierung des Neubaus des Tribünen<strong>–</strong> und Kabinengebäudes am<br />
Sportplatz Lend ab. Der Abschluss erfolgte — entgegen den gesetzlichen Vorschriften —<br />
ohne aufsichtsbehördliche Genehmigung. Die Genehmigung wurde erst im Jahr 2012
Seite 59 / 144<br />
eingeholt. Dadurch war nicht nur der Vertrag bis zur nachgeholten Genehmigung im Jahr<br />
2012 schwebend unwirksam, es wurde auch die Entscheidung der Aufsichtsbehörde seitens<br />
der Gemeinde Hall in Tirol vorweggenommen. (TZ 15)<br />
Die Kaufoption der Gemeinde Hall in Tirol aus dem Leasingvertrag sollte am Ende der<br />
Vertragslaufzeit ausgeübt werden (Restwert 1,67 Mio. EUR). Dies war im Hinblick auf die<br />
wirtschaftliche Situation der Stadt Hall in Tirol Be<strong>teil</strong>igungs AG und ihrer Tochtergesellschaften<br />
zweckmäßig. Allerdings war es für den RH mit einer verantwortungsvollen<br />
Verwaltung der Gemeindefinanzen nicht vereinbar, eine derartige Zahlungsverpflichtung<br />
einzugehen, ohne entsprechende Vorkehrungen — eine zweckgebundene Rücklage wäre<br />
jährlich zu dotieren — zu treffen. Bis Ende des Jahres 2011 wären bereits mindestens<br />
670.000 EUR einer zweckgebundenen Rücklage zuzuführen gewesen. Daher war es<br />
wirtschaftlich nicht tragbar, dass sich die Gemeinde am Ende der Vertragslaufzeit zur<br />
Zahlung eines einmaligen Betrags (1,67 Mio. EUR) verpflichtete, der sogar die im Durchschnitt<br />
der letzten Jahre erzielten freien Finanzspitzen in Höhe von 1,08 Mio. EUR bei<br />
Weitem übertraf. (TZ 15)<br />
HAFTUNGEN<br />
Zum Jahresende 2011 bestanden seitens der Gemeinde Hall in Tirol Haftungen in Höhe von<br />
60,31 Mio. EUR. Die Haftungen betrugen bereits 182,2 % der jährlichen laufenden<br />
Einnahmen. Die Haftungssumme je Einwohner (4.809 EUR) überstieg im Jahr 2011 die Werte<br />
der Vergleichsgemeinden Österreichs (775 EUR) um mehr als das 5<strong>–</strong>Fache. Im Jahr 2011<br />
lagen die Haftungen je Einwohner bereits in rd. 3,5<strong>–</strong>facher Höhe der Finanzschulden je<br />
Einwohner (1.325 EUR). (TZ 16)<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung bestand — bei durchgehend negativem<br />
Transfersaldo — gegenüber dem Land Tirol. Hall in Tirol erhielt im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
13,75 Mio. EUR vom Land (u.a. für den Betrieb und den Bau von Kindergärten und Schulen,<br />
für das Seniorenheim und sonstige Bedarfszuweisungen) und hatte demgegenüber<br />
19,47 Mio. EUR an das Land (vor allem für die allgemeine Sozialhilfe, die Behindertenhilfe,<br />
die Jugendwohlfahrt, an den Tiroler Krankenanstaltenfinanzierungsfonds und die Landesumlage)<br />
zu leisten. Auch der Transfersaldo zu Gemeinden und Gemeindeverbänden war mit<br />
jährlich bis zu 470.000 EUR negativ. Der Transfersaldo zum Bund war immer positiv, wobei<br />
insbesondere in den Jahren 2009 und 2010 im Zusammenhang mit dem Um<strong>–</strong> und Zubau des<br />
Franziskanergymnasiums hohe Transferzahlungen des Bundes (insgesamt 3,73 Mio. EUR)<br />
anfielen. (TZ 17)
Seite 60 / 144<br />
Die Transferbelastung der Gemeinde Hall in Tirol war nach den Kennzahlen Transfersaldo je<br />
Einwohner und An<strong>teil</strong> Transferausgaben an Gesamtausgaben überwiegend geringer als bei<br />
den Vergleichsgemeinden Österreichs. Dennoch konnte Hall in Tirol wie auch andere<br />
Gemeinden die Transferausgaben z.B. im Bereich Gesundheit weder der Höhe noch ihrer<br />
Verwendung nach maßgeblich mitgestalten. (TZ 18)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol erstellte im Rahmen ihrer Voranschläge für die Jahre bis 2011<br />
mittelfristige Finanzpläne. Im Zuge der Voranschlagserstellung für das Jahr 2012 wurde<br />
jedoch kein aussagekräftiger mittelfristiger Finanzplan für die Jahre ab 2013 beschlossen.<br />
Dies sah der RH kritisch, weil mittelfristige Finanzpläne ein maßgebliches Planungs<strong>–</strong> und<br />
Steuerungsinstrument darstellen. (TZ 19)<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol entsprach den gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Transparenz<br />
des Rechnungsabschlusses. Die einem interessierten Bürger und den Gemeinderatsmitgliedern<br />
zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten waren ausreichend. Auf<br />
die fehlende regelmäßige Information des Gemeinderats über die wirtschaftliche Entwicklung<br />
der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen war allerdings kritisch hinzuweisen. (TZ 20)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol war Ende des Jahres 2011 an acht rechtlich selbstständigen<br />
Unternehmen be<strong>teil</strong>igt. Die Unternehmensgruppe wurde von der Stadt Hall in Tirol<br />
Be<strong>teil</strong>igungs AG (Holding) geleitet, der die zentrale Steuerung ihrer Tochtergesellschaften<br />
sowie das gesamte Rechnungswesen, Finanzen, strategisches Marketing, Risikomanagement<br />
und Personalwesen oblag. Durch die in der Holding gebündelten zentralen Dienste und die<br />
strategische Steuerung waren entsprechende eigene Ab<strong>teil</strong>ungen in den jeweiligen Tochtergesellschaften<br />
entbehrlich. Aus den Be<strong>teil</strong>igungen entstanden der Gemeinde im Zeitraum<br />
2008 bis 2011 Ausgaben in Höhe von insgesamt 14,05 Mio. EUR und Einnahmen in Höhe<br />
von insgesamt 8,92 Mio. EUR. (TZ 21, 23)<br />
Die von den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen der Gemeinde Hall in Tirol wahrgenommenen<br />
Aufgabenbereiche umfassten ein breites Spektrum und reichten von der Versorgung mit<br />
Elektrizität, Wasser, Kanal, Internet über das Angebot an Kultur<strong>–</strong> und Marketingeinrichtun-
Seite 61 / 144<br />
gen sowie Vermietung und Verpachtung von Immobilien bis hin zur Verpachtung eines<br />
Hotels mit angeschlossener Gastronomie. (TZ 21)<br />
Die Motive der Gemeinde Hall in Tirol für die Ausgliederungen und die Gründungen ihrer<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen waren nachvollziehbar, weil aufgrund der den Unternehmen<br />
zugewiesenen Aufgabenbereiche eine auf die jeweiligen Geschäftsfelder konzentrierte<br />
Tätigkeit zu erwarten war und mit den von der Holding zentral besorgten Bereichen<br />
(Finanzen, Controlling, Marketing) eine einheitliche Führung und Steuerung der<br />
Unternehmensgruppe bestand. (TZ 22)<br />
Mit der Gründung der Holding in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft war eine Lösung<br />
gefunden worden, welche — im Gegensatz zur Rechtsform einer GmbH — ein im täglichen<br />
operativen Geschäft von Eigentümerweisungen unabhängiges Handeln ermöglichte.<br />
Andererseits bestand für die Gemeinde Hall in Tirol durch die vom Bürgermeister gestellte<br />
Hauptversammlung nach wie vor eine entsprechende Einwirkungsmöglichkeit. Der Verkauf<br />
von Liegenschaften musste vom Gemeinderat genehmigt werden. In diesem Geschäftsbereich<br />
war daher zur Erreichung von Planzielen weiterhin eine Mitgestaltung durch die<br />
Gemeinde Hall in Tirol gegeben. (TZ 22)<br />
Seit 2001 waren wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen der Gemeinde<br />
Hall in Tirol und den Unternehmen der Holding (mit einem Saldo im Jahr 2011 zu Ungunsten<br />
der Holding in Höhe von rd. 915.000 EUR) aufgelaufen. Im Jahr 2011 vereinbarten die<br />
Gemeinde und die Holding eine Pauschalzahlung der Gemeinde in Höhe von 570.000 EUR,<br />
womit sämtliche Rechnungspositionen als bereinigt und erledigt galten. Diese Vereinbarung<br />
war eine Möglichkeit, die jahrelang offenen gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten<br />
zu bereinigen. Sie war mit einem Vor<strong>teil</strong> für die Gemeinde in Höhe von 355.000 EUR<br />
verbunden, stellte aber gleichzeitig eine Belastung der Holding und ihrer Unternehmen dar.<br />
(TZ 23)<br />
Die drei zwischen der Gemeinde Hall in Tirol als Leasingnehmerin und der Stadtwerke Hall in<br />
Tirol GmbH als Leasinggeberin abgeschlossenen Leasingverträge (betreffend Schule,<br />
Sportplatz, Bauhof und Stadtgärtnerei) führten dazu, dass die Stadtwerke Hall in Tirol GmbH<br />
auch dazu herangezogen wurde, Gebäude und Anlagen zu errichten und zu finanzieren, die<br />
nicht den von der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH betriebenen Geschäftszweigen dienten. So<br />
hatte die Stadtwerke Hall in Tirol GmbH in den Jahren 1997, 2000 und 2006 Investitionen in<br />
Höhe von insgesamt 15,52 Mio. EUR zu finanzieren; die Gemeinde zahlte Leasingraten und<br />
war berechtigt, diese Leasingobjekte nach 15 bzw. 20 Jahren zu bereits vereinbarten<br />
Beträgen, insgesamt rd. 7,54 Mio. EUR, käuflich zu erwerben. Mit der gewählten Vorgangsweise<br />
wurden Schulden der Gemeinde in nicht unwesentlicher Höhe in die Stadtwerke Hall in<br />
Tirol GmbH ausgelagert. Sollte die Gemeinde nicht von ihrem Recht Gebrauch machen, die
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geleasten Anlagen am Ende der Laufzeit käuflich zu erwerben, so hätte die Stadtwerke Hall<br />
in Tirol GmbH Sachanlagen zu bewirtschaften, die kein betriebsnotwendiges Vermögen<br />
darstellen, jedoch weitgehend nur von der Stadtgemeinde Hall in Tirol selbst nutzbar waren.<br />
(TZ 25)<br />
Das 2006 für ein Schulgebäude von der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH abgeschlossene Sale<strong>–</strong><br />
and<strong>–</strong>lease<strong>–</strong>back<strong>–</strong>Geschäft war ein Hinweis darauf, dass sich dieses Unternehmen zu diesem<br />
Zeitpunkt nicht mehr ohne Weiteres kostengünstig finanzieren konnte. (TZ 25)<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol haftete laut Rechnungsabschluss bei zwei ihrer Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
für von diesen aufgenommene Darlehen. Zum Jahresende 2011 lagen die<br />
Darlehensstände der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen bei 73,23 Mio. EUR und damit um<br />
21,28 Mio. EUR über jenem Betrag, für den die Gemeinde Hall in Tirol Haftungen<br />
übernommen hatte. (TZ 26)<br />
Die Holding führte die zentrale Planung für alle Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen detailliert und<br />
aufschlussreich durch; ebenso waren die dem Bürgermeister vorgelegten Berichtsunterlagen<br />
über die Geschäfte der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen detailliert und aufschlussreich. Allerdings<br />
erfolgte, trotz Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen von 63,11 Mio. EUR (2011),<br />
weder eine gesonderte Behandlung sowie Prüfung der von der Holding erstellten Planungsunterlagen<br />
durch die Gemeinde Hall in Tirol noch eine regelmäßige Information des<br />
Gemeinderats über die wirtschaftliche Entwicklung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen. Im<br />
Gemeinderat behandelt wurden lediglich wenige Anliegen der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen.<br />
(TZ 27, 28)<br />
Seit Jahren lag die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs nach dem Unternehmensreorganisationsgesetz<br />
(URG) bei den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen Parkhotel Hall<br />
Betriebsgesellschaft mbH, Infra<strong>–</strong> Hall Infrastrukturerrichtungs<strong>–</strong> u. <strong>–</strong>betriebsgesellschaft mbH<br />
(Infra<strong>–</strong> Hall GmbH), Kraftwerk Weißenbach Betriebsgesellschaft mbH und Kunsthalle Tirol<br />
Betriebsges.m.b.H. vor, ohne dass entsprechende Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen<br />
wurden. Letztere drei waren zur Zeit der Gebarungsüberprüfung ohne operative Aufgaben,<br />
bestanden aber aus steuerlichen Gründen weiter, weil <strong>teil</strong>weise noch verwertbare<br />
Verlustvorträge aus früheren Geschäftstätigkeiten vorhanden waren. (TZ 29)<br />
In den Jahresabschlüssen 2010 und 2011 war das negative Eigenkapital der Parkhotel Hall<br />
Betriebsgesellschaft mbH mit <strong>–</strong> 1,50 Mio. EUR bzw. <strong>–</strong> 1,58 Mio. EUR festgestellt worden. Das<br />
von der Geschäftsführung für die Jahre nach 2007 erwartete verbesserte Betriebsergebnis<br />
war daher nicht eingetreten. Die von der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH abgegebene<br />
Patronatserklärung verschaffte zwar der Parkhotel Hall Betriebsgesellschaft mbH eine<br />
gewisse Sicherheit hinsichtlich ihrer Liquidität, stellte jedoch im Gegenzug für die
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Stadtwerke Hall in Tirol GmbH ein Risiko dar, das nicht aus ihrer eigenen Geschäftstätigkeit<br />
stammte. Kritikwürdig war, dass die Gemeinde Hall in Tirol trotz Handlungsbedarfs<br />
diesbezüglich keine weiteren Maßnahmen ergriffen hatte. (TZ 29)<br />
Die mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der Holding und ihrer Be<strong>teil</strong>igungen waren<br />
von 2008 bis 2011, d.h. innerhalb von drei Jahren, von 71,58 Mio. EUR um 8,47 Mio. EUR auf<br />
63,11 Mio. EUR 2 oder um durchschnittlich 2,82 Mio. EUR je Jahr im Wesentlichen durch<br />
Liegenschaftsverkäufe gesunken. Der nach den Planungen der Holding für das Jahr 2017<br />
geplante Zielschuldenstand von rd. 50 Mio. EUR wird nur dann erreichbar sein, wenn es<br />
gelingt, ausreichende Mittel — dazu werden vor allem Verkäufe von Liegenschaften<br />
erforderlich sein — zu lukrieren. Voraussetzungen dafür sind jedenfalls ein entsprechendes<br />
wirtschaftliches Umfeld sowie zeitgerecht erfolgende Genehmigungen des Gemeinderats der<br />
Gemeinde Hall in Tirol. (TZ 30)<br />
Neben den im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Finanzschulden von 16,62 Mio. EUR<br />
(2011) bestanden mittel<strong>–</strong> und langfristige Verbindlichkeiten der Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen in<br />
Höhe von 63,11 Mio. EUR (2011). Die mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der<br />
Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen lagen damit beim 3,8<strong>–</strong>Fachen der Finanzschulden der Gemeinde Hall<br />
in Tirol. (TZ 30)<br />
ORGANISATION<br />
Die Aufbauorganisation des Stadtamts Hall in Tirol enthielt — dem Stadtamtsdirektor<br />
unterstellt — vier Gruppen. Der Gruppe „Hauptverwaltung“ waren im Unterschied zu den<br />
anderen Gruppen unverhältnismäßig viele Aufgaben und Organisationseinheiten zugeordnet.<br />
Bei den Hauptaufgaben der einzelnen Organisationseinheiten gab es keine Kompetenzüberschneidungen;<br />
die Stellenbeschreibungen waren angemessen und zweckmäßig. Die<br />
Führungsspannen lagen zwischen 1:3 und 1:15. (TZ 31, 32)<br />
Mit dem Projekt eGovernment/Tirol 2.0 soll das Land Tirol das österreichische Vorzeigebundesland<br />
für kommunales eGovernment werden. Die aktive Teilnahme der Gemeinde Hall<br />
in Tirol zur Umsetzung des Projekts war positiv hervorzuheben. (TZ 34)<br />
Der Überprüfungsausschuss kam seinem Überprüfungsauftrag (Kassen<strong>–</strong> und Sachbereichsprüfungen)<br />
im Sinne der Tiroler Gemeindeordnung 2001 nach. (TZ 35)<br />
2<br />
Die hier genannten Summen der mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten sind eine reine Aufsummierung<br />
der bei den einzelnen Unternehmen ausgewiesenen Werte, ohne Konsolidierung allenfalls zwischen einzelnen<br />
Unternehmen bestehender gegenseitiger Forderungen und Verbindlichkeiten.
Seite 64 / 144<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 beschäftigte die Gemeinde Hall in Tirol 392 Mitarbeiter (307,29 VBÄ). Dafür<br />
fielen Ausgaben von 13,11 Mio. EUR an. Der Personalstand in Köpfen stieg — bei durchgehender<br />
Unterschreitung des Dienstpostenplans — im Zeitraum 2008 bis 2011 um 4,8 % (in<br />
VBÄ um 2,1 %), die Personalausgaben stiegen um 8,3 %. Mit dieser Steigerung lag Hall in<br />
Tirol knapp über dem Niveau der österreichischen Vergleichsgemeinden (+ 7,9 %).<br />
(TZ 38, 39)<br />
Die Personalausgaben je Einwohner der Gemeinde Hall in Tirol (2011: 1.045 EUR) lagen<br />
deutlich über jenen der Tiroler (2011: 633 EUR) und österreichischen Vergleichsgemeinden<br />
(2011: 574 EUR). Sie erhöhten sich von 2008 bis 2011 um rd. 7 %; in den Tiroler Vergleichsgemeinden<br />
betrug die Erhöhung im Durchschnitt rd. 9 %, in den österreichischen ebenfalls<br />
rd. 7 %. Die Personalkennzahlen in Hall in Tirol waren durch das in den Alten<strong>–</strong>, Pflege<strong>–</strong> und<br />
Seniorenheimen beschäftigte Personal und durch das Personal in der Gemeinde<strong>–</strong>Musikschule<br />
und der Fachschule für Optiker geprägt. Gleichzeitig waren jedoch weite Aufgabenbereiche<br />
der Daseinsvorsorge (bspw. Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung) an die<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen ausgelagert. (TZ 38 bis 40)<br />
Nicht alle Sachbezüge (z.B. Personalstrom oder Dienstwohnungen) fanden im Nachweis über<br />
die Leistungen für Personal ihren Niederschlag. (TZ 41)<br />
Außerordentliche Vorrückungen über mehrere Gehalts<strong>–</strong> oder Entlohnungsstufen oder in<br />
kürzeren Abständen, als es die gesetzlichen Regelungen vorsahen, gab es im Prüfungszeitraum<br />
nicht. (TZ 43)<br />
ABWASSER<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol war Mitglied des Abwasserverbands Hall in Tirol<strong>–</strong>Fritzens<br />
(Abwasserverband) mit einem Stimmrechtsan<strong>teil</strong> von 25,58 %. An das 61 km umfassende<br />
Ortskanalnetz der Gemeinde waren 1.859 Objekte angeschlossen. Der Anschlussgrad betrug<br />
99,6 % (2011). Von den 21.093 Einwohnerwerten (2005) entfielen 5.893 auf Gewerbe und<br />
Industrie. Die Gemeinde Hall in Tirol hatte durch die von der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH<br />
betriebene Ortskanalisation und ihre Mitgliedschaft beim Abwasserverband für eine<br />
ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung ihres Gemeindegebiets vorgesorgt. (TZ 45, 46)<br />
Die letzte vollständige Zustandserhebung des Kanalnetzes stammte aus dem Jahr 1992.<br />
Geplant war, ab dem Jahr 2012 den Zustand des gesamten Kanalnetzes durch Befahrung mit<br />
Videokamera zu erheben. Dies war zweckmäßig, um zwischenzeitlich aufgetretene und noch
Seite 65 / 144<br />
nicht bekannte Schäden im Kanalnetz auffinden und in der Folge beheben zu können.<br />
(TZ 46)<br />
Die Gemeinde Hall in Tirol hatte von dem im Tiroler Kanalisationsgesetz eingeräumten Recht<br />
Gebrauch gemacht, die öffentliche Kanalisation von einem von ihr beauftragten Dritten,<br />
nämlich von der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH, errichten, betreiben und erhalten zu lassen.<br />
Die abzuschließenden Anschlussverträge kamen, entsprechend den in der Gemeinde Hall in<br />
Tirol vorliegenden Verhältnissen, zwischen den Eigentümern anschlusspflichtiger Anlagen<br />
und der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH zustande. Der gesetzlichen Verpflichtung, der<br />
Behörde den Abschluss eines Anschlussvertrags unverzüglich schriftlich mitzu<strong>teil</strong>en, kam die<br />
Stadtwerke Hall in Tirol GmbH nach. (TZ 47)<br />
Die Kanalordnung der Gemeinde Hall in Tirol legte den Anschlussbereich fest und nutzte<br />
dabei die gesetzlich normierte mögliche Ausdehnung des Anschlussbereichs (200 m) aus.<br />
(TZ 48)<br />
Das im Bereich Abwasser ausgewiesene Ergebnis (inkl. umgelegten Kosten wie Finanzierungskosten)<br />
war im Jahr 2008 mit rd. 233.000 EUR negativ, in den Folgejahren mit einer<br />
Bandbreite von rd. 147.000 EUR (2011) bis rd. 281.000 EUR (2010) positiv. Die in den Jahren<br />
2009 und 2010 erreichte Ergebnisverbesserung war sowohl auf gestiegene Erträge als auch<br />
auf stark gesunkene Finanzierungskosten zurückzuführen. (TZ 50)<br />
Die Art der Berechnung der Kanalgebühren — Grundlage dafür war beim Kanalanschlussentgelt<br />
die Baumasse des Bauvorhabens, beim Kanalbenützungsentgelt der tatsächliche<br />
Wasserverbrauch — war verursachergerecht und geeignet, Anreize für Wassereinsparungen<br />
zu schaffen. Mit der Möglichkeit, Sondertarife zu vereinbaren, war auch Vorsorge dafür<br />
getroffen worden, dass für Abwässer, deren Beschaffenheit mehr als geringfügig von der des<br />
häuslichen Abwassers abwich, eigene Tarife vereinbart werden konnten. (TZ 52)<br />
Die Höhe der Abwasserentgelte beruhte auf Beschlüssen des Aufsichtsrats der Holding. Sie<br />
entsprach den für die Inanspruchnahme von Bedarfszuweisungen zum Gebührenhaushalt<br />
Abwasser geltenden Mindestanschluss<strong>–</strong> und Mindestabwassergebühren, welche das Amt der<br />
Tiroler Landesregierung Ab<strong>teil</strong>ung Wasserwirtschaft jährlich festlegte. (TZ 49, 53)<br />
Die von der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH vorgesehenen Abrechnungsmodalitäten — insbesondere<br />
die Durchführung der Wasserzählerablesung durch das Personal der Stadtwerke Hall<br />
in Tirol GmbH — sowie die praktizierte Zahlungsüberwachung waren zweckmäßig und<br />
geeignet, die Anschlussgebühren und die laufenden Gebühren auch tatsächlich zu erlösen.<br />
Das Mahnwesen war zweckmäßig organisiert und geeignet, alle an die Kunden vorgeschriebenen<br />
Entgelte zur Einzahlung zu bringen. (TZ 55 bis 57)
Seite 66 / 144<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor:<br />
Gemeinde Hall in Tirol<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Der Haushalt der Gemeinde wäre nachhaltig ausgeglichen zu führen. Da bei den<br />
Einnahmen nur geringere Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde bestehen, sollte das<br />
Hauptaugenmerk auf ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden. (TZ 3)<br />
(2) Aufgrund der Verringerung der Rücklagen um mehr als ein Drittel wäre mit den noch<br />
vorhandenen Mitteln nicht nur sparsam umzugehen, sondern auch ein Aufbau der Rücklagen<br />
anzustreben. (TZ 11)<br />
(3) Im Hinblick auf die internationalen und nationalen Verpflichtungen zur Erreichung<br />
nachhaltig geordneter öffentlicher Haushalte wären die Schulden sowohl im Gemeindehaushalt<br />
als auch in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zu stabilisieren und abzubauen. (TZ 12)<br />
(4) Um die Verpflichtung am Ende der Vertragslaufzeit des 2006 abgeschlossenen<br />
Leasingvertrags betreffend den Neubau eines Tribünen<strong>–</strong> und Kabinengebäudes erfüllen zu<br />
können, wären vorrangig entsprechende Beträge in eine zweckgebundene Rücklage<br />
einzustellen. (TZ 15)<br />
(5) Die Erstellung eines aussagekräftigen mittelfristigen Finanzplans für die Jahre ab 2013<br />
wäre ehestens nachzuholen. (TZ 19)<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(6) Im Zuge der Berichterstattung über die Geschäftstätigkeit der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
sollte sich die Gemeinde Hall in Tirol über die künftige Geschäftstätigkeit informieren lassen.<br />
Sie sollte auch vorliegende Planungsgrößen auf deren Plausibilität überprüfen. (TZ 27)<br />
(7) Eine regelmäßige Berichterstattung der Stadt Hall in Tirol Be<strong>teil</strong>igungs AG und ihrer<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen an den Gemeinderat wäre vorzusehen. (TZ 28)<br />
(8) Bei der Parkhotel Hall Betriebsgesellschaft mbH, bei der — wie auch bei drei weiteren,<br />
allerdings nicht operativ tätigen Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen — seit Jahren die gesetzliche<br />
Vermutung eines Reorganisationsbedarfs vorlag, wären nachhaltig wirkende<br />
Reorganisationsmaßnahmen zu setzen. (TZ 29)
Seite 67 / 144<br />
(9) Die Verbindlichkeiten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen wären im Rechnungsabschluss<br />
darzustellen. (TZ 30)<br />
Organisation und Personal<br />
(10) Da der bestehenden Gruppe „Hauptverwaltung“ im Stadtamt Hall in Tirol eine Vielzahl<br />
von Aufgaben und Organisationseinheiten zugewiesen war, wäre sie in eine Gruppe<br />
„Stadtamtsdirektion“ und eine Gruppe „Hauptverwaltung“ zu gliedern. (TZ 31)<br />
(11) Bei Organisationseinheiten ohne eigenen Organisationsleiter wären die<br />
Führungsaufgaben vom Stadtamtsdirektor wahrzunehmen. (TZ 31)<br />
(12) Die in den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen enthaltenen Dienstpostenpläne<br />
und Dienstpostennachweise wären so zu gestalten, dass sie sowohl den Anforderungen der<br />
Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) genügen als auch als<br />
Datengrundlage für das Personalmanagement dienen können. (TZ 37)<br />
(13) Angesichts des An<strong>teil</strong>s der Personalkosten am gesamten Budget der Gemeinde sollten<br />
Personaleinsparungen angestrebt werden. (TZ 39)<br />
(14) Die Reisekosten für politische Mandatare wären im Unterschied zu jenen der Gemeindebediensteten<br />
nicht im Nachweis über die Leistungen für Personal aufzunehmen. (TZ 44)<br />
Rechnungswesen<br />
(15) Im Einklang mit der VRV wären alle den Bediensteten gewährten Sachbezüge im<br />
Nachweis über die Leistungen für Personal zu erfassen. (TZ 41)<br />
Stadt Hall in Tirol Be<strong>teil</strong>igungs AG und Tochtergesellschaften<br />
(16) Die angestrebte Verschmelzung der Infra<strong>–</strong>Hall Infrastrukturerrichtungs<strong>–</strong> u. <strong>–</strong>betriebsgesellschaft<br />
mbH mit der Stadtwerke Hall in Tirol GmbH wäre rasch umzusetzen. (TZ 21)<br />
(17) Der Zustand des gesamten Kanalnetzes wäre zu erheben, um noch nicht bekannte<br />
Schäden im Kanalnetz aufzufinden und beheben zu können. (TZ 46)
Seite 68 / 144<br />
STADTGEMEINDE KNITTELFELD<br />
Die Gemeinde Knittelfeld war seit 2008 bestrebt, ein Konsolidierungskonzept<br />
umzusetzen.<br />
Durch diese Maßnahmen erreichte die Gemeinde, ausgehend von durchwegs<br />
ungünstigeren Haushaltskennzahlen des Jahres 2008, gegenüber dem Durchschnitt der<br />
österreichischen Gemeinden zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern (Vergleichsgemeinden)<br />
in den Folgejahren verbesserte Ergebnisse. Trotzdem erzielte sie in den<br />
Jahren 2008 bis 2011 noch negative Jahresergebnisse.<br />
Die Finanzschulden reduzierten sich im Zeitraum 2008 bis 2011 um 14 % von<br />
21,33 Mio. EUR auf 18,44 Mio. EUR. Auch andere Finanzierungsverpflichtungen (Leasingverbindlichkeiten,<br />
negative Stände der Bankkonten) wurden reduziert.<br />
Die Pro<strong>–</strong>Kopf<strong>–</strong>Verschuldung nahm in den Jahren 2008 bis 2011 von 1.800 EUR auf<br />
1.565 EUR ab. Durch den Schuldenabbau lag die Gemeinde ab dem Jahr 2010 unter den<br />
Werten der Vergleichsgemeinden.<br />
Die Transferbelastung der Gemeinde Knittelfeld wies — ebenso wie die der<br />
Vergleichsgemeinden in der Steiermark — in den Jahren 2008 bis 2011 einen deutlich<br />
ansteigenden Trend aus.<br />
Die Gemeinde war in den Jahren 2008 bis 2011 persönlich haftende Gesellschafterin<br />
von zwei Kommanditgesellschaften. Die Gründung beider Gesellschaften wäre für die<br />
von der Gemeinde verfolgten Ziele nicht zwingend erforderlich gewesen.<br />
Die Personalausgaben je Einwohner lagen in der Gemeinde Knittelfeld deutlich über<br />
dem Durchschnitt der steiermärkischen und österreichischen Vergleichsgemeinden.<br />
Die Gemeinde gewährte Jubiläumszuwendungen <strong>teil</strong>weise ohne Vorliegen der<br />
gesetzlichen Voraussetzungen und vergütete Überstunden zusätzlich zur pauschalen<br />
Abgeltung zeitlicher Mehrleistungen.<br />
Das kamerale Ergebnis des Abwasserbereichs der Gemeinde war in den Jahren 2007 bis<br />
2011 ausgeglichen. Die Gemeinde entzog dem Abwasserbereich jedoch Überschüsse<br />
von insgesamt rd. 332.000 EUR und verwendete die Mittel zweckfremd.
Seite 69 / 144<br />
PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser.<br />
(TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Die Einnahmen (ohne aufgenommene Finanzschulden) der Gemeinde Knittelfeld verringerten<br />
sich von 31,57 Mio. EUR im Jahr 2008 geringfügig auf 31,02 Mio. EUR im Jahr 2011, somit<br />
um rd. 1,8 %. Die bei den Vergleichsgemeinden wichtigsten Einnahmenquellen — die Summe<br />
aus eigenen Steuern und Ertragsan<strong>teil</strong>en — hatten für die Gemeinde Knittelfeld mit<br />
zusammen rd. 42,6 % vergleichsweise geringere Bedeutung (rd. 44,1 % in den steiermärkischen<br />
und rd. 48,9 % in den österreichischen Vergleichsgemeinden). Hingegen wies<br />
Knittelfeld mit rd. 14,3 % höhere Einnahmen aus Gebühren auf als der Durchschnitt der<br />
Vergleichsgemeinden (rd. 12,0 % bei den steiermärkischen bzw. 10,1 % bei den österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden). (TZ 4, 5)<br />
Die Ausgaben verringerten sich von 34,42 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 32,16 Mio. EUR im Jahr<br />
2011, somit (mit 6,6 %) stärker als die Einnahmen. Im Vergleich mit den Vergleichsgemeinden<br />
fielen hier höhere Ausgaben in der Haushaltsgruppe 4 (Soziale Wohlfahrt und<br />
Wohnbauförderung) an, dies infolge von Transferzahlungen (Sozialhilfe<strong>–</strong>Umlage) an das<br />
Land. (TZ 4, 7)<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 war im Zeitraum 2008 bis 2011 durchwegs negativ; die<br />
Abgänge differierten zwischen <strong>–</strong> 3,20 Mio. EUR (2009) und rd. <strong>–</strong> 530.000 EUR (2010). Das<br />
heißt, die jährlichen Ausgaben lagen in diesem Zeitraum über den Einnahmen. Im Jahr 2009<br />
konnte selbst bei Abzug der Schuldentilgungen kein positives Jahresergebnis erzielt werden.<br />
Zur nachhaltigen Wiederherstellung des Haushaltsgleichgewichts hatte die Gemeinde<br />
Knittelfeld bereits ein Konsolidierungsprogramm erarbeitet. (TZ 4)<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des Rechnungsquerschnitts)<br />
abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 70 / 144<br />
Ausgehend von einem etwa gleichen Ausgangswert der laufenden Ausgaben und laufenden<br />
Einnahmen im Jahr 2008 (Ausgaben 28,34 Mio. EUR, Einnahmen 28,66 Mio. EUR) gingen die<br />
laufenden Ausgaben sowohl nominell als auch prozentuell (<strong>–</strong> 11,3 %) deutlich stärker zurück<br />
als die laufenden Einnahmen (<strong>–</strong> 2,1 %). Bei den Einnahmen standen höheren Einnahmen aus<br />
Steuern (+ 16,1 %) und Gebühren (+ 5,1 %) sinkende Ertragsan<strong>teil</strong>e (<strong>–</strong> 15,4 % von 2008 bis<br />
2010) gegenüber; bei den Ausgaben gestiegenen Transferzahlungen (+ 17,3 %) ein stark<br />
reduzierter Verwaltungs<strong>–</strong> und Betriebsaufwand (<strong>–</strong> 32,8 %). Der RH anerkannte die<br />
Bemühungen der Gemeinde Knittelfeld, die laufenden Ausgaben zu reduzieren und die<br />
Konsolidierung des Gemeindehaushalts zu erreichen. (TZ 4, 6, 8)<br />
Das Ausgabenvolumen des außerordentlichen Haushalts der Gemeinde Knittelfeld<br />
entwickelte sich von 5,75 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 3,44 Mio. EUR im Jahr 2011. Das<br />
vergleichsweise hohe Ausgabenvolumen im Jahr 2008 war durch die Aufnahme eines<br />
Darlehens zur Bedeckung einer Barvorlage aus früheren Jahren bedingt. Die um die<br />
Barvorlage und die Abwicklungen der Vorjahre bereinigten Gesamtausgabesummen wiesen<br />
im überprüften Zeitraum einen etwa gleichbleibenden Verlauf auf; sie lagen zwischen<br />
2,33 Mio. EUR (2010) und 3,44 Mio. EUR (2011). (TZ 9)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. In den Jahren 2008 bis 2011 gelang es der Gemeinde Knittelfeld, bei den<br />
Kennzahlen Quote freie Finanzspitze (von <strong>–</strong> 10,0 % auf + 4,0 %) und öffentliche Sparquote<br />
(von 1,2 % auf 11,8 %) einen deutlichen Anstieg zu erzielen. Durch die Bemühungen zur<br />
Haushaltskonsolidierung erreichte Knittelfeld, ausgehend von durchwegs ungünstigeren<br />
Vergleichswerten des Jahres 2008, gegenüber den steiermärkischen und österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden in den Folgejahren verbesserte Ergebnisse. Ab dem Jahr 2010 konnte<br />
Knittelfeld aus den laufenden Einnahmen Mittel für Investitionen erwirtschaften und im<br />
gesamten Überprüfungszeitraum, da die öffentliche Sparquote stets positiv war, die<br />
laufenden Ausgaben durch die laufenden Einnahmen decken. (TZ 10)<br />
VERMÖGEN<br />
Die Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Knittelfeld enthielten als Beilage auch eine<br />
Vermögensrechnung. Dabei wurden den Vermögensgegenständen auch die Schulden<br />
gegenübergestellt. Der Saldo aus Vermögen abzüglich der Schulden stellte das<br />
Reinvermögen dar. Der Rechnungsabschluss des Jahres 2011 in der Gemeinde Knittelfeld<br />
wies ein Reinvermögen von 4,76 Mio. EUR aus. (TZ 12)
Seite 71 / 144<br />
SCHULDEN UND FINANZIERUNGSVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Knittelfeld verringerten sich im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
deutlich um rd. 13,5 % von 21,33 Mio. EUR auf 18,44 Mio. EUR. Auch die Leasingverpflichtungen<br />
gingen in diesem Zeitraum zurück, von 4,96 Mio. EUR auf 4,11 Mio. EUR.<br />
Ebenso wurden die negativen Stände der Bankkonten in den Jahren 2009 und 2010 (jeweils <strong>–</strong><br />
1,19 Mio. EUR) auf rd. <strong>–</strong> 370.000 EUR im Jahr 2011 verbessert. Die Be<strong>teil</strong>igungen der<br />
Gemeinde Knittelfeld wiesen in den Jahren 2008 bis 2011 kurzfristiges Fremdkapital in der<br />
Höhe von rd. 710.000 EUR (2008) bis 1,18 Mio. EUR (2011) und kein langfristiges<br />
Fremdkapital aus. (TZ 13)<br />
Durch diese Entwicklungen konnte Knittelfeld auch bei den Kennzahlen zur Verschuldung —<br />
ausgehend von jeweils schlechteren Werten als die steiermärkischen und österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden im Jahr 2008 — eine positive Entwicklung nehmen: Senkung der Pro<strong>–</strong><br />
Kopf<strong>–</strong>Verschuldung von 1.800 EUR auf 1.565 EUR, Nettoschuldenabbau in den Jahren 2009<br />
und 2010 um 246 EUR je Einwohner sowie Senkung der Schuldendienstquote von 22,6 % auf<br />
12,2 %. Die Gemeinde Knittelfeld erreichte diese positive Entwicklung durch einen Abbau<br />
ihrer Finanzschulden in den Jahren 2008 bis 2011 um rd. 13,5 %. (TZ 13, 15)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Knittelfeld waren in den Jahren 2008 bis 2011 zu rd. 52 %<br />
bis 56 % den Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit zuzuordnen. Knittelfeld wies 2008 bis<br />
2011 keine Finanzschulden in Fremdwährungen auf. Die gesamten aushaftenden Finanzschulden<br />
der Gemeinde Knittelfeld waren variabel verzinst. Dadurch erzielte die Gemeinde<br />
Knittelfeld im Überprüfungszeitraum ein deutlich besseres Ergebnis (niedrigere Verzinsung)<br />
als jene Vergleichsgemeinden, die sich zu wesentlichen An<strong>teil</strong>en ihrer Gesamtverschuldung<br />
mit fixen Zinsen finanzierten. Allerdings könnte insbesondere bei einem sprunghaften<br />
Anstieg des Marktzinsniveaus das Gemeindebudget durch unerwartet hohe Finanzierungskosten<br />
erheblich belastet werden. (TZ 14)<br />
Ein aktives Schuldenmanagement war eine wesentliche Voraussetzung dafür, die Kosten der<br />
Fremdfinanzierung möglichst gering zu halten. Hinsichtlich der Finanzschulden hatte die<br />
Finanzab<strong>teil</strong>ung der Gemeinde Knittelfeld laufend Informationen über den aktuellen Stand<br />
der Verzinsungshöhe und der Darlehenslaufzeiten und sie beobachtete die Marktentwicklung.<br />
Die Optimierung von Zins<strong>–</strong> und Darlehenskonditionen war auch ein Bestand<strong>teil</strong><br />
des von der Gemeinde Knittelfeld entwickelten Konsolidierungsprogramms. (TZ 14)<br />
HAFTUNGEN<br />
Die im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Haftungen der Gemeinde Knittelfeld stiegen von<br />
2,15 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 3,23 Mio. EUR im Jahr 2011. Mit einem Haftungsbetrag von
Seite 72 / 144<br />
274 EUR je Einwohner im Jahr 2011 lag Knittelfeld deutlich unter dem Durchschnitt der<br />
steiermärkischen (655 EUR) und österreichischen (775 EUR) Vergleichsgemeinden. (TZ 16)<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die einnahmenseitig umfangreichste Transferbeziehung bestand gegenüber dem Land<br />
Steiermark: Knittelfeld erhielt in den Jahren 2008 bis 2011 rd. 9,59 Mio. EUR an Transfers<br />
(groß<strong>teil</strong>s diverse projektbezogene Zuschüsse und Bedarfszuweisungen). Eine vergleichsweise<br />
geringere Rolle spielte die Transferbeziehung zum Bund. Der Transfersaldo zum Bund<br />
war in allen Jahren (wenn auch bei geringfügigen Beträgen), jener zum Land außer im Jahr<br />
2009 positiv. Der negative Transfersaldo zu den Gemeinden und Gemeindeverbänden stieg<br />
im Überprüfungszeitraum an und lag zwischen 2,13 Mio. EUR (2008) und 4,62 Mio. EUR<br />
(2011). Das war auf den Anstieg der Sozialhilfeumlage sowie auf Belastungen der Gemeinde<br />
im Bereich der Abfallwirtschaft zurückzuführen. (TZ 17)<br />
Die Transferbelastung der Gemeinde Knittelfeld stieg in den Jahren 2008 bis 2011, ebenso<br />
wie jene in den Vergleichsgemeinden der Steiermark, deutlich an: in Knittelfeld von <strong>–</strong> 110<br />
EUR je Einwohner im Jahr 2008 auf <strong>–</strong> 380 EUR je Einwohner im Jahr 2011. Die Transferzahlungen<br />
belasteten den Gemeindehaushalt mit etwa einem Fünftel der Gesamtausgaben,<br />
jedoch konnte die Gemeinde diese Zahlungen <strong>teil</strong>weise weder der Höhe noch ihrer<br />
Verwendung nach maßgeblich mitgestalten. (TZ 18)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Die Gemeinde Knittelfeld entsprach bei der mittelfristigen Finanzplanung den Vorgaben der<br />
Steiermärkischen Gemeindehaushaltsordnung und wies diesem Planungsinstrument einen<br />
hohen Stellenwert zu. Neben der hohen Planungsqualität erwiesen sich die intensive<br />
Auseinandersetzung mit den Planungsergebnissen und die aktive Einleitung daraus<br />
abzuleitender Steuerungsmaßnahmen als wesentlicher Einflussfaktor für die mittelfristig<br />
orientierte Haushaltssteuerung der Gemeinde. (TZ 19)<br />
Nach der mittelfristigen Finanzplanung der Gemeinde Knittelfeld sollte sich der Finanzschuldenstand<br />
bei annähernd ausgeglichenen Jahresergebnissen von 18,44 Mio. EUR im Jahr<br />
2011 bis zum Jahr 2015 auf 15,40 Mio. EUR verringern (<strong>–</strong> 16 %). Die geplanten Tilgungsleistungen<br />
sollen abnehmen, der Zinsendienst — aufgrund der Annahme eines mittelfristig<br />
ansteigenden Zinsniveaus — steigen. Nur im Rahmen einer disziplinierten<br />
Haushaltskonsolidierung wird die Zielsetzung des Finanzschuldenabbaus erreichbar sein.<br />
(TZ 20)
Seite 73 / 144<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Informationen über die finanzielle Lage der Gemeinde waren vor allem den Rechnungsabschlüssen<br />
zu entnehmen. Die Gemeinde Knittelfeld erfüllte die in der Steiermärkischen<br />
Gemeindeordnung und der Steiermärkischen Gemeindehaushaltsordnung enthaltenen<br />
Vorgaben hinsichtlich der Ausweisungen und Nachweise in der Haushaltsrechnung. Positiv<br />
war die 2010 erfolgte Novelle der Steiermärkischen Gemeindeordnung, wonach dem<br />
Gemeinderat jährlich ein Bericht der Geschäftsführung über die wirtschaftliche Situation und<br />
die voraussichtliche Entwicklung von Unternehmen, an denen die Gemeinde zumindest mit<br />
50 % be<strong>teil</strong>igt war, vorzulegen war. Sie kann zu einer Verbesserung hinsichtlich der<br />
Transparenz der finanziellen Lage der Gemeinden führen. (TZ 21)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Die Gemeinde Knittelfeld hielt in den Jahren 2008 bis 2011 keine Kapitalbe<strong>teil</strong>igungen. Sie<br />
trat aber als persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) von zwei Kommanditgesellschaften<br />
auf: der 1998 errichteten Stadtgemeinde Knittelfeld KG (KKG), die das<br />
städtische Hallenschwimmbad und die Bibliothek betrieb, sowie der 2003 errichteten<br />
Stadtgemeinde Knittelfeld Wegwarte Seniorenpflege<strong>–</strong>Betriebs<strong>–</strong>KG (WSB), deren Aufgabe im<br />
Betrieb eines Seniorenpflegeheims bestand. Aus diesen Be<strong>teil</strong>igungen entstanden der<br />
Gemeinde im Zeitraum 2008 bis 2011 Ausgaben in Höhe von 1,93 Mio. EUR und Einnahmen<br />
in Höhe von 1,51 Mio. EUR. (TZ 22, 26)<br />
Die Wertanpassungen der Mietzahlungen der Gemeinde an die KKG (für die von der KKG<br />
gemietete Bibliothek und das gemietete Schwimmbad) sowie der Zahlungen der KKG an die<br />
Gemeinde betreffend Baurechtszins (aufgrund des Baurechtsvertrags zur Errichtung von<br />
Bibliothek und Schwimmbad auf Liegenschaften der Gemeinde) und Geschäftsführerentschädigung<br />
(der Bürgermeister fungierte als Geschäftsführer der KKG) hatte die<br />
Gemeinde Knittelfeld nicht überprüft. Nach den Berechnungen des RH hatte die Gemeinde<br />
aus diesen Titeln im Zeitraum 1999 bis 2012 in Summe rd. 19.100 EUR zu viel an die KKG<br />
gezahlt. (TZ 26, 27)<br />
Für die KKG bestanden keine Haftungen der Gemeinde Knittelfeld. Die Be<strong>teil</strong>igung am<br />
Gewinn bzw. Verlust sowie das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung entsprachen<br />
dem An<strong>teil</strong> des eingebrachten Vermögens, womit die Gemeinde — die keine Vermögenseinlagen<br />
geleistet hatte — an allfälligen Gewinnen nicht partizipieren konnte und auch kein<br />
Stimmrecht besaß. Die Gewinne flossen ausschließlich an die An<strong>teil</strong>sverwaltungssparkasse<br />
(AVS) als Kommanditistin und dienten so der Vergütung der von der AVS eingebrachten<br />
Vermögenseinlage in der Höhe von 2,91 Mio. EUR. Die der KKG zufließenden Mietzahlungen<br />
der Gemeinde (im Jahr 2011 rd. 94.000 EUR) stellten die gesamten Einnahmen der KKG dar
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und hatten wesentlichen An<strong>teil</strong> an den Gewinnen der KKG. Die KKG führte — entgegen dem<br />
Errichtungsvertrag — lediglich eine Einnahmen<strong>–</strong>Ausgaben<strong>–</strong>Rechnung. Die Abschreibung<br />
wurde dabei mit 67 Jahren unüblich lange angesetzt und ermöglichte überhaupt erst<br />
nennenswerte Einnahmenüberschüsse. (TZ 27)<br />
Bei der WSB haftete die Gemeinde Knittelfeld für von dieser zur Finanzierung ihrer Betriebsmittel<br />
aufgenommene Darlehen in Höhe von 550.000 EUR. Die Gemeinde trug nicht nur das<br />
wirtschaftliche Risiko der Gesellschaft, sondern hatte im Haftungsfall als voll haftende<br />
Gesellschafterin das finanzielle Risiko in unbeschränkter Höhe (nicht nur in Höhe der<br />
Haftungszusage) zu tragen. Für die Haftungszusage der Gemeinde Knittelfeld vom Juli 2005<br />
lagen die erforderlichen Gemeinderatsbeschlüsse und Genehmigungen der Aufsichtsbehörde<br />
nicht vor. (TZ 27)<br />
Die KKG erstellte keine Budgetunterlagen; der Gemeinderat wurde über die wirtschaftliche<br />
Entwicklung der KKG nicht unterrichtet. Auch wenn der Gemeinderat die Errichtung der KKG<br />
selbst beschlossen hatte und die Gesellschaft lediglich die Rückzahlung der vom<br />
Kommanditisten zur Verfügung gestellten Einlage für die Adaptierung des Schwimmbades<br />
sowie der Bibliothek abwickelte, handelte es sich doch um eine Be<strong>teil</strong>igung der Gemeinde<br />
und nicht nur um eine bloße Darlehensaufnahme. Deshalb war eine regelmäßige Information<br />
des Gemeinderats über die wirtschaftliche Situation der KKG geboten. (TZ 28, 29)<br />
Die dem Gemeinderat betreffend die WSB regelmäßig zur Verfügung gestellten Berichte<br />
waren geeignet, die wirtschaftliche Lage dieser Gesellschaft zu beur<strong>teil</strong>en. (TZ 29)<br />
In ihrer Mittelfristplanung für die Jahre 2013 bis 2015 berücksichtigte die Gemeinde<br />
Knittelfeld Indexsteigerungen für den Mietzins, den Baurechtzins und die Geschäftsführerentschädigung,<br />
die aus der Be<strong>teil</strong>igung an der KKG resultierten. Ebenso flossen die aus<br />
der Personalverleihung an die WSB erwarteten Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde<br />
Knittelfeld in die Mittelfristplanung ein. (TZ 29)<br />
Die Eigenmittelquote sowie die Schuldentilgungsdauer der KKG waren nicht feststellbar, weil<br />
lediglich Einnahmen<strong>–</strong>Ausgaben<strong>–</strong>Rechnungen für die KKG erstellt wurden. Für die WSB lag im<br />
Jahr 2008 die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs nach Unternehmensreorganisationsgesetz<br />
(URG) vor, seit dem Jahr 2009 nicht mehr. Der Umstand, dass die Gemeinde<br />
Knittelfeld als Komplementärin mit ihrem persönlichen Vermögen für die WSB haftete, war<br />
für eine günstige Fortbestandsprognose der Gesellschaft von Bedeutung. In diesem<br />
Zusammenhang war jedoch auf das von der Gemeinde zu tragende wirtschaftliche Risiko<br />
hinzuweisen. (TZ 30)
Seite 75 / 144<br />
Die kurz<strong>–</strong>, mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der KKG waren aufgrund der<br />
Einnahmen<strong>–</strong>Ausgaben<strong>–</strong>Rechnungen nicht feststellbar. Die WSB wies keine mittel<strong>–</strong> und<br />
langfristigen Verbindlichkeiten auf. Daher war das aus der WSB erwachsende finanzielle<br />
Risiko für die Gemeinde Knittelfeld gering. (TZ 31)<br />
ORGANISATION<br />
Die Organisationsstruktur des Stadtamts Knittelfeld sah neben der Stadtamtsdirektion acht<br />
Referate vor sowie zwei Verbände, in welchen Bedienstete der Gemeinde Leitungsfunktionen<br />
innehatten. Die Führungsspannen lagen zwischen 1:1 und 1:23. Die Gemeinde Knittelfeld<br />
passte ihre Verwaltungsstruktur in den vergangenen Jahren laufend an aktuelle personelle<br />
und organisatorische Gegebenheiten an. Ein Beispiel dafür war die Schaffung des Personalpools.<br />
Dieser führte Bedienstete, die nach Umstrukturierungen bzw. nach der Rückkehr von<br />
Karenzurlauben an ihrem bisherigen Arbeitsplatz keine Verwendung mehr fanden und zu<br />
Vertretungszwecken bzw. zur Abdeckung von Personalengpässen ihren Dienst versahen. Der<br />
Personalpool kann ein geeignetes Instrument zur Eingliederung von Bediensteten darstellen.<br />
(TZ 32)<br />
Schriftlich festgelegte Stellvertretungsregelungen gab es — außer für den Stadtamtsdirektor<br />
— nicht. Produkt<strong>–</strong> bzw. Aufgabenbeschreibungen lagen nur für wenige Bedienstete vor.<br />
Mithilfe eines externen Beratungsunternehmens entwarf die Gemeinde 2010 einen<br />
einheitlichen Produktkatalog. Dieses Projekt war erst <strong>teil</strong>weise umgesetzt. (TZ 33)<br />
Der Prüfungsausschuss der Gemeinde Knittelfeld hielt in den Jahren 2008 bis 2010 jeweils<br />
eine Sitzung weniger ab, als dies die Steiermärkische Gemeindeordnung vorsah. Auch<br />
schöpfte der Prüfungsausschuss seine in der Steiermärkischen Gemeindeordnung<br />
vorgesehene umfassende Prüfkompetenz nicht aus und unterließ es, die öffentlichen<br />
Einrichtungen, Anlagen, Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit und wirtschaftlichen<br />
Unternehmungen, welche unter beherrschendem Einfluss der Gemeinde standen, in seine<br />
Prüfungen einzubeziehen. (TZ 35)<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 beschäftigte die Gemeinde Knittelfeld 209 Mitarbeiter (174,46 VBÄ). Dafür<br />
fielen Personalausgaben von 8,27 Mio. EUR an. Der Personalstand sank im Zeitraum 2008 bis<br />
2011 um 9,1 % (in VBÄ um 11,8 %) — bei Nichtausschöpfung des Dienstpostenplans um bis<br />
zu 7,5 % (2011) —, die Personalausgaben reduzierten sich um rd. 2,0 %. Im Vergleich der<br />
acht überprüften Gemeinden konnte neben Knittelfeld nur noch St. Veit/Glan (<strong>–</strong> 0,9 %) die
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Personalausgaben reduzieren. Beide Gemeinden wiesen damit auch weit günstigere Werte<br />
auf als die österreichischen Vergleichsgemeinden (+ 7,9 %). (TZ 37, 38)<br />
Die Personalausgaben je Einwohner in der Gemeinde Knittelfeld im Jahr 2011 (702 EUR)<br />
lagen deutlich über dem Niveau der steiermärkischen (689 EUR) bzw. österreichischen<br />
(574 EUR) Vergleichsgemeinden. Im Vergleich der acht überprüften Gemeinden waren im<br />
Jahr 2011 die Personalausgaben der Gemeinde Knittelfeld je Mitarbeiter (in VBÄ) mit<br />
47.389 EUR im oberen Bereich angesiedelt (Minimalwert Eisen<strong>stadt</strong> 39.464 EUR, Maximalwert<br />
Bludenz 51.000 EUR). Im Zeitraum 2008 bis 2011 waren zwar die Personalausgaben<br />
gesamt um 2,0 % gesunken, aber die Personalausgaben je Mitarbeiter (in VBÄ) um 11,1 %<br />
gestiegen. Dies war deshalb möglich, weil die Gemeinde seit 2008 ihren Personalstand<br />
kontinuierlich reduzierte. (TZ 38, 39)<br />
In den Jahren 2008 bis 2011 erfolgten in Knittelfeld insgesamt sechs Beförderungen und<br />
16 Überstellungen in eine andere Entlohnungsgruppe unter Einhaltung der geltenden<br />
gesetzlichen Bestimmungen. (TZ 40)<br />
Die Gemeinde Knittelfeld beschloss in ihrer Nebengebührenordnung, die Jubiläumszuwendung<br />
(im Ausmaß von 400 % des Monatsbezugs) bereits bei Vollendung von 35 (anstelle<br />
von, wie landesgesetzlich vorgesehen, 40) anrechenbaren Dienstjahren zu gewähren. Diese<br />
Besserstellung sah der RH kritisch. Die Gemeinde Knittelfeld hatte ihre Nebengebührenordnung<br />
der Aufsichtsbehörde nicht zur Verordnungsprüfung vorgelegt. (TZ 41)<br />
Mit der (landesgesetzlich geregelten) Mehrleistungszulage galten bis zu sechs Überstunden<br />
als abgegolten. Trotz Gewährung der Mehrleistungszulage zahlte die Gemeinde Knittelfeld<br />
ihren Bediensteten jede Überstunde — nicht erst die siebte und die weiteren — aus. Jährlich<br />
entstanden der Gemeinde dadurch Mehrausgaben von rd. 50.000 EUR. Einer Empfehlung der<br />
Gemeindeaufsicht aus dem Jahr 2006, diese Praxis zu beenden, kam die Gemeinde nicht<br />
nach. (TZ 42)<br />
ABWASSER<br />
Knittelfeld war Mitglied des Abwasserverbands Knittelfeld und Umgebung mit einem<br />
Stimmrechtsan<strong>teil</strong> von 42,17 % (2011). An das rd. 40 km umfassende Kanalnetz der<br />
Gemeinde waren rd. 1.855 Liegenschaften angeschlossen. Die Abwasserreinigungsanlage<br />
des Verbands war für 70.000 Einwohnerwerte bewilligt. Von den in Knittelfeld zu<br />
entsorgenden 33.160 Einwohnerwerten entfielen 7.120 auf Klein<strong>–</strong> und Mittelbetriebe sowie<br />
13.300 auf Großbetriebe. (TZ 43, 44)
Seite 77 / 144<br />
Detailkenntnisse über die Beschaffenheit und den Zustand der Kanalisation waren wesentlich<br />
für die Steuerung im Bereich der Abwasserentsorgung. In der Gemeinde Knittelfeld waren die<br />
vorliegenden Unterlagen über den Zustand der Kanalisation noch nicht IT<strong>–</strong>mäßig mit den<br />
digitalen Daten zu Dimension, Material und Alter der Kanalisation verknüpft. Die<br />
Anschaffung einer Software für einen digitalen Kanalkataster war geplant. (TZ 44)<br />
Knittelfeld führte die Anlage zur Abwasserbeseitigung als Betrieb mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit. 1997 wurde die Satzung dafür beschlossen. Bis zum Ende der Gebarungsüberprüfung<br />
war kein Betriebsleiter bestellt. (TZ 43)<br />
Der ordentliche Abwasserhaushalt war in den Jahren 2008 bis 2011 ausgeglichen. Rücklagen<br />
für den Abwasserbereich bildete die Gemeinde Knittelfeld in diesem Zeitraum nicht. Sie<br />
entnahm in den Jahren 2007 bis 2010 dem Abwasserhaushalt Überschüsse von insgesamt<br />
rd. 332.000 EUR und verwendete diese für andere Zwecke als die Abwasserentsorgung.<br />
(TZ 46)<br />
Ein für den Umbau der Kläranlage nicht ausgeschöpftes Darlehensvolumen in Höhe von<br />
rd. 1,00 Mio. EUR führte die Gemeinde zwar an den ordentlichen Haushalt zurück, sie<br />
verwendete davon aber lediglich 750.000 EUR zur Tilgung des Darlehens. Auch hier<br />
verwendete die Gemeinde vorschriftswidrig außerordentliche Einnahmen (Darlehen) zur<br />
Bedeckung von ordentlichen Ausgaben. Im Jahr 2009 führte die Gemeinde Knittelfeld von<br />
den eingehobenen Kanalisationsbeiträgen in Höhe von rd. 111.000 EUR nur rd. 49.000 EUR<br />
dem außerordentlichen Abwasserhaushalt zu. (TZ 46)<br />
Auch der außerordentliche Abwasserhaushalt war im Überprüfungszeitraum ausgeglichen.<br />
Mit einem Volumen von 97.000 EUR (2008) bis 521.000 EUR (2011) war der Investitionsbedarf<br />
der Gemeinde Knittelfeld im Abwasserbereich gering. (TZ 47)<br />
Das in der Steiermark einheitliche Modell zur Ermittlung des Kanalisationsbeitrags bot die<br />
Grundlage für einen transparenten Vergleich zwischen den Kanalisationsbeiträgen der<br />
Gemeinden im Land Steiermark. Bezüglich der Kanalbenützungsgebühren gelangten<br />
hingegen unterschiedliche Modelle zur Anwendung. Das in Knittelfeld praktizierte Modell der<br />
Ermittlung der Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe des Wasserverbrauchs zielte<br />
vermehrt auf den tatsächlichen Abwasseranfall ab und bot Anreize für Wassereinsparungen.<br />
(TZ 48)<br />
Die Gemeinde Knittelfeld schöpfte den gesetzlich zulässigen Rahmen für die Festlegung der<br />
Einheitssätze für den Kanalisationsbeitrag bis zu rd. 82 % nicht aus. (TZ 49)
Seite 78 / 144<br />
Für die Kalkulation der Kanalbenützungsgebühr erstellte die Gemeinde Knittelfeld eine<br />
Kosten<strong>–</strong> und Leistungsrechnung. Sie war zweckmäßig, weil sie die Beur<strong>teil</strong>ung der Wirtschaftlichkeit<br />
der Abwasserbeseitigung erlaubte. Auf Basis der Einheitssätze für die Kanalbenützungsgebühr<br />
aus dem Jahr 2007 ergab die Kalkulation einen durchschnittlichen<br />
jährlichen Abgang von rd. 89.000 EUR. Um eine volle Kostendeckung zu erreichen, beschloss<br />
der Gemeinderat die Anhebung des Einheitssatzes um rd. 16 % mit Wirkung vom<br />
1. Jänner 2012. (TZ 50, 51)<br />
Die IT<strong>–</strong>unterstützte Vorschreibung der Kanalgebühren war zweckmäßig und zeitgemäß, das<br />
automatisierte Mahnwesen effizient. Die Ermittlung des Wasserverbrauchs durch Selbstablesung<br />
war allerdings fehleranfällig. Eine im Jahr 2009 durchgeführte Prüfung aller<br />
Vorschreibungen auf Vollständigkeit stellte unterbliebene Vorschreibungen in Höhe von<br />
rd. 191.000 EUR fest. Dieser Betrag kam 2010 zur Verrechnung. (TZ 52, 53)<br />
Die tatsächliche Belastung der Abwasserreinigungsanlage wich deutlich von den gemeldeten<br />
Einwohnerwerten für die Betriebskostenauf<strong>teil</strong>ung ab (rd. 65.000 Einwohnerwerte im<br />
Vergleich zu 41.202 gemeldeten Einwohnerwerten). Ob die Auf<strong>teil</strong>ung der Betriebskosten<br />
verursachergerecht war, war daher zu verifizieren. (TZ 54)<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Gemeinde Knittelfeld<br />
hervor:<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Die Umsetzungsbemühungen hinsichtlich des Konsolidierungsprogramms der Gemeinde<br />
wären konsequent fortzusetzen; dabei wäre das Hauptaugenmerk auf ausgabenseitige<br />
Maßnahmen zu legen. (TZ 4, 10)<br />
(2) Im Rahmen der Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen wäre auch der Vermögenserhalt<br />
bzw. Vermögensaufbau anzustreben. (TZ 12)<br />
(3) Die eingeleiteten Aktivitäten im Schuldenmanagement wären konsequent weiterzuverfolgen.<br />
(TZ 14)<br />
(4) Die Haushaltsziele der mittelfristigen Finanzplanung sollten weiter konsequent verfolgt<br />
und die laufende Abarbeitung des Maßnahmenkatalogs fortgesetzt werden. (TZ 19)
Seite 79 / 144<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(5) Der Gemeinderat sollte zumindest jährlich über die wirtschaftliche Situation der<br />
Stadtgemeinde Knittelfeld KG (KKG) informiert werden. (TZ 29)<br />
(6) Für die KKG wären, entsprechend dem Gesellschaftsvertrag, eine Bilanz und ein<br />
Jahresabschluss zu erstellen. (TZ 27)<br />
(7) Im Zusammenhang mit der KKG wäre regelmäßig eine Überprüfung der für den Mietzins,<br />
den Baurechtszins und die Geschäftsführerentschädigung angesetzten Höhe der<br />
Wertanpassungen auf Basis der zugrunde liegenden Verträge vorzunehmen. (TZ 26)<br />
Organisation<br />
(8) Der Produkt<strong>–</strong> und Aufgabenkatalog (Dienstpostenbeschreibungen) des Stadtamts<br />
Knittelfeld sollte rasch fertiggestellt werden. (TZ 33)<br />
(9) Stellvertretungsregelungen für die Führungskräfte der Gemeindeverwaltung wären<br />
festzulegen. (TZ 33)<br />
(10) Der Prüfungsausschuss der Gemeinde sollte die gesetzlich bestimmte jährliche Anzahl<br />
an Sitzungen abhalten. (TZ 35)<br />
(11) Der Prüfungsausschuss sollte die in der Steiermärkischen Gemeindeordnung weit<br />
gefasste Prüfungskompetenz — neben der Gebarung der Gemeinde auch jene der<br />
öffentlichen Einrichtungen, der Anlagen, der Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit und<br />
der wirtschaftlichen Unternehmungen — ausüben. (TZ 35)<br />
Personal<br />
(12) Die Personalausgaben sollten gesenkt werden. (TZ 39)<br />
(13) Die Gewährung der Jubiläumszuwendungen sollte sich an den landesgesetzlichen<br />
Regelungen orientieren. (TZ 41)<br />
(14) Die Nebengebührenordnung der Gemeinde Knittelfeld sollte ehestens der Aufsichtsbehörde<br />
des Landes Steiermark zur Verordnungsprüfung vorgelegt werden. (TZ 41)<br />
(15) Die gesetzlichen Grundlagen für die Auszahlung der Mehrleistungszulage wären<br />
einzuhalten. (TZ 42)
Seite 80 / 144<br />
Abwasser<br />
(16) Es wäre ehestens ein Leiter der Betriebe der Abwasserbeseitigung zu bestellen. (TZ 43)<br />
(17) Der Aufbau des digitalen Kanalkatasters wäre zügig voranzutreiben. (TZ 44)<br />
(18) Überschüsse des Abwasserbereichs wären zweckgebundenen Rücklagen zuzuführen oder<br />
zur Bedeckung von Investitionsvorhaben der Abwasserbeseitigung im außerordentlichen<br />
Haushalt heranzuziehen. (TZ 46)<br />
(19) Die Vorgabe der Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung, wonach<br />
ordentliche Ausgaben nicht durch außerordentliche Einnahmen zu bedecken sind, sollte strikt<br />
eingehalten werden. (TZ 46)<br />
(20) Im Bereich der Abwasserbeseitigung wäre die Projektkostenplanung zu verbessern, um<br />
so eine möglichst fristengetreue Finanzierung der Projekte sicherzustellen. (TZ 47)<br />
(21) Die Kanalgebühren wären jährlich neu zu kalkulieren, um auf Grundlage dieser<br />
Berechnungen den Gemeinderat in die Lage zu versetzen, die Kostendeckung im<br />
Abwasserbereich sicherzustellen. (TZ 50)<br />
(22) Hinsichtlich der Mängel bei den Selbstablesungen zur Feststellung des Wasserverbrauchs<br />
(als Grundlage der Kanalgebührenberechnung) sollte durch Aussendung einer<br />
entsprechenden Erläuterungsunterlage auf eine bessere Qualität hingewirkt werden. (TZ 52)<br />
(23) Auf die Aufklärung der Differenz zwischen gemeldeten Einwohnerwerten und der<br />
tatsächlichen Einwohnerwertbelastung der Abwasserreinigungsanlage sollte hingewirkt<br />
werden. (TZ 54)
Seite 81 / 144<br />
STADTGEMEINDE MISTELBACH<br />
Die finanzielle Lage der Gemeinde Mistelbach war angespannt. Insbesondere die<br />
negativen Werte der öffentlichen Sparquote in den Jahren 2008 und 2009 wiesen darauf<br />
hin, dass die Gemeinde nicht in der Lage war, die laufenden Ausgaben (Personal,<br />
Verwaltung, Zinsen etc.) aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren.<br />
Die Pro<strong>–</strong>Kopf<strong>–</strong>Verschuldung stieg von 4.077 EUR (2008) um 5,64 % auf 4.311 EUR (2011)<br />
an. Im Vergleich zu Gemeinden mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern im Bundesgebiet war<br />
die Pro<strong>–</strong>Kopf<strong>–</strong>Verschuldung mehr als doppelt so hoch. Bezogen auf Niederösterreichs<br />
Gemeinden mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern war sie um rd. 60 % höher. Trotz des<br />
vergleichsweise hohen Schuldenstandes hatte die Gemeinde kein umfassendes<br />
Konsolidierungskonzept entwickelt.<br />
Das finanzielle Risiko für die Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde — der Mistelbacher Museums<br />
und Kunst BetriebsgmbH sowie der RIZ Regional<strong>–</strong>Innovations<strong>–</strong>Zentrum NÖ<strong>–</strong>Ost<br />
Informationstransfer und Beratungsgesellschaft m.b.H. — war gering, zumal die<br />
Gemeinde bei beiden Unternehmen nicht Mehrheitseigentümer war.<br />
Die Führungsspannen waren <strong>teil</strong>weise äußerst gering. Insgesamt gab es drei<br />
Ab<strong>teil</strong>ungsleiter ohne Mitarbeiter.<br />
Die Personalkosten je Einwohner lagen über den Vergleichswerten in Niederösterreich<br />
und im Bundesgebiet.<br />
Ergänzend zu den gesetzlichen Bestimmungen über außerordentliche Vorrückungen<br />
von Gemeindebediensteten gewährte die Gemeinde aufgrund einer aus dem Jahre 1985<br />
zwischen der Personalvertretung und dem damaligen Bürgermeister festgelegten<br />
Regelung je eine zusätzliche Vorrückung bereits bei 15<strong>–</strong>, 25<strong>–</strong> und 30<strong>–</strong>jähriger<br />
anrechenbarer Dienstzeit und einer entsprechend positiven Dienstleistung.<br />
Das kamerale Ergebnis des Abwasserbereichs konnte ausgeglichen dargestellt werden.<br />
Die Gemeinde musste jedoch bereits 68 % der ordentlichen Einnahmen für die<br />
Bedienung des Schuldendienstes heranziehen. Somit blieb der Gemeinde kein<br />
finanzieller Handlungsspielraum, um anstehende Investitionsprojekte aus eigener Kraft<br />
zu finanzieren.<br />
Die Einheitssätze für die Kanaleinmündungsgebühr waren seit mehr als 15 Jahren<br />
unverändert und lagen deutlich unter dem gesetzlichen Rahmen. Dadurch war der
Seite 82 / 144<br />
Fremdkapitalbedarf für Investitionen hoch. Auch die Einheitssätze für die<br />
Kanalbenützungsgebühren waren seit mehr als 13 Jahren unverändert.<br />
PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser. Die<br />
Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde waren nicht Gegenstand der Gebarungsüberprüfung. (TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Die finanzielle Lage der Gemeinde Mistelbach war angespannt. Die Einnahmen (ohne neu<br />
aufgenommene Finanzschulden) blieben im Überprüfungszeitraum auf annähernd gleichem<br />
Niveau: 29,92 Mio. EUR 2008 bis 29,17 Mio. EUR 2011 (<strong>–</strong> 2,5 %). Die bei den Vergleichsgemeinden<br />
wichtigsten Einnahmenquellen — die eigenen Steuern und Ertragsan<strong>teil</strong>e —<br />
hatten für Mistelbach eine wesentlich geringere Bedeutung; insbesondere die Einnahmen aus<br />
eigenen Steuern waren in Mistelbach unterdurchschnittlich gering: 10,4 % gegenüber 17,6 %<br />
in den niederösterreichischen und 19,2 % in den österreichischen Vergleichsgemeinden.<br />
Dafür waren die Einnahmen aus der Aufnahme von Finanzschulden im Durchschnitt der Jahre<br />
2008 bis 2011 in Mistelbach höher als bei den Vergleichsgemeinden: 14,0 % gegenüber 10,7<br />
% in den niederösterreichischen und 6,3 % in den österreichischen Vergleichsgemeinden.<br />
(TZ 4, 5)<br />
Die Ausgaben sanken deutlich um 20,4 % von 35,00 Mio. EUR im Jahr 2008 auf<br />
27,85 Mio. EUR im Jahr 2011. Gegenüber den Vergleichsgemeinden fielen höhere Ausgaben<br />
in der Haushaltsgruppe 3 (Kunst, Kultur und Kultus) — mit der Musikschule als wesentlicher<br />
Ausgabenposition — und in der Haushaltsgruppe 6 (Straßen<strong>–</strong> und Wasserbau, Verkehr) —<br />
infolge von Investitionen und außerordentlichen Vorhaben — an. (TZ 4, 7)
Seite 83 / 144<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 der Gemeinde Mistelbach war im Zeitraum 2008 bis<br />
2010 negativ — d.h. die jährlichen Ausgaben lagen über den Einnahmen — und erreichte im<br />
Jahr 2011 ein positives Ergebnis von 1,31 Mio. EUR. Auch bei Abzug der Schuldentilgungen<br />
waren die Ergebnisse bis zum Jahr 2010 negativ. Negative Jahresergebnisse waren kritisch,<br />
weil sie aufzeigten, dass jeweils eine Neuverschuldung zum Haushaltsausgleich erforderlich<br />
war. (TZ 4)<br />
Die laufenden Einnahmen verringerten sich in Mistelbach im Überprüfungszeitraum um 2,0 %<br />
(um 11,8 % steigenden Steuereinnahmen standen um 4,1 % sinkende Gebühreneinnahmen<br />
gegenüber), die laufenden Ausgaben verringerten sich um 14,4 % (um 8,1 % steigenden<br />
Ausgaben für Personal und Pensionen stand ein um 39,0 % deutlich sinkender Verwaltungs<strong>–</strong><br />
und Betriebsaufwand gegenüber). Die laufenden Ausgaben gingen damit sowohl nominell als<br />
auch prozentuell deutlich stärker zurück als die laufenden Einnahmen. (TZ 6, 8)<br />
Der Ausgabenumfang des außerordentlichen Haushalts ging von 2008 bis 2011 deutlich<br />
zurück: um rd. 73 % von 11,05 Mio. EUR auf 2,96 Mio. EUR. Gründe dafür waren die<br />
rückläufigen Investitionen im Bereich Abwasserentsorgung und geringere Ausgaben für<br />
Kindergärten und Museen. (TZ 9)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. In den Jahren 2008 und 2009 waren die drei Kennzahlen in Mistelbach überwiegend<br />
ungünstiger als bei den Vergleichsgemeinden Niederösterreichs und Österreichs.<br />
Die Werte verbesserten sich zwar in den Jahren 2010 und 2011; die Quote freie Finanzspitze<br />
und die öffentliche Sparquote lagen im Jahr 2011 aber noch immer hinter den Werten der<br />
Vergleichsgemeinden zurück. Insbesondere die negativen Werte der öffentlichen Sparquote<br />
in den Jahren 2008 und 2009 zeigten, dass die Gemeinde Mistelbach nicht in der Lage war,<br />
die laufenden Ausgaben (Personal, Verwaltung, Zinsen etc.) aus den laufenden Einnahmen zu<br />
finanzieren. (TZ 10)<br />
VERMÖGEN<br />
Die gemäß Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) geforderten Angaben<br />
zur Vermögens<strong>–</strong> und Schuldenrechnung für Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit waren in<br />
den Rechnungsabschlüssen der Gemeinde Mistelbach nicht vollständig enthalten. (TZ 12)<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des<br />
Rechnungsquerschnitts) abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 84 / 144<br />
SCHULDEN UND FINANZIERUNGSVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Mistelbach stiegen im Zeitraum 2008 bis 2011 von<br />
45,05 Mio. EUR auf 47,49 Mio. EUR (5,43 %) an und betrugen im Jahr 2011 rd. 205 % der<br />
laufenden Einnahmen der Gemeinde. Mit 4.077 EUR Finanzschulden je Einwohner im Jahr<br />
2008 und 4.311 EUR im Jahr 2011 hatte Mistelbach für diese Kennzahl zur Verschuldung<br />
deutlich schlechtere Werte als die Vergleichsgemeinden: Gegenüber den Vergleichsgemeinden<br />
Österreichs war die Pro<strong>–</strong>Kopf<strong>–</strong>Verschuldung in Mistelbach mehr als doppelt so<br />
hoch, gegenüber jenen Niederösterreichs um rd. 60 % höher. In gegenläufiger Entwicklung<br />
zu den Vergleichsgemeinden konnte Mistelbach die Nettoneuverschuldung in den Jahren<br />
2010 und 2011 zwar abbauen, die Schuldendienstquote war aber überdurchschnittlich hoch:<br />
Sie lag im gesamten Überprüfungszeitraum rd. 10 Prozentpunkte über dem Niveau der<br />
Vergleichsgemeinden Österreichs. Im Jahr 2011 musste die Gemeinde Mistelbach<br />
rechnerisch etwa 21 % der Einnahmen aus den Ertragsan<strong>teil</strong>en und der eigenen Steuern für<br />
den Schuldendienst aufwenden. (TZ 13, 15)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Mistelbach waren in den Jahren 2008 bis 2011 zu rd. 78 %<br />
den Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit zuzuordnen. Die Gemeinde wies im Zeitraum<br />
2008 bis 2011 keine Finanzschulden in Fremdwährungen auf. Rund ein Viertel der<br />
aushaftenden Darlehenssumme war fix verzinst, was bei einem sprunghaften Anstieg des<br />
Marktzinsniveaus das Gemeindebudget durch unerwartet hohe Finanzierungskosten<br />
erheblich belasten könnte. (TZ 14)<br />
Die Finanzierungsstrategie der Gemeinde Mistelbach war mit hohem Risiko behaftet. Zwar<br />
führten mehrere seit dem Jahr 2006 abgeschlossene und bereits beendete Finanztermingeschäfte<br />
bis einschließlich 2011 zu positiven Gesamterträgen von insgesamt<br />
rd. 496.000 EUR. Jedoch belastete ein ursprünglich noch bis zum Jahr 2015 laufendes<br />
Zinstauschgeschäft seit dem Jahr 2010 — nach anfänglich positiven quartalsweisen<br />
Zahlungsaustauschen — den Gemeindehaushalt. Schließlich musste die Gemeinde eine<br />
Abschlagszahlung in Höhe von 2,29 Mio. EUR an den Swap<strong>–</strong>Partner in Kauf nehmen, um eine<br />
vorzeitige Schließung des Produkts zu erreichen und damit das potenzielle Risiko von noch<br />
höheren Verlusten zu vermeiden. (TZ 14)<br />
HAFTUNGEN<br />
Die im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Haftungen der Gemeinde Mistelbach stiegen von<br />
1,44 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 2,23 Mio. EUR im Jahr 2011. Der Nachweis über den Stand<br />
der Haftungen im Rechnungsabschluss 2010 war insofern unvollständig, als er eine<br />
Patronatserklärung für einen Verein nicht enthielt. Über Anregung des RH behob die<br />
Gemeinde diesen Mangel im Rechnungsabschluss 2011. (TZ 16)
Seite 85 / 144<br />
Die Haftungssumme je Einwohner lag mit 202 EUR (2011) deutlich unter dem Durchschnitt<br />
der niederösterreichischen (1.020 EUR) und der österreichischen (775 EUR) Vergleichsgemeinden.<br />
(TZ 16)<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung der Gemeinde Mistelbach bestand<br />
gegenüber dem Land Niederösterreich. Mistelbach erhielt im Überprüfungszeitraum<br />
8,32 Mio. EUR an Transfers und musste 8,53 Mio. EUR — bei ab 2009 negativem Transfersaldo<br />
— an das Land überweisen. Im Jahr 2008 waren die Transfereinnahmen vom Land<br />
aufgrund von Zuschüssen des Landes für Kindergärten, Kanalprojekte und das Museumszentrum<br />
mit 3,68 Mio. EUR deutlich höher als in den Vergleichsjahren; dies galt umgekehrt<br />
auch für die Zahlungen an das Land (2,01 Mio. EUR), was im Wesentlichen auf die Höhe der<br />
Sozialhilfeumlage zurückzuführen war. Eine geringere Rolle spielten die Transferbeziehungen<br />
gegenüber dem Bund. Gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden hatte Mistelbach<br />
jährlich mehr als 3 Mio. EUR an Transfers zu leisten. (TZ 17)<br />
Wie bei den Vergleichsgemeinden veränderte sich der Transfersaldo je Einwohner von 2008<br />
bis 2010 auch in der Gemeinde Mistelbach zu Lasten der Gemeinde. Die Transferzahlungen<br />
belasteten den Gemeindehaushalt mit etwa einem Fünftel der Gemeindeausgaben, jedoch<br />
konnte die Gemeinde diese Zahlungen zum Teil weder der Höhe noch ihrer Verwendung<br />
nach maßgebend mitgestalten. (TZ 18)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Die Gemeinde Mistelbach prognostizierte das mittelfristige Investitionsvolumen (Gesamtausgaben<br />
des außerordentlichen Haushalts) regelmäßig zu niedrig. Dies hatte zur Folge,<br />
dass die für die Beur<strong>teil</strong>ung der Entwicklung und der Nachhaltigkeit der mittelfristigen<br />
Haushaltsführung wesentliche Information über den Finanzschuldenverlauf durchwegs zu<br />
optimistisch war und sich in der Folge als nicht haltbar erwies. (TZ 19)<br />
Nach der mittelfristigen Finanzplanung der Gemeinde Mistelbach soll sich der Finanzschuldenstand<br />
von 47,49 Mio. EUR im Jahr 2011 bis zum Jahr 2015 auf 42,98 Mio. EUR<br />
verringern (<strong>–</strong>9 %). Im Jahr 2015 erwartete die Gemeinde trotz angenommenen rückläufigen<br />
Schuldenstands einen Schuldendienst in Höhe von 5,14 Mio. EUR — und damit um rd. 36 %<br />
mehr als im Jahr 2011. (TZ 20)
Seite 86 / 144<br />
Mistelbach hatte, trotz des vergleichsweise hohen Schuldenstands, kein Konsolidierungskonzept<br />
entwickelt, aus dem Strategien zur Verbesserung der Haushaltsentwicklung<br />
ersichtlich wären. (TZ 20)<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Informationen über die finanzielle Lage der Gemeinde waren vor allem den Rechnungsabschlüssen<br />
zu entnehmen. Die Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Mistelbach enthielten<br />
jedoch — entgegen der Niederösterreichischen Gemeindeordnung — keine Vermögensrechnung.<br />
(TZ 21)<br />
Zu begrüßen war die Novelle der Niederösterreichischen Gemeindeordnung aus dem Jahr<br />
2012, durch die alle ausgegliederten Einheiten unter beherrschendem Einfluss der Gemeinde<br />
zur Vorlage der geprüften Jahresabschlüsse einschließlich der geprüften Lageberichte und<br />
der Berichte des Abschlussprüfers an den Gemeinderat verpflichtet waren. Dies stellte einen<br />
wichtigen Schritt zu einer umfassenden Darstellung der finanziellen Lage der Gemeinden<br />
einschließlich der ausgegliederten Einheiten dar. Allerdings hatte diese Vorlage erst mit dem<br />
„nächstfolgenden Rechnungsabschluss“ zu geschehen, wodurch sich der Transparenz<br />
abträgliche erhebliche zeitliche Verzögerungen ergeben können. (TZ 21)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Mistelbach war Ende des Jahres 2011 an zwei Unternehmen be<strong>teil</strong>igt: ursprünglich zu 100 %<br />
und ab 2009 zu 49 % an der Gemeinnützigen Mistelbacher Museums und Kunst<br />
BetriebsgmbH (MZM), deren Aufgabe in der Förderung der Kunst im Weinviertel bestand,<br />
wozu sie ein Museum betrieb; sowie zu 16,3 % an der RIZ Regional<strong>–</strong>Innovations<strong>–</strong>Zentrum<br />
NÖ<strong>–</strong>Ost Informationstransfer und Beratungsgesellschaft m.b.H. (RIZ), die Dienstleistungen im<br />
Zuge der Gründung von Unternehmen anbot. Aus diesen Be<strong>teil</strong>igungen entstanden der<br />
Gemeinde im Zeitraum 2008 bis 2011 Ausgaben in Höhe von rd. 720.000 EUR und<br />
Einnahmen in Höhe von rd. 290.000 EUR. (TZ 22, 26)<br />
Der Betrieb eines Museums zählte nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde. Die<br />
Gemeinde Mistelbach unterließ es, vor Projektbeginn zu prüfen, ob ein Museum dieser<br />
Größenordnung auf Dauer wirtschaftlich zu betreiben war. Zu beanstanden war auch, dass<br />
durch die Schaffung einer privatrechtlichen Gesellschaft für ein gemeindeeigenes Museum<br />
kein getreues Bild der finanziellen Lage und der Risiken der Museumsgesellschaft in den<br />
Rechnungsabschlüssen der Gemeinde gegeben war. (TZ 24)
Seite 87 / 144<br />
Die Gemeinde Mistelbach hatte ihre Be<strong>teil</strong>igung an der RIZ keiner Überprüfung der Zweckerreichung<br />
unterzogen und die Auswirkungen der von der RIZ erbrachten Dienstleistungen<br />
auf die Anzahl der Unternehmensgründungen in Mistelbach nicht evaluiert. Die Ausgaben<br />
der Gemeinde für die RIZ waren in den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen nicht<br />
gesondert ausgewiesen. (TZ 25, 27)<br />
Bis zum Jahr 2008 vermietete die Gemeinde der MZM ein gemeindeeigenes Grundstück samt<br />
Räumlichkeiten für den Betrieb des Museumskomplexes. Mit Beginn des Jahres 2009<br />
veräußerte die Gemeinde die Liegenschaft an die NÖ Kulturwirtschaft GesmbH., wodurch die<br />
Ansprüche aus der Vermietung entfielen. Trotzdem — und somit ohne rechtliche Grundlage<br />
— ordnete der Erste Vizebürgermeister, gemeinsam mit dem Gruppenleiter Finanzen die<br />
Verbuchung einer Mieteinnahme in Höhe von rd. 235.000 EUR für das Jahr 2009 an. Dadurch<br />
stellte sich der Rechnungsabschluss 2009 um diesen Betrag besser dar. Schon im Voranschlag<br />
2008 war eine Mieterhöhung angesetzt worden, die sich letztlich nicht realisierte.<br />
Zudem berücksichtigte die Gemeinde Mistelbach in der Mittelfristplanung 2013 bis 2015 für<br />
die jährlichen Subventionszahlungen an die MZM die vertraglich vereinbarte Wertanpassung<br />
nicht und setzte den Subventionsbetrag darüber hinaus um rd. 15 % zu niedrig an<br />
(172.000 EUR statt 200.000 EUR). Somit genehmigte der Gemeinderat mehrfach Budgets der<br />
Gemeinde, die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen. (TZ 27)<br />
Infolge von Liquiditätsproblemen der MZM stundete die Gemeinde Mistelbach der MZM<br />
deren Mietzahlungen für 2007. Ein Gemeinderats<strong>–</strong> oder Stadtratsbeschluss hierzu erfolgte<br />
nicht. Bis zum Ende der Gebarungsüberprüfung war auch die endgültige Abrechnung der bis<br />
2009 aufgelaufenen Forderungen der Gemeinde betreffend Mietzahlungen der MZM in Höhe<br />
von rd. 264.000 EUR nicht erfolgt. (TZ 27)<br />
Die Gemeinde Mistelbach haftete für ihre Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen im Ausmaß ihres An<strong>teil</strong>s<br />
am Stammkapital der Gesellschaften. Mit Beginn des Jahres 2009 trat die Gemeinde Gesellschafteran<strong>teil</strong>e<br />
an der MZM in Höhe von 17.850 EUR (51 %) an die im Mehrheitseigentum der<br />
Hypo NOE Gruppe Bank AG stehende NÖ Kulturwirtschaft GesmbH. ab. Die Abtretung der<br />
An<strong>teil</strong>smehrheit an einen kulturbetriebserfahrenen Gesellschafter war, insbesondere im<br />
Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits schwierige wirtschaftliche Situation der MZM<br />
und die Fortführung des Museumsbetriebs, zweckmäßig. (TZ 28, 31)<br />
Für die RIZ bestand ein gesonderter Verlustabdeckungsvertrag, wonach die Verlustabdeckung<br />
der Gemeinde den Aufwendungen des RIZ<strong>–</strong>Standorts Mistelbach entsprach. Dies<br />
bot der Gemeinde die Möglichkeit — in Abhängigkeit der Maßnahmen, die am RIZ<strong>–</strong>Standort<br />
Mistelbach zur Unternehmensansiedelung erfolgten —, Einfluss auf die Höhe dieser<br />
Aufwendungen und damit ihrer finanziellen Verpflichtungen zu nehmen. Allerdings hatte die
Seite 88 / 144<br />
Gemeinde die RIZ keiner Überprüfung der Zweckerreichung unterzogen und somit ihre<br />
Einflussmöglichkeiten nicht genutzt. (TZ 28)<br />
Der Bürgermeister informierte den Stadt<strong>–</strong> bzw. Gemeinderat lediglich sporadisch über<br />
wirtschaftliche Belange der Be<strong>teil</strong>igungen, obwohl ihm oder einzelnen Funktionsträgern der<br />
Gemeinde regelmäßig Berichte der Be<strong>teil</strong>igungen übermittelt wurden. (TZ 30)<br />
Im Jahr 2008 war bei der MZM die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs nach<br />
Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) gegeben. Durch die Änderung der Eigentümerverhältnisse<br />
verbesserte sich die finanzielle Situation ab 2009, im Jahr 2010 war kein<br />
Reorganisationsbedarf mehr gegeben. Für die RIZ war im gesamten Überprüfungszeitraum<br />
ein Reorganisationsbedarf nach URG nicht zu vermuten und erschien im Hinblick auf die<br />
Verlustabdeckungsverpflichtung der Gesellschafter auch künftig nicht gegeben. (TZ 31)<br />
Unterlagen, aus denen die kurz<strong>–</strong>, mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der MZM<br />
ableitbar waren, wurden dem RH nicht zur Verfügung gestellt. Die RIZ wies ausschließlich<br />
Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr auf. (TZ 32)<br />
ORGANISATION<br />
Die Verwaltung der Gemeinde Mistelbach war seit dem Inkrafttreten der Organisationsänderung<br />
im Juli 2010 neben der Stadtamtsdirektion in sechs Gruppen, 16 Ab<strong>teil</strong>ungen und<br />
neun Außenstellen untergliedert. Die Führungsspanne auf Gruppenebene lag zwischen 1:2<br />
und 1:11, auf Ab<strong>teil</strong>ungsebene zwischen 1:0 und 1:13. Die <strong>teil</strong>s äußerst geringen<br />
Führungsspannen und die gleichzeitige Erhöhung der Anzahl der Gruppenleiter durch die<br />
Organisationsänderung 2010 sah der RH kritisch. Hier wurden arbeitsablauforientierte<br />
Motive <strong>teil</strong>weise durch individuelle Gegebenheiten überlagert. (TZ 33)<br />
Für sämtliche Organisationseinheiten bestanden schriftlich festgelegte Stellenbeschreibungen<br />
sowie ein Arbeitsver<strong>teil</strong>ungsplan, aus dem zu entnehmen war, welcher<br />
Mitarbeiter für die von ihm zu erledigenden Aufgaben hauptzuständig bzw. ersatzweise<br />
zuständig war. (TZ 34)<br />
In den Jahren 2008 bis 2010 kam der Prüfungsausschuss der Gemeinde Mistelbach seinen<br />
gesetzlichen Verpflichtungen nach. Im dritten Quartal 2011 führte er wegen längerer<br />
Abwesenheit der Vorsitzenden keine Überprüfung durch. (TZ 36)
Seite 89 / 144<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 beschäftigte die Gemeinde Mistelbach 185 Mitarbeiter (152,02 VBÄ). Dafür<br />
fielen Ausgaben von 6,45 Mio. EUR an. Der Personalstand blieb im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
nahezu unverändert (bei Nichtausschöpfung des Dienstpostenplans um bis zu 7 % (2009)).<br />
Die Personalausgaben stiegen hingegen um 8,0 %, dabei — u.a. aufgrund höherer<br />
Abfertigungszahlungen — allein von 2008 auf 2009 um 7,9 %. Mit der Steigerung von 8,0 %<br />
im Zeitraum 2008 bis 2011 entsprach Mistelbach dem Durchschnitt der österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden (7,9 %). Hervorzuheben war, dass Mistelbach seit 2009 die<br />
Personalkostensteigerungen eindämmen konnte. (TZ 38, 39)<br />
Die Personalausgaben je Einwohner lagen in Mistelbach über den Vergleichswerten in<br />
Niederösterreich und im Bundesgebiet (im Jahr 2011 585 EUR Mistelbach gegenüber<br />
569 EUR Niederösterreich und 574 EUR Österreich). Die durchschnittlichen Personalausgaben<br />
je Bediensteten (in VBÄ) der Gemeinde Mistelbach betrugen im Jahr 2011 rd. 42.442 EUR.<br />
Damit lag Mistelbach im Vergleich der acht überprüften Gemeinden günstig (Minimalwert<br />
Eisen<strong>stadt</strong> 39.464 EUR, Maximalwert Bludenz 51.000 EUR). (TZ 40)<br />
Die Dienstpostenpläne der Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Mistelbach wiesen entgegen<br />
den Vorschriften der VRV keine Gegenüberstellung der vorgesehenen Dienstposten und der<br />
ständig beschäftigten Dienstnehmer auf. (TZ 38)<br />
Insgesamt erreichten 97 Bedienstete in den Jahren 2008 bis 2011 finanzielle Besserstellungen<br />
durch außerordentliche Vorrückungen und Höherreihungen. Grundlage dafür war<br />
eine gemeindeinterne Regelung, die eine — zum Niederösterreichischen Gemeinderecht<br />
zusätzliche — außerordentliche Vorrückung bereits bei 15<strong>–</strong>, 25<strong>–</strong> bzw. 30<strong>–</strong>jähriger anrechenbarer<br />
Dienstzeit und einer entsprechend positiven Dienstleistung gewährte. Bei restriktiverer<br />
Gewährung der freiwilligen außerordentlichen Vorrückungen und Höherreihungen wären<br />
kontinuierliche Einsparungspotenziale zu heben, die sich langfristig positiv auf die<br />
Gemeindefinanzen auswirken könnten. (TZ 41)<br />
Im Überprüfungszeitraum erhielten 12 Bedienstete eine außerordentliche Zuwendung in<br />
Höhe der Hälfte des letzten Monatsbezugs für außergewöhnliche Leistungen (in Summe<br />
12.148 EUR). Durch diese einzelfallbezogene Honorierung konnten gezielte Leistungsanreize<br />
gesetzt werden. Hingegen war die Gewährung von Freizeit anlässlich des Geburtstags des<br />
Bediensteten (vier Stunden für Vollbeschäftigte) nicht mehr zeitgemäß. (TZ 42, 43)
Seite 90 / 144<br />
ABWASSER<br />
Mistelbach war nicht Mitglied eines Abwasserverbands. An das rd. 168 km umfassende<br />
Kanalnetz waren rd. 4.200 Liegenschaften angeschlossen. Der Anschlussgrad stieg von 76 %<br />
im Jahr 2000 auf 95 % im Jahr 2010. Die Abwasserreinigungsanlage war für 25.000<br />
Einwohnerwerte bewilligt; mangels großer Industriebetriebe resultierte der Abwasseranfall<br />
hauptsächlich aus häuslichem Abwasser. (TZ 45)<br />
Detailkenntnisse über die Beschaffenheit und den Zustand der Kanalisation waren wesentlich<br />
für die Steuerung im Bereich der Abwasserentsorgung. Ein digitaler Kanalkataster war in<br />
Mistelbach zur Zeit der Gebarungsüberprüfung allerdings erst im Aufbau begriffen. (TZ 45)<br />
Gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 28. Mai 1997 führte die Gemeinde Mistelbach die<br />
Anlage zur Abwasserbeseitigung als Betrieb mit marktbestimmter Tätigkeit. Trotz dieses<br />
Gemeinderatsbeschlusses <strong>teil</strong>te die Gemeinde Mistelbach mit, dass keine diesbezüglichen<br />
Stadt<strong>–</strong> bzw. Gemeinderatsbeschlüsse vorlägen, weshalb sie die Abwasserentsorgung<br />
innerhalb der Verwaltung erbrachte. (TZ 44)<br />
Der ordentliche Abwasserhaushalt konnte in den Jahren 2008 bis 2011 ausgeglichen<br />
gehalten werden. Die für den Abwasserbereich vorgenommenen Rücklagenzuführungen<br />
betrugen zwischen 1.000 EUR (2010) und 34.000 EUR (2011). Allerdings wurden bereits<br />
rd. 68 % der ordentlichen Einnahmen für die Bedienung des Schuldendienstes im Abwasserbereich<br />
verwendet. Somit blieb der Gemeinde kein finanzieller Handlungsspielraum, um<br />
anstehende Investitionsprojekte aus eigenen Mitteln zu finanzieren. (TZ 47)<br />
Der außerordentliche Haushalt des Abwasserbereichs wies hohe Finanzierungslücken<br />
(3,33 Mio. EUR im Jahr 2011) auf, weil die Gemeinde vorübergehend freiwerdende liquide<br />
Mittel aus noch nicht oder erst <strong>teil</strong>weise fertiggestellten Kanalbauprojekten für andere außerordentliche<br />
Vorhaben widmungsfremd verwendete. (TZ 48)<br />
Das in Niederösterreich landesweit einheitliche Modell zur Ermittlung der Kanalbenützungsgebühren<br />
bot eine Grundlage für einen transparenten Vergleich der Kanalbenützungsgebühren<br />
zwischen den Gemeinden im Land Niederösterreich. Allerdings wies die Ermittlung<br />
der Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der Flächen der angeschlossenen Geschoße<br />
einen pauschalierteren Charakter auf, als dies bei Modellen, die vermehrt auf den<br />
tatsächlichen Abwasseranfall abzielten, der Fall war (bspw. Ermittlung der Kanalbenützungsgebühren<br />
über den Wasserverbrauch). Das niederösterreichische Modell bot keine generellen<br />
Anreize für Wassereinsparungen. Durch die Berücksichtigung des schmutzfrachtbezogenen<br />
Gebührenan<strong>teil</strong>s und die Bestimmungen zur Vermeidung von Härtefällen waren aber in<br />
diesem Modell qualitative und quantitative Elemente enthalten. In Anwendung der Härtefall<strong>–</strong>
Seite 91 / 144<br />
Regel konnten jedoch bei nur geringen Flächenunterschieden deutliche Unterschiede bei der<br />
Kanalbenützungsgebühr und ebenso bei unverändertem Einheitswert sowie unveränderter<br />
Berechnungsfläche des Objekts durch Änderungen der durchschnittlichen Berechnungsfläche<br />
pro Einwohnerwert erhebliche Unterschiede bei der Kanalbenützungsgebühr auftreten.<br />
(TZ 49, 57)<br />
Die Gemeinde Mistelbach hatte seit mehr als 15 Jahren keine Evaluierung der Kanaleinmündungsgebühr<br />
vorgenommen, obwohl die Einheitssätze deutlich unter dem gesetzlichen<br />
Rahmen lagen: So schöpfte die Gemeinde den gesetzlich zulässigen Rahmen um bis zu<br />
rd. 68 % nicht aus. Obwohl die Investitionen im Abwasserbereich in den letzten Jahren<br />
überwiegend fremdfinanziert werden mussten, hatte die Gemeinde seit 13 Jahren auch keine<br />
Neukalkulation der Kanalbenützungsgebühr vorgenommen. Auch die Einheitssätze für die<br />
Kanalbenützungsgebühren von Schmutz<strong>–</strong> und Mischwasserkanälen lagen, unter Ansatz der<br />
Werte des Jahresabschlusses 2010, um rd. 19 % (ohne Bildung einer 2%igen Rücklage) bzw.<br />
45 % (inkl. Bildung einer 2%igen Rücklage) über den letztmalig im Jahr 1999 verordneten<br />
Werten. (TZ 50 bis 52)<br />
Die Gemeinde Mistelbach verfügte seit 2009 über alle wesentlichen Grundlagen zur<br />
Entwicklung eines vollwertigen Kostenrechnungssystems für den Abwasserbereich,<br />
unternahm jedoch keine Bemühungen, das System weiterzuentwickeln. Auch die umfassende<br />
Übersicht des gesamten Anlagevermögens des Abwasserbereichs wurde nicht weitergeführt.<br />
(TZ 53)<br />
Die IT<strong>–</strong>unterstützte Vorschreibung und Überprüfung der Kanalgebühren waren zweckmäßig<br />
und zeitgemäß, das automatisierte Mahnwesen war effizient. Nur der regelmäßige<br />
Informationsfluss zwischen der Ab<strong>teil</strong>ung ARA/Kanal/Wasser und der Finanzab<strong>teil</strong>ung war<br />
verbesserungsfähig. (TZ 54 bis 56)<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Gemeinde Mistelbach<br />
hervor:<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Da negative Jahresergebnisse mittel<strong>–</strong> bis langfristig nicht finanzierbar sind, wäre der<br />
Gemeindehaushalt nachhaltig ausgeglichen zu führen. Da bei den Einnahmen nur geringe<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde bestehen, sollte das Hauptaugenmerk auf<br />
ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden. (TZ 4)<br />
(2) Um eine nachhaltige Verbesserung der Haushaltsergebnisse unter mittelfristiger<br />
Aufrechterhaltung der erforderlichen Investitionen und der Instandhaltung der kommunalen
Seite 92 / 144<br />
Infrastruktur zu erzielen, sollten weitere Konsolidierungsmaßnahmen in die Wege geleitet<br />
werden; das Augenmerk sollte dabei insbesondere auf strukturelle Maßnahmen gerichtet<br />
werden. (TZ 10, 15)<br />
(3) Da die Finanzschulden der Gemeinde im Jahr 2011 205 % ihrer laufenden Einnahmen<br />
ausmachten und angesichts des festgestellten Anstiegs der Finanzschulden wäre eine<br />
Verbesserung des Ergebnisses der laufenden Gebarung anzustreben. (TZ 13)<br />
(4) Risikobehaftete Geschäfte (Spekulationsgeschäfte) sollten zukünftig unterlassen werden.<br />
(TZ 14)<br />
(5) Bei der Erstellung künftiger mittelfristiger Finanzpläne sollte auf die Fortschreibung der<br />
Ausgabenhöhe bestehender Projekte, die Ausgabenschätzung für bereits geplante Vorhaben<br />
sowie eine realistische Ausgabenreserve für noch nicht vorhersehbare Investitionen<br />
besonderes Augenmerk gelegt werden. (TZ 19)<br />
(6) Ein Konsolidierungsprogramm sollte — im Interesse einer mittelfristigen<br />
Haushaltskonsolidierung — erarbeitet werden. (TZ 20)<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(7) Die Zielerreichung der Aufgaben der RIZ Regional<strong>–</strong>Innovations<strong>–</strong>Zentrum NÖ<strong>–</strong>Ost<br />
Informationstransfer und Beratungsgesellschaft m.b.H. (RIZ) sollte evaluiert werden. Das<br />
Ergebnis wäre als Entscheidungsgrundlage für die weitere Vorgangsweise mit den<br />
Gesellschaftsan<strong>teil</strong>en über das Jahr 2014 hinaus heranzuziehen. (TZ 25)<br />
(8) Den Kosten aus der Be<strong>teil</strong>igung an der RIZ sollte der Nutzen in Form von<br />
Unternehmensneugründungen bzw. <strong>–</strong>ansiedelungen gegenübergestellt und davon die weitere<br />
Vorgehensweise mit dieser Be<strong>teil</strong>igung abhängig gemacht werden. (TZ 26)<br />
(9) Die Forderung (Mieteinnahmen) gegenüber der Gemeinnützigen Mistelbacher Museums<br />
und Kunst BetriebsgmbH (MZM) in Höhe von 235.000 EUR wäre umgehend auszubuchen.<br />
(TZ 27)<br />
(10) Die Stundung von Mietentgelten wäre künftig durch eine der Gemeindeordnung entsprechende<br />
Vorgehensweise durch die zuständigen Gemeindeorgane zu beschließen. (TZ 27)<br />
(11) Die offene Mietzahlung von der MZM wäre ehestens einzufordern. (TZ 27)
Seite 93 / 144<br />
(12) Die Planungsmängel in der Mittelfristplanung 2013 bis 2015 betreffend die jährlichen<br />
Subventionszahlungen der Gemeinde an die MZM wären aus Gründen der Budgetwahrheit<br />
möglichst rasch zu korrigieren. (TZ 27)<br />
(13) Der Gemeinde<strong>–</strong> bzw. Stadtrat sollte regelmäßig umfassende Informationen über die<br />
wirtschaftliche Situation und die Entwicklung jeder Be<strong>teil</strong>igung der Gemeinde erhalten.<br />
(TZ 30)<br />
Organisation<br />
(14) Die Organisation des Stadtamts sollte im Sinne einer zukunfts<strong>–</strong> und bürgerorientierten<br />
strategischen Neuausrichtung stärker zielgruppen<strong>–</strong> und kundenorientiert bzw. nach sachlich<br />
zusammengehörigen Aufgaben (Politikfelder) — wie bspw. „Soziales“, „Bürgerservice“,<br />
„Zentrale Dienste“, „Allgemeine Dienste“, „Bauen/ Infrastruktur“, „Finanzen und Wirtschaft“<br />
oder „Ressourcen“ — ausgerichtet werden. (TZ 33)<br />
(15) Den gesetzlichen Vorgaben zur Anzahl der Überprüfungen durch den Prüfungsausschuss<br />
sollte entsprochen werden. (TZ 36)<br />
Personal<br />
(16) Der Personalressourceneinsatz wäre zu optimieren, um Einsparungen zu erzielen.<br />
(TZ 38, 39)<br />
(17) Zeitgutschriften anlässlich des Geburtstags der Mitarbeiter sollten nicht mehr gewährt<br />
werden. (TZ 43)<br />
Abwasser<br />
(18) Eine organisatorische Klarstellung des Bereichs Abwasserentsorgung als Betrieb mit<br />
marktbestimmter Tätigkeit sollte durch Beschlussfassung eigener Statuten und durch die<br />
Bestellung eines Betriebsleiters herbeigeführt werden. (TZ 44)<br />
(19) Der Aufbau des digitalen Kanalkatasters sollte zügig vorangetrieben werden. (TZ 45)<br />
(20) Die erheblichen Liquiditätsaußenstände im außerordentlichen Abwasserhaushalt sollten<br />
möglichst rasch reduziert werden. (TZ 48)<br />
(21) Der Einheitssatz für die Kanalbenützungsgebühr wäre anzupassen. Dabei sollten auch<br />
noch ausstehende Kanalprojekte bedacht werden. (TZ 52)
Seite 94 / 144<br />
(22) Die schon weit entwickelten Grundlagen der Kostenrechnung für den Abwasserbereich<br />
wären zum Aufbau eines Kostenrechnungssystems zu nutzen. (TZ 53)<br />
(23) Der Informationsfluss zwischen der Ab<strong>teil</strong>ung Abwasserreinigungsanlage/Kanal/Wasser<br />
und der Finanzab<strong>teil</strong>ung hinsichtlich Einleitern, die den Grenzwert zur Berücksichtigung des<br />
schmutzfrachtbezogenen Gebührenan<strong>teil</strong>s überschreiten, wäre regelmäßig sicherzustellen.<br />
(TZ 56)<br />
Rechnungswesen<br />
(24) In den Rechnungsabschlüssen sollten ungeachtet der Bezeichnung und der rechtlichen<br />
Grundlage alle Haftungsverpflichtungen gegenüber Dritten aufgenommen werden. (TZ 16)<br />
(25) Eine Vermögens<strong>–</strong> und Schuldenrechnung für die Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit<br />
sollte erstellt werden. (TZ 12)<br />
(26) Die laut der Niederösterreichischen Gemeindeordnung erforderliche Vermögensrechnung<br />
wäre zu erstellen und dem Rechnungsabschluss beizugeben. (TZ 21)<br />
(27) Einnahmen und Ausgaben wären nur dann zu buchen, wenn dafür tatsächliche<br />
Ansprüche bestehen. (TZ 27)<br />
(28) Die Ausgaben der Gemeinde für die RIZ sollten im Voranschlag und Rechnungsabschluss<br />
gesondert ausgewiesen werden. (TZ 27)<br />
(29) Dem Rechnungsabschluss wäre ein Dienstpostennachweis beizulegen. (TZ 38)<br />
(30) Auch geringfügig Beschäftigte sollten im Dienstpostenplan der Gemeinde erfasst<br />
werden. (TZ 38)<br />
(31) Die Dienstpostenpläne sollten nicht nur die Dienstposten, sondern auch die<br />
Vollbeschäftigungsäquivalente enthalten. (TZ 38)
Seite 95 / 144<br />
STADTGEMEINDE ST. VEIT/GLAN<br />
St. Veit/Glan tätigte in den Jahren 2008 bis 2011 Investitionen im Umfang von<br />
20,4 Mio. EUR. In diesem Zeitraum stiegen aber auch die Finanzschulden von 23,8 Mio.<br />
EUR auf 26,7 Mio. EUR.<br />
Bei allen zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts herangezogenen<br />
Kennzahlen wies St. Veit/Glan im Jahr 2008 ungünstigere Werte auf als die<br />
Vergleichsgemeinden Kärntens und Österreichs. Eine strukturelle Verbesserung der<br />
Kennzahlen war erst ab dem Jahr 2011 feststellbar.<br />
Neben den Finanzschulden der Gemeinde in Höhe von 26,7 Mio. EUR (2011) wiesen auch<br />
die Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 21,0 Mio. EUR<br />
auf. Das Anlage<strong>–</strong> und Umlaufvermögen der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen war mit<br />
36,3 Mio. EUR ausgewiesen (2011).<br />
Ein Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen errichtete ein Hotel um 11,0 Mio. EUR. Die Gemeinde hatte<br />
in diesem Zusammenhang Ausgaben in Höhe von 3,5 Mio. EUR zu tragen. Aus dem<br />
Verkauf des Hotels erhielt sie im Jahr 2012 eine Ausschüttung der St. Veit/Glan Holding<br />
GesmbH in Höhe von 1 Mio. EUR. Somit ergab sich aus der Errichtung und dem Betrieb<br />
des Hotels (ohne Parkplatz) ein Verlust für St. Veit/Glan in Höhe von 2,5 Mio. EUR. Aus<br />
der noch offenen Verwertung eines Golfplatzes können weitere Belastungen für die<br />
Gemeinde entstehen.<br />
Die Verwaltung der Gemeinde St. Veit/Glan war durch eine umfassende Aufgabenausgliederung<br />
gekennzeichnet. So waren z.B. Kindergärten, schulische Nachmittags<strong>–</strong><br />
betreuung und Kleinkinderbetreuung, Bestattung, Stadtmarketing, Kultur und<br />
Tourismus, Gebäudereinigung, Projektmanagement zur Errichtung von Wohn<strong>–</strong> und<br />
Geschäftsgebäuden sowie Infrastrukturanlagen oder die Parkraumbewirtschaftung und<br />
Parkhäuser ausgegliedert.<br />
St. Veit/Glan wies höhere Personalausgaben je Einwohner (2011: 521 EUR) auf als die<br />
Vergleichsgemeinden des Landes Kärnten (2011: 445 EUR), aber niedrigere als die<br />
österreichischen Vergleichsgemeinden (2011: 574 EUR).<br />
Der ordentliche Haushalt des Gebührenhaushalts Abwasser erzielte im Zeitraum 2008<br />
bis 2011 Überschüsse zwischen 59.587 EUR (2008) und 612.799 EUR (2011). Diese<br />
Überschüsse führte die Gemeinde einer zweckgebundenen Rücklage zu.
Seite 96 / 144<br />
PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl) war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser.<br />
(TZ 1)<br />
Zusätzlich überprüfte der RH in St. Veit/Glan einzelne Aufgabenbereiche der Gemeinde, um<br />
Möglichkeiten für Kostenreduzierungen bzw. Einnahmenerhöhungen auszuloten. Die<br />
Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde waren nicht Gegenstand der Gebarungsüberprüfung. (TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Sowohl die Einnahmen (von 36,90 Mio. EUR auf 43,10 Mio. EUR) als auch die Ausgaben (von<br />
40,39 Mio. EUR auf 45,86 Mio. EUR) der Gemeinde St. Veit/Glan nahmen von 2008 auf 2010<br />
nominell zu. Im Jahr 2011 sanken sowohl die Einnahmen (auf 37,33 Mio. EUR) als auch die<br />
Ausgaben, die Ausgaben mit 37,86 Mio. EUR sogar unter das Niveau des Jahres 2008. Die<br />
laufenden Einnahmen der Gemeinde erhöhten sich von 2008 auf 2011 um 8,4 %, während<br />
sich die laufenden Ausgaben um 6,6 % reduzierten. (TZ 4, 8)<br />
Im Jahr 2010 erhielt die Gemeinde eine einmalige Zahlung von der Kärntner Elektrizitäts<br />
Aktiengesellschaft (KELAG) in Höhe von rd. 5,5 Mio. EUR als Gegenleistung für den Verzicht<br />
auf vergünstigte Stromtarife für Gemeindegebäude. Davon veranlagte die Gemeinde<br />
rd. 4,2 Mio. EUR in einem Rentenfonds. (TZ 4)<br />
Die Einnahmenstruktur von St. Veit/Glan wich <strong>teil</strong>weise erheblich von den Vergleichsgemeinden<br />
ab: Die Abschlagszahlung der KELAG in Höhe von rd. 5,5 Mio. EUR und die im<br />
Gemeindeeigentum stehenden Wohn<strong>–</strong> und Geschäftsgebäude führten zu einem hohen An<strong>teil</strong><br />
der Einnahmen aus Leistungen und Besitz von rd. 26,8 % (Vergleichsgemeinden rd. 17,9 %<br />
(Kärnten) bzw. 12,5 % (Österreich). Die bei den Vergleichsgemeinden wichtigsten Einnahmequellen<br />
— die eigenen Steuern und die Ertragsan<strong>teil</strong>e — hatten für St. Veit/Glan mit<br />
zusammen rd. 40,0 % eine vergleichsweise geringere Bedeutung. (TZ 5)<br />
Gegenüber den Vergleichsgemeinden fielen höhere Ausgaben in St. Veit/Glan in der<br />
Haushaltsgruppe 8 (Dienstleistungen) an — hier wegen der als Betriebe mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit organisierten Wasserversorgung, Abwasser<strong>–</strong> und Müllbeseitigung und Errichtung<br />
und Verwaltung von Wohn<strong>–</strong> und Geschäftsgebäuden — und in der Haushaltsgruppe 9
Seite 97 / 144<br />
(Finanzwirtschaft) — hier wiederum wegen des Erlöses aus der Abschlagszahlung der KELAG.<br />
(TZ 6)<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 von St. Veit/Glan war von 2008 bis 2011 durchgehend<br />
negativ. Allerdings war im Jahr 2010 ein Betrag von rd. 4,2 Mio. EUR veranlagt worden, was<br />
zwar zu einem Vermögenszuwachs für die Gemeinde führte, aber im Gemeindehaushalt als<br />
Ausgabe zu verbuchen war und dementsprechend das Jahresergebnis verschlechterte. Bei<br />
Abzug der Schuldentilgungen konnte nur im Jahr 2011 ein positives Ergebnis erzielt werden.<br />
Die negativen Jahresergebnisse waren insofern kritisch, als sie aufzeigten, dass jeweils eine<br />
Neuverschuldung zum Haushaltsausgleich erforderlich war. (TZ 4)<br />
Der außerordentliche Haushalt verlor aufgrund der abnehmenden Investitionstätigkeit der<br />
Gemeinde an Bedeutung. Entfiel im Jahr 2008 noch etwa ein Fünftel der Ausgaben auf den<br />
außerordentlichen Haushalt, reduzierte sich dieser An<strong>teil</strong> auf weniger als 10 % im Jahr 2011.<br />
(TZ 9)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. Bei allen Kennzahlen wies St. Veit/Glan im Jahr 2008 ungünstigere Werte auf als<br />
die Vergleichsgemeinden Kärntens und Österreichs. In den Jahren 2009 und vor allem 2010<br />
kehrte sich dieses Verhältnis um, was vor allem auf die Einmalzahlung der KELAG und auf<br />
eine Verbuchungsänderung (Abgangsdeckung der Unternehmen), nicht jedoch auf eine<br />
tatsächliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zurückzuführen war. Eine strukturelle<br />
Verbesserung der Kennzahlen stellte der RH erst ab dem Jahr 2011 fest. (TZ 10)<br />
VERMÖGEN<br />
St. Veit/Glan wies hohe Vermögenspositionen auf: Anlagevermögen zum<br />
31. Dezember 2011 in Höhe von 57,01 Mio. EUR, Umlaufvermögen in Höhe von<br />
9,13 Mio. EUR. Im Anlagevermögen enthalten waren u.a. Wohn<strong>–</strong> und Geschäftsgebäude<br />
(2011: 18,00 Mio. EUR) sowie ein Rentenfonds, der bis zum Ende der Gebarungsüberprüfung<br />
an Ort und Stelle eine überwiegend positive Entwicklung aufwies (Wert am 31. Dezember<br />
2011: 21,76 Mio. EUR). Allerdings war diese Veranlagung mit einem entsprechenden Risiko<br />
behaftet. (TZ 12)<br />
Der Nachweis über gegebene Darlehen enthielt auch innere Anleihen (Darlehen), obwohl<br />
diese keine Forderungen darstellen, die das Vermögen der Gemeinde erhöhen.<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des Rechnungsquerschnitts)<br />
abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 98 / 144<br />
Ein Vermögens<strong>–</strong> und Schuldennachweis für die wirtschaftlichen Unternehmungen und<br />
Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit fehlte. (TZ 13, 14)<br />
SCHULDEN UND FINANZIERUNGSVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde St. Veit/Glan stiegen um 12,4 % von 23,76 Mio. EUR<br />
(2008) auf 26,70 Mio. EUR (2011). Diesen Finanzschulden standen zum 31. Dezember 2011<br />
etwa in derselben Höhe veranlagte Mittel bzw. Rücklagen gegenüber<br />
(Rentenfonds 21,76 Mio. EUR, Rücklagen 6,02 Mio. EUR). Die Kennzahlen zur Verschuldung<br />
(Verschuldung je Einwohner, Nettoschuldenabbau/Nettoneuverschuldung je Einwohner und<br />
Schuldendienstquote) waren in St. Veit/Glan im Überprüfungszeitraum fast durchgehend<br />
ungünstiger als bei den Vergleichsgemeinden. Insbesondere die Verschuldung je Einwohner<br />
war im Jahr 2011 mit 2.084 EUR um 48 % höher als in den Kärntner (1.410 EUR) und um 25 %<br />
höher als in den österreichischen Vergleichsgemeinden (1.670 EUR). (TZ 45 bis 47)<br />
Neben den im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Finanzschulden wiesen die Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
der Gemeinde langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 20,96 Mio. EUR<br />
(2011) auf. Diese hatten sich von 18,22 Mio. EUR im Jahr 2008 um 15,1 % erhöht. Aufgrund<br />
der fehlenden konsolidierten Sicht lieferte der Rechnungsabschluss der Gemeinde keine<br />
Informationen über die Verbindlichkeiten in den ausgegliederten Unternehmen. (TZ 45, 51)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde St. Veit/Glan waren im Jahr 2011 fast zur Gänze (99,4 %)<br />
den wirtschaftlichen Unternehmungen und Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit zuzuordnen;<br />
für deren Tilgung konnten daher Miet<strong>–</strong> bzw. Gebühreneinnahmen herangezogen<br />
werden. Bei den Vergleichsgemeinden Österreichs lag dieser An<strong>teil</strong> im Jahr 2011 bei rd. 66<br />
%. St. Veit/Glan wies im Gemeindehaushalt keine Finanzschulden in Fremdwährungen auf.<br />
40 % der Darlehenssumme stammten von öffentlichen Rechtsträgern, hier vor allem aus<br />
Wohnbaufördermitteln des Landes Kärnten. Der An<strong>teil</strong> der fix verzinsten Darlehen<br />
verminderte sich von rd. 68 % im Jahr 2008 auf rd. 58 % im Jahr 2011. (TZ 16)<br />
HAFTUNGEN<br />
Mit Ende 2011 haftete St. Veit/Glan für Darlehen in Höhe von 2,17 Mio. EUR<br />
(2008: 2,05 Mio. EUR); daraus resultierte eine Haftung von 169 EUR je Einwohner. Ein<br />
Darlehen der gemeindeeigenen Stadt<strong>–</strong>Immobilien<strong>–</strong>Gesellschaft St. Veit/Glan GmbH (STIG) in<br />
Höhe von 14,0 Mio. EUR war durch die An<strong>teil</strong>e der Gemeinde am Rentenfonds besichert.<br />
Unter Berücksichtigung dieses Darlehens stieg die Haftung je Einwohner auf 1.080 EUR und<br />
lag damit weit über den österreichischen Vergleichsgemeinden (775 EUR). Die Verpfändung<br />
der Fondsan<strong>teil</strong>e war im Nachweis über die Haftungen nicht ausgewiesen. (TZ 18)
Seite 99 / 144<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung bestand — bei durchgehend negativem<br />
Transfersaldo — gegenüber dem Land Kärnten. Während St. Veit/Glan im Jahr 2011<br />
rd. 2,5 Mio. EUR an Transfers vom Land erhielt, waren rd. 6,1 Mio. EUR an das Land<br />
(insbesondere Sozialhilfe, Beitrag zu den Krankenanstalten sowie Landesumlage) zu<br />
überweisen. Nur zum Bund war der Transfersaldo positiv. (TZ 19)<br />
Die Transferbelastung je Einwohner war in St. Veit/Glan höher als bei den Vergleichsgemeinden<br />
im Bundesgebiet und wies zudem seit 2009 eine steigende Tendenz auf<br />
(Transfersaldo je Einwohner 2008 <strong>–</strong> 267 EUR, 2011 <strong>–</strong> 465 EUR). Dieser Umstand war insofern<br />
von großer Bedeutung, als die Transferzahlungen der Gemeinde St. Veit/ Glan den<br />
Gemeindehaushalt mit rund einem Fünftel der Gesamtausgaben belasteten, obwohl die<br />
Gemeinde insbesondere die Zahlungen für die Bereiche Gesundheit und Soziales weder der<br />
Höhe noch ihrer Verwendung nach maßgebend mitgestalten konnte. (TZ 20)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Zur Erreichung nachhaltig geordneter Haushalte war die mittelfristige Finanzplanung eine<br />
wesentliche Grundlage. Nach der mittelfristigen Finanzplanung der Gemeinde St. Veit/Glan<br />
soll sich der Finanzschuldenstand von 26,70 Mio. EUR im Jahr 2011 bis zum Jahr 2015 auf<br />
19,74 Mio. EUR verringern. Entsprechend sollen auch die geplanten Ausgaben für den<br />
Schuldendienst zurückgehen: von 2,71 Mio. EUR im Jahr 2011 auf 1,76 Mio. EUR im Jahr<br />
2015. Mit 7,2 % der Gesamtausgaben im Jahr 2011 stellte der Schuldendienst bereits eine<br />
beachtliche Größe für den Gemeindehaushalt dar. Ein Konsolidierungsprogramm war nicht<br />
geplant. (TZ 21 bis 23)<br />
Zu beanstanden war, dass der außerordentliche Haushalt und damit ein Teil der<br />
Investitionen nicht in der mittelfristigen Finanzplanung der Gemeinde St. Veit/Glan enthalten<br />
waren. (TZ 21)<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Die von der Gemeinde St. Veit/Glan zu wichtigen Haushaltskennzahlen erarbeiteten<br />
Übersichten und Statistiken zum Rechnungsabschluss waren eine wertvolle Ergänzung, um<br />
die Haushaltsergebnisse für einen größeren Interessentenkreis verständlich zu machen.<br />
Insgesamt war aber aus den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen kein vollständiges<br />
Bild über die finanzielle Lage der Gemeinde zu gewinnen. Dies vor allem deshalb, weil die<br />
Verbindlichkeiten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen nur in deren Jahresabschlüssen, nicht aber
Seite 100 / 144<br />
im Rechnungsabschluss der Gemeinde aufschienen und weil die zukünftigen Zahlungsverpflichtungen<br />
gegenüber den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen und damit etwaige finanzielle<br />
Risiken für die Gemeinde ebenfalls nicht transparent waren. (TZ 24, 25)<br />
ENTWICKLUNGEN DER EINNAHMEN UND AUSGABEN IN<br />
AUSGEWÄHLTEN AUFGABENBEREICHEN<br />
Im Bereich der Pflichtschulerhaltung war ein Anstieg der Schulgemeindeverbandsumlage um<br />
18,5 % zu verzeichnen. Dies war vor allem auf die Generalsanierung der Hauptschule und die<br />
Mehrausgaben für die „Neue Mittelschule“ zurückzuführen. (TZ 27)<br />
Der Zuschuss der Gemeinde je Kindergartenkind bewegte sich zwischen 2.474 EUR im Jahr<br />
2010 und 3.383 EUR im Jahr 2009. Durch die Ausgliederung der Kindergärten im Jahr 2010<br />
wurde die Nachvollziehbarkeit der Finanzierung im Gemeindehaushalt erschwert. (TZ 28)<br />
Das Verkehrsmuseum wies in den Jahren 2008 bis 2011 einen Ausgabendeckungsgrad von<br />
durchschnittlich nur rd. 5 % auf. Die Mietzinse machten als höchste Ausgabenposition<br />
rd. 70 % der Gesamtausgaben aus. (TZ 29)<br />
Beim Hallenbad reduzierten sich von 2008 auf 2011 die Einnahmen um 5,1 %, die Ausgaben<br />
stiegen hingegen wegen Sanierungsarbeiten um 22,5 %. Dadurch konnte im Jahr 2011 nur<br />
mehr ein Ausgabendeckungsgrad von knapp über 50 % erreicht werden (2008 noch 70 %).<br />
(TZ 31)<br />
Im Jahr 2007 erwarb St. Veit/Glan das Hotel Fuchspalast. Im Jahr 2010 wurde der Pächter<br />
insolvent, das Objekt wurde in der Folge durch gemeindeeigene Gesellschaften bewirtschaftet.<br />
Da die Gemeinde im Jahr 2011 keine Einnahmen aus dem Beherbergungsbetrieb<br />
erzielen konnte, waren die Ausgaben in Höhe von rd. 113.000 EUR zur Gänze aus dem<br />
Gemeindehaushalt zu tragen. Der Betrieb eines Hotels gehörte nicht zu den Kernaufgaben<br />
einer Gemeinde. (TZ 32)<br />
Beim Veranstaltungszentrum Blumenhalle konnte die Gemeinde im Jahr 2011 nur 12 % ihrer<br />
Ausgaben in Höhe von 492.000 EUR durch Einnahmen abdecken. Unter Einbeziehung der<br />
Bedarfszuweisungen des Landes lag der Ausgabendeckungsgrad bei 35,4 %. Im Jahr 2011<br />
betrug der Zuschuss je Veranstaltung im Durchschnitt 4.964 EUR und der Zuschuss je<br />
Besucher rd. 13 EUR. (TZ 33)<br />
Im Leistungsbereich Park<strong>–</strong> und Gartenanlagen, Gärtnerei und Kinderspielplätze konnte im<br />
Überprüfungszeitraum eine Verringerung der Ausgaben nicht erreicht werden; die
Seite 101 / 144<br />
Nettoausgaben (Einnahmen abzüglich Ausgaben) stiegen um 4 % auf rd. 689.000 EUR im<br />
Jahr 2011 bei einem Ausgabendeckungsgrad in diesem Jahr von 24,3 %. (TZ 34)<br />
Im Gebührenhaushalt Friedhöfe war der Ausgabendeckungsgrad von 97,7 % im Jahr 2008<br />
auf 82,7 % im Jahr 2011 gesunken. Ein Grund dafür waren auch rückläufige Einnahmen<br />
durch den Wegfall der Benützungsentgelte für die Aufbahrungshalle infolge Vermietung<br />
derselben ab dem Jahr 2010. (TZ 35)<br />
Der Eigenbetrieb Bestattung einschließlich der Aufbahrungshalle wurde ab dem Jahr 2010 an<br />
einen regionalen Mitbewerber vermietet. Dadurch stiegen die Nettoausgaben des Gebührenhaushalts<br />
Friedhöfe von rd. 4.000 EUR (2008) auf rd. 34.000 EUR (2011). Der Ausgabendeckungsgrad<br />
fiel von 97,6 % (2008) auf 82,7 % (2011). (TZ 36)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
St. Veit/Glan war Ende des Jahres 2011 mehrheitlich an vier Unternehmen direkt und an fünf<br />
Unternehmen indirekt (daran an vier zu nahezu 100 % über die direkte Be<strong>teil</strong>igung<br />
St. Veit/Glan Holding GesmbH) be<strong>teil</strong>igt. Daneben hielt St. Veit/Glan noch vier Minderheitsbe<strong>teil</strong>igungen<br />
mit einem An<strong>teil</strong> von weniger als 1 %. Im Be<strong>teil</strong>igungsnachweis wurden<br />
unterschiedliche Bewertungsgrundsätze angewendet; der Nachweis enthielt nicht alle<br />
Be<strong>teil</strong>igungen; enthaltene Be<strong>teil</strong>igungen existierten nicht. (TZ 39 bis 42)<br />
Aus den Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen entstanden der Gemeinde in den Jahren 2008 bis 2011<br />
Ausgaben im Gemeindehaushalt in Höhe von insgesamt 10,23 Mio. EUR und Einnahmen im<br />
Gemeindehaushalt in Höhe von insgesamt 1,17 Mio. EUR. (TZ 44, 45)<br />
Bis Ende 2011 wurden über ein Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen rd. 4,3 Mio. EUR an öffentlichen<br />
Geldern für die Errichtung und den Betrieb eines Golfplatzes aufgewendet. Die Finanzierung<br />
erfolgte durch einen Zuschuss des Landes Kärnten in Höhe von 2,1 Mio. EUR, ein Darlehen in<br />
Höhe von 1,3 Mio. EUR und Sonderfinanzierungen (Leasing) in Höhe von 900.000 EUR. Auch<br />
wenn zur Zeit der Gebarungsüberprüfung noch nicht feststand, ob mit diesem Projekt<br />
Verluste für den Gemeindehaushalt verbunden waren, war ein potenzielles finanzielles Risiko<br />
gegeben. Das Projekt war auch deswegen kritikwürdig, weil Errichtung und Betrieb eines<br />
Golfplatzes nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde zählten. Dasselbe galt für ein durch<br />
Be<strong>teil</strong>igungsgesellschaften der Gemeinde errichtetes und betriebenes Hotel, woraus der<br />
Gemeinde St. Veit/Glan bis 2011 ein Verlust in Höhe von rd. 2,5 Mio. EUR (ohne Parkplatz)<br />
erwuchs. (TZ 44)<br />
Gewinn<strong>–</strong> und Verlustabführungsverträge zwischen der Gemeinde St. Veit/Glan und ihren<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen bestanden nicht. Fünf Darlehen, die die Stadt<strong>–</strong>Immobilien<strong>–</strong>Gesell-
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schaft St. Veit/ Glan GmbH (STIG) zur Finanzierung einzelner Bauprojekte bei Kreditinstituten<br />
aufnahm, waren durch pfandrechtliche Sicherstellungen der Gemeinde bis zu einer Höhe von<br />
insgesamt 14,0 Mio. EUR durch Wertpapiere (Fondsan<strong>teil</strong>e) besichert. Die STIG wies einen<br />
endfälligen Kredit in Schweizer Franken auf, der zum 31. Dezember 2011 mit<br />
12.693.635,47 EUR aushaftete. (TZ 46)<br />
Die Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen erstellten individuelle (keine konsolidierten) Rechnungsabschlüsse<br />
und brachten sie dem Gemeinderat regelmäßig zur Kenntnis. Ein aktives<br />
Be<strong>teil</strong>igungscontrolling im Sinne einer Steuerung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen anhand von<br />
bestimmten Kennzahlen gab es nicht. (TZ 48)<br />
Anhand der Kennzahlen nach dem Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) war bei den<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen der Gemeinde St. Veit/Glan bis 2011 kein Reorganisationsbedarf<br />
zu vermuten. (TZ 49)<br />
Die mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen stiegen im<br />
Überprüfungszeitraum um 15,1 % an, während sich die kurzfristigen Verbindlichkeiten um<br />
62,8 % verringerten. Im Jahr 2011 wiesen die Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen der Gemeinde St.<br />
Veit/Glan mittel<strong>–</strong> und langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 20,96 Mio. EUR auf, die<br />
aufgrund der fehlenden konsolidierten Sicht im Rechnungsabschluss der Gemeinde nicht<br />
aufschienen. Diese mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
machten im Jahr 2011 rd. 79 % der im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Finanzschulden<br />
der Gemeinde in Höhe von 26,70 Mio. EUR aus. (TZ 51)<br />
Das Anlage<strong>–</strong> und Umlaufvermögen der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen der Gemeinde St. Veit/Glan<br />
bestand zu mehr als zwei Drittel aus Sachanlagen. (TZ 52)<br />
Die Gesamtkapitalrentabilität war bei fünf Be<strong>teil</strong>igungen im gesamten Prüfungszeitraum<br />
negativ. Dies spiegelte eine schwache Ertragslage und mangelnde Innenfinanzierungskraft<br />
dieser Unternehmen wider. (TZ 53)<br />
ORGANISATION<br />
Die Organisationsstruktur des Stadtamts St. Veit/Glan mit sechs Ab<strong>teil</strong>ungen und diesen<br />
zugeordneten Dienststellen sowie den gesonderten Aufgabenbereichen Bürgermeisteragenden<br />
und Öffentlichkeitsarbeit war zweckmäßig. (TZ 54)<br />
Die Verwaltung der Gemeinde St. Veit/Glan war durch eine umfassende Aufgabenausgliederung<br />
gekennzeichnet. So waren z.B. Kindergärten, schulische Nachmittagsbetreuung<br />
und Kleinkinderbetreuung, Bestattung, Stadtmarketing, Kultur und Tourismus, Gebäude-
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reinigung, Projektmanagement zur Errichtung von Wohn<strong>–</strong> und Geschäftsgebäuden sowie<br />
Infrastrukturanlagen oder die Parkraumbewirtschaftung und Parkhäuser ausgegliedert.<br />
(TZ 55)<br />
In den elf Organisationseinheiten lagen die Führungsspannen zwischen 1:1 und 1:29. Die<br />
Anzahl der Führungskräfte hatte sich im Überprüfungszeitraum um 21,4 % und damit stärker<br />
als die Anzahl der Mitarbeiter (<strong>–</strong> 13,1 %) verringert. (TZ 56)<br />
Entscheidungsgrundlagen für die Steuerung des Mitarbeitereinsatzes, wie bspw.<br />
Erledigungs<strong>–</strong> und Fallzahlen sowie ein standardisiertes Berichtswesen fehlten. (TZ 58, 59)<br />
Ablaufbeschreibungen bzw. Qualitätshandbücher zur Sicherung der Prozessqualität lagen<br />
nicht vor. Ein Controlling war zur Zeit der Gebarungsüberprüfung im Aufbau begriffen.<br />
(TZ 58)<br />
Die Gemeinde bot auf ihrer e<strong>–</strong>government<strong>–</strong>Plattform auch Möglichkeiten zur digitalen<br />
Einbringung von Anträgen (Standesamt/ Staatsbürgerschaftswesen, Meldeamt, Bauamt sowie<br />
Amtsleitung). Ein Ausbau der e<strong>–</strong>government<strong>–</strong>Aktivitäten sowie Anreize für die Nutzung von<br />
e<strong>–</strong>government<strong>–</strong>Lösungen waren nicht geplant. (TZ 60)<br />
Im Zeitraum 2008 bis 2011 führte der Kontroll<strong>–</strong> und Kassenprüfungsausschuss insgesamt 35<br />
Sitzungen durch (durchschnittlich neun Sitzungen pro Jahr). Abgesehen vom Jahresabschluss<br />
der St. Veit/Glan Holding GesmbH im Jahr 2009 prüfte der Kontroll<strong>–</strong> und Kassenprüfungsausschuss<br />
der Gemeinde St. Veit/Glan keine Rechnungsabschlüsse und Quartalsberichte der<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen. Die Gemeindeaufsicht des Amtes der Kärntner Landesregierung<br />
hatte dem Kontroll<strong>–</strong> und Kassenprüfungsausschuss mehrmals eine Ausweitung des Prüfungsumfangs<br />
nahegelegt. Der RH unterstützte diese Empfehlungen. (TZ 61)<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 war für 149 Mitarbeiter (138,7 VBÄ) das Gehalt aus dem Gemeindehaushalt zu<br />
bedecken, im Jahr 2008 waren es noch 172 Mitarbeiter (159,5 VBÄ). Das entsprach einem<br />
Rückgang um 13,4 % (13,1 % VBÄ). Im Jahr 2011 fielen Personalausgaben für die 149<br />
Mitarbeiter in Höhe von 6,67 Mio. EUR an. Das waren 5,9 % weniger als 2010 und 0,9 %<br />
weniger als 2008. Die Steigerung der Personalausgaben zwischen 2008 und 2009 um 8,1 %<br />
war überwiegend durch eine Umstellung bei den Dienstgeberbeiträgen bedingt. (TZ 64, 65)<br />
Unter Berücksichtigung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen beschäftigte St. Veit/Glan im Jahr 2011<br />
insgesamt 240 Mitarbeiter bzw. 195,3 VBÄ. Dieser Personalstand war um insgesamt 16 Mitarbeiter<br />
bzw. zwei VBÄ niedriger als im Jahr 2008. Eine getrennte Betrachtung von Gemeinde
Seite 104 / 144<br />
und Ausgliederungen zeigte, dass sich in den Jahren 2008 bis 2011 der Personalstand der<br />
Gemeinde um 23 Mitarbeiter reduzierte, jener in den ausgegliederten Einheiten hingegen<br />
um sieben Mitarbeiter erhöhte. Vor allem die Übertragung von Kindergartenpersonal an eine<br />
Be<strong>teil</strong>igungsgesellschaft führte zu einer Umgruppierung von Mitarbeitern in die ausgegliederte<br />
Gesellschaft. (TZ 64)<br />
St. Veit/Glan wies höhere Personalausgaben je Einwohner (2011: 521 EUR) auf als die<br />
Vergleichsgemeinden des Landes Kärnten (2011: 445 EUR), aber niedrigere als die<br />
österreichischen Vergleichsgemeinden (2011: 574 EUR). Die Personalausgaben je Mitarbeiter<br />
(2011: 44.756 EUR) waren gegenüber 2008 um 14,4 % gestiegen. (TZ 66)<br />
Die laut VRV zu erstellende Gegenüberstellung der vorgesehenen Dienstposten und der<br />
ständig beschäftigten Bediensteten fehlte. (TZ 63)<br />
Die Managementveranstaltung „Start Living, Start Leading“ (zur Aus<strong>–</strong> und Fortbildung) vom<br />
September 2009 kostete die Gemeinde 8.400 EUR, die verfügbaren Plätze wurden jedoch nur<br />
zu 53 % genutzt; von den 53 Teilnehmern waren zudem nur 25 der Gemeinde zuzuordnen.<br />
(TZ 68)<br />
Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei den Frauen lag im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
bei 57,9 Jahren (acht Pensionierungen), jenes der Männer war niedriger und lag bei<br />
57,7 Jahren (13 Pensionierungen). (TZ 69)<br />
ABWASSER<br />
St. Veit/Glan war neben den Gemeinden Frauenstein, Glanegg, Liebenfels und St. Georgen<br />
am Längsee sowie einem Industriebetrieb Mitglied des Reinhalteverbands für das Gebiet St.<br />
Veit/Glan mit einem Stimmrechtsan<strong>teil</strong> von 25 %. Die vom Verband betriebene Reinigungsanlage<br />
wies eine Kapazität von 27.000 Einwohnerwerten 2 (EW) auf. Die Kosten für den<br />
mechanisch<strong>–</strong>biologischen Teil der Reinigungsanlage sowie für die Herstellung und Wartung<br />
der Transportsammler im Gemeindegebiet von St. Veit/Glan wurden unter den Verbandsmitgliedern<br />
nach dem Verhältnis der eingebrachten Abwassermengen aufge<strong>teil</strong>t. An das<br />
rd. 137 km (Ende 2010) umfassende Ortskanalnetz in St. Veit/Glan waren 2.661 Objekte<br />
angeschlossen, der Anschlussgrad betrug 93,4 %. (TZ 70, 71)<br />
2<br />
Die Summe der EW stellt ein Maß für die Kapazität der Kläranlage dar. Die EW beinhalten sowohl die auf die<br />
Einwohner entfallenden häuslichen Abwässer als auch die auf EW umgelegten Abwässer aus Industrie, Gewerbe und<br />
Landwirtschaft.
Seite 105 / 144<br />
Die Gemeinde St. Veit/Glan führte die Abwasserbeseitigung als Betrieb mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit im Gemeindehaushalt. Entgegen den Vorgaben der VRV fehlte ein gesonderter<br />
Vermögens<strong>–</strong> und Schuldennachweis für den Abwasserbetrieb. (TZ 72)<br />
Eine Kalkulationsgrundlage für den aktuellen Kanalgebührensatz konnte dem RH nicht<br />
vorgelegt werden. Ob die Beitragssätze mit oder ohne Umsatzsteuer zu verstehen waren,<br />
ging aus den Kanalgebührenverordnungen der Gemeinde nicht hervor. (TZ 74, 75)<br />
Der ordentliche Haushalt des Gebührenhaushalts Abwasser erzielte im Zeitraum 2008 bis<br />
2011 Überschüsse zwischen 59.587 EUR (2008) und 612.799 EUR (2011). Diese Überschüsse<br />
führte die Gemeinde einer zweckgebundenen Rücklage zu. (TZ 76)<br />
In den Jahren 2008 bis 2011 gab St. Veit/Glan insgesamt 1,59 Mio. EUR für Investitionen in<br />
die Ortskanalisation aus. Eine Darlehensaufnahme für Investitionen in das Kanalnetz erfolgte<br />
in den Jahren 2008 bis 2011 nicht. (TZ 77)<br />
Die Abwasserrücklage betrug Ende 2011 2,80 Mio. EUR. In den Jahren 2008 bis 2011 wurde<br />
diese Rücklage um insgesamt 2,36 Mio. EUR (1,44 Mio. EUR aus Überschüssen des<br />
Gebührenhaushalts, rd. 900.000 EUR aus der Rückführung ehemals als innere Darlehen<br />
entnommener Mittel) aufgestockt, 2,15 Mio. EUR wurden entnommen. Durch die<br />
ordnungsgemäße Rückführung der inneren Darlehen an den Gebührenhaushalt Abwasser<br />
war die widmungsgemäße Verwendung der Abwassergebühren gewährleistet. (TZ 78)<br />
Die Kanalanschlussbeiträge konnten in Raten entrichtet werden. Im Allgemeinen bewilligte<br />
St. Veit/Glan zwölf Monatsraten. Stundungszinsen wurden nicht vorgeschrieben. (TZ 79)<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Gemeinde St. Veit/Glan<br />
hervor:<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Der Haushalt der Gemeinde wäre nachhaltig ausgeglichen zu führen. Da bei den<br />
Einnahmen nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde bestehen, sollte das<br />
Hauptaugenmerk auf ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden. (TZ 4)<br />
(2) Freie Mittel sollten bevorzugt zur Tilgung höher verzinster Darlehen eingesetzt werden.<br />
(TZ 12)
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(3) Im Hinblick auf die internationalen und nationalen Verpflichtungen zur Erreichung<br />
nachhaltig geordneter öffentlicher Haushalte wären die Schulden sowohl im Gemeindehaushalt<br />
als auch in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zu stabilisieren und abzubauen. (TZ 15)<br />
(4) Da die Finanzschulden fast zur Gänze bei den Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit<br />
anfielen, wäre darauf zu achten, dass sich der Schuldendienst mittel<strong>–</strong> bis langfristig nicht<br />
negativ auf die Miet<strong>–</strong> bzw. Gebührenhöhe auswirkt. (TZ 17)<br />
(5) Im mittelfristigen Finanzplan sollten auch für die Folgejahre der außerordentliche<br />
Haushalt und somit alle geplanten Investitionen dargestellt werden. (TZ 21)<br />
(6) Angesichts der Höhe des Schuldendienstes (2011: 7,2 % der Gesamtausgaben) wäre die<br />
mittelfristige Haushaltsplanung unter Einbeziehung der Investitionen derart auszurichten,<br />
dass ein weiterer Schuldenanstieg vermieden wird. (TZ 23)<br />
(7) Die mittelfristige Finanzplanung wäre — wegen ihrer Bedeutung als wesentliche<br />
Grundlage zur Erreichung nachhaltig geordneter Haushalte — in der erforderlichen<br />
Vollständigkeit und Genauigkeit zu erstellen. (TZ 22)<br />
(8) Die jeweiligen Voranschläge wären nach der mittelfristigen Finanzplanung auszurichten.<br />
(TZ 22)<br />
Ausgewählte Aufgabenbereiche<br />
(9) Angesichts der Ausgabensteigerungen im Bereich der Pflichtschulen wären im Interesse<br />
einer tragfähigen Haushaltsplanung Soll<strong>–</strong>Ausgaben je Schüler als Zielwert festzulegen.<br />
(TZ 27)<br />
(10) Die Ausgliederung der Kindergärten sollte in einem mittelfristigen Zeitraum evaluiert<br />
werden. Dabei sollte vor allem auf Basis der Nettoausgaben je Kindergartenkind beur<strong>teil</strong>t<br />
werden, ob die erwarteten Kosteneffekte durch die Nutzung von Synergien im Bereich der<br />
Verwaltung und des Betreuungspersonals tatsächlich eingetreten sind. (TZ 28)<br />
(11) Es wären Maßnahmen zur Erhöhung des Ausgabendeckungsgrads des Verkehrsmuseums<br />
zu ergreifen. Dabei sollten vor allem die Einnahmen durch entsprechende Bewirtschaftungsmaßnahmen<br />
gesteigert werden. (TZ 29)<br />
(12) Weiters wären Zielvorgaben für das Verkehrsmuseum (z.B. ein bestimmter Ausgabendeckungsgrad<br />
oder maximal zu tolerierende Nettoausgaben) festzulegen. (TZ 29)
Seite 107 / 144<br />
(13) Für das Hallenbad sollte ein mehrjähriger Investitionsplan erstellt werden. (TZ 31)<br />
(14) Für den Betrieb des Veranstaltungszentrums Blumenhalle wären mit der dafür verantwortlichen,<br />
der Gemeinde zugehörigen Gesellschaft leistungsbezogene und messbare<br />
Zielvereinbarungen (z.B. maximaler Betriebsabgang je Besucher, maximaler durchschnittlicher<br />
Zuschuss je Veranstaltung etc.) zu treffen. (TZ 33)<br />
(15) Die Kosten für den Bereich Park<strong>–</strong> und Gartenanlagen, Gärtnerei und Kinderspielplätze<br />
sollten durch anforderungsgerechte (auf die Bepflanzung und Benützung abgestimmte)<br />
Flächenpflegeintervalle optimiert werden. (TZ 34)<br />
(16) Weiters sollten die Arbeitsleistungen im Bereich Park<strong>–</strong> und Gartenanlagen, Gärtnerei<br />
und Kinderspielplätze auf Basis standardisierter Leistungszahlen erfasst werden, um den<br />
Ressourceneinsatz entsprechend steuern zu können. (TZ 34)<br />
(17) Als einen Schritt zur kostendeckenden Führung des Gebührenhaushalts Friedhöfe sollte<br />
der Personaleinsatz auf seine Bedarfsgerechtigkeit analysiert werden. (TZ 35)<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(18) Für alle Be<strong>teil</strong>igungen wäre eine einheitliche Bewertung auf der Grundlage des An<strong>teil</strong>s<br />
der Gemeinde am jeweiligen Stammkapital anzuwenden. (TZ 42)<br />
(19) Finanzielle Risiken aus Projekten wie den mit öffentlichen Mitteln errichteten und<br />
betriebenen Golfplatz, die nicht zu den Kernaufgaben einer Gemeinde zählen, wären in<br />
Hinkunft zu vermeiden. (TZ 44)<br />
(20) Die zukünftigen Ausgaben der Gemeinde für die Abgangsdeckung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
sollten auf Grundlage einer mehrjährigen Bedarfsvorausschätzung in die<br />
mittelfristige Finanzplanung aufgenommen werden. (TZ 47)<br />
(21) Es wäre eine regelmäßige Berichterstattung der St. Veit/Glan Holding GesmbH an den<br />
Gemeinderat vorzusehen. (TZ 48)<br />
(22) Die Planrechnungen für zukünftige Investitionen in Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen sollten<br />
deren Einfluss auf die Gesamtkapitalrentabilität des Unternehmens berücksichtigen. (TZ 53)<br />
(23) Die Ergebnisse der Planrechnungen für zukünftige Investitionen in Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
sollten dem Gemeinderat rechtzeitig zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen<br />
übermittelt werden. (TZ 53)
Seite 108 / 144<br />
(24) Von Investitionen, die die Gesamtkapitalrentabilität der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen nicht<br />
verbessern, sollte Abstand genommen werden. (TZ 53)<br />
(25) Es wäre eine Evaluierung vorzunehmen, inwieweit die Aktivitäten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
in den engeren Aufgabenbereich einer Gemeinde fallen und inwieweit durch die<br />
Reduzierung einzelner Aktivitäten die Rentabilität der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen verbessert<br />
werden könnte. (TZ 53)<br />
Organisation und Personal<br />
(26) Die Geschäftsein<strong>teil</strong>ung und der Stellenplan des Stadtamts sollten aufeinander<br />
abgestimmt werden. (TZ 54)<br />
(27) In die Geschäftsein<strong>teil</strong>ung wären alle organisatorisch selbstständigen und mit einer<br />
Führungskraft ausgestatteten Organisationseinheiten (bspw. Hallen<strong>–</strong> und<br />
Freibad/Sportanlagen) aufzunehmen. (TZ 54)<br />
(28) Die Zeichnungsberechtigungen wären gesetzeskonform zu regeln. (TZ 80)<br />
(29) Die beabsichtigte Erweiterung des Controllings sollte zügig umgesetzt werden. (TZ 58)<br />
(30) Es wäre ein Berichtswesen aufzubauen, das den Führungskräften die erforderlichen<br />
Informationen (Erledigungs<strong>–</strong> und Fallzahlen, Ressourcenverbrauch etc.) liefert, um<br />
Entscheidungen auf fundierten Grundlagen treffen zu können. (TZ 59)<br />
(31) Auch wäre jährlich ein Leistungsbericht zu erstellen, um die Leistungen der Gemeindeverwaltung<br />
sowohl intern als auch gegenüber den Bürgern ersichtlich zu machen. (TZ 59)<br />
(32) Im Hinblick auf die zunehmende elektronische Vernetzung der Bürger sollte ein<br />
strategisches Konzept zum Ausbau der e<strong>–</strong>government<strong>–</strong>Aktivitäten entwickelt werden, welches<br />
neben Anreizen für die Nutzung von e<strong>–</strong>government<strong>–</strong>Lösungen auch eine medienbruchfreie<br />
Antragsverarbeitung vorsieht. (TZ 60)<br />
(33) Den Empfehlungen der Gemeindeaufsicht zur Ausweitung des Prüfungsumfangs des<br />
Kontroll<strong>–</strong> und Kassenprüfungsausschusses wäre nachzukommen. (TZ 61)<br />
(34) Die von der Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) geforderte<br />
Gegenüberstellung der vorgesehenen und der ständig beschäftigten Bediensteten wäre<br />
vollständig, insbesondere auch unter Einbeziehung der Lehrlinge als ständig beschäftigte<br />
Dienstnehmer, zu erstellen. (TZ 63)
Seite 109 / 144<br />
(35) Der Personaleinsatz sollte im Hinblick auf die Nutzung von Synergieeffekten analysiert<br />
werden; gegebenenfalls wären Maßnahmen zu seiner Optimierung zu treffen. (TZ 66)<br />
(36) Entsprechend den gesetzlichen Regelungen sollte das Geschlecht nicht als<br />
Entscheidungskriterium im Personal<strong>–</strong>Aufnahmeverfahren verwendet werden. (TZ 67)<br />
(37) Vor Fortbildungsveranstaltungen wäre eine Bedarfserhebung durchzuführen. (TZ 68)<br />
(38) Die Ursachen für das niedrige Pensionsantrittsalter wären zu erheben; gegebenenfalls<br />
sollten Maßnahmen ergriffen werden, um eine Annäherung an das Regelpensionsalter zu<br />
erreichen. (TZ 69)<br />
Abwasser<br />
(39) Bei Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit wäre darauf zu achten und jährlich zu<br />
überprüfen, dass sämtliche Voraussetzungen laut VRV vorliegen. (TZ 72)<br />
(40) Im Sinne der Rechtssicherheit und Klarheit wäre bei Festlegung der Gebührensätze in<br />
der Abwasserbewirtschaftung eindeutig zu bestimmen, ob die entsprechenden Beträge mit<br />
oder ohne Umsatzsteuer zu verstehen sind. (TZ 74)<br />
(41) Im Interesse der Transparenz sollte in regelmäßigen Abständen eine Kalkulation der<br />
Kanalgebühr vorgenommen werden. (TZ 75)<br />
(42) Bei Bewilligung von Ratenansuchen zu vorgeschriebenen Kanalgebühren und<br />
Kanalanschlussbeiträgen wären Stundungszinsen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben<br />
vorzuschreiben. (TZ 79)<br />
Rechnungswesen<br />
(43) Zur Erhöhung der Aussagekraft des Rechnungswesens wäre in den Voranschlägen und<br />
Rechnungsabschlüssen ein Gesamtüberblick über die finanzielle Lage der Gemeinde unter<br />
Einbeziehung der ausgegliederten Gesellschaften und insbesondere jener Verbindlichkeiten,<br />
für die eine Gemeindehaftung (Verpfändung von Fondsan<strong>teil</strong>en) besteht, zu geben.<br />
(TZ 15, 25)<br />
(44) Zur Erzielung des Gesamtüberblicks über die finanzielle Lage der Gemeinde wäre weiters<br />
der Rechnungsabschluss um folgende Angaben zu ergänzen: (TZ 15)<br />
a. innere Anleihen sollten in einem gesonderten Nachweis dargestellt werden; (TZ 13)
Seite 110 / 144<br />
b. es wäre für alle wirtschaftlichen Unternehmungen und Betriebe mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit ein vollständiger Vermögens<strong>–</strong> und Schuldennachweis zu führen; (TZ 14)<br />
c. die Verpfändung der Fondsan<strong>teil</strong>e wäre im Nachweis über den Stand der Haftungen<br />
auszuweisen; (TZ 18)<br />
d. die Statistiken und Übersichten zum Rechnungsabschlusses sollten fortgesetzt und um<br />
einen Kurzbericht zur finanziellen Lage ergänzt werden. (TZ 24)<br />
(45) Transfers an Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen wären entsprechend ihrem wirtschaftlichen<br />
Gehalt zu verbuchen. (TZ 10)<br />
(46) Der Nachweis über den Stand an Wertpapieren und Be<strong>teil</strong>igungen sollte unter Prüfung<br />
auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit jährlich aktualisiert werden. (TZ 41)<br />
(47) Die Gebührenhaushalte Wasserversorgung und Abwasser wären entsprechend der VRV<br />
getrennt darzustellen. (TZ 77)
Seite 111 / 144<br />
STADTGEMEINDE STOCKERAU<br />
Ende 2011 waren die Finanzschulden der Gemeinde Stockerau gegenüber 2008 um<br />
7,17 Mio. EUR angewachsen und betrugen 35,15 Mio. EUR. Die Kennzahlen zur<br />
Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage waren in Stockerau deutlich schlechter als der<br />
Durchschnitt der österreichischen Vergleichsgemeinden. Soweit Stockerau günstigere<br />
Werte auswies, wie im Jahr 2008, war dies auf einmalige Einnahmen aus dem Verkauf<br />
von Vermögen zurückzuführen und nicht auf eine nachhaltige Verbesserung der<br />
laufenden Gebarung.<br />
Im Jahr 2008 errichtete Stockerau die Kommunale Immobilien Liegenschaftsverwaltungs<strong>–</strong><br />
und Verwertungsgesellschaft m.b.H. Stockerau (KIG) und verkaufte dieser<br />
Gesellschaft Liegenschaften (Wohnhäuser, Kindergärten, Schulen, Sportanlagen,<br />
Baulandgrundstücke usw.) um rd. 52,4 Mio. EUR. Den Kaufpreis finanzierte die KIG<br />
durch ein Darlehen in Höhe von 51,0 Mio. EUR, für das die Gemeinde eine Haftung<br />
übernahm.<br />
Von dem Kaufpreis behielt die KIG 13,1 Mio. EUR zur Eigenkapitalstärkung zurück. Den<br />
Rest in Höhe von 39,2 Mio. EUR (liquide Mittel) verwendete die Gemeinde zur<br />
vorzeitigen Tilgung von Darlehen (23,1 Mio. EUR), zur Finanzierung von Investitionen<br />
(10,3 Mio. EUR), für die Abgangsdeckung des Gemeindehaushalts (5,8 Mio. EUR) und für<br />
die Finanzierung der Ausgaben für die KIG<strong>–</strong> Gründung (72.360 EUR).<br />
In einzelnen Bereichen, wie etwa beim Personal, konnten die Ausgabensteigerungen<br />
eingedämmt werden. Dem standen allerdings höhere Ausgaben für die KIG (laufende<br />
Mietzahlungen für die Rückmietung von Gemeindegebäuden, Gewährung von Gesellschafterdarlehen,<br />
Verlustabdeckung), eine Verdoppelung der Ausgaben für Kindergärten<br />
und hohe Transferausgaben gegenüber.<br />
Im Jahr 2010 entfielen auf einen Bewohner von Stockerau mit durchschnittlich 733 EUR<br />
um etwa 22 % höhere Personalausgaben als bei den Vergleichsgemeinden Niederösterreichs<br />
(569 EUR) und Österreichs (574 EUR). Bei den Personalausgaben war zu<br />
berücksichtigen, dass Stockerau ein Pflegeheim führte.<br />
Der Gebührenhaushalt Abwasser wies im Zeitraum 2008 bis 2011 im ordentlichen<br />
Haushalt Überschüsse von insgesamt rd. 2,5 Mio. EUR auf. Diese wurden jeweils<br />
entnommen und für Zwecke außerhalb des Gebührenhaushalts verwendet, was der<br />
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs widersprach. Eine Erneuerungsrücklage<br />
wurde nicht gebildet.
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PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser.<br />
Zusätzlich überprüfte der RH in Stockerau ausgewählte Aufgabenbereiche, um das Ausmaß<br />
und die Entwicklung einer allfälligen Kostenunterdeckung transparent zu machen, mögliche<br />
kritische Entwicklungen für den Gemeindehaushalt aufzuzeigen und eine Grundlage für eine<br />
detaillierte Analyse einzelner Organisationseinheiten und Aufgabenbereiche zu schaffen.<br />
(TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Der Haushalt der Gemeinde Stockerau wies im Zeitraum 2008 bis 2011 hohe einmalige<br />
Einnahmen auf: Im Jahr 2008 erhielt die Gemeinde liquide Mittel in Höhe von<br />
rd. 39,2 Mio. EUR aus dem Verkauf von Liegenschaften an die Kommunale Immobilien<br />
Liegenschaftsverwaltungs<strong>–</strong> und Verwertungsgesellschaft m.b.H. Stockerau (KIG); im Jahr<br />
2010 flossen rd. 5,9 Mio. EUR als Gewinnausschüttung von der KIG an den Gemeindehaushalt<br />
und wurden Fondsan<strong>teil</strong>e in Höhe von rd. 1,6 Mio. EUR veräußert. Die Einnahmen<br />
aus dem Liegenschaftsverkauf (39,2 Mio. EUR) verwendete die Gemeinde zur vorzeitigen<br />
Tilgung von Darlehen (23,1 Mio. EUR), zur Finanzierung von Investitionsprojekten im<br />
außerordentlichen Haushalt (10,3 Mio. EUR), für die Abgangsdeckung des Gemeindehaushalts<br />
(5,8 Mio. EUR) und für die Finanzierung der Nebenkosten der KIG<strong>–</strong>Gründung<br />
(72.360 EUR). (TZ 4, 7)<br />
Diese einmaligen Einnahmen und Ausgaben erhöhten das Haushaltsvolumen:<br />
105,02 Mio. EUR Einnahmen im Jahr 2008 standen 37,79 Mio. EUR im Jahr 2011 gegenüber;<br />
die Ausgaben beliefen sich im Jahr 2008 auf 104,69 Mio. EUR, im Jahr 2011 auf<br />
43,59 Mio. EUR. (TZ 4, 7)<br />
Aufgrund der dargestellten Grundstückstransaktion stammte der größte Teil der Einnahmen<br />
der Gemeinde Stockerau im Beobachtungszeitraum aus der Veräußerung von Vermögen<br />
(23,3 %). Demgegenüber hatten die bei den Vergleichsgemeinden wichtigsten Einnahmenquellen,<br />
die eigenen Steuern und die Ertragsan<strong>teil</strong>e, für Stockerau mit zusammen rd. 33,3 %<br />
eine wesentlich geringere Bedeutung. (TZ 4, 5)<br />
Beinahe zwei Drittel der Ausgaben entfielen auf die Haushaltsgruppe 8 (Dienstleistungen). In<br />
dieser Haushaltsgruppe wurde die Verwendung des Veräußerungserlöses (39,2 Mio. EUR) aus
Seite 113 / 144<br />
dem Verkauf der Liegenschaften an die KIG verbucht. Im Jahr 2010 fielen für Kunst, Kultur<br />
und Kultus 144 EUR je Einwohner an (Vergleichsgemeinden Österreich 89 EUR), für Soziale<br />
Wohlfahrt und Wohnbauförderung 417 EUR je Einwohner (Vergleichsgemeinden Österreich<br />
289 EUR), für Gesundheit waren es 318 EUR je Einwohner (Vergleichsgemeinden Österreich<br />
265 EUR). (TZ 7)<br />
Die einmaligen Einnahmen verbesserten auch das Jahresergebnis: Das vereinheitlichte<br />
Jahresergebnis 1 war aufgrund der einmaligen Einnahmen in den Jahren 2008 und 2010 mit<br />
rd. 330.000 EUR bzw. rd. 580.000 EUR positiv; in den Jahren 2009 und 2011 hingegen mit<br />
rd. <strong>–</strong> 7,7 Mio. EUR bzw. rd. <strong>–</strong> 5,8 Mio. EUR deutlich negativ. Die Kennzahl freie Finanzspitze<br />
(unter Berücksichtigung nur der laufenden, nicht der außerordentlichen Tilgungen)<br />
bestätigte den Einmaleffekt: Sie war durchgehend negativ, was bedeutete, dass Stockerau<br />
aus dem laufenden Gemeindehaushalt keine Mittel für Investitionen erwirtschaften konnte.<br />
Somit konnten auch die außerordentlichen Einnahmen aus dem Verkauf der Liegenschaften<br />
und die dadurch möglich gewordene <strong>teil</strong>weise Schuldentilgung den Haushalt nicht dauerhaft<br />
entlasten, vielmehr wurden Schulden in eine ausgegliederte Gesellschaft verlagert. Längerfristig<br />
werden nach Ansicht des RH Überschüsse erforderlich sein, um die bestehende<br />
Verschuldung der Gemeinde Stockerau zu reduzieren und ihren finanziellen Handlungsspielraum<br />
nachhaltig zu erhöhen. (TZ 4)<br />
Die Gemeinde Stockerau hatte im Jahr 2009 vor allem durch niedrigere Ertragsan<strong>teil</strong>e einen<br />
Rückgang der laufenden Einnahmen um 1,71 Mio. EUR gegenüber 2008 zu verzeichnen. Zu<br />
einer merklichen Erhöhung der laufenden Einnahmen kam es — durch höhere Ertragsan<strong>teil</strong>e<br />
und höhere Gebühreneinnahmen — erst wieder im Jahr 2011. Die laufenden Ausgaben der<br />
Gemeinde waren im Jahr 2011 um rd. 820.000 EUR bzw. um 2,4 % höher als im Jahr 2008.<br />
Im Zeitraum 2008 bis 2011 waren die laufenden Einnahmen der Gemeinde um 3,8 % und die<br />
laufenden Ausgaben um 2,4 % angestiegen. (TZ 6, 8)<br />
Der Gebarungsumfang des außerordentlichen Haushalts der Gemeinde Stockerau war im Jahr<br />
2008 um bis zu 10<strong>–</strong>mal höher als in den Folgejahren. Dies war auf das Ausgliederungsvorhaben<br />
zurückzuführen. Im Zeitraum 2009 bis 2011 betrugen die durchschnittlichen<br />
jährlichen Einnahmen des außerordentlichen Haushalts rd. 9,0 Mio. EUR, die Ausgaben<br />
rd. 7,1 Mio. EUR. Die Vorhaben im außerordentlichen Haushalt waren überwiegend durch<br />
Darlehen finanziert. (TZ 9)<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnete der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des<br />
Rechnungsquerschnitts) abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 114 / 144<br />
Im außerordentlichen Haushalt wurden innerhalb der Haushaltsansätze Grundbesitz,<br />
Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Abfallbehandlung nahezu alle Vorhaben<br />
zusammengefasst und als Gruppe ausgewiesen. Der Informationsgehalt war beeinträchtigt.<br />
(TZ 9)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Quote freie Finanzspitze, Eigenfinanzierungsquote und öffentliche<br />
Sparquote. Die Kennzahlen ließen darauf schließen, dass die finanzielle Lage von Stockerau<br />
deutlich schlechter war als der Durchschnitt der Vergleichsgemeinden. Soweit Stockerau<br />
günstigere Werte auswies, wie im Jahr 2008, war dies auf einmalige Einnahmen aus dem<br />
Verkauf von Vermögen zurückzuführen und nicht auf eine nachhaltige Verbesserung der<br />
laufenden Gebarung. Die Kennzahlen manifestierten auch, dass Stockerau im gesamten<br />
Überprüfungszeitraum keine Mittel für Investitionen, Schuldentilgungen oder zum<br />
Rücklagenaufbau erwirtschaften konnte. Durch zunehmende Ausgaben für Zinsen sowie für<br />
die Tilgung von Finanzschulden war eine weitere Einschränkung des budgetären Handlungsspielraums<br />
der Gemeinde Stockerau zu erwarten. Eine anhaltende Verbesserung der<br />
Ergebnisse der laufenden Gebarung (Saldo 1) wäre daher schon deshalb erforderlich, um<br />
Investitionen ohne zusätzliche Schuldaufnahmen durchführen zu können. (TZ 10)<br />
VERMÖGEN<br />
Das Anlagevermögen von Stockerau war zum 31. Dezember 2011 mit rd. 52,2 Mio. EUR, das<br />
Umlaufvermögen mit rd. 3,8 Mio. EUR bewertet. Das Sachanlagevermögen bestand vorwiegend<br />
aus Grundstücken und Anlagen der Abwasserbeseitigung. Durch die Veräußerung<br />
von Grundstücken im Jahr 2008 verminderten sich die ausgewiesenen Werte für Grundstücke<br />
von 49,38 Mio. EUR im Jahr 2007 auf 21,12 Mio. EUR im Jahr 2008. (TZ 12)<br />
Überdies wies die Gemeinde hohe Forderungen aus, die auf einnahmenseitige Zahlungsrückstände<br />
zurückzuführen waren. Die Werte bewegten sich zwischen 3,2 Mio. EUR in den<br />
Jahren 2010 und 2011 und 7,5 Mio. EUR im Jahr 2009. Die höchsten Zahlungsrückstände<br />
bestanden im Bereich der Müllentsorgung und der Mülldeponie in Höhe von rd. 1,1 Mio. EUR.<br />
(TZ 12)<br />
Ein Vermögens<strong>–</strong> und Schuldennachweis, wie in der Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung<br />
(VRV) gefordert, lag nicht für alle wirtschaftlichen Unternehmungen der<br />
Gemeinde vor. Auch waren im Rechnungsabschluss keine Anlagenverzeichnisse zu den<br />
sonstigen Betrieben und betriebsähnlichen Einrichtungen der Gemeinde (u.a. Bauhof, Frei<strong>–</strong><br />
und Hallenbad, Parkdeck) enthalten. (TZ 13)
Seite 115 / 144<br />
SCHULDEN UND FINANZIERUNGSVERPFLICHTUNGEN<br />
Ende 2007 hatten die Finanzschulden der Gemeinde noch 53,85 Mio. EUR betragen. Durch<br />
eine außerordentliche Schuldentilgung, die aufgrund des Verkaufs von Liegenschaften<br />
ermöglicht wurde, konnten die Finanzschulden bis Ende 2008 auf 27,98 Mio. EUR verringert<br />
werden. Dies kam in wirtschaftlicher Hinsicht einer Schuldenverlagerung gleich. Weiters<br />
stiegen die Finanzschulden in den Folgejahren wieder an und lagen Ende 2011 bei 35,15<br />
Mio. EUR. (TZ 14)<br />
Der Rechnungsabschluss von Stockerau wies mit 31. Dezember 2011 neben diesen Finanzschulden<br />
noch offene Leasingverpflichtungen in Höhe von 25,25 Mio. EUR (2008 noch<br />
29,87 Mio. EUR), Kassenverbindlichkeiten in Höhe von 8,46 Mio. EUR (2008 noch<br />
13,46 Mio. EUR), sonstige Finanzierungsverpflichtungen in Höhe von 1,50 Mio. EUR und<br />
nicht fällige Verwaltungsschulden in Höhe von 160.000 EUR auf. Der Jahresabschluss der KIG<br />
wies per 31. Dezember 2011 kurzfristige Verbindlichkeiten in Höhe von rd. 490.000 EUR<br />
und langfristige Verbindlichkeiten in Höhe von 54,59 Mio. EUR aus. Darüber hinaus wies die<br />
als Eigenbetrieb geführte Bestattung mit 31. Dezember 2011 einen negativen Bankkontostand<br />
von rd. 390.000 EUR auf, der nicht im Schuldenstand der Gemeinde enthalten war.<br />
(TZ 14, 16, 38)<br />
Die Gemeinde Stockerau hatte die nach der Niederösterreichischen Gemeindeordnung<br />
zulässige Höhe an Kassenkrediten (rd. 3 Mio. EUR) um 100 % überschritten. Die dauerhafte<br />
Überziehung von Bankkonten stellte eine teure Form der Fremdfinanzierung dar. Alleine für<br />
die Bankverbindlichkeiten hatte Stockerau im Jahr 2008 rd. 760.000 EUR an Zinsen<br />
aufzubringen, im Jahr 2011 rd. 116.000 EUR. (TZ 15)<br />
Eine weitere Zahlungsverpflichtung für den Gemeindehaushalt ergab sich aus einer<br />
Gewinnausschüttung der KIG in Höhe von 5,9 Mio. EUR im Jahr 2010. Die Gemeinde<br />
vereinbarte mit der KIG die verzinste Rückzahlung dieser Gewinnausschüttung nach acht<br />
Jahren. Die so vereinbarte Gewinnausschüttung war mit einem Darlehen der KIG an die<br />
Gemeinde vergleichbar, weil es sich um einen rückzahlbaren, verzinsten Betrag handelte,<br />
den die KIG der Gemeinde für einen Zeitraum von acht Jahren überließ. (TZ 50)<br />
Zusammenfassend betrachtet konnte die Gemeinde Stockerau durch die Liegenschaftsverkäufe<br />
zwar kurzfristig Liquidität erlangen und einen Teil der Schulden im Gemeindehaushalt<br />
abbauen, sie konnte jedoch keine dauerhafte Verbesserung ihrer finanziellen Lage<br />
erreichen:
Seite 116 / 144<br />
<strong>–</strong> Dem Abbau der Finanzschulden im Jahr 2008 auf 27,98 Mio. EUR gegenüber dem Stand<br />
von 2007 in Höhe von 53,85 Mio. EUR stand eine Darlehensaufnahme der KIG in Höhe von<br />
51,0 Mio. EUR (endfällig 2028) gegenüber, für die die Gemeinde eine Haftung übernahm.<br />
<strong>–</strong> Seit 2008 stiegen die Finanzschulden der Gemeinde wieder an, von 27,98 Mio. EUR (2008)<br />
auf 35,15 Mio. EUR (2011). Darüber hinaus entstanden für die Gemeinde Zahlungsverpflichtungen<br />
gegenüber der KIG (Gesellschafterzuschüsse, Verlustabdeckung,<br />
Mietzahlungen). (TZ 16)<br />
Nach Ansicht des RH verschlechterte sich die finanzielle Lage der Gemeinde Stockerau durch<br />
die Ausgliederung der KIG. Einerseits wird der Gemeindehaushalt durch laufende Mietzahlungen<br />
für die verkauften, aber weiterhin genutzten Liegenschaften zusätzlich belastet,<br />
andererseits bestehen weitere Verpflichtungen gegenüber der KIG, etwa zur Gewährung von<br />
Gesellschafterdarlehen oder zur Verlustabdeckung. Darüber hinaus übernahm die Gemeinde<br />
die Haftung für ein Darlehen der KIG, mit dem der Liegenschaftskauf finanziert wurde. Die<br />
Zahlungen an die KIG stellten — neben den ohnehin schon bestehenden hohen Finanzschulden,<br />
den Leasingverpflichtungen und den Außenständen auf Bankkonten — eine<br />
weitere Belastung für den Gemeindehaushalt dar, die den Spielraum für künftig erforderliche<br />
Investitionen erheblich einschränkten. (TZ 16)<br />
Als Ausfluss dieser angespannten finanziellen Lage erhöhten sich nicht nur die Finanzschulden<br />
je Einwohner von 1.827 EUR (2008) auf 2.281 EUR (2011), es waren die Kennzahlen<br />
zur Verschuldung (Finanzschulden je Einwohner und Schuldendienstquote) der Gemeinde<br />
Stockerau im Zeitraum 2008 bis 2011 auch ungünstiger als im Durchschnitt der österreichischen<br />
Vergleichsgemeinden. (TZ 18)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Stockerau waren im Jahr 2011 zu rd. 75 % den Betrieben<br />
mit marktbestimmter Tätigkeit zuzuordnen (Vergleichsgemeinden Österreich: rd. 66 %). Die<br />
Fremdwährungskredite in Schweizer Franken gingen von rd. 3,0 Mio. EUR (9,7 % der Finanzschulden)<br />
im Jahr 2008 auf rd. 2,0 Mio. EUR im Jahr 2011 (rd. 5,7 %) zurück. Der An<strong>teil</strong> der<br />
variabel verzinsten Darlehen stieg kontinuierlich von rd. 63,1 % im Jahr 2008 auf<br />
rd. 79,6 % im Jahr 2011 an. Bei einem so hohen An<strong>teil</strong> variabel verzinster Darlehen könnte,<br />
insbesondere bei einem sprunghaften Anstieg des Marktzinsniveaus, das Gemeindebudget<br />
durch unerwartet hohe Finanzierungskosten erheblich belastet werden. (TZ 17)<br />
HAFTUNGEN<br />
Die Gemeinde haftete zum 31. Dezember 2011 für Darlehen in Höhe von 53,86 Mio. EUR<br />
(2008: 54,93 Mio. EUR). Im Jahr 2011 entfiel auf einen Einwohner von Stockerau mit<br />
3.497 EUR ein mehr als viermal so hohes Haftungsvolumen wie im Durchschnitt der
Seite 117 / 144<br />
österreichischen Vergleichsgemeinden (775 EUR). Der überwiegende Teil dieser Haftungen<br />
betraf Darlehen der KIG. (TZ 19)<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung der Gemeinde Stockerau bestand —<br />
bei durchgehend negativem Transfersaldo — gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden.<br />
Stockerau zahlte hier von 2008 bis 2011 insgesamt rd. 14,4 Mio. EUR. Im<br />
Zusammenhang mit der Übernahme des Krankenanstaltenverbands durch das Land<br />
Niederösterreich waren die Transferzahlungen im Jahr 2008 besonders hoch<br />
(rd. 5,3 Mio. EUR). Insgesamt erhielt Stockerau im Zeitraum 2008 bis 2011 rd. 6,7 Mio. EUR<br />
an Transfers von öffentlichen Rechtsträgern, musste aber rd. 25,4 Mio. EUR an andere<br />
öffentliche Rechtsträger zahlen. (TZ 20)<br />
Abgesehen vom Jahr 2008 war im Überprüfungszeitraum die Transferbelastung von<br />
Stockerau fast durchwegs geringer als beim Durchschnitt der niederösterreichischen und<br />
österreichischen Vergleichsgemeinden. Die Transferzahlungen belasteten den Gemeindehaushalt<br />
mit etwa 10 % der Gesamtausgaben. Jedoch konnte Stockerau, wie auch andere<br />
Gemeinden, die Transferausgaben weder der Höhe noch der Verwendung nach maßgeblich<br />
mitgestalten. (TZ 21)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Nach der mittelfristigen Finanzplanung der Gemeinde Stockerau wird der Finanzschuldenstand<br />
bis zum Jahr 2015 auf 43,32 Mio. EUR ansteigen; das entspricht einer Erhöhung<br />
gegenüber 2011 um 23 %. Die Finanzschulden werden demnach im Jahr 2015 bei rd. 88 %<br />
der jährlichen Gesamtausgaben liegen. Die prognostizierte Erhöhung der Finanzschulden<br />
war äußerst kritisch, zumal auch die KIG hohe Verbindlichkeiten aufwies, die in diese<br />
Betrachtung nicht einbezogen waren. (TZ 22, 23)<br />
Künftige Ausgaben aufgrund von Zahlungen an die KIG (Abgangsdeckung, Investitionen)<br />
erfasste die Gemeinde im Zuge der mittelfristigen Finanzplanung: Die KIG meldete im Jahr n<br />
die voraussichtlich benötigten Abgangsdeckungen für das darauffolgende Kalenderjahr<br />
(n+1). Diese Schätzungen wurden von der Gemeinde geprüft und <strong>teil</strong>weise (nicht in voller<br />
Höhe) in die Mittelfristplanung (n+1 bis n+4) übernommen bzw. für weitere drei Jahre mit<br />
demselben Betrag fortgeschrieben. (TZ 56)
Seite 118 / 144<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Die Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Stockerau lieferten nur unzureichend Informationen<br />
für die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage, weil die hohen Verbindlichkeiten in der<br />
ausgegliederten Gesellschaft KIG zwar in deren Jahresabschluss aufschienen, der<br />
Rechnungsabschluss der Gemeinde dazu aber keine Hinweise enthielt, und weil bereits<br />
feststehende Zahlungsverpflichtungen der Gemeinde gegenüber der KIG nicht ausgewiesen<br />
waren. (TZ 24)<br />
Zu begrüßen war die Änderung der Niederösterreichischen Gemeindeordnung, wonach dem<br />
Prüfungsausschuss auch die geprüften Jahresabschlüsse der ausgegliederten Unternehmen<br />
mit eigener Rechtspersönlichkeit zur Kenntnis zu bringen waren. (TZ 24)<br />
ENTWICKLUNG DER EINNAHMEN UND AUSGABEN IN AUSGEWÄHLTEN<br />
AUFGABENBEREICHEN<br />
Die Nettoausgaben (Ausgaben abzüglich Einnahmen) für die Sportinfrastruktur betrugen im<br />
Jahr 2011 rd. 1,2 Mio. EUR. Davon wurden rd. 183.000 EUR für Sportplätze, rd. 878.000 EUR<br />
für Turn<strong>–</strong> und Sporthallen und rd. 174.000 EUR für die Kunsteisbahn ausgegeben. Die<br />
Nettoausgaben für die Sportplätze waren im Jahr 2011 um rd. 78 % und jene für die Turn<strong>–</strong><br />
und Sporthallen um mehr als 100 % höher als im Jahr 2008. Wesentliche Ausgabentreiber<br />
waren die laufenden Mietzahlungen an die KIG sowie weitere Transferzahlungen an die KIG<br />
in den Jahren 2010 und 2011. (TZ 26)<br />
Die Festspiele führten im Jahr 2011 zu Nettoausgaben von 352.000 EUR (2008: 187.000<br />
EUR). Der Ausgabendeckungsgrad fiel von 82,3 % im Jahr 2008 auf 58,5 % im Jahr 2011. Die<br />
Festspiele wurden während der Wintermonate 2011/2012 einer strategischen Neuausrichtung<br />
unterzogen. (TZ 27)<br />
Der Ausgabendeckungsgrad beim „Veranstaltungszentrum 2000“ erhöhte sich von 25,8 % im<br />
Jahr 2008 auf 34,1 % im Jahr 2011, was im Wesentlichen auf das Auslaufen eines<br />
Leasingvertrags Ende 2009 zurückzuführen war. Im Jahr 2011 betrugen die Nettoausgaben<br />
rd. 597.000 EUR. (TZ 28)<br />
Die Ausgaben für die Pflege der öffentlichen Grünflächen und der Kinderspielplätze lagen<br />
2011 bei rd. 1,1 Mio. EUR. Eine Ausgabenreduzierung konnte im Beobachtungszeitraum<br />
nicht erreicht werden. Der An<strong>teil</strong> der Personalausgaben lag 2011 bei 89,0 %. (TZ 29)<br />
Beim Hallen<strong>–</strong> und Freibad erhöhte sich der Ausgabendeckungsgrad von 38,1 % im Jahr 2008<br />
auf 57,1 % im Jahr 2011. Die Nettoausgaben betrugen im Jahr 2011 rd. 429.000 EUR. (TZ 30)
Seite 119 / 144<br />
Bei der Bewirtschaftung der Parkdecks konnte der Deckungsbeitrag auf Basis der Betriebsausgaben<br />
von <strong>–</strong> 32 EUR im Jahr 2008 auf einen positiven Deckungsbeitrag von 33 EUR je<br />
Parkplatz im Jahr 2011 gesteigert werden. (TZ 31)<br />
Die Gemeinde Stockerau betrieb die Bereichsalarmzentrale für den Bezirk Korneuburg und<br />
den Feuerwehrabschnitt Klosterneuburg. Die Nettobeiträge der Umlandgemeinden deckten<br />
die Personalausgaben nur zu durchschnittlich 6,1 % ab. Stockerau trug im Jahr 2011<br />
rd. 456.000 EUR aus seinem Haushalt. (TZ 32)<br />
Die Ausgaben für die Volksschulen stiegen um 19 % auf rd. 621.000 EUR im Jahr 2011 an.<br />
Dieser Anstieg war vor allem auf Mietzahlungen zurückzuführen, da eine der beiden<br />
Volksschulen an die KIG veräußert wurde und nunmehr von der Gemeinde zurückgemietet<br />
wurde. (TZ 33)<br />
Im Jahr 2008 waren 353, im Jahr 2011 bereits 464 Kindergartenkinder zu versorgen. Die<br />
Nettoausgaben der Gemeinde für die Kindergärten verdoppelten sich von 548.135 EUR<br />
(2008) auf 1.136.128 EUR (2011). Die Nettoausgaben je Kindergartenkind erhöhten sich von<br />
1.553 EUR (2008) auf 2.449 EUR (2011). Die steigenden Nettoausgaben je Kind waren zum<br />
Teil auf geringere Gruppengrößen zurückzuführen. Die geringeren Gruppengrößen beruhten<br />
auf gesetzlichen Beschränkungen bei der Betreuung von Kindern ab dem 2,5. Lebensjahr.<br />
(TZ 34)<br />
Der Gebührenhaushalt der Abfallwirtschaft (Müllabfuhr<strong>–</strong>Abfallbeseitigung und Mülldeponie)<br />
wies jährliche Unterdeckungen auf (von 11.000 EUR im Jahr 2008 bis 203.000 EUR im Jahr<br />
2011). Für die im Jahr 2007 geschlossene Mülldeponie können aus Nachsorgeaufgaben<br />
(umweltverträgliche Behandlung der Sickerwässer und fachgerechter Abschluss der Deponie)<br />
finanzielle Verpflichtungen entstehen. (TZ 35)<br />
In den Gebührenhaushalten Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung wurden jährlich<br />
Gewinne entnommen und dem allgemeinen Haushalt zugeführt. Dadurch wurden Gebühren<br />
nicht zweckentsprechend verwendet und Gebührenzahler mit höheren als kostendeckenden<br />
Gebühren belastet. Eine Erneuerungsrücklage wurde nicht gebildet. (TZ 36, 87, 89)<br />
Im Gebührenhaushalt Friedhöfe konnten die Ausgaben nicht vollständig gedeckt werden; der<br />
Ausgabendeckungsgrad erhöhte sich geringfügig von 78,9 % (2008) auf 81,0 % (2011). Die<br />
Personalausgaben wuchsen um 27,8 %. (TZ 37)<br />
Die als Eigenbetrieb geführte Bestattung wies Verluste aus dem operativen Geschäft auf. Das<br />
langjährig negative Eigenkapital war durch kurzfristige Verbindlichkeiten
Seite 120 / 144<br />
(2011: 389.154 EUR) gedeckt, die im Kassenabschluss zum Rechnungsabschluss der<br />
Gemeinde nicht ausgewiesen waren. (TZ 38)<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Stockerau war mit Ende des Jahres 2011 zu 100 % an der KIG be<strong>teil</strong>igt. Daneben hielt sie<br />
noch sechs Minderheitsbe<strong>teil</strong>igungen mit An<strong>teil</strong>en von unter 1 % bis 9,09 %. Der<br />
Be<strong>teil</strong>igungsnachweis war nicht auf aktuellem Stand. (TZ 41,42)<br />
Sämtliche Zahlungen der Gemeinde Stockerau an Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen im Zeitraum<br />
2008 bis 2011 betrafen die KIG. Sie beliefen sich auf 19,4 Mio. EUR. Aus den Be<strong>teil</strong>igungen<br />
erzielte Stockerau im Überprüfungszeitraum Einnahmen von 45,1 Mio. EUR. (TZ 43, 49)<br />
Die Gemeinde Stockerau verkaufte im Jahr 2008 rd. 50 Liegenschaften an die KIG zu einem<br />
Kaufpreis von insgesamt 52,4 Mio. EUR. Für die Finanzierung des Kaufpreises nahm die KIG<br />
ein im Jahr 2028 fälliges Darlehen in der Höhe von 51,0 Mio. EUR auf, für das die Gemeinde<br />
die Haftung übernahm. Zur Absicherung des Darlehens schloss die KIG drei Swapverträge<br />
ab. Laut Information der KIG entstanden aus diesen Swapverträgen bis Mitte 2012 Verluste<br />
in der Höhe von 2,9 Mio. EUR. Aufgrund der Haftungen lag das finanzielle Risiko aus den<br />
Swaps ebenfalls bei der Gemeinde. (TZ 44, 46, 47)<br />
Die Ausgliederung der Gemeindeliegenschaften in die KIG verringerte insgesamt die<br />
Vermögenssubstanz der Gemeinde um rd. 30 Mio. EUR. (TZ 51)<br />
Stockerau mietete von der KIG 16 Objekte zurück und bezahlte dafür Mieten in Höhe von<br />
633.154 EUR (2009), 748.826 EUR (2010) und 933.318 EUR (2011). (TZ 48)<br />
Insgesamt betrug der Saldo aus Einnahmen (61,0 Mio. EUR) und Ausgaben (20,9 Mio. EUR)<br />
aus der Ausgliederung der gemeindeeigenen Liegenschaften bis zum Jahr 2011<br />
rd. 40,2 Mio. EUR. Unter Berücksichtigung der weiteren Ausgaben für Zinsen, Rückzahlung<br />
der Gewinnausschüttung und Mieten im Zeitraum 2012 bis 2018 wird sich der Gesamtsaldo<br />
auf 26,2 Mio. EUR verringern. (TZ 52)<br />
In den Jahren 2008, 2009 und 2011 nahm die Gemeinde Stockerau auf Grundlage eines<br />
Gemeinderatsbeschlusses Darlehen in Höhe von 2,7 Mio. EUR mit einer Laufzeit bis 16<br />
Jahren am Kapitalmarkt auf und reichte sie unverzinst mit einer Laufzeit von 40 Jahren an<br />
die KIG weiter. Schriftliche Vereinbarungen mit der KIG gab es nicht, obwohl der Beschluss<br />
des Gemeinderats solche Vereinbarungen vorsah. Die Gesellschafterdarlehen waren in ihren<br />
Auswirkungen mit Gesellschafterzuschüssen vergleichbar, da die KIG weder Zinsen noch<br />
Tilgungen für die zur Verfügung gestellten Mittel bezahlte. (TZ 45)
Seite 121 / 144<br />
Weiters erhielt die KIG zwei Gesellschafterzuschüsse in Höhe von 525.800 EUR und 500.000<br />
EUR in den Jahren 2010 und 2011 zur Verlustabdeckung. (TZ 46)<br />
Durch die Ausgliederung der KIG konnten zwar kurzfristig liquide Mittel als Einnahmen im<br />
Gemeindehaushalt lukriert und bestehende Verbindlichkeiten der Gemeinde getilgt werden.<br />
Mittel<strong>–</strong> bis langfristig war hingegen von einer hohen finanziellen Belastung des Gemeindehaushalts<br />
auszugehen. Diese wird sich aus dem Kapitaldienst für die neu aufgenommenen<br />
und der KIG zur Verfügung gestellten Gesellschafterdarlehen in Höhe von 12 Mio. EUR und<br />
den jährlichen Mietausgaben ergeben. (TZ 52)<br />
Anhand der vorliegenden Geschäftsberichte war zudem keine positive Entwicklung der<br />
wirtschaftlichen Situation der KIG zu erkennen, so dass die KIG ein finanzielles Risiko für den<br />
Gemeindehaushalt bedeutete: Die wirtschaftliche Situation der KIG könnte auch mittelfristig<br />
Verlustabdeckungen notwendig machen und langfristig sind sowohl jene Darlehen zu tilgen,<br />
die die Gemeinde zur Finanzierung der Gesellschafterdarlehen aufnahm, als auch das<br />
Darlehen über 51,0 Mio. EUR, für das die Gemeinde Haftungen übernommen hat. (TZ 46, 52)<br />
Die Rechnungsabschlüsse der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen wurden dem Gemeinderat<br />
regelmäßig zur Kenntnis gebracht. Ein aktives Be<strong>teil</strong>igungscontrolling im Sinne einer<br />
Steuerung der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen anhand von bestimmten Kennzahlen erfolgte nicht.<br />
Die Gemeinde Stockerau erstellte auch keinen speziellen Be<strong>teil</strong>igungsbericht. In diesem<br />
Zusammenhang war die Novelle der Niederösterreichischen Gemeindeordnung aus dem Jahr<br />
2012 zu begrüßen, die mit der verpflichtenden Vorlage der geprüften Jahresabschlüsse<br />
einschließlich der geprüften Lageberichte und der Berichte des Abschlussprüfers an den<br />
Gemeinderat einen wichtigen Schritt zu einer umfassenden Darstellung der finanziellen Lage<br />
der Gemeinden einschließlich der ausgegliederten Einheiten darstellte. Allerdings hatte diese<br />
Vorlage erst mit dem „nächstfolgenden Rechnungsabschluss“ zu geschehen, wodurch sich<br />
der Transparenz abträgliche erhebliche zeitliche Verzögerungen ergeben können. (TZ 57)<br />
Die Eigenmittelquote der KIG verschlechterte sich im Zeitraum 2008 (17 %) bis 2011 (<strong>–</strong> 4,0 %)<br />
signifikant; die fiktive Schuldentilgungsdauer strebte im Jahr 2011 mit einem Wert von<br />
rd. 1.803,4 Jahren gegen unendlich. In den Jahren 2010 und 2011 war ein Reorganisationsbedarf<br />
nach dem Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) für die KIG zu vermuten. Auch<br />
die Gesamtkapitalrentabilität und der Cashflow spiegelten die schwache Ertragslage und<br />
mangelnde Innenfinanzierungskraft der KIG wider. (TZ 58, 59)<br />
Im Jahr 2011 betrugen die langfristigen Verbindlichkeiten der KIG 54,6 Mio. EUR und waren<br />
damit um mehr als 50 % höher als die Finanzschulden der Gemeinde von 35,2 Mio. EUR. Die<br />
KIG wies im Jahresabschluss 2011 ein Anlage<strong>–</strong> und Umlaufvermögen von insgesamt<br />
rd. 58,9 Mio. EUR aus. (TZ 62, 63)
Seite 122 / 144<br />
ORGANISATION<br />
Die Organisationsstruktur des Stadtamts Stockerau war nicht schriftlich geregelt, auch fehlte<br />
eine schriftlich festgelegte Aufgabenzuordnung zu den einzelnen Organisationseinheiten.<br />
(TZ 64)<br />
Zahlreiche Aufgaben waren aus der Gemeindeverwaltung ausgelagert bzw. an externe<br />
Unternehmen übertragen: u.a. das Liegenschaftsmanagement für Wohn<strong>–</strong>, Geschäfts<strong>–</strong> und<br />
Amtsgebäude, schulische Nachmittagsbetreuung, Gebäudereinigung für Sporthalle und<br />
Schulen, Verwaltung der Hauptschule, Parkraumbewirtschaftung. (TZ 65)<br />
Grundlagen für eine strukturierte und bedarfsorientierte Steuerung des Ressourceneinsatzes<br />
(auf Basis von Aufgaben und Tätigkeiten, Fallzahlen und durchschnittlichen Verfahrensdauern)<br />
waren nicht erkennbar. Stellenbeschreibungen waren nicht vorhanden. (TZ 67)<br />
In 14 der 20 internen Führungsbereiche war die Führungsspanne niedrig (von 1:2 bis 1:9).<br />
Andererseits war der Leiter des Wirtschaftshofs während des Saisonbetriebs für die<br />
Koordination von 72 Mitarbeitern verantwortlich. (TZ 66)<br />
Die von der Gemeinde erbrachten Leistungen konnten mangels eines Leistungs<strong>–</strong> und<br />
Produktkatalogs und mangels eines Leistungsberichts weitgehend nicht transparent gemacht<br />
werden. Produktbezogene Kennzahlen wurden nicht erhoben, ein Controlling war nicht<br />
eingerichtet. (TZ 68)<br />
Die Gemeinde legte besonderes Augenmerk auf digitale Bürgerkommunikation und bot in<br />
Zusammenarbeit mit der Plattform „Bürgerportal“ verschiedene e<strong>–</strong>government<strong>–</strong>Leistungen<br />
an. (TZ 69)<br />
Der Prüfungsausschuss der Gemeinde Stockerau führte im Zeitraum 2008 bis 2011 insgesamt<br />
16 Sitzungen durch, die sowohl Kassenprüfungen als auch andere Themen zum<br />
Gegenstand hatten. (TZ 70)<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 war für 372 Mitarbeiter (296,6 VBÄ) das Gehalt aus dem Gemeindehaushalt der<br />
Gemeinde Stockerau zu bedecken. Für diese Mitarbeiter fielen im Jahr 2011 Personalausgaben<br />
in Höhe von rd. 11,3 Mio. EUR an. Die Personalausgaben waren damit um rd. 1,1 %<br />
niedriger als im Jahr 2010. Der Personalstand hatte sich gegenüber 2008 um 8,6 % reduziert<br />
(in VBÄ um 5 %), die Personalausgaben waren um 5,9 % gestiegen. Mit dieser Steigerung lag<br />
Stockerau unter dem Niveau der österreichischen Vergleichsgemeinden (+ 7,9 %). (TZ 73, 75)
Seite 123 / 144<br />
Die Personalausgaben beanspruchten etwa ein Drittel der laufenden Ausgaben der Gemeinde<br />
(zwischen 31,1 % im Jahr 2008 und 34,1 % im Jahr 2009). (TZ 75)<br />
Die durchschnittlichen Personalausgaben je Mitarbeiter betrugen im Jahr 2011<br />
rd. 35.489 EUR und waren damit um 10 % höher als im Jahr 2008. Die durchschnittlichen<br />
Personalausgaben je VBÄ lagen im Jahr 2011 bei rd. 40.291 EUR, dies ergab eine Steigerung<br />
um 9 %. Im Vergleich der acht überprüften Gemeinden wies Stockerau im Jahr 2011 mit<br />
40.291 EUR die zweitgeringsten Personalausgaben je VBÄ aus (Maximalwert: Bludenz 51.000<br />
EUR, Minimalwert: Eisen<strong>stadt</strong> 39.464 EUR). (TZ 75)<br />
Im Jahr 2010 entfielen auf einen Bewohner von Stockerau mit durchschnittlich 733 EUR um<br />
etwa 22 % höhere Personalausgaben als bei den Vergleichsgemeinden in Niederösterreich<br />
(569 EUR) und im Bundesgebiet (574 EUR). Bei den Personalausgaben war zu berücksichtigen,<br />
dass Stockerau ein Pflegeheim führte, in dem im Jahr 2011 50 Mitarbeiter<br />
(40,33 VBÄ) beschäftigt waren. (TZ 76)<br />
Der im Rechnungsabschluss der Gemeinde Stockerau enthaltene Dienstpostenplan wies<br />
neben den Planstellen auch den Ist<strong>–</strong>Stand an Bediensteten aus, diesen allerdings nur in<br />
Köpfen. Eine Darstellung in VBÄ fehlte. Da eine Planstelle auf mehrere Mitarbeiter aufge<strong>teil</strong>t<br />
werden konnte, war die unmittelbare Vergleichbarkeit zwischen dem Dienstpostenplan und<br />
dem tatsächlichen Stand an Bediensteten nicht gegeben. (TZ 72)<br />
Die Überstundenentgelte verminderten sich von 294.808 EUR (2009) auf 259.513 EUR<br />
(2011). Ein zusammenfassender Überblick über die Ausgaben der Aus<strong>–</strong> und Fortbildung war<br />
nicht vorhanden (TZ 79, 80)<br />
Das Verfahren für Personalaufnahmen war nicht schriftlich dokumentiert. (TZ 77)<br />
ABWASSER<br />
Stockerau war nicht Mitglied eines Abwasserverbands. Die Ortskanalisation umfasse<br />
rd. 97 km (Ende 2010), der Anschlussgrad betrug 99 %. Die gemeindeeigene Kläranlage war<br />
für 30.000 Einwohnerwerte dimensioniert, 20 % davon betrafen gewerbliche und industrielle<br />
Abwässer. (TZ 82, 83)<br />
Der Bereich der Abwasserbeseitigung wurde seit 1997 als Betrieb mit marktbestimmter<br />
Tätigkeit geführt. Ein eigenes Statut im Hinblick auf die organisatorische Selbständigkeit<br />
konnte dem RH nicht vorgelegt werden. (TZ 82)
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Die Gemeinde Stockerau legte die Kanalabgabenordnung nach der öffentlichen Kundmachung<br />
im Juli 2010 der Gemeindeaufsicht vor. Die Gemeindeaufsicht verlangte die<br />
Abänderung der Kanalabgabenordnung bis spätestens 31. Jänner 2011, weil weder die in der<br />
Kanalabgabenordnung angeführten Gesamtbaukosten noch die Länge des Mischwasserkanals<br />
verifiziert werden konnten. Bis zum Ende der Gebarungsüberprüfung war die<br />
Gemeinde Stockerau dieser Aufforderung nicht nachgekommen. (TZ 86)<br />
Der Gebührenhaushalt Abwasser wies im Zeitraum 2008 bis 2011 im ordentlichen Haushalt<br />
Überschüsse zwischen 411.682 EUR (2009) und 815.420 EUR (2011) jährlich (insgesamt<br />
rd. 2,5 Mio. EUR) auf. Diese wurden jeweils entnommen und für Zwecke außerhalb des<br />
Gebührenhaushalts verwendet, was der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs<br />
widersprach. Eine Erneuerungsrücklage wurde nicht gebildet. (TZ 87)<br />
Trotz der Überschüsse im ordentlichen Haushalt Abwasser von 2,5 Mio. EUR nahm die<br />
Gemeinde Stockerau in den Jahren 2008 bis 2011 im außerordentlichen Haushalt Abwasser<br />
Darlehen in Höhe von rd. 5,3 Mio. EUR auf. Dadurch entfiel der Kostenvor<strong>teil</strong> einer <strong>teil</strong>weisen<br />
Eigenmittelfinanzierung. (TZ 89)<br />
Im Gebührenhaushalt Abwasser wurden auch an<strong>teil</strong>ige Personalausgaben von Mitarbeitern<br />
anderer Bereiche verrechnet. Die Zuordnung der Personalausgaben erfolgte nach fixen<br />
Auf<strong>teil</strong>ungsschlüsseln und nicht auf Grundlage von Ressourcenaufzeichnungen. (TZ 88)<br />
Der Gemeinderat der Gemeinde Stockerau bewilligte in den Jahren 2007 bis 2011<br />
Förderungsansuchen zur Entlastung von den Wasseranschluss<strong>–</strong> bzw. Kanaleinmündungsabgaben.<br />
In fünf Fällen wurden vorgeschriebene Gebühren in der Gesamthöhe von<br />
466.820,07 EUR mit Zuschüssen in Höhe von 402.062,51 EUR gefördert. Dies entsprach<br />
einer Förderungsintensität von rd. 86 %. (TZ 90)<br />
Nur bei zwei Unternehmen (von insgesamt fünf) fanden die Förderungen in den Förderungsrichtlinien<br />
der Gemeinde Deckung. Aus den Förderungsakten war nicht ersichtlich, ob und<br />
inwieweit die Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen einer Prüfung unterzogen wurde<br />
und welche konkreten Ziele mit der Förderung verbunden waren. Somit war der Nutzen für<br />
die Gemeinde aus den Förderungen nicht nachvollziehbar. (TZ 90)
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Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen an die Gemeinde Stockerau<br />
hervor:<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Gemeindehaushalts wäre ein<br />
Konsolidierungsprogramm zu erstellen und auf dessen Grundlage Maßnahmen zu ergreifen,<br />
die zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt führen. Da bei den Einnahmen nur geringe<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde bestehen, wäre das Hauptaugenmerk auf<br />
ausgabenseitige Maßnahmen zu legen. (TZ 4)<br />
(2) Eine nachhaltige Verbesserung des Ergebnisses der laufenden Gebarung (Saldo 1) sollte<br />
erreicht werden, um Investitionen ohne zusätzliche Schuldaufnahmen durchführen zu<br />
können. (TZ 10)<br />
(3) Die Finanzschulden und Verpflichtungen sollten stabilisiert werden, um den<br />
Handlungsspielraum für künftige Haushaltsjahre nicht weiter einzuschränken. Dazu wäre<br />
eine umfassende Konsolidierungsstrategie zu erstellen und<br />
a. in einem ersten Schritt das Leistungsspektrum der Gemeinde und die aktuelle<br />
Aufgabenwahrnehmung im Sinne einer Aufgabenkritik zu hinterfragen, (TZ 16)<br />
b. Aufgaben (und Ausgaben) der Gemeinde, die nicht als prioritär eingestuft werden,<br />
abzugeben oder zu unterlassen, (TZ 16)<br />
c. verstärkt eine verursachergerechte Kostentragung oder Mitfinanzierung von<br />
Leistungen durch die Empfänger vorzusehen, (TZ 16)<br />
d. soweit möglich einen finanziellen Spielraum für dringend erforderliche Investitionen<br />
vorzusehen, (TZ 16)<br />
e. Ausgabenbereiche im Hinblick auf vorhandenes Einsparungspotenzial zu durchforsten<br />
(vgl. dazu die TZ 25 ff.) (TZ 16) und<br />
f. möglichst zeitnah eine Reduktion der finanziellen Verpflichtungen zu erreichen.<br />
(TZ 16)<br />
(4) Das Mahnwesen sollte überprüft werden. Die ausstehenden Zahlungsrückstände wären<br />
einzufordern bzw. bei nachgewiesener Uneinbringlichkeit (bspw. nach Abschluss eines<br />
Insolvenzverfahrens) auszubuchen. (TZ 12)
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(5) Die Entwicklung des Investmentfonds wäre laufend zu beobachten, gegebenenfalls wären<br />
gegensteuernde Maßnahmen zu treffen. (TZ 12)<br />
(6) Die Überziehung von Bankkonten sollte nicht als längerfristige Finanzierungsform<br />
verwendet werden. (TZ 15)<br />
(7) Die bestehenden Bankverbindlichkeiten wären ehestens abzubauen. (TZ 15)<br />
(8) Da der bestehende Kontokorrentkredit (in Höhe von rd. 6 Mio. EUR) in wirtschaftlicher<br />
Hinsicht einem Darlehen entsprach, sollte er im Nachweis über den Schuldenstand<br />
aufgenommen werden. (TZ 15)<br />
(9) Die nach der Niederösterreichischen Gemeindeordnung erforderliche Genehmigung der<br />
Aufsichtsbehörde für den Kontokorrentkredit in Höhe von 6 Mio. EUR sollte eingeholt werden.<br />
(TZ 15)<br />
(10) Die Entwicklung der Fremdwährungskredite sollte kontinuierlich überwacht und<br />
geeignete Strategien und Maßnahmenbündel für die Reduktion des bei Fremdwährungskrediten<br />
gegenüber Finanzierungen in heimischer Währung gegebenen zusätzlichen<br />
Wechselkurs<strong>–</strong> und Zinsänderungsrisikos vorgesehen werden. (TZ 17)<br />
(11) Da im Jahr 2011 79,6 % der Darlehenssumme eine variable Verzinsung aufwiesen, wäre<br />
eine mögliche künftige Erhöhung des Zinsniveaus in die mittelfristige Finanzplanung der<br />
Gemeinde einzubeziehen. (TZ 23)<br />
Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben<br />
in ausgewählten Aufgabenbereichen<br />
(12) Für die im Bereich der Sportinfrastruktur als „laufende Transferzahlungen an<br />
Unternehmungen“ verbuchten Zahlungen an die Kommunale Immobilien Liegenschaftsverwaltungs<strong>–</strong><br />
und Verwertungsgesellschaft m.b.H. Stockerau (KIG) sollte der Rechtsgrund<br />
erhoben werden; zudem sollten sie auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. (TZ 26)<br />
(13) Für die Festspiele sollten mit der Festspielleitung — neben künstlerischen — auch<br />
wirtschaftliche Ziele vereinbart werden, um jenen Teil des Gemeindehaushalts, der die<br />
Festspiele betrifft, besser steuern zu können und um finanzwirtschaftliche Indikatoren für<br />
die Messung des Managementerfolgs (z.B. Ausgabendeckungsgrad oder maximal zulässige<br />
Subvention je Besucher) zur Verfügung zu haben. (TZ 27)
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(14) Mit dem Leiter des „Veranstaltungszentrums 2000“ sollten wirtschaftliche Ziele auf Basis<br />
steuerungsrelevanter Indikatoren (z.B. Ausgabendeckungsgrad, maximale Nettoausgaben je<br />
Besucher, maximale Nettoausgaben je Veranstaltung) vereinbart werden, um eine wirtschaftliche<br />
Betriebsführung sicherzustellen und um Planungssicherheit im Hinblick auf die<br />
zukünftigen Kosten für den Gemeindehaushalt zu haben. (TZ 28)<br />
(15) Die Ausgaben für die Grünraumpflege sollten durch einen bedarfsgerechten Personaleinsatz<br />
(z.B. durch vermehrten Einsatz von Saisonarbeitskräften) und durch anforderungsgerechte<br />
(auf die Bepflanzung und Benützung abgestimmte) Flächenpflegeintervalle reduziert<br />
werden. (TZ 29)<br />
(16) Der Betriebsleitung des Hallen<strong>–</strong> und Freibades und der Saunaanlagen wäre eine laufende<br />
Analyse der Einnahmen<strong>–</strong> und Ausgabenentwicklung vor dem Hintergrund quantifizierter<br />
Zielvorgaben (Ausgabendeckungsgrad, Besucherzahlen etc.) aufzutragen. (TZ 30)<br />
(17) Angesichts des hohen An<strong>teil</strong>s der Gemeinde Stockerau an den Personalausgaben für die<br />
Bereichsalarmzentrale sollte durch eine Änderung des Beitragssatzes eine gleichmäßigere<br />
Ausgabentragung erreicht werden. (TZ 32)<br />
(18) Für eine Senkung der Personalausgaben im Bereich der Bereichsalarmzentrale sollten<br />
alternative Dienstmodelle wie z.B. die Einbindung von Feuerwehrmitgliedern in die<br />
Journaldienste (zu Tagesrandzeiten und an Wochenenden) entwickelt werden. (TZ 32)<br />
(19) Bei einer Evaluierung der im Jahr 2008 durchgeführten Ausgliederung von Immobilien<br />
sollten vor allem die Mieten für die von der Gemeinde genutzten öffentlichen Gebäude (z.B.<br />
Volksschule) auf ihre Angemessenheit untersucht werden. (TZ 33)<br />
(20) Im Bereich der Kindergärten sollten der Anstieg der Nettoausgaben je Kindergartenkind<br />
sowie die hohen Unterschiede der Nettoausgaben je Kindergartengruppe an den fünf<br />
Kindergarten<strong>–</strong>Standorten weiter analysiert werden. (TZ 34)<br />
(21) Anknüpfend an die Analyse der unterschiedlichen Nettoausgaben je Kindergartenkind<br />
und Kindergartengruppe sollten Flexibilisierungsmöglichkeiten (z.B. flexibler Personaleinsatz<br />
durch Bildung von Sammelgruppen zu Tagesrandzeiten) genutzt und allenfalls auch Maßnahmen<br />
zur Nutzung von Synergien (z.B. zentrale Beschaffung) getroffen werden. (TZ 34)<br />
(22) Der Gebührenhaushalt Müllabfuhr<strong>–</strong>Abfallbeseitigung sollte durch einnahmen<strong>–</strong> und<br />
ausgabenseitige Maßnahmen kostendeckend geführt werden. (TZ 35)
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(23) Für mögliche weitere finanzielle Belastungen aus dem Abschluss der Deponie sollte<br />
finanzielle Vorsorge getroffen werden. (TZ 35)<br />
(24) Im Hinblick auf den anlagenintensiven Betrieb der Wasserversorgungsanlage und der<br />
ausgewiesenen Rohrnetzverluste sollte Vorsorge für Ersatzinvestitionen getroffen und die<br />
verursachungsfremde Verwendung der Gewinnentnahmen eingestellt werden. (TZ 36)<br />
(25) Der Gebührenhaushalt Friedhöfe sollte eine möglichst vollständige Ausgabendeckung<br />
erreichen. (TZ 37)<br />
(26) Für die als Eigenbetrieb geführte Bestattung wäre ein struktur<strong>–</strong> und tarifbezogenes<br />
Sanierungskonzept zu erstellen, mit dem ein positiver Jahreserfolg erreicht und die Verbindlichkeiten<br />
abgebaut werden können. Vor dem Hintergrund des lokalen Wettbewerbs<br />
wären auch Kooperationsmodelle bzw. eine Übertragung an private Betreiber zu prüfen.<br />
(TZ 38)<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(27) Über die der KIG gewährten Gesellschafterdarlehen in Höhe von 2,7 Mio. EUR sollten<br />
schriftliche Vereinbarungen (z.B. Darlehensverträge) abgeschlossen werden, in denen die<br />
entsprechenden Konditionen (Zinsen, Tilgung) klar geregelt sind. (TZ 45)<br />
(28) Da nach Ansicht des RH die wirtschaftliche Wirkung der Gewinnausschüttung aus dem<br />
Jahr 2010 in Höhe von 5,9 Mio. EUR mit der eines Darlehens der KIG an die Gemeinde<br />
vergleichbar war, weil es sich um einen rückzahlbaren, verzinsten Betrag handelte, den die<br />
KIG der Gemeinde Stockerau für einen Zeitraum von acht Jahren überließ, sollte eine<br />
aufsichtsbehördliche Genehmigung eingeholt werden. (TZ 50)<br />
(29) Als Grundlage für die Mittelfristplanung der Gemeinde sollte die KIG mehrjährige<br />
Bedarfsvorausschätzungen mit den jeweils erforderlichen Zahlungen an die KIG erstellen.<br />
(TZ 56)<br />
(30) Aufgrund der signifikanten Verschlechterung der Eigenmittelquote und der im Jahr<br />
2011 gegen unendlich strebenden fiktiven Schuldentilgungsdauer sollte die Geschäftsführung<br />
der KIG auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2011 mit einer Überprüfung des<br />
Reorganisationsbedarfs beauftragt werden. (TZ 58)<br />
(31) Es sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage der KIG ergriffen werden.<br />
(TZ 59)
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Organisation<br />
(32) Die Aufbauorganisation des Stadtamts sollte nach funktionalen Gesichtspunkten<br />
ausgerichtet und Aufgabengruppen, denen die einzelnen Organisationseinheiten zuzuordnen<br />
wären, gebildet werden. Mit der Leitung der Aufgabengruppen sollten Gruppenverantwortliche<br />
betraut werden. (TZ 64)<br />
(33) Für eine transparente und strukturierte Darstellung der Aufbauorganisation und der<br />
Führungsebenen sollte ein Verwaltungsgliederungsplan bzw. ein Organigramm erstellt<br />
werden. (TZ 64)<br />
(34) Um klare Kompetenzen festzulegen, wären die Aufgaben den einzelnen Organisationseinheiten<br />
mittels einer Geschäftsein<strong>teil</strong>ung schriftlich zuzuordnen. (TZ 64)<br />
(35) Zur Erhöhung der Transparenz des Leistungsangebots sollten die Leistungen der<br />
Gemeindeverwaltung in einem Produkt<strong>–</strong> bzw. Leistungskatalog definiert werden. (TZ 68)<br />
(36) Es wären Stellenbeschreibungen zu erstellen, wobei bei den von aktuellen<br />
Reformprojekten betroffenen Arbeitsplätzen (Wirtschaftshof) zu beginnen wäre. (TZ 67)<br />
(37) Die im Stellenplan 2011 vorgesehene — und bisher unbesetzte — Planstelle im Bereich<br />
„Gemeindekontrolleinrichtung“ sollte auf die Anforderungen des Aufgabenbereichs<br />
Controlling und Qualitätsmanagement adaptiert und mit einem geeigneten Mitarbeiter, nach<br />
Möglichkeit aus dem Kreis der Gemeindebediensteten, besetzt werden. (TZ 68)<br />
(38) Um die Leistungen der Gemeindeverwaltung allen be<strong>teil</strong>igten Interessengruppen<br />
(Gemeinderat, Bürger, Mitarbeiter, Umlandgemeinden etc.) zu kommunizieren, sollte<br />
periodisch ein Leistungsbericht erstellt werden. (TZ 68)<br />
(39) Für persönliche Bürgervorsprachen sollten die Leitsysteme im Gebäude dahingehend<br />
optimiert werden, dass an jedem Eingang ein dezentraler Ansprechpartner ausgewiesen und<br />
das Informationspult der Hauptverwaltung als zentrale Anlaufstelle für Bürgeranfragen<br />
eingerichtet wird. (TZ 69)<br />
Personal<br />
(40) Im Dienstpostennachweis zum Rechnungsabschluss sollte der Mitarbeiterstand nicht nur<br />
in Köpfen, sondern auch in VBÄ dargestellt werden, um einen Vergleich zwischen dem<br />
Dienstpostenplan und dem tatsächlichen Personalstand zu ermöglichen. (TZ 72)
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(41) Die ungünstigeren Vergleichswerte der Kennzahl Personalausgaben je Einwohner sollten<br />
zum Anlass genommen werden, den Personaleinsatz im Hinblick auf die Nutzung von<br />
Synergieeffekten zu analysieren und gegebenenfalls Maßnahmen zu seiner Optimierung zu<br />
treffen. (TZ 76)<br />
(42) Das Verfahren für Personalaufnahmen sollte schriftlich festgelegt werden, um seine<br />
Nachvollziehbarkeit und Objektivität sicherzustellen. (TZ 77)<br />
(43) In das noch einzurichtende Controlling sollte auch der Bereich der Aus<strong>–</strong> und Fortbildung<br />
einbezogen werden, sodass ein Gesamtüberblick zur Verfügung steht. (TZ 79)<br />
Abwasser<br />
(44) Die Überschüsse im ordentlichen Haushalt Abwasser wären nicht abzuschöpfen, sondern<br />
sollten der vorgegebenen Zweckwidmung entsprechend für den Abwasserhaushalt verwendet<br />
werden, etwa für laufende Kanalprojekte im außerordentlichen Abwasserhaushalt. (TZ 87,<br />
89)<br />
(45) Im Sinne einer verbesserten Kostenwahrheit sollten dem Gebührenhaushalt Abwasser<br />
die an<strong>teil</strong>igen Personalkosten der Mitarbeiter aus anderen Bereichen auf Grundlage von —<br />
zumindest periodisch geführten — Zeitaufzeichnungen zugeordnet werden. (TZ 88)<br />
(46) Für den als Betrieb mit marktbestimmter Tätigkeit organisierten Bereich der<br />
Abwasserbeseitigung sollte ein eigenes Statut erlassen werden. (TZ 82)<br />
(47) Bei Vergabe von Förderungen sollten die maßgebenden Gründe und die erwarteten<br />
Wirkungen der Förderungsmaßnahmen dokumentiert werden. (TZ 90)<br />
(48) Die derzeitige Praxis der Förderung im Wasser<strong>–</strong> und Abwasserbereich sollte angesichts<br />
der angespannten finanziellen Situation der Gemeinde grundsätzlich überdacht und<br />
gegebenenfalls reduziert werden. Aufgrund der hohen Förderungsintensität und der damit<br />
einhergehenden hohen finanziellen Belastung sollten sowohl die Wirksamkeit als auch die<br />
Effizienz der Förderungsmaßnahmen analysiert und beur<strong>teil</strong>t werden. (TZ 90)<br />
(49) Bei Festhalten an der gegenwärtigen Förderungspolitik sollten jedenfalls die Förderungsrichtlinien<br />
beachtet und Förderungen nur bei Zutreffen der Förderungsvoraussetzungen<br />
gewährt werden. (TZ 90)
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Rechnungswesen<br />
(50) Den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen wäre ein Gesamtüberblick über die<br />
Schulden und Zahlungsverpflichtungen unter Einbeziehung der ausgegliederten Gesellschaft<br />
beizufügen. (TZ 24)<br />
(51) Überdies wären weitere Risiken für den Gemeindehaushalt (z.B. Nachsorgekosten der<br />
Mülldeponie) darzustellen, um der Bevölkerung und dem Gemeinderat die Möglichkeit zu<br />
geben, sich umfassend über die wirtschaftliche Lage der Gemeinde zu informieren. (TZ 24)<br />
(52) Auch von Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen gewährte Darlehen sollten aus Transparenzgründen<br />
in den Nachweis der Darlehensschulden im Rechnungsabschluss aufgenommen werden.<br />
(TZ 50)<br />
(53) Die Verbuchung der Darlehenszinsen sollte im ordentlichen Haushalt erfolgen, da es sich<br />
nicht um Ausgaben handelte, die der Art nach lediglich vereinzelt vorkamen oder der Höhe<br />
nach den normalen Rahmen erheblich überschritten. (TZ 50)<br />
(54) Für die wirtschaftlichen Unternehmungen „Veranstaltungszentrum 2000“ und<br />
„Mehrzweckhalle Alte Au“ wäre ein vollständiger Vermögens<strong>–</strong> und Schuldennachweis im<br />
Rechnungsabschluss zu führen. (TZ 13)<br />
(55) Für sonstige Betriebe und betriebsähnliche Einrichtungen, wie den Bauhof, das Frei<strong>–</strong> und<br />
Hallenbad oder das Parkdeck, sollte im Rechnungsabschluss ein Anlagennachweis<br />
aufgenommen werden. (TZ 13)<br />
(56) Für eine transparente Darstellung der Investitionen im außerordentlichen Haushalt<br />
sollten die einzelnen Vorhaben getrennt ausgewiesen werden. (TZ 9)<br />
(57) Darüber hinaus sollte für jedes aktuelle Vorhaben im Rechnungsabschluss ein<br />
Übersichtsblatt geführt werden, in dem die Finanzierung, die bisherigen Ausgaben sowie die<br />
noch geplanten Ausgaben ausgewiesen werden. (TZ 9)<br />
(58) Im Nachweis über Leasingverpflichtungen wären neben den jährlichen Annuitäten auch<br />
das ausstehende Kapital, Zinsen, Tilgungen, Kautionen und sonstige mit der Finanzierung in<br />
Verbindung stehende Ausgaben (Nebenkosten) ersichtlich zu machen. (TZ 14)<br />
(59) Künftig wäre im Rechnungsabschluss der Gemeinde eine vollständige Darstellung der<br />
Einnahmen<strong>–</strong> und Ausgabengebarung sowie der Vermögens<strong>–</strong> und Schuldengebarung<br />
einschließlich des Eigenbetriebs Bestattung vorzunehmen. (TZ 38)<br />
(60) Der Be<strong>teil</strong>igungsnachweis sollte jährlich aktualisiert werden. (TZ 42)
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STADTGEMEINDE WÖRGL<br />
Die Gemeinde Wörgl wies in den Jahren 2009 und 2010 negative Jahresergebnisse auf,<br />
allerdings war die Tendenz ab 2009 positiv.<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde sanken im Zeitraum 2008 bis 2011 von<br />
14,59 Mio. EUR auf 10,55 Mio. EUR, allerdings verringerte sich der Stand an Rücklagen<br />
um mehr als ein Drittel und waren die Haftungen der Gemeinde Wörgl mit<br />
34,91 Mio. EUR im Jahr 2011 mehr als dreimal so hoch wie ihre Finanzschulden. Die<br />
Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen (36,71 Mio. EUR im Jahr 2011)<br />
blieben dabei ausgeklammert. Die Haftungen waren zudem nicht vollständig in den<br />
Rechnungsabschlüssen der Gemeinde ausgewiesen.<br />
Wörgl hatte zahlreiche Aufgaben an Unternehmen übertragen, die in direktem oder<br />
indirektem Mehrheitseigentum der Gemeinde standen. Für die WIG<strong>–</strong>Wörgler<br />
Infrastruktur GmbH, die über den gesamten Prüfungszeitraum Liquiditätsprobleme<br />
hatte, bestand seit Jahren die gesetzliche Vermutung eines Reorganisationsbedarfs,<br />
ohne dass nachhaltig wirkende Reorganisationsmaßnahmen gesetzt wurden; für die<br />
Bedienung ihrer Verbindlichkeiten von rd. 13,83 Mio. EUR musste die Gemeinde<br />
aufkommen. Die Auswirkungen eines noch laufenden Verfahrens betreffend die<br />
Vorsteuerabzugsberechtigung dieses Unternehmens auf den Gemeindehaushalt von<br />
Wörgl waren nicht absehbar.<br />
Die Stadtwerke Wörgl GmbH leistete laufend Zahlungen an die Wörgler WasserWelt<br />
GmbH & Co KG von jährlich rd. 1,2 Mio. EUR und lieferte in den Jahren 2010 und 2011<br />
Sonderdividenden an die Gemeinde in Höhe von jeweils 500.000 EUR ab.<br />
Die Gemeinde Wörgl unterstützte die Führung einer Privatklinik mit jährlich<br />
rd. 220.000 EUR.<br />
Der Überprüfungsausschuss des Gemeinderats hielt die Terminvorgaben der Tiroler<br />
Gemeindeordnung hinsichtlich der Durchführung von Kassenprüfungen nicht<br />
durchgehend ein.<br />
Eine vollständige Zustandserhebung des Kanalnetzes der Gemeinde Wörgl lag nicht vor.<br />
Die von der Stadtwerke Wörgl GmbH erzielten Umsatzerlöse im Bereich Abwasserbeseitigung<br />
waren kostendeckend.
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PRÜFUNGSZIEL<br />
Ziel der Gebarungsüberprüfung, die der RH im Wesentlichen zeitgleich bei acht Gemeinden<br />
mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern durchführte (Bludenz, Eisen<strong>stadt</strong>, Hall in Tirol, Knittelfeld,<br />
Mistelbach, St. Veit/Glan, Stockerau und Wörgl), war die Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Lage,<br />
der mit Ausgliederungen bzw. Be<strong>teil</strong>igungen allenfalls verbundenen Risiken für die<br />
Gemeinde, der Organisation und des Personals sowie des Gebührenhaushalts Abwasser. Da<br />
die Abwasserbeseitigung in Wörgl in die Stadtwerke Wörgl GmbH ausgelagert war, überprüfte<br />
der RH dort den Geschäftsbereich Abwasserbeseitigung. (TZ 1)<br />
FINANZIELLE LAGE<br />
Die Einnahmen der Gemeinde Wörgl sanken von 37,13 Mio. EUR im Jahr 2008 auf<br />
30,18 Mio. EUR im Jahr 2011. Im Jahr 2008 verzeichnete die Gemeinde vergleichsweise<br />
höhere Einnahmen durch Entnahmen aus Rücklagen in Höhe von 9,61 Mio. EUR, weshalb das<br />
Jahr 2008 mit den Jahren 2009 bis 2011 nicht unmittelbar vergleichbar war. Im vergleichbaren<br />
Zeitraum 2009 bis 2011 stiegen die Einnahmen um 3,4 %. Den größten An<strong>teil</strong> an den<br />
Einnahmen mit zusammen 73,5 % an den Gesamteinnahmen der Jahre 2008 bis 2011 hatten<br />
die Ertragsan<strong>teil</strong>e, die eigenen Steuern und die Einnahmen aus Leistungen, Besitz und<br />
wirtschaftlicher Tätigkeit. Damit lag Wörgl deutlich höher als die österreichischen Vergleichsgemeinden<br />
(61,4 %). Gebühren fielen in Wörgl aufgrund des hohen Ausgliederungsgrades<br />
und der damit zusammenhängenden Vereinnahmung der Gebühren durch die Stadtwerke<br />
Wörgl GmbH mit 0,1 % nur mehr in untergeordneter und zudem in deutlich geringerer Höhe<br />
als bei den österreichischen Vergleichsgemeinden (10,1 %) an. Kritisch hinzuweisen war<br />
darauf, dass sich die Rücklagen — und damit die finanziellen Reserven der Gemeinde —<br />
zwischen 2008 und 2011 um mehr als ein Drittel verringerten. (TZ 4, 5)<br />
Die Ausgaben sanken von 36,03 Mio. EUR im Jahr 2008 auf 30,12 Mio. EUR im Jahr 2011.<br />
Zuführungen zu Rücklagen in Höhe von 8,21 Mio. EUR führten auch hier zu einem unverhältnismäßig<br />
hohen Volumen im Jahr 2008. Im vergleichbaren Zeitraum 2009 bis 2011<br />
stiegen die Ausgaben um 0,9 %. Wie in den Vergleichsgemeinden Österreichs entfiel der<br />
größte Ausgabenan<strong>teil</strong> der Gemeinde Wörgl auf die Haushaltsgruppe 8 (Dienstleistungen),<br />
auch wenn der An<strong>teil</strong> bei den Vergleichsgemeinden mit 35,7 % deutlich höher lag als in<br />
Wörgl mit 23,2 %. Der niedrigere Wert in Wörgl war auf den hohen Ausgliederungsgrad<br />
(Wasserversorgung, Abwasser<strong>–</strong> und Müllbeseitigung) im Bereich der Dienstleistungen<br />
zurückzuführen. Von den 23,2 % entfielen zudem 69 % auf Ausgaben für das von der<br />
Gemeinde geführte Seniorenheim. (TZ 4, 6)
Seite 134 / 144<br />
Das vereinheitlichte Jahresergebnis 1 der Gemeinde Wörgl war in den Jahren 2009 und 2010<br />
negativ; das heißt, die jährlichen Ausgaben lagen in diesen Jahren über den jährlichen<br />
Einnahmen. Allerdings war die Tendenz ab 2009 positiv. Nach Abzug der Schuldentilgungen<br />
waren die Jahresergebnisse auch 2009 und 2010 positiv. (TZ 3)<br />
Mit im Überprüfungszeitraum durchschnittlichen jährlichen Einnahmen von 1,61 Mio. EUR<br />
und Ausgaben von 1,63 Mio. EUR war der Umfang des außerordentlichen Haushalts in Wörgl<br />
gering, was auch mit der Investitionstätigkeit der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zu sehen war.<br />
Die Finanzierung des außerordentlichen Haushalts erfolgte zu nahezu drei Viertel aus den<br />
Rücklagen. Dadurch wurden die finanziellen Reserven der Gemeinde wesentlich verringert.<br />
(TZ 7)<br />
Zur Beur<strong>teil</strong>ung der finanziellen Situation des Gemeindehaushalts zog der RH drei<br />
Kennzahlen heran: Eigenfinanzierungsquote, Quote freie Finanzspitze und öffentliche<br />
Sparquote. Wörgl erwirtschaftete im Wesentlichen positive laufende Salden und freie<br />
Finanzspitzen. Während Wörgl bei der Kennzahl Quote freie Finanzspitze überwiegend<br />
günstiger lag als die österreichischen Vergleichsgemeinden, war die öffentliche Sparquote in<br />
den Jahren 2008 und 2011 niedriger. (TZ 8, 9)<br />
VERMÖGEN<br />
Die Gemeinde Wörgl verfügte über ausreichende Liquidität, um ihre Rücklagen zu bedecken.<br />
Allerdings hatte die Gemeinde ihre Rücklagen um mehr als ein Drittel verringert<br />
(von 5,87 Mio. EUR Anfang 2008 auf 3,68 Mio. EUR 2011). (TZ 11)<br />
FINANZSCHULDEN UND LEASINGVERPFLICHTUNGEN<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Wörgl verringerten sich von 15,31 Mio. EUR Anfang 2008<br />
auf 10,55 Mio. EUR Ende 2011, somit um 31 %; dabei blieben die Verbindlichkeiten in den<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen von zuletzt 36,71 Mio. EUR im Jahr 2011 ausgeklammert.<br />
Gleichzeitig konnte der Schuldendienst um rd. 260.000 EUR (21,8 %) verringert werden. Der<br />
Rückgang war vor allem auf die zurückhaltende Investitionstätigkeit zurückzuführen. Die<br />
1<br />
Als vereinheitlichtes Jahresergebnis bezeichnet der RH das Jahresergebnis (Saldo 4 des<br />
Rechnungsquerschnitts) abzüglich der Neuaufnahme von Finanzschulden.
Seite 135 / 144<br />
Leasingverpflichtungen verringerten sich kontinuierlich auf 2,43 Mio. EUR im Jahr 2011<br />
(<strong>–</strong> 42,8 % seit 2008). Für Leasingraten waren im Jahr 2008 noch 3,4 % der laufenden<br />
Einnahmen gebunden. Bis zum Jahr 2011 konnte die Gemeinde Wörgl diesen Wert auf 2,2 %<br />
verringern. (TZ 12, 14, 15)<br />
Insgesamt wies Wörgl im Überprüfungszeitraum bei den Kennzahlen zur Verschuldung<br />
(Finanzschulden je Einwohner, Nettoschuldenabbau/Nettoneuverschuldung je Einwohner und<br />
Schuldendienstquote) überwiegend günstigere Werte auf als die österreichischen Vergleichsgemeinden.<br />
In diese Betrachtung waren allerdings die Verbindlichkeiten in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
(36,71 Mio. EUR im Jahr 2011), die Haftungen der Gemeinde Wörgl in Höhe<br />
von 36,56 Mio. EUR im Jahr 2011 und die Leasingverpflichtungen in Höhe von 2,43 Mio. EUR<br />
im Jahr 2011 nicht einbezogen. (TZ 14)<br />
Die Finanzschulden der Gemeinde Wörgl waren im Zeitraum 2008 bis 2011 zu durchschnittlich<br />
80 % den Betrieben mit marktbestimmter Tätigkeit zuzuordnen. Wörgl hatte keine<br />
Finanzschulden in Fremdwährungen. Von den Finanzschulden waren Ende 2011 mehr als die<br />
Hälfte fix, der Rest variabel verzinst. Hinsichtlich der variablen Verzinsung war zu bedenken,<br />
dass insbesondere bei einem sprunghaften Anstieg des Marktzinsniveaus das Gemeindebudget<br />
unerwartet durch höhere Finanzierungskosten belastet werden könnte. (TZ 13)<br />
HAFTUNGEN<br />
Zum Jahresende 2011 bestanden seitens der Gemeinde Wörgl Haftungen in Höhe von<br />
36,56 Mio. EUR; davon waren nur 31,13 Mio. EUR im Rechnungsabschluss ausgewiesen. Die<br />
Haftungen lagen im gesamten Überprüfungszeitraum über der Höhe der laufenden<br />
Einnahmen. Die Haftungssumme je Einwohner (2.522 EUR im Jahr 2011) überstieg die Werte<br />
der Vergleichsgemeinden Österreichs (775 EUR im Jahr 2011) deutlich. Unter Einbeziehung<br />
auch der nicht im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Haftungen erhöhte sich der Haftungsbetrag<br />
je Einwohner im Jahr 2011 auf 2.961 EUR. Dadurch lagen im Jahr 2011 die Haftungen<br />
je Einwohner bereits in rd. 3<strong>–</strong>facher Höhe der Finanzschulden je Einwohner (854 EUR).<br />
(TZ 16)<br />
TRANSFERS VON UND AN ÖFFENTLICHE RECHTSTRÄGER<br />
Die betragsmäßig umfangreichste Transferbeziehung bestand — bei durchgehend negativem<br />
Transfersaldo — gegenüber dem Land Tirol. Wörgl erhielt im Zeitraum 2008 bis 2011<br />
6,88 Mio. EUR vom Land und hatte demgegenüber 18,63 Mio. EUR an das Land zu leisten.<br />
Die Transferzahlungen an das Land betrafen vor allem die allgemeine Sozialhilfe, die<br />
Behindertenhilfe, die Jugendwohlfahrt, die Beiträge an den Tiroler Krankenanstaltenfinanzie-
Seite 136 / 144<br />
rungsfonds und die Landesumlage. Vom Land erhielt Wörgl u.a. Beiträge für Kindergärten<br />
und Schulen sowie Zuschüsse für das Seniorenheim und sonstige Bedarfszuweisungen. Auch<br />
der Transfersaldo zu Gemeinden und Gemeindeverbänden war mit jährlich bis zu<br />
rd. 800.000 EUR (2010) negativ, jener zum Bund mit jährlich bis zu rd. 220.000 EUR (2008)<br />
positiv. (TZ 17)<br />
Die Transferbelastung der Gemeinde Wörgl war zwar überwiegend geringer als bei den<br />
Vergleichsgemeinden Österreichs, nahm allerdings im überprüften Zeitraum deutlich stärker<br />
zu (+ 52 %) als bei den österreichischen Vergleichsgemeinden (+ 7 %). Zudem konnte Wörgl<br />
wie auch andere Gemeinden die Transferausgaben z.B. im Bereich Gesundheit weder der<br />
Höhe noch ihrer Verwendung nach maßgeblich mitgestalten. (TZ 18)<br />
MITTELFRISTIGE FINANZPLANUNG<br />
Die Gemeinde Wörgl hatte im außerordentlichen Haushalt für die Jahre 2012 bis 2015 keine<br />
Vorhaben budgetiert. Sie plante, größere Vorhaben erst bei einer weiteren Konsolidierung<br />
des Haushalts und einem entsprechenden Aufbau ihrer Rücklagen zu realisieren. Ein völliges<br />
Aussetzen von außerordentlichen Ausgaben über einen Zeitraum von mehreren Jahren war<br />
allerdings wenig realistisch. (TZ 19)<br />
Die Gemeinde Wörgl rechnete mit jährlichen einmaligen Einnahmen aus ihrer Be<strong>teil</strong>igung an<br />
der Stadtwerke Wörgl GmbH in Höhe von 500.000 EUR. Mit dieser Planung wich die<br />
Gemeinde von der mit der Stadtwerke Wörgl GmbH getroffenen Vereinbarung ab, wonach für<br />
die Laufzeit der Übernahme einer Ausfallhaftung durch die Stadtwerke Wörgl GmbH von<br />
dieser keinerlei Gewinnausschüttungen an die Gemeinde Wörgl erfolgen werden. (TZ 19)<br />
Bis Ende 2015 sollten die Finanzschulden der Gemeinde Wörgl kontinuierlich auf<br />
7,66 Mio. EUR, und damit um 27,4 % seit 2011, reduziert werden. Bei diesen in der<br />
mittelfristigen Finanzplanung dargestellten Finanzschulden waren jene der ausgegliederten<br />
Einrichtungen nicht mitberücksichtigt. (TZ 20)<br />
TRANSPARENZ DER FINANZIELLEN LAGE<br />
Die Gemeinde Wörgl entsprach den gesetzlichen Vorschriften bezüglich der Transparenz des<br />
Rechnungsabschlusses. Die Haftungen und bis 2010 die Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde Wörgl<br />
waren jedoch im entsprechenden Nachweis nur unvollständig ausgewiesen. (TZ 21)
Seite 137 / 144<br />
BETEILIGUNGEN<br />
Die Gemeinde Wörgl war Ende des Jahres 2011 an neun rechtlich selbstständigen Unternehmen<br />
be<strong>teil</strong>igt. Aus den Be<strong>teil</strong>igungen entstanden der Gemeinde im Zeitraum 2008 bis<br />
2011 Ausgaben in Höhe von insgesamt rd. 9,74 Mio. EUR und Einnahmen in Höhe von<br />
insgesamt rd. 1,20 Mio. EUR; ohne Sonderdividenden der Stadtwerke Wörgl GmbH der Jahre<br />
2010 und 2011 beliefen sich die Einnahmen auf rd. 200.000 EUR. (TZ 22, 26)<br />
In den Rechnungsabschlüssen der Gemeinde Wörgl bis 2010 war im jeweiligen Be<strong>teil</strong>igungsnachweis<br />
das Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen Stadtgemeinde Wörgl Vermögensverwaltungs KG<br />
nicht angeführt. Nach einem Hinweis des RH im Rahmen seiner Gebarungsüberprüfung wies<br />
der Rechnungsabschluss 2011 die Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen vollständig aus. (TZ 22)<br />
Die von den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen wahrgenommenen Aufgabenbereiche umfassten ein<br />
breites Spektrum und reichten von der Versorgung mit Elektrizität, Wasser, Kanal, Internet<br />
über das Angebot an Freizeiteinrichtungen, den Straßenbau für Gewerbebetriebe, die<br />
Vermarktung der Unternehmen und der Gemeinde Wörgl bis hin zur Erhaltung einer<br />
gesundheitlichen Infrastruktur sowie der Vermögensverwaltung, Vermietung und<br />
Verpachtung von Immobilien. Mit Ausnahme der Stadtwerke Wörgl GmbH wurden alle<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zum Zwecke des Allgemeinwohls der Gemeinde geführt, sie waren<br />
jedoch nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet. Die Ausgaben der Gemeinde in den Jahren<br />
2008 bis 2011 in Bezug auf ihre Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen überstiegen die Einnahmen um<br />
8,54 Mio. EUR, ohne Sonderdividenden der Jahre 2010 und 2011 sogar um 9,54 Mio. EUR.<br />
Die Stadtwerke Wörgl GmbH und die Gemeinde Wörgl mussten mehrmals anderen<br />
Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen finanziell aushelfen. (TZ 22, 26)<br />
Die Erreichung des mit der Gründung der WIG<strong>–</strong>Wörgler Infrastruktur GmbH verbundenen<br />
Ziels — große Straßenbauvorhaben vorsteuerabzugsberechtigt umzusetzen — konnte noch<br />
nicht abschließend beur<strong>teil</strong>t werden, weil aufgrund eines noch laufenden Verfahrens<br />
mögliche finanzielle sowie bilanzielle Auswirkungen auch auf die Gemeinde Wörgl nicht<br />
absehbar waren. (TZ 24)<br />
Bei der WIG bestanden über den gesamten Prüfungszeitraum Liquiditätsprobleme. Die<br />
Gemeinde Wörgl gewährte der WIG im Jahr 2009 eine Liquiditätsüberbrückung von<br />
insgesamt 800.000 EUR. Diese zahlte die WIG im selben Jahr zurück. Die im Jahr 2010 an<br />
dieses Unternehmen gewährte neuerliche Liquiditätsüberbrückung in Höhe von 230.000 EUR<br />
wurde im Jahr 2011 in einen Kapitalzuschuss umgewandelt. Zusätzlich kam es ebenfalls im<br />
Jahr 2011 zu einer Kapitalerhöhung in Höhe von 320.300 EUR. (TZ 26)
Seite 138 / 144<br />
Auf die finanzielle Situation der WIG war schon mehrmals, u.a. auch von der Bezirkshauptmannschaft<br />
Kufstein als Gemeindeaufsichtsbehörde, hingewiesen worden. Eine positive<br />
Entscheidung über die Errichtung des zweiten Kreisverkehrs und weiterer Straßenstücke<br />
könnte weitere Belastungen ergeben. Die Höhe zukünftiger Ausgaben und Finanzierungskosten<br />
für das Wörgler Infrastrukturvorhaben rund um den Ausbau der Nordtangente<br />
war daher zur Zeit der Gebarungsüberprüfung nicht absehbar. (TZ 27)<br />
Die Gemeinde Wörgl unterstützte mit der Errichtung und Verpachtung des Gesundheitszentrums<br />
Wörgl sowie der damit verbundenen Subventionierung der privaten Betriebsgesellschaft<br />
eine private stationäre Krankenversorgungseinrichtung. Die in dieser Privatklinik<br />
anfallenden Behandlungskosten wurden durch die öffentlichen Kassen nur <strong>teil</strong>weise<br />
rückvergütet. Mit der Subventionierung dieser Privatklinik unterstützte die Gemeinde daher<br />
eine Einrichtung, welche nicht allen Bewohnern der Gemeinde uneingeschränkt zur<br />
Verfügung stand und damit nur eingeschränkt dem Allgemeinwohl diente. (TZ 25)<br />
Die Gemeinde Wörgl haftete bei sechs von neun ihrer Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen für von<br />
diesen aufgenommene Darlehen. Der Darlehensrest (inkl. einer Haftung für den Umwelt<strong>–</strong><br />
und Wasserwirtschaftsfonds) betrug zum Jahresende 2011 rd. 36,56 Mio. EUR; darunter<br />
rd. 14 Mio. EUR für die WIG und rd. 3 Mio. EUR für die GZW Gesundheitszentrum Wörgl<br />
Errichtungs GmbH. Darlehen mit einer insgesamt Ende 2011 noch aushaftenden Summe in<br />
der Höhe von rd. 5,42 Mio. EUR waren im Nachweis über den Stand an Haftungen nicht<br />
berücksichtigt. (TZ 27)<br />
Aufgrund bestehender Vereinbarungen mit den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen bestand über die<br />
Haftungen hinaus eine jährliche Belastung von jedenfalls rd. 110.000 EUR. Weitere<br />
Belastungen waren insbesondere aus den Verpflichtungen der WIG in Höhe von bis zu<br />
900.000 EUR jährlich zu erwarten. (TZ 27)<br />
In Bezug auf das den Haftungen gegenüberstehende Anlagevermögen der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
war zu bedenken, dass die Verkehrsfähigkeit bei einem Teil dieses Anlagevermögens,<br />
wie etwa bei dem in Straßenbauten gebundenen Vermögen (11,1 Mio. EUR per<br />
Ende 2011) der WIG, nicht ohne Weiteres gegeben war. (TZ 27)<br />
Ein für alle Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen geltendes, strukturiertes Planungsverfahren fehlte.<br />
Inhaltliche Prüfungen vorgelegter Planungsunterlagen erfolgten nur in Einzelfällen. Die<br />
Leiterin der Ab<strong>teil</strong>ung Finanzen und Controlling war auch bei zwei Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
Geschäftsführerin und hatte somit ihre damit verbundenen Aufgaben selbst zu steuern und<br />
zu überwachen. (TZ 28)
Seite 139 / 144<br />
Das Berichtswesen der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen der Gemeinde Wörgl war unterschiedlich<br />
ausgeprägt und damit unterschiedlich geeignet, den Mitgliedern des Gemeinderats wichtige<br />
Informationen über die wirtschaftliche Lage der einzelnen Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen<br />
zukommen zu lassen. Noch während der Gebarungsüberprüfung begann die Gemeinde, ihr<br />
Be<strong>teil</strong>igungs<strong>–</strong>Controlling neu zu gestalten. (TZ 29)<br />
Seit Jahren lag die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs nach dem Unternehmensreorganisationsgesetz<br />
(URG) bei der WIG und der Wörgler WasserWelt GmbH & Co KG vor,<br />
ohne dass nachhaltig wirkende Reorganisationsmaßnahmen gesetzt wurden. Durch von der<br />
Gemeinde Wörgl und der Stadtwerke Wörgl GmbH geleistete Liquiditätsüberbrückungen und<br />
Kapitalzuschüsse wurde die Einleitung von Reorganisationsverfahren hintangehalten.<br />
Insbesondere bei der WIG sah der RH Handlungsbedarf. (TZ 30)<br />
Neben den im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Finanzschulden der Gemeinde Wörgl von<br />
10,55 Mio. EUR (2011) bestanden mittel<strong>–</strong> und langfristige Verbindlichkeiten ihrer Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen<br />
in Höhe von 36,71 Mio. EUR 2 (2011). Die mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten<br />
der Mehrheitsbe<strong>teil</strong>igungen lagen damit beim 3,5<strong>–</strong>Fachen der Finanzschulden der<br />
Gemeinde Wörgl. (TZ 31)<br />
ORGANISATION<br />
Die Aufbauorganisation des Stadtamts der Gemeinde Wörgl zeigte eine klare Gliederung. Der<br />
Stadtamtsdirektion waren die Organisationseinheiten Stadtbauamt, Hauptverwaltung sowie<br />
Finanzen und Controlling (mit jeweils bis zu acht Ab<strong>teil</strong>ungen) direkt unterstellt. Bei den<br />
Hauptaufgabengebieten der einzelnen Organisationseinheiten gab es keine Kompetenzüberschneidungen;<br />
die Stellenbeschreibungen waren angemessen und zweckmäßig. Die<br />
Führungsspannen lagen zwischen 1:3 und 1:8. (TZ 32, 33)<br />
Mit dem Projekt eGovernment/Tirol 2.0 soll das Land Tirol das österreichische Vorzeigebundesland<br />
für kommunales eGovernment werden. Die aktive Teilnahme der Gemeinde<br />
Wörgl bei der Umsetzung des Projekts war positiv hervorzuheben. (TZ 35)<br />
Der Überprüfungsausschuss hielt die für Kassenprüfungen gesetzlich vorgesehene Anzahl<br />
nicht ein. Prüfungen in Sachbereichen wurden nicht vorgenommen. (TZ 36)<br />
2<br />
Diese Summe der mittel<strong>–</strong> und langfristigen Verbindlichkeiten ist eine reine Aufsummierung der bei den<br />
einzelnen Unternehmen ausgewiesenen Werte, ohne Konsolidierung allenfalls zwischen einzelnen Unternehmen<br />
bestehender gegenseitiger Forderungen und Verbindlichkeiten.
Seite 140 / 144<br />
PERSONAL<br />
Im Jahr 2011 beschäftigte die Gemeinde Wörgl 226 Mitarbeiter (179,77 VBÄ). Dafür fielen<br />
Ausgaben von 8,15 Mio. EUR an. Der Personalstand in Köpfen stieg im Zeitraum 2008 bis<br />
2011 um 4,1 % (in VBÄ um 3,1 %), die Personalausgaben stiegen um 14,2 %. Mit dieser<br />
Steigerung lag Wörgl deutlich über dem Niveau der österreichischen Vergleichsgemeinden<br />
(+ 7,9 %) und wies von den acht überprüften Gemeinden die höchste Steigerung aus.<br />
(TZ 39, 40)<br />
Nach einer Überschreitung des Dienstpostenplans im Jahr 2008 konnte in den Folgejahren<br />
der Dienstpostenplan eingehalten werden. (TZ 39)<br />
Die Personalausgaben je Einwohner der Gemeinde Wörgl (2011: 660 EUR) lagen über jenen<br />
der Tiroler (2011: 633 EUR) und österreichischen Vergleichsgemeinden (2011: 574 EUR). Sie<br />
erhöhten sich von 2008 bis 2011 um 12 %; in den Tiroler Vergleichsgemeinden betrug die<br />
Erhöhung im Durchschnitt 9 %, in den österreichischen 7 %. Die Personalkennzahlen in der<br />
Gemeinde Wörgl waren von den durch sie in ihrem eigenen Haushalt erfüllten Aufgaben, wie<br />
etwa der Führung eines eigenen Alten<strong>–</strong> und Pflegeheims, geprägt. Hinzuweisen war auch auf<br />
die Auslagerung weiter Bereiche der Daseinsvorsorge (bspw. Wasserversorgung, Abwasser<strong>–</strong><br />
und Müllbeseitigung) an die Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen. (TZ 39, 41)<br />
Die Entgeltbestimmungen der Sonderverträge sahen Fixgehälter vor, die keiner Gehaltsvorrückung<br />
unterlagen, sondern lediglich durch die jährlichen allgemeinen Bezugsanpassungen<br />
modifiziert werden sollten. Ungeachtet dessen wurden in einigen Fällen mittels Stadtratsbeschlusses<br />
Gehaltserhöhungen vorgenommen. Zwei der in Wörgl bestehenden Sondervertragsregelungen<br />
waren getroffen worden, um ein höheres Gehalt zu ermöglichen, als<br />
nach dem Gehaltsschema für Vertragsbedienstete zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses<br />
vorgesehen war. Aufgrund der positiven Beschlüsse des Stadtrats stiegen die Monatsgehälter<br />
der beiden Führungskräfte im Jahr 2009 um 19 % bzw. um 29 % an. Nicht nachvollziehbar<br />
war, warum die Änderung der Gehälter anderer Führungskräfte, die dem Beamtenschema<br />
unterlagen, eine Begründung für die Erhöhung eines fix vereinbarten Monatsgehalts<br />
darstellen sollte. (TZ 45)<br />
Ein Mitarbeiter der Gemeinde verfügte über ein Dienstfahrzeug, das er auch privat nutzen<br />
durfte. Der entsprechende Sachbezug fand im Nachweis über die Leistungen für Personal<br />
keinen Niederschlag. (TZ 42)
Seite 141 / 144<br />
ABWASSER<br />
Die Gemeinde Wörgl war Mitglied des Abwasserverbands Wörgl<strong>–</strong> Kirchbichl und Umgebung<br />
(Abwasserverband) mit einem Stimmrechtsan<strong>teil</strong> von 33 %. An das rd. 45 km umfassende<br />
Ortskanalnetz der Gemeinde waren 1.663 Objekte angeschlossen. Der Anschlussgrad betrug<br />
99,3 %. Von den rd. 19.700 Einwohnerwerten (2004) entfielen rd. 6.400 auf Gewerbe und<br />
Industrie. Die Gemeinde Wörgl hatte durch die von der Stadtwerke Wörgl GmbH betriebene<br />
Ortskanalisation und ihre Mitgliedschaft beim Abwasserverband für eine ordnungsgemäße<br />
Abwasserbeseitigung ihres Gemeindegebiets vorgesorgt. (TZ 46, 47)<br />
Eine vollständige Zustandserhebung des Kanalnetzes war nicht vorhanden. Nur durch<br />
Auswertung der jährlich neu angelegten Lagepläne konnte ein Überblick über die in den<br />
letzten Jahren erfolgten Kanaluntersuchungen gewonnen werden. (TZ 47)<br />
Die Gemeinde Wörgl hatte von dem im Tiroler Kanalisationsgesetz eingeräumten Recht<br />
Gebrauch gemacht, die öffentliche Kanalisation von einem von ihr beauftragten Dritten,<br />
nämlich von der Stadtwerke Wörgl GmbH, errichten, betreiben und erhalten zu lassen. Die<br />
abzuschließenden Anschlussverträge kamen, entsprechend den in der Gemeinde Wörgl<br />
vorliegenden Verhältnissen, zwischen den Eigentümern anschlusspflichtiger Anlagen und der<br />
Stadtwerke Wörgl GmbH zustande. Der gesetzlichen Verpflichtung, der Behörde den<br />
Abschluss eines Anschlussvertrags unverzüglich schriftlich mitzu<strong>teil</strong>en, war die Stadtwerke<br />
Wörgl GmbH bislang nicht nachgekommen. (TZ 48)<br />
Die Kanalordnung der Gemeinde Wörgl legte den Anschlussbereich fest und nutzte dabei die<br />
gesetzlich mögliche Ausdehnung des Anschlussbereichs (200 m) nicht völlig aus, weil die<br />
Verpflichtung zum Anschluss an das Entwässerungsnetz schon dann entfiel, wenn die<br />
Grundstücksgrenze mehr als 50 m vom öffentlichen Kanal entfernt war. (TZ 49)<br />
Das im Geschäftsbereich Abwasser ausgewiesene Ergebnis war im Jahr 2008 mit<br />
rd. 74.000 EUR positiv und in den folgenden Jahren zwischen rd. 57.000 EUR (2010) und<br />
rd. 151.000 EUR (2011) negativ. Die Stadtwerke Wörgl GmbH setzte für das im Geschäftsbereich<br />
Abwasser eingesetzte Kapital kalkulatorische Zinsen in Höhe von 7,025 % an. Dies<br />
sah der RH kritisch, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs für die Höhe der<br />
kalkulatorischen Zinsen ein „der Situation auf dem Anleihesektor angepasster“ Zinssatz,<br />
somit ein der Sekundärmarktrendite entsprechender, als angemessen galt. Das Ergebnis des<br />
Geschäftsbereichs Abwasser war, bei Berücksichtigung von mit einem der Sekundärmarktrendite<br />
entsprechenden Zinssatz berechneten Zinsen, positiv. Das heißt, die im Geschäftsbereich<br />
Abwasser erzielten Erlöse waren auskömmlich. (TZ 50)
Seite 142 / 144<br />
Die Art der Berechnung der Kanalgebühren — bei der Kanalanschlussgebühr war dies die<br />
verbaute Grundfläche vervielfacht um die Geschoßanzahl, bei der Kanalbenützungsgebühr<br />
der tatsächliche Frischwasserverbrauch — war verursachergerecht und geeignet, Anreize für<br />
Wassereinsparungen zu schaffen. (TZ 52)<br />
Die vom Gemeinderat der Gemeinde Wörgl beschlossenen Kanalgebühren lagen unter den<br />
vom Land Tirol für die Gewährung von Bedarfszuweisungen zum Gebührenhaushalt<br />
Abwasser festgelegten Mindestentgelten. (TZ 53)<br />
Die Stadtwerke Wörgl GmbH verrechnete der Gemeinde Wörgl für die Einleitung der Straßenentwässerung<br />
in die öffentliche Kanalisation jährlich einen Pauschalbetrag in Höhe von<br />
40.000 EUR (2011). Mit dem für das Jahr 2011 beschlossenen monatlichen Fixbetrag für<br />
Regenauffangflächen hätte sich ein Betrag in Höhe von rd. 77.000 EUR ergeben. (TZ 54)<br />
Die von der Stadtwerke Wörgl GmbH vorgesehenen Abrechnungsmodalitäten — insbesondere<br />
die Durchführung der Wasserzählerablesung durch das Personal der Stadtwerke<br />
Wörgl GmbH — sowie die praktizierte Zahlungsüberwachung waren zweckmäßig und<br />
geeignet, die Anschlussgebühren und die laufenden Gebühren auch tatsächlich zu erlösen.<br />
Das Mahnwesen war zweckmäßig organisiert und geeignet, alle an die Kunden vorgeschriebenen<br />
Entgelte zur Einzahlung zu bringen. (TZ 55 bis 57)<br />
Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor:<br />
Gemeinde Wörgl<br />
Finanzielle Lage<br />
(1) Der Haushalt der Gemeinde wäre nachhaltig ausgeglichen zu führen. Da bei den<br />
Einnahmen nur geringere Gestaltungsmöglichkeiten für eine Gemeinde bestehen, sollte das<br />
Hauptaugenmerk auf ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden. (TZ 3)<br />
(2) Aufgrund der Verringerung der Rücklagen im Überprüfungszeitraum um mehr als ein<br />
Drittel wäre mit den noch vorhandenen Mitteln nicht nur sparsam umzugehen, sondern auch<br />
ein neuerlicher Aufbau der Rücklagen anzustreben. (TZ 11)<br />
(3) Im Hinblick auf die internationalen und nationalen Verpflichtungen zur Erreichung<br />
nachhaltig geordneter öffentlicher Haushalte wären die Schulden sowohl im<br />
Gemeindehaushalt als auch in den Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen zu stabilisieren und abzubauen.<br />
(TZ 12)
Seite 143 / 144<br />
(4) Der mittelfristigen Finanzplanung sollten realistische Annahmen zugrunde gelegt werden.<br />
(TZ 19)<br />
Be<strong>teil</strong>igungen<br />
(5) Eine Neuverhandlung über die Höhe und Art des Zuschusses an die private Hauptmieterin<br />
des Gesundheitszentrums Wörgl wäre nach Prüfung der Betriebsergebnisse der Betriebsgesellschaft<br />
und Erhebung allfälliger steuerlicher Rückflüsse, z.B. Ertrag aus abgeführter<br />
Kommunalsteuer, anzustreben. (TZ 25)<br />
(6) Über die Weiterführung des Baus der Nordtangente wäre nach der Erstellung eines<br />
Statusberichts über die wirtschaftliche Situation der WIG<strong>–</strong>Wörgler Infrastruktur GmbH unter<br />
Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde Wörgl zu entscheiden.<br />
(TZ 27)<br />
(7) Es wären Standards für ein von allen Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen der Gemeinde anzuwendendes<br />
Planungsverfahren einschließlich mittelfristiger Planung zu entwickeln. (TZ 28)<br />
(8) Die gleichzeitige Wahrnehmung der Leitung der Ab<strong>teil</strong>ung Finanzen und Controlling und<br />
von Geschäftsführungsfunktionen bei Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen durch dieselbe Person wäre<br />
zu entflechten. (TZ 28)<br />
(9) Der Prozess der Neustrukturierung der Steuerung der Be<strong>teil</strong>igungen der Gemeinde wäre<br />
voranzutreiben. (TZ 29)<br />
(10) Bei der WIG<strong>–</strong>Wörgler Infrastruktur GmbH und der Wörgler WasserWelt GmbH & Co KG,<br />
bei denen seit Jahren die gesetzliche Vermutung eines Reorganisationsbedarfs vorlag, wären<br />
nachhaltig wirkende Reorganisationsmaßnahmen zu setzen. (TZ 29)<br />
Organisation und Personal<br />
(11) Vom Überprüfungsausschuss wäre die gesetzlich vorgesehene Anzahl der Kassenprüfungen<br />
einzuhalten. (TZ 36) (12) Prüfungen von ausgewählten Sachbereichen durch den<br />
Überprüfungsausschuss sollten regelmäßig vorgenommen werden. (TZ 36)<br />
(13) Die in den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen enthaltenen Dienstpostenpläne<br />
und Dienstpostennachweise wären so zu gestalten, dass sie sowohl den Anforderungen der<br />
Voranschlags<strong>–</strong> und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) genügen als auch als Datengrundlage<br />
für das Personalmanagement dienen können. (TZ 38)
Seite 144 / 144<br />
(14) Angesichts des An<strong>teil</strong>s der Personalkosten am gesamten Budget der Gemeinde sollten<br />
Personaleinsparungen angestrebt werden. (TZ 40)<br />
Rechnungswesen<br />
(15) Noch nicht im Nachweis über den Stand der Haftungen enthaltene Darlehen wären in<br />
diesem darzustellen. (TZ 16, 21, 27)<br />
(16) Die Verbindlichkeiten der Be<strong>teil</strong>igungsunternehmen wären im Rechnungsabschluss<br />
darzustellen. (TZ 31)<br />
(17) Die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen wäre im Einklang mit der VRV im Nachweis<br />
über die Leistungen für Personal als Sachbezug zu erfassen. (TZ 42)<br />
Stadtwerke Wörgl GmbH<br />
(18) Gemäß den Bestimmungen des Tiroler Kanalisationsgesetzes 2000 wäre der Abschluss<br />
von Anschlussverträgen dem Stadtamt der Gemeinde Wörgl mitzu<strong>teil</strong>en. (TZ 48)<br />
(19) Das Ausmaß der Straßenflächen mit nachweislicher Einleitung der Straßenwässer in die<br />
Kanalisation wäre zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Ergänzend sollte der von<br />
der Gemeinde Wörgl für die Entsorgung der Straßenwässer vorzuschreibende Betrag jährlich<br />
auf Grundlage des jeweils geltenden monatlichen Fixbetrags ermittelt und verrechnet<br />
werden. (TZ 54)<br />
(20) Um jederzeit einen raschen Überblick über die bereits durchgeführten Kanaluntersuchungen<br />
zu haben, sollten die jährlichen Aufzeichnungen über die Kanaluntersuchungen in<br />
einen IT<strong>–</strong>unterstützt geführten Lageplan übertragen werden. (TZ 47)<br />
(21) In den nächsten Jahren sollte der Kanalzustand des gesamten Netzes erhoben werden.<br />
Damit könnten auch noch nicht bekannte Schadstellen entdeckt werden. (TZ 47)