Infoblatt vom 05.02.2014 - RBB

Infoblatt vom 05.02.2014 - RBB Infoblatt vom 05.02.2014 - RBB

08.06.2014 Aufrufe

PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte! Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten gewesen und haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer Live- Diagnose im Studio zu unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir können Ihnen vielleicht helfen. Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer Arztbefunde zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei. Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins Studio kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten. Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an: praxis@rbb-online.de oder schicken Sie uns alles per Post an: Redaktion rbb PRAXIS Masurenallee 8-14, 14057 Berlin rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin – FEATURE: Der süße Stoff: Warum Zucker uns glücklich und krank macht Mittwoch, 05.02.2014, 20.15 Uhr, rbb Fernsehen Film von Ursula Stamm Das erste Eis des Sommers, ein Schokoriegel als Trost für das aufgeschlagene Knie, in warme, weiche Zuckerwatte auf der Kirmes beißen: Mit süßen Dingen verbinden wir oft intensive Erinnerungen. Kein Wunder also, dass jeder Deutsche im Durchschnitt rund 35 Kilogramm Industriezucker im Jahr verzehrt. Was viele Verbraucher nicht wissen: Auch viele Fertig-Lebensmittel, die gar nicht unbedingt süß schmecken, enthalten erstaunlich viel Zucker. Experten gehen davon aus, dass Zuckerkonsum eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Übergewicht und Diabetes spielt. Und durch eine Reduktion von Zucker lassen sich viele krank machende Prozesse positiv beeinflussen. Sogar bei Krebs besteht die Vermutung. Der heutige Film zeigt beide Seiten der „süßen Medaille“: Er geht der Frage nach, warum wir Zucker so sehr lieben und warum er uns so krank macht. Zucker ist ein Grundstoff des Lebens. Wie er entsteht? Erinnern Sie sich noch an den Biologieunterricht und die Photosynthese? Genau, Pflanzen produzieren mit Hilfe von Kohlendioxid aus der Luft und Wasser unter der Zuhilfenahme von Licht Glukose und Sauerstoff. Glukose ist ein einfaches Zuckermolekül, das alle Lebewesen als Energieund Kohlenstofflieferant verwerten können. Glukose kommt als Einfachzucker wie Trauben- oder Fruchtzucker (Fruktose) vor. Mehrere Glukosebausteine bilden Zweifachzucker wie Milchzucker (Laktose) und Malzzucker (Maltose), Mehrfachzucker (Raffinose) oder Vielfachzucker wie Stärke, 1

PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte!<br />

Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten<br />

gewesen und haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer Live-<br />

Diagnose im Studio zu unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir<br />

können Ihnen vielleicht helfen.<br />

Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer<br />

Arztbefunde zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei.<br />

Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins<br />

Studio kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten.<br />

Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an:<br />

praxis@rbb-online.de<br />

oder schicken Sie uns alles per Post an:<br />

Redaktion rbb PRAXIS<br />

Masurenallee 8-14, 14057 Berlin<br />

rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin – FEATURE:<br />

Der süße Stoff: Warum Zucker uns glücklich und krank macht<br />

Mittwoch, <strong>05.02.2014</strong>, 20.15 Uhr, rbb Fernsehen<br />

Film von Ursula Stamm<br />

Das erste Eis des Sommers, ein Schokoriegel als Trost für das aufgeschlagene Knie, in<br />

warme, weiche Zuckerwatte auf der Kirmes beißen: Mit süßen Dingen verbinden wir oft<br />

intensive Erinnerungen. Kein Wunder also, dass jeder Deutsche im Durchschnitt rund 35<br />

Kilogramm Industriezucker im Jahr verzehrt. Was viele Verbraucher nicht wissen: Auch<br />

viele Fertig-Lebensmittel, die gar nicht unbedingt süß schmecken, enthalten erstaunlich<br />

viel Zucker. Experten gehen davon aus, dass Zuckerkonsum eine wichtige Rolle bei der<br />

Entstehung von Übergewicht und Diabetes spielt. Und durch eine Reduktion von Zucker<br />

lassen sich viele krank machende Prozesse positiv beeinflussen. Sogar bei Krebs besteht<br />

die Vermutung. Der heutige Film zeigt beide Seiten der „süßen Medaille“: Er geht der<br />

Frage nach, warum wir Zucker so sehr lieben und warum er uns so krank macht.<br />

Zucker ist ein Grundstoff des Lebens. Wie er entsteht? Erinnern Sie sich noch an den<br />

Biologieunterricht und die Photosynthese? Genau, Pflanzen produzieren mit Hilfe von<br />

Kohlendioxid aus der Luft und Wasser unter der Zuhilfenahme von Licht Glukose und<br />

Sauerstoff. Glukose ist ein einfaches Zuckermolekül, das alle Lebewesen als Energieund<br />

Kohlenstofflieferant verwerten können.<br />

Glukose kommt als Einfachzucker wie Trauben- oder Fruchtzucker (Fruktose) vor.<br />

Mehrere Glukosebausteine bilden Zweifachzucker wie Milchzucker (Laktose) und<br />

Malzzucker (Maltose), Mehrfachzucker (Raffinose) oder Vielfachzucker wie Stärke,<br />

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Glykogen oder Zellulose. Letztere sind geschmacksneutral. Einfach-, Zweifach- und<br />

Mehrfachzucker haben einen süßen Geschmack und werden deshalb im engeren Sinne<br />

als Zucker bezeichnet. Alle Zucker zusammen bilden die Stoffklasse der Kohlenhydrate.<br />

Aus ihnen bestehen Blätter, Wurzeln und Früchte. Als Brot und Gemüse kommen die<br />

Kohlenhydrate bei uns auf den Tisch.<br />

Vor allem das menschliche Gehirn ist auf Glukose angewiesen, da es keine anderen<br />

Energiespeicher besitzt. Obwohl es nur zwei Prozent unseres Körpergewichtes<br />

ausmacht, benötigt das Gehirn 75 Prozent der mit der Nahrung aufgenommenen<br />

Kohlenhydrate. Es verbraucht rund 140 Gramm Glukose am Tag.<br />

35 Kilogramm Industriezucker nimmt der Deutsche durchschnittlich im Jahr zu sich. Das<br />

sind fast 100 Gramm oder 33 Stück Würfelzucker am Tag – in etwa doppelt so viel, wie<br />

die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Der Zuckerkonsum hat sich<br />

innerhalb von 50 Jahren verdreifacht – auf derzeit 165 Millionen Tonnen pro Jahr. Der<br />

süße Stoff ist einfach und überall zu haben: als Süßigkeit, in Snacks und Fast-Food. Dazu<br />

kommt noch Zucker, der in Form von Stärke in Nahrungsmitteln wie Brot, Nudeln oder<br />

Reis steckt.<br />

Guter Zucker, böser Zucker<br />

Zucker ist also nicht gleich Zucker. Süßer Industriezucker wie wir ihn in Kuchen,<br />

Bonbons oder einem Milchshake kennen, besteht aus leicht aufzuspaltenden<br />

Kohlenhydraten. Sie gehen schnell ins Blut, machen aber nicht richtig satt. Denn der<br />

rasche Anstieg des Blutzuckers führt dazu, dass die Bauchspeicheldrüse schnell und viel<br />

Insulin ausschüttet. Das Insulin transportiert den Zucker in die Zellen und senkt so den<br />

erhöhten Blutzucker wieder ab. Gleichzeitig triggert der hohe Insulinspiegel im Blut das<br />

Signal „Hunger“ im Gehirn – und führt dazu, dass weiter und erneut gegessen wird.<br />

Besser für den Körper sind komplexe Kohlenhydrate wie Ballaststoffe oder faserreiche<br />

Kost, die erst nach und nach verdaut werden. Sie finden sich eher in naturbelassenen<br />

Lebensmitteln wie Vollkornbrot, Rohkost und Hülsenfrüchten. Zum einen ist der Darm<br />

damit länger gefüllt. Der gedehnte Darm sendet an das Gehirn Informationen, dass er<br />

gesättigt ist. Andererseits gelangen die Nährstoffe nur langsam ins Blut, überschießende<br />

Hormonreaktionen wie der rasche Insulinanstieg bleiben aus.<br />

Verstecktem Zucker auf der Spur<br />

Allerdings ist es heutzutage gar nicht so einfach, gesund und richtig zu essen: 80<br />

Prozent unserer täglichen Zuckerration ist versteckt. Gerade moderne<br />

Fertignahrungsmittel enthalten häufig viele einfache Zucker. Bei uns im Test: 50 Gramm<br />

Fertigmüsli. Es enthält vier Stück Zucker. 250 Gramm Asia-Hähnchen: viereinhalb Stück<br />

Zucker, 200 Gramm Krautsalat: acht Stück Zucker und ein Glas Wasser mit Geschmack:<br />

drei Zuckerwürfel. Den Verbrauchern ist häufig gar nicht bewusst, dass auch nicht-süße<br />

Lebensmittel viel Zucker enthalten können. Dennoch schätzten die meisten Tester den<br />

Zuckergehalt von Müsli und Asia-Gericht richtig ein. Im Krautsalat wurde zu wenig<br />

Zucker vermutet. Dem Wasser mit Geschmack traute man dagegen zu viel Zucker zu.<br />

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Viele Menschen tappen in die „Zuckerfalle“, weil Lebensmittel so unklar gekennzeichnet<br />

sind. Hinter Dutzenden Begriffen versteckt sich Zucker. Saccharose (Rübenzucker,<br />

Rohrzucker) ist nur ein anderer Begriff für Haushaltszucker. Andere Produkte enthalten<br />

Fruktose (Fruchtzucker), Laktose (Milchzucker) oder Maltose (Malzzucker). Bei allen<br />

Zuckersorten handelt es sich um Industriezucker, egal, ob er aus Milch oder Früchten<br />

gewonnen wurde. Verbraucher können auch nicht davon ausgehen, dass nur dann viel<br />

Zucker drin ist, wenn „Zucker“ auf der Zutatenliste ganz vorn steht.<br />

Statt sich auf Werbeversprechen wie „zuckerfrei“ zu verlassen, sollte man die<br />

Nährwerttabelle auf der Packungsrückseite suchen. Für Menschen, die sich gesund<br />

ernähren wollen oder auf eine bestimmte Nährstoffzusammensetzung achten müssen,<br />

ist die Nährwertkennzeichnung ohnehin eine wichtige Entscheidungshilfe beim Einkauf.<br />

Gesetzlich vorgeschrieben ist die Nährwertkennzeichnung bislang nur bei<br />

Lebensmitteln, die mit einem besonderen Nährwert oder einer Wirkung auf die<br />

Gesundheit werben, zum Beispiel „zuckerfrei“ oder „reich an Vitamin C“. Auch auf<br />

Säuglingsnahrung und angereicherten Lebensmitteln ist die Nährwertkennzeichnung<br />

Pflicht.<br />

Die Nährwertangaben stehen in einer Tabelle und beziehen sich auf 100 Gramm oder<br />

100 Milliliter. Das soll sicherstellen, dass auch Produkte unterschiedlicher Größe oder<br />

Menge vergleichbar sind. Doch die Lebensmittelindustrie trickst auch hier: mit<br />

unterschiedlichen Portionsangaben. Das überfordert selbst den aufmerksamen<br />

Konsumenten.<br />

Die Zuckerfalle beenden<br />

Schon länger machen sich Ärzte und Wissenschaftler Gedanken über die Auswirkungen<br />

von Zucker auf die Gesundheit der Bevölkerung. Ein Werbeverbot für zuckerhaltige<br />

Lebensmittel – ähnlich wie für Zigaretten – ist eine von vielen Ideen. Bislang sträubt sich<br />

die Lebensmittelindustrie. Warnhinweise wären eine Alternative. Doch auch deren<br />

Einführung ist nicht absehbar. Auch der unbegrenzte Refill von Softdrinks – einmal<br />

zahlen, trinken so viel man will – ist umstritten.<br />

New Yorks ehemaliger Bürgermeister Michael Bloomberg hatte während seiner Amtszeit<br />

versucht, den Zuckerkonsum seiner Landsleute einzuschränken: Er wollte im Kampf<br />

gegen die Fettleibigkeit die Größe der Softdrink-Behälter in Fast-Food-Läden,<br />

Restaurants oder Kinos auf einen halben Liter beschränken. Ein Gericht hat seinen<br />

Vorstoß im Frühjahr 2013 allerdings vorläufig gestoppt. Ausgang: ungewiss. Mehrere<br />

US-Getränkehersteller und Fast-Food-Anbieter hatten gegen das Verbot geklagt.<br />

Gerade Softdrinks enthalten viel Industriezucker, der schnell <strong>vom</strong> Körper aufgenommen<br />

wird. Verschiedene Studien zeigen, dass der Konsum dieser Getränke Auswirkungen auf<br />

unser Essverhalten und die Menge an Kalorien hat, die wir zu uns nehmen. So führt der<br />

Genuss süßer Getränke vor einer Mahlzeit nicht dazu, dass im Anschluss weniger<br />

gegessen wird. Im Gegenteil: Durch den erhöhten Insulinspiegel, der das Hungergefühl<br />

antreibt, essen die Leute sogar noch mehr.<br />

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Zucker als Ursache von Zivilisationskrankheiten<br />

Zucker spielt heute eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von<br />

Zivilisationskrankheiten wie Adipositas (Fettsucht), Bluthochdruck und Diabetes.<br />

Erhöhte Zuckerwerte im Blut können ein Zeichen sein für einen beginnenden Diabetes.<br />

Wie hoch die individuelle Gefährdung ist, das untersucht der sogenannte<br />

Glukosetoleranz-Test. Dafür trinken die Patienten eine zuckerhaltige Lösung. Per<br />

Blutprobe wird gemessen, wie schnell der Organismus den Zucker wieder abbaut. Ist der<br />

Blutzuckerwert nach zwei Stunden immer noch über der Norm, ist das kritisch. Die<br />

Bauchspeicheldrüse schafft es offenbar nicht mehr, die Zuckermenge in der regulären<br />

Zeit abzubauen.<br />

Wie ist das zu erklären? Damit der Zucker in die Zellen gelangen kann, braucht der<br />

Körper Insulin. Wird dem Körper über die Nahrung ständig zu viel Glukose angeboten,<br />

steuert er gegen: Die Insulinrezeptoren an Fett-, Muskel- und Leberzellen werden<br />

weniger, damit weniger Zucker in die Zellen gelangt. Der Blutzucker ist weiterhin erhöht,<br />

ein fataler Kreislauf beginnt: Der Organismus schüttet noch mehr Insulin aus. Die Zellen<br />

reduzieren ihre Insulinrezeptoren weiter. Das Ergebnis ist die gefürchtete<br />

Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse produziert immer mehr Insulin, bis sie sich<br />

erschöpft und zuletzt den Dienst versagt.<br />

Warum entwickeln manche Menschen Diabetes und andere nicht?<br />

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIFE) in Potsdam versucht in<br />

Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) dieser Frage<br />

auf den Grund zu gehen. Die Forscher arbeiten mit drei Mäusestämmen, die sich<br />

genetisch unterscheiden: Auch wenn sie viel frisst, bleibt Maus Typ 1 schlank und<br />

gesund. Maus Typ 2 wird dick, hat aber keine Veranlagung für Diabetes. Und Maus Typ 3<br />

wird dick und hat ein hohes Diabetes-Risiko. Krank wird sie aber erst, sobald der<br />

Nahrung auch Kohlenhydrate – also Glukose – zugefügt werden.<br />

Unter dem Mikroskop wird sichtbar, was Glukose bei der Risikomaus mit den Insulin<br />

produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse macht: Die gesunden Zellen sind<br />

rund und deutlich gefärbt, die „erschöpften“ Zellen dagegen blass und „ausgefranst“.<br />

Inzwischen haben die Wissenschaftler erste Substanzen gefunden, die den Zelltod der<br />

Betazellen der Bauchspeicheldrüse aufhalten können. Derartige Substanzen könnten in<br />

Zukunft auch die Diabetes-Behandlung beim Menschen ergänzen.<br />

Auch im Fokus der Forscher: Das Leberfett. Man weiß, dass der Zuckerüberschuss in der<br />

Leber zu Fett umgewandelt wird. Zu viel Fett in der Leber wiederum erhöht das Risiko<br />

für Diabetes. Das bestätigen auch Studien mit Mäusen: Je früher eine Fettleber vorliegt,<br />

umso rascher entsteht ein Diabetes. Die Forscher von DIFE und DZD überprüften das mit<br />

computertomografischen Aufnahmen, mit denen sich der Fettlebergehalt in den<br />

Versuchstieren sehr früh messen lässt. Fanden die Wissenschaftler bei noch<br />

stoffwechselgesunden Tieren einen erhöhten Fettanteil in der Leber, erkrankten die<br />

Tiere fünf bis zehn Wochen später an einem Typ 2-Diabetes.<br />

Leberfett-Studie<br />

Es gibt Hinweise, dass auch beim Menschen dieser Zusammenhang zwischen Leberfett<br />

und der Entstehung von Diabetes besteht. Im Umkehrschluss ließe sich mit einer<br />

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Reduktion des Leberfetts das Risiko für einen Diabetes deutlich senken. Ob das<br />

tatsächlich stimmt, versuchen die Forscher <strong>vom</strong> DIFE und DZD ebenfalls zu klären. In<br />

einer derzeit laufenden Studie (Probanden willkommen, Kontaktadresse siehe unten)<br />

bestimmen sie per Ultraschall und mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) die<br />

Menge des Leberfettes bei Menschen mit einer Insulinresistenz, der Vorstufe von<br />

Diabetes. Danach stellen die Probanden ihre Ernährung um, u.a. auf eine<br />

Kohlenhydratarme Diät mit maximal 40 Gramm Kohlenhydraten am Tag. Das entspricht<br />

etwa einem Vollkornbrötchen. Nach drei Wochen wird erneut gemessen.<br />

Die Vermutung der Forscher: Die strenge Diät hat einen deutlichen Einfluss auf den<br />

Anteil des Leberfetts. Denn durch den Entzug der Kohlenhydrate ist der Körper<br />

gezwungen, auf andere Energiequellen im normalen Fettgewebe oder im Fettgewebe<br />

der Leber zurückzugreifen. Die Forscher wollen zudem wissen, wie schnell die Leber an<br />

Fett verliert. In anderen Studien hatten Probanden bis zu 50 Prozent des Leberfettes<br />

innerhalb kürzester Zeit verloren. Die Insulinresistenz war nach der Kohlenhydratarmen<br />

Kost nicht mehr nachweisbar. Das Eintreten des Diabetes konnte über Jahre<br />

hinausgezögert werden.<br />

Neben der richtigen Kost ist Bewegung ein wichtiger Aspekt bei der Behandlung von<br />

Diabetes. Diabetiker trainieren damit ihre Muskulatur und erhöhen ihren Grundumsatz.<br />

Die Muskulatur bildet wieder Insulinrezeptoren aus, wird empfindlicher für Insulin und<br />

kann wieder mehr Blutzucker aus dem Blut aufnehmen.<br />

Diabetes zu verhindern heißt vor allem Folgeerkrankungen vermeiden. Erhöhte<br />

Zuckerwerte zerstören insbesondere die kleinen Gefäße an der Netzhaut des Auges, an<br />

den Nieren und an den Nerven. Die Folgen sind Blindheit, schwere Nierenschäden, die<br />

eine Dialyse notwendig machen, und schwere Sensibilitätsstörungen. Erhöhte<br />

Zuckerwerte schädigen im Zusammenklang mit erhöhten Blutdruck- und<br />

Cholesterinwerten auch große Gefäße; dann drohen Herzinfarkt und Schlaganfall.<br />

Auch Krebszellen brauchen Zucker<br />

Besonders viel Zucker brauchen Krebszellen, je nach betroffenem Organ mal mehr und<br />

mal weniger. Das Dickdarmkarzinom benötigt beispielsweise 30 Mal mehr Glukose als<br />

andere Tumore. Das aggressive, schnell wachsende Tumorgewebe ist bei der Zellteilung<br />

kontinuierlich auf Zucker angewiesen. Fehlt Zucker, schaltet die Leber auf ein<br />

Notprogramm um und produziert dort sogenannte Ketonkörper. Sie übernehmen von<br />

nun an die Energieversorgung und blockieren vermutlich zugleich die Zuckerverwertung<br />

in den Krebszellen. Den Tumorzellen fehlt damit der Brennstoff für die rasche<br />

Zellteilung.<br />

Krebszellen „aushungern“ – das ist das Prinzip der sogenannten ketogenen Diät. Diese<br />

Diät folgt strengen Regeln: sehr wenig Kohlenhydrate pro Tag, dafür viel Proteine und<br />

noch mehr Fett. Für den Ernährungsplan bedeutet das: viele Öle und Butter, Eiweiß und<br />

frisches Gemüse. Kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie Reis, Nudeln und Kartoffeln<br />

sowie Süßigkeiten sind komplett zu meiden. Erfahrungsberichte von Patienten zeigen,<br />

dass sie unter einer ketogenen Diät länger lebten als ursprünglich angenommen.<br />

Allerdings stehen wissenschaftliche Belege für den Erfolg der Diät aus.<br />

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Wissenschaftler und Ärzte an der Berliner Charité planen jetzt eine Studie zur<br />

ketogenen Diät, für die noch Probanden gesucht werden (siehe unten). Den Ärzten ist<br />

klar, dass sich mit der ketogenen Diät kein bösartiger Tumor heilen lässt. Doch<br />

möglicherweise kann man so das Tumorwachstum und das Wachstum von<br />

Tochtergeschwülsten hinauszögern.<br />

Der Zuckersucht auf der Spur<br />

Zucker ist nicht nur Energiequelle. Mit dem Geschmack des Süßen verbinden die meisten<br />

von uns angenehme Gefühle und Erinnerungen. Süße Erfahrungen prägen uns. Süßes als<br />

Belohnung, als Trost, als Zeichen für Geborgenheit und Zuwendung. Schon die<br />

Muttermilch schmeckt süß. Und Kinder bekommen zur Belohnung einen süßen Happs.<br />

Zucker hebt unsere Stimmung, er reduziert Stresshormone und sorgt für glückliche<br />

Gefühle. Und was uns glücklich macht, davon wollen wir mehr.<br />

Warum ist gerade Zucker für manche Menschen ein Stoff, von dem sie nicht genug<br />

bekommen können? Und welche Rolle spielt das bei der Entstehung von Übergewicht?<br />

Diese Fragen versucht man im Forschungs- und Behandlungszentrum Adipositas-<br />

Erkrankungen in Leipzig zu beantworten. Im Fokus der Forscher: das Gehirn. Bei der<br />

Steuerung von Hunger und Appetit spielen verschiedene Regionen im Gehirn eine Rolle.<br />

Dazu gehören solche, die Belohnungsgefühle vermitteln. In ihrer Studie untersuchen die<br />

Leipziger Wissenschaftler Übergewichtige und Normalgewichtige. Die Probanden sollen<br />

angeben, wie gern sie die Nahrung auf den Fotos tatsächlich essen würden. Gleichzeitig<br />

wird die Aktivität bestimmter Hirnregionen gemessen.<br />

In den Untersuchungen zeigten Übergewichtige deutlich geringere Aktivität in den<br />

Belohnungszentren als das Normalgewichtige tun. Wie kommt es zu solchen<br />

Veränderungen bei Übergewichtigen? Essen „belohnt“ unser Gehirn. Vermittelt wird das<br />

über die Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin. Dockt Dopamin an die Rezeptoren<br />

bestimmter Zellen an, wird ein „Glücksgefühl“ ausgelöst. Isst man ständig zu viel,<br />

werden die Rezeptoren für Dopamin auf den Zellen reduziert. Übergewichtige müssen<br />

immer weiter essen, weil sich das volle Glücksgefühl bei ihnen nicht einstellt. Das<br />

Bedürfnis ist gesteigert, aber die Reaktion auf das Essen ist verringert.<br />

Stevia<br />

Doch wie lässt sich der Zuckerverbrauch einschränken, ohne auf die Süße zu<br />

verzichten? So mancher greift zu Süßstoffen, die eine bis zu hundertfache Süßkraft von<br />

Zucker haben. Sie lassen den Insulinspiegel nicht ansteigen und enthalten keine<br />

Kalorien. Doch sind Süßstoffe die ideale Lösung? Nein, denn Menschen, die Süßstoffe<br />

essen, wird suggeriert, sie hätten Kalorien gespart und könnten danach richtig<br />

zugreifen. Und dadurch, dass Süßstoff-Liebhaber gewohnt sind, viel Süßes zu sich zu<br />

nehmen, wird vermutlich auch die Aufnahme von Zucker gefördert.<br />

Viele sehen in Stevia die grüne Alternative zu Zucker. Die aus Südamerika stammende<br />

Pflanze ist 300 Mal süßer. Außerdem ist es ein pflanzlicher Süßstoff, während die<br />

üblichen Produkte eher als künstlich gelten. Doch auch Stevia hat einen Haken: Es ist<br />

nur in geringen Mengen verträglich und insofern keine Alternative zu anderen<br />

Süßstoffen, es sei denn man legt Wert auf den natürlichen Ursprung. Außerdem<br />

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schmeckt Stevia leicht nach Lakritze und ist zum Backen oder Kochen nur bedingt<br />

geeignet. Eine Pflanze mit begrenztem Potenzial.<br />

Fazit<br />

Zucker – wir brauchen und lieben den süßen Stoff – auch wenn es gute Gründe gibt,<br />

nicht immer zuzugreifen. Das richtige Maß, der bewusste Umgang mit Zucker stellt uns<br />

täglich auf die Probe. Die Balance zwischen Versuchung und Gesundheit zu finden ist<br />

nicht immer leicht. Die Zauberformel für einen vernünftigen Umgang mit Zucker ist<br />

„Genuss“. Wenn wir die Torte am Nachmittag im Kreise von Freunden und in Ruhe als<br />

etwas Besonderes genießen können, dann hat der Zucker in unserem Leben einen guten<br />

Platz gefunden.<br />

Experten im Beitrag:<br />

Dr. Wolfgang Kohn<br />

Facharzt für Innere Medizin, Diabetologie<br />

bis 31.10.2013:<br />

POLIKUM Berlin Charlottenburg<br />

Marburger Str. 12-13<br />

10789 Berlin<br />

Tel.: 030-62 90 110 0<br />

Internet: www.polikum.de<br />

Ab 1.1.2014:<br />

Diabetes-Praxis Fuchs/Kohn/Meyer<br />

Schönstr. 5-7<br />

13086 Berlin<br />

Internet: www.diabetes-team-berlin.de<br />

Dr. Ute Gola<br />

Ernährungsmedizinerin<br />

Institut für Ernährung und Prävention<br />

Garbàtyplatz 1-2<br />

13187 Berlin<br />

Tel.: 030- 47 53 63 66<br />

E-Mail: info@drgola.de<br />

Internet: www.drgola.de<br />

Prof. Dr. Andreas Pfeiffer<br />

Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie<br />

Abteilung Klinische Ernährung<br />

Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)<br />

Arthur-Scheunert-Allee 114-116<br />

14558 Nuthetal<br />

Tel: 033 200 - 88-0<br />

Internet: www.dife.de<br />

Prof. Dr. Annette Schürmann (DIfE)<br />

Abteilung Experimentelle Diabetologie<br />

Stefan Kabisch (DIfE)<br />

Studienarzt<br />

7


Es werden noch Studien-Teilnehmer gesucht für:<br />

PLIS: Diätinterventionsstudien mit Prädiabetikern<br />

Infos: http://www.dzd-ev.de/forschung/klinische-studien/plis/index.html<br />

DDS-P: Diätinterventionsstudien mit Diabetikern<br />

Infos DDS: http://www.dzd-ev.de/forschung/klinische-studien/dds/index.html<br />

Interessenten können sich unter gesund.leben@dife.de sowie für den Standort Berlin<br />

unter Tel. 030 - 8445 - 4766 (Anrufbeantworter) und für den Standort Potsdam<br />

(Nuthetal) unter Tel. 033 200 - 88 2778 (Direktkontakt und Anrufbeantworter) melden.<br />

Prof. Dr. Elisabeth Steinhagen-Thiessen<br />

Charité - Universitätsmedizin Berlin<br />

Interdisziplinäres Stoffwechsel-Centrum<br />

Lipidambulanz, Lipidapherese<br />

Ernährungsmedizin und Sprechstunde für Altersmedizin<br />

Augustenburger Platz 1<br />

13353 Berlin<br />

Es werden noch Studien-Teilnehmer gesucht für: „Ketogene Diät bei Ovarialkarzinom“<br />

Interessierte Patientinnen können sich melden bei<br />

PD Dr. Kristina Norman, Ernährungswissenschaftlerin<br />

Tel.: 030 – 450 – 565 139<br />

E-Mail: kristina.norman@charite.de<br />

Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum AdipositasErkrankungen<br />

Philipp-Rosenthal-Str. 27<br />

04103 Leipzig<br />

Prof. Dr. Michael Stumvoll, Zentrumsleiter<br />

Prof. Dr. Matthias Blüher, Leiter der Ambulanz<br />

PD Dr. Burkhard Pleger, Neurologe<br />

AdipositasAmbulanz für Erwachsene: Tel: 0341 97 12418<br />

AdipositasAmbulanz für Kinder und Jugendliche: Tel: 0341 97 26242<br />

www.ifb-adipositas.de/ifb<br />

Heidrun Franke<br />

Projektleiterin Lebensmittel/Ernährung<br />

Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Templiner Straße 21<br />

14473 Potsdam<br />

Tel: 0331 – 298 71 -0<br />

E-Mail: info@vzb.de<br />

Internet: www.vzb.de<br />

Prof. Dr. Torsten Bauer<br />

Chefarzt Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn<br />

HELIOS Klinikum Emil von Behring<br />

Walterhöferstr. 11<br />

14165 Berlin<br />

8


Weiterführende Adressen:<br />

Deutsche Gesellschaft für Ernährung<br />

Godesberger Allee 18<br />

53175 Bonn<br />

Tel: 0228 - 3776-600<br />

Internet: http://www.dge.de<br />

Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.<br />

Haus der Land- und Ernährungswirtschaft<br />

Claire-Waldoff-Straße 7, 10117 Berlin<br />

Postfach 06 02 50, 10052 Berlin<br />

Tel: 030 - 206143 -0<br />

E-Mail: bll@bll.de<br />

Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e.V.<br />

Geschäftsstelle am Helmholtz Zentrum München<br />

Ingolstädter Landstrasse 1<br />

85764 Neuherberg<br />

E-Mail: contact@dzd-ev.de<br />

Internet: www.dzd-ev.de<br />

Weiterführende Links:<br />

Die süße Droge Zucker<br />

www.spiegel.de/spiegel/print/d-87997205.html<br />

Tel: 030 - 8102-27 76<br />

http://www.helios-kliniken.de/klinik/berlinzehlendorf/fachabteilungen/pneumologie.html<br />

http://www.spiegel.de/video/droge-zucker-die-deutschen-lieben-die-suesse-suendevideo-1242901.html<br />

Die Fruchtsaftfalle<br />

https://www.aok-on.de/studierende/essen-geniessen/suesse-getraenke-imcheck/seiten/0.html<br />

<strong>RBB</strong> Redaktion: Juliane Rossius<br />

„rbb Praxis“ Redaktionsassistenz: Ingelore Eirich<br />

Masurenallee 8 –14 Moderation: Raiko Thal<br />

14057 Berlin Infotext: Constanze Löffler<br />

www.rbb-praxis.de Stand der Information: 20.11.2013<br />

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