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coverstory<br />
Die Naturwissenschafter der Zukunft:<br />
Die Neugierde der Kinder, fremdes Terrain zu<br />
erkunden, lässt sie ständig und ganz mühelos<br />
Neues lernen. Die dahintersteckende Triebfeder<br />
ist Belohnung.<br />
Eine scheinbar einfache Frage und<br />
doch findet man sich gleich in einem Dilemma:<br />
Welche Teile des menschlichen<br />
Wissens sind angeboren, welche sind<br />
erworben? Generationen von Philosophen,<br />
Wissenschaftern – neuerdings die<br />
Hirnforscher – beschäftigt diese Frage.<br />
So ist bis heute keinesfalls geklärt, wie<br />
der für Menschen so wichtige Erwerb<br />
der Sprachkompetenz genau vor sich<br />
geht. Der amerikanische Linguistiker<br />
Noam Chromsky, Professor am Massachusetts<br />
Institute of Technology, vertritt<br />
z. B. die Theorie, dass gewisse Grundstrukturen<br />
für sprachliche Grammatik<br />
angeboren, d. h. genetisch sind. Das<br />
Wissen, das notwendig ist, um eine<br />
Sprache zu beherrschen, ist demnach<br />
nur zum Teil erworben, also erlernt. Die<br />
Grundlage dafür ist uns aber scheinbar<br />
schon in den Erbanlagen mitgegeben.<br />
Eine bislang nicht endgültig entschiedene<br />
Henne-Ei-Frage.<br />
Derartige Überlegungen führen rasch<br />
zur nächsten Fragestellung: Über welche<br />
(angeborenen) Fähigkeiten – man<br />
könnte auch Talente dazu sagen – verfügen<br />
wir Menschen und welche Fertigkeiten<br />
können wir daraus entwickeln?<br />
Gemeinhin erwerben wir Fertigkeiten<br />
zwar auf Basis unserer Talente, aber<br />
dann doch vor allem durch drei weitere<br />
wesentliche Schritte:<br />
Erstens: durch Übung. Es gab Zeiten,<br />
in denen in Schulen ausschließlich<br />
durch dauerndes Wiederholen gelernt<br />
wurde. Mittlerweile hat sich glücklicherweise<br />
durchgesetzt, dass es dazu doch<br />
etwas mehr braucht, um effizient und<br />
nachhaltig Wissen aufzubauen, nämlich<br />
zweitens: bereits Erlerntes. Das bereits<br />
Vorhandene kann zu neuen Erkenntnissen<br />
verknüpft werden, wenn ein neuer<br />
Input hinzukommt. Aufgrund der Vernetztheit<br />
des Gehirns sind zuvor erworbene<br />
Kenntnisse, Erfahrungen, aber<br />
auch persönliche Reife wichtige Lerngrundlagen,<br />
auf denen aufgebaut werden<br />
kann. Deshalb ist fächerübergreifendes,<br />
also vernetzendes Lernen ein<br />
wichtiges Element in der Pädagogik.<br />
Und drittens: die Motivation, also die<br />
Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln.<br />
Generationen von Schülern mussten darunter<br />
leiden, dass die Entwicklung einer<br />
persönlichen Reife und die Motivation<br />
kaum Berücksichtigung in den Schulen<br />
fanden. Der Gehirnforscher Manfred<br />
Spitzer fasst es prägnant in einem Satz<br />
zusammen: „Das Gehirn lernt immer –<br />
und am besten bei guter Laune!“<br />
Ein beeindruckendes Beispiel für die<br />
Lernpotenziale des Menschen kann man<br />
bei einem Baby beobachten, wenn es<br />
laufen lernt. Es zieht sich hoch und fällt<br />
wieder hin – mit einem bemerkenswerten<br />
Durchhaltevermögen. Jeder Erwachsene<br />
hätte schon längst aufgeben.<br />
Das Baby macht weiter, oder wie Manfred<br />
Spitzer es formuliert: „Das Baby<br />
lernt von Fall zu Fall.“ Die dahintersteckende<br />
Triebfeder ist Belohnung. Das<br />
Gehirn empfindet dann Glück, wenn es<br />
etwas Neues, Positives lernen kann, das<br />
es nicht erwartet hat. So einfach funktionieren<br />
wir eigentlich.<br />
Trotzdem gibt es auch heute noch<br />
viele Menschen, die meinen, Lernen<br />
müsste anstrengend oder sogar mühevoll<br />
sein. Muss es nicht, darf es nicht.<br />
Wie erfolgt die Organisation von Wissen<br />
im Gehirn? Bei dieser Frage geht es<br />
darum, zu erklären, wie die Speicherung,<br />
Integration und Organisation von<br />
Informationen im Gedächtnis erfolgen.<br />
Ein Versuch, diese Vorgänge anschaulich<br />
zu zeigen, ist mithilfe sog. semantischer<br />
Netze, wie sie in den 1960er-Jahren<br />
vom Sprachwissenschaftler Ross<br />
Quillian vorgeschlagen wurden, möglich.<br />
Das Konzept besagt, dass Menschen<br />
Informationen in sehr einfacher<br />
Form abspeichern. Zum Beispiel in der<br />
Art: Kanarienvögel sind Vögel. Vögel haben<br />
Federn. Vögel können fliegen. Also<br />
kann das Gehirn schlussfolgern: Kanarienvögel<br />
können fliegen und haben Federn.<br />
Wenn nun eine neue Information<br />
gelernt wird, z. B. dass Amseln Vögel<br />
sind, kann das Gehirn sehr rasch eine<br />
14 Leas•mich