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Luigi Pantisano - Arbeitskreis Quartiersforschung

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Ältere Migranten_innen<br />

im Stadtquartier<br />

Eine Fallstudie auf der Grundlage von drei Modellvorhaben<br />

des ExWoSt-Forschungsfeldes ‚Innovationen für familienund<br />

altengerechte Stadtquartiere‘<br />

Prof. Dr. Johann Jessen | Prof. Dr. Tilman Harlander | Prof. Wolfgang Schwinge<br />

Universität Stuttgart | Fakultät für Architektur und Stadtplanung<br />

Städtebau-Institut<br />

Fachgebiet Grundlagen der Orts- und Regionalplanung<br />

<strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong><br />

Diplomarbeit SS 2008 Oktober 2008


2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

I Einführung 7<br />

II Ältere Migranten_innen: 13<br />

Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

1 Begriffsbestimmungen 13<br />

1.1 Bevölkerung<br />

1.2 Bezeichnungen<br />

2 Phasen der Migration nach Deutschland 16<br />

2.1 Anwerbeabkommen von 1955 bis 1973<br />

2.2 Migration von 1980 bis 2000<br />

3 Lebenslage der älteren Migranten_innen 20<br />

3.1 Demografische Daten<br />

3.2 Ökonomische Situation<br />

3.3 Gesundheitliche Lage<br />

3.4 Wohnsituation<br />

4 Ältere Migranten_innen in der Stadt 25<br />

4.1 Ethnische Kolonie<br />

4.2 Transmigration<br />

5 Bisherige Lösungsansätze 28<br />

5.1 Soziale Handlungsempfehlungen<br />

5.2 Innovative Stadtprojekte<br />

6 Zusammenfassung 34<br />

III Untersuchungsräume 37<br />

und Methode<br />

1 Stadtquartiere für Jung und Alt 37<br />

1.1 ExWoSt-Forschungsfeld ‚Innovationen für<br />

familien- und altengerechte Stadtquartiere‘<br />

1.2 Forschungsleitfragen: Stadtquartiere für<br />

ältere Migranten_innen<br />

2 Auswahl der Fallstudien 39<br />

2.1 Methode des Auswahlverfahrens<br />

2.2 Statistische Auswertung der<br />

27 Modellvorhaben<br />

2.3 Auswahl der drei Modellvorhaben<br />

3 Gespräche und Befragungen 45<br />

4 Zusammenfassung 47<br />

IV A Fallstudie<br />

Neue Vahr Nord, Bremen<br />

XX<br />

1 Städtebauliche Bestandsanalyse XX<br />

2 Ältere Migranten_innen in der XX<br />

Neuen Vahr Nord<br />

2.1 Lebenslage<br />

2.2 Bezug zum Stadtquartier<br />

2.3 Verhältnis zur Deutschen Gesellschaft<br />

3 ExWoSt – IFAS Modellvorhaben XX<br />

3.1 Familien- und Quartierszentrum<br />

3.2 Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

3.3 Angebote im Familien- und<br />

Quartierszentrum<br />

3.4 Infrastrukturelle Versorgung<br />

3.5 Wechselbeziehungen<br />

4 Bewertung der Fallstudien XX<br />

4.1 Städtebauliche Situation der<br />

Neuen Vahr Nord<br />

4.2 Umsetzung des Familien- und<br />

Quartierszentrum<br />

4.3 Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

5 Handlungsempfehlungen XX<br />

5.1 ‚Gemeinschaftseinrichtungen im<br />

Quartier‘ für ältere Migranten_innen<br />

5.2 Infrastruktur und Wohnen


Inhaltsverzeichnis 3<br />

IV B Fallstudie Nauener Platz,<br />

Berlin<br />

XX<br />

1 Städtebauliche Bestandsanalyse XX<br />

2 Ältere Migranten_innen im XX<br />

Stadtquartier Nauener Platz<br />

2.1 Lebenslage<br />

2.2 Bezug zum Stadtquartier<br />

2.3 Verhältnis zur Deutschen Gesellschaft<br />

3 ExWoSt – IFAS Modellvorhaben XX<br />

3.1 Nauener Platz – Umgestaltung für<br />

Jung und Alt<br />

3.2 Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

3.3 Umgestaltung des Nauener Platzes<br />

3.4 Urbane Freiräume im Stadtquartier<br />

Nauener Platz<br />

3.5 Wechselbeziehungen<br />

4 Bewertung der Fallstudien XXX<br />

4.1 Städtebauliche Situation des<br />

Stadtquartiers Nauener Platz<br />

4.2 Umbau des Nauener Platzes<br />

4.3 Lebenslage der älteren<br />

Migranten_innen<br />

5 Handlungsempfehlungen XXX<br />

5.1 ‚Gestaltung urbaner Freiräume‘ für<br />

ältere Migranten_innen<br />

5.2 Gemeinschaftseinrichtung<br />

2 Ältere Migranten_innen in XXX<br />

der Pfingstweide<br />

2.1 Lebenslage<br />

2.2 Bezug zum Stadtquartier<br />

2.3 Verhältnis zur Deutschen Gesellschaft<br />

3 ExWoSt – IFAS Modellvorhaben XXX<br />

3.1 Allengerechtes Wohnen im<br />

Haus NOAH<br />

3.2 Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

3.3 Angebote im Haus NOAH<br />

3.4 Wohnsituation in der Pfingstweide<br />

3.5 Wechselbeziehungen<br />

4 Bewertung der Fallstudien XXX<br />

4.1 Städtebauliche Situation in<br />

der Pfingstweide<br />

4.2 Umbau des ‚Allengerechten Wohnen –<br />

Haus NOAH‘<br />

4.3 Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

5 Handlungsempfehlungen XXX<br />

5.1 ‚Attraktives Wohnen im Quartier‘ für ältere<br />

Migranten_innen<br />

5.2 Gemeinschaftseinrichtung und Freiraum<br />

V Leitlinien XXX<br />

Resümee<br />

Dank<br />

XXX<br />

XX<br />

IV C Fallstudie Pfingstweide,<br />

Ludwigshafen<br />

1 Städtebauliche Bestandsanalyse XXX<br />

Quellenverzeichnis<br />

Anhang<br />

Eidesstattliche Erklärung<br />

XXX<br />

XXX<br />

XX


I Einführung<br />

„Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen“<br />

Max Frisch<br />

Zielsetzung und Vorgehensweise<br />

Der Millionste Gastarbeiter der Bundesre<br />

pu blik Deutschland wurde am 10.9.1964<br />

am Köln-Deutzer Bahnhof von Bürgern und<br />

Journalisten feierlich begrüßt und als Geschenk<br />

überreichte man ihm ein Moped<br />

(Meier-Braun 2006: 204). Diese Einreise als<br />

Gastarbeiter_in wurde dank der ersten ‚Vereinbarung<br />

über die Anwerbung und Vermittlung<br />

von italienischen Arbeitskräften nach<br />

der Bundesrepublik Deutschland’ im Jahr<br />

1955 möglich. In den Folgejahren wurden<br />

weitere Verträge mit Griechenland, Spanien,<br />

Portugal, Marokko und der Türkei unterzeichnet.<br />

Insgesamt kamen im Zuge der<br />

Anwerbeabkommen 14 Millionen Ausländer _<br />

innen zum Arbeiten in die Bundesrepublik.<br />

Vor allem die männlichen Gast ar beiter waren<br />

nicht lange allein, da die zurückgebliebenen<br />

Familien ihnen nach Deutschland folgten.<br />

Eine schwere Wirtschaftskrise und die stetig<br />

steigende Anzahl an Arbeitsmigranten_<br />

innen veranlasste Deutschland im Jahr<br />

1973 zu einem absoluten Anwerbestopp<br />

mit den oben genannten Staaten. Dieser<br />

radikale Bruch macht deutlich, was die<br />

politische Führung schon länger befürchtete:<br />

die hier lebenden Ausländer_innen<br />

richteten sich auf einen langen Aufenthalt<br />

in Deutschland ein.<br />

Es vergingen mehr als 30 Jahre seit dem<br />

Anwerbestop bis die Bundesrepublik<br />

Deutschland im Jahr 2005 in dem neuen<br />

Zuwanderungsgesetz das Eingeständnis<br />

schrieb: „Deutschland ist ein Einwanderungsland“.<br />

Zeitgleich veröffentlichte das Statistische<br />

Bundesamt die Ergebnisse des<br />

Mikrozensus 2005. Hier werden erstmalig


6<br />

Einführung<br />

Zielsetzung und Vorgehensweise<br />

25<br />

1 2<br />

1 Der Millionste Gastarbeiter<br />

am Bahnhof Köln-Deutz<br />

2 Gastarbeiter am<br />

Bahnhof<br />

‚Deutsche mit Migrationshintergrund‘ als<br />

eigenständige Untergruppe eingeführt.<br />

Demnach leben 15,3 Millionen (19% der<br />

Gesamtbevölkerung) Menschen in Deutschland<br />

die einen Migrationshintergrund angeben.<br />

(Statistisches Bundesamt 2006: 75)<br />

Diese hohe Zahl an Migranten_innen ist<br />

eine Entwicklung, welche auf die Anwerbeabkommen<br />

von 1955 bis 1973 zurückgeht.<br />

Aber was geschah seitdem?<br />

Die erste Arbeitsmigration hatte zur Folge,<br />

dass die Gastarbeiter_innen sich in Städten<br />

niederließen, in denen große Industrieunternehmen<br />

ihre Produktionsstätten hatten.<br />

Der Familiennachzug sorgte dafür, dass<br />

sich ethnische Kolonien bildeten, um fern<br />

der Heimat in Schutz und mit Rückhalt der<br />

eigenen Landsleute zu leben. Damit schien<br />

für die meisten eine Integration in Deutschland<br />

unnötig. Warum denn auch? Das<br />

Leben in Deutschland sollte nur vorübergehend<br />

sein bis genügend Geld angespart<br />

war. Mit diesem höheren Wohlstand wollten<br />

die Gastarbeiter_innen in die Heimat zurückkehren.<br />

Der Verdienst der Anfangsjahre<br />

wurde in den Bau von Häusern in der<br />

Heimat investiert, während sie in Deutschland<br />

in bescheidenen Verhältnissen zur<br />

Miete wohnten. Die Gastarbeiter_innen<br />

kehrten aber, anders als gedacht, nicht in<br />

ihre Heimat zurück, sondern blieben. Sie<br />

gründeten in Deutschland ihre Familien,<br />

zogen ihre Kinder groß und mittlerweile<br />

hüten sie schon ihre Enkelkinder.<br />

Die ehemaligen Gastarbeiter_innen und<br />

heutigen älteren Migranten_innen sind bisher<br />

nur am Rande im Blickfeld der Forschung.<br />

Sie werden seit einigen Jahren von<br />

der Migration- und Altersforschung aus<br />

einzelnen Blickwinkeln beleuchtet. Ein Beispiel<br />

hierfür sind die Alten- und Migrationsberichte<br />

im Auftrag der Bundesregierung.<br />

Bisher wurde die besondere Lebenslage,<br />

der Gesundheitszustand und das Wohnverhältnis<br />

der älteren Migranten_innen in<br />

Deutschland untersucht. Ein weiteres<br />

wichtiges Stichwort in der Altersforschung<br />

ist die ‚Rückkehrillusion‘. Die meisten ehemaligen<br />

Gastarbeiter_innen, welche mittlerweile<br />

im Ruhestand sind oder kurz davor


Einführung<br />

Zielsetzung und Vorgehensweise<br />

7<br />

3<br />

4<br />

stehen, hadern fast 50 Jahre nach ihrem<br />

Eintreffen in Deutschland weiterhin mit der<br />

Frage: Zurückkehren oder Bleiben? (Dietzel-<br />

Papakriaou 1993: 10) Dabei zeichnet sich<br />

schon ab, dass sie fern ihres Herkunfts landes<br />

ihren Lebensabend verbringen werden.<br />

Die Beauftragte der Bundesregierung für<br />

Altersfragen hat gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt,<br />

dem Deutschen Roten Kreuz<br />

und den Diakonischen Werken ein ‚Memorandum<br />

für eine kultursensible Altenhilfe‘<br />

erstellt. Darin wird die interkulturelle<br />

Öffnung in der Ausbildung zur Altenpflege<br />

gefordert. Dies ist notwendig da eine Pflege<br />

innerhalb der Familie, anders als von vielen<br />

älteren Migranten_innen erwartet, ausbleiben<br />

wird. (AKA 2002: 4)<br />

Am Ende des Kalten Krieges und dem Fall<br />

der Berliner Mauer fand in Deutschland<br />

eine Besonderheit in der Migration statt. In<br />

den Jahren 1988 bis 2005 wanderten in<br />

einer großen Zuwanderungswelle über drei<br />

Millionen Menschen mit deutscher Volkszugehörigkeit<br />

aus den ehemaligen Ostblockstaaten<br />

nach Deutschland ein. Im<br />

Juni 1990 trat das ‚Aussiedleraufnahmegesetz‘<br />

(AAG) (BGB1.1990I S.1247) in<br />

Kraft, in dem man den Zuzug der Spätaussiedler_innen<br />

regelte. Die hauptsächlich<br />

aus Russland, Polen und Rumänien<br />

stammende Personengruppe war bis dahin<br />

noch von den Folgen des Zweiten Weltkrieges<br />

betroffen. Die Spätaussiedler_innen<br />

wurden wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit<br />

erst vertrieben und dann in ihrer<br />

‚neuen Heimat‘ verfolgt. Sie unterscheiden<br />

sich in ihrem Status von den Gastarbeiter_<br />

innen, da man ihnen und ihren Angehörigen<br />

nach Einwanderung und entsprechendem<br />

Antrag die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

erteilt. Sie beklagen Benachteiligungen<br />

auf dem Arbeitsmarkt und eine mangelnde<br />

soziale Integration. Sie kamen allerdings<br />

im Vergleich zu den Gastarbeitern_innen<br />

mit einem anderen Ziel in die Bundesrepublik.<br />

Die älteren Menschen mit einem<br />

russischen oder polnischen Migrationshintergrund<br />

möchten bleiben und ihren<br />

Lebensabend hier verbringen. (Koller 1997:<br />

766)<br />

3 Gastarbeiter in Essen<br />

4 Italienische Gastarbeiter


8<br />

Einführung<br />

ExWoSt–IFAS Projektbeschreibung<br />

6<br />

4 5<br />

5 Gastarbeiterinnen<br />

am Band<br />

6 Gastarbeiter vor<br />

Zementwerk<br />

In der aktuellen Stadtplanungsforschung<br />

steht der demographische Wandel, die dadurch<br />

zusätzlich notwendige Zuwanderung<br />

und dessen Folgen für die Städte im Blickfeld.<br />

Die älteren Migranten_innen wurden<br />

in diesem Forschungsfeld bisher wenig untersucht.<br />

Die genannten Fragestellungen<br />

der bisherigen Forschung machen deutlich,<br />

dass die Stadtplanung die Anforderungen<br />

der älteren Migranten_innen in zukünftige<br />

Planungen an ein Stadtquartier mit einbeziehen<br />

muss. Welche Lösungen nötig sind,<br />

wird man erst dann feststellen können.<br />

Meine Diplomarbeit wird auf der Grundlage<br />

des Forschungsfeldes ‚Experimenteller<br />

Wohnungs- und Städtebau – Innovationen<br />

für familien- und altengerechte Stadtquartiere‘<br />

das Thema der älteren Migranten_<br />

innen im Stadtquartier untersuchen.<br />

ExWoSt – IFAS<br />

Projektbeschreibung<br />

Das Forschungsfeld ‚Experimenteller Wohnungs-<br />

und Städtebau‘ (ExWoSt) – ‚Innovationen<br />

für familien- und altengerechte<br />

Stadt quartiere‘ (IFAS) ist im Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

(BMVBS) und des Bundesamtes für Bauwesen<br />

und Raumordnung (BBR) eingebunden.<br />

(BMVBS; BBR 2007: 7) Unter dem Titel<br />

‚Stadtquartiere für Jung und Alt‘ wird das<br />

nachbarschaftliche Zusammenleben von<br />

jungen Familien und älteren Menschen wissenschaftlich<br />

untersucht. Innerstädtische<br />

Quartiere werden durch individuelle Maßnahmen<br />

als Wohnort und Erlebnisraum<br />

wieder lebenswert gestaltet, indem praktische<br />

Beispiele umgesetzt werden. Ziel ist,<br />

die Suburbanisierung zu stoppen und der<br />

Schrumpfung der Städte entgegen zu<br />

wirken.<br />

Mit Hilfe von 27 Modellvorhaben wird das<br />

Forschungsprojekt ‚Stadtquartiere für Jung<br />

und Alt‘ umgesetzt. Jeweils neun Stadt-


Einführung<br />

ExWoSt–IFAS Projektbeschreibung<br />

9<br />

7<br />

8<br />

quartiere sind in drei Themenschwer punkte<br />

unterteilt (BMVBS; BBR 2007: 7):<br />

- ‚Gemeinschaftseinrichtungen im<br />

Quartier – Umbau sozialer Infrastruktur‘<br />

- ‚Gestaltung urbaner Freiräume –<br />

Öffentlicher Raum für alle Generationen‘<br />

- ‚Attraktives Wohnen im Quartier –<br />

Nachbarschaften von Jung und Alt‘<br />

Das Thema „ältere Migranten_innen im<br />

Stadtquartier“ wird anhand der Auswahl<br />

von drei Stadtquartieren aus den 27<br />

Modell vorhaben behandelt. Die Auswahl<br />

erfolgt in mehreren Schritten auf der Basis<br />

von Bevölkerungsdaten, der städtebaulichen<br />

Situation und der Thematiken der<br />

Modellvorhaben.<br />

Die Stadtquartiere werden jeweils im<br />

The men schwerpunkt des Modell vorhabens<br />

bezüglich der Belange der älteren<br />

Migranten_ innen analysiert. Diese Vorgehensweise<br />

ermöglicht es aufzuzeigen, wo<br />

sie eine bedeutende Bevölkerungsgruppe<br />

darstellen. Es wird geklärt, ob die älteren<br />

Migranten_innen bei der Planung der innovativen<br />

Modellvorhaben ‚für Jung und<br />

Alt‘ bedacht wurden. Die Untersuchung<br />

beruht auf einer Bestandsaufnahme, auf<br />

Gesprächen mit Experten_innen und Passantenbefragungen.<br />

Die Stadtquartiere werden<br />

hinsichtlich der entstehenden Fragen<br />

zu älteren Migranten_innen bewertet und<br />

Empfehlungen für weitere Untersuchungen<br />

oder Planungen formuliert.<br />

Basierend auf dem Forschungsstand der<br />

Alters- und Migrationsforschung und den<br />

Fallstudien der drei Modellvorhaben des<br />

ExWoSt-IFAS Forschungsfeldes, werden<br />

als Ziel dieser Diplomarbeit Leitlinien für<br />

den Umgang mit älteren Migranten_innen<br />

im Stadtquartier vorgeschlagen. Diese Diplom<br />

arbeit soll ein Einstieg in das Thema der<br />

„älteren Migranten_innen im Stadtquartier“<br />

sein und weitere Untersuchungen anregen.<br />

7 Gastarbeiter an<br />

Passierstelle<br />

8 Gastarbeiterin am<br />

Bahnhof Köln-Deutz


II Ältere Migranten_innen:<br />

Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

„Ich bin aus Deutschland...woher genau?...aus Berlin...ja,<br />

aber woher genau?...aus Kreuzberg...und woher kommen<br />

Deine Eltern?...aus der Türkei...ahh, dann hast Du einen<br />

türkischen Migrationshintergrund!...ja, aber ich bin aus<br />

Deutschland.“<br />

1 Begriffsbestimmungen<br />

1.1 Bevölkerung<br />

Ausländer_innen und Personen mit Migrationshintergrund<br />

Bezeichnungen wie „Ausländer_innen“ und<br />

„Migrationshintergrund“ werden von der<br />

Bevölkerung und Forschern sehr unterschiedlich<br />

verstanden und individuell eingesetzt.<br />

Die Grundlage der hier verwendeten<br />

Bevölkerungsdefinitionen ist der Bericht<br />

des statistischen Bundesamtes: ‚Leben in<br />

Deutsch land – Haushalte, Familien und Gesund<br />

heit, Ergebnisse des Mikrozensus<br />

2005‘. Einige Fragen wurden um den Zusatz<br />

‚mit Migrationshintergrund‘ erweitert, damit<br />

eine bessere Quantifizierung der Gesamtbevölkerung<br />

möglich ist. Zudem finden die<br />

Begriffe ‚Ausländer‘ und ‚Deutsche mit Migrationshintergrund‘<br />

eine ausführliche Erläuterung.<br />

Folgende Be völkerungs gruppen<br />

sind nach „Staatsangehörigkeit und deren<br />

Erwerb unterschieden“: (Statistisches Bundesamt<br />

2006: 73)<br />

1. „Deutsche, die auch früher nie eine an<br />

dere Staatsangehörigkeit besessen<br />

haben“<br />

2. „Deutsche, die – mindestens – eine<br />

weitere Staatsangehörigkeit besitzen“<br />

3. „Ausländer, die keine deutsche<br />

Staatsangehörigkeit besitzen“<br />

4. „eingebürgerte Ausländer ohne weitere<br />

Staatsangehörigkeit“<br />

5. „eingebürgerte Ausländer mit – mindestens<br />

– einer weiteren<br />

Staatsangehörigkeit“<br />

6. „Statusdeutsche und Spätaussiedler,<br />

die nie eine ausländische Staatsangehö<br />

rigkeit besaßen oder die deutsche<br />

Staatsbürgerschaft nicht durch Einbürgerung<br />

erhielten“


12<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Begriffsbestimmungen<br />

25<br />

9<br />

9 Formen der Zuwanderung<br />

nach Deutschland<br />

Die Menschen in den Gruppen eins und<br />

zwei werden in dieser Arbeit als ‚Deutsche‘<br />

bezeichnet, wenn ihre Eltern keinen Migrationshintergrund<br />

haben, auch dann nicht,<br />

wenn sie selbst eine weitere Staatsangehörigkeit<br />

besitzen. (Statistisches Bundesamt<br />

2006: 74)<br />

Personen in der Gruppe drei werden hier,<br />

wie auch in den Erhebungen vom Mikrozensus,<br />

als ‚Ausländer‘ bezeichnet. Sie gehören<br />

zur Gruppe der ‚Personen mit<br />

Mi gra tionshintergrund‘, sind aber keine<br />

Deutschen. Hier wird differenziert zwischen<br />

‚Zugewanderte Ausländer der ersten Generation‘<br />

und den in ‚Deutschland geborenen<br />

Ausländer_innen der zweiten und<br />

dritten Generation‘. Die Ausländer der ersten<br />

Generation sind im deutschen Sprachgebrauch<br />

ebenfalls als die ehemaligen<br />

‚Gastarbeiter_innen‘ bekannt. (Stati stisches<br />

Bundesamt 2006: 74)<br />

In den Gruppen drei bis sechs werden die<br />

‚Deutschen mit Migrationshintergrund‘ beschrieben.<br />

Diese zeitgerechte und neu eingeführte<br />

Unterscheidung ist wichtig für<br />

zukünftige statistische Erhebungen. Der<br />

im Mikrozensus 2005 eingeführte Faktor<br />

‚Deutsche mit Migrationshintergrund‘ sollte<br />

zum Standard gehören, damit in Zukunft<br />

Einheitlichkeit unter den statistischen<br />

Ämtern der Länder und Kommunen<br />

herrscht. Auf diese Weise werden all diejenigen<br />

Menschen erfasst, die oftmals<br />

Schwierigkeiten mit der sozialen Integration<br />

in Deutschland haben wie die ‚Ausländer_<br />

innen‘. In den Erhebungen der ExWoSt-<br />

IFAS Stadtquartiere ist dies oftmals nicht<br />

der Fall. Im Mikrozensus 2005 wird bei den<br />

‚Deutschen mit Migrationshintergrund‘ zwischen<br />

den ‚zugewanderten‘ und ‚nicht<br />

zugewanderten‘ unterschieden. Bei den<br />

zugewanderten Deutschen mit Migrationshintergrund<br />

handelt es sich um die Spätaussiedler_innen<br />

und den eingebürgerten<br />

zuge wanderten Ausländer_innen. Mit ‚nicht<br />

zuge wanderte Deutsche mit Migrationshintergrund‘<br />

werden die Kinder der Zugewanderten<br />

Spätaussiedler_innen und Aus -<br />

länder_ innen bezeichnet. (Statistisches<br />

Bun desamt 2006: 74)<br />

Ältere Migranten_innen<br />

Die hier verwendete Bezeichnung der ‚älteren<br />

Migranten_innen‘ bezieht sich auf<br />

Personen mit einem Migrationshintergrund<br />

und einem Alter über 65 Jahre. Bei der Differenzierung<br />

in ‚ältere Spätaussiedler_<br />

innen‘ oder ‚ältere Bewohner_innen‘ ohne<br />

oder ‚mit türkischem Migrationshintergrund‘<br />

bezieht sich das ‚ältere‘ ebenfalls<br />

auf Personen über 65 Jahre.


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Begriffsbestimmungen<br />

13<br />

1.2 Bezeichnungen<br />

Migration<br />

Der Begriff ‚mit Migrationshintergrund‘<br />

wurde im vorigen Abschnitt geklärt. Was<br />

bedeutet aber Migration? Wann wird dieser<br />

Begriff verwendet und welche weiteren<br />

Facetten und Ergänzungen gibt es? Die<br />

Definition im ‚Wörterbuch der Soziologie‘<br />

von Günter Endruweit und Gisela Trommsdorf<br />

lautet: „Migration (...) umschreibt die<br />

beiden Prozesse der Zu-/Einwanderung<br />

(Immigration) und Ab-/Auswanderung<br />

(Emigration), wobei es sich um einen<br />

Wohnortwechsel von relativer Dauer handelt<br />

(also nicht: Pendeln zwischen Arbeitsund<br />

Wohnort, innerörtliche Umzüge,<br />

Rei sen, Tourismus, Vagabundismus, Nomadismus).“<br />

(Nauck 2002: 362)<br />

Von Bedeutung für diese Diplomarbeit ist<br />

die internationale Migration von einem anderen<br />

Staat nach Deutschland. Personen<br />

sind dann als ‚Migraten‘ oder ‚Zuwanderer‘<br />

zu bezeichnen, wenn sie ihren Lebensmittelpunkt<br />

für eine längere Zeitdauer von<br />

einem Staat in einen anderen verlegt<br />

haben. (Zeman 2005: 11) Erwähnenswert<br />

ist, dass der Begriff des ‚Migranten‘ in der<br />

öffentlichen Diskussion problematisch behaftet<br />

ist. Die Gruppe der in Deutschland<br />

lebenden US-Bürger definiert man demnach<br />

nicht als Migranten, obwohl dies auch<br />

auf sie zutrifft. Die kleinere Bevölkerungsgruppe<br />

der Marokkaner_innen wird indes<br />

als typische Migrantengruppe wahrgenommen.<br />

(Zeman 2005: 10)<br />

Transmigration und Kettenmigration<br />

Von Bedeutung in Hinblick der ‚älteren<br />

Migranten_innen im Stadtquartier‘ ist die<br />

‚Transmigration‘: Das Aufrechterhalten von<br />

10<br />

sozialen Beziehungen in mehr als einer Region<br />

und Gesellschaft über einen längeren<br />

Zeitraum.<br />

Mit ‚Kettenmigration‘ wird das Nachwandern<br />

von Mitgliedern eines Dorfes oder<br />

eines Verwandtschaftssystems in den nahen<br />

Umkreis des Aufnahmelandes definiert.<br />

(Nauck 2002: 362)<br />

Integration und Segregation<br />

Der Begriff der Integration wird im öffentlichen<br />

Gebrauch und in der Forschung unterschiedlich<br />

eingesetzt. Integration wird hier<br />

als ein Zustand verstanden, in dem sich<br />

Migranten_innen als vollständiges Mitglied<br />

in der Aufnahmegesellschaft fühlen und<br />

von dieser auch als solches betrachtet<br />

werden. (Zeman 2005: 12) Die Teilnahme<br />

am gesellschaftlichen Leben in einer Stadt<br />

oder einem Quartier, in der eigenen Gruppe<br />

oder darüber hinaus wird als positive ‚soziale<br />

Integration‘ verstanden und ist Ziel vieler<br />

sozialer Integrationsprojekte mit Mi granten_<br />

innen. Die für die Stadtplanung wichtige<br />

‚räumliche Integration‘ wird meist als Gegenteil<br />

der ‚residentiellen Segregation‘ ver-<br />

10 Bevölkerung mit Migrationshintergrund,<br />

2005


14<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Phasen der Migration nach Deutschland<br />

2 Phasen der Migration nach<br />

Deutschland<br />

2.1 Anwerbeabkommen von<br />

1955 bis 1973<br />

25<br />

11<br />

11 Männergruppe in Köln<br />

standen, aber oft nicht explizit definiert.<br />

Häussermann und Siebel (1998: 28) definieren<br />

Segregation als „die ungleiche Verteilung<br />

der Wohnstandorte verschiedener<br />

sozialer Gruppen im städtischen Raum“.<br />

Dies wird im Sprachgebrauch auch als<br />

‚Ghettoisierung‘ bezeichnet, welches einen<br />

extremen Vergleich mit nordamerikanischen<br />

Verhältnissen impliziert, was aber<br />

bezogen auf Deutschland nicht zutrifft.<br />

(Häussermann/Siebel 1998: 42) Vielmehr<br />

ist die ‚residentielle Segregation‘ ein Zustand,<br />

der durch die Ansiedlung von Arbeitervierteln<br />

in der Nähe von neuen Betrieben<br />

im 19. und 20. Jahrhundert entstanden ist.<br />

Hier wurden Industriearbeiter angesiedelt,<br />

die einer schwachen sozialen Schicht<br />

angehörten. Die während der Anwerbephase<br />

von Gastarbeitern einsetzende Kettenmigration<br />

hat „dazu beigetragen, dass<br />

nationale und ethnische Zuwanderungsminoritäten<br />

in bestimmten Wohnquartieren<br />

überrepräsentiert sind“. (Nauck 2002: 470)<br />

Anwerbephase<br />

Die Geschichte der Migration nach<br />

Deutschland begann im Jahr 1955. Die<br />

erste ausgehandelte „Vereinbarung zwischen<br />

der Regierung der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

und der Regierung der Italienischen Republik<br />

über die Anwerbung und Vermittlung<br />

von italienischen Arbeitskräften nach der<br />

Bundesrepublik Deutschland“ (Bundesanzeiger<br />

Nr. 11 1956) legte den Grundstein.<br />

Hier wurde die Vermittlung der Arbeitskräfte<br />

aus Italien geregelt und Fragen zur<br />

Anreise, Lohn und zum Familiennachzug<br />

geklärt. Ab dem Jahr 1960 folgten schrittweise<br />

Abkommen mit Griechenland, Spanien,<br />

Türkei, Marokko und abschließend<br />

1964 mit Portugal. (de.wikipedia.org 2008)<br />

Am 10. September 1964 ist der Millionste<br />

Zuwanderer am Köln–Deutzer Bahnhof<br />

ausgestiegen. Der Portugiese Armando<br />

Rodrigues de Sa erhielt als Willkommensgeschenk<br />

ein Moped überreicht. Politiker,<br />

Journalisten und Bürger der Stadt feierten<br />

diesen Tag gemeinsam. Die Zahl der Arbeitsmigranten<br />

war zunächst auf wenige Hunderttausend<br />

festgelegt, aber der anhaltende<br />

Wirtschaftsboom und der Arbeitskräftemangel<br />

ließ diese Zahl stetig steigen. Bereits<br />

1970 lebten 1,95 Mio. Arbeitsmigranten_<br />

innen mit ihren nachgezogenen Verwandten<br />

und Bekannten in Deutschland. (Spiegel<br />

Magazin 1970: 51) Städte und Industrie-


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Phasen der Migration nach Deutschland<br />

15<br />

betriebe errichteten für ihre neuen Arbeiter_<br />

innen ganze Stadtquartiere in unmittelbarer<br />

Nähe der Produktions stätten. Die prekären<br />

Zustände der Wohnbaracken störte die wenigsten.<br />

Warum denn auch? Das verdiente<br />

Geld wurde nicht in Deutschland ausgegeben,<br />

sondern in der fernen Heimat zum Beispiel<br />

in den Bau von Häusern investiert. Das<br />

erwünschte Ziel der Gastarbeiter_innen war,<br />

bei der Rückkehr ins Heimatland in einem<br />

höheren Wohlstand als bei der Abreise zu<br />

leben. (Dietzel-Papakriaou: 97)<br />

Integration erwünscht?<br />

In der Anfangsphase der Zuwanderung bemühten<br />

sich öffentliche Stellen gemeinsam<br />

mit ehrenamtlich aktiven Bürgern um die<br />

Belange der zumeist jungen Männer. Es<br />

wurden Feste organisiert, deutsches Essen<br />

angeboten und der Kontakt gesucht. Eine<br />

weitere Hilfe bestand darin, an Supermärkten<br />

und bei Behörden mit mehrsprachigen<br />

Broschüren oder gar Bewohner_innen<br />

beim übersetzen zu helfen. Die jungen Migranten<br />

sollten sich willkommen fühlen in<br />

ihrem neuen Zuhause. (Spiegel Magazin<br />

1970: 51)<br />

Weite Teile der deutschen Bevölkerung reagierten<br />

weniger euphorisch auf die Aufbauhilfe<br />

von außen. Die Sorge galt anfangs<br />

vor allem den deutschen Frauen und den<br />

möglichen Belästigungen durch die vielen<br />

ausländischen Männer. Der Bürgerverein<br />

einer süddeutschen Kleinstadt protestierte<br />

über die Ansiedlung von 420 türkischen<br />

Gastarbeitern: „420 Junggesellen in engster<br />

Nachbarschaft mit nur 75 deutschen<br />

Familien halten wir für eine große Gefahr.“<br />

(Spiegel 1970: 52) Zu einer Ausländerfeindlichen<br />

Stimmung trugen auch Äußerungen<br />

der damaligen politischen Führung bei.<br />

12<br />

Schon 1964 erklärte Bundeskanzler Erhardt<br />

„auf Gastarbeiter könne verzichtet werden,<br />

wenn jeder Deutsche eine Stunde länger arbeiten<br />

würde.“ (Thränhardt 2002: 2) Als im<br />

Jahr 1973 die Anwerbung von Gastarbeiter_<br />

innen aufgrund erster Arbeitslosenzahlen<br />

gestoppt wurde, lebten 3,5 Millionen ausländische<br />

Bürger_innen in der Bundesrepublik.<br />

(Thränhardt 2002: 4)<br />

In den Folgejahren wurden viele Kampagnen<br />

durch konservative Politiker gestartet,<br />

um die Zahl der Ausländer in Deutschland<br />

zu verringern. Der Baden-Württembergische<br />

Ministerpräsident Filbinger forderte Ende<br />

der siebziger Jahre eine „freiwillige Rotation“,<br />

um „junge, frische Gastarbeiter_innen<br />

zu bekommen“. (Thränhardt 2002: 4)<br />

12 Türkische Gastarbeiter<br />

in ihrer Wohnbaracke


16<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Phasen der Migration nach Deutschland<br />

25<br />

13 25<br />

14<br />

13 Asylantragsteller in der<br />

Bundesrepublik<br />

Deutschland nach<br />

Herkunfts ländern<br />

von 1990 bis 2006<br />

14 Asylantragsteller<br />

2.2 Migration von 1980 bis<br />

2000<br />

Asyl<br />

In den 1980er und 1990er Jahren flohen<br />

viele unter Verfolgung oder Krieg leidende<br />

Menschen nach Deutschland. Die Zahl der<br />

Flüchtlinge stieg mit Beginn des ersten<br />

Golfkrieges im Irak und dem später folgenden<br />

Jugoslawienkrieg im Jahr 1992 bis<br />

auf 450.000 Menschen an. Bis dahin kamen<br />

jährlich rund 100.000 Asylbewerber nach<br />

Deutschland (Statistisches Bundesamt<br />

2006). Das Recht auf Asyl war im Grundgesetzartikel<br />

16 garantiert: „Politisch Verfolgte<br />

genießen Asylrecht“. Aufgrund von<br />

gezielt geführten Antiasyl-Kampagnen in<br />

der Boulevardpresse und einer hitzig geführten<br />

Diskussion in der Politik kam es zu<br />

dem bekannten „Asylkompromiss“ im Jahr<br />

1992 zwischen den Fraktionen der CDU/<br />

CSU, FDP und der SPD. Das in der Verfassung<br />

festgeschriebene Asylrecht wurde<br />

begrenzt mit der Möglichkeit Asylsuchende<br />

an Drittstaaten der Europäischen Union<br />

abschieben zu können. Einen traurigen<br />

Höhepunkt und ein Ende der fremdenfeindlichen<br />

Welle wurde mit dem rechtsextremistischen<br />

Mordanschlag von Solingen<br />

erreicht. Hier starben fünf türkische Bewohner<br />

eines Mietshauses in der westdeutschen<br />

Stadt Solingen. Im Jahr 2006 betrug die<br />

Zahl der Asylanträge noch 30.100 von<br />

denen 251 (0,8 Prozent) anerkannt und<br />

bewilligt wurden. (Statistisches Bundesamt<br />

2007: 48)<br />

Spätaussiedler_innen<br />

Das Ende des Kalten Krieges zwischen den<br />

NATO Staaten und dem Ostblock und der<br />

darauf folgende Mauerfall in Berlin führte<br />

zu einer neuen Zuwanderungswelle. Nach<br />

dem zweiten Weltkrieg wurden viele<br />

deutschstämmige Bürger in den ehemaligen<br />

Ostblock-Staaten für den deutschen<br />

Krieg zur Verantwortung gezogen. Viele<br />

wurden umgesiedelt oder mussten fortan<br />

unter schwierigen Verhältnissen leben. Die<br />

Abwanderung oder Einreise nach Deutschland<br />

genehmigten ihnen die jeweiligen<br />

Staaten selten und versuchten sie eher<br />

daran zu hindern. Mit dem Beginn der poli-


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Phasen der Migration nach Deutschland<br />

17<br />

15<br />

tischen Liberalisierung einiger Ostblock-<br />

Staaten und der Unterzeichnung von<br />

Abkommen mit Deutschland wurden die<br />

Reisebedingungen am Ende der 1980er<br />

Jahre gelockert. Kamen 1987 erst 78.523<br />

Spätaussiedler_innen nach Deutschland<br />

waren es 1990 schon 397.073. Während in<br />

den ersten Jahren eine Einreise nach<br />

Deutschland ohne Einschränkungen möglich<br />

war, mussten einwanderungswillige Spätaussiedler<br />

einen Aufnahmeantrag im Herkunftsland<br />

stellen. Im Jahre 1993 sah sich<br />

die Bundesregierung dann gezwungen das<br />

Bundesvertriebenengesetz neu zu verabschieden,<br />

in welchem eine Begrenzung der<br />

aufzunehmenden Spätaussiedler_innen auf<br />

100.000 Personen jährlich festgesetzt wurde.<br />

Fortan durften nur noch deutschstämmige<br />

Bürger aus der ehemaligen Sowjetunion<br />

nach Deutschland übersiedeln. Bis dahin<br />

wanderten zu gleichen Anteilen Bürger aus<br />

Polen und Rumänien ein. Im Jahr 1996<br />

stammen 97 Prozent der einreisenden<br />

Spätaussiedler_innen aus der ehemaligen<br />

Sowjetunion. (Koller 1997: 767, Statistisches<br />

Bundesamt 2007: 63)<br />

Integration erwünscht?<br />

Die Integration der Spätaussiedler_innen<br />

in Deutschland war und ist eine andere<br />

Aufgabe als für andere Migranten_innen.<br />

Sie erhalten bei der Einreise und der Bestätigung<br />

ihres Aussiedlerstatus die deutsche<br />

Staatsbürgerschaft. Trotz finanzierter<br />

Sprach kurse schien eine Integrationsförderung<br />

nicht notwendig, da man sie statistisch<br />

als Deutsche erfasste. Doch sie<br />

empfinden ihr Leben in der Bundesrepublik<br />

ungeachtet ihrer deutschen Identität<br />

als ein Leben in der Fremde. Gründe<br />

hierfür sind die oftmals fehlende Anerkennung<br />

von Berufsqualifikationen zum Beispiel<br />

bei Akademikern und eine geringe<br />

Sprachkenntnis. Eine zwingende Bedingung<br />

bei der Genehmigung einer Übersiedlung<br />

aus den Ostblock-Staaten nach<br />

Deutschland in den 1950er bis 1980er<br />

Jahren war die „Ausreise zum Zweck der<br />

Familienzusammenführung“ (Koller 1997:<br />

772). Dies führte zu einer starken Konzentration<br />

der Spätaussiedler_innen in bestimmten<br />

Regionen Deutschlands und zur<br />

Segregation in vielen Städten.<br />

15 Zuzug von Spätaussiedler_<br />

innen und ihrer Familienangehörigen<br />

in die Bundesrepublik<br />

Deutschland nach<br />

Herkunftsländern von 1985<br />

bis 2006


18<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

25<br />

16<br />

16 Personen mit Migrationshintergrund<br />

in der Bundesrepublik<br />

Deutschand im<br />

Jahr 2005<br />

3 Lebenslage der älteren<br />

Migranten_innen<br />

3.1 Demografische Daten<br />

Allgemein<br />

Die älteren Migranten_innen sind zunächst<br />

ältere Menschen wie ihre deutschen Altersgenossen.<br />

Sie stehen im Übergang zum<br />

Rentenalter oder sind schon in Rente. Der<br />

Beginn dieser neuen Lebensphase erweist<br />

sich für viele als große Lebensumstellung.<br />

Rentner_innen müssen lernen fern ihrer Arbeitsstätte<br />

mit ihrem Alltag umzugehen.<br />

Die bisherige Alters- und Migrationsforschung<br />

zeigt trotz vieler Gemeinsamkeiten<br />

große Differenzen zwischen den zwei Bevölkerungsgruppen<br />

auf. Die ökonomische<br />

Lage der älteren Migranten_innen ist<br />

schlechter als bei den gleichaltrigen Deutschen.<br />

Ihre Wohnsituation ist hiervon beispielsweise<br />

geprägt, da viele noch heute<br />

im Vergleich in kleinen Wohnungen leben.<br />

Die schwierigen Arbeitsbedingungen während<br />

der Anwerbephase haben aber auch<br />

die Gesundheit der älteren Migranten_<br />

innen besonders negativ beeinträchtigt.<br />

Die Freundschaften zur deutschen Bevölkerung<br />

beschränkten sich auf Kontakte mit<br />

Arbeitskollegen im jeweiligen Betrieb, welche<br />

im Rentenalter meist abbrechen. Einen<br />

Rückhalt kann den älteren Migranten_innen<br />

die Solidarität und Hilfe der eigenen Familie<br />

bieten. Diese Nähe zur Familie ist aber<br />

nicht mehr selbstverständlich. Die Lebensplanung<br />

der Kinder ist nicht immer mit dem<br />

Altern der Eltern vereinbar. Die traditionellen<br />

Erwartungen der älteren Migranten_<br />

innen lassen sich kaum mit dem Leben der<br />

jungen Generation in einer modernen<br />

Gesell schaft vereinbaren. Oftmals führt<br />

dies zu Zerrissenheit und Enttäuschung.<br />

Die älteren Migranten_innen sind trotz vieler<br />

Ähnlichkeiten keine homogene Gruppe.<br />

Die ethnischen und kulturelle Unterschiede<br />

sind groß. Ältere Migranten_innen aus der<br />

EU haben andere Anforderungen, als ältere<br />

Türken_innen und diese wiederum andere<br />

als die älteren Spätaussiedler_innen.<br />

(Zeman 2005: 57)<br />

Demographische Daten über die älteren<br />

Migranten_innen in Deutschland sind nur<br />

beschränkt vorhanden. Noch im Jahr 2005<br />

weist Zeman in der Expertise ‚Ältere Migranten<br />

in Deutschland‘ auf die schlechte<br />

Datenlage hin. (Zeman 2005: 7) Im selben<br />

Jahr änderte sich dies mit der Veröffentlichung<br />

des Mikrozensus 2005. Die daraus<br />

resultierenden Ergebnisse bilden die statistische<br />

Grundlage für diese Diplomarbeit.<br />

Im Jahr 2005 lebten in der Bundesrepublik<br />

insgesamt 7,3 Millionen Ausländer_innen,<br />

entsprechend 9 Prozent der Gesamtbevölkerung.<br />

Hinzu kommen nun 8,0 Millionen


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

19<br />

17 18<br />

Personen mit Migrationshintergrund, welche<br />

bisher in den Statistiken als Deutsche<br />

galten. Somit lebten im Jahr 2005 15,3 Millionen<br />

Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Deutschland, was 19 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />

entspricht. (Statistisches<br />

Bundesamt 2006: 75)<br />

Alter<br />

In Deutschland leben 1,2 Millionen ältere<br />

Migranten_innen mit einem Alter über 65<br />

Jahren. Bei den 45 - 65 jährigen Migranten_<br />

innen liegt der Anteil bei 3,3 Millionen. Es<br />

ist nicht abzusehen, wieviele Migranten_<br />

innen aus der jüngeren Altersgruppe weiterhin<br />

im hohen Alter in der Bundesrepublik<br />

verbleiben, aber sicher ist, dass die Anzahl<br />

der älteren Migranten_innen in den nächsten<br />

Jahren stetig steigen wird. Prognosen<br />

gehen davon aus, dass im Jahr 2010 von<br />

der Gesamtbevölkerung 1,3 Millionen Menschen<br />

60 Jahre und älter sein werden. Im<br />

Jahr 2020 soll ihre Anzahl auf 1,99 Millionen<br />

und im Jahr 2030 bis auf 2,85 Millionen<br />

ansteigen. (Grieger 2005: 15) Der<br />

geschlechtliche Anteil unter den älteren<br />

Migranten_innen beträgt bei Frauen und<br />

Männern jeweils rund 50 Prozent. Im Gegensatz<br />

dazu ist dieser bei den älteren<br />

deutschen Frauen ab 65 Jahren bei 58,5<br />

Prozent. Der höhere Prozentsatz an Männern<br />

unter den älteren Migranten_innen<br />

kann eine Folge der Vorselektion von jungen<br />

und gesunden Männern während der<br />

Anwerbephase sein. (Statistisches Bundesamt<br />

2006: 77)<br />

Herkunftsländer<br />

Die Herkunftsländer der älteren Migranten_<br />

innen lassen sich mit den Daten des Mikrozensus<br />

nicht mehr definieren. Hier kann<br />

man einzig auf die Daten der ausländischen<br />

Bevölkerung zurückgreifen. Die verfügbaren<br />

Daten gehen auf Erhebungen des Statistischen<br />

Bundesamtes 2003 und der<br />

Beauftragten der Bundesregierung für Migration,<br />

Flüchtlinge und Integration zurück.<br />

Die größten Gruppen an über 60 jährigen<br />

Ausländer_innen bilden die Bürger aus den<br />

ehemaligen Anwerbestaaten. Aus dem<br />

ehemaligen Jugoslawien kommen 35,3<br />

Prozent der über 60 jährigen, aus Spanien<br />

17 Alterspyramide 2005 nach<br />

Migrationserfahrung,<br />

Ausländer und Deutsche<br />

18 Alterspyramide 2005 nach<br />

Migrationserfahrung,<br />

Personen mit Migrationshintergrund


20<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

25<br />

19,8 Prozent, aus Griechenland 15,5 Prozent,<br />

aus Italien 12,1 Prozent und je 10,2<br />

Prozent aus der Türkei und Portugal. Eine<br />

Angabe zum Alter der älteren Spätaussiedler<br />

_innen in der Bundesrepublik ist<br />

bisher nicht vorhanden. (Zeman 2005: 23)<br />

(siehe Anhang)<br />

3.2 Ökonomische Situation<br />

Allgemein<br />

Die Rentenhöhe für Arbeiter_innen richtet<br />

sich nach der Beitragshöhe während der<br />

Erwerbszeit. Bei älteren Migranten_innen,<br />

führt dieses System zu kleineren Renten,<br />

da sie meist eine kürzere Erwerbstätigkeit<br />

nachweisen. Zudem waren sie häufiger arbeitslos<br />

und Empfänger_innen von Sozialhilfe.<br />

Im Jahr 2003 lag laut so zio ökonomischem<br />

Panel das Durchschnittseinkommen eines<br />

über 60 jährigen Deutschen bei 1470,20<br />

Euro Netto. Vergleichsweise gering sind<br />

hingegen die 1077,60 Euro Nettoeinkommen<br />

gleich altriger Ausländer_innen.<br />

Die Armutsrisikoquote lag bei 32,1 Prozent.<br />

Auch zwischen Migranten_innen aus verschiedenen<br />

Herkunftsländern bestehen<br />

Unterschiede in der Einkommens- und<br />

Rentenhöhe. Das Pro-Kopf-Einkommen<br />

von 60-jährigen Ausländer_innen aus der<br />

Türkei, Griechenland und Ex-Jugoslawien<br />

befand sich deutlich unter dem von älteren<br />

Migranten_innen aus den anderen EU-<br />

Anwerbestaaten. Hinzu kommt, dass ältere<br />

Ausländerinnen aus der Türkei häufig auf<br />

den Unterhalt der Ehegatten oder anderer<br />

Familienangehörigen angewiesen sind.<br />

Daraus folgt eine hohe Armutsquote bei<br />

verwitweten oder geschiedenen türkischen<br />

Migrantinnen. (Zeman 2005: 30; Özcan,<br />

Seifert 2006: 22; Matthäi 2005: 45) (siehe<br />

Anhang)<br />

Vergleich mit älteren Deutschen<br />

Die meisten älteren Migranten_innen haben<br />

trotz ihrer Erwerbstätigkeit kaum Ersparnisse.<br />

Das verdiente Einkommen floss in<br />

den Anfangsjahren in die Heimat zur Unterstützung<br />

der Familie oder in den Bau von<br />

einem Eigenheim. Ihr Ziel war stets die<br />

Rückkehr in die Heimat in einen höheren<br />

Wohlstand. Ein nicht zu unterschätzender<br />

Faktor wurde später die finanzielle Unterstützung<br />

der eigenen Kinder in der Ausbildung,<br />

Studium oder in Zeiten der<br />

Arbeitslosigkeit. Diese Mittel erhalten die<br />

älteren Migranten_innen aufgrund ihrer geringen<br />

Renteneinkommen von ihren Kindern<br />

oftmals als Unterstützung zurück. Die<br />

älteren Migranten_innen sind insgesamt<br />

mit ihrer ökonomischen Situation unzufriedener<br />

als gleichaltrige Deutsche. (Zeman<br />

2005: 57)<br />

3.3 Gesundheitliche Lage<br />

Allgemein<br />

Das Anwerbeabkommen im Jahr 1955 mit<br />

Italien regelte die Auswahl der Arbeiter_<br />

innen auch bezüglich ihrer Gesundheit.<br />

Gewünscht waren junge, starke und gesunde<br />

Männer. Im Vergleich mit der deutschen<br />

Bevölkerung war die Gesundheit der<br />

Migranten_innen über viele Jahre nachweislich<br />

in einem besseren Zustand. Dieser<br />

‚Healthy Migrant effect‘ ist heute nicht<br />

mehr feststellbar. Sie leiden durch die jahrelange<br />

schwere Arbeit an hoher Frühverrentung.<br />

Die Beschäftigung in Betrieben


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

21<br />

der Industrie und Bergbau war verknüpft<br />

mit einer hohen Belastung. Erholungsphasen<br />

waren selten, stattdessen wurden<br />

Überstunden gemacht. Körperlich schwere<br />

Tätigkeiten in Akkordsystemen und im<br />

Schichtverfahren hatten gesundheitliche<br />

Folgen für ihr Muskel- und Skelettsystem.<br />

Nicht selten standen viele zusätzlich unter<br />

Lärm- und Hitzebelastungen, verknüpft mit<br />

der Einatmung von chemischen Stoffen.<br />

Das Verdauungs- und Atmungssystem ist<br />

bei vielen infolge geringer Arbeitsschutzmaßnahmen<br />

angeschlagen. Ein Zusammenhang<br />

zwischen langer Aufenthaltsdauer<br />

in Deutschland und physischen und psychischen<br />

Erkrankungen wird deutlich. Einfache<br />

tägliche Tätigkeiten wie das Tragen<br />

einer Einkaufstasche oder das Laufen einer<br />

Treppe werden für viele zunehmend schwerer.<br />

Eine steigende Anzahl an älteren Migranten_innen<br />

ist heute pflegebedürftig.<br />

(Deutscher Bundestag 2001: 30; Zeman<br />

2005: 36)<br />

Pflegeillusion<br />

Die älteren Migranten_innen sind wie der<br />

größte Teil der älteren Deutschen verheiratet<br />

und leben gemeinsam in einem Haushalt.<br />

Ältere Migranten_innen leben dabei<br />

häufiger gemeinsam mit mehr Personen<br />

oder in Mehrgenerationenhaushalten. Diese<br />

Form des Zusammenlebens ist nicht, wie allgemein<br />

gedacht, die Regel sondern zunehmend<br />

eine Ausnahme. (Zeman 2005: 27)<br />

Sie verlangen Aufnahme und Unterstützung<br />

wie es in ihrer eigenen Kultur üblich<br />

ist. Die Erwartung, in einem gemeinsamen<br />

Haushalt von den eigenen Kindern die nötige<br />

Pflege und Zuwendung im Alter zu<br />

erhalten, wird meist enttäuscht. (Dietzel-<br />

Papakyriakou & Olbermann 1998)<br />

Die familiäre Unterstützung bleibt mehr<br />

Wunsch als Realität. (Zeman 2005: 63)<br />

Viele ältere Migranten_innen im Ruhestand<br />

sind daher auf Pflegedienste angewiesen,<br />

können diese aber aus finanziellen oder<br />

kulturellen Gründen nicht in Anspruch nehmen.<br />

Die Altersforschung plädiert daher seit einigen<br />

Jahren für eine kultursensible Altenhilfe:<br />

Ein <strong>Arbeitskreis</strong> von mehreren<br />

Verbänden, darunter die Beauftragte der<br />

Bundesregierung für Ausländerfragen, der<br />

AWO-Bundesverband und das Deutsche<br />

Rote Kreuz haben hierzu ein Memorandum<br />

verfasst. Darin wird erkannt, dass in den<br />

nächsten Jahren die Anzahl der älteren<br />

Migranten_innen wachsen wird und eine<br />

interkulturelle Öffnung bei der Pflege stattfinden<br />

muss. Die individuellen Bedürfnisse<br />

von zum Beispiel älteren Türken_innen sollen<br />

schon in die Ausbildung einfließen.<br />

(AKA 2002: 5)<br />

3.4 Wohnsituation<br />

Allgemein<br />

Im Vergleich mit der deutschen Bevölkerung<br />

leben Migranten_innen in kleineren Wohnungen.<br />

Die Angst vieler deutscher Vermieter<br />

vor Ausländern im eigenen Haus<br />

und Diskriminierung auf Seiten der Wohnungsmaklern<br />

ist ein häufig auftretendes<br />

Phänomen. (Gestring, Janßen, Polat 2006)<br />

Ältere Migranten_innen weisen aus diesem<br />

Grund eine längere Wohnortverbundenheit<br />

mit meist höheren Mieten auf, als ältere<br />

deutsche Einwohner_innen. In einer Untersuchung<br />

des Ministeriums für Arbeit und<br />

Sozialordnung im Jahr 1995 wurde festgestellt,<br />

dass 94,1 Prozent der Befragten<br />

25


22<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

19<br />

25<br />

20<br />

19 Anteil der Ausländer_innen<br />

in Deutschen Städten von<br />

1995 bis 2005<br />

20 Räumliche Verteilung von<br />

Ausländer_innen in<br />

Deutschland im Jahr 2005<br />

seit mehr als 15 Jahren in derselben Wohnung<br />

leben. Bei 63,6 Prozent beträgt die<br />

Wohndauer in der selben Wohnung mehr<br />

als 25 Jahre. (Zeman 2005: 40)<br />

Die älteren Migranten_innen hegen wegen<br />

ihrer prekären gesundheitlichen Lage besondere<br />

Wohnansprüche. Kleine Wohnungen<br />

machen eine häusliche Pflege fast<br />

unmöglich. Die Ausstattung der Wohnung<br />

von älteren Migranten_innen ist im Vergleich<br />

zu der deutschen Bevölkerung<br />

schlechter. Bei älteren Migranten_innen<br />

sind Garten, Balkon oder eine Terrasse<br />

eher selten. Älteren Migranten_innen sind<br />

weniger zufrieden mit der eigenen Wohnsituation,<br />

sie leben meist in Miete und in<br />

stigmatisierten Wohnquartiere. Der Besitz<br />

von Wohneigentum wäre hingegen ein Zeichen<br />

für eine lange Aufenthaltsorientierung<br />

und eine größere Zufriedenheit mit der<br />

ei genen Wohnsituation. (Özcan, Seifert<br />

2006: 42)<br />

Räumliche Verteilung in Deutschland<br />

Migranten_innen wohnen in Deutschland<br />

überwiegend in Ballungsräumen, was auf<br />

die Anwerbephase zurückzuführen ist.<br />

Nach Angaben des Mikrozensus 2005<br />

leben 43,5 Prozent der Migranten_innen in<br />

Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohner_innen.<br />

Ein Drittel von ihnen lebt in<br />

Kleinstädten bis 20.000 Einwohner_innen.<br />

Im Vergleich lebt die deutsche Bevölkerung<br />

fast zur Hälfte in Kleinstädten. (Statistisches<br />

Bundesamt 2007: 64)<br />

Über 90 Prozent der ausländischen Bevölkerung<br />

verteilt sich auf die westlichen Bundesländer.<br />

1,91 Millionen ausländische<br />

Einwohner_innen waren im Jahr 2006 in<br />

Nordrhein-Westfalen angesiedelt, 1,27 Millionen<br />

in Baden-Württemberg und 1,17<br />

Millionen in Bayern. Das sind je Bundesland<br />

fast 10 Prozent an der Gesamtbevölkerung.<br />

Im Vergleich lebten in Sachsen-Anhalt<br />

46.386 Ausländer_innen, was einem Anteil<br />

von 1,9 Prozent an der Gesamtbevölkerung<br />

entspricht. (Laufende Raumbeobachtung<br />

BBR 2006)


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Ältere Migranten_innen in der Stadt<br />

23<br />

4 Ältere Migranten_innen in<br />

der Stadt<br />

4.1 Ethnische Kolonie<br />

Kettenmigration<br />

Die ersten Gastarbeiter_innen wanderten<br />

in Regionen mit einer hoher Anzahl an Arbeitsplätzen.<br />

Betriebe aus Industrie und<br />

Bergbau waren im Ruhrgebiet angesiedelt<br />

und wurden zu einem wichtigen Arbeitgeber<br />

für die Gastarbeiter. Als weitere Regionen<br />

sind Stuttgart und München zu<br />

nennen. Hier sorgt die Automobilindustrie<br />

bis heute für hohe Beschäftigungsraten.<br />

Migranten_innen der ersten Generation arbeiten<br />

und leben dieser Tage noch in solchen<br />

Ballungsräumen.<br />

Die anfangs beschränkte Anzahl der Arbeitsmigranten_innen<br />

wurde alsbald nach<br />

Forderungen der Industrie erhöht. Die<br />

Gastarbeiter_innen forderten ihre Verwandten<br />

und Bekannten im Herkunftsland auf<br />

ihnen zu folgen. Der geregelte Familiennachzug<br />

tat ein Übriges dazu. Personen<br />

aus einem engen sozialen Kontext lebten<br />

nun gemeinsam in Deutschland. Oftmals<br />

entstanden sogar Dorfgemeinschaften fern<br />

der Heimat. Während der Anwerbephase<br />

kamen viele solcher Gemeinschaften zustande.<br />

Die Bildung der ethnischen Kolonien<br />

wurden durch negative Erfahrungen<br />

bei der Aufnahme in Deutschland gefestigt.<br />

(Dietzel-Papakyriakou 1993: 90)<br />

Die eigene Gruppe nutzte vielen Migranten_<br />

innen der ersten Generation bei der Bewältigung<br />

von Anfangsschwierigkeiten in<br />

ihrem neuen Aufnahmeland. Hierbei spielte<br />

die psychische Hilfe eine wichtige Funktion.<br />

Heimweh und soziale Sorgen wurden<br />

in der eigenen Gruppe aufgefangen. Die<br />

einzelnen Migranten_innen fühlten sich beschützt.<br />

Ebenso war der Alltag in der<br />

Fremde mit der Verwendung der eigenen<br />

Sprache einfacher. (Dietzel-Papakyriakou<br />

1993: 107)<br />

Bei der Gruppe der Spätaussiedler_innen ist<br />

der Vorgang der Kettenmigration besonders<br />

ausgeprägt. Bis zu der liberalen Öffnung der<br />

Ostblockstaaten war die ‚Familienzusammenführung‘<br />

der einzige Grund, welcher<br />

Spätaussiedler_innen erlaubte nach Deutschland<br />

einzuwandern. Dies führte zu einer gezielten<br />

Kettenmigration, die auch nach<br />

Ende des Kalten Krieges weiter anhielt. In<br />

vielen deutschen Städten haben sich ethnische<br />

Kolonien der Spätaussiedler gebildet,<br />

welche bis heute fortbestehen. (Koller<br />

1997: 772)<br />

Räumliche Struktur der ethnischen Kolonie<br />

In den beschriebenen Kolonien haben sich<br />

mit der Zeit ethnische Infrastrukturen gebildet.<br />

So sind Läden für die Bedürfnisse der<br />

eigenen Gruppe entstanden. Vereine, die<br />

bei Problemen helfen und als Interessenvertreter<br />

fungieren sind keine Seltenheit.<br />

Ebenso entstanden Kulturvereine, um die<br />

eigene Herkunft und Tradition zu erhalten<br />

und diese nach außen zu präsentieren.<br />

Stadtquartiere mit einer ethnischen Kolonie<br />

sind meist auch von sozial benachteiligten<br />

Bevölkerungsgruppen besiedelt. Dies führt<br />

oftmals zur Stigmatisierung des Stadtquartiers<br />

im Gefüge der Stadt. Bezeichnungen<br />

wie ‚Ausländerviertel‘ oder ‚Ghetto‘ drücken<br />

die Sichtweise der restlichen Bevölkerung<br />

aus. (Dietzel-Papakyriakou 1993: 90)


24<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Ältere Migranten_innen in der Stadt<br />

21<br />

besser Qualifizierte<br />

In der Untersuchung „Altern in der Migration<br />

– Die Arbeitsmigranten vor dem Dilemma:<br />

zurückkehren oder bleiben?“ stellt die Autorin<br />

Maria Dietzel-Papakyriakou ein zirkuläres<br />

Modell der ethnischen Kolonien auf.<br />

Es werden zwei Kreisläufe beschrieben,<br />

bestehend aus einem inneren und einem<br />

äußeren Kern. Die Rückkehrorientierten<br />

Migranten_innen bilden den inneren Kern.<br />

Um diesen inneren Kern bilden sich in „kreisförmigen<br />

Peripherien die anderen Subgruppen<br />

der Ethnie“ (Dietzel-Papakyriakou 1993:<br />

90). Zu diesen Untergruppen gehören diejenigen<br />

Migranten_innen mit Verbleibeabsichten.<br />

Dies sind meist aus Enttäuschung vom<br />

Herkunftsland zurückgekehrte Migranten_<br />

innen die nun mit einer Verbleibeabsicht in<br />

Deutschland bleiben. Am äußeren Rand<br />

des äußeren Kerns leben die besser qualifizierten<br />

Migranten_innen. Diese sind abgelöst<br />

vom ‚inneren Kern‘ und versuchen<br />

den Anschluss an die Aufnahmegesellschaft.<br />

Die zweite Generation der Migranten_innen<br />

befindet sich zunächst im<br />

‚äußeren Kern‘. Entsprechend der gesammelten<br />

Erfahrung entscheidet sich der ‚Aufenthaltsraum‘.<br />

Bei positiver Erfahrung wird<br />

der Weg in die Aufnahmegesellschaft gewählt,<br />

bei negativer kehren sie zurück in<br />

den ‚inneren Kern‘. (Dietzel-Papakyriakou<br />

1993: 90)<br />

21 Zeichnung eines zirkulären<br />

Modells einer ethnischen<br />

Kolonie<br />

Zweite Generation<br />

sucht Erfahrung im<br />

äußeren Bereich<br />

Rückkehrorientiert<br />

Innerer Kern<br />

Verbleibeabsichten<br />

Äußerer Kern<br />

Positive Segregation<br />

In der Altersforschung wird zunächst geäußert,<br />

dass der Versuch einer Integration der<br />

älteren Menschen mit jüngeren Menschen<br />

sich eher negativ auswirkt. Für ältere Menschen<br />

besteht die Gefahr einer Abhängigkeit<br />

von der jungen Generation. Sie<br />

empfinden es als Kontrolle und Zwang sich<br />

an die jungen Menschen in ihrer Umgebung<br />

anzupassen. Es wird empfohlen eine<br />

selbständige Altersgestaltung zu fördern.<br />

Für ältere Migranten_innen ist dies in der<br />

eigenen ethnischen Nachbarschaft möglich.<br />

Hier sind die nötige ethnische Infrastruktur<br />

und die persönlichen Bekanntschaften<br />

in räumlicher Nähe vorhanden. (Dietzel-<br />

Papakyriakou 1993: 120)<br />

Das ‚Insularity-Konzept‘ basiert auf einer<br />

gesellschaftlichen Integration von älteren<br />

Migranten_innen durch Segregation und<br />

Abgrenzung. In der eigenen ethnischen<br />

Kolonie besteht die Möglichkeit eines ei -<br />

gen ständigen Lebens im Alter. Die Integration<br />

der älteren Migranten_innen innerhalb<br />

der eigenen Gruppe ist keine Selbstverständlichkeit<br />

und bedarf der Förderung.<br />

Hierbei spielt die räumliche Entfernung<br />

zwischen Personen mit Migrationserfahrung<br />

eine wichtige Rolle. Die Möglichkeit<br />

zum Austausch mit gleichaltrigen über Migrationsvergangenheit<br />

und Lebenserfahrung<br />

stärkt ihre soziale Integration. Der<br />

Kontakt auf gleicher Augenhöhe wird gestärkt<br />

und eine Binnenintegration gefördert.<br />

In dieser Situation lassen sich ge ringere


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Ältere Migranten_innen in der Stadt<br />

25<br />

psychische Erkrankungen und bessere<br />

Selbst hilfe bei älteren Migranten_innen<br />

nach weisen. Das individuelle Selbstbild und<br />

das Kompetenz- und Sicherheitsgefühl bleiben<br />

erhalten. Die wichtigste Kompetenz ist<br />

die Überzeugung, selbst noch fähig zu sein,<br />

die eigene Lebenslage verbessern zu können.<br />

(Dietzel-Papakyriakou 1993: 128)<br />

Rückkehrwunsch<br />

Die Herkunftsländer der Arbeitsmigranten_<br />

innen förderten das Bestehen eines Rückkehrwunsches.<br />

Gründe hierfür war die<br />

Mischung aus Fürsorge gegenüber den eigenen<br />

Staatsbürgern, Nationalismus und<br />

ideologische Motive. Ein wichtiger Aspekt<br />

für die Herkunftsländer waren die finanziellen<br />

Transferleistungen der Gastarbeiter mit<br />

denen sie gute Devisenbilanzen erreichten.<br />

Heute hingegen haben die Herkunftsländer<br />

ein geringes Interesse an einer Rückkehr<br />

ihrer älteren Staatsbürger_innen. Alte und<br />

kranke Menschen bedeuten für viele Staaten<br />

hohe Folgekosten, daher sind diese<br />

nicht mehr erwünscht. Die erste Generation<br />

der Migranten_innen pflegt trotz vieler<br />

Jahre fern der Heimat eine große Verbundenheit<br />

zum Herkunftsland. Anzeichen<br />

hierfür sind oft an Häuserfassaden in Städten<br />

zu sehen. Sie haben Satellitenanlagen,<br />

um muttersprachliche Fernsehsender zu<br />

empfangen. So erklärt sich auch nach vielen<br />

Jahren in der Ferne das Interesse am<br />

Tagesgeschehen und an der Politik des<br />

Herkunftslandes. Migranten_innen können<br />

unter bestimmten Bedingungen diese Verbundenheit<br />

mindern. Faktoren für eine Annäherung<br />

an das Aufnahmeland sind ihre<br />

Wohnqualität, Sprachfähigkeiten und bestehende<br />

interethnische Kontakte. Erweisen<br />

sich diese Punkte als schlecht, ist eine<br />

Annäherung an Deutschland unwahrscheinlich.<br />

Die Bindung zum Herkunftsland wird<br />

dann meist verstärkt und eine Integration<br />

schwieriger. (Dietzel-Papakyriakou 1993:<br />

80)<br />

4.2 Transmigration<br />

Pendeln in das Herkunftsland<br />

Die älteren Migranten_innen leben in einem<br />

Dilemma angesichts ihres Rückkehrwunsches.<br />

Schaffen sie die Rückkehr ins Herkunftsland<br />

nicht, sind sie in ihrem Mi grationsziel<br />

gescheitert. Dies zuzugeben fällt<br />

ihnen besonders schwer, da viele Fragen<br />

ungeklärt bleiben. Die emotionale Bindung<br />

an die Heimat, Kindheitserinnerungen, die<br />

errichteten Häuser und das wärmere Klima<br />

verschieben eine endgültige Entscheidung.<br />

Ein Kompromiss stellen jährliche Reisen in<br />

die Heimat dar. Man spricht hier auch von<br />

‚Transmigration‘ oder ‚Pendeln‘. Die älteren<br />

Migranten_innen pendeln mit Erreichen der<br />

Rente zwischen Deutschland und der Heimat,<br />

um zum Beispiel im Sommer die klimatischen<br />

Vorteile zu nutzen. Ein solcher<br />

Aufenthalt kann variieren von zwei bis zu<br />

sechs Monaten. (Zeman 2005: 43) In der<br />

restlichen Zeit leben sie in Deutschland.<br />

Hier genießen sie eine bessere gesundheitliche<br />

und medizinische Versorgung und die<br />

Nähe zu ihren Kindern und Enkelkindern. In<br />

dieser Übergangsphase stellen viele fest,<br />

dass sie mit den Lebensbedingungen in<br />

der Heimat nicht mehr vertraut sind und<br />

Schwierigkeiten haben sich einzuleben.<br />

Eine Entscheidung wird mit dem Pendeln<br />

nur hinaus gezögert. Mit zunehmenden


26<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Bisherige Lösungsansätze<br />

alters bedingten Krankheiten wird das Pendeln<br />

schwieriger und die Entscheidung fällt<br />

meist von selbst. Die älteren Migranten_<br />

innen bleiben in Deutschland. (Özcan,<br />

Seifert 2006: 69)<br />

5 Bisherige Lösungsansätze<br />

25<br />

22 Migranten_innen in einem<br />

interkulturellen Garten<br />

5.1 Soziale<br />

Handlungsempfehlungen<br />

Die Alters- und Migrationsforschung spricht<br />

Handlungsempfehlungen zum Umgang mit<br />

den älteren Migranten_innen aus. Die<br />

Stadtplanung kann aus einzelnen Empfehlungen<br />

bezüglich des Themas der älteren<br />

Migranten_innen weitere Vorgehensweise<br />

ableiten. Die hier vorgestellten Aspekte<br />

geben erste Anregungen für die Betrachtung<br />

der in Kapitel IV untersuchten Modellvorhaben.<br />

22<br />

Selbsthilfepotenziale und Stärkung der<br />

Kompetenz<br />

Ältere Migranten_innen wurden bisher<br />

unter dem Aspekt ihrer schwierigen Lebenslage<br />

betrachtet. Oftmals wird aber<br />

vergessen, dass sie mit ihrem Akt der Auswanderung<br />

handelten, um ihren Wohlstand<br />

zu erhöhen. Mit Mut und Durchhaltevermögen<br />

haben sie Kompetenzen in einem<br />

fremden Land entwickelt, um ein neues<br />

Leben aufzubauen. Sie verfügen über Erfahrungen<br />

aus zwei oder mehreren Gesellschaften.<br />

Daher darf bei der Betrachtung<br />

von älteren Migranten_innen nicht nur an<br />

die Defizite gedacht werden, sondern auch<br />

an ihre Stärken und Kompetenzen. Diskriminierungen<br />

und Unterbewertungen aus<br />

der Gesellschaft hatten Folgen für ihr<br />

Selbstbild, wodurch sie sich selbst ihrer<br />

Fähigkeiten nicht mehr bewusst waren.<br />

(Olbermann 2003: 14)<br />

Für die älteren Migranten_innen ist die<br />

‚Binnenintegration‘ in der eigenen ethnischen<br />

Kolonie zur Bewältigung des Alltags<br />

und zur Entfaltung von Selbsthilfepotenzialen<br />

wichtig. Das ethnische Umfeld übernimmt<br />

die Vermittlungsfunktion zwischen<br />

den älteren Migranten_innen und den bestehenden<br />

Unterstützungsangeboten im<br />

Stadtquartier. Das ethnische Umfeld gilt es<br />

anzuerkennen und zu fördern, „dass sie ihr<br />

Potenzial als Basis für die Entwicklung weitergehender<br />

Bezüge zur Aufnahmegesellschaft<br />

entfalten können.“ (Olbermann<br />

2003: 15)<br />

Soziale Integration im Freiraum<br />

Der Freiraum spielt für die soziale Integration<br />

eine bedeutsame Rolle. Dieser Aspekt<br />

wird bisher in Bezug auf ältere Migranten_<br />

innen wenig betrachtet. Für Migranten_<br />

innen aus mediterranen Regionen, aus


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Bisherige Lösungsansätze<br />

27<br />

ärmeren und ethnischen Minderheiten stellt<br />

sich der Freiraum als besonders wichtig<br />

dar. Arbeitsmigranten_innen kommen<br />

meist aus landwirtschaftlichen Regionen<br />

mit großen Familien in großen Häusern.<br />

Das Leben in Wohnungen bedeutet für sie<br />

die Einengung ihrer Bewegungsfreiheit.<br />

Darüber hinaus ist der Freiraum in diesen<br />

Regionen der wesentliche Ort für Begegnung<br />

und Kommunikation. Für die Bevölkerung<br />

in benachteiligten Stadtquartieren<br />

ist der Freiraum ebenso bedeutend.<br />

In ärmeren Nachbarschaften mit hoher Arbeitslosigkeit<br />

verbringen Menschen mehr<br />

Zeit Zuhause vor ihrem Fernseher. Ein geringeres<br />

Einkommen hindert sie daran, sich<br />

frei in der Stadt fortzubewegen. Somit ist<br />

das Stadtquartier, in dem sie viel Zeit verbringen,<br />

umso wichtiger. Eine mögliche<br />

Schnittstelle für ältere Migranten_innen<br />

zwischen Herkunftsland und Deutschland<br />

kann der Garten sein. Dieser ist für viele<br />

eine Erinnerung an die Kindheit. Die Gartenkultur<br />

leistet einen wichtigen Beitrag<br />

gegen Einsamkeit. Hier können multikulturelle<br />

Kontakte unter den Bewohner_innen<br />

eines Stadtquartiers entstehen, die zu einer<br />

besseren Integration führen. (ZiS 2005: 332<br />

ff) Darauf basierend hat sich ein weltweites<br />

Netzwerk gegründet. An dem Projekt ‚Interkulturelle<br />

Gärten - Wurzeln schlagen in<br />

der Fremde‘ sind allein in Deutschland<br />

mittlerweile 59 Gärten beteiligt. (www.stiftung-interkultur.de)<br />

Kultursensible Altenhilfe<br />

Die Heterogenität der älteren Migranten_<br />

innen auf kultureller und sozialer Ebene<br />

benötigt spezifische und vielfältige Wohnangebote.<br />

Das einzig wahre Wohnkonzept<br />

für ältere Migranten_innen gibt es nicht.<br />

Ebenso unterscheiden sich die Anforderungen<br />

der älteren Migranten_innen von<br />

denen der deutschen Senioren_innen. Es<br />

wurden schon viele Konzepte und Modellvorhaben<br />

zur Verbesserung der Wohnsituation<br />

für ältere Migranten_innen umgesetzt.<br />

Man hat Projekte bezüglich der Altenhilfe in<br />

neuen Wohnformen und neue Ansätze die<br />

sich an das Wohnumfeld richten versucht.<br />

Letztere sind in jüngster Zeit ins Blickfeld<br />

geraten. Auf dem Feld der neuen Wohnformen<br />

für ältere Migranten_innen gibt es wenige<br />

Beispiele. Als stationäre Wohnanlage<br />

ist das 1997 vom Deutschen Roten Kreuz<br />

in Duisburg eröffnete ‚Haus am Sandberg‘<br />

deutschlandweit bekannt. Hier wurden<br />

zum ersten Mal kultursensible Aspekte in<br />

der Altenpflege eingeführt.<br />

5.2 Innovative Stadtprojekte<br />

Einzelne Städte bemühen sich seit mehreren<br />

Jahren die Bevölkerungsgruppe der<br />

älteren Migranten_innen bei Planungen von<br />

Stadtprojekten einzubeziehen. Nachfolgend<br />

werden drei innovative Projekte in<br />

Anlehnung an die Themenschwerpunkte<br />

des ExWoSt–IFAS Forschungsfeldes vorgestellt.<br />

Diese zeigen eine praktische Umsetzung,<br />

im Umgang mit den besonderen<br />

Lebenslagen der älteren Migranten_innen.<br />

Interkulturelle Begegnungs- und Beratungsstätte<br />

für Senioren, Hannover<br />

Die interkulturelle Begegnungs- und Beratungsstelle<br />

für Senioren liegt im Stadtteil<br />

Nordstadt, ein Stadtteil mit einer hohen<br />

Anzahl an Migranten_innen. Im Jahr 1999<br />

wurde ein bestehendes Gebäude unter<br />

altengerechten Vorgaben renoviert und


28<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Bisherige Lösungsansätze<br />

25<br />

25<br />

kann auch von gehbehinderten Senioren<br />

genutzt werden. Das Projekt wurde im<br />

Rahmen des Forschungsprojektes „Entwicklung<br />

innovativer Konzepte zur sozialen<br />

Integration älterer Migranten/innen“ wissenschaftlich<br />

untersucht. (Olbermann<br />

2003: 120ff; www.migranten-initiativen.org<br />

2008)<br />

Das Projekt ist nicht nur auf eine einzelne<br />

Nationalitätengruppe älterer Migranten_<br />

innen in Hannover ausgerichtet. Die unterschiedlichen<br />

Gruppen nutzen an jeweils<br />

anderen Tagen die vorhandenen Räume.<br />

Montags stehen diese beispielsweise den<br />

deutschen Senioren_innen und dienstags<br />

den türkischen Migranten_innen zur Verfügung.<br />

Die Gruppen arbeiten selbstorganisiert<br />

und werden von ehrenamtlichen<br />

Migranten_innen geleitet. Die Kommunikation<br />

findet jeweils in den Sprachen der Herkunftsländer<br />

statt. Damit erfolgt eine<br />

Stärkung der eigenen Identität und ermöglicht<br />

älteren Migranten_innen mit geringen<br />

Deutschkenntnissen teilzunehmen.<br />

Für die inhaltliche Gestaltung sind die<br />

einzelnen Besucher selbst verantwortlich.<br />

Dabei nutzen sie die Sprach- und<br />

Vermittlungs kompetenzen der Gruppenleiter.<br />

Wichtig bei den Treffen sind Beratungsveranstaltungen<br />

zu Themen wie<br />

‚Diens te der Altenhilfe vor Ort‘, ‚Pflegeversicherung‘,<br />

‚Grundsicherungsgesetz‘, und<br />

‚Sozialhilfe‘.<br />

Zusätzlich finden regelmäßige Treffen der<br />

Gruppenleiter im Gemeinschaftsraum statt.<br />

Hier koordinieren sie gemeinsame Aktivitäten<br />

der unterschiedlichen Gruppen. Auf<br />

diese Weise entstehen aus den selbstverwalteten<br />

getrennten Gruppen interkulturelle<br />

Aktivitäten zwischen den Besuchern.<br />

Ziel ist es, dass die einzelnen Beteiligten<br />

ihre kulturellen Gewohnheiten und Identität<br />

stärken und neuen Raum schaffen für das<br />

Interesse an den anderen ethnischen Gruppen<br />

aus ihrem Stadtteil. (www.migranteninitiativen.org<br />

2008)<br />

Die Initiatoren der AWO geben vier Konzeptpunkte<br />

als erfolgreiches „Instrument“<br />

des Projektes an:<br />

- Die Mitsprache und Teilhabe der älteren<br />

Migranten_innen erfolgt mit den<br />

zweimonatigen Leitungstreffen. Die<br />

Gruppenleiter fungieren als Bindeglied<br />

zwischen Begegnungsstätte und Besuchern.<br />

Sie vermitteln Wünsche sowie<br />

Regeln (z.B. Hausordnung) und<br />

Absprachen.<br />

- Die Besucher_innen genießen einen Vertrauensvorschuss.<br />

Die einzelnen Gruppen<br />

erhalten einen Schlüssel und können<br />

selbstständig über die Nutzungszeiten<br />

entscheiden, ohne abhängig vom sonst<br />

üblichen Empfangspersonal zu sein.<br />

- Die Angebote gehen sensibel mit der<br />

Umsetzung von interkulturellen Projekten<br />

um. Eine lange Anlaufzeit wird bei<br />

gemeinsamen Festen und Ausfahrten<br />

eingeplant. Solche Projekte sind erst mit<br />

selbstbewussten ethnischen Gruppen<br />

möglich. Daraus sind gemeinsame interkulturelle<br />

Feste entstanden.<br />

- In Folge einer positiven Entwicklung der<br />

einzelnen älteren Migranten_innen werden<br />

die Selbsthilfepotenziale in anderen<br />

Aktivitäten innerhalb und außerhalb des<br />

Stadtquartiers genutzt.<br />

(www.migranten-initiativen.org 2008)


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Bisherige Lösungsansätze<br />

29<br />

23 24 25<br />

Mietergärten im Berliner Viertel in Monheim<br />

am Rhein<br />

Das Berliner Viertel in Monheim am Rhein<br />

weist typischen Merkmale einer 1970er<br />

Jahre Wohnsiedlung auf. Mehrgeschossige<br />

Wohnungen mit großen ungepflegten<br />

Freiflächen zwischen den Gebäuden.<br />

Unter den 10.000 Einwohnern lebt ein<br />

hoher Anteil an Migranten_innen und sozial<br />

schwachen Bevölkerungsgruppen.<br />

Nachbarschaftliche und interkulturelle<br />

Streitigkeiten unter den Bewohner_innen<br />

sorgen für Konflikte im Stadtquartier. (IS-<br />

Nordrhein-Westfalen 2001: 8)<br />

Die Aufwertung der Grünflächen in Mietergärten<br />

fand zwischen den Jahren 1995 und<br />

2000 statt. In sechs Bauabschnitten wurden<br />

160 Mietergärten erstellt. Die unmittelbar<br />

an den Häusern angelegten Gärten<br />

können ausschließlich von Bewohner_<br />

innen im Erdgeschoss genutzt werden. Der<br />

Zugang erfolgt über eine Treppe direkt aus<br />

der Wohnung. Die zentralen Gärten sind<br />

auch für andere Bewohner_innen nutzbar.<br />

Dieses innovative Projekt war Teil einer Studie<br />

des Europäischen Forschungsprojektes<br />

‚Neighbourhood Housing Models‘ (NEHOM).<br />

(IS-Nordrhein-Westfalen 2001: 21)<br />

Den Mietern wurde in einem ersten Schritt<br />

mit Hauswurfsendungen, Haustürgesprächen<br />

und Versammlungen Informationsund<br />

Beteiligungsmöglichkeiten geboten.<br />

Viele Bedenken und Gegenargumente<br />

mussten mit Hilfe des vorhandenen Stadtteilbüros<br />

im Stadtquartier ausgeräumt werden.<br />

Ein gemeinnütziger Gartenbetrieb hat<br />

schließlich mit Hilfe von Arbeitslosen und<br />

Bewohner_innen des Berliner Viertels die<br />

Umbaumaßnahmen vorgenommen.<br />

In einem zweiten Schritt organisierte das<br />

Stadtteilbüro monatlich stattfindende Gartennutzer_innen<br />

treffen. Das Ziel hier ist die<br />

Gründung eines Mietergartenvereins, der<br />

selbstständig die Gärten verwaltet und<br />

Feste organisiert. (IS-Nordrhein-Westfalen<br />

2001: 27)<br />

Die Planer des Projektes haben mehrere<br />

Ziele verfolgt:<br />

- Die bestehende Konfliktsituation unter<br />

den Bewohner_innen sollte mit Hilfe<br />

neuer nachbarschaftlicher Kontakte und<br />

23 Mietergarten mit Zugang<br />

aus einer Erdgeschosswohnung<br />

im Berliner<br />

Viertel in Monheim<br />

24 Mietergarten im Berliner<br />

Viertel in Monheim


30<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Bisherige Lösungsansätze<br />

Kommunikation über die Gebäude hinaus<br />

verbessert werden<br />

- Neugestaltung des Außenbildes des<br />

Stadtquartiers und gleichzeitig stärkere<br />

Identifikation der Bewohner_innen mit<br />

diesem<br />

- Entstehung neuer sozialer Netzwerke<br />

und Förderung der Selbsthilfepotenziale<br />

- Aufwertung der bestehenden bisher<br />

eher kleinen Wohnungen und des<br />

Erscheinungsbildes des Wohnumfeldes<br />

(IS-Nordrhein-Westfalen 2001: 35)<br />

25<br />

25<br />

25 Innenhof des Wohnmodells<br />

inter-ethnische Nachbarschaft<br />

in Wien<br />

Die Mietergärten sind mittlerweile fester Bestandteil<br />

des Stadtquartiers. Die Nachfrage<br />

ist sehr hoch und es gibt eine Warteliste für<br />

die Nutzung der Gärten. Ein positives Ergebnis<br />

ist die entstandene Kommunikation<br />

unter den Bewohner_innen. Die Einsamkeit<br />

für viele ältere Migranten_innen wird gemindert<br />

und die Beschäftigung außerhalb der<br />

eigenen Wohnungswände stärkt ihr Kompetenzgefühl.<br />

Das Projekt war für viele der<br />

Startpunkt für die Mitbestimmung bei Projekten<br />

ihres Stadtquartiers. Insgesamt sind<br />

die Bewohner mit ihren Mietergärten sehr<br />

zufrieden und geben an, dass sich ihre Lebensqualität<br />

gebessert hat. (IS-Nordrhein-<br />

Westfalen 2001: 12)<br />

25<br />

Wohnmodell inter-ethnische Nachbarschaft,<br />

Wien – ‚Der globale Hof‘<br />

Das Wohnmodell ging aus einem Konzeptund<br />

Architekturwettbewerb als Sieger hervor,<br />

obwohl das Vorhaben ohne das Thema<br />

der Integration ausgeschrieben war. Das<br />

Siegerprojekt sah vor die Wohnungen je zur<br />

Hälfte mit Einheimischen und Migranten_<br />

innen zu belegen. Das soziale sowie architektonische<br />

Konzept der Siedlung steht<br />

unter dem Motto des ‚Aufeinanderzugehen‘.<br />

Die Gebäude sind in Blockform um einen<br />

Innenhof gruppiert und bieten 140 Wohnungen<br />

für rund 300 Bewohner.<br />

‚Der globale Hof‘ besitzt großen Begegnungsflächen:<br />

ein Saal mit rund 300 m²,<br />

vier Gemeinschaftspenthäuser, zwei Gemeinschaftsterrassen<br />

und vier überdachte<br />

Gemeinschaftsloggien. Zusätzlich wurde<br />

ein moderner Wellnessbereich mit Sauna<br />

und Dampfbad für alle Bewohner_innen<br />

geschaffen. Die kleinen Gruppenräume ermöglichen<br />

eine Differenzierung und die<br />

Trennung von privaten und gemeinsamen<br />

Bereichen. Insgesamt stehen über 1000 m²<br />

Fläche für Begegnungsräume zur Verfügung.<br />

Eine gemeinschaftlich genutzte Satellitenantenne<br />

ermöglicht den Empfang<br />

von über 80 in- und ausländischen Sendern<br />

und vermeidet, dass jeder Haushalt<br />

sich eine eigene Antenne auf den Balkon<br />

stellt.<br />

Die Flexibilität der Wohnungsgrundrisse<br />

hatte eine hohe Priorität. Diese können die<br />

Bewohner ihren unterschiedlichen Ansprüchen<br />

und Lebensentwürfen entsprechend<br />

verändern. Auf dem Dach eines Gebäudes


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Bisherige Lösungsansätze<br />

31<br />

26 27<br />

wurden private ‚Kräutergarteln‘ geschaffen,<br />

um als Schrebergärten die nachbarschaftliche<br />

Kommunikation zu fördern.<br />

(Zeitschrift Wohnen 2004/5: 39)<br />

Das Integrationskonzept hat laut einer wissenschaftlich<br />

durchgeführten Studie des<br />

Architekten und Sozialwissenschaftlers<br />

Joachim Brech großen Erfolg. Das Projekt<br />

wurde nicht primär gestartet um das Modell<br />

der multikulturellen Gesellschaft zu<br />

leben. Die Planer_innen wollten vielmehr<br />

eine Siedlung schaffen in der eine hohe<br />

Anzahl an Migranten_innen zur Normalität<br />

gehört.<br />

Es leben Menschen aus 18 Nationen unter<br />

einem Dach. Die Mieten sind nicht hoch,<br />

können aber von Menschen aus den niedrigsten<br />

Einkommensschichten kaum bezahlt<br />

werden. Die Bewohner_innen geben<br />

an, nicht aufgrund der Mischung sondern<br />

des Angebots wegen eingezogen zu sein.<br />

Die Angebote werden von den Bewohner_<br />

innen selbst organisiert und reichen von<br />

Frauenturnen, Beachvolleyball bis zu internationalem<br />

Kochen. Diese Vielfalt wird als<br />

Bereicherung gesehen. Die Bewohner_<br />

innen feiern gemeinsam viele Feste. Es<br />

kommt vor, dass Österreicher mit den Muslimen<br />

den Ramadan feiern und umgekehrt<br />

Weihnachten. Außerdem wird unter den<br />

Bewohner_innen rücksichtsvoll mit den unterschiedlichen<br />

kulturellen Regeln umgegangen.<br />

Entstehen doch Konflikte, führen<br />

die Bewohner_innen dies auf zwischenmenschliche<br />

Probleme oder auf die vielen<br />

Aktivitäten um das Haus zurück und nicht<br />

auf die vielen Nationalitäten. In der Studie<br />

wird festgestellt, dass eine dorfähnliche<br />

Struktur entstanden ist. In Wien werden<br />

mittlerweile weitere Integrationswohnbauten<br />

nach dem ,Wohnmodell inter-ethnische<br />

Nachbarschaft‘ gebaut. (Zeitschrift Wohnen<br />

2004/5: 40ff)<br />

26 Treffen der Bewohner_<br />

innen des Wohnmodells<br />

inter-ethnische Nachbarschaft<br />

in Wien<br />

27 Bick auf die ‚Kräutergarteln‘<br />

auf dem Gebäude des<br />

Wohnmodells interethnische<br />

Nachbarschaft<br />

in Wien


32<br />

25<br />

Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Zusammenfassung<br />

6 Zusammenfassung<br />

Deutschland hat in seiner Nachkriegsgeschichte<br />

mehrere Migrationsphasen erlebt.<br />

Die erste große Welle an Zuwanderern begann<br />

im Jahr 1955. Mit einem Anwerbeabkommen<br />

kamen über mehrere Jahre<br />

arbeitswillige meist junge Männer aus Italien,<br />

Griechenland, Spanien, Türkei, Marokko und<br />

Portugal. Eine florierende deutsche Wirtschaft<br />

sorgte für die hohe Anzahl an Gastarbeiter_innen,<br />

welche sehr bald ihre<br />

Familienangehörigen und Freunde nachholten.<br />

Alle träumten davon, viel Geld zu<br />

verdienen und dieses in der Heimat zu<br />

inves tieren. Bei der Rückkehr wollten sie in<br />

höherem materiellen Wohlstand leben. Mit<br />

der Wirtschaftskrise im Jahr 1973 brach<br />

die Welle der Gastarbeiter_innen ab. Eine<br />

zweite Welle begann ab dem Jahr 1980.<br />

Durch die Kriege im Irak und in Jugoslawien<br />

kamen Flüchtlinge und Asylsuchende. Nach<br />

dem Fall der Mauer 1990 siedelten Bürger_<br />

innen der ehemaligen DDR nach Deutschland.<br />

Aus den ehemaligen Ostblockstaaten<br />

kamen deutschstämmige Bürger_innen. Die<br />

hohe Anzahl der Migranten_innen sorgte<br />

lange Zeit bei den deutschen Einwohner_<br />

innen und bei einigen Politikern für Unmut.<br />

Beide großen Migrationsphasen wurden<br />

mit dem Erlass von Gesetzen gestoppt.<br />

Die Gastarbeiter_innen die hier schon seit<br />

vielen Jahren lebten gingen aber nicht wie<br />

erwartet in ihre Heimat zurück sondern<br />

blieben.<br />

Bis heute leben noch ehemalige Gastarbeiter_innen,<br />

Flüchtlinge und Spätaussiedler_<br />

innen in Deutschland. Sie steuern auf den<br />

Ruhestand zu oder sind mittlerweile in<br />

Rente. Ältere Migranten_innen haben die<br />

selben Vorstellungen, Wünsche aber auch<br />

Nöte wie die deutschen Altersgenossen.<br />

Aufgrund ihrer Migrationsbiografie ist die<br />

Lebenslage der meisten älteren Migranten_innen<br />

bezüglich ihrer ökonomischenund<br />

gesundheitlichen Situation schlecht.<br />

Zudem leben sie in präkeren Wohnverhältnissen.<br />

Sie haben ihr Verdientes in den Bau von<br />

Häusern in ihrer Heimat investiert. In<br />

Deutschland müssen sie ihre geringe Rente<br />

für meist hohe Mieten ausgeben. Die<br />

schwere Arbeit in der Industrie und im Bergbau<br />

hat ihre Gesundheit besonders negativ<br />

getroffen. Sie sind auf Pflege angewiesen<br />

und erwarten, dass Ihre Kinder, in die sie<br />

ebenfalls viel Geld investiert haben, für sie<br />

sorgen. Dies erweist sich als Illusion, da<br />

sie eine moderne Lebensplanung haben,<br />

fern der kulturellen Traditionsvorstellungen<br />

ihrer Eltern. Ältere Migranten_innen<br />

wohnen aufgrund ihrer finanziellen Situation<br />

in benachteiligten Stadtquartieren in<br />

Wohnungen mit geringer Ausstattung. Insgesamt<br />

sind sie mit ihrer Lebenslage unzufrieden,<br />

bis heute kaum in das<br />

ge sellschaftliche Leben integriert und<br />

hegen weiterhin den Wunsch in die Heimat<br />

zurückzukehren. Die älteren Spätaussiedler_<br />

innen leben unter der selben Situation,<br />

möchten aber in Deutschland bleiben. Sie<br />

schweben zwischen den Kulturen ihrer eigenen<br />

Herkunft und der ihrer neuen Heimat.<br />

Die Gastarbeiter_innen wurden bei ihrer<br />

Einreise auf regionale Ballungsräume mit<br />

vielen Arbeitsplätzen verteilt. Familien und<br />

Freunde sind ihnen über Jahre hinweg in<br />

diese Zonen gefolgt. Diese Kettenmigration<br />

fand vor allem auch bei Spätaussiedler_


Ältere Migranten_innen: Begriffe, Fakten, Stadtbezüge<br />

Zusammenfassung<br />

33<br />

innen statt. Die gesetzliche Lage in den<br />

ehemaligen Ostblockstaaten erlaubte ihnen<br />

eine Ausreise nur bei einer Familienzusammenkunft.<br />

In deutschen Stadtquartieren<br />

sind durch diesen Vorgang viele ethnische<br />

Kolonien entstanden – begünstigt auch<br />

durch einen hohen Wohnungsmangel und<br />

den darauffolgend entstandenen Neubausiedlungen<br />

der 1960er Jahre. Eine Integration<br />

in die deutsche Gesellschaft hat für<br />

viele älteren Migranten_innen bis heute<br />

nicht stattgefunden. Der Wunsch einer<br />

Rückkehr in die Heimat hat dies behindert<br />

und die älteren Migranten_innen erkennen<br />

erst in der Rente, dass sie diesen Wunsch<br />

nur schwer erreichen werden. Sie kompensieren<br />

diesen Wunsch mit jährlichen Reisen<br />

in die Heimat während der Sommerzeit<br />

und pendeln solange, bis die nötige medizinische<br />

Versorgung sie dazu zwingt, hier<br />

zu bleiben.<br />

Ältere Migranten_innen haben trotz ihrer<br />

eher schlechten Lebenslage viele Kompetenzen<br />

und Selbsthilfepotenziale. Sie<br />

haben dies bereits in der Vergangenheit<br />

mit ihrer Auswanderung bewiesen als sie<br />

aus eigener Kraft ihre Situation und schwierigen<br />

Verhältnisse gemeistert haben. Ihre<br />

Kompetenzen gilt es in ihrem gewohnten<br />

Wohnumfeld zu stärken. Hierzu gehören<br />

infrastrukturelle Einrichtungen mit der<br />

Möglichkeit der Selbstorganisation von<br />

Treffpunkten mit gleichaltrigen aus der eigenen<br />

ethnischen Gruppe. Erst dann kann<br />

ein interkultureller Austausch stattfinden.<br />

Für ältere Migranten_innen sind Orte der<br />

Begegnung auch im Freiraum wichtig. Hier<br />

kann auf ihre Herkunft aus landwirtschaftlich<br />

geprägten Regionen aufgebaut werden.<br />

Ein Garten für Obst- und Gemüseanbau<br />

28<br />

bietet ihnen, wie im genannten Beispiel der<br />

Mietergärten im Berliner Viertel in Monheim<br />

am Rhein, die Möglichkeit der Beschäftigung<br />

und Kommunikation. Die Einsamkeit<br />

im Alter kann über neue Kontakte ebenso<br />

gemindert werden. Ältere Migranten werden<br />

aufgrund ihrer gesundheitlichen Lage<br />

früh auf Pflege angewiesen sein. Eine barrierefreie<br />

Wohnung mit der Möglichkeit der<br />

Pflege ist ebenso wichtig wie eine kultursensible<br />

Altenhilfe. Die Pflegeinstitutionen<br />

haben in den letzten Jahren erkannt, dass<br />

ältere Migranten_innen wie deutsche<br />

Senioren_ innen zunehmend ohne Pflege<br />

der eigenen Kinder auskommen müssen.<br />

Sie gehen dazu über, in der Ausbildung auf<br />

kulturelle Unterschiede einzugehen und bilden<br />

viele junge Erwachsene mit Migrationshintergrund<br />

aus. Ältere Migranten_innen<br />

wünschen sich, so lange es ihnen möglich<br />

ist in einem ihnen bekannten Umfeld zu<br />

wohnen. Hier möchten sie die Kontakte zu<br />

ihrer ethnischen Gruppe pflegen und für ihre<br />

Lebensleistung respektiert werden.<br />

28 Geschenkübergabe eines<br />

Mopeds für den Millionsten<br />

Gastarbeiter


III Untersuchungsräume<br />

und Methode<br />

„Zur Bewältigung des demographischen Wandels und der<br />

Migration wollen wir mit Modellvorhaben Städte dabei unterstützen,<br />

Wohnquartiere kinder- und familienfreundlich zu<br />

gestalten und die Infrastruktur barrierefrei und altengerecht<br />

umzubauen.“ Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD (2006)<br />

1 Stadtquartiere für Jung und Alt<br />

1.1 ExWoSt-Forschungsfeld ‚Innovationen für<br />

familien- und altengerechte Stadtquartiere‘<br />

Im Jahr 2006 hat das Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

(BMVBS) zusammen mit dem Bundesamt<br />

für Bauwesen und Raumordnung, basierend<br />

auf den Koalitionsvertrag zwischen<br />

CDU/CSU und SPD das Forschungsfeld<br />

‚Innovationen für familien- und altengerechte<br />

Stadtquartiere‘ gestartet. Das Forschungsfeld<br />

folgt dem Ansatz, ein Generationen-<br />

übergreifendes Zusammenleben in<br />

innerstädtischen Stadtquartieren zu fördern.<br />

Mit Hilfe interdisziplinärer Fachrichtungen<br />

werden städtebauliche Maßnahmen sowie<br />

soziale Aktivitäten in Stadtquartieren an<br />

praktischen Beispielen untersucht und<br />

wieder lebenswert gestaltet. (BMVBS 2007:<br />

7) Die Bearbeitung der Forschungsfragen<br />

erfolgt anhand von drei Themenschwerpunkten:<br />

- ‚Gemeinschaftseinrichtungen im<br />

Quartier – Umbau sozialer Infrastruktur‘<br />

- ‚Gestaltung urbaner Freiräume –<br />

Öffentlicher Raum für alle Generationen‘<br />

- ‚Attraktives Wohnen im Quartier –<br />

Nachbarschaften von Jung und Alt‘<br />

Im Fokus steht die Gestaltung von Generationen-übergreifenden<br />

Treffpunkten in Gemeinschaftseinrichtungen<br />

für unter schiedliche<br />

Bevöl kerungs gruppen im Stadt quartier.<br />

Der öffentliche Raum ist ebenfalls ein wesentlicher<br />

Ort, in dem sich Bewohner_<br />

innen aufhalten, beobachten, begegnen<br />

und ihre Freizeit verbringen. Eine weitere<br />

Voraussetzung in Stadtquartieren für Jung<br />

und Alt ist Wohnraum für alle Generat i-<br />

onen. Viele Gebäude müssen mit Hilfe<br />

altengerechter Standards angepasst wer-


36<br />

Untersuchungsräume und Methode<br />

Stadtquartiere für Jung und Alt<br />

Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier<br />

Gestaltung urbaner Freiräume<br />

Attraktives Wohnen im Quartier<br />

Bremen:<br />

Düsseldorf:<br />

Hamburg:<br />

Ingelheim:<br />

München:<br />

Offenburg:<br />

Sonneberg:<br />

Erfurt:<br />

Schwerin:<br />

Neue Vahr Nord<br />

Hellerhof/Garath<br />

Hamm-Süd<br />

Ingelheim-West<br />

Ackermannbogen<br />

Historische Innenstadt<br />

Wolkenrasen<br />

Roter Berg<br />

Neu Zippendorf<br />

Frankfurt:<br />

Sangerhausen:<br />

Berlin-Mitte:<br />

Berlin-FH/KB:<br />

Dessau:<br />

Leipzig:<br />

Magdeburg:<br />

Fürstenfeldbruck:<br />

Kiel:<br />

Nordend<br />

Kumpelplatz<br />

Nauener Platz<br />

Warschauer Straße<br />

Historischer Stadtpark<br />

Grünau<br />

Salbke<br />

Innenstadt<br />

Gaarden-Ost<br />

Braunschweig:<br />

Heidenheim:<br />

Kassel:<br />

Oberhausen:<br />

Ludwigshafen:<br />

Arnstadt:<br />

Flensburg:<br />

Fürth:<br />

Lübbenau:<br />

Östliches Ringgebiet<br />

Heidenheim-West<br />

Kirchdirmold<br />

Klosterhardt-Nord<br />

Pfingstweide<br />

Arnstadt Ost<br />

Mürwik<br />

Westliche Innenstadt<br />

Neustadt<br />

25<br />

29<br />

29 Die 27 Modellvorhaben des<br />

ExWoSt–IFAS Forschungsfeldes<br />

den. Sind die genannten Kriterien in einem<br />

Stadtquartier unzureichend, ziehen junge<br />

Familien in Vorstädte und ältere Menschen<br />

bleiben ohne die ihrem Alter entsprechende<br />

Versorgung zurück. (BMVBS 2007: 7)<br />

Das ExWoSt-IFAS Forschungsfeld unterstützt<br />

finanziell zu jedem Themenschwerpunkt<br />

jeweils neun Modellvorhaben. Die<br />

insgesamt 27 Modellvorhaben verteilen<br />

sich über die gesamte Bundesrepublik<br />

Deutschland. Diese werden zusätzlich mit<br />

Hilfe von Forschungsassistenzen wissenschaftlich<br />

begleitet. In Erfahrungswerkstätten<br />

und über die Kommunikation im<br />

Intranet tauschen sich die Akteure unterschiedlicher<br />

Fachbereiche über die Entwicklung<br />

der Modellvorhaben aus. Diese<br />

experimentellen Projekte verfolgen das<br />

Ziel, in den kommenden Jahren ein Beispiel<br />

für weitere Stadtquartiere im Land zu<br />

sein. Ergänzend wurden 30 Fallstudien<br />

von schon abgeschlossenen innovativen<br />

Projekten erstellt. Die Ergebnisse bieten<br />

wichtige Impulse für die Fragestellungen<br />

des Forschungsfeldes. (BMVBS 2007: 8)<br />

1.2 Forschungsleitfragen:<br />

Stadtquartiere für ältere<br />

Migranten_innen<br />

Das Forschungsfeld ExWoSt–IFAS ‚Stadtquartiere<br />

für Jung und Alt‘ wird mit Hilfe<br />

von zehn Forschungsleitfragen untersucht.<br />

Diese sind weit gefasst, um die unterschiedliche<br />

Generationen und Ge schlechter<br />

-übergreifende Bevölkerungsgruppen in<br />

einem relevanten Stadtquartierskontext zu<br />

beobachten. Die spezifischen Lebensinteressen<br />

und Anforderungen sollen festgestellt<br />

und innovative Lösungsansätze<br />

erprobt werden. Die infra strukturelle Versorgung,<br />

Freiräume und Wohngebäude<br />

schaffen ein lebenswertes Stadtquartier<br />

mit konfliktfreien Nachbarschaften. Mit<br />

neuen Trägerschaften, Kooperationen und<br />

Verfahren werden über die Zeit der Modellvorhaben<br />

hinaus, neue Vernetzungen für<br />

nachhaltige Nachbarschaften in den Stadtquartieren<br />

geschaffen. (BMVBS 2007: 9)


Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

37<br />

Diese Diplomarbeit setzt bei manchen der<br />

Forschungsleitfragen an und möchte die<br />

Bevölkerungsgruppe der älteren Migranten_<br />

innen unter raumrelevanten Aspekten untersuchen.<br />

Für die Stadtforschung gilt es zu<br />

untersuchen, welche spezifischen Lebensinteressen<br />

der älteren Migranten_innen sich<br />

als besonders relevant bezüglich Gemeinschaftseinrichtung,<br />

Freiraum und Wohnen<br />

erweisen. Fragen zur Bildung von „Ethnischen<br />

Kolonien“ wurden bisher nur unter<br />

Migrationsaspekten untersucht, sind aber<br />

auch wie unter Kapitel II gezeigt wird, für<br />

die Stadtforschung relevant.<br />

Basierend auf den bestehenden 27 Modellvorhaben<br />

werden zunächst Stadtquartiere<br />

mit einem hohen Anteil an älteren<br />

Migranten_innen ausgewählt. Nach einer<br />

Auswahl von drei relevanten Modellvorhaben,<br />

die jeweils einem Themenschwerpunkt<br />

zugeordnet sind, wird geprüft, ob ältere<br />

Migranten_ innen bei der Konzeption und<br />

bei den Bürgerbeteiligungsverfahren eine<br />

Rolle spielten. Ein Vergleich zwischen der<br />

heterogenen Gruppe der älteren Migranten_<br />

innen und den unterschiedlichen Herangehensweisen<br />

der Akteure in den drei<br />

Stadt quartieren wird hierdurch möglich.<br />

Anhand drei Fallstudien wird untersucht,<br />

welche konkreten Anforderungen ältere<br />

Migranten_innen an die räumliche Umwelt<br />

stellen. Außerdem werden Handlungsempfehlungen<br />

zu den drei Themenschwerpunkte<br />

vorgeschlagen.<br />

2 Auswahl der Fallstudien<br />

2.1 Methode des<br />

Auswahlverfahrens<br />

Die Auswahl der neun Modellvorhaben hat<br />

in drei Phasen stattgefunden. In der ersten<br />

Phase fand eine allgemeine statistische<br />

Auswertung der vorhandenen oder über<br />

das Internet zugänglichen Bevölkerungszahlen<br />

statt. Aufgrund der geschilderten<br />

Schwierigkeiten bezüglich statistischer<br />

Zahlen zu Personen mit Migrationshintergrund<br />

konnte bei den meisten Städten<br />

ausschließlich auf Ausländerzahlen zurückgegriffen<br />

werden. Zahlen bezüglich älterer<br />

Migranten_innen in den Stadtquartieren<br />

waren bis auf wenige Ausnahmen nicht zu<br />

erhalten. Eine erste Auswertung hat mit<br />

Hilfe von Annahmen stattgefunden. Ein<br />

Stadtquartier mit einem hohen Anteil an<br />

Ausländer_innen oder Migranten_innen<br />

und gleichzeitig vielen über 65 jährigen<br />

Einwohner_innen ließ auch eine hohe Anzahl<br />

an älteren Migranten_innen vermuten.<br />

Aus dieser statistischen Auswertung gingen<br />

drei mögliche Stadtquartiere je Themenschwerpunkt<br />

hervor.<br />

In einem zweiten Schritt wurden die statistischen<br />

Ämter dieser ausgewählten Kommunen<br />

angeschrieben, um eindeutige<br />

Zahlen zum Anteil der Personen mit Migrationshintergrund,<br />

deren Alter, Nationalitäten<br />

und die sozialen Daten (Arbeitslosigkeit,<br />

Sozialhilfe) der ausgewählten Stadtquartiere<br />

zu erhalten. Bis auf wenige Ausnahmen<br />

waren die erforderlichen Daten zu<br />

Personen mit Migrationshintergrund zugänglich.


38<br />

Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

25<br />

In der dritten Phase fand die endgültige<br />

Auswahl der drei Stadtquartiere statt. Hier<br />

wurden alle neun bis dahin ausgewählten<br />

Modellvorhaben nach mehreren Kriterien<br />

verglichen. Zusätzlich zu den gesammelten<br />

Bevölkerungsdaten waren stadtplaneri sche<br />

Daten, forschungspragmatische Kriterien<br />

und die Modellvorhaben von Bedeutung.<br />

2.2 Statistische Auswertung<br />

der 27 Modellvorhaben<br />

Verfügbarkeit der Daten<br />

Viele der großen Städte stellen Daten ihrer<br />

statistischen Ämter auf die städtische Homepage<br />

und machen diese für Jedermann zugänglich.<br />

Gab es keine Daten über das<br />

Internet zu beziehen, musste auf die vom<br />

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung<br />

zur Verfügung gestellten Informationen<br />

zurückgegriffen werden. Man muss bedenken,<br />

dass die definierte Größe der Stadtquartiere<br />

der Modellvorhaben zum Teil von<br />

denen der offiziellen Stadtteile differiert. Bei<br />

dieser ersten Auswertung waren zudem Unterschiede<br />

bei den verfügbaren Daten festzustellen.<br />

‚Gemeinschaftseinrichtung im Quartier‘<br />

Die Stadtquartiere der Modellvorhaben im<br />

Themenschwerpunkt ‚Gemeinschaftseinrichtung<br />

im Quartier‘ haben insgesamt einen<br />

hohen Anteil an älteren Bewohner_innen ab<br />

65 Jahren. Den geringsten Anteil an älteren<br />

Bewohner_innen weist das Hamburger<br />

Stadtquartier Hamm-Süd mit 17,5 Prozent<br />

auf. Die Spitze bildet das Stadtquartier Wolkenrasen<br />

der ostdeutschen Stadt in Sonneberg<br />

mit 30 Prozent älteren Bewohner_innen.<br />

Der Anteil der Ausländer_innen ist bei den<br />

Stadtquartieren in diesem Themenschwerpunkt<br />

insgesamt eher gering. Dieser variiert<br />

von 2 Prozent im Stadtquartier Wolkenrasen<br />

bis zu 20,5 Prozent im Stadtquartier Hamm-<br />

Süd. (siehe Anhang)<br />

Als geeignet wurden die Stadtquartiere<br />

Neue Vahr Nord in Bremen, Hamm-Süd in<br />

Hamburg und Neu Zippendorf in Schwerin<br />

empfunden. Diese drei Stadtquartiere<br />

haben jeweils einen hohen Anteil an Ausländer_innen<br />

oder Migranten_innen und<br />

gleichzeitig älteren Bewohner_innen.<br />

‚Gestaltung urbaner Freiräume‘<br />

Die Anzahl der älteren Bewohner_innen in<br />

den neun Modellvorhaben des Themenschwerpunktes<br />

‚Gestaltung urbaner Freiräume‘<br />

variiert von 12,7 Prozent beim<br />

Stadtquartier Nordend in Frankfurt am<br />

Main bis zu 51 Prozent im Stadtquartier<br />

„Innenstadt“ in Fürstenfeldbruck. Angaben<br />

zu den Ausländer_innen waren einzig von<br />

sechs Stadtquartieren verfügbar. Hier weisen<br />

die drei ostdeutschen Stadtquartiere<br />

Friedrichshain in Berlin, Agnesviertel in<br />

Dessau und Salbke in Magdeburg einen<br />

Ausländeranteil von unter 5 Prozent auf. Im<br />

Vergleich haben das Kiez Nauener Platz in<br />

Berlin 41,6 Prozent und Gaarden-Ost in<br />

Kiel 38,2 Prozent Ausländer_innen. (siehe<br />

Anhang)<br />

Aufgrund des hohen Ausländeranteils werden<br />

die Stadtquartiere Nauener Platz in<br />

Berlin, Gaarden-Ost in Kiel und Nordend in<br />

Frankfurt am Main ausgewählt.<br />

‚Attraktives Wohnen im Quartier‘<br />

Der Anteil der älteren Bewohner_innen in<br />

den Stadtquartieren des Themenschwerpunktes<br />

‚Attraktives Wohnen im Quartier‘


Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

39<br />

liegt am niedrigsten mit neun Prozent im<br />

Stadtquartier Klosterhardt-Nord in Oberhausen.<br />

Die Spitze bildet das Stadtquartier<br />

Kirchditmold in Kassel mit 40 Prozent. Insgesamt<br />

haben die Stadtquartiere in diesem<br />

Themenschwerpunkt einen hohen Anteil an<br />

älteren Menschen. (siehe Anhang)<br />

Die Ausländerzahlen sind hingegen – bis auf<br />

eine Ausnahme – gering. Diese variieren von<br />

1,7 Prozent im Stadtquartier Neustadt in<br />

Lübbenau bis zu 53 Prozent in Klosterhardt-<br />

Nord.<br />

In der Pfingstweide in Ludwigshafen sind<br />

von den älteren Bewohner_innen rund 10<br />

Prozent älter als 65 Jahre. Die Auswahl<br />

viel auf die westliche Innenstadt in Fürth,<br />

die Pfingstweide in Ludwigshafen und<br />

Klosterhardt-Nord in Oberhausen.<br />

2.3 Auswahl der drei<br />

Modellvorhaben<br />

Auswahlkriterien<br />

Die Auswahl der Fallstudien erfolgt mit dem<br />

Vergleich der bisher ausgewählten Stadtquartiere<br />

anhand vier Kriteriengruppen:<br />

- Bevölkerungsdaten<br />

- räumlich-relevante Daten<br />

- Modellvorhaben<br />

- forschungspragmatische Kriterien<br />

(siehe Anhang)<br />

Bei den Bevölkerungsdaten sollte erkennbar<br />

sein, dass in dem jeweiligen Stadtquartier<br />

ältere Migranten_innen ein relevanter<br />

Faktor sind und in Zukunft sein werden.<br />

Die Nationalität der jeweils größten Migrantengruppe<br />

und die sozioökonomische<br />

Lage der Bewohner_innen sollten sich wenn<br />

30<br />

Bremen<br />

Ludwigshafen<br />

Berlin<br />

möglich unterscheiden. Die Angemessenheit<br />

der Quartiersgröße ist für den Rahmen<br />

dieser Diplomarbeit wichtig. Mit den räumlich-relevanten<br />

Daten sind die Lage in der<br />

BRD sowie die stadtplanerische Gebietskulisse<br />

und die Architektur gemeint. Wichtig<br />

für die Auswahl waren auch die forschungspragmatischen<br />

Kriterien bezüglich<br />

eines guten Datenzugangs, sowie der<br />

finanziellen Machbarkeit der Reise für die<br />

Bestandsaufnahme.<br />

Ziel war es, drei Stadtquartiere mit unterschiedlicher<br />

Struktur auszuwählen. Es<br />

muss gesagt werden, dass die angeschriebenen<br />

Kommunen die Be zeichnungen<br />

‚Ausländer_innen‘ und ‚Mig ranten _innen‘<br />

verschieden definieren. Drei Kommunen<br />

konnten zudem keine Angaben zu den<br />

älteren Migranten_innen oder älteren Ausländer_innen<br />

zur Verfügung stellen.<br />

30 Deutschlandkarte mit den<br />

ausgewählten Modellvorhaben


40<br />

Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

Neue Vahr Nord<br />

25<br />

31 32<br />

31 Bremen<br />

32 Blick auf den zukünftigen<br />

Eingang des Familien- und<br />

Quartierszentrums in der<br />

Neun Vahr Nord<br />

A Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Für den Themenschwerpunkt ‚Gemeinschaftseinrichtungen<br />

im Quartier‘ wurde<br />

die Neue Vahr Nord in Bremen ausgewählt.<br />

Der Datenzugang zu den Stadtquartieren<br />

Hamm-Süd in Hamburg und Neu Zippendorf<br />

in Schwerin war schlecht. Beide Städte führen<br />

keine Angaben zu Personen mit Migrationshintergrund.<br />

Erwähnenswert ist einzig,<br />

dass in Hamm-Süd rund 7,5 Prozent ältere<br />

Ausländer_innen leben. Dies ist der höchste<br />

Wert unter allen im Vergleich stehenden<br />

Stadtquartiere. (siehe Anhang)<br />

Sachstandsbericht<br />

Unter dem bisherigen Arbeitstitel ‚Familien-<br />

und Quartierszentrum‘ sollen mehrere<br />

bestehende Gebäude um einen gemeinsamen<br />

Freiraum vernetzt und umgebaut werden.<br />

Die Neue Vahr Nord liegt im Osten der<br />

Stadt Bremen. Der in den 1950er und<br />

1960er Jahren errichtete Stadtteil Neue<br />

Vahr ist in den Stadtkörper räumlich integriert,<br />

aber durch soziokulturelle Grenzen<br />

von der restlichen Stadt getrennt. (proloco,<br />

Glatthaar, Lehmann 2007: 4) Insgesamt<br />

leben in der Neuen Vahr Nord 8068 Bewohner_innen.<br />

Die Bevölkerung ist „ärmer“<br />

als in den anderen Stadtteilen, Beleg hierfür<br />

ist der hohe Anteil an Hartz IV Empfängern.<br />

Zudem liegt der Anteil der Menschen<br />

mit Migrationshintergrund bei 55 Prozent.<br />

Davon sind allein ein Viertel Spätaussiedler<br />

aus der ehemaligen Sowjetunion und Polen.<br />

Der Anteil an Personen über 65 Jahre ist mit<br />

21,5 Prozent geringer als im städtischen<br />

Durchschnitt, dafür ist der Anteil an Jugendlichen<br />

verhältnismäßig hoch. Der Anteil älterer<br />

Migranten_innen liegt heute bei 5,2<br />

Prozent und wird in Zukunft weiter steigen.<br />

(Statistisches Landesamt Bremen)<br />

Die größte Schwäche des Stadtquartiers<br />

Neue Vahr Nord sind die fehlenden Begegnungsangebote<br />

für Jung und Alt. Es herrscht<br />

ein Mangel an organisierten Treffpunkten,<br />

sei es ein Café oder eine Kultureinrichtung<br />

mit Beratungs- und Informationsmöglichkeiten.<br />

Das Familien- und Quartierszentrum<br />

soll ein solcher Ort sein. Der soziale und


Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

41<br />

Nauener Platz<br />

33 34<br />

nachbarschaftliche Zusammenhalt soll gestärkt<br />

und das neue Haus zum Identifikationspunkt<br />

für die Bewohner_innen werden.<br />

Junge Menschen und die Senioren_innen,<br />

ebenso wie die unterschiedlichen Nationalitäten<br />

und Kulturen, sollen sich hier zu gemeinsamen<br />

Aktivitäten treffen. Die Arbeit<br />

im neuen Mehrgenerationenhaus wird durch<br />

die Hilfe von Freiwilligen aus dem Stadtquartier<br />

ermöglicht. (proloco, Glatthaar, Lehmann<br />

2007: 4)<br />

B Nauener Platz, Berlin<br />

Das Stadtquartier Nauener Platz in Berlin<br />

wird im Rahmen des Themenschwerpunktes<br />

‚Gestaltung urbaner Freiräume‘ analysiert.<br />

Das Stadtquartier Nordend in Frankfurt<br />

am Main ist für den Rahmen einer Diplomarbeit<br />

in der Fläche und Bevölkerungszahl<br />

zu groß. Gaarden-Ost in Kiel scheidet aus,<br />

da Bremen als Stadt in Norddeutschland<br />

schon vertreten ist und die Belange der<br />

türkischen Migranten_innen im Stadtquartier<br />

Nauener Platz wegen ihrer hohen Anzahl<br />

besser untersuchen werden können.<br />

(siehe Anhang)<br />

Sachstandsbericht<br />

Das Stadtquartier um den Nauener Platz<br />

liegt im Stadtteil Wedding im Bezirk Berlin<br />

Mitte. Insgesamt leben dort 11872 Bewohner_innen.<br />

Das Wohnquartier gilt als soziales<br />

Problemgebiet aufgrund der hohen<br />

Arbeitslosigkeit und einem Anteil von rund<br />

64 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund.<br />

Der Nauener Platz ist in den letzten<br />

Jahren zunehmend verwahrlost. Der<br />

‚Trinkertreff‘ und ‚Drogenumschlagplatz‘<br />

hat bis zum Jahr 2004 alle schwächeren<br />

sozialen Gruppen vom Platz verdrängt.<br />

Kinder und ältere Menschen fühlten sich<br />

nicht mehr wohl. Es hat sich die Bürgerinitiative<br />

‚Nauener Neu‘ gegründet, um den<br />

verlorenen Raum zurückzuerobern. Aufgrund<br />

von Gestaltungsmängeln und neuen<br />

Anforderungen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen<br />

im Stadtquartier werden<br />

die Grün- und Freiflächen umgestaltet.<br />

(Walz 2007: 3)<br />

33 Haus der Jugend und<br />

Nauener Platz<br />

34 Berlin


42<br />

Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

Die Gestaltungsentwürfe entstanden unter<br />

einer hohen Bürgerbeteiligung. Wichtig war<br />

für die Beteiligten bei der Planung die Vielfalt<br />

der Nutzer zu erreichen. Folgende Zielgruppen<br />

werden erwähnt: „insbesondere<br />

MigrantInnen im Wohnumfeld, anwohnenden<br />

Senioren/innen, Kinder- und Jugendlichen<br />

sowie bereits bestehenden Initiativen.“<br />

Ein „Platz für alle“ steht als Ziel am Ende<br />

dieses Umgestaltungsprozesses. (Walz<br />

2007: 4)<br />

Pfingstweide<br />

25<br />

35 Ludwigshafen am Rhein<br />

Der neue Nauener Platz soll allen Bewohner_innen<br />

des umliegenden Wohnquartiers<br />

als neuer Identifikationsort dienen. Die neue<br />

Gestaltung möchte einen attraktiven und<br />

belebten Treffpunkt schaffen. Senioren_<br />

innen wie Jugendliche sollen sich zu jeder<br />

Tageszeit sicher fühlen. Das Haus der Jugend<br />

soll zum Ort der Kommunikation zwischen<br />

den Generationen und Kulturen des<br />

Stadtquartiers werden. Bisher teilt das<br />

Haus der Jugend den Freiraum. Eine stärkere<br />

Verknüpfung des Gebäudes mit dem<br />

Freiraum soll diese Teilung aufheben. (Walz<br />

2007: 7)<br />

C Pfingstweide,<br />

Ludwigshafen<br />

35<br />

Das Stadtquartier Pfingstweide in Ludwigshafen<br />

wurde für den Themenschwerpunkt<br />

‚Attraktives Wohnen im Quartier‘ ausgewählt.<br />

Das Modellvorhaben des Stadtquartiers<br />

Klosterhardt-Nord in Oberhausen<br />

wäre als Fallstudie für diese Diplomarbeit<br />

gut gewesen, da hier das Thema der Transmigration<br />

der älteren Migranten_innen im<br />

Fokus steht. Eine Wiederholung der bestehenden<br />

Untersuchung sollte aber für diese<br />

Diplomarbeit vermieden werden. Der schlechte<br />

Datenzugang zu dem Stadt quartier Innenstadt<br />

West in Fürth verhindert eine weitere<br />

Bearbeitung. (siehe Anhang)<br />

Sachstandsbericht<br />

Der Stadtteil Pfingstweide wurde in den<br />

1970er Jahren für junge Familien und wohnungssuchende<br />

Gastarbeiter der nahe liegenden<br />

BASF Werke aufgebaut. Die Stadt<br />

Ludwigshafen und die BASF sind bis heute<br />

mit ihren Wohnungsbaugesellschaften am<br />

Stadtquartier beteiligt. Sie gaben den Anstoß<br />

für das Projekt ‚Haus NOAH – Allengerechtes<br />

Wohnen‘. Die Pfingstweide wurde als Trabantenstadt<br />

in den 60er Jahren geplant. Die<br />

Kettenhochhäuser haben im Zentrum bis zu<br />

17 Stockwerke, am Rand sieben und die<br />

Punkthäuser mit vier und acht Geschossen<br />

verdeutlichen die hohe Wohndichte. (Hahn,<br />

Grünewald 2007: 5)<br />

Im Stadtquartier leben 6434 Bewohner_<br />

innen. Der Altersschnitt auf der Pfingstweide<br />

ist im Vergleich zu den Anfängen


Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

43<br />

stark gestiegen. Ein Viertel der Bevölkerung<br />

ist über 65 Jahre alt. Die offiziellen<br />

Zahlen sprechen von einem Anteil von 24<br />

Prozent Migranten_innen. Die eingebürgerten<br />

Ausländer_innen werden in diesen<br />

Daten nicht als Migranten_innen erfasst,<br />

sondern weiterhin als Deutsche gezählt.<br />

Aufgrund einer gesteuerten Vergabe und<br />

Verteilung von Wohnungen durch die<br />

LUWOGE gibt es in der Pfingstweide keine<br />

dominierende Bevölkerungsgruppe. (Stadtverwaltung<br />

Ludwigshafen, Bereich Stadtentwicklung)<br />

Das Haus NOAH ist der Versuch für die<br />

Senioren_innen in der Pfingstweide ein<br />

Angebot zu schaffen, das sowohl die unterschiedlichen<br />

Wohnsituationen als auch<br />

die erhöhte Pflegebedürftigkeit berücksichtigt.<br />

Die gegenseitige Hilfe von älteren<br />

Menschen und jungen Familien steht im Mittelpunkt<br />

des Konzeptes für das ‚Allengerechte<br />

Wohnen‘. Junge Mütter wünschen sich eine<br />

„Wahl-Oma“ als Babysitterin und die älteren<br />

Menschen wiederum benötigen junge Erwachsene<br />

die ihnen Hilfe anbieten. (Hahn,<br />

Grünewald 2007: 3)<br />

Es werden fünf Projektbausteine gefördert.<br />

Während die ersten vier Bausteine vor<br />

allem auf spezielle Angebote im Haus<br />

NOAH zielen, ist der Generationen-<br />

Nachbarschaftstreff auf das Stadtquartier<br />

ausgerichtet. Hier soll die Nachbarschaftshilfe,<br />

die Seniorenarbeit und die interkulturelle<br />

Zusammenarbeit gefördert werden.<br />

Das im Haus NOAH integrierte Concierge-<br />

Büro ist als Ansprechpartner mit „Kümmerer-<br />

und Informationsfunktion“ für die<br />

Bevölkerung des gesamten Stadtquartiers<br />

gedacht. (Hahn, Grünewald 2007: 4)<br />

36<br />

Die Wohnungsbaugesellschaften des Haus<br />

NOAH wünschen sich, dass genügend Interessenten<br />

das vielfältige Angebot annehmen<br />

werden. Nachbarschaftliche Treffen sollen<br />

über die neu geschaffenen Stockwerke<br />

stattfinden. Die Netzwerkerin möchte in den<br />

unterschiedlichen Themenbereichen Netzwerke<br />

für Bevölkerungsgruppen aufbauen.<br />

Dies wird durch bürgerschaftliches Engagement<br />

der Bewohner unterstützt. (Hahn,<br />

Grünewald 2007: 9)<br />

3 Gespräche und<br />

Befragungen<br />

Es wurden Gespräche mit zwei Zielgruppen<br />

geführt. Zum einen mit Schlüsselpersonen<br />

aus dem jeweiligen Stadtquartier mit<br />

Kenntnissen aus dem Umfeld der älteren<br />

Migranten_innen. Zum anderen fanden<br />

kurze Passantenefragungen mit zumeist<br />

deutschen Bewohner_innen an unterschiedlichen<br />

Orten des Stadtquartiers statt. Direkte<br />

Befragungen von älteren Migranten_ innen<br />

36 Haus NOAH


44<br />

Untersuchungsräume und Methode<br />

Auswahl der Fallstudien<br />

25<br />

sind nur möglich, wenn die nötige Sprachkenntnis<br />

vorhanden ist. (Janssen, Gestring,<br />

Polat 2006) Die Vorbereitung von bilingualen<br />

Interviews hätte den Zeit- und Finanzrahmen<br />

einer solchen Arbeit überstiegen.<br />

Gespräche mit Experten_innen<br />

Für die Gespräche mit Experten_innen<br />

wurde aus zwei verschiedenen Personengruppen<br />

gewählt. Der ersten Gruppe<br />

gehören die Ansprechpartner_innen und<br />

Projektbeteiligten der Modellvorhaben an.<br />

Die zweite Gruppe besteht aus Personen<br />

mit langjähriger Erfahrung bezüglich der älteren<br />

Migranten_innen in den untersuchten<br />

Stadtquartieren. Die Gespräche mit den<br />

Experten_innen fanden mit Hilfe eines Gesprächsleitfadens<br />

statt. Dieser bestand<br />

aus sechs Fragen und drei Frageschwerpunkten<br />

(siehe Anhang):<br />

- Beteiligung der älteren Migranten_innen<br />

am Modellvorhaben<br />

- Situation der älteren Migranten_innen im<br />

Stadtquartier<br />

- Verhältnis zu Deutschland und ihrem<br />

Herkunftsland<br />

Die Fragen dienten als Leitfaden für offene<br />

Gespräche mit den Experten_innen. Die<br />

Eindrücke und Auswertungen fließen in<br />

die Beschreibungen der Fallstudien ein.<br />

Eine quantitative Darstellung dieser findet<br />

nicht statt. Die Dauer betrug zwischen 45<br />

und 90 Minuten. Insgesamt wurden zehn<br />

Gespräche mit Experten_innen geführt.<br />

Jedes Interview wurde mit einem Diktiergerät<br />

aufgenommen.<br />

Passantenbefragungen<br />

Es wurden ausschließlich Befragungen<br />

mit Passanten_innen einer vom Autor geschätzten<br />

höheren Altersgruppe geführt.<br />

Die Befragungen erwiesen sich grundsätzlich<br />

als schwierig. Ältere Menschen<br />

sind gegenüber jüngeren Interviewern<br />

eher zurückhaltend und skeptisch. Zusätzlich<br />

erwies sich das heiße Sommerklima<br />

während der Bestandsaufnahme als<br />

schwere Herausforderung für die älteren<br />

Bewohner_innen. Ältere Migranten_innen<br />

weigerten sich, bis auf wenige Ausnahmen,<br />

wegen geringer Deutschkenntnisse<br />

an den Interviews teilzunehmen.<br />

Die Fragen an die Passanten_innen wurden<br />

den Themenschwerpunkten des Forschungsfeldes<br />

angepasst und bezogen sich<br />

auf ihre Wohnsituation, ihre Einschätzung<br />

des Freiraums, der vorhandenen infrastrukturellen<br />

Versorgung und ihrem Verhältnis zu<br />

den älteren Migranten_innen. Für die Befragung<br />

von älteren Migranten_innen standen<br />

drei spezifische Zusatzfragen zur Verfügung.<br />

Insgesamt wurden 32 Passanten in den drei<br />

Fallstudien befragt. Die Interviews wurden<br />

mit Hilfe eines Fragebogens (siehe Anhang)<br />

durchgeführt und dauerten in der Regel jeweils<br />

rund zehn bis fünfzehn Minuten. Mehrfachantworten<br />

waren möglich, so dass sich<br />

manche Befragungen zu längeren Gesprächen<br />

entwickelten. Eine tabellarische Auswertung<br />

der Passantenbefragungen ist im<br />

Anhang dieser Arbeit beigefügt. (siehe Anhang)


Untersuchungsräume und Methode<br />

Zusammenfassung<br />

45<br />

4 Zusammenfassung<br />

Das ExWoSt-Forschungsfeld ‚Innovationen<br />

für familien- und altengerechte Stadtquartiere‘<br />

fördert Modellvorhaben in Stadtquartieren<br />

mit einem hohen Anteil an jungen<br />

Familien und älteren Menschen. Die in<br />

Zukunft wichtige Bevölkerungsgruppe der<br />

älteren Migranten_innen ist bisher nur an<br />

einem Projekt und nur in einem Themenschwerpunkt<br />

im Fokus. Die Auswahl von je<br />

einem Modellvorhaben in den drei Themenschwerpunkten<br />

‚Gemeinschaftseinrichtungen<br />

im Quartier‘, ‚Gestaltung urbaner<br />

Freiräume‘ und ‚Attraktives Wohnen im<br />

Alter‘ ermöglicht es, die Belange der älteren<br />

Migranten_innen aus mehreren Blickwinkeln<br />

zu untersuchen. Es gilt festzustellen,<br />

welche spezifischen Lebensinteressen die<br />

verschiedenen älteren Migrantengruppen<br />

haben und welche Anforderungen sie an<br />

ein Stadtquartier stellen.<br />

Die statistische Auswertung der Modellvorhaben<br />

zeigt, dass viele Stadtquartiere<br />

von einer beträchtlichen Anzahl älterer<br />

Ausländer_innen und Migranten_innen bewohnt<br />

werden. Die stadtplanerischen Kriterien<br />

wiederum zeigen, dass Stadtquartiere<br />

mit einer hohen Anzahl an Ausländer_innen<br />

und Migranten_innen eher zu den sozial benachteiligten<br />

Stadtquartieren gehören und<br />

daher meist eine negative Außenwirkung<br />

ausstrahlen.<br />

Ein guter Datenzugang war nur bei wenigen<br />

Stadtquartieren vorhanden, vor allem<br />

bezüglich der Angaben von Personen mit<br />

Migrationshintergrund. In den Forschungsberichten<br />

der Modellvorhaben konnte schon<br />

im Vorfeld herausgelesen werden, dass wenige<br />

Stadtquartiere die älteren Migranten_<br />

innen als eigenständige Bevölkerungs -<br />

gruppe wahrnehmen.<br />

Die Stadtquartiere Neue Vahr Nord in Bremen,<br />

Nauener Platz in Berlin-Wedding und<br />

die Pfingstweide in Ludwigshafen werden<br />

als Fallstudien untersucht.<br />

Die in Bremen dominierende Gruppe der<br />

älteren Spätaussiedler_innen wird mit der<br />

Gruppe der älteren türkischen Migranten_<br />

innen in Berlin verglichen. In Ludwigshafen<br />

überwiegt keine Migrantengruppe, was<br />

einen Vergleich mit zwei über viele Jahre<br />

gewachsenen ethnischen Kolonien zulässt.<br />

Die öffentlichen Räume werden mit einer<br />

stadtplanerischen Bestandsaufnahme untersucht.<br />

Mit Experteninterviews ist es<br />

möglich, einen genaueren Einblick in die<br />

Situation der älteren Migranten_innen und<br />

ihre Beteiligung an den Modellvorhaben zu<br />

bekommen. Geführte Passantenbefragungen<br />

ermöglichen die Meinung der älteren<br />

Bewohner_innen zu den hier relevanten<br />

Themenschwerpunkten bezüglich der<br />

städtebaulichen Situation und den älteren<br />

Migranten_innen zu erfahren. Die Auswertungen<br />

der Gespräche werden in die Bestandsanalyse<br />

und in die Bewertung der<br />

Stadtquartiere einfließen.


IV A Fallstudie<br />

Neue Vahr Nord, Bremen<br />

‚Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier –<br />

Umbau sozialer Infrastruktur‘<br />

1 Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Vorgehensweise<br />

Die Analyse des Modellvorhabends ‚Familien-<br />

und Quartierszentrum‘ auf der<br />

Neuen Vahr Nord in Bremen basiert auf<br />

vier Schritten. In einem ersten Schritt wurden<br />

die bestehenden Statistiken, Vor- und<br />

Zwischenberichte sowie weitere Informationen<br />

und Presseartikel zu dem Projekt<br />

studiert. Im zweiten Schritt fand die städtebauliche<br />

Begehung des gesamten<br />

Stadtquartiers statt. Mit Hilfe von Beobachtungen<br />

entstanden Notizen und Informationen<br />

zur älteren Bevölkerung, der<br />

Gebäudestruktur, Freiraum, Verkehr und<br />

vordergründig der Infrastruktur. In der dritten<br />

Phase fanden Gespräche mit zumeist<br />

älteren deutschen Bewohner_innen statt:<br />

Insgesamt zehn Gespräche mit je fünf<br />

Frauen und Männern. Das Durchschnittsalter<br />

der Befragten betrug 72 Jahre und<br />

ihre Durchschnittswohndauer auf der<br />

Neuen Vahr Nord 32,7 Jahre. Im letzten<br />

Schritt haben Gespräche mit Experten_<br />

innen des Stadtquartiers stattgefunden.<br />

Der Quartiermanager und Ansprechpartner<br />

des Modellvorhabends Herr Stöver war der<br />

erste Gesprächspartner. Er lebt seit vielen<br />

Jahren auf der Neuen Vahr und ist selbst<br />

mit einer Spätaussiedlerin verheiratet. Der<br />

Pastor der evangelischen Kirchengemeinde<br />

Herr Krauss erlebt seit einem Jahr die älteren<br />

Migranten_innen des Stadtquartiers in<br />

seiner Messe und bei vielen Hausbesuchen.<br />

Die Leiterin des Altenpflegedienstes<br />

ADVERTUS Frau Kuse engagiert sich seit<br />

vielen Jahren ehrenamtlich in zwei Nachbarschaftstreffs<br />

im Stadtquartier. Ihr Pflegedienst<br />

leistet durch ihre Mitarbeiter_innen


48 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Stadtquartier<br />

Neue Vahr Nord<br />

Hauptbahnhof<br />

25<br />

37 38<br />

37 Stadtplan Bremen<br />

38 Neue Vahr Nord 1965<br />

39 Städtebauliche Struktur<br />

Neue Vahr Nord<br />

mit Migrationshintergrund eine kultursensible<br />

Altenhilfe. Sie haben Zugang zu vielen<br />

Wohnungen älterer Migranten_innen in der<br />

Neuen Vahr Nord.<br />

Quartiersgeschichte<br />

Die Kriegszerstörungen nach dem zweiten<br />

Weltkrieg führten in Bremen zu einem Mangel<br />

an 30.000 Wohnungen. Die stadteigene<br />

Wohnungsbaugesellschaft GEWOBA entschied<br />

sich zum Bau von Wohnungen ‚auf<br />

der grünen Wiese‘, außerhalb des ursprünglichen<br />

Stadtkerns. Diese bot den<br />

Planern in Bremen die Möglichkeit eine<br />

‚neue‘ Stadt nach den theoretischen Prinzipien<br />

der Moderne zu bauen. In den Jahren<br />

1954 bis 1957 plante und erbaute der<br />

Stadtplaner Ernst May zunächst nach der<br />

„Gartenstadtidee“ von Howard die „Wohnund<br />

Schlafsiedlung“ Gartenstadt Vahr. Die<br />

Neue Vahr sollte nach dem Modell einer<br />

weiterentwickelten „Gartenstadt“ entstehen,<br />

wie sie Le Corbusier in der Charta von<br />

Athen propagierte. Der von der Soziologie<br />

entwickelte Nachbarschaftsgedanke wurde<br />

hier durch die Trennung der Funktionen<br />

von Wohnen, Erholen, Verkehr und Arbeit<br />

ergänzt. Alle Einrichtungen die Bewohner_<br />

innen für den Alltag benötigen, sollten zu<br />

Fuß erreicht werden können. Die Errichtung<br />

der Neuen Vahr folgte in den Jahren 1957<br />

und 1963 und bot den Bremer Bewohnern<br />

über 10.000 neue Wohnungen. Die entstehenden<br />

Hochhäuser sollten bunte Fassaden<br />

erhalten und „den Optimismus einer<br />

neuentstandenen und immer stärker werdenden<br />

Arbeiterbewegung nach dem<br />

Kriege demonstrieren“. (www.bremen.de<br />

2003; ksa.schule.bremen.de)<br />

Städtebauliche Situation<br />

Die Neue Vahr Nord liegt im Osten der Stadt<br />

Bremen. Das Stadtquartier ist räumlich im<br />

Stadtkörper eingebettet, aber die umgebende<br />

bauliche Situation trennt es vom Rest<br />

der Stadt. Im Osten grenzt das Stadtquartier<br />

an die Autobahn A27, im Süden an die<br />

stark befahrenen Autobahnzubringerstraßen<br />

Richard-Boljahn-Allee und im Westen<br />

an die Bürgermeister-Spitta-Allee. Im Norden<br />

erstreckt sich über die gesamte Länge<br />

des Stadtquartiers ein Golfplatz.


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

49<br />

39<br />

3<br />

1<br />

5<br />

August-Bebel-Allee<br />

3<br />

Paul-Singer-Straße<br />

Karl-Kautsky-Straße<br />

4<br />

2<br />

Carl-Severing-Straße<br />

2<br />

5<br />

Richard-Boljahn-Allee<br />

2<br />

1<br />

1<br />

1<br />

Berliner Freiheit<br />

2<br />

Alvar-Aalto-Hochhaus<br />

3<br />

Kleines Nachbarschaftszentrum<br />

4<br />

Spar-Markt<br />

5<br />

Plus<br />

1<br />

Familien- und Quartierszentrum<br />

2<br />

Leerstehende Schule<br />

1<br />

Vahrer See<br />

2<br />

Naherholungsfläche<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Golfplatz<br />

Hippodrom<br />

Schrebergartenanlage<br />

4<br />

100m


50 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Neue Vahr<br />

Nord<br />

4 5<br />

1 2 3<br />

Neue Vahr<br />

Südwest<br />

Neue Vahr<br />

Südost<br />

25<br />

40 41<br />

40 Orientierungsplan Neue<br />

Vahr<br />

41 Alvar Aalto Hochhaus<br />

Der Stadtteil Vahr ist in vier Ortsteile aufgeteilt:<br />

Gartenstadt Vahr, Neue Vahr Nord,<br />

Neue Vahr Südwest und Neue Vahr Südost.<br />

Das Herzstück und bekannteste Bauwerk<br />

der Neuen Vahr ist das mittlerweile<br />

denkmalgeschützte 22 stöckige Alvar-Aalto-Hochhaus.<br />

Am Fuße des Hochhauses<br />

befindet sich noch heute die ‚Berliner Freiheit‘<br />

– ein 1950er Jahre Einkaufszentrum,<br />

das mit dem Namen die Solidarität der<br />

Stadt Bremen mit der geteilten Hauptstadt<br />

versinnbildlichen sollte. (www.bremen.de)<br />

Die Neue Vahr ist außerdem in fünf Nachbarschaften<br />

untergliedert. Die Nachbarschaft<br />

eins befindet sich im Ortsteil<br />

Südwest, die Abschnitte zwei und drei sind<br />

im Ortsteil Südost zusammengefasst. Die<br />

Neue Vahr Nord besteht aus den Nachbarschaften<br />

vier (West) und fünf (Ost).<br />

Am nördllichen Rand des Stadtquartiers an<br />

der Paul-Singer-Straße stehen zweigeschossige<br />

Einfamilienhäuser in Reihenhausbauweise.<br />

Diese erstrecken sich über<br />

die Gustav-Radbruch-Straße. Eine Besonderheit<br />

im Stadtquartier ist eine große<br />

Schrebergartenanlage im Osten der Nachbarschaft<br />

fünf. Die ‚grüne‘ Anlage dient<br />

Städtebaulich als Puffer zwischen der<br />

Wohnbebauung und der angrenzenden<br />

Autobahn. Das gesamte Stadtquartier ist<br />

hauptsächlich geprägt von drei- bis achtgeschossigen<br />

Mehrfamilienhäusern. In der<br />

Mitte der Nachbarschaften befinden sich<br />

die niedrigeren Gebäude und an den äußeren<br />

Bereichen, angrenzend an die Verkehrsstraßen<br />

stehen die höheren Gebäude.<br />

Drei 18-geschossige Hochhäuser sollen<br />

die Monotonie der Gebäudeanordnung<br />

auflockern und den Bewohner_innen eine<br />

Orientierungsmöglichkeit bieten. Die Gebäude<br />

dienen in ihrer Funktion fast ausschließlich<br />

dem Wohnen. Die<br />

Erdgeschosswohnungen haben aber anders<br />

als bei den Vorgärten der Reihenhäuser<br />

keinen direkten Zugang zu den<br />

vorhandenen Grünanlagen.<br />

Ein erstes Anzeichen für die in den Gesprächen<br />

berichteten sozialen Schwierigkeiten<br />

der Bewohner_innen äußert sich räumlich<br />

in der Nachbarschaft vier. Der Wohnbe-


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

51<br />

42 43<br />

reich am Schulgelände unterscheidet sich in<br />

der Gebäudestruktur von den anderen Bereichen<br />

des Stadtquartiers. Die hier stehenden<br />

Grundschulgebäude wurden aufgegeben<br />

und die Schule geschlossen. Die Auflösung<br />

wurde nötig, da durch eine freie Schulwahl<br />

in Bremen im letzten Jahr nur 18 Schüler angemeldet<br />

wurden. Die Eltern nahmen in Kauf<br />

ihre Kinder in entferntere Schulen zu fahren.<br />

Der Ruf der Schule war angesichts des<br />

hohen Ausländeranteils unter den Schülern<br />

sehr negativ. Ein kleiner Teil der Gebäude<br />

und des Geländes wurde von der Freien<br />

evangelischen Bekenntnisschule Bremen<br />

erworben und eingezäunt. Die restlichen<br />

noch leerstehenden Gebäude wurden auf<br />

Grund von Vandalismus im Fensterbereich<br />

mit Holztafeln verbarrikadiert. Die nach<br />

Schließung der Schule gebaute Skateanlage<br />

für Jugendliche ist ebenfalls von Zerstörung<br />

betroffen. Im Gegensatz zum Freiraum des<br />

restlichen Stadtquartiers ist der gesamte<br />

Außenraum des Schulgeländes verdreckt<br />

und die Grünanlagen ungepflegt.<br />

Die neue Schule besitzt eine Kaufoption auf<br />

das restliche brachliegenden Gelände. Dies<br />

führt dazu, dass weder GEWOBA noch die<br />

Stadt eine Restaurierung des bestehenden<br />

Geländes in Betracht ziehen, bis das weitere<br />

Vorgehen der evangelischen Bekenntnisschule<br />

entschieden ist. Jugendliche und<br />

andere zumeist arbeitslose Bewohner „lungern<br />

hier rum“, wodurch Konflikte mit den<br />

umliegenden Bewohnern_innen entstehen.<br />

Zudem sorgt das am Eingang des Stadtquartiers<br />

liegende Gelände für eine negativen<br />

Außenwirkung.<br />

42 Fünfgeschissiges<br />

Mehrfamilienhaus<br />

43 Dreigeschossiges<br />

Mehrfamilienhaus


52 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Ältere Migranten_innen in der Neuen Vahr Nord<br />

25<br />

44 45<br />

44 Reihenhäuser an der<br />

Paul-Singer-Straße<br />

45 Reihenhäuser<br />

2 Ältere Migranten_innen in<br />

der Neuen Vahr Nord<br />

2.1 Lebenslage<br />

Demografische Daten<br />

In der Neuen Vahr Nord leben insgesamt<br />

8068 Menschen. Die zwei größten Bevölkerungsgruppen<br />

sind die älteren Bewohner_innen<br />

über 65 Jahre (21,5 Prozent) und<br />

die Bewohner_innen mit Migrationshintergrund<br />

(54,5 Prozent). Bis heute bestehen<br />

noch 700 Erstverträge mit Bewohner_innen<br />

der ersten Stunde. Sie leben seit über 50<br />

Jahren in der Neuen Vahr Nord und werden<br />

als „Vahraonen“ bezeichnet. Von den Bewohner_innen<br />

über 65 Jahren leben 40<br />

Prozent in Einpersonen- und 52,5 Prozent<br />

in Zweipersonenhaushalten. (Amt für soziale<br />

Dienste, Bremen 2008)<br />

Der Anteil der Ausländer_innen beträgt<br />

18,68 Prozent. Der hohe Anteil an Bewohner_innen<br />

mit Migrationshintergrund lässt<br />

sich mit den rund 24,9 Prozent Spätaussiedler_innen<br />

aus den ehemaligen Ostblockstaaten<br />

begründen. Bewohner_innen<br />

mit türkischem (7,4 Prozent) oder afrikanischem<br />

(4,5 Prozent) Migrationshintergrund<br />

sind in geringerer Anzahl im Stadtquartier<br />

vertreten. (Statistisches Landesamt Bremen<br />

2006)<br />

Rund fünf Prozent der älteren Bewohner_<br />

innen über 65 Jahren im Stadtquartier sind<br />

Migranten_innen. Die Bevölkerung der<br />

Neuen Vahr Nord wird in Zukunft vor allem<br />

von Personen mit Migrationshintergrund<br />

bewohnt sein, wie die 76,1 Prozent Migranten_innen<br />

unter 18 Jahren zusätzlich<br />

verdeutlichen. (Statistischen Landesamt<br />

Bremen 2006)<br />

Gesundheitliche Lage<br />

Der Pflegedienst ADVERTUS stellen fest,<br />

dass die älteren Migranten_innen kaum<br />

Zugang zu den Angeboten des deutschen<br />

Gesundheitssystems haben. Viele wissen<br />

nicht was ihnen per Gesetz zusteht. Die<br />

meisten älteren Bewohner_innen erhalten<br />

Hilfe aus ihren Familienverband. Dies ist<br />

bei älteren Spätaussiedler_innen und türki-


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Ältere Migranten_innen in der Neuen Vahr Nord<br />

53<br />

46 47<br />

schen Migranten_innen ähnlich. Aber auch<br />

in der Neuen Vahr Nord bestätigt sich zunehmend,<br />

was in Kapitel II als Pflegeillusion<br />

bezeichnet wird. Schon jetzt sind im<br />

Stadtquartier viele ältere Migranten_innen<br />

auf die Hilfe von Pflegediensten angewiesen.<br />

Besonders die älteren Spätaussiedler_innen<br />

verweigern die Annahme der<br />

vorhandenen Angebote aufgrund ihres<br />

Argwohns gegenüber Pflegediensten.<br />

Ökonomische Situation<br />

Der Arbeitslosenanteil liegt im Stadtquartier<br />

bei 26,2 Prozent und ist damit um 8,5<br />

Prozent über dem städtischen Wert. Das<br />

neue Arbeitslosengeld II beziehen 27,8<br />

Prozent der Bewohner. Von den Kindern<br />

haben 55,8 Prozent mindestens einen Elternteil,<br />

der von Hartz IV lebt. Vor allem die<br />

Gruppe der Migranten_innen ist von Arbeitslosigkeit<br />

und Armut betroffen. (Amt für<br />

soziale Dienste, Bremen 2008) In der Evaluierung<br />

‚Integriertes Handlungskonzept<br />

Neue Vahr‘ bezüglich des Programmes<br />

‚Wohnen in Nachbarschaften‘ in der Neuen<br />

Vahr Nord wurden auf Basis von statistischen<br />

Daten grafische Karten erstellt. In<br />

diesen wird ersichtlich, dass in den Bereichen<br />

des Stadtquartiers mit hohem Anteil<br />

an Menschen mit Migrationshintergrund<br />

auch diejenigen wohnen, die von Arbeitslosengeld<br />

II leben. (IWS, proloco 2006: 11) In<br />

den Gesprächen mit den Experten_innen<br />

wird bestätigt, dass besonders die älteren<br />

Spätaussiedler_innen in Armut leben. Viele<br />

von ihnen haben noch nie in Deutschland<br />

gearbeitet und leben entweder von Hartz<br />

IV oder haben eine geringe Rente. Eine<br />

Folge hiervon ist ein geringer sozialer Kontakt<br />

zu anderen Bewohner_innen. Die wenigsten<br />

können sich den Besuch im Café<br />

oder die Mitgliedschaft in einem Verein<br />

leisten. Manche greifen zum Alkohol und<br />

andere vereinsamen mit steigendem Alter<br />

immer mehr.<br />

Sprachkenntnisse der Spätaussiedler_innen<br />

Die Experten_innen berichten, dass die älteren<br />

Spätaussiedler_innen in der Neuen<br />

Vahr Nord geringe Deutschkenntnisse<br />

haben. Viele können nur ihre Mutterspra-<br />

46 Einkaufszentrum<br />

Berliner Freiheit<br />

47 Leerstehende Grundschule


54 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Ältere Migranten_innen in der Neuen Vahr Nord<br />

che und aufgrund geringer Bildung fällt vielen<br />

das Erlernen einer neuen Sprache<br />

schwer. Im Stadtquartier hat vor allem die<br />

zugezogene Gruppe der Spätaussiedler_<br />

innen mit jüdischem Glauben geringe<br />

Deutschkenntnisse. In einigen Aspekten<br />

dieser Arbeit wird deutlich, dass sich diese<br />

geringe Sprachkompetenz negativ auf ihre<br />

Lebenslage auswirkt.<br />

2.2 Bezug zum Stadtquartier<br />

25<br />

48 Neungeschossiges<br />

Hochhaus an der<br />

Karl-Kautsky-Straße<br />

Ethnische Kolonie<br />

Die älteren Migranten_innen leben vermehrt<br />

in den Mehrfamilienhäusern der<br />

Nachbarschaft fünf. Die älteren deutschen<br />

Menschen wohnen hingegen vermehrt in<br />

den Reihenhäusern. Aufgrund der grafischen<br />

Karten kann vermutet werden, dass<br />

in Nachbarschaft fünf rund 30 Prozent an<br />

älteren Bewohnern und rund 45 Prozent an<br />

Menschen mit Migrationshintergrund<br />

leben. In Nachbarschaft vier sind die Migranten_innen<br />

jünger und in größerer Anzahl<br />

vertreten. (IWS; proloco 2006: 10) Die Experten<br />

bestätigen, dass sich die unterschiedlichen<br />

Migrantengruppen wiederum<br />

in einzelnen Häusern oder Straßenzügen<br />

konzentrieren. Ein Beispiel hierfür ist die<br />

Carl-Severing-Straße in der Nachbarschaft<br />

vier in der vermehrt Spätaussiedler wohnen.<br />

Das Stadtquartier ist durch die baulichen<br />

Situation von den anderen Bewohner_<br />

innen der Stadt als „Ghetto“ stigmatisiert.<br />

Diese Außenwirkung ist beispielhaft für<br />

Stadtquartiere mit räumlich segregierten<br />

ethnischen Gruppen einer schwachen sozialen<br />

Schicht. (IWS; proloco 2006: 10)<br />

48<br />

Rückkehrwillen<br />

Bei den älteren türkischen Migranten_innen<br />

und den anderen älteren Gastarbeiter_<br />

innen in der Neuen Vahr Nord bestätigen<br />

sich die in Kapitel II beschriebenen Auswirkungen<br />

des verpassten Migrationsziels<br />

und der daraus folgenden Rückkehrillusion.<br />

Die Experten sagen aus, dass diese<br />

Bevölkerungsgruppen an psychischen<br />

Problemen leiden und auf Pflege angewiesen<br />

sind.<br />

Die älteren Spätaussiedler_innen litten in<br />

ihrer Heimat zum Teil unter Verfolgung oder<br />

schweren Lebensbedingungen. Sie berichten<br />

von ihrer großen Armut und der schwerer<br />

körperlicher Arbeit in Herkunftsländern<br />

wie Kasachstan oder Sibirien. Trotz der negativen<br />

Erfahrungen aus der Heimat haben<br />

die älteren Spätaussiedler_innen zu ihrer<br />

Kultur, dem Essen und wie schon berichtet<br />

zur Sprache eine große Verbundenheit.<br />

Viele von ihnen haben einen Satellitenanschluss<br />

mit dem sie ausschließlich russisches<br />

Fernsehen empfangen.


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Ältere Migranten_innen in der Neuen Vahr Nord<br />

55<br />

49 50<br />

2.3 Verhältnis zur Deutschen<br />

Gesellschaft<br />

Die älteren Spätaussiedler_innen sind eher<br />

zurückhaltend und verschlossen. Sie<br />

möchten im Stadtquartier wenig auffallen<br />

und trauen sich nicht, Kontakte mit deutschen<br />

Bewohner_innen aufzubauen. Die<br />

Experten_innen bestätigen, dass die älteren<br />

Spätaussiedler_innen kaum Kontakte<br />

zu den deutschen Bewohner_innen haben.<br />

Sie stellen fest, dass die älteren türkischen<br />

Migranten_innen ein besseres Verhältnis<br />

zu den Deutschen unterhalten. Der Grund<br />

hierfür soll die bessere Sprachkenntnis der<br />

älteren türkischen Migranten_innen sein.<br />

Die älteren deutschen Bewohner_innen<br />

äußern sich in den geführten Passantengesprächen<br />

eher negativ zum Verhältnis zu<br />

den Bewohner_innen mit Migrationhintergrund.<br />

Obwohl die Mehrzahl der Befragten<br />

angibt keinen Kontakt zu Migranten_innen<br />

im Stadtquartier zu haben. Vor allem ihr<br />

Verhältnis zu den Spätaussiedler_innen ist<br />

getrübt. Negative Äußerungen gegenüber<br />

der Gruppe der türkischen Migraten_innen<br />

sind hingegen keine gefallen. Es bestehen<br />

Konflikte zu den jüngeren „Russen“ und zu<br />

den älteren „russischen“ Männern. Sie sollen<br />

auf den Bänken vor den Häusern „rumlungern“<br />

und alles verdreckt hinterlassen.<br />

Abends sei es laut und viele ältere deutsche<br />

Bewohner_innen fühlten sich hierdurch<br />

bedroht. Einige Bewohner_innen<br />

äußern sich erfreut darüber, dass bei ihnen<br />

im Haus keine „Russen“ wohnen. Früher<br />

sei es besser gewesen, da die ersten Gastarbeiter<br />

„dynamisch waren und arbeiten<br />

wollten“. (siehe Auswertung, Anhang)<br />

Die Experten_innen vermuten, dass die<br />

Spätaussiedler_innen aufgrund der Verfolgungen<br />

und Unterdrückung im Herkunftsland<br />

Misstrauen gegenüber staatlichen<br />

Stellen in Deutschland haben. Dabei trennen<br />

sie nicht zwischen kommunalen Behörden,<br />

der Kirche oder einem Altenpflegedienst. Sie<br />

haben Angst vor einer Benachteiligung durch<br />

die Annahme von staatlicher Hilfe. Vor allem<br />

die Altenpflegeeinrichtungen berichten, dass<br />

sie mit dieser Zurückhaltung von Seiten der<br />

Spätaussiedler_innen kämpfen.<br />

49 Bach in Nachbarschaft 5<br />

50 See in Nachbarschaft 4 an<br />

der Karl-Kautsky-Straße


56 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

51<br />

2<br />

1 1 3<br />

und Quartierszentrum‘ entwickelt. Es wird<br />

in den Räumen der Heilig-Geist-Kirche,<br />

eines Waschhauses der Wohnungsbaugesellschaft<br />

GEWOBA und dem angrenzenden<br />

Sparkassengebäude entstehen.<br />

(proloco, Glatthaar, Lehmann 2007: 3)<br />

25<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1<br />

2<br />

ev. Kirchengemeinde<br />

Waschhaus<br />

Sparkasse<br />

Spielplatz der Generationen<br />

August-Bebel-Kreisel<br />

51 Orientierungsplan<br />

Familien- und<br />

Quartierszentrum<br />

2<br />

3 ExWoSt – IFAS<br />

Modellvorhaben<br />

3.1 Familien- und<br />

Quartierszentrum<br />

Die im Auftrag der Stadt Bremen erstellte<br />

Evaluation ‚Integriertes Handlungskonzept<br />

Neue Vahr‘ bemängelt den „Abbau sozialer<br />

Infrastruktur im sozial schwächsten Ortsteil“<br />

(IWS, proloco 2006: 15). Die Nachbarschaft<br />

vier hebe sich ab, da hier eine<br />

„stärkere negative Ausprägung bei den<br />

statistischen Indikatoren wie niedrige<br />

Wohndauer, höherer Anteil von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund, sowie höherer<br />

Anteil von Sozialhilfeempfänger/innen besteht“<br />

(IWS, proloco 2006: 15). Das zuständige<br />

Quartiersmanagment hat nach dieser<br />

Beurteilung mehrere soziale Träger des<br />

Stadtquartiers eingeladen, um ein Konzept<br />

für ein neues Mehrgenerationenhaus zu erstellen.<br />

Das geplante Projekt wurde in der<br />

weiteren Bearbeitung zu einem ‚Familien-<br />

Daten und Fakten<br />

Der neue Standort des Familien- und Quartierszentrum<br />

befindet sich am Kreisel August-Bebel-Allee.<br />

Das Waschhaus wird<br />

umgebaut und um ein Geschoss aufgestockt.<br />

Hier soll ein Saal mit Balkon entstehen.<br />

Den beteiligten Trägern werden Räume<br />

zur Verfügung gestellt. Die Besonderheit<br />

hierbei ist ein geplantes Café mit Küche<br />

und ein Medienraum für die Installation von<br />

acht bis zehn Computern. Zusätzlich zur<br />

Erweiterung des Waschhauses stellt die<br />

Heilig–Geist–Kirche den bestehenden Saal<br />

und Gruppenräume aus dem Gemeindehaus<br />

zur Verfügung. In einem ehemaligen<br />

Sparkassenbüro bekommt eine ‚Krabbelgruppe‘<br />

ihren Raum. Ein ‚Spielplatz der<br />

Generationen‘ soll die bestehenden Gebäude<br />

verknüpfen. (proloco, Glatthaar,<br />

Lehmann 2007: 4)<br />

Finanziert wird das 1.100.000 € teure Projekt<br />

von der Wohnungsbaugesellschaft<br />

GEWOBA, aus dem ExWoSt Fördermitteln,<br />

aus dem Projekt ‚Soziale Stadt‘, von der<br />

Stiftung ‚Wohnliche Stadt‘, aus dem Impuls-Programm<br />

der Stadt Bremen und von<br />

der St. Petri Kinder- und Jugendhilfe. (Amt<br />

für soziale Dienste, Bremen 2008)<br />

Das Projekt setzt sich aus fünf Projektträgern<br />

zusammen:<br />

- Amt für Soziale Dienste Bremen, Haus<br />

der Familie Vahr<br />

- Heilig–Geist–Kirche der Evangelischen


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

57<br />

Kirchengemeinde in der Neuen Vahr<br />

- St. Petri Kinder- und Jugendhilfe,<br />

Förderwerk Bremen GmbH<br />

- Vacances GmbH, Mobiler Sozial- und<br />

Pflegedienst<br />

- Advertus GmbH & Co. KG, Pflege-,<br />

Senioren- und Familiendienste<br />

(Amt für soziale Dienste, Bremen 2008)<br />

Das Modellvorhaben gliedert sich in vier<br />

Projektbausteine. Die Erarbeitung eines<br />

neuen Trägermodells ermöglichte die Zusammenarbeit<br />

von verschiedenen Institutionen.<br />

Der Entwurf, die Planung und der<br />

Bau des Familien- und Quartierszentrums<br />

wurden mit Beteiligung der Bewohner_<br />

innen durchgeführt. Eine Innovation stellt<br />

der Medienraum dar. Dieser soll die Bewohner_innen<br />

des Stadtquartiers vernetzen<br />

und ihnen die Möglichkeit schaffen,<br />

Dienstleistungen über ein virtuelles<br />

Schwarzes Brett anzubieten. Auf dem<br />

neuen Bereich zwischen den Gebäuden<br />

entsteht ein ‚Spielplatz der Generationen‘<br />

vor allem für die älteren Bewohner_innen<br />

der Neuen Vahr Nord. (proloco, Glatthaar,<br />

Lehmann 2007: 3)<br />

3.2 Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

Die Bewohner_innen der Neuen Vahr Nord<br />

wurden zu einer Auftaktveranstaltung am<br />

8. April 2008 eingeladen. An dieser nahmen<br />

rund 70 Bewohner_innen teil und es<br />

wurden drei Arbeitsgruppen eingerichtet.<br />

Die Schwerpunkte der Arbeitsgruppen<br />

lagen in der Erarbeitung und Organisation<br />

des geplanten Cafés, des Medienraums<br />

und des Veranstaltungsraums. Die bisher<br />

52<br />

beteiligten Bürger sind fast ausschließlich<br />

deutscher Herkunft. Darüber hinaus gab es<br />

bisher keine Bürgerbeteiligung.<br />

Die Experten_innen im Stadtquartier äußern,<br />

dass sie große Schwierigkeiten<br />

haben, ältere Migranten_innen an der Erarbeitung<br />

des Projektes zu beteiligen. Zu der<br />

Gruppe der älteren Migranten_innen mit<br />

türkischem Migrationshintergrund besteht<br />

bisher kein Zugang. Es gebe kein vorhandenes<br />

Netzwerk und keine Anknüpfungspunkte.<br />

Zu den älteren Spätaussiedler_innen<br />

gibt es indirekte Kontakte über russischsprachige<br />

Multiplikatoren. Einige Beteiligte<br />

des Projektes haben einen Migrationshintergrund<br />

oder sind mit Migranten_innen<br />

verheiratet. Die Betroffenen selbst halten<br />

sich aufgrund Sprachunsicherheiten und<br />

dem Misstrauen gegenüber öffentlichen<br />

Trägern zurück. An der Heilig–Geist–Kirche<br />

sind bei den Messen viele ältere Spätaussiedler_innen<br />

anzutreffen. Der Versuch an<br />

sie heranzutreten, um sie in die bestehenden<br />

Angebote einzubinden, scheiterte bisher.<br />

52 Waschhaus


58 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

53 54<br />

53 Blick von der August-<br />

Bebel-Allee auf das<br />

zukünftige Familien- und<br />

Quartierszentrum,<br />

Computeranimation<br />

54 Zugang zum Waschhaus<br />

3.3 Angebote im Familienund<br />

Quartierszentrum<br />

Im Konzept für das Familien- und Quartierszentrum<br />

haben sich die beteiligten Träger<br />

das Ziel gesetzt „die Lebenssituation<br />

der Bewohnerinnen und Bewohner der<br />

Neuen Vahr Nord durch angemessene –<br />

auch Hilfs-Angebote zu verbessern und<br />

die Solidarität untereinander zu fördern“<br />

(proloco, Glatthaar, Lehmann 2007: 7). Das<br />

neuen Haus soll für alle Bewohner_innen<br />

jeden Alters und jeder Kultur offen sein und<br />

ihnen als Ort für „Unterstützung, Austausch,<br />

Begegnung, Beschäftigung, Bildung,<br />

Beratung und Integration“ (proloco,<br />

Glatthaar, Lehmann 2007: 7) dienen.<br />

Die erste Herausforderung gegenüber älteren<br />

Migranten_innen liegt darin, sie auf das<br />

Familien- und Quartierszentrum aufmerksam<br />

zu machen. Die neu geplanten und<br />

bestehenden Projekte sollen ihnen vorgestellt<br />

werden und sie im Idealfall an das<br />

Haus binden. Die Multiplikatoren_innen<br />

sollen mit ihrer Sprachkompetenz vermitteln<br />

und bei der Erarbeitung von passenden<br />

Angeboten mithelfen. Die zwei<br />

beteiligten Pflegedienste haben sich verpflichtet<br />

nicht kommerzielle Angebote für<br />

ältere Menschen anzubieten. (Amt für soziale<br />

Dienste, Bremen 2008)<br />

Die Bewohner_innen der Neuen Vahr Nord<br />

werden mit einer Fülle von Kursen gelockt.<br />

Für ältere Migranten_innen sind Sprachkurse<br />

und Gesprächskreise in den neuen<br />

Räumen geplant. Die neu geschaffenen<br />

Veranstaltungsräume möchte man zur Ausführung<br />

von Kulturveranstaltungen nutzen.<br />

(Amt für soziale Dienste, Bremen 2008)<br />

Das geplante Café und der Medienraum<br />

werden von den Trägern als wichtige Elemente<br />

genannt, um Angebote für ältere Migranten_innen<br />

auszuführen. So soll das<br />

neue Café als Treffpunkt für Jung und Alt<br />

jeder Kultur dienen. Mit niedrigen Preisen<br />

möchte man vor allem die sozial Schwächeren<br />

im Stadtquartier erreichen. Das Innovative<br />

am Familien- und Quartierszentrum<br />

stellt der Medienraum dar. Hier wird ein<br />

Computerkurs mit dem Schwerpunkt Internet<br />

angeboten. Dabei sollen die älteren<br />

Spätaussiedler_innen lernen, über Email


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

59<br />

und Chat mit ihren Verwandten in der Heimat<br />

zu kommunizieren. Ein Wunsch, der<br />

von Seiten der älteren Spätaussiedler_<br />

innen mehrfach geäußert wurde. Das Herzstück<br />

des Medienraums soll eine<br />

zweisprachige Tauschbörse werden. Diese<br />

soll die Stärken der älteren Migranten_<br />

innen nutzen. Die Träger stellen sich vor,<br />

dass jüngere Bewohner_innen handwerkliche<br />

Hilfe anbieten und im Gegenzug die<br />

älteren Bewohner_innen auf ihre Kinder<br />

aufpassen. (Amt für soziale Dienste, Bremen<br />

2008)<br />

3.4 Infrastrukturelle<br />

Versorgung<br />

Öffentliche Programme und Angebote<br />

Die Neue Vahr wird auf unterschiedlichen<br />

Ebenen von drei sozialen Programmen finanziell<br />

gefördert. Die Mittel werden entsprechend<br />

der Projekte auf die einzelnen<br />

Nachbarschaften verteilt. Die Neue Vahr<br />

Nord stellt einen Schwerpunkt der Förderung<br />

dar. Das Bundesprogramm ‚Soziale<br />

Stadt‘ unterstützt in mehreren Bereichen<br />

im Stadtquartier Projekte zur städtebaulichen<br />

Aufwertung. Die Stadt Bremen unterstützt<br />

dies mit dem Programm ‚Wohnen in<br />

Nachbarschaften (WiN)‘. Ein Quartiersmanager<br />

soll Träger in 1960- und 1970er Jahre<br />

Stadtquartieren vernetzen, finanzielle Mittel<br />

aus unterschiedlichen Projekten kombinieren<br />

und das Bürgerengagement und die<br />

Bürgerbeteiligung steigern helfen. Das<br />

Programm ‚LOS -Lokales Kapital für soziale<br />

Zwecke‘ ist aus dem Europäischen Sozialfonds<br />

der Europäischen Union finanziert.<br />

Unterstützung finden Stadtteile, die als soziale<br />

Brennpunkte gelten um soziale und<br />

beschäftigungswirksame Potenziale zu aktivieren.<br />

Insgesamt werden durch die bereitgestellten<br />

Gelder gleichzeitig bis zu 27<br />

Projekte in der Neuen Vahr finanziert und<br />

gefördert. (Amt für soziale Dienste, Bremen<br />

2008)<br />

In den Expertengesprächen wurde geäußert,<br />

dass sich das Bürgerzentrum an der<br />

Berliner Freiheit um die Bewohner_innen<br />

der Neuen Vahr mit türkischem Migrationshintergrund<br />

bemüht. Erwähnenswert ist ein<br />

Gymnastikkurs für ältere Frauen. Dieser<br />

war ursprünglich für alle älteren Frauen gedacht,<br />

ist aber mittlerweile nur von älteren<br />

türkischen Migrantinnen besucht. Das Bürgerzentrum<br />

versucht zudem mit Sprachförderkursen<br />

die älteren Migranten_innen im<br />

Stadtquartier durch eine bessere Sprachkenntnis<br />

zu integrieren.<br />

Ein weiteres Projekt um den älteren Migranten_innen<br />

ein Treffpunkt im Gemeindehaus<br />

zu bieten hatte weniger Erfolg. Der<br />

‚Fastumsonstladen‘ war als Flohmarkt gedacht.<br />

Bewohner_innen haben Bücher, Gegenstände<br />

oder Haushaltswaren<br />

gespendet. Diese wurden dann im Gemeindehaus<br />

zu einem geringen Preis verkauft.<br />

Trotz einer zweisprachigen (Deutsch/<br />

Russisch) Werbeaktion kamen keine älteren<br />

Migranten_innen.<br />

Ehrenamtliche Projekte<br />

In der Neuen Vahr Nord gibt es drei Projektgruppen,<br />

die sich um die Belange der<br />

Gruppe der Spätaussiedler_innen kümmern.<br />

Die Gruppe ‚MUT–Unterstützung<br />

und Motivation tut gut‘ ist eine „Interessengemeinschaft<br />

von Zugewanderten, Einheimischen<br />

und Experten“, die sich mit dem<br />

Thema „Berufliche und soziale Integration


60 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

55 56<br />

55 Kleines Nachbarschaftszentrum<br />

in der<br />

Paul-Singer-Straße<br />

56 Innenansicht,<br />

Einkaufszentrum Berliner<br />

Freiheit<br />

von Aussiedlern“ auseinandersetzt (Vahr-<br />

Plan 2004/18: 6). Aus MUT wurden mehrere<br />

Personen mit einem akademischen<br />

Abschluss zu Multiplikatoren ausgebildet.<br />

Sie sollen bei den vielen Projekten im<br />

Stadtquartier vor allem mit ihrer Sprachkenntnis<br />

helfen. Der Verein ‚Familie im Hilfenetz‘<br />

hat das Projekt ‚IDAL‘ initiiert, um<br />

Menschen mit Behinderungen und russischem<br />

Migrationshintergrund zu unterstützen.<br />

Der Verein ‚Bremen.ru e.V., Sprachen<br />

– Kultur – Leben‘ verfolgt das Ziel, den<br />

Spätaussiedler_innen im Stadtquartier, Informationen-<br />

und Betreuungsmöglichkeiten<br />

zur sozialen Integration und<br />

Arbeitssuche in Deutschland aufzuzeigen<br />

und ihnen die Teilhabe am öffentlichen<br />

Leben in der Neuen Vahr zu ermöglichen.<br />

Ein Schwerpunkt liegt darin, russischsprachigen<br />

Akademiker_innen Wege ins Berufsleben<br />

in Deutschland aufzuzeigen.<br />

(VahrPlan 2006/30: 8)<br />

In den Nachbarschaften der Neuen Vahr<br />

und in der Gartenstadt Vahr organisieren<br />

Bewohner_innen regelmäßige Nachbarschaftstreffs.<br />

Hier sollen vor allem ältere<br />

Bewohner_innen angesprochen werden,<br />

wobei die älteren Migranten_innen nur selten<br />

teilnehmen. Ein spezielles Projekt in der<br />

Neuen Vahr Nord ist die Initiative ‚Mahl-<br />

Zeit‘. Das ‚The Cruise Cafe Hotel‘ in Bremen<br />

verteilt jeden Sonntag an der<br />

Heilig–Geist–Kirche kostenloses Essen für<br />

Kinder und Familien. Das Essen wird vom<br />

Hotel, den Lieferanten und ehrenamtlichen<br />

Bewohner_innen gesponsert. Bis zu 70<br />

Kinder und Erwachsene nehmen dieses<br />

Angebot wahr. Die Teilnehmer sind zum<br />

Großteil Spätaussiedler_innen. Das kostenlose<br />

Essen wird auch von älteren Migranten_innen<br />

in Anspruch genommen.<br />

(VahrPlan 2008/39: 7)<br />

Kommerzielle Angebote<br />

Die Versorgung der Bewohner_innen mit<br />

Dienstleistungen und Lebensmitteln in der<br />

Neuen Vahr Nord war bei der Planung mit<br />

den kleinen Nachbarschaftszentren und<br />

dem großen Zentrum mit der Berliner Freiheit<br />

und einem Marktplatz vorgesehen. Ein<br />

Nachbarschaftszentrum befindet sich an


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

61<br />

der Paul-Singer-Straße. Hier ist eine Versorgung<br />

mit Lebensmitteln wie ursprünglich<br />

vorgesehen nicht mehr gegeben. Die<br />

Lebensmittel- und Gemüsehändler haben<br />

sich verlagert. Die älteren Bewohner_innen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund in den<br />

Nachbarschaften vier und fünf kaufen<br />

daher bei der Berliner Freiheit ein. Am<br />

westlichen Rand des Stadtquartiers befinden<br />

sich zusätzlich zwei Supermärkte, welche<br />

die Bewohner_innen der Nachbarschaft<br />

vier versorgen.<br />

Die Berliner Freiheit wurde im Jahr 2003 zu<br />

einer modernen Einkaufsmall umgebaut.<br />

Hier sind bis zu 65 Läden vorhanden, vom<br />

Lebensmittelhandel (Extra, Aldi) bis zum<br />

Schuhladen (Deichmann) ist alles vorhanden<br />

was für die Versorgung der Bewohner_innen<br />

der Neuen Vahr notwendig ist.<br />

Der Umbau zu einer modernen ‚Einkaufsmall‘<br />

hat zu der Schwächung der kleinen<br />

Nachbarschaftszentren in der gesamten<br />

Vahr geführt.<br />

Die Pflegedienste Vacances und Advertus<br />

haben sich eine kultursensible Altenhilfe<br />

zum Ziel gesetzt. Dies leisten sie mit der<br />

Einstellung von Mitarbeiter_innen mit Migrationshintergrund.<br />

Sie informieren zudem<br />

über ihre Angebote mit Broschüren in türkischer<br />

und russischer Sprache. Wichtigste<br />

Hilfe ist zur Zeit die Unterstützung bei der<br />

Vorbereitung und Übersetzung während<br />

der medizinische Erstuntersuchung.<br />

57<br />

3.5 Wechselbeziehungen<br />

Freiraum<br />

Der Freiraum wird in der oben genannten<br />

Evaluation (IWS, proloco 2006: 7) als das<br />

positive Markenzeichen der Neuen Vahr<br />

Nord beschrieben. Gemeint sind die großzügigen,<br />

die Gebäude umgebenden Grünanlagen.<br />

Das Stadtquartier ist durchweg<br />

mit Wiesen und Bäumen bestückt. Zwischen<br />

den Gebäuden und auf den Wiesen<br />

befinden sich Spielplätze für die Kinder des<br />

Stadtquartiers. Die älteren Bewohner_innen<br />

nutzen die an den Wegen vereinzelt aufgestellten<br />

Sitzbänke. Die Wege werden gerne<br />

zum Spazieren und Radfahren genutzt. Der<br />

gepflegte Freiraum wird von der GEWOBA<br />

mit Hilfe über das Stadtquartier verteilten<br />

Hauswärtern gewährleistet. Die Bewohner_innen<br />

äußern sich sehr positiv über die<br />

Pflege der Grünanlagen durch die GE-<br />

WOBA. Der gepflegte Freiraum trägt zur<br />

Wohnzufriedenheit der Bewohner_innen im<br />

Stadtquartier bei. (siehe Auswertung, Anhang)<br />

57 Senioren_innen nach dem<br />

Einkauf in der Berliner<br />

Freiheit


62 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

58 59<br />

58 Brücke (Karl-Kautsky-<br />

Straße) über der<br />

Richard-Boljahn-Alee<br />

58 Alkoholisierte Männer<br />

am Vahrer See<br />

Eine Bereicherung des Freiraums ist der<br />

Vahrer See (Neue Vahr Südost) und die<br />

durch die neue Vahr Nord führenden Bäche<br />

die zum Rhododendronpark oberhalb des<br />

Golfplatzes führen. Der Vahrer See hat eine<br />

hohe Aufenthaltsqualität, wird aber von<br />

den Bewohner_innen der Neue Vahr Nord<br />

aufgrund der Entfernung wenig genutzt. In<br />

den Passantengesprächen wird zudem geäußert,<br />

dass sich am Vahrer See ältere<br />

Spätaussiedler treffen und sich alkoholisieren.<br />

Sie hielten sich als Gruppe dort auf,<br />

seien laut und würden die Anlagen mit Flaschen<br />

und Müll verschmutzen. Die befragten<br />

älteren Bewohner geben an, dass sie<br />

daher die Gehwege am Vahrer See nicht<br />

mehr zum Verweilen und Spazieren nutzen.<br />

Ebenso hielten sich ältere Spätaussiedler<br />

um die Berliner Freiheit, am Parkhaus und<br />

auf der Straße in stark alkoholisiertem Zustand<br />

auf. Während der Bestandsaufnahme<br />

konnten die beschriebenen Vorgänge an<br />

den jeweiligen Orten beobachtet werden.<br />

(siehe Auswertung, Anhang)<br />

Verkehr<br />

Das Straßennetz sei hingegen die negative<br />

Komponente des Stadtquartiers. (IWS;<br />

proloco 2006: 7) Die breiten Hauptstraßen<br />

in der Neuen Vahr werden von den Bewohner_innen<br />

als Trennung der einzelnen Ortsteile<br />

wahrgenommen. Der Ortsteil Nord<br />

wird von den südlichen Ortsteilen von der<br />

Richard-Boljahn-Straße getrennt. Diese<br />

stark befahrene Straße ist mit Hilfe einer<br />

Brücke überquerbar. Die Karl-Kautsky-<br />

Straße wird von Senioren_innen auf dem<br />

Weg zur Berliner Freiheit genutzt. Dieses<br />

Einkaufszentrum erreichen sie nur mit großer<br />

Anstrengung durch einen Umweg über<br />

Treppen und Rampen. Die Nachbarschaften<br />

vier und fünf sind von der Karl-Kautsky-<br />

Straße geteilt. Diese muss von den<br />

Bewohner_innen des Stadtquartiers befahren<br />

werden wenn sie mit dem PKW an ihre<br />

Häuser gelangen möchten. Fußgänger_<br />

innen können diese an zwei Stellen überqueren.<br />

Zum einen am Kreisverkehr an der<br />

Paul-Singer-Straße und zum anderen wenige<br />

Meter vor der Brücke. In den Beobachtungen<br />

der Straße zeigt sich, dass


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

63<br />

Bewohner_innen der Nachbarschaft vier,<br />

auf dem Weg zur Berliner Freiheit, diese<br />

trotz des starken PKW-Verkehrs wild überqueren.<br />

Wie beobachtet wurde, ist die Gefahr<br />

eines Unfalls auch beim Übergang am<br />

Kreisverkehr groß. Hier ist die Straße, ohne<br />

weitere Beschilderung, ausschließlich mit<br />

schmalen Streifen am Boden markiert.<br />

In den Wohnbereichen ist trotz der angrenzenden<br />

Autobahn kaum PKW lärm zu vernehmen.<br />

Dabei hilft, dass die Straßen in<br />

den Nachbarschaften als verkehrsberuhigte<br />

Zonen nur mit Tempo 30 befahrbar<br />

sind.<br />

Wohnen<br />

Die Gebäude aus den 1960er Jahren in der<br />

Neuen Vahr Nord sind nicht altengerecht.<br />

Viele Gebäude wurden in den letzten Jahren<br />

modernisiert, der Schwerpunkt lag hier<br />

aber beim Dämmen der Häuser, um den<br />

hohen Energieverbrauch zu senken. Ein<br />

Umbau zu altengerechten Gebäuden wäre<br />

mit hohen Kosten verbunden und stellt<br />

sich als sehr schwierig dar.<br />

Die erste Hürde für ältere Bewohner_innen<br />

in den Gebäuden sind die Aufzüge. Bei<br />

Mehrfamilienhäusern mit weniger als vier<br />

Geschossen sind keine Aufzüge vorhanden.<br />

In der Nachbarschaft fünf ist dies<br />

südlich der Heinrich-Schulz-Straße (k) der<br />

Fall. Hier leben bis zu 30 Prozent Bewohner_innen<br />

über 65 Jahren. Mehrfamilienhäuser<br />

mit mehr als vier Geschossen sind<br />

ebenfalls nicht altengerecht, obwohl Aufzüge<br />

vorhanden sind. Diese halten jeweils<br />

auf den halben Geschossen, so dass bis<br />

zur Wohnungstür bis zu fünf Stufen nach<br />

oben oder unten zurückgelegt werden<br />

müssen. Die Wohnungen selbst sind ebenfalls<br />

nicht altengerecht. Die Bäder sind zu<br />

klein um sie mit einem Rollator zu betreten,<br />

geschweige denn mit einem Rollstuhl. Dies<br />

liegt vor allem an den rund 60 cm schmalen<br />

Türen.<br />

Die Wohndauer kann ein Indikator für die<br />

Zufriedenheit der Bewohner_innen sein.<br />

Bei den Befragten liegt die Wohndauer in<br />

ihrer jetzigen Wohnung zwischen 18 und<br />

50 Jahren. Ein unterschied in der Wohndauer<br />

lässt sich bei den Bewohner_innen<br />

in der Nachbarschaft vier feststellen. Hier<br />

ist ein höherer Anteil an Bewohner_innen<br />

mit einer Wohndauer unter zwei Jahren.<br />

Der Großteil der befragten Bewohner_innen<br />

empfinden ihre Wohnungsgröße und die<br />

Miethöhe als angemessen. Mehr als die<br />

Hälfte der Befragten gibt an, sich in ihrer<br />

Wohnung wohl zu fühlen. (siehe Auswertung,<br />

Anhang)<br />

In den Expertengesprächen wird überwiegend<br />

ein Straßenzug als Problemzone genannt.<br />

Die Carl-Severing-Straße (d) habe<br />

zu viele „Russen“ und „Schwarze“. Vor<br />

allem die jugendlichen „Russen“ fahren auf<br />

der Straße mit ihren Fahrzeugen zu schnell<br />

und oftmals nutzen sie die Wendeplatte der<br />

Carl-Severing-Straße als Parkplatz, um<br />

gleichzeitig aus mehreren Autos laute<br />

Musik zu hören. Dies hat schon oft zu Beschwerden<br />

der anliegenden Bewohner_<br />

innen geführt. In anderen Bereichen des<br />

Stadtquartiers fallen ebenfalls Jugendliche<br />

als störend auf. Die GEWOBA sah sich gezwungen,<br />

Sitzbänke an den Wegen oder<br />

Spielplätzen zu entfernen, da Jugendgruppen<br />

selbige zerstörten oder umliegenden<br />

Bereiche verschmutzten.


64 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

25<br />

4 Bewertung der Fallstudien<br />

4.1 Städtebauliche Situation<br />

der Neuen Vahr Nord<br />

Freiraum<br />

Die Neue Vahr Nord weist wenige der typischen<br />

Merkmale einer 1960er Jahre Hochhaussiedlung<br />

auf. Die Gebäude sind in<br />

einem guten Zustand, der Freiraum ist sehr<br />

gepflegt und schön gestaltet und die Verkehrsanbindung<br />

an die Stadt ist ebenfalls<br />

gut. Einzig die leerstehende Grundschule<br />

in Nachbarschaft vier suggeriert, dass hinter<br />

der „sauberen Fassade“ des Stadtquartiers<br />

soziale Schwierigkeiten herrschen.<br />

Die GEWOBA ist bemüht, Außenanlage<br />

und Gebäude in Stand zu halten. Das geht<br />

so weit, dass sie bei Beschwerden und<br />

Konflikten zwischen Anwohnern_innen<br />

zum Beispiel die Sitzbänke entfernen. Vor<br />

allem dann, wenn sich ältere männliche<br />

Spätaussiedler auf den Bänken betrinken<br />

und Schmutz hinterlassen. Das Entfernen<br />

der Bank verlagert diese Gruppe allerdings<br />

nur. Die deutschen Bewohner_innen machen<br />

alle Spätaussiedler_innen für die geringe<br />

Anzahl an Sitzbänken verantwortlich.<br />

Die Neue Vahr Nord mit rund 8000 Bewohner_innen<br />

besitzt keinen öffentlichen Platz.<br />

Der Marktplatz an der Berliner Freiheit liegt<br />

außerhalb des Wohngebiets.<br />

Wohnsituation<br />

Die Wohnsituation für die älteren Migranten_<br />

innen in der Neuen Vahr Nord ist schlecht.<br />

Sie leben in gering ausgestatteten Wohnungen.<br />

Diese sind nicht altengerechten, obwohl<br />

25 Prozent der Bewohner_innen über 65<br />

Jahre alt sind. Keine Aufzüge, viele Treppenstufen<br />

und kleine Wohngrundrisse gehören in<br />

der Neuen Vahr Nord zum Standard.<br />

Verkehr<br />

Ein Manko, welches schon in den Berichten<br />

geäußert wird, ist die räumliche Trennung<br />

der einzelnen Nachbarschaften<br />

aufgrund der breiten Verkehrsstraßen.<br />

Diese Trennung spüren vor allem die älteren<br />

Bewohner_innen im Stadtquartier. Trotz<br />

eingeschränkter Mobilität sind sie gezwungen<br />

weite Wege zu gehen. Der Weg zur<br />

Berliner Freiheit erweist sich für die älteren<br />

Bewohner_innen als anstrengende Aufgabe.<br />

Die kleinen Nachbarschaftszentren<br />

wären für die wenig mobilen älteren Bewohner_innen<br />

wichtig, wurden aber von<br />

den günstigen und vielfältigen Angeboten<br />

in der Berliner Freiheit geschwächt.<br />

4.2 Umsetzung des Familien-<br />

und Quartierszentrum<br />

Projekt<br />

Die breite Trägerschaft aus öffentlichen<br />

und nichtöffentlichen Beteiligten wird als<br />

innovativ bewertet. Betrachtet man diese<br />

aber bezüglich der älteren Migranten_innen<br />

zeigt sich ein anderes Bild. Die älteren Migranten_innen<br />

ohne christlichen Glauben<br />

werden aufgrund der Lage und Beteiligung<br />

der evangelische Kirchengemeinde schwer<br />

erreichbar sein. Insbesondere die Gruppe<br />

der älteren türkischen Migranten_innen<br />

kann kaum unter einem christlichen Kreuz<br />

an Angeboten teilnehmen. Ebenso werden<br />

sich unter den älteren Spätaussielder_<br />

innen primär diejenigen angesprochen füh-


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

65<br />

60 61<br />

len, die evangelischen Glaubens sind.<br />

Das neuen Familien- und Quartierszentrum<br />

ist für ältere Bewohner_innen aufgrund der<br />

Lage nicht einfach erreichbar. Sie müssen<br />

mindestens eine breite Verkehrsstraße<br />

samt Kreisel überqueren und betrachtet<br />

man die Wohnlage der älteren Migranten_<br />

innen, so sind sie besonders benachteiligt.<br />

Während sie eher im südlichen Bereich des<br />

Stadtquartiers leben, ist das Familien- und<br />

Quartierszentrum im Norden und somit<br />

besser für die älteren deutschen Bewohner_innen<br />

erreichbar. Die Planer_innen hatten<br />

ursprünglich vor, die verlassenen<br />

Gebäude der ehemaligen Schule in Nachbarschaft<br />

vier zu beziehen. Dies wurde<br />

wegen der bestehenden Ankaufoption der<br />

privaten evangelischen Bekenntnisschule<br />

abgelehnt. So erweist sich die Lage als ungünstig.<br />

Der großzügig wirkende ‚Spielplatz<br />

der Generationen‘ ist in Wahrheit eher<br />

kleinräumig und in Hinterhoflage. Der Eingang<br />

zum neuen Gebäude ist ebensowenig<br />

von der Straße sichtbar. Die Aufstockung<br />

um ein Geschoss soll hierbei Abhilfe schaffen.<br />

Der geplante Umbau wird ausreichend flexible<br />

Räume für unterschiedliche Angebote<br />

zur Verfügung stellen. Das Café, der Medienraum<br />

und der große Veranstaltungsraum<br />

ermöglichen viele Angebote für die spezifischen<br />

Belange der älteren Migranten_<br />

innen.<br />

Obwohl eine richtige Bürgerbeteiligung<br />

nicht stattfand, ist die Kompetenz der beteiligten<br />

Planer_innen bezüglich der älteren<br />

Spätaussiedler_innen groß. Die bestehenden<br />

Kontakte zu russischsprachigen Multiplikatoren<br />

_innen werden bei der Planung<br />

von Angeboten genutzt.<br />

Die anderen älteren Migranten_innen haben<br />

eine geringe Mitsprachemöglichkeit erhalten.<br />

Die älteren türkischen Migranten_innen<br />

seien als Gruppe im Stadtquartier schwer<br />

erreichbar und eher der Moschee und ihren<br />

eigenen Kulturvereinen zugewandt.<br />

Viele geplante Angebote in der neuen Gemeinschaftseinrichtung<br />

richten sich an die<br />

älteren Spätaussiedler_innen im Stadt-<br />

60 Kreisel, August-Bebel-<br />

Allee<br />

61 Vorplatz der Evangelischen<br />

Heilig-Geist-Kirche


66 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

25<br />

quartier. Die Ansiedlung der Pflegedienste<br />

im Haus ermöglicht mehrsprachige Beratungen<br />

in Fragen bezüglich Gesundheitsund<br />

Pflegeleistungen.<br />

Insgesamt sind die vielen vorhandenen Angebote<br />

und sozialen Einrichtungen für die<br />

Belange der älteren und der Bevölkerung<br />

mit Migrationshintergrund in der Neuen<br />

Vahr zu begrüßen. Darin zeigen sich abermals<br />

die Bemühungen der sozialen Institutionen,<br />

die Lebenslage der älteren<br />

Migranten_innen zu verbessern. Doch werden<br />

die vorhandenen Stärken der älteren<br />

Migranten_innen zu wenig genutzt, um<br />

Selbsthilfepotenziale zu fördern. Die Fülle<br />

an Angeboten ist bisher eher verstreut und<br />

wird an keiner Stelle gebündelt.<br />

4.3 Lebenslage der älteren<br />

Migranten_innen<br />

Den zuständigen Planer_innen ist seit einigen<br />

Jahren bekannt, dass die Personen<br />

mit Migrationshintergrund die größte<br />

Gruppe im Stadtquartier stellen. Sie sehen<br />

die neue differenzierte Bevölkerungszählung<br />

des Mikrozensus 2005 als Chance, da<br />

sie nun Zahlen haben welche belegen,<br />

dass die Spätaussiedler_innen im Stadtquartier<br />

eine ethnische Kolonie bilden. Das<br />

Sozialzentrum der Neuen Vahr arbeitet an<br />

einigen Projekten um die Lebenslage der<br />

Spätaussiedler_innen zu verbessern. Der<br />

Aufbau eines Netztwerks mit russischsprachigen<br />

Multiplikatoren_innen ist ein<br />

wichtiges Projekt für die älteren Spätaussiedler_innen,<br />

da sie geringe Sprachkenntnisse<br />

haben.<br />

Verhältnis zur deutschen Gesellschaft<br />

In den Passantengesprächen zeigt sich ein<br />

sehr negatives Verhältnis der deutschen<br />

Bewohner_innen zu den Migranten_innen.<br />

Viele Äußerungen grenzen an Wut und<br />

Fremdenfeindlichkeit gegenüber den Spätaussiedler_innen.<br />

Sie werden nur als „die<br />

Russen“ oder „die Polen“ wahrgenommen.<br />

Vor allem unter den Bewohner_innen der<br />

Carl-Severing-Straße herrschen viele Konflikte<br />

zwischen älteren Deutschen und einigen<br />

jungen Spätaussiedler_innen. Diese<br />

Abneigung spüren besonders ältere Spätaussiedler_innen<br />

sehr deutlich. Sie entschieden<br />

sich in ihre Heimat zurückzukehren<br />

und wurden aufgrund der geringen Akzeptanz<br />

der deutschen Bewohner_innen enttäuscht.<br />

Sie sind keine „Russen“ sondern<br />

auch Deutsche. Die befragten Experten_<br />

innen unterschätzen diese negative Stimmung<br />

und gehen eher davon aus, dass die<br />

unterschiedlichen Gruppen aneinander<br />

vorbei leben. Ebenso wird die Abneigung<br />

der Spätaussiedler_innen gegenüber staatlichen<br />

Stellen ausschließlich mit ihrer Biographie<br />

begründet. Ihre Zurückhaltung im<br />

Stadtquartier basiert ebenso auf den negativen<br />

Erlebnissen mit den deutschen Bewohnern_innen.<br />

Ein Vorgang, welcher<br />

schon bei den älteren Gastarbeiter_innen<br />

festgestellt wurde.<br />

Die älteren türkischen Migranten_innen<br />

Ein Paradoxon ist die Situation der älteren<br />

türkischen Migranten_innen. Anders als zu<br />

vermuten wäre, fallen sie als Gruppe im<br />

Stadtquartier kaum auf. Trotz unterschiedlichem<br />

kulturellem und religiösem Hintergrund<br />

gab es keine negativen Äußerungen<br />

von Seiten der Befragten. Sie würden im<br />

Gegensatz zu den „Russen nicht schmarotzen<br />

sondern arbeiten“. (siehe Auswer-


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Handlungsempfehlungen<br />

67<br />

tung, Anhang)<br />

Die älteren türkischen Migranten_innen finden<br />

bisher auch von Seiten der Institutionen<br />

wenig Betrachtung, obwohl ein Viertel<br />

der Migraten_innen im Stadtquartier einen<br />

türkischen Migrationshintergrund hat.<br />

Trotzdem werden alle Anstrengungen der<br />

Gruppe der Spätaussiedler_innen zugewendet.<br />

5 Handlungsempfehlungen<br />

5.1 ‚Gemeinschaftseinrichtungen<br />

im Quartier‘ für ältere<br />

Migranten_innen<br />

Die Fallstudie der Neuen Vahr Nord hat gezeigt,<br />

dass die älteren Spätaussiedler_<br />

innen im Stadtquartier zurückhaltend sind<br />

und Ängste gegenüber öffentlichen Trägern<br />

haben. Sie sind schwer zu erreichen<br />

und nur wenige sind gesellschaftlich integriert.<br />

Infolge ihrer geringen Sprachkompetenz<br />

und der schlechten Lebenslage sind<br />

sie auf die Hilfe von muttersprachlichen<br />

Multiplikatoren_innen angewiesen. In der<br />

Fallstudie wurde ebenfalls gezeigt, dass<br />

sich die Bevölkerungsgruppen der älteren<br />

Migranten_innen unterscheiden. Die älteren<br />

türkischen Migranten_innen scheinen<br />

besser integriert zu sein und ein besseres<br />

Verhältnis zu den deutschen Bewohner_<br />

innen zu haben als die übrigen Bevölkerungsgruppen.<br />

Die Akteure im Stadtquartier<br />

gehen aber fälschlicherweise davon aus,<br />

dass ältere türkische Migranten_innen Hilfe<br />

von der Familie erhalten und sie nicht auf<br />

62<br />

öffentliche Träger und Angebote angewiesen<br />

sind. Die vorhandenen Angebote sind<br />

daher meist spezifisch auf die Bevölkerungsgruppe<br />

der Spätaussiedler_innen zugeschnitten.<br />

Die Akteure hoffen, dass die<br />

älteren türkischen Migranten_innen sich<br />

von diesen ebenfalls angesprochen fühlen<br />

und teilnehmen. Das geplante Familienund<br />

Quartierszentrum wurde unter den<br />

gleichen ungünstigen Voraussetzungen<br />

geplant. Die verschiedenen Gruppen der<br />

älteren Migranten_innen auf der Neuen<br />

Vahr Nord bedürfen jedoch jeweils spezifischer<br />

Angebote. Es ist notwendig, dass die<br />

einzelnen ethnischen Gruppen sich im<br />

Stadtquartier räumlich zurückziehen können.<br />

Auf diese Weise besteht eine Möglichkeit<br />

zur Stärkung der Selbsthilfepotentiale<br />

und des Kompetenzgefühls der Einzelnen.<br />

Die Nutzung einer Gemeinschaftseinrichtung<br />

mit interkulturellen Angeboten von<br />

Seiten der älteren Migranten_innen wird<br />

erst dann stattfinden. Die nachgewiesene<br />

Schwäche der Neuen Vahr Nord bezüglich<br />

mangelnder Begegnungsräume würde sich<br />

verbessern und zur Stärkung des gesam-<br />

62 Ehemaliger Schulhof der<br />

leerstehenden Grundschule


68 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Handlungsempfehlungen<br />

25<br />

ten Stadtquartiers führen. Die Handlungsempfehlungen<br />

werden unter Betrachtung<br />

dieser Belange geäußert.<br />

Standort<br />

Das neue Familien- und Quartierszentrum<br />

ist an einem ungünstigen Standort geplant,<br />

wenn es auch ältere Migranten_innen erreichen<br />

soll. Insbesondere die älteren türkischen<br />

Migranten_innen fühlen sich wegen<br />

der Nähe zur evangelischen Heilig–Geist–<br />

Kirche nicht angesprochen. Der bisherige<br />

Standort ist zudem schwer zu erreichen<br />

und wirkt noch wie ein Hinterhof. Der geeignete<br />

Standort ist, wie die Planer_innen<br />

selbst festgestellt haben, das Gelände der<br />

brachliegenden Grundschule in Nachbarschaft<br />

vier.<br />

Die Schulgebäude bieten die Möglichkeit<br />

der Modernisierung zu einem Familienund<br />

Quartierszentrum. Für diesen neuen<br />

zentralen Standort spricht ebenfalls die<br />

Lage mitten in einer Nachbarschaft. Dieser<br />

Stadtort ist für die älteren Bewohner_innen<br />

ohne Hindernisse erreichbar und würde vor<br />

allem den sozial benachteiligten Bewohner_innen<br />

entgegenkommen. Der Schulhof<br />

schafft zudem die nötige Fläche für einen<br />

öffentlichen Platz für die Neue Vahr Nord.<br />

Das geplante Café und der ‚Spielplatz der<br />

Generationen‘ ergänzen diesen auf geeignete<br />

Weise.<br />

Nach Vorbild des Projektes ‚Breede School‘<br />

in Rotterdam sollte die Nähe zur evangelischen<br />

Bekenntnisschule zu einer Kooperation<br />

führen. Die Räume des Familien- und<br />

Quartierszentrums und der öffentliche Platz<br />

könnten gemeinsam genutzt werden. In<br />

diesem Beispiel bietet ein großes Schulzentrum<br />

die Möglichkeit mehrere Institutionen<br />

und Funktionen unter einem Dach zu<br />

einen. Eine Schule, Kindertagesstätte und<br />

Senioren_innen Wohnen haben eigene<br />

Räume und auch gemeinschaftlich nutzbare<br />

Bereiche. (SI-ORL, Jessen 2008: 24)<br />

Das bietet eine neue Perspektive für das<br />

Familien- und Quartierszentrum.<br />

Angebote im Familien- und Quartierszentrum<br />

In Anlehnung an das vorgestellte Beispiel<br />

einer interkulturellen Begegnungs- und Beratungsstätte<br />

für Senioren in Hannover,<br />

empfiehlt sich in einem ersten Schritt die<br />

Gründung von selbstständigen ethnischen<br />

Gruppen unter Beteiligung von Multiplikatoren_innen.<br />

Dies sollte in Räumen außerhalb des Familien-<br />

und Quartierszentrums ermöglicht<br />

werden, um die bestehenden Ängste der<br />

älteren Migranten_innen abzubauen. Mehrere<br />

dezentrale Begegnungsorte in den<br />

leerstehenden Wohnungen müssten dafür<br />

zu Gemeinschaftsbereichen umgebaut<br />

werden. Geeignet sind große, gut erreichbare<br />

Wohnungen in den einzelnen Baublöcken.<br />

Vorstellbar sind auch ‚parasitäre‘<br />

Bauten auf den Gebäuden.<br />

Dieser Gemeinschaftsraum sollte für alle<br />

Bewohner_innen des selben Wohnblocks<br />

nach vorheriger Anmeldung zugänglich<br />

sein. Die älteren Migranten_innen bekämen<br />

somit den notwendigen Raum für selbstorganisierte<br />

Treffen und Feste in der eigenen<br />

ethnischen Gruppe.<br />

Die Themen innerhalb der Gruppe sollten<br />

wie beim genannten Beispiel offen sein,<br />

damit interessierte älteren Migranten_innen<br />

immer die Möglichkeit zur Teilnahme<br />

haben.<br />

In einem zweiten Schritt fänden regelmäßige<br />

Treffen der Gruppenleiter_innen im


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Handlungsempfehlungen<br />

69<br />

großen Veranstaltungsaal des Familienund<br />

Quartierszentrum statt, um gruppenübergreifende<br />

interkulturelle Angebote<br />

oder Aktivitäten und Feste zu organisieren.<br />

Angebote in der Neuen Vahr Nord<br />

Auf der Neuen Vahr Nord gibt es eine Fülle<br />

an soziale Projekten und Angeboten für<br />

Migranten_innen. Eine wesentliche Verbesserung<br />

ihrer Lebenslage ist bisher, trotz<br />

jahrelanger Bemühungen noch nicht eingetreten.<br />

Die höhere Effektivität ließe sich<br />

mit einem reduzierten aber dafür gezielten<br />

Angebot schaffen. Besonders die Gruppe<br />

der arbeitslosen Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

bedarf einer Unterstützung<br />

in den nächsten Jahren. Ihre Lebenssituation<br />

sorgt für viele Konflikte mit den älteren<br />

Bewohner_innen.<br />

5.2 Infrastruktur und Wohnen<br />

Stärkung der Infrastrukturellen Versorgung<br />

Die Neue Vahr Nord mit seinen rund 8000<br />

Bewohnern bedarf einer eigenen Infrastruktur.<br />

Die Stadtplaner_innen schufen die<br />

kleinen Nachbarschaftszentren. Diese sind,<br />

wie diese Analyse zeigt, auch heute notwendig.<br />

Die älteren Bewohner_innen benötigen<br />

eine zu Fuß erreichbare<br />

Einkaufsmöglichkeit. Die Berliner Freiheit<br />

sollte nicht als Ersatz der Nachbarschaftszentren<br />

betrachtet werden. Vielmehr<br />

bietet sich eine Kooperation der<br />

GEWOBA mit der Berliner Freiheit an. Es<br />

empfiehlt sich, dass dessen Einzelhändler<br />

die Möglichkeit erhalten die Nachbarschaftszentren<br />

als Zweigstelle zu nutzen,<br />

63<br />

um für die wenig mobilen Bewohner_innen<br />

notwendige Lebensmittel anzubieten. Dies<br />

führt zu einer Aufwertung der bestehenden<br />

Nachbarschaftszentren. Eine Hilfe für die<br />

älteren Bewohner_innen wäre auch das<br />

Angebot einer kostenlosen Busfahrt zwischen<br />

den Wohngebieten und der Berliner<br />

Freiheit.<br />

Wohnen<br />

Die GEWOBA hat als alleiniger Träger die<br />

Chance, die Neue Vahr Nord auf die heutige<br />

Wohnanforderungen der unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsgruppen anzupassen.<br />

Ein neues Modellvorhaben mit dem Umbau<br />

oder Neubau von Gebäuden mit altengerechten<br />

Wohnungen ermöglicht ein besseres<br />

zusammenleben von Jung und Alt im<br />

Stadtquartier. Als Beipiele bieten sich die in<br />

Kapitel II erwähnten neun Modellvorhaben<br />

des Themenschwerpunktes „Wohnen im<br />

Quartier“ an. Die spezifischen Wohnanforderungen<br />

der älteren Migranten_innen<br />

könnten somit ebenfalls baulich umgesetzt<br />

werden.<br />

63 Brücke der Karl-Kautsky-<br />

Straße in Richtung Berliner<br />

Freiheit


70 Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

hgtdess<br />

25


Fallstudie Neue Vahr Nord, Bremen<br />

hgtdess<br />

71


IV B Fallstudie<br />

Nauener Platz, Berlin<br />

‚Gestaltung urbaner Freiräume – Öffentlicher Raum für alle<br />

Generationen‘<br />

1 Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Vorgehensweise<br />

Die Bestandsanalyse des Stadtquartiers<br />

Nauener Platz hat in drei Schritten stattgefunden.<br />

Die Aufnahme des Stadtquartiers<br />

hat im vornherein mit Hilfe der Zwischenberichte<br />

und vor Ort mit Plänen während<br />

des zweitägigen Aufenthaltes stattgefunden.<br />

Spezielles Augenmerk lag bei der Beobachtung<br />

beim Nauener Platz.<br />

Die Passantenbefragungen wurden hier<br />

ebenso hauptsächlich mit älteren deutschen<br />

Bewohner_innen geführt. Diese fanden<br />

verstreut über das gesamte<br />

Stadtquartier statt. Insgesamt wurden 14<br />

Personen, davon acht Frauen befragt. Das<br />

Durchschnittsalter der Befragten betrug 72<br />

Jahre und ihre Durchschnittswohndauer im<br />

Stadtquartier rund 22 Jahre. (siehe Auswertung,<br />

Anhang)<br />

Die Expertengespräche fanden mit drei<br />

Personen statt. Das erste Gespräch wurde<br />

mit Herrn Bienek geführt. Er ist der ehrenamtliche<br />

Leiter der Initiative ‚Nauener Neu‘<br />

mit Sitz im Haus der Jugend auf dem Nauener<br />

Platz. Der zweite Gesprächspartner<br />

Herr Scheibig ist Raumplaner und als Moderator<br />

zwischen den unterschiedlichen<br />

Bewohnergruppen am Projekt Nauener<br />

Neu beteiligt. Zusätzlich leitete er die Workshops<br />

mit Bürgerbeteiligung und entwickelte<br />

hierzu ein spezielles Brettspiel. Die<br />

dritte Gesprächspartnerin konnte aus zwei<br />

unterschiedlichen Sichtweisen berichten.<br />

Zum einen ist Frau Sükran Altunkajnak Architektin<br />

und Mitarbeiterin im Quartiersmanagment<br />

Pankstraße und zum anderen hat<br />

sie einen türkischen Migrationshintergrund.<br />

Sie lebt mit ihrer Familie seit vielen Jahren


74 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Stadtquartier<br />

Nauener Platz<br />

Hauptbahnhof<br />

25<br />

64 65<br />

64 Ehemaliges OSRAM-<br />

Firmengelände<br />

65 Berlin<br />

66 Städtebauliche Struktur<br />

Quartier Nauener Platz<br />

in Berlin-Wedding und kann von ihren Erfahrungen<br />

aus vielen Projekten mit älteren<br />

Migranten_innen berichten.<br />

Quartiersgeschichte<br />

Der Nauener Platz liegt im alten Berliner<br />

Stadtbezirk Wedding. Dieser Stadtteil ist vor<br />

750 Jahren aus einem adligen Gutshof entstanden,<br />

woraus er auch seinen Namen hat.<br />

Bekanntheit und ein gleichzeitiges Bevölkerungswachstum<br />

erlangte Wedding erstmals<br />

um die Jahrhundertwende, als sich viele<br />

Unternehmen der Elektroindustrie ansiedelten.<br />

Allen voran die drei bekanntesten Marken<br />

Rotaprint, AEG und vor allem OSRAM<br />

als Produzent der ersten Glühbirne. Die<br />

steigenden Anzahl der Arbeiter wurde in<br />

kleinen und aus heutiger Sicht unbewohnbaren<br />

Mietskasernen im Stadtquartier untergebracht.<br />

Aufgrund der damaligen<br />

kommunistischen und sozialistischen Gesinnung<br />

der Arbeiterschaft ist das Stadtquartier<br />

bis heute als „Roter Wedding“<br />

bekannt. Nach dem zweiten Weltkrieg<br />

wurde Wedding dem französischen Sektor<br />

zugesprochen. Über ein drittel der Gebäude<br />

war zerstört und konnte erst in den 1950er<br />

und 1960er Jahren wieder aufgebaut werden.<br />

Damit verbunden hat man die noch<br />

bestehenden Mietskasernen abgerissen.<br />

Ab den 1970er Jahren wandelte sich Wedding<br />

von einem Industrie- zu einem Dienstleistungsbezirk.<br />

Die Gründung der<br />

Technischen Fachhochschule Berlin, die<br />

Übernahme des bestehenden Krankenhauses<br />

durch die Uniklinik und die Ansiedlung<br />

von zwei großen Einkaufszentren beschlossen<br />

diese Wandlung. Heute arbeiten zwei<br />

Drittel der rund 50000 Arbeiter des Bezirks<br />

im Dienstleistungssektor. Nach der Verwaltungsreform<br />

wurde der Bezirk Wedding mit<br />

dem Bezirk Tiergarten und dem Bezirk Mitte<br />

zum Neuen Bezirk Mitte fusioniert. (wedding.berndschimmler.de)<br />

Um den Nauener Platz herum stehen viele<br />

gründerzeitliche Bauten und eine Konzentration<br />

von Nachkriegsbauten. Die Anwerbeabkommen<br />

lockten aufgrund der<br />

angesiedelten Elektroindustrie viele Gastarbeiter_innen.<br />

Menschen mit Migrationshintergrund<br />

sind heute die Mehrheit im<br />

Stadtquartier Nauener Platz.


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

75<br />

Reinickendorfer Straße<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

1<br />

2<br />

1<br />

Haus der Jugend<br />

Jugendbibliothek ,Jerusalem’<br />

Seniorenwohnanlage<br />

Türkischer Gemüsehändler<br />

Penny-Markt<br />

Lidl<br />

Nauener Platz<br />

Leopoldplatz<br />

Volkspark Humboldthain<br />

U-Bahn<br />

U-Bahn-Haltestelle<br />

Nauener Platz<br />

3<br />

4<br />

1<br />

1<br />

2<br />

Reinickendorfer Straße<br />

Schulstraße<br />

1<br />

2<br />

5<br />

6<br />

66<br />

100m


76 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

68<br />

f<br />

e<br />

d<br />

k<br />

g<br />

i<br />

h<br />

c<br />

b<br />

j<br />

a<br />

25<br />

67<br />

67 Blick aus<br />

Reinickendorfer Straße in<br />

Richtung Nauener Platz<br />

68 Orientierungsplan<br />

Stadtquartier Nauener<br />

Platz<br />

Städtebauliche Situation<br />

Das Stadtquartier Nauener Platz befindet<br />

sich in innerstädtischer Lage. Es wird von<br />

den Projektbeteiligten des Modellvorhabens<br />

auf insgesamt 11 Baublöcke (a-k)<br />

eingegrenzt. Der Nauener Platz liegt südlich<br />

auf dem zentralen Block. Bis auf eine<br />

Seniorenwohnanlage stehen hier mehrere<br />

öffentlich genutzte freistehende Gebäude.<br />

Auf dem nördlich angrenzenden Block (g)<br />

stehen das jüdische Krankenhaus von Berlin<br />

und zwei weitere Seniorenstifte. Diese<br />

großen mehrgeschossigen Wohnanlagen<br />

sind ebenso freistehend und von Grünflächen<br />

umgeben. In der Hofseite stehen zum<br />

Teil, entsprechend der Größe des Blocks,<br />

weitere Wohngebäude. Im Erdgeschossbereich<br />

an der Straßenseite befindet sich<br />

die Versorgungseinrichtungen für das<br />

Stadtquartier. Zugang zu den Gebäuden<br />

erlangt man aus der Hofseite auf welcher<br />

zudem der Freiraum für die Bewohner_<br />

innen angesiedelt ist. Viele der Häuser sind<br />

von Außen beschädigt. Eine Ausnahme bilden<br />

die Gründerzeitgebäude an der Straße<br />

Liebenwalderstraße (d-e) welche erst in<br />

den letzten Jahren modernisiert wurden.<br />

Die Innenhöfe sollen zum Rückzug und<br />

Verweilen für die Bewohner_innen dienen,<br />

wozu viele Spielplätze und Grünflächen<br />

angelegt wurden. Diese sind aber heute<br />

meist verwahrlost, ungepflegt und verschmutzt.<br />

Geräte wurden beschädigt und<br />

zum Teil mit alten Möbeln von den Bewohner_innen<br />

selbst ausgetauscht. Viele Höfe<br />

dienen mittlerweile nur noch als Ein- und<br />

Ausfahrten zur Tiefgarage. Im Vergleich<br />

hierzu sind die Freiräume der Seniorenwohnanlagen<br />

weiträumig, gepflegt und gut<br />

nutzbar. Diese privaten Flächen dürfen<br />

aber ausschließlich von den älteren Bewohner_innen<br />

der Seniorenwohnanlage<br />

genutzt werden.<br />

Das Stadtquartier wird von zwei vierspurigen<br />

Straßen durchschnitten. Die Schulstraße<br />

in Südwest-Nordost Richtung und die<br />

Reinickendorferstraße in Nord-Süd Richtung.<br />

Die zwei Straßen trennen die jeweiligen<br />

Baublöcke des Stadtquartiers und<br />

kreuzen sich am Nauener Platz.


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Ältere Migranten_innen im Stadtquartier Nauener Platz<br />

77<br />

B<br />

A<br />

69 70<br />

Die Infrastruktur ist durch die verschiedenen<br />

im Stadtquartier lebenden Ethnien geprägt.<br />

In den Gebäuden an der Straße<br />

befinden sich viele kleine vor allem türkische<br />

Läden. Restaurants und Dönerbuden,<br />

Gemüsehändler und Fleischereien, Bäckereien<br />

und Reisebüros, alle mit zweisprachigen<br />

Angeboten und Mitarbeiter_innen.<br />

Zusätzlich gibt es türkische und arabische<br />

Kulturvereine, welche vor allem von den älteren<br />

Männern und Jugendlichen genutzt<br />

werden. In den letzten Jahren sind zudem<br />

Wettbüros, Spielhöllen, Internetcafés und<br />

Bars entstanden. An der Reinickendorferstraße<br />

befindet sich gegenüber (Block d)<br />

des Nauener Platzes ein großer türkischer<br />

Gemüsehändler. Weiter südlich (Block a)<br />

stehen sich ein Pennymarkt und ein Lidl<br />

gegenüber.<br />

Bauliche Anzeichen für eine hohe Anzahl<br />

an Bewohner_innen mit Migrationshintergrund<br />

im Stadtquartier Nauener Platz ist<br />

die ethnische Infrastruktur sowie die vielen<br />

Satellitenanlagen an den Fassaden der<br />

Häuser. Ebenso ist aber im Stadtquartier<br />

eine hohe Anzahl an älteren deutschen Bewohner_innen<br />

zu beobachten, wie sie die<br />

stark ethnisch geprägte Infrastruktur nutzen.<br />

Die älteren Bewohner_innen der Seniorenwohnanlage<br />

sind auf die viele kleinen<br />

Läden angewiesen, wenn sie nicht den<br />

weiteren Weg gehen möchten um zu Lidl<br />

und Pennymarkt zu gelangen.<br />

2 Ältere Migranten_innen im<br />

Stadtquartier Nauener Platz<br />

2.1 Lebenslage<br />

Demografische Daten<br />

Für das Stadtquartier Nauener Platz stehen<br />

zwei statistische Räume mit Daten zur Verfügung.<br />

Genaue Daten zur Bevölkerung<br />

waren nur für einen größeren Raum A erhältlich.<br />

Für den Raum B welcher sich auf<br />

den eingegrenzten Bereich dieser Arbeit<br />

bezieht sind ausschließlich Daten zur Ge-<br />

69 Statistische Bezirke<br />

Stadtquartier Nauener<br />

Platz<br />

70 Türkischer Gemüsehändler<br />

an der Reinickendorfer<br />

Straße


78 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Ältere Migranten_innen im Stadtquartier Nauener Platz<br />

25<br />

71 72<br />

71 Modernisierte<br />

Häuserfront in der<br />

Liebenwalder Straße<br />

72 Ansicht zwischen Baublock<br />

b und c<br />

samtzahl der Bevölkerung und zu den Ausländer_innen<br />

und nicht den Migranten_innen<br />

verfügbar. Die vorhandenen Werte lassen<br />

vermuten, dass es prozentual kaum Unterschiede<br />

gibt. Im Raum A leben insgesamt<br />

27370 und im Raum B 11872 Bewohner_<br />

innen. Männer sind mit 52,7 Prozent leicht<br />

höher vertreten.<br />

Im Raum A leben rund 3500 ältere Bewohner_innen<br />

über 65 Jahre mit einem Anteil<br />

von 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung.<br />

In den Gesprächen wurde geäußert,<br />

dass allein in der Seniorenwohnanlage bis<br />

zu 1000 Menschen leben. Unter den älteren<br />

Bewohner_innen haben ein Drittel oder<br />

genau 1170 Personen einen Migrationshintergrund.<br />

(Amt für Statistik Berlin-Brandenburg<br />

2008)<br />

Im kleineren Raum B leben über 5400 Ausländer_innen<br />

mit einem Anteil an 45,6 Prozent.<br />

Auf diese Zahlen stützt sich der erste<br />

Sachstandsbericht der Träger des Nauener<br />

Neu Projektes. Im größeren Raum A wird<br />

aufgrund der neuen Zahlen zu Personen<br />

mit Migrationshintergrund deutlich, wie<br />

viele Migranten_innen „wirklich“ im Stadtquartier<br />

leben. Insgesamt leben 17500 Migranten_innen<br />

im Quartier mit einem Anteil<br />

von rund 64 Prozent an der Gesamtbevölkerung.<br />

Davon sind rund 5000 Personen<br />

mit einem türkischen Migrationshintergrund.<br />

Die anderen Migrantengruppen im<br />

Stadtquartier kommen aus dem ehemaligen<br />

Jugoslawien, aus arabischen Staaten<br />

und aus Polen. (Amt für Statistik Berlin-<br />

Brandenburg 2008)<br />

Gesundheitliche Lage<br />

Die Experten_innen bestätigen, wie im Kapitel<br />

II beschrieben wurde, dass die älteren<br />

türkischen Migranten_innen von gesundheitlichen<br />

Problemen geplagt sind. Im<br />

Stadtquartier Nauener Platz wird aber vor<br />

allem auf die psychischen Probleme hingewiesen.<br />

Viele ältere türkische Migranten_<br />

innen leiden an Einsamkeit.<br />

Nur wenige werden von den eigenen Kindern<br />

gepflegt. Die hohe Anzahl an türkischen<br />

Migranten_innen im Stadtquartier<br />

suggeriert eine große Gemeinschaft die in<br />

Wahrheit nur für wenige existiert. Werden<br />

die Erwartungen der Pflege von den eige-


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Ältere Migranten_innen im Stadtquartier Nauener Platz<br />

79<br />

73 74<br />

nen Kindern nicht erfüllt, werden Pflegedienste<br />

nicht in Anspruch genommen,<br />

aufgrund der „Schande“ vor der türkischen<br />

Gemeinschaft. Viele kehren dann lieber in<br />

eine Heimat zurück, in der sie sich kaum<br />

zurecht finden. In den letzten Jahren haben<br />

sich allerdings viele deutsch-türkische mobile<br />

Pflegedienste gegründet. Vor diesen<br />

wird aber gewarnt, da oftmals keine Profis<br />

dahinterstehen, sondern Amateure die versuchen<br />

eine Marktlücke zu nutzen, so zum<br />

Beispiel türkischsprachige Betreiber von<br />

Restaurants.<br />

Ökonomische Situation<br />

Das Stadtquartier Nauener Platz ist ein soziales<br />

Problemgebiet. Die hohe Anzahl an<br />

Dienstleistungsgewerben macht es für die<br />

gering qualifizierten Migranten_innen<br />

schwer eine Arbeit zu finden. Rund 3200<br />

Bewohner_innen im Raum A sind arbeitslos,<br />

das entspricht einer Quote von 11,7<br />

Prozent. Davon sind rund die Hälfte, 1400<br />

Bewohner_innen, mit Migrationshintergrund.<br />

Ältere Migranten_innen mit einem<br />

Alter ab 55 Jahren weisen eine Arbeitslosenquote<br />

von 6,6 Prozent auf. Eine räumliche<br />

Verteilung der Arbeitslosen wie in der<br />

Fallstudie Neue Vahr Nord kann hier infolge<br />

der Datenlage nicht gezeigt werden. (Amt<br />

für Statistik Berlin-Brandenburg 2008)<br />

Ältere Frauen mit türkischem Migrationshintergrund<br />

In den Gesprächen und den Beobachtungen<br />

hat sich gezeigt, dass die älteren Frauen<br />

aus der türkischen Migrantengruppe besondere<br />

Lebensverhältnisse aufweisen. Zunächst<br />

sind sie für die Familie zuständig.<br />

Nur sehr wenige haben je gearbeitet und<br />

beziehen im Alter eine sehr geringe Rente.<br />

Sie waren und sind von ihren Männern abhängig<br />

und völlig auf deren Einkommen angewiesen.<br />

Sie müssen heimlich an<br />

Deutschkursen teilnehmen, da ihre Männer<br />

das nicht erlauben. Ebenso erfahren viele im<br />

Alter Gewalt von ihren Ehemännern und<br />

manche auch von ihren Kindern. Es wird berichtet,<br />

dass viele ältere türkische Migrantinnen<br />

in ihren Wohnungen „verkommen“. Ihre<br />

Männer verweigern ihnen die Inanspruchnahme<br />

notwendiger Pflege.<br />

73 Hausfront<br />

74 Ältere Migranten_innen an<br />

einer Bushaltestelle am<br />

Nauener Platz


80 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Ältere Migranten_innen im Stadtquartier Nauener Platz<br />

25<br />

75 76<br />

75 Gastronomiebetrieb an der<br />

Reinickendorfer Straße<br />

76 Kulturverein für türkische<br />

Migranten<br />

Stirbt der Ehemann, beginnt die Zeit der<br />

Einsamkeit und der psychischen Klagen.<br />

Wenn sie früher ihre Probleme für sich behielten<br />

so ist heute kein Zuhörer mehr anwesend.<br />

Selbsthilfekompetenzen sind für<br />

viele kaum vorhanden. In dieser Bestandsaufnahme<br />

wird deutlich, dass vor allem die<br />

älteren Frauen mit türkischem Migrationshintergrund<br />

im Stadtquartier Nauener Platz<br />

die Aufmerksamkeit der sozialen Akteure<br />

benötigen.<br />

2.2 Bezug zum Stadtquartier<br />

Ethnische Kolonie<br />

Die Experten_innen schildern, dass in vielen<br />

Häusern in denen türkische Migranten_<br />

innen der ersten Generation leben, sich<br />

kleine Inseln mit Verwandten und Bekannten<br />

aus dem selben Dorf oder Region gebildet<br />

haben. An der Prinz-Eugen-Straße<br />

hat sich eine solche „Insel“ gebildet.<br />

Im öffentlichen Raum sind die älteren Migranten_innen<br />

eher zurückhaltend. Sie<br />

sehen es nicht als selbstverständlich an,<br />

die verhandenen Sitzbänke zu benützen.<br />

Sie möchten nicht auffallen oder den deutschen<br />

Bewohner_innen etwas wegnehmen.<br />

Die älteren Migranten_innen müssen ihr<br />

Stadtquartier kaum verlassen. Sie brauchen<br />

nicht einmal die deutsche Sprache<br />

sprechen, um sich im Alltag zurecht zu finden.<br />

Diejenigen westlich der Reinickendorferstraße<br />

erhalten im nahen Umkreis ihrer<br />

Wohnungen Lebensmittel und Dienstleistung<br />

in ihrer türkischen Muttersprache.<br />

Im Gegensatz dazu verhalten sich die Jugendlichen<br />

sehr selbstbewusst im Freiraum.<br />

Vor den Kulturvereinen oder vor den<br />

großen Einkaufsmärkten sitzen sie in Gruppen<br />

mit älteren Männern zusammen. Vor<br />

dem Pennymarkt wurde beobachtet, dass<br />

sie auf dem Gehsteig in einer großen<br />

Gruppe mit jungen Erwachsenen sehr aufbrausend<br />

und laut auftreten. Die hier einkaufenden<br />

älteren deutschen<br />

Bewohner_ innen und diejenigen mit Migrationshintergrund<br />

waren hierdurch sichtlich<br />

verängstigt.


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Ältere Migranten_innen im Stadtquartier Nauener Platz<br />

81<br />

77<br />

Rückkehrwillen<br />

In den 1980er Jahren sind viele Migranten_innen<br />

in die Heimat zurückgekehrt<br />

sind. Die Experten vermuten, dass der Anlass<br />

die Einschulung der eigenen Kinder<br />

war. Sie sollten eine bessere Bildung wie in<br />

Deutschland genießen. Die Rückkehr erwies<br />

sich für viele als schwere Aufgabe, da<br />

der Unterschied zwischen Berlin und den<br />

ländlichen Regionen des Herkunftslandes<br />

zu ziehen, gravierend waren. Wer in den<br />

1980er Jahren an einer Rückkehr gescheitert<br />

ist, hat es meist bis heute nicht geschafft.<br />

Stattdessen pendeln sie jährlich<br />

zwischen Deutschland und ihrem Herkunftsland.<br />

2.3 Verhältnis zur Deutschen<br />

Gesellschaft<br />

dort über die Jahre vieles verändert hat. Ein<br />

Verhältnis zu den deutschen Bewohner_<br />

innen besteht nicht, vielmehr lebt man aneinander<br />

vorbei. Sie leben in der Mehrheit im<br />

Stadtquartier und sind nicht auf die Kontakte<br />

zu älteren deutschen Senioren_innen<br />

angewiesen.<br />

Die jungen Erwachsenen hingegen sind<br />

zwiegespalten. Bei der Fussballeuropameisterschaft<br />

ließ sich beobachten wie<br />

gleichzeitig türkische und deutsche Fahnen<br />

an vielen PKWs hingen. Für die Jugendlichen<br />

ist ihr Bezirk Wedding die zweite Heimat.<br />

Dies geht soweit, dass es Rivalitäten<br />

zu Jugendlichen und Bewohner_innen aus<br />

den anderen Bezirken der Stadt gibt, unabhängig<br />

deren Nationalität.<br />

Die älteren deutschen Bewohner_innen<br />

schätzen in den Befragungen das Verhältnis<br />

zu den türkischen Migranten_innen als<br />

ausreichend bis schlecht ein. Fast alle befragten<br />

älteren Deutschen geben an, trotz<br />

der hohen Anzahl an Migranten_innen, keinen<br />

Kontakt zu ihnen zu haben. Vor allem<br />

das Auftreten der jugendlichen Migranten_<br />

innen sorgt bei vielen für Unmut und oftmals<br />

Angst. Das Verhältnis zu den<br />

türkischen Händlern in der Reinickendorferstraße<br />

wird hingegen als respektvoll und<br />

freundlich beschrieben: „Man begrüßt sich<br />

per Handschlag“. (siehe Auswertung, Anhang)<br />

77 Gastronomiebedarf<br />

In den Gesprächen mit den Experten_innen<br />

wird geäussert, dass die älteren Migranten_<br />

innen eine große Verbundenheit zum Herkunftsland<br />

aufweisen. Obwohl sich auch


82 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

78<br />

78 Südliche Seite,<br />

Nauner Platz<br />

3 ExWoSt – IFAS<br />

Modellvorhaben<br />

3.1 Nauener Platz – Umgestaltung<br />

für Jung und Alt<br />

Der heutige Nauener Platz wird von den<br />

Bewohner_innen nicht als städtischer Platz<br />

wahrgenommen. Die Gründe hierfür sind<br />

nicht nur baulicher, sondern auch sozialer<br />

Natur. Auf dem Platz steht zentral das<br />

Haus der Jugend. Diese Gemeinschaftseinrichtung<br />

teilt den Platz ist zwei fast<br />

gleich große Hälften. Südlich des Hauses<br />

liegt der Spielplatz getrennt vom Bolzplatz<br />

auf der nördlichen Seite. Infolge der geringen<br />

Nutzung von verschiedenen Bevölkerungsgruppen<br />

hat der Platz an Attraktivität<br />

verloren. Die Grünflächen, Gebüsche und<br />

Bäume sind ungepflegt, der Bolzplatz ist<br />

wegen des Asphaltbodens nicht bespielbar<br />

und an vielen Stellen sind Spuren von<br />

Vandalismus erkennbar. Der Nauener Platz<br />

litt bis zum Jahr 2004 unter der hohen Kriminalität<br />

im Stadtquartier. Die gleichnamige<br />

am Nauener Platz liegende<br />

U-Bahnhaltestelle war besser bekannt als<br />

die ‚Drogenautobahn‘. Auf den Gleisen<br />

wurde gedealt und die Wiese auf der nördlichen<br />

Hälfte diente den Dealern als versteck<br />

für ihre Drogen. Hier wurde die Ware<br />

für die Käufer eingebuddelt. (Walz 2007: 3)<br />

Im Jahr 2004 hat sich eine Bürgerinitiative<br />

gegründet um den Nauener Platz für die<br />

Bewohner_innen des Kiez wieder attraktiv<br />

zu gestalten. Die Initiative ‚Nauener Neu‘<br />

hat als erste Maßnahme das Café Naumi<br />

am Haus der Jugend, mit einem kleinen<br />

Außenbereich zum Spielplatz hin eröffnet.<br />

Die Wiedereroberung des Platzes hat aber<br />

mit einem anderen Abwehrmittel geklappt.<br />

Die Bürger_innen der Initiative ‚Nauener<br />

Neu‘ haben sich auf Drogensuche begeben.<br />

Sie haben tagsüber auf der Wiese gegraben<br />

und immer wieder Drogenbeutel<br />

entfernt. Daraufhin hat sich die Drogenszene<br />

vom Nauener Platz entfernt.<br />

In einem zweiten Schritt wurde mit Mitteln<br />

vom Bundesprogramm ‚Soziale Stadt‘ ein<br />

Platzmanager unter Führung des Quartiersmanagment<br />

Pankstraße für eine neue<br />

Platzgestaltung eingestellt. Dieser hat ein<br />

breit angelegtes Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

gestartet an dessen Ende ein Gesamtkonzept<br />

samt Vorentwurf stand. (Walz<br />

2007: 4)<br />

Daten und Fakten<br />

Der Nauener Platz hat eine Gesamtgröße<br />

von 5000 m². Wobei die nördliche Seite<br />

rund zwei Drittel des Platzes einnimmt.<br />

(Walz 2007: 7) Das Haus der Jugend ist ein<br />

1950er Jahre Gebäude. Im Quergebäude<br />

ist die Kindertagesstätte angesiedelt. An


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

83<br />

79 80<br />

den südlichen Spielplatz angrenzend befindet<br />

sich das Gebäude der mittlerweile<br />

geschlossenen Jugendbücherei ‚Jerusalem‘.<br />

An die nördliche Wiese angrenzend<br />

steht eines von drei Gebäudekomplexen<br />

der Seniorenwohnanlage welche in den<br />

1970er Jahren erbaut wurde.<br />

Am 14. Juni 2008 war Baubeginn der Umgestaltung<br />

des Nauener Platzes, voraussichtliche<br />

Übergabe an die Bewohner_innen<br />

ist im Jahr 2009. (Der Nauener 2008/5: 1)<br />

Das erste Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

wurde mit rund 16.000 Euro aus Bundesmitteln<br />

der ‚Sozialen Stadt‘ finanziert. Für<br />

die zweite Phase der Beteiligung und die<br />

darauf folgende Umsetzung werden<br />

200.000 Euro aus städtischen Mitteln und<br />

800.000 Euro aus dem ExWoSt Forschungsfeld<br />

bereitgestellt. (Walz 2007: 4)<br />

Projektbeteiligte<br />

Zu den Projektbeteiligten der Umgestaltung<br />

des Nauener Platzes gehören öffentliche<br />

und private Träger sowie Bewohner_ innen<br />

des Stadtquartiers:<br />

- Bürgerinitiative Nauener Neu<br />

(Initiatoren_innen)<br />

- Haus der Jugend (Initiatoren_innen)<br />

- Bezirksamt Mitte, Berlin - Stadtentwicklung;<br />

Jugend und Finanzen<br />

(Projektträger_innen)<br />

- Quartiersmanagment Pankstraße<br />

(Koordination)<br />

- L.I.S.T. GmbH, Susanne Walz und<br />

Harald Haertwig (Quartiersmanager_in)<br />

- Platzmanagment (Koordination)<br />

- Conceptfabrik, Holger Scheibig<br />

(Moderator)<br />

(Der Nauener 2008/5: 3)<br />

Das Modellvorhaben gliedert sich in mehrere<br />

Projektbausteine. Mit der Freiraumplanung<br />

soll eine räumliche Struktur entwickelt<br />

und veränderbare und innovative Raumelemente<br />

für die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen<br />

gestaltet werden. Die<br />

Landschaftsplanung übernimmt das Büro<br />

planung freiraum aus Berlin. Für den neuen<br />

Platz wird ein innovatives Lichtkonzept von<br />

Prof. Brigitte Schulte-Fortkampp von der<br />

TU Berlin entworfen. Die Partizipation der<br />

79 Nördliche Seite,<br />

Nauener Platz<br />

80 Lageplan, Vorentwurf für<br />

die Umgestaltung des<br />

Nauener Platzes


84 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

81<br />

81 Älteren Migranten_innen<br />

und Kindern beim<br />

Brettspiel in der Moschee<br />

Bewohner_innen des Stadtquartiers ist ein<br />

wichtiger Baustein sowie die Moderation<br />

und Vermittlung zwischen ihnen und den<br />

übrigen Projektbeteiligten. (Walz 2007: 4)<br />

3.2 Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

Die erste Phase des Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

bestand aus zehn Schritten und<br />

unterschiedlichen Maßnahmen. Für die<br />

verschiedenen Verfahren wurden fünf spezifische<br />

Bevölkerungsgruppen angesprochen.<br />

Das Quartiersmanagment und der<br />

Moderator hatten die Idee, anders als üblich,<br />

die Bevölkerungsgruppen nicht einzuladen<br />

sondern sie an ihren Treffpunkten<br />

und Lebensorten zu besuchen. Die Senioren_innen<br />

wurden in ihren großen Wohnanlagen<br />

erreicht. An die Frauen des<br />

Stadtquartiers ist man ebenso über die Seniorenwohnanlagen<br />

und die Bürgerinitiative<br />

Nauener Neu gelangt. Ein Schwerpunkt<br />

lag bei den vielen Migranten_innen im<br />

Stadtquartier. Jugendliche wurden in einem<br />

türkischen Jugendklub gewonnen. Wohlwissend,<br />

dass ältere Migranten_innen nur<br />

schwer für ein Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

zu erreichen sind, ist die Y.E. Moschee im<br />

Stadtquartier kontaktiert worden. Hier<br />

haben sich die Älteren ebenso gesträubt,<br />

ließen aber unter ihrer Aufsicht die Kinder<br />

teilnehmen.<br />

Statt passiver Beiträge in einer Befragung<br />

wurden die Bewohner_innen mit einem<br />

speziell für den Nauener Platz entwickelten<br />

Brettspiel beteiligt. Fragen zu sechs Kategorien<br />

sollten zu einem anderen Denken<br />

anregen, um einfacher utopische und unkonventionelle<br />

Vorstellung für die Gestaltung<br />

des Platzes zu äußern. Abschließend<br />

fand ein Forschungsrundgang mit Theaterpädagogen<br />

statt. Die Beteiligten haben die<br />

verschiedenen Orte des Nauner Platzes<br />

mit Fantasieideen bespielt. (conceptfabrik,<br />

planung freiraum 2007: 6)<br />

Nach Abschluss dieser ersten Phase sind<br />

in einer Raumnutzungswerkstatt mit den<br />

unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen<br />

die entwickelten Ideen räumlich auf dem<br />

Platz angeordnet worden. Hieraus ist das<br />

Gesamtkonzept und der Vorentwurf entstanden.<br />

Insgesamt nahmen über 200 Bewohner_innen<br />

teil. Rund die Hälfte der<br />

Teilnehmer_innen hatte einen Migrationsintergrund,<br />

davon waren wiederum viele Kinder<br />

und Jugendliche.<br />

Die finanziellen Mittel des ExWoSt Forschungsfeldes<br />

haben drei weitere Beteiligungsverfahren<br />

ermöglicht. Gemeinsam<br />

mit Bürgern ist auf dem Platz mit Hilfe der<br />

TU Berlin ein innovatives Lichtkonzet entstanden.<br />

Auf ‚Soundwalks‘ erfassten die<br />

Bewohner_innen den Platz klangtechnisch.


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

85<br />

82<br />

(conceptfabrik, planung freiraum 2007: 7)<br />

Gemeinsam mit Senioren_innen konnten<br />

zudem spezielle Seniorenmöbel für den<br />

Freiraum entwickelt und von der Firma Giro<br />

Vitale produziert werden. (Giro Vitale 2007)<br />

Pankstraße haben bei diesem Verfahren<br />

viele Haustürgespräche und Befragungen<br />

mit älteren türkischen Migranten_innen im<br />

Stadtquartier durchgeführt.<br />

82 Ansicht auf die südliche<br />

Hälfte des Nauener Platzes<br />

nach der Umgestaltung<br />

Der Moderator des Bürgerbeteiligungsverfahrens<br />

berichtet, dass die älteren Migranten_innen<br />

sich kaum aktiv beteiligt haben.<br />

Ihre schon beschriebene Zurückhaltung<br />

macht es schwer sie bei einem Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

zu erreichen. Türkische<br />

Migranten_innen gehen von der Annahme<br />

aus, dass „die Stadt oder der Staat wissen<br />

muss wie es richtig geht“. Die älteren deutschen<br />

Senioren_innen waren ebenso<br />

schwer zu erreichen. Die Bemühungen der<br />

Projektträger, die älteren Migranten_innen<br />

des Stadtquartiers zu beteiligen sind deutlich.<br />

Eine weitere Hilfe waren die schon bestehenden<br />

Erfahrungen des Bürgerbeteiligungsverfahrens<br />

und die Befragung für die<br />

Umgestaltung des nahegelegenen Leopoldplatzes.<br />

Die türkischsprachigen Mitarbeiterinnen<br />

des Quartiersmanagements<br />

3.3 Umgestaltung des Nauener<br />

Platzes<br />

Die Gestaltungsmaßnahmen für den neuen<br />

Nauener Platz sind weitreichend. Vor allem<br />

auf dem größeren und bisher vernachlässigten<br />

nördlichen Bereich. Hauptsächliches<br />

Planungskonzept ist die Schaffung von neu<br />

gestalteten Räumen für alle Bevölkerungsund<br />

Altersgruppen, welche zur Kommunikation<br />

als Treffpunkt und Rückzugsort<br />

dienen. Hierbei war es wichtig auf die Belange<br />

der Generationen, Geschlechter und<br />

der Migranten_innen einzugehen.<br />

Die stark befahrene und geräuschvolle Reinickendorferstraße<br />

wird mit einer neuen,<br />

verbreiterten Promenade vom Platz weggerückt.<br />

Durch eine Bogenform entstehen


86 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

jeweils im Norden und im Süden vergrößerte<br />

übersichtliche Bereiche als Eingang<br />

zu den Platzhälften. Die älteren Migranten_<br />

innen nutzen den Freiraum gerne um das<br />

Geschehen auf einem der Platzbereiche<br />

verfolgen zu können. Einige vorhandene<br />

undurchsichtige Gebüsche und Baumgruppen<br />

werden entfernt. Heckenpflanzen<br />

gliedern diesen Bereich neu und schaffen<br />

Räume mit unterschiedlichen Aufenthaltsmöglichkeiten.<br />

Ältere Migranten_innen nutzen<br />

Sitzbänke im Freiraum nicht nur zum<br />

Ausruhen sondern oftmals zum Verweilen<br />

und als Treffpunkt, vor allem um sich als<br />

Gruppe in einen kleineren Raum zurückziehen<br />

zu können. Ältere Bewohner_innen<br />

sehen zudem in Gebüschen hinter Sitzbänken<br />

eine Gefahr. Die Umgestaltungen<br />

gehen auf diese Aspekte ein. (conceptfabrik,<br />

planung freiraum 2007: 26)<br />

Im südlichen Bereich wird der Spielplatz<br />

vergrößert und mit neuen Spielgeräten<br />

ausgestattet. Zusätzlich wird eine größere<br />

Nähe zum Café Naumi geschaffen, um den<br />

Eltern und Großeltern bessere Beobachtungsmöglichkeiten<br />

zu geben. Für die Sicherheit<br />

der Kinder wird ein neuer<br />

spielplatzüblicher Zaun errichtet, um die<br />

Gefahr der nahen Reinickendorferstraße zu<br />

bannen. Ein Sorge, die von älteren Deutschen<br />

und älteren Migranten_innen geäußert<br />

wurde. (conceptfabrik, planung<br />

freiraum 2007: 26)<br />

Der ‚Marktplatz‘ am Durchgang vom Haus<br />

der Jugend wird offener gestaltet, um Veranstaltungen<br />

und andere Aktivitäten zu ermöglichen.<br />

Der Asphaltbelag bekommt ein<br />

Muster welches sich bis zur anderen Platzhälfte<br />

zieht. Hiermit soll eine visuelle Verbindung<br />

zwischen den zwei Bereichen<br />

geschaffen werden. (conceptfabrik, planung<br />

freiraum 2007: 26)<br />

Der Bolzplatz bleibt bestehen, wird aber in<br />

zwei Hälften geteilt. Hiermit soll die Möglichkeit<br />

entstehen, auch andere, mädchenfreundliche<br />

Sportarten auszuüben. Der<br />

neue Sportplatz erhält Sitzstufen hin zur<br />

Reinickendorferstraße und wird somit zu<br />

einer vom gesamten Bereich sichtbaren<br />

‚Bühne‘. Der große Bereich hinter dem<br />

Sportplatz wird mit einer hügeligen Wiese<br />

bestückt. Frauen mit türkischem Migrationshintergrund<br />

haben sich Wiesenflächen<br />

gewünscht. Die Experten_innen führen<br />

dies auf die meist ländlich geprägte Heimat<br />

der älteren Migranten_innen zurück. Ihre<br />

Enkelkinder sollen die Möglichkeiten bekommen,<br />

auf einer Wiese spielen zu können.<br />

An den Rändern sollen die neu<br />

entwickelten Möbel stehen, die gleichzeitig<br />

für Senioren_innen und Kinder nutzbar<br />

sind. (conceptfabrik, planung freiraum<br />

2007: 26)<br />

3.4 Urbane Freiräume im<br />

Stadtquartier Nauener Platz<br />

Öffentliche Räume<br />

Das Stadtquartier Nauener Platz ist von<br />

drei weiteren öffentlichen Plätzen und<br />

Parks umgeben. Der Leopoldplatz grenzt<br />

südlich an das Stadtquartier Nauener Platz<br />

heran (Block a-b) und wird von dessen Bewohner_innen<br />

genutzt. Die Schulstraße<br />

verbindet die beiden Plätze. Der Leopoldplatz<br />

wurde ebenso von dem Quartiersmanagment<br />

Pankstraße umgestaltet. Junge<br />

und alte Bewohner_innen sowie Migranten_innen<br />

sind mit Hilfe von Befragungen


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

87<br />

83 84<br />

bei der Planung beteiligt worden. Während<br />

der Bestandsanalyse haben sich jeweils<br />

viele Kinder mit Migrationshintergrund auf<br />

dem dortigen Spielplatz aufgehalten. Auf<br />

den Bänken saßen ebenso vereinzelt ältere<br />

Migranten_innen. Die Jugendlichen nutzen<br />

vor allem in der warmen Jahreszeit die<br />

nördlich an das Stadtquartier angrenzenden<br />

Sportplätze und das öffentliche Freibad.<br />

Im nahen Umkreis des Stadtquartiers befinden<br />

sich für die Bewohner_innen zwei<br />

öffentliche Parks. Der Volkspark Humboldthain<br />

liegt Südöstlich vom Stadtquartier<br />

und ist an einem S-Bahnhof gelegen. Die<br />

Uferstraße ist eine grüne Promenade an<br />

einem Bach, die diesen ebenfalls tangiert.<br />

Im Nordwesten gelegen befindet sich der<br />

Schillerpark mit Liegeflächen, Fußwegen,<br />

Spiel- und Sitzmöglichkeiten.<br />

Innenhöfe<br />

Im Stadtquartier gibt es einen Unterschied<br />

zwischen den öffentlichen Hinterhöfen der<br />

Baublöcke und den privaten Freiräumen<br />

der Seniorenwohnanlagen. Letztere sind<br />

großzügig gepflegt, mit vielen Gehwegen<br />

samt Sitzbänken bestückt und nur von den<br />

älteren Bewohner_innen der Seniorenwohnanlage<br />

nutzbar. Die Innenhöfe der<br />

Blockbebauung sind hingegen ungepflegt,<br />

vieles ist zerstört und vermüllt.<br />

Der Baublock (a) südlich der Reinickendorfer-<br />

und Schulstraße wird hier beschrieben,<br />

da es für das gesamte Stadtquartier beispielhaft<br />

ist. Die Häuser sind zur Hofseite<br />

sehr unterschiedlich gestaltet und wurden<br />

seit Jahren nicht modernisiert. Auf fast<br />

allen Balkonen stehen verschieden große<br />

Satellitenschüsseln für den Empfang von<br />

ausländischen Fernsehsendern. Die Bäume<br />

in den Grünbereichen stehen eng zusammen<br />

und nah an den Fassaden. Sie sind<br />

undurchsichtig und nehmen den unteren<br />

Geschossen das Sonnenlicht. Auf dem Hof<br />

entstehen auch am Tag dunkle Bereiche.<br />

Der südlich gelegene Spielplatz ist nicht<br />

mehr nutzbar. Die Tischtennisplatte ist kaputt,<br />

die Sitzflächen der Bänke fehlen und<br />

der Sportplatz hat einen Asphaltboden, auf<br />

dem Jugendliche nicht spielen möchten.<br />

83 Freiraum der Seniorenwohnanlage<br />

84 Leopoldplatz


88 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

85<br />

86<br />

85 Innenhof Block a,<br />

Wiese mit Sofa und<br />

Sitzbank<br />

86 Innenhof Block a,<br />

Rückseite Penny-Markt<br />

Der Bodenbelag auf dem Hof reicht von<br />

Kieselsteinen, Sand, Asphalt bis zu einer<br />

Wiese. Letztere ist ausgedürrt und ohne<br />

Sitzmöglichkeiten. Die Bewohner_innen<br />

haben selbst eine alte für den Außenraum<br />

ungeeignete Polsterecke auf die Wiese gestellt.<br />

An diese Wiese grenzt das Lager des<br />

Pennymarktes. Große Mülltonnen und die<br />

Abluft des Einkaufsladens verursachen<br />

einen unangenehmen Geruch auf dem gesamten<br />

Hinterhof. Zudem sind viele Müllreste<br />

um die Mülltonnen herum verstreut.<br />

In den Passantengesprächen wird ein<br />

deutlicher Unmut über den öffentlichen<br />

Freiraum geäußert. Die Mehrheit bewertet<br />

diesen als mangelhaft, ungepflegt und als<br />

unsicher. Die befragten Senioren_innen äußern<br />

sich besorgt um ihre Sicherheit. Sie<br />

trauen sich abends nicht aus dem Haus zu<br />

gehen und fühlen sich von den vielen „ausländischen“<br />

Jugendlichen bedroht. Sie äußern<br />

den Wunsch, man solle den<br />

Jugendlichen Arbeit geben, damit sie nicht<br />

mehr auf der „Straße rumlungern“. Mehr<br />

Polizeipräsenz würde ihr Sicherheitsgefühl<br />

steigern. (siehe Auswertung, Anhang)<br />

Verkehr<br />

Die Gehsteige an der Reinickendorfer- und<br />

Schulstraße sind breit und großzügig. Da<br />

die Hinterhöfe kaum genutzt werden, verweilen<br />

Jungendliche und junge erwachsene<br />

Männer mit Migrationshintergrund vor<br />

den Häusern, Einkaufsläden und Kulturvereinen.<br />

Das Quartiersmanagment beobachtet öffentliche<br />

Räume im Stadtquartier, auf<br />

denen sich ältere Migranten_innen - zumeist<br />

Frauen - treffen und verweilen. Solche<br />

Bereiche sind an Vehrkehrsberuhigten<br />

Kreuzungen und Straßen entstanden. Hier<br />

wurden Sitzbänke aufgestellt, die dankbar<br />

angenommen werden. Die Experten_innen<br />

stellen fest, dass der Außenraum des gesamten<br />

Stadtquartiers für die älteren Migranten_innen<br />

eine Erweiterung ihres<br />

Wohnbereichs ist. Sie nutzen diesen bewusst<br />

als Treffmöglichkeit, zum Verweilen<br />

und zum Beobachten.<br />

Der Verkehr an der Reinickendorferstraße


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

89<br />

erweist sich für viele ältere Bewohner_<br />

innen als Barriere im Stadtquartier. Das<br />

Überqueren ist schwierig, da nur an der<br />

Kreuzung mit der Schulstraße Füßgängerampeln<br />

vorhanden sind. Die Senioren_<br />

innen aus der Wohnanlage sind meist mit<br />

Rollatoren unterwegs und überqueren die<br />

Straße meist langsam an Verkehrinseln<br />

ohne Zebrastreifen, um beispielsweise zum<br />

türkischen Gemüsehändler zu gelangen.<br />

Diese Situation entsteht ebenfalls im südlichen<br />

Bereich der Straße bei Pennymarkt<br />

und Lidl.<br />

3.5 Wechselbeziehungen<br />

Infrastrukturelle Einrichtungen<br />

Das Haus der Jugend auf dem Nauener<br />

Platz ist eine soziale Einrichtung für Kinder<br />

und Jugendliche. Gruppenräume für Veranstaltungen,<br />

ein Medienraum mit Computerarbeitsplätzen,<br />

ein Saal für Tanz- und<br />

Gymnastikkurse sowie das Café Naumi ermöglichen<br />

viele Angebote. Letzteres ist mit<br />

einem günstigen Essensangebot auch für<br />

jüngere Bewohner_innen eine Alternative<br />

im Stadtquartier. Im Haus der Jugend ist<br />

zudem das Radio JOJO angesiedelt und<br />

es gibt Räume für die Initiative Nauener<br />

Neu. Erwachsene oder ältere Menschen<br />

erhalten hier keine Angebote, da der<br />

Schwerpunkt ausschließlich bei den Jüngeren<br />

liegt. Die Mitarbeiter_innen des Café<br />

Naumi berichten, dass sie eine hohe Kinderarmut<br />

im Stadtquartier feststellen. Sie<br />

geben jeden Nachmittag, eine halbe<br />

Stunde vor Schließung, ihr Essen umsonst<br />

heraus. Hier kommt es vor, dass Kinder<br />

Schlange stehen, um etwas essen zu dürfen.<br />

Die Expertengespräche gaben Aufschluss<br />

über weitere Angebote und Projekte im<br />

Stadtquartier. Der Verein ‚die Brücke‘ bietet<br />

Migranten_innen im Stadtquartier Beratung<br />

bezüglich Arbeitsmöglichkeiten, Gesundheitsfragen<br />

und Alltagsproblemen. Ein<br />

Netzwerk von sozialen Projekten und Trägern<br />

für ältere Migranten_innen ist bisher<br />

nicht vorhanden. Ein Versuch stellt ein Projekt<br />

des Bezirksamtes Mitte dar, 17 Bewohner_innen<br />

mit Migrationshintergrund<br />

zu Multiplikatoren_innen auszubilden. Sie<br />

sollen ältere Migranten_innen bezüglich<br />

gesetzlicher Möglichkeiten der Pflege beraten<br />

und durften in Berlin selber Pflegeeinrichtungen<br />

besuchen. Sie konnten diese<br />

unter Betrachtung der Belange älterer Migranten_innen<br />

untersuchen und als geeignet<br />

auswählen.<br />

Im Stadtquartier besteht seit mehreren<br />

Jahren eine Frauengruppe aus älterer türkischen<br />

Migrantinnen mit dem Ziel der<br />

Selbsthilfe. Die Frauen treffen sich an<br />

Nachmittagen, um gemeinsam Tee zu trinken<br />

und sich auszutauschen. Sie möchten<br />

ihre Einsamkeit überwinden und sich unterhalten.<br />

Ihr Selbstbewusstsein wird hiermit<br />

gestärkt und ihre psychischen<br />

Krankheiten gemildert. Die Leiter_innen der<br />

Frauengruppe organisieren in regelmäßigen<br />

abständen Teenachmittage gemeinsam<br />

mit deutschen Seniorinnen. Anfangs<br />

gab es aufgrund sprachlicher und kultureller<br />

Ängste Schwierigkeiten in beiden Gruppen.<br />

Mit verschiedenen Spielen wurden<br />

diese Barrieren abgebaut. Die Teenachmittage<br />

sind mittlerweile für beide Gruppen<br />

eine willkommene Abwechslung.


90 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

4 Bewertung der Fallstudien<br />

4.1 Städtebauliche Situation<br />

des Stadtquartiers Nauener<br />

Platz<br />

25<br />

87<br />

87 Hausfassade an der<br />

Reinickendorfer Straße<br />

Wohnen<br />

Im Rahmen der Bestandsanalyse war eine<br />

Untersuchung der Wohnsituation der älteren<br />

Migranten_innen bezüglich ihrer Wohnungen<br />

nicht möglich. Es kann angenommen<br />

werden, dass die Gründerzeit- und Nachkriegsgebäude<br />

im Stadtquartier Nauener<br />

Platz nicht altengerecht sind.<br />

Die Passantenbefragungen geben weitere<br />

Aufschlüsse über die Wohnsituation im<br />

Stadtquartier. Die Mehrheit der Befragten<br />

lebt alleine und in Miete. Die Miethöhe wird<br />

als angemessen bis teuer bewertet. Etwa 60<br />

Prozent der älteren Bewohner_innen gaben<br />

an sich in ihren Wohnungen wohl zu fühlen.<br />

Dies rührt sicher daher, da viele der Befragten<br />

in den Seniorenwohnanlagen leben. Negative<br />

Äußerungen sind eher zur<br />

Gesamtsituation des Stadtquartiers zu vernehmen.<br />

Die deutschen Senioren_innen<br />

geben an, dass es „früher“ besser war als<br />

noch weniger „Ausländer“ im Stadtquartier<br />

lebten. Sie merken, dass sie die Minderheit<br />

im Stadtquartier sind und berichten, dass<br />

sie gerne wegziehen würden. (siehe Auswertung,<br />

Anhang)<br />

Gebäude<br />

Das Stadtquartier Nauener Platz ist im Unterschied<br />

zu den anderen beiden in dieser<br />

Diplomarbeit untersuchten Fallstudien ein<br />

über Jahrhunderte gewachsenes Stadtquartier.<br />

Die Gründerzeitgebäude wurden<br />

in den letzten Jahren modernisiert aber<br />

viele befinden sich in einem schlechten<br />

baulichen Zustand. Vor allem im Hinterhofbereich,<br />

ist eine Modernisierung vieler<br />

Baublöcke notwendig.<br />

Die Gebäude der Seniorenwohnanlagen<br />

sind aus den 1970er Jahren. Sie wurden<br />

altengerecht gebaut und werden bis heute<br />

von den zuständigen Stiftungen stetig modernisiert<br />

und gepflegt. Dies macht sich in<br />

der Zufriedenheit der Bewohner_innen bemerkbar.<br />

Infrastruktur<br />

Die vor allem ethnisch geprägte Infrastruktur<br />

ist ohne eine Planung entstanden. Die<br />

in den letzten Jahren entstandenen Internetcafés,<br />

Callcenter und Wettbüros haben<br />

meist auffällige Werbebanner und Leuchtzeichen<br />

im Außenraum. Dies führt zu einem<br />

negativen Bild des Straßenraumes. Die<br />

nützlichen Bäckereien, Gemüsehändler<br />

und Fleischereien haben sich weit aus besser<br />

in das Straßenbild eingefügt.<br />

Bezüglich der älteren Migranten_innen im<br />

Stadtquartier, ist diese ethnisch geprägte


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

91<br />

88 89<br />

Infrastruktur zu begrüßen. Die älteren Migranten_innen<br />

können sich im Stadtquartier<br />

selbstständig bewegen und in ihrer Muttersprache<br />

einkaufen. Für viele Muslime ist<br />

eine türkische Fleischerei wichtig, da sie<br />

hier wissen, dass die Tiere nach ihren kulturelle<br />

Regeln verarbeitet werden.<br />

Die älteren deutschen Senioren_innen aus<br />

den Seniorenwohnanlagen sind hingegen<br />

auf diese Infrastruktur angewiesen. Sie<br />

gehen am Morgen mit ihren Rollatoren zum<br />

Gemüsehändler gegenüber des Nauener<br />

Platzes und sind froh über dessen Angebot.<br />

Die entfernt gelegenen Penny und Lidl<br />

sind nur unter großer Anstrengung zu erreichen.<br />

Trotzdem muss diese Entwicklung<br />

als negativ bewertet werden. Ein gemischtes<br />

Angebot muss in einem von rund<br />

10.000 Menschen bewohnten Stadtquartier<br />

möglich sein.<br />

Verkehr<br />

Die stark befahrenen Reinickendorfer- und<br />

Schulstraße sind nicht nur gebaute Barrieren<br />

sondern für die älteren Bewohner_innen<br />

im Stadtquartier ein Sicherheitsrisiko. Im<br />

Wissen, dass rund ein Viertel der Bewohner_innen<br />

über 65 Jahre alt ist, sollte eine<br />

sichere Überquerungsmöglichkeit geschaffen<br />

werden. Während der Bestandsanalyse<br />

konnten mehrmals gefährliche Verkehrssituationen<br />

mit älteren Bewohner_innen beobachtet<br />

und per Video festgehalten<br />

werden.<br />

Freiraum<br />

Der Freiraum ist der negative Aspekt des<br />

Stadtquartiers Nauener Platz. Die Hinterhöfe<br />

sind in einem baulich schlechten Zustand.<br />

Diese sind für Kinder, Jugendliche<br />

und Ältere nicht nutzbar. Die Bäume und<br />

Gebüsche müssen gepflegt, Kinderspielplätze<br />

wieder hergestellt und der Müll muss<br />

entfernt werden. Jugendliche Migranten<br />

halten sich somit lieber auf den Straßenräumen<br />

vor den Häusern auf. Kinder, Mädchen<br />

und Ältere fühlen sich von ihnen<br />

bedroht und werden verdrängt. Dies führt<br />

zu vermeidbaren Konflikten zwischen den<br />

älteren deutschen Senioren_innen und den<br />

jugendlichen Migranten.<br />

Zu begrüßen sind die Anstrengungen des<br />

88 Fußgängerüberweg an der<br />

Reinickendorfer Straße<br />

89 Blick auf die Reinickendorfer<br />

Straße


92 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

den. Eine Neugestaltung des Platzes kann<br />

zu einer Brücke im Stadtquartier werden.<br />

25<br />

90 Innenhof Block a<br />

90<br />

Quartiersmanagment Pankstraße für die<br />

älteren Migranten_innen Sitzbänke aufzustellen<br />

und diese zu verwalten. Diese spontan<br />

entstandenen Räume sind ebenso<br />

wichtig wie die geplanten Plätze im Stadtquartier.<br />

4.2 Umbau des Nauener<br />

Platzes<br />

Projekt<br />

Die Rückeroberung eines als Drogenumschlagplatz<br />

bekannten öffentlichen Platzes<br />

durch eine Bürgerinitiative bedarf Bewunderung.<br />

Die daraus entstandene finanzielle<br />

Unterstützung für dessen Neugestaltung<br />

ist, gerade weil es aus einer Bürgerinitiative<br />

entstanden ist, begrüßenswert. Der Nauener<br />

Platz wird bisher kaum von den Bewohnern_innen<br />

mit Migrationshintergrund<br />

westlich der Reinickendorferstraße erreicht.<br />

Die Straße ist eine große Barriere,<br />

aber vor allem sind auf der östlichen Seite<br />

keine Angebote und Infrastruktur vorhan-<br />

Bürgerbeteiligung<br />

Das Bürgerbeteiligungsverfahren ist positiv<br />

zu bewerten. Der Ansatz des Quartiersmanagments<br />

und des Moderators, die einzelnen<br />

Gruppen bei ihren Treffpunkten vor Ort<br />

zu besuchen, hat viele Bewohner_innen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund involviert.<br />

Der Zugang auf die Moschee um die<br />

vielen älteren muslimischen Migranten_<br />

innen des Quartiers zu erreichen darf nicht<br />

unterschätzt werden. Sie haben hier indirekt<br />

einen für sie wichtigen Wunsch geäußert.<br />

Die Beteiligung ihrer Kinder und Enkel<br />

in der Moschee am Verfahren zeigt, dass<br />

sie einen kinderfreundlichen Platz wünschen<br />

da sie meist in der Familien und vor<br />

allem mit ihren Kindern die Plätze des<br />

Quartiers nutzen. Die bestehenden Erfahrungen<br />

aus vorhergehenden Befragungen<br />

zur Umgestaltung des Leopoldplatzes und<br />

der Betreuung durch Frau Altunkajnak des<br />

Quartiersmanagments hat ebenfalls zu<br />

einem umfangreichen Input von Seiten der<br />

älteren Migranten_innen geführt. Der spielerische<br />

Ansatz der Verfahren hat den Bewohner_innen<br />

die Möglichkeit eröffnet, zu<br />

formulieren wie sie ihren Platz heute erleben<br />

und welche Anforderungen sie an<br />

einen neuen Nauener Platz haben.<br />

Umgestaltung<br />

Die Planung und Gestaltung des Nauener<br />

Platzes geht auf viele geäußerte Wünsche<br />

der Bewohner_innen ein. Für die älteren<br />

Migranten_innen sind die geschaffenen<br />

Rückzugsräume mit Sitzbankgruppen von<br />

Vorteil. Hier bekommen sie die Möglichkeit<br />

der Begegnung und Beobachtung und


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Handlungsempfehlungen<br />

93<br />

können sich gleichzeitig in ihrer Muttersprache<br />

unterhalten. Die Einzäunung des<br />

Spielplatzes und die hierdurch entstehende<br />

Sicherheit für die Kinder schafft für die Bewohner_innen<br />

mit Migrationshintergrund<br />

westlich der Reinickendorferstraße eine Alternative<br />

zum sicheren Leopoldplatz.<br />

4.3 Lebenslage der älteren<br />

Migranten_innen<br />

Die bestehende ethnische Kolonie von Bewohner_innen<br />

mit türkischem Migrationshintergrund<br />

ist ein Trugschluss. Ebenso<br />

der scheinbar stärkere Familienzusammenhalt<br />

ist in Wahrheit nicht vorhanden.<br />

Die hohe Einsamkeit und die daraus folgenden<br />

psychischen Krankheiten sind eine<br />

Bestätigung dieser These. Das entstehende<br />

Netzwerk von türkischsprachigen<br />

Migranten_innen ist ein Anfang, wird allerdings<br />

nicht ausreichen, um den älteren Migranten_innen<br />

im Stadtquartier einen<br />

angenehmen Lebensabend zu ermöglichen.<br />

Zusätzlich zur Umgestaltung des<br />

Freiraums ist eine Gemeinschaftseinrichtung<br />

für alle älteren Bewohner_innen von<br />

nöten.<br />

Freiraum als Begegnungsort<br />

Der Freiraum des Stadtquartiers ist für sie<br />

eine Erweiterung des Wohnraumes. Sie<br />

wünschen sich mehr Grünflächen im Freien,<br />

mehr Sitzbänke vor den Häusern und auch<br />

an kleinen Plätzen. In den Gesprächen mit<br />

den Experten_innen wird deutlich, dass eine<br />

neue Aufenthaltsqualität des Freiraums<br />

ihnen die Entscheidung, nicht mehr in ihre<br />

Heimat zurückzukehren, erleichtern würde.<br />

91<br />

5 Handlungsempfehlungen<br />

5.1 ‚Gestaltung urbaner<br />

Freiräume‘ für ältere<br />

Migranten_innen<br />

Die Fallstudie des Stadtquartiers Nauener<br />

Platz in Berlin hat ermöglicht, die hier dominierende<br />

Bevölkerungsgruppe der türkischen<br />

Migranten_innen zu untersuchen. Es<br />

wurde festgestellt, dass ein urbaner Freiraum<br />

für die älteren Migranten_innen nicht<br />

nur ein Aufenthaltsraum zum Verweilen<br />

darstellt, sondern ein wichtiger Begegnungsort<br />

für sie ist.<br />

Im Alter leiden die älteren Migranten_innen<br />

im Stadtquartier Nauener Platz an Einsamkeit.<br />

Die Entfernung von den eigenen Kindern<br />

und der starke Rückkehrwunsch in<br />

die Heimat führt bei ihnen zu psychischen<br />

Krankheiten. Die ethnische Kolonie bietet<br />

ihnen, anders als vermutet wird, im Alter<br />

keinen Rückhalt mehr. Ihre geringe sprach-<br />

91 Kinder mit Migrationshintergrund<br />

in der Moschee<br />

während des Bürgerbeteiligungsverfahrens


94 Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Handlungsempfehlungen<br />

25<br />

92<br />

92 Ansicht auf die südliche<br />

Hälfte des Nauener Platzes<br />

nach der Umgestaltung in<br />

Richtung Reinickendorfer<br />

Straße<br />

liche Kompetenz macht sie aber abhängig<br />

von den ethnisch geprägten Versorgungseinrichtungen<br />

im Stadtquartier.<br />

Eine Verbesserung der Lebenslage für die<br />

älteren Migranten_innen ist somit nur über<br />

eine bessere Integration in der eigenen<br />

ethnischen Gruppe möglich. Ein neugestalteter<br />

Nauener Platz kann dazu den nötigen<br />

Raum bieten. Die Akteure des<br />

Stadtquartiers sahen die älteren Migranten_innen<br />

von Beginn an als eine Zielgruppe<br />

bei den Planungen des Nauener<br />

Platzes und werden viele der geäußerten<br />

Wünsche umsetzen.<br />

Der Freiraum beschränkt sich für die älteren<br />

Migranten_innen aber nicht nur auf einen<br />

öffentlichen Platz. Sie betrachten Gehsteige<br />

vor ihren Häusern oder vor den Kulturvereinen,<br />

nicht ausgewiesene öffentliche Räume<br />

und auch die bestehenden Innenhöfe der<br />

Wohnbebauung als ihren Freiraum im Stadtquartier.<br />

Diese aktive Nutzung des Freiraums<br />

macht Handlungsempfehlungen für<br />

den gesamten Freiraum des Stadtquartiers<br />

nötig. Die Fallstudien haben gezeigt, dass<br />

hier große Mängel bestehen.<br />

Der neue Nauener Platz<br />

Der Nauener Platz befindet sich seit Juni<br />

2008 in der baulichen Umgestaltung. Vorschläge<br />

zu diesem Projekt sind nicht notwendig,<br />

da die Anforderungen und Wünsche<br />

der älteren Migranten_innen an einen neuen<br />

Nauener Platz infolge des Bürgerbeteiligungsverfahrens<br />

bei der Gestaltung eingeplant<br />

wurden. Weitergehende Überlegungen<br />

gibt es einzig zu einer besseren Verbindung<br />

zwischen dem westlichem Teil des Stadtquartiers<br />

und Nauener Platz nötig. Die Reinickendorferstraße<br />

bildet an dieser Stelle<br />

eine räumliche Barriere. Hierbei steht die Sicherheit<br />

beim Überqueren der Straße an<br />

erster Stelle. Die unmarkierten Verkehrsinseln<br />

müssen durch Zebrastreifen und eine<br />

sichtbare Beschilderung ersetzt werden. Das<br />

ist in einem Stadtquartier mit einer hohen<br />

Anzahl an älteren Bewohner_innen notwendig.<br />

Zusätzlich sollten die Verkehrsplaner,<br />

Lösungen in Richtung einer Verkehrsberuhigung<br />

durch eine Geschwindig keits begrenzung<br />

für PKWs oder Maßnahmen zur<br />

Verringerung des PKW-Verkehrs am Nauener<br />

Platz in Betracht ziehen.


Fallstudie Nauener Platz, Berlin<br />

Handlungsempfehlungen<br />

95<br />

Urbaner Freiraum im Stadtquartier Nauener<br />

Platz<br />

Die Innenhöfe der Baublöcke sind in ihrem<br />

heutigen Zustand nicht nutzbar. Für die<br />

Anwohner_innen könnten die Innenhöfe<br />

hingegen eine Erweiterung ihres Wohnbereiches<br />

sein. Es empfiehlt sich eine zukünftige<br />

Umgestaltung mit mehreren denkbaren<br />

Vorgehensweisen.<br />

Die Innenhöfe sollten in neue Nutzungsbereiche<br />

eingeteilt werden. Dazu gehören<br />

Pufferzonen zu den angrenzenden Erdgeschosswohnungen,<br />

sowohl moderne<br />

Spiel- als auch ansprechende Aufenthaltsbereiche.<br />

Von Bedeutung ist ebenso die Pflege der<br />

Innenhöfe. Die Verantwortung hierfür sollte<br />

den Anwohner_innen übertragen und in regelmäßigen<br />

Abständen von Akteuren des<br />

Stadtquartiers überprüft werden. Die Mülltonnen<br />

der Bewohner_innen, des angrenzenden<br />

Einzelhandels und sonstige<br />

Gerätschaften gehören in dafür vorgesehene<br />

Räume.<br />

Eine innovative Chance für die Innenhöfe<br />

des Stadtquartiers eröffnet das Konzept<br />

der ‚Internationalen Gärten‘. Die neuen<br />

Nutzungsbereiche des Innenhofs können<br />

für Schrebergärten zur Verfügung gestellt<br />

werden. Die Beteiligung der älteren türkischen<br />

Migranten_innen an solchem Projekt<br />

würde ihre bestehende Kompetenz stärken<br />

und gleichzeitig ihre Selbsthilfe fördern.<br />

Zudem könnte die Bildung einer Schrebergarten-Gemeinschaft<br />

ihre Einsamkeit mindern<br />

und eine Integration in die eigene<br />

ethnische Gruppe fördern. Das vorgestellte<br />

Beispiel der Mietergärten im Berliner Viertel<br />

in Monheim am Rhein zeigt, dass sich<br />

die Kommunikation zwischen den Ethnien<br />

des Stadtquartiers durch ein solches Projekt<br />

verbessert. Vorstellbar ist ebenso die<br />

Schaffung eines Netzwerkes von mehreren<br />

Gartengemeinschaften in den unterschiedlichen<br />

Baublöcken des Stadtquartiers. Ziel<br />

ist es, die Integration zu den anderen Bewohner_innen<br />

zu verbessern und gleichzeitig<br />

die Qualität des Freiraums zu<br />

steigern.<br />

5.2 Gemeinschaftseinrichtung<br />

Die älteren Bewohner_innen mit und ohne<br />

Migrationshintergrund benötigen Räume<br />

für Begegnung, Beratung und Angebot.<br />

Eine öffentliche Gemeinschaftseinrichtung<br />

ist im Stadtquartier Nauener Platz nicht<br />

vorhanden. Es empfiehlt sich, die leerstehenden<br />

Jugendbibliothek in eine Gemeinschaftseinrichtung<br />

umzuplanen. Die Lage<br />

auf dem Nauener Platz und die Nachbarschaft<br />

zum Haus der Jugend sind ideal. Ein<br />

‚Haus der Generationen‘ kann für ältere Migranten_innen<br />

mit Angeboten zur Stärkung<br />

von Kompetenzen und der Selbsthilfe die<br />

Einsamkeit mindern.


IV C Fallstudie Pfingstweide,<br />

Ludwigshafen am Rhein<br />

‚Attraktives Wohnen im Quartier –<br />

Nachbarschaften von Jung und Alt‘<br />

1 Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Vorgehensweise<br />

Die Pfingstweide ist das zuletzt untersuchte<br />

Stadtquartier für die Fallstudien. In<br />

der Zeit der Durchführung der Bestandsanalyse<br />

waren in Rheinland-Pfalz Schulferien.<br />

Viele Bewohner_innen mit und ohne<br />

Migrationshintergrund befanden sich im<br />

Urlaub. Die Passantenbefragungen konnten<br />

mit acht älteren deutschen Bewohner_<br />

innen durchgeführt werden. Davon hatte<br />

kein Bewohner_in einen Migrationshintergrund.<br />

Das Alter der drei Frauen und fünf<br />

Männer lag im Schnitt bei 72,8 Jahren und<br />

somit ähnlich der Befragten Bewohner_<br />

innen in den beiden anderen Fallstudien.<br />

Die Wohndauer der befragten auf der<br />

Pfingstweide beträgt im Schnitt 24,3 Jahre.<br />

Eine Passantenbefragung verlagerte sich<br />

von der Straße in die Wohnung eines langjährigen<br />

Bewohners des Stadtquartiers<br />

und wurde zu einem langen Gespräch.<br />

Die Gespräche mit vier Experten_innen aus<br />

dem Stadtquartier fanden in zwei Abschnitten<br />

statt. Das erste Gespräch fand mit Gerold<br />

R. Blaese statt. Er ist jahrelanger<br />

Bewohner der Pfingstweide und in vielen<br />

<strong>Arbeitskreis</strong>en bezüglich der Interessen der<br />

Migranten_innen des Stadtquartiers ehrenamtlich<br />

tätig. Herr Blaese verbrachte viele<br />

Jahre für das Unternehmen BASF im Ausland<br />

und beschreibt sich selbst als Migrant.<br />

Das zweite Gespräch fand in einer Runde<br />

mit drei Experten_innen statt. Frau Christa<br />

Müller ist ebenfalls jahrelange Bewohnerin<br />

der Pfingstweide und hier ehrenamtlich<br />

aktiv. Sie ist die Vorsitzende einer Arbeitsgemeinschaft<br />

der Vereine auf der Pfingstweide.<br />

Als frühere Lehrerin im Stadtquartier


98 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

Stadtquartier<br />

Pfingstweide<br />

Hauptbahnhof<br />

25<br />

93 94<br />

93 Stadtplan Ludwigshafen<br />

94 Pfingstweide nach der<br />

Fertigstellung<br />

hat sie viel Erfahrung im Austausch mit den<br />

heute älteren Migranten_innen vor Ort.<br />

Beim Gespräch anwesend waren auch<br />

Frau Hahn als Ansprechpartnerin und Mitarbeiterin<br />

der BASF Wohnungsbaugesellschaft<br />

LUWOGE und Frau Wich in ihrer<br />

Funktion als ‚Netzwerkerin‘ des Haus<br />

NOAH.<br />

Quartiersgeschichte<br />

Das Stadtquartier Pfingstweide war, wie<br />

der Name schon andeutet, eine Viehweide.<br />

Diese lag auf der Gemarkung der Edigheimer<br />

Gemeinde und war gekennzeichnet<br />

von ständiger Überflutung durch den nahen<br />

Rhein. Einzig in der Pfingstzeit konnte das<br />

Gelände von Vieh beweidet werden. Im<br />

Jahr 1966 vergab die Stadt Ludwigshafen<br />

am Rhein den Auftrag an die städtische<br />

Wohnungsbaugesellschaft GAG ein Gutachten<br />

zur Wohnbebauung zu erstellen.<br />

Bei der Stadt Ludwigshafen waren rund<br />

7000 Menschen auf Wohnungssuche gemeldet,<br />

davon waren allein 3000 beim Unternehmen<br />

BASF, welches schon zu<br />

damaliger Zeit der wichtigste Arbeitgeber<br />

der Stadt war. Diese Wohnungsnot zwang<br />

den Gemeinderat und die BASF noch im<br />

selben Jahr zu einer Vereinbarung über den<br />

Bau einer Siedlung auf der Pfingstweide.<br />

Die BASF war zuständig für die Planung<br />

des Projektes und gründete eine eigene<br />

Wohnungsbaugesellschaft LUWOGE. Der<br />

Auftrag für ein weiteres Gutachten zum bestehenden<br />

Bebauungsplan wurde an das<br />

Berliner Büro von Albert Speer jr. vergeben.<br />

Dieser veränderte den Bebauungsplan hin<br />

zu einer verdichteten Wohnbebauung. Die<br />

vorgesehenen viergeschossigen Mehrfamilienhäuser<br />

und die neungeschossigen<br />

Punkthochhäuser wurden um Kettenhochhäuser<br />

im Zentrum des Stadtquartiers ergänzt.<br />

Die vorgesehene Geschosszahl<br />

sollte von sieben am Rand bis zu siebzehn<br />

Geschossen im Zentrum reichen. Diese<br />

Maßnahmen führten zu dem Charakter<br />

einer Trabantenstadt. Im Herbst 1967 begannen<br />

die Bauarbeiten für das neue<br />

Stadtquartier Pfingstweide. (www.pfingstweide-info.de<br />

2008)<br />

Fast alle Bewohner_innen des Stadtquartiers<br />

Pfingstweide sind bis heute Mitarbei-


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

99<br />

95 96<br />

ter_innen der BASF. Viele Migranten_innen<br />

zogen daher nach Ludwigshafen. Die LU-<br />

WOGE sorgte von Beginn an stets für eine<br />

Mischung bei der Vergabe der Wohnungen<br />

zwischen den Nationalitäten der Gastarbeiter_innen.<br />

Bis heute überwiegt keine<br />

bestimmte Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund.<br />

Städtebauliche Situation<br />

Das Stadtquartier Pfingstweide befindet<br />

sich am Stadtrand im Norden von Ludwigshafen<br />

losgelöst von der restlichen<br />

Stadt. Es wird von zwei sechsspurigen Autobahnzubringerstraßen<br />

im Süden und<br />

Osten eingegrenzt. Im Osten trennt diese<br />

das Stadtquartier vom großen Industriegelände<br />

der BASF. In westlicher Entfernung<br />

liegt der Stadtteil Frankenthal und im<br />

Süden Edigheim. Im Norden des Stadtquartiers<br />

blickt man in die Weite aufs<br />

Ackerland.<br />

Auf dem Stadtquartier stehen 300 Einfamilienhäuser<br />

und 2400 Geschosswohnungen,<br />

wovon rund 30 Prozent in privatem<br />

Eigentum sind. Jeweils 30 Prozent verteilen<br />

sich auf die Wohnungsbaugesellschaften<br />

LUWOGE und GAG. (Zahiri 2007: 48)<br />

Auf den zwei zentralen Wohnbereichen befinden<br />

sich am Rand viergeschossige<br />

Mehrfamilienhäuser und zur Mitte hin bis<br />

zu siebzehn-geschossige Hochhäuser. In<br />

den Außenbereichen sind ebenfalls Mehrfamilienhäuser<br />

und zusätzlich neungeschossige<br />

Punkthochhäuser. Die<br />

Einfamilienhäuser stehen im Norden und<br />

Osten des Stadtquartiers. Sie sind freistehend,<br />

aber auch als Reihen- und Hofhäuser<br />

gebaut.<br />

Die Pfingstweide ist aus dem Stadtzentrum<br />

mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nur<br />

unter großem Zeitaufwand erreichbar. Eine<br />

Fahrt dauert rund 45 Minuten und ist mit<br />

zweimaligem Umsteigen von der Tram in<br />

den Bus verbunden. Eine gute Anbindung<br />

an die Bundesstraßen erleichtert die Erreichbarkeit<br />

mit dem PKW. Das gesamte<br />

Stadtquartier ist eine fußgängerfreundliche<br />

verkehrsberuhigte Zone 30. Brücken zwischen<br />

den unterschiedlichen Wohnblöcken<br />

helfen zusätzlich beim Überqueren der<br />

Straßen.<br />

95 Neungeschossiges<br />

Punktshochhaus<br />

96 Blick auf Reihenhäuser und<br />

zentrale Kettenhochhäuser


100 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

25<br />

97 98<br />

97 Marktplatz am<br />

Einkaufszentrum<br />

98 Blick auf das Einkaufszentrum<br />

und zentrale<br />

Kettenhochhäuser<br />

99 Städtebaulicher Strukturplan<br />

Pfingstweide<br />

Am Fuß der Kettenhochhäuser liegt das<br />

Einkaufszentrum samt Marktplatz des<br />

Stadtquartiers. Das eingeschossige Zentrum<br />

beherbergt 16 unterschiedliche Läden,<br />

von einem Penny Lebensmittelladen und<br />

einem Schlecker Drogeriemarkt über zwei<br />

Bäckereien und einem Bekleidungsgeschäft<br />

bis zu mehreren Restaurants und<br />

Cafés. Das Angebot ist für die Bewohner_<br />

innen ausreichend, einzig das Fehlen eines<br />

Metzgereibetriebes wird beklagt. Das Gebäude<br />

ist auf der zentralen Anhöhe über<br />

Fußgängerbrücken aus den Wohnbereichen<br />

erreichbar. Viele bauliche Mängel und<br />

eine dunkle Passage reichen für heutige<br />

Anforderungen an ein Einkaufszentrum<br />

nicht mehr aus. Die Pfingstweide ist ausgestattet<br />

mit einer Grundschule auf dem<br />

südlichen und einem Kindergarten auf dem<br />

nördlichen Wohnblock. Kultur- und Freizeitangebote<br />

sind vor allem für Jugendliche<br />

vorhanden. Im Bürgerhaus im Süden<br />

hat sich das Jugendfreizeithaus angesiedelt<br />

und im Osten des Stadtquartiers eine<br />

Jugendfarm. Zusätzlich sind eine protestantische<br />

und eine katholische Kirche für<br />

die sozialen Belange der Bewohner_innen<br />

zuständig.<br />

Im Jahr 1996 wurde von den Wohnungsbaugesellschaften<br />

des Stadtquartiers die<br />

Initiative ‚Unsere Pfingstweide soll attraktiver<br />

werden‘ gestartet. Hierbei wurden bauliche<br />

Maßnahmen an den Außenanalgen,<br />

den Eingangsbereichen der Gebäude und<br />

den Spielplätzen im Wert von 25 Millionen<br />

Euro finanziert. Diese Initiative wurde im<br />

Jahr 2003 um das Projekt ‚Zukunft Leben<br />

– Pfingstweide‘ ergänzt. Hier wurden in<br />

einem Idee- und Kreativwettbewerb Vorschläge<br />

zu den neuen Anforderungen des<br />

Wohnens erstellt. Aus diesen ging die Idee<br />

für das hier untersuchte ‚Allengerechte<br />

Wohnen – Haus NOAH‘ hervor. (LUWOGE<br />

2006)


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Städtebauliche Bestandsanalyse<br />

101<br />

1<br />

Haus Noah<br />

2<br />

Einkaufszentrum<br />

3<br />

3<br />

1<br />

Kettenhochhäuser<br />

Marktplatz<br />

Londoner Ring<br />

2<br />

3<br />

Geschosswohnungsbau /<br />

Hochhäuser<br />

Einfamilienhäuser<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1<br />

Punkthochhäuser<br />

Bushaltestelle / Wendeplatte<br />

4<br />

1<br />

3<br />

1<br />

1<br />

2<br />

B9<br />

4<br />

Brüsseler Ring<br />

3<br />

2<br />

3<br />

Budapester Straße<br />

4<br />

99<br />

Kanaldamm (B9)<br />

50m


102 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Ältere Migranten_innen der Pfingstweide<br />

25<br />

100 101<br />

100 Einfamilienhäuser im<br />

Norden<br />

101 Mehrfamilienhäuser<br />

2 Ältere Migranten_innen in<br />

der Pfingstweide<br />

2.1 Lebenslage<br />

Demografische Daten<br />

Die Pfingstweide hat eine Kapazität an<br />

Wohnungen für rund 9000 Menschen.<br />

Heute zählt die<br />

Pfingstweide 6434 Bewohner_innen, das<br />

entspricht einer Schrumpfung von fast<br />

3000 Bewohner_innen. Grund hierfür ist<br />

der Abbau von Arbeitsplätzen bei der<br />

BASF. Viele junge Familien zogen es vor in<br />

die Kernstadt oder ins Umland zu ziehen.<br />

Ein Viertel der Bewohner_innen, 1674 an<br />

der Zahl, ist über 65 Jahre alt. Zählt man<br />

die über 50-jährigen hinzu, steigt ihr Anteil<br />

auf 35 Prozent. (Stadtverwaltung Ludwigshafen<br />

2008, Bereich Stadtentwicklung)<br />

Die statistischen Daten und die Definition<br />

der Bewohner_innen mit Migrationshintergrund<br />

basieren nicht auf den Erhebungen<br />

des Mikrozensus 2005. Zu den Migranten_<br />

innen werden Ausländer_innen und ausschließlich<br />

diejenigen mit doppelter<br />

Staatsbürgerschaft gezählt. Eingebürgerte<br />

und Spätaussiedler_innen fallen durch dieses<br />

Raster und zählen weiterhin zu den<br />

deutschen Bewohner_innen. Nach heutiger<br />

Zählung beträgt der Migrantenanteil in<br />

der Pfingstweide 24 Prozent. Die älteren<br />

Migranten_innen machen 10 Prozent der<br />

älteren Bewohner_innen im Stadtquartier<br />

aus. Das statistische Amt hat bestätigt,<br />

dass Zahlen nach dem Mikrozensus 2005<br />

vorhanden sind, aber auf Wunsch der<br />

Stadtverwaltung bis nach den Kommunalwahlen<br />

2009 zurückgehalten werden. Zwei<br />

vorhandene Daten helfen dabei, den realen<br />

Migrantenanteil anzunehmen. Bei der<br />

Frage des Glaubens geben 60 Prozent an,<br />

Christen zu sein, 40 Prozent hingegen sind<br />

andersgläubig, darunter viele Muslime. Das<br />

Land Rheinland-Pfalz hat Daten des Mikrozensus<br />

veröffentlich, in denen die Stadt<br />

Ludwigshafen auf einen Anteil von 40 Prozent<br />

Bewohner_innen mit Migrationshintergrund<br />

kommt. Somit kann angenommen<br />

werden, dass auf der Pfingstweide eben-


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Ältere Migranten_innen in der Pfingstweide<br />

103<br />

falls rund 40 Prozent Bewohner_innen mit<br />

Migrationshintergrund leben. (Stadtverwaltung<br />

Ludwigshafen 2008, Bereich Stadtentwicklung)<br />

Genaue Zahlen zu den Nationalitäten sind<br />

ebenfalls nicht vorhanden und die folgenden<br />

Angaben werden auf die Expertengespräche<br />

zurückgeführt. Die größten<br />

Gruppen sind die Bewohner_innen mit türkischem<br />

und italienischem Migrationshintergrund.<br />

Eine Besonderheit der<br />

Pfingstweide ist, dass die deutschen Bewohner_innen,<br />

welche zumeist in den Einfamilienhäusern<br />

leben, jahrelang für die<br />

BASF im Ausland gearbeitet haben. In Gesprächen<br />

beschreiben sie sich heute selbst<br />

als Migranten_innen.<br />

Ökonomische Situation<br />

Die älteren Migranten_innen sind im Vergleich<br />

zu Altersgenossen in den anderen<br />

untersuchten Fallstudien finanziell besser<br />

gestellt. Sie erhielten als Mitarbeiter_innen<br />

der BASF hohe Gehälter und beziehen<br />

heute eine dementsprechende Rente. Sie<br />

sind aber eher aus einem bildungsschwachen<br />

Milieu. Dies spiegelt sich auch bei<br />

ihren Kinder wieder, was an den geringen<br />

Empfehlungen für das Gymnasium für Kinder<br />

mit Migrationshintergrund zu erkennen<br />

ist. Die Arbeitslosenquote von 12,7 Prozent<br />

trifft somit die Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />

Von den Arbeitslosen im<br />

Stadtquartier haben 7,2 Prozent einen Migrationshintergrund.<br />

(Stadtverwaltung<br />

Ludwigshafen 2008, Bereich Stadtentwicklung)<br />

Die Experten_innen berichten, dass sich<br />

viele Jugendliche den Tag im Freiraum vertreiben,<br />

meist an den Sitzbereichen am<br />

Marktplatz und an Bushaltestellen, was<br />

oftmals zu Konflikten mit Besucher_innen<br />

des Einkaufszentrums führt.<br />

Gesundheitliche Lage<br />

Die älteren Migranten_innen können auf<br />

der Pfingstweide nicht auf die Pflege durch<br />

ihre Kinder zählen. Viele sind wegen der<br />

schlechten Arbeitsmarktlage weggezogen.<br />

In den Gesprächen gehen die Experten_<br />

innen davon aus, dass entweder innerhalb<br />

der Familie eine Lösung gesucht wird, oder<br />

private Pflegedienste auf der Pfingstweide<br />

beauftragt werden. Diese bieten eine kultursensible<br />

Altenhilfe an. Finanziell sind die<br />

älteren Migranten_innen durch ihre jahrelangen<br />

Beiträge in das Gesundheitssystem<br />

abgesichert.<br />

2.2 Bezug zum Stadtquartier<br />

Gesteuerte Verteilung der Bevölkerungsgruppen<br />

In den Gesprächen wurde geäußert, dass<br />

die Wohnungsbaugesellschaft GAG in den<br />

Anfangsjahren der Besiedelung des Stadtquartiers,<br />

die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen<br />

nicht gesteuert Verteilte.<br />

Dies führte bald zu Konflikten innerhalb der<br />

von der GAG geführten Gebäude. Die türkischen<br />

Migranten_innen und sozial schwachen<br />

Personen überwogen in den<br />

viergeschossigen Sozialwohnungen. Dieses<br />

Ungleichgewicht wurde über Jahre<br />

wieder behoben. Die LUWOGE, als Wohnungsbaugesellschaft<br />

der BASF, steuerte<br />

von Beginn an die Belegung ihrer Gebäude.<br />

Sie wollten eine soziale sowie räumliche<br />

Durchmischung erreichen. Die Kriterien der<br />

Belegung waren der Bildungsgrad, der so-


104<br />

Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Ältere Migranten_innen der Pfingstweide<br />

25<br />

102<br />

heute noch einen sozialen und finanziellen<br />

Rückschritt bedeuten. Es wird aber auch<br />

von gegenteiligen Beispielen berichtet.<br />

Viele ältere Bewohner_innen mit türkischem<br />

Migrationshintergrund hingegen<br />

haben zum einen die deutsche Staatsbürgerschaft<br />

angenommen und zum anderen<br />

die Möglichkeit genutzt, sich auf der<br />

Pfingstweide eine Eigentumswohnung zu<br />

kaufen. Die Experten_innen bewerten diesen<br />

Vorgang als Zeichen für den Bleibewillen<br />

der hier lebenden älteren türkischen<br />

Migranten_innen.<br />

102 Blick auf das Haus NOAH,<br />

rotes Fenster des<br />

Stockwerks Stockwerk<br />

,Generation 50+‘<br />

ziale Status und später dann die Nationalität<br />

der Bewohner_innen. Die<br />

Ansprechpartnerin der LUWOGE vertritt<br />

den Standpunkt, dass nur mit einer gesteuerten<br />

Verteilung ein Quartier funktionieren<br />

kann.<br />

Erwähnenswert ist eine größere Gruppe<br />

von integrations- und einbürgerungswilligen<br />

Bewohner_innen mit vietnamesischen<br />

Migrationshintergrund im Stadtquartier. Sie<br />

reden zuhause meist Deutsch um die eigene<br />

Integration und die ihrer Kinder zu<br />

fördern. Sie beantragen sobald wie möglich<br />

die deutsche Staatsbürgerschaft und<br />

wohnen geballt in bestimmten Bereichen<br />

des Stadtquartiers.<br />

Rückkehrwillen<br />

Die Experten berichten, dass etliche der<br />

älteren Bewohner_innen mit italienischem<br />

Migrationshintergrund heute in Deutschland<br />

bleiben wollen. Sie sind im Vereinsleben<br />

des Stadtquartiers integriert und<br />

ziehen es vor in ihr Herkunftsland zu pendeln,<br />

als endgültig wieder zurück zu kehren.<br />

Eine Rückkehr würde für sie auch<br />

2.3 Verhältnis zur Deutschen<br />

Gesellschaft<br />

In den Gesprächen äußern die Experten_<br />

innen, dass die älteren Migranten_innen<br />

ein normales bis positives Verhältnis zu<br />

den deutschen Bewohner_innen im Stadtquartier<br />

haben. Dieses Verhältnis ist von<br />

den vielen Arbeitsjahren mit deutschen<br />

Kollegen bei der BASF geprägt. Hier sind<br />

viele Freundschaften entstanden, die bis<br />

heute noch bestehen. Die Bewohner_innen<br />

bestätigen diese Vermutung in den Befragungen.<br />

Die Mehrheit gibt an, noch heute<br />

Kontakte zu älteren Migranten_innen im<br />

Stadtquartier zu haben. Sie bewerten das<br />

Verhältnis als gut und schildern positive Erlebnisse<br />

mit den Migranten_innen in ihrer<br />

Nachbarschaft. Selbst bei Nachfragen des<br />

Autors zu bestimmten Konfliktsituationen<br />

fielen fast keine negativen Äußerungen. Die<br />

Experten_innen berichten eher von Konflikten<br />

in den angrenzenden Stadtteilen<br />

Edigheim und Oppau.


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

105<br />

3 ExWoSt – IFAS<br />

Modellvorhaben<br />

3.1 Allengerechtes Wohnen<br />

im Haus NOAH<br />

Die heutige Bewohnerstruktur auf der<br />

Pfingstweide führt zu veränderten Wohnanforderungen.<br />

Die hohe Anzahl an älteren<br />

Bewohner_innen benötigen neue Wohnformen<br />

infolge gesundheitlicher Schwierigkeiten,<br />

geringer Mobilität und Einsamkeit.<br />

Aufgrund der veränderten Bewohnerstruktur,<br />

entschieden die Träger der Pfingstweide<br />

mehrere Geschosse eines<br />

bestehenden Hochhauses als Modellvorhaben<br />

für ein ‚Allengerechtes Wohnen‘<br />

umzubauen. In den Beschreibungen des<br />

Projektes wird darauf hingewiesen, dass<br />

„dem Migrationshintergrund der älter werdenden<br />

Bevölkerung Rechnung getragen<br />

werden“ soll. (LUWOGE 2006)<br />

Das ‚Allengerechte Wohnen‘ wurde im<br />

Haus NOAH (Nachbarschaftlich, Offen, Allengerecht,<br />

Hilfebietend) umgesetzt. Das<br />

modernisierte Hochhaus liegt auf dem<br />

nördlichen Wohnblock in Nähe der zentralen<br />

Kettenhochhäuser und des Einkaufszentrums.<br />

(LUWOGE 2008: 3)<br />

Daten und Fakten<br />

Im Haus NOAH wurden zwei mal zwei Geschosse<br />

und das Foyer umgebaut. Das<br />

zweite und dritte Stockwerk mit 690 m²<br />

und das achte und neunte Stockwerk mit<br />

620 m². Der Umbau hat im Jahr 2007 begonnen<br />

und wurde im Frühjahr 2008 eröffnet.<br />

Die Konzeptphase, welche zum<br />

103<br />

endgültigen Projekt geführt hat, begann<br />

schon im Jahr 2003. Finanziell wird das<br />

Projekt von der LUWOGE und zusätzlich<br />

vom ExWoSt-IFAS Forschungsfeld gestützt.<br />

(LUWOGE 2006)<br />

Projektbeteiligte<br />

Das Projekt ist sowohl von öffentlichen und<br />

privaten Trägern sowie Bewohner_innen<br />

der Pfingstweide gestützt:<br />

- <strong>Arbeitskreis</strong>e mit Beteiligung von<br />

Bewohner_innen<br />

- LUWOGE, Wohnungsbaugesellschaft<br />

der BASF<br />

- GAG, Wohnungsbaugesellschaft der<br />

Stadt Ludwigshafen<br />

- Netzwerkerin am Haus NOAH<br />

(Koordination)<br />

- Deutsches Rotes Kreuz<br />

- BauWohnBeratung Karlsruhe<br />

(Koordination)<br />

- VIVA Familia, Service für Lokale<br />

Bündnisse (Moderation)<br />

(LUWOGE 2006)<br />

103 Grundriss eines Umgebauten<br />

Stcokwerkes des<br />

Haus NOAH


106 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

104<br />

104 Begegnungszentrum im<br />

Haus NOAH<br />

Die Realisierung des Projektes erfolgte mit<br />

Hilfe von fünf Projektbausteinen. An erster<br />

Stelle stand die Kooperation und Kommunikation<br />

zwischen allen beteiligten Trägern<br />

und den Bewohner_innen. An zweiter und<br />

dritter Stelle standen der Umbau der beiden<br />

Stockwerksbereiche in ‚Stockwerke<br />

Generation +‘ und ‚Stockwerk für Senioren<br />

mit Pflegebedarf‘. Die letzten beiden Bausteine<br />

‚Pfingstweide-Netzwerker und Concierge‘<br />

und<br />

‚Generationennachbarschaftstreff mit integriertem<br />

Concierge-Büro‘ sind Gemeinschaftsangebote<br />

für das gesamte<br />

Stadtquartier. (Hahn, Grünenwald 2007: 3)<br />

sere Pfingstweide soll schöner werden‘.<br />

Die Neugestaltung des Freiraums war ein<br />

erster Schritt. In einer Befragung zum Themenschwerpunkt<br />

Wohnen im Jahr 2002<br />

unter den älteren Bewohner_innen mit und<br />

ohne Migrationshintergrund im Stadtquartier,<br />

wurden neue Wohnanforderungen dieser<br />

Bevölkerungsgruppe festgestellt. Die<br />

Einsicht in die Auswertung der Befragung<br />

war aus Datenschutzgründen nicht möglich,<br />

daher können hier keine konkreten Ergebnisse<br />

vorgestellt werden. Die LUWOGE<br />

gibt an, dass die älteren Migranten_innen<br />

aber keine spezifischen Anforderungen<br />

zum Wohnen geäußert haben sollen. Im<br />

Jahr 2004 wurde ein Kreativwettbewerb<br />

unter dem Motto ‚Zukunft Leben Pfingstweide‘<br />

initiiert. Hier durften von den Bewohner_innen<br />

bis zu Architekten_innen alle<br />

teilnehmen. Als Ergebnis aus den Befragungen<br />

und dem Wettbewerb ist der <strong>Arbeitskreis</strong><br />

‚Wohnen und plus‘ entstanden,<br />

an welchem auch Bewohner_innen des<br />

Stadtquartiers schriftlich und ausschließlich<br />

in deutscher Sprache eingeladen wurden.<br />

In diesem <strong>Arbeitskreis</strong> entstanden die<br />

konkreten Ideen und Konzepte zur Umsetzung<br />

für das Haus NOAH. Ein weitfassendes<br />

Bürgerbeteiligungsverfahren zum<br />

Projekt wurde nicht durchgeführt. (LU-<br />

WOGE 2006)<br />

3.2 Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

Das Haus NOAH ist ein Ergebnis des im<br />

Jahr 1996 von den Wohnungsbaugesellschaften<br />

der Pfingstweide und der Stadt<br />

Ludwigshafen gestarteten Projektes ‚Un-<br />

Die Experten_innen geben in den Gesprächen<br />

an, dass die älteren Migranten_innen<br />

an der Gestaltung des gesellschaftlichen<br />

Lebens auf der Pfingstweide bis auf wenige<br />

Ausnahmen nicht teilnehmen. Den älteren<br />

Migranten_innen sei selbst nicht<br />

bewusst, welche Anforderungen sie haben,<br />

daher wurde keine Notwendigkeit der Beteiligung<br />

gesehen. Der <strong>Arbeitskreis</strong> ‚Woh-


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

107<br />

105 106<br />

nen und plus‘ hat die älteren Migranten_innen<br />

nicht in ihre Überlegungen bei der Bearbeitung<br />

des Konzeptes für das Haus NOAH<br />

eingeschlossen. Die LUWOGE äußert,<br />

dass sich Migranten_innen vor allem in<br />

dem <strong>Arbeitskreis</strong> ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ beteiligt<br />

haben. Die Ansprechpartnerin Frau<br />

Hahn erwähnte, dass dies nur stattfand,<br />

wenn sie öffentlich auftreten konnten und<br />

es Geld dafür gab.<br />

3.3 Angebote im Haus<br />

NOAH<br />

Das erste und zweite Obergeschoss des<br />

Haus NOAH wurde für eine altershomogene<br />

Wohngemeinschaft umgebaut. Dieses<br />

neue Stockwerk ‚Generation +‘ besteht<br />

aus zwölf Wohnungen zur Miete und ist für<br />

Senioren_innen mit Einschränkungen geplant.<br />

Die ein- bis drei-Zimmerapartments<br />

sind 20 m² bis 80 m² groß. Die Wohnungen<br />

sind barrierefrei und auf die Pflege in der<br />

eigenen Wohnung eingerichtet. Drei mal<br />

die Woche, jeweils für drei Stunden kommen<br />

Pfleger des Deutschen Roten Kreuzes<br />

in das Stockwerk ‚Generation +‘. Dieses<br />

spezielle Betreuungskonzept legt aber keinen<br />

Fokus auf eine kultursensible Altenhilfe.<br />

(LUWOGE 2008: 14)<br />

Das Stockwerk ‚Generation 50 +‘ befindet<br />

sich im achten und neunten Geschoss.<br />

Hier wurden insgesamt zehn Wohnungen<br />

für diese junge Altengeneration mit ebenfalls<br />

ein- bis drei-Zimmerapartments in der<br />

Größe von 40 m² bis 80 m² umgebaut. Das<br />

Angebot für diese Bewohnergruppe reicht<br />

von Nachbarschaftshilfe bis Botengänge<br />

oder Beratung der Netzwerkerin und des<br />

Concierge im Haus. (LUWOGE 2008: 10)<br />

Die Innovation der beiden Stockwerke besteht<br />

in einem neu geschaffenen, über zwei<br />

Geschosse reichenden Gemeinschaftsbereich.<br />

Dieser ist im Stockwerk ‚Generation<br />

50 +‘ in Selbstorganisation nutzbar. Die<br />

hier befindliche Küche lädt zum gemeinsamen<br />

Kochen, und die Sitzecke zum Verweilen<br />

ein. Ein Ausblick über das<br />

Stadtquartier ist durch das neu geschaf-<br />

105 Gemeinschaftsbereich im<br />

Stockwerk ,Generation<br />

50+‘<br />

106 Wohnung im Stockwerk<br />

,Generation 50+‘


108 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

107 Vorplatz des Haus NOAH,<br />

rotes Fester von Stockwerk<br />

,Generation +‘<br />

107<br />

fene rot gerahmte Fenster möglich. (LU-<br />

WOGE 2008: 10)<br />

Die Netzwerkerin des Haus NOAH möchte<br />

den Gemeinschaftraum im Erdgeschoss zu<br />

einem Bewohnertreff für alle Bewohner_<br />

innen des Stadtquartiers gestalten. Ihr bisheriger<br />

Schwerpunkt liegt in Angeboten für<br />

Begegnungen von Jung und Alt. Die älteren<br />

Bewohner_innen äußern in den Passantenbefragungen,<br />

dass sie sich eine<br />

Gemeinschaftseinrichtung wünschen, da<br />

eine solche bisher nicht vorhanden ist. Sie<br />

sind über das neue Wohnangebot im Haus<br />

NOAH informiert, wissen aber bisher wenig<br />

über die Arbeit der Netzwerkerin und des<br />

Bewohnertreffs. Junge und ältere Migranten_innen<br />

haben bisher noch keine Priorität<br />

bei den Überlegungen des<br />

Bewohnertreffs.<br />

In der Projektbeschreibung stand, dass der<br />

Anzahl der älteren Bewohner_innen mit Migrationshintergrund<br />

im Stadtquartier Rechnung<br />

getragen werden soll. (LUWOGE<br />

2006) In den Gesprächen mit den Experten_innen<br />

wurde nun geäußert, dass die<br />

älteren Migranten_innen nicht Teil der<br />

Überlegungen bei der Realisierung des<br />

Haus NOAH waren. Dabei gibt die LU-<br />

WOGE mehrere Punkte an. Die Anforderungen<br />

der älteren Menschen an eine<br />

barrierefreie und altengerechte Wohnung<br />

seien gleich, unabhängig von der Nationalität<br />

der Bewohner_innen. Die LUWOGE<br />

hat bisher bei der Vergabe von Wohnungen<br />

von Seiten der älteren Migranten_innen<br />

keine spezifischen Wohnanforderungen<br />

festgestellt. Einzig die Ausrichtung des<br />

Balkons sei manchen wichtig, um Sat-Anlagen<br />

für den Empfang von Fernsehsendern<br />

aus dem Herkunftsland aufstellen zu<br />

können. Zudem sei die Migrantenanzahl<br />

unter dem städtischen Durchschnitt. Insgesamt<br />

wird festgestellt, dass noch keine<br />

Migranten_innen die Wohnungen im Haus<br />

NOAH besichtigt haben. Daher stellt Frau<br />

Hahn von der LUWOGE die These auf: „Ältere<br />

Migranten_innen bekommen das Älterwerden<br />

im Familienverband besser<br />

hin“.<br />

Die Netzwerkerin Frau Wich möchte versuchen,<br />

Migranten_innen stärker in den Bewohnertreff<br />

einzubinden. Bisher hat sie mit<br />

ihren Projekten vor allem Kinder und Jugendliche<br />

Migranten_innen erreicht. Sie<br />

möchte mit dem <strong>Arbeitskreis</strong> ‚Interkulturelles<br />

Miteinander‘ zusammenarbeiten, um<br />

mögliche Multiplikatoren mit Migrationshintergrund<br />

ins Haus NOAH einzuladen<br />

und ihnen die vorhandenen Angebote vorzustellen.<br />

Die älteren Migranten_innen des<br />

Stadtquartiers mit geringen Deutschkenntnissen<br />

wissen bisher noch nicht von der<br />

Existenz des Haus NOAH.


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

109<br />

3.4 Wohnsituation in der<br />

Pfingstweide<br />

Baustruktur<br />

Die Mehrfamilien- und Hochhäuser bestehen<br />

aus wenigen Baukörpertypen, diese<br />

kamen aber in hoher Wiederholungsrate vor.<br />

Die Einfamilienhäuser liegen eher abgeschottet<br />

im Stadtquartier und sind meist von<br />

hohen Mauern umgeben.<br />

Das Einkaufszentrum in der Mitte des Stadtquartiers<br />

ist um 3,50 m höher als das umgebende<br />

Gebiet. Über drei Fußgängerbrücken<br />

aus den Wohngebieten ist dieses zu erreichen.<br />

Die bis zu siebzehn Geschosse hohen<br />

Kettenhochhäuser sorgen für eine hohe<br />

Wohndichte, bilden aber gleichzeitig eine<br />

Barriere zwischen den nördlichen und südlichen<br />

Wohnbereichen der Pfingstweide.<br />

In den Gesprächen wurde geäußert, dass<br />

die Mehrfamilienhäuser mit bis zu vier Geschossen<br />

nicht altengerecht sind, da diese<br />

keinen Aufzug besitzen. Die Hochhäuser<br />

sind mit Aufzug ausgestattet, benötigen<br />

aber einen Umbau hin zu einer barrierefreien<br />

Nutzung. Eine Modernisierung der Gebäude<br />

hat bis zum Jahr 2002 stattgefunden, jedoch<br />

nicht bezüglich Barrierefreiheit, sondern<br />

eher zur Umgestaltung der Häuserfassaden.<br />

Die befragten älteren Bewohner_innen<br />

geben an, dass die Miete zu hoch ist und die<br />

Wohnungen und Einfamilienhäuser für eine<br />

oder zwei Personen zu groß sind. Die Mehrheit<br />

der Befragten gibt aber an, sich in ihren<br />

Wohnungen wohl zu fühlen.<br />

108<br />

Abriss der Kettenhochhäuser am Einkaufszentrum<br />

Die Experten_innen berichten, dass die<br />

BASF in den letzten Jahren eine hohe Anzahl<br />

an Arbeitsplätze abgebaut hat. Dies<br />

führte zu der beschrieben Schrumpfung<br />

von rund 3000 Bewohner_innen in der<br />

Pfingstweide. Vor allem deutsche Bewohner_innen<br />

zwischen 25 und 50 Jahren und<br />

die über 65-jährigen zogen dadurch ins<br />

Umland. Migranten_innen sind dem Trend<br />

entgegen in hoher Anzahl in die Pfingstweide<br />

gezogen. Zur Stabilisierung hat die<br />

LUWOGE einen Teil ihrer Wohnungen erfolgreich<br />

an die Mieter verkauft.<br />

Die beschrieben Bevölkerungsschrumpfung<br />

führte zu einem Leerstand in 66 Gebäuden<br />

des Stadtquartiers. Die LUWOGE<br />

entschied sich daher für den Abriss der<br />

großen Kettenhochhäuser am Einkaufszentrum<br />

und für die Umsiedlung der hier<br />

noch lebenden Bewohner_innen. Diese<br />

Hochhäuser sollen durch eine niedrigere<br />

Wohnbebauung ersetzt werden. Die bisher<br />

im Hochhauch befindlichen Arztpraxen bekommen<br />

am Kreisverkehr ein neues Gebäude.<br />

Abriss- und Baubeginn ist für das<br />

Jahr 2009 vorgesehen.<br />

108 17-geschossiges<br />

Kettenhochhaus


110 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

ExWoSt – IFAS Modellvorhaben<br />

25<br />

3.5 Wechselbeziehungen<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Auf der Pfingstweide sind mehrere Vereine<br />

unter dem Dach einer Arbeitsgemeinschaft<br />

zusammengeschlossen. Die Bandbreite<br />

reicht von Sportvereinen, Kirchenangeboten<br />

bis zu politischen Parteien. Der jüngst<br />

aufgenommene Verein ist die ‚Türkisch-Islamische<br />

Frauengruppe – Frauenbildungsstätte<br />

IGRA‘. Sie kümmern sich um die<br />

Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse,<br />

die Stärkung des Selbstvertrauens<br />

und der Kompetenzen der weiblichen Bewohnerinnen<br />

mit türkischem Migrationshintergrund.<br />

Das IGRA möchte im<br />

Stadtquartier als Vermittler zwischen den<br />

Bewohner_innen fungieren und Beratung<br />

und Betreuung vor allem für die älteren<br />

Frauen anbieten. (www.arge-pfingstweide.<br />

de) Die LUWOGE äußert, dass sie solche<br />

Bemühungen unterstützt und bereits in<br />

vergangenen Jahren für Mütter von Kindern<br />

im Kindergarten oder der Grundschule<br />

geheime Deutschkurse finanzierte. Es geschieht<br />

deshalb geheim, da die Ehemänner<br />

dies meist nicht wünschen.<br />

Ein türkischer Unternehmer hat ein Patenprojekt<br />

gemeinsam mit integrierten türkischen<br />

Migranten_innen gestartet, um<br />

anderen Bewohner_innen bei der Integration<br />

zu helfen. Dieses Projekt ist aufgrund<br />

geringen Interesses nach kurzer Zeit gescheitert.<br />

Auf der Pfingstweide finden in<br />

regelmäßigen Abständen interkulturelle<br />

Gemeinschaftsfeste statt. Hier werden zum<br />

Beispiel internationale kulinarische Spezialitäten<br />

angeboten und verkauft.<br />

Urbaner Freiraum<br />

Der Marktplatz im Zentrum des Stadtquartiers<br />

wurde aufgrund der neu gestalteten<br />

Buswendeplatte verkleinert. Die Wendeplatte<br />

samt Bushaltestelle ist nicht mehr in<br />

Nutzung, da die geplanten Abrissmaßnahmen<br />

der Kettenhochhäuser eine Verlegung<br />

der Haltestellen im gesamten Gebiet zur<br />

Folge hatte. Der Marktplatz ist heute ein<br />

kleiner Vorplatz des Einkaufszentrums. Die<br />

Sitzmöglichkeiten begrenzen den Platz neu<br />

und laden zum Verweilen ein.<br />

Im Zuge der Umgestaltung des Freiraums<br />

wurden viele Wiesenflächen, auch die ein<br />

Meter breiten Grünstreifen an den Häusern<br />

neu gepflegt und zum Schutz einen Meter<br />

hoch eingezäunt. Auf den Wiesenflächen<br />

zwischen den Mehrfamilienhäuser stehen<br />

Schilder mit dem Hinweis die Wiesenflächen<br />

nicht zu betreten. Diese Flächen sind<br />

eher ungepflegt. Dementsprechend bewerten<br />

die Bewohner_innen den Freiraum eher<br />

als mangelhaft. Sie bemerken zudem, dass<br />

auf den Wegen viele Stolperfallen vorhanden<br />

sind. (siehe Auswertung, Anhang)<br />

In den Gesprächen wurde geäußert, dass<br />

auf dem Bürgerpark vor allem Jugendgruppen<br />

in späten Stunden verweilen, um sich<br />

hier zu betrinken. Sie verlassen den Park<br />

meist in vermülltem Zustand, was zu Konflikten<br />

mit Anwohner_innen führt. Jugendliche<br />

halten sich in ihrer Freizeit außerdem<br />

am Marktplatz und an den Bushaltestellen<br />

im Stadtquartier auf. Einige Überdachungen<br />

und Bänke an Bushaltestellen im<br />

Stadtquartier wurden aus diesem Grund<br />

entfernt.


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

111<br />

109 110<br />

4 Bewertung der Fallstudien<br />

4.1 Städtebauliche Situation<br />

in der Pfingstweide<br />

Bauliche Situation<br />

Die Mischung der Bautypen in Dichte und<br />

Höhe auf der Pfingstweide sorgt für eine<br />

Auflockerung der sonst monoton wirkenden<br />

Stadtquartieren der 1960er und 1970er<br />

Jahre. Einzig die Kettenhäuser im Zentrum<br />

des Stadtquartiers bilden eine visuelle Barriere.<br />

Das negative Außenbild des Stadtquartiers<br />

rührt insbesondere von diesen<br />

hohen und dichten Gebäuden. Der Abriss<br />

ist somit nicht nur aus Gründen des Rückgangs<br />

der Bewohnerzahlen zu begrüßen.<br />

Das Einkaufszentrum kann in der zentralen<br />

Lage von allen Bewohner_innen erreicht<br />

werden. Das Gebäude ist von außen kaum<br />

einsehbar, im Inneren dunkel und wenig<br />

einladend. Das Angebot ist gering, trotz<br />

der Anzahl der Geschäfte. Für die älteren<br />

Migranten_innen ist ausschließlich ein türkischer<br />

Gemüsehändler vorhanden. Die<br />

Vielfältigkeit der Nationalitäten und Kulturen<br />

im Stadtquartier wird im vorhandenen<br />

Angebot nicht ausgeschöpft und genutzt.<br />

Freiraum<br />

Die Umgestaltung der Grünanlagen erfolgte<br />

nicht nach Kriterien der besseren<br />

Nutzbarkeit, sondern eher der Pflege und<br />

Absperrung wegen. Die Einzäunung von<br />

schmalen Grünstreifen am Gebäude ist unglücklich.<br />

Ebenso ist unverständlich, wieso<br />

Wiesenflächen zwischen Mehrfamilienhäusern<br />

von den Bewohner_innen nicht genutzt<br />

werden dürfen. Es zeigt sich, dass<br />

die Bewohner_innen diese Vorgaben nicht<br />

einhalten und die Wiesenflächen dadurch<br />

ungepflegt sind. Einzig die Spielplätze sind<br />

für alle frei zugänglich. Bei der Umgestaltung<br />

hätten bevölkerungsspezifische Anforderungen<br />

an den Freiraum eine Rolle<br />

spiele müssen. Die verkehrsberuhigten<br />

Zone 30 ist für die älteren Bewohner_innen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund positiv.<br />

108 Blick in das<br />

Einkaufszentrum am<br />

Marktplatz<br />

110 Neugestalteter Eingangs<br />

bereich der Punktshochhäuser,<br />

eingezäunte<br />

Grünbereiche


112<br />

Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

Monaten der Abwesenheit betreuen.<br />

Das Dienstleistungs- und Pflegekonzept<br />

des Stockwerks ‚Generation +‘ ist auch auf<br />

eine Wohngemeinschaft von älteren Migranten_innen<br />

übertragbar da sie, wie schon<br />

erwähnt wurde, meist eher häusliche<br />

Pflege wünschen. Das Deutsche Rote<br />

Kreuz ist Mitinitiator des Memorandums<br />

‚kultursensible Altenhilfe‘ daher sollte dies<br />

auch im Haus NOAH möglich sein. (AKA<br />

2002: 3)<br />

25<br />

111 Einzimmerwohnung im<br />

Haus NOAH, Stockwerk<br />

,Generation 50+‘<br />

111<br />

4.2 Umbau des ‚Allengerechten<br />

Wohnen – Haus<br />

NOAH‘<br />

Der Umbau der Stockwerke zu altengerechten,<br />

unterschiedlich großen Wohnungen<br />

in einem bestehenden 1970er Jahre<br />

Hochhaus ist vor allem wegen dem großen<br />

Gemeinschaftsbereich für die jeweiligen<br />

Bewohner_innen innovativ. So haben selbst<br />

diejenigen mit einer kleineren Ein-Zimmer<br />

Wohnung eine Erweiterung ihres Wohnbereiches<br />

um diese neu geschaffene Fläche.<br />

Für allein lebende ältere Bewohner_innen<br />

ist dieses Konzept eine Hilfe gegen Einsamkeit.<br />

Die Integration innerhalb einer<br />

Wohngemeinschaft im Alter ist zu begrüßen,<br />

kann aber in den ersten Jahren nur mit<br />

externer Unterstützung erfolgreich sein.<br />

Für die älteren Migranten_innen welche<br />

noch zwischen Deutschland und ihrem<br />

Herkunftsland pendeln können, sind aus<br />

diesem Angebot vor allem die kleineren<br />

und günstigen Wohnungen geeignet. Der<br />

Concierge könnte ihre Wohnungen in den<br />

Die Annahme von Seiten der LUWOGE und<br />

der Projektträger, dass die älteren Migranten_innen<br />

das Altern in der Familie besser<br />

hinbekommen, ist – wie die Alters- und Migrationsforschung<br />

aufzeigt – falsch. Es<br />

bleibt unverständlich, wieso nicht auf die<br />

Anforderungen der älteren Migranten_innen<br />

bei der Bearbeitung des Projektes eingegangen<br />

wurde. Die LUWOGE bestätigte<br />

bereits in der Projektbeschreibung, dass<br />

die Anzahl der älteren Migranten_innen im<br />

Stadtquartier wächst und sie diesem Aspekt<br />

beim Haus NOAH Beachtung schenken<br />

wollen. Im Gespräch weist die<br />

Ansprechpartnerin Frau Hahn von der LU-<br />

WOGE darauf hin, wie wichtig die Sprachfähigkeiten<br />

von Migranten_innen für eine<br />

Integration sind. Die vorhandene Broschüre<br />

ist aber ausschließlich auf deutsch und die<br />

abgebildeten Personen sprechen eindeutig<br />

ältere deutsche Bewohner_innen an. Insgesamt<br />

bleibt fraglich, ob ein interkulturelles<br />

Wohnen nach dem Konzept des Haus<br />

NOAH möglich ist. Ein Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

mit älteren Migranten_innen hätte<br />

dabei helfen können, dies festzustellen.<br />

Der Bewohnertreff im Erdgeschoss des<br />

Haus NOAH wird noch nicht wie gewünscht


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Bewertung der Fallstudien<br />

113<br />

als Angebot für das gesamte Stadtquartier<br />

verstanden. Die Idee der Netzwerkerin<br />

Multiplikatoren_innen mit Migrationshintergrund<br />

in das Haus NOAH einzuladen, ist<br />

ein richtiger Versuch, um ein mögliches<br />

Netzwerk aufzubauen.<br />

Bürgerbeteiligung<br />

Ein Bürgerbeteiligungsverfahren bezüglich<br />

des Haus NOAH hat nicht stattgefunden.<br />

Die Bewohner_innen wurden zwar eingeladen,<br />

um sich am <strong>Arbeitskreis</strong> ‚Wohnen und<br />

plus‘ zu beteiligen. Es nahmen jedoch nur<br />

Wenige teil. Die älteren Migranten_innen<br />

konnten genauso wenig mit einem Anschreiben<br />

auf Deutsch angelockt werden.<br />

Vielmehr hätten die Projektträger versuchen<br />

können über die Frauenbildungsstätte<br />

IGRA zumindest die älteren<br />

türkischen Migranten_innen zu erreichen.<br />

4.3 Lebenslage der älteren<br />

Migranten_innen<br />

Die Lebenslage der älteren Migranten_<br />

innen bezüglich ihrer ökonomischen Situation<br />

ist im Vergleich zu den anderen<br />

untersuchten Stadtquartieren eher positiv.<br />

Ihr Verdienst bei der BASF gewährleistet<br />

hohe Renten und sichert sie finanziell für<br />

das Alter ab. Das Pendeln ins Herkunftsland<br />

und die Betreuung durch private Pflegedienste<br />

ist für sie daher möglich, auch<br />

wenn sie von ihren Kinder nicht gepflegt<br />

werden.<br />

Das gute Verhältnis zu den Bewohner_<br />

innen mit deutscher oder anderer Nationalität<br />

erleichtert ihnen die Entscheidung<br />

112<br />

ihren Lebensabend in Deutschland zu verbringen.<br />

Dieses positive Verhältnis beruht<br />

aber nicht ausschließlich, wie angenommen<br />

wird, auf einer gesteuerten Vergabe<br />

der Wohnungen. Ein weiterer entscheidender<br />

Faktor ist, dass deutsche Bewohner_<br />

innen als BASF-Mitarbeiter immer Kontakt<br />

zu Migranten_innen hatten. Einige der Bewohner_innen<br />

aus den Einfamilienhäuser<br />

waren für die BASF viele Jahre im Ausland<br />

tätig und somit selbst über Jahre hinweg<br />

Arbeitsmigranten_innen.<br />

112 Sitzbereich im Freiraum<br />

der Mehrfamilienhäuser


114 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Handlungsempfehlungen<br />

25<br />

113<br />

113 Buswendeplatte am<br />

Marktplatz<br />

5 Handlungsempfehlungen<br />

5.1 ‚Attraktives Wohnen im<br />

Quartier‘ für ältere<br />

Migranten_innen<br />

Die Fallstudie der Pfingstweide in Ludwigshafen<br />

am Rhein hat deutlich gemacht, dass<br />

die Belange der älteren Migranten_innen<br />

noch nicht das Bewusstsein von allen Akteuren<br />

im Stadtquartier erreicht haben. Infolge<br />

fehlender statistischer Daten wird der<br />

tatsächliche Anteil an Personen mit Migrationshintergrund<br />

in der Pfingstweide unterschätzt.<br />

In der Planung des Modellvorhabens<br />

‚Allengerechtes Wohnen – Haus NOAH‘<br />

führte dies dazu, dass die älteren Migranten_innen<br />

bei der Planung nicht berücksichtigt<br />

wurden. Spezifische<br />

Wohnanforderungen der älteren Migranten_innen<br />

– wie in Kapitel II beschrieben –<br />

traten bei der Fallstudie daher nicht zu<br />

Tage.<br />

Die Pfingstweide unterscheidet sich in der<br />

Bewohnerstruktur von den beiden anderen<br />

Fallstudien. Die Lebenslage der älteren Migranten_innen<br />

in der Pfingstweide ist besser<br />

und ihr Verhältnis zu den deutschen<br />

Bewohner_innen ist positiv. Als Grund hierfür<br />

gilt die gesteuerte Vergabe von Wohnungen<br />

durch die LUWOGE. Ein weiterer<br />

Aspekt ist ihre Erwerbstätigkeit bei der<br />

nahen BASF. Diese sorgte für eine soziale<br />

Absicherung der älteren Bewohner_innen<br />

und in Folge dessen für ein geringes Konfliktpotenzial.<br />

Manche Gruppen der älteren<br />

Migranten_innen weisen aber auch in der<br />

Pfingstweide übliche Merkmale auf. Sie<br />

sind eher bildungsfern, haben geringe<br />

Deutschkenntnisse und integrieren sich<br />

kaum in das gesellschaftliche Leben des<br />

Stadtquartiers.<br />

Die Fallstudie zeigt, dass in Bezug auf die<br />

älteren Migranten_innen noch viele offene<br />

Fragen zu klären sind. Nur wenige Kinder<br />

sind bereit die Eltern zu pflegen. Die endgültige<br />

Entscheidung über eine Rückkehr<br />

in das Herkunftsland bleibt auch in der<br />

Pfingstweide lange aus. Das Modellvorhaben<br />

‚Allengerechtes Wohnen‘ im Haus<br />

NOAH bietet ihnen viele gute Ansätze. Sie<br />

zeigen dafür jedoch bisher kein Interesse,<br />

da eine mehrsprachige Vermittlung der Angebote<br />

nicht vorhanden ist und für pflegebedürftige<br />

ältere Migranten_innen keine<br />

kultursensible Altenhilfe geboten wird. In<br />

den Handlungsempfehlungen wird besonders<br />

auf die bestehenden positiven Merkmale<br />

der Bevölkerungsstruktur im<br />

Stadtquartier eingegangen.<br />

‚Allengerechtes Wohnen – Haus NOAH‘<br />

Das Haus NOAH wurde im Juni 2008 eröffnet.<br />

Einige der Wohnungen wurden schon


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

Handlungsempfehlungen<br />

115<br />

bezogen.<br />

Ältere Migranten_innen haben bisher aber<br />

kein Interesse am Haus NOAH gezeigt. Vor<br />

allem die Vermittlung des bestehenden Angebots<br />

an die älteren Migranten_innen<br />

kann verbessert werden. Es ist wichtig, die<br />

vorhandenen Broschüren in mehreren<br />

Sprachen zu verteilen, um ältere Migranten_innen<br />

über das Angebot in ihrer Muttersprache<br />

zu informieren. Ebenso sollten<br />

diese Broschüren und Werbeplakate schon<br />

in den Illustrationen der Bilder das Gefühl<br />

vermitteln, dass auch ältere Migranten_<br />

innen im Haus NOAH erwünscht sind.<br />

Eine kultursensible Altenhilfe durch das<br />

Deutsche Rote Kreuz im Stockwerk Generation<br />

plus würde ebenso dabei helfen, ältere<br />

Migranten_innen in das Haus NOAH<br />

zu locken. Ohne ein solches Angebot ist<br />

eine Integration von ihnen unwahrscheinlich.<br />

Die neue Mitte der Pfingstweide<br />

Der Abriss der Kettenhochhäuser schafft in<br />

der Pfingstweide eine neue Mitte. Diese<br />

Chance sollte von der LUWOGE genutzt<br />

werden, barrierefreie und altengerechte<br />

Wohngebäude an dieser Stelle zu planen.<br />

Das Beispiel des Wohnmodells einer interethnischen<br />

Nachbarschaft mit dem 50:50<br />

Verteilungskonzept empfiehlt sich für die<br />

Pfingstweide aufgrund der heute schon<br />

„gemischten“ Bevölkerungsstruktur. Das<br />

gute Verhältnis unter den Bewohner_innen<br />

verstärkt sich weiter in einem solchen<br />

Wohnkonzept. In den Gebäuden können<br />

Möglichkeiten des Rückzugs, aber auch<br />

der Begegnung der unterschiedlichen Bewohnergruppen<br />

zur Stärkung der gesamten<br />

Nachbarschaft führen.<br />

In der Pfingstweide ist der Bewohnertreff<br />

im Haus NOAH die einzige Gemeinschaftseinrichtung<br />

mit Angeboten für ältere Bewohner_innen.<br />

Die Befragungen haben<br />

gezeigt, dass die Netzwerkerin und der Bewohnertreff<br />

nicht als Angebot für alle Bewohner_innen<br />

im Quartier wahrgenommen<br />

werden. Die Umsiedelung in eine neue<br />

Mitte öffnet den Bewohnertreff für alle Bevölkerungsgruppen.<br />

5.2 Gemeinschaftseinrichtung<br />

und Freiraum<br />

Der Abriss und ein Neubau des Einkaufszentrums<br />

sollte die LUWOGE in Betracht<br />

ziehen. Ein modernes Einkaufszentrum<br />

kann zur Attraktivität des Quartiers beitragen.<br />

Die hohe Anzahl an Bewohner_innen<br />

mit Migrationshintergrund sollte hier aktiv<br />

genutzt werden, um interkulturelle Angebote<br />

und Dienstleistungen zu ermöglichen.<br />

Freiraum<br />

Die Einzäunungen der Grünbereiche vor<br />

den Häusern sollten entfernt werden.<br />

Ebenso die Nutzungsbeschränkungen der<br />

Wiesenflächen. Der vorhandene Freiraum<br />

ist hingegen unter dem Aspekt der unterschiedlichen<br />

Benutzergruppen zu betrachtet:<br />

Spielplätze für Kinder und Jugendliche<br />

in verschiedenen Altersklassen, für Mädchen<br />

entsprechende Räume, Sportplätze<br />

für unterschiedliche Sportarten und Verweil-<br />

und Begegnungsbereiche für die älteren<br />

Bewohner_innen mit und ohne<br />

Migrationshintergrund sind nur einige der<br />

möglichen Aspekte einer zukünftigen Planung.


116 Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

hgesfc<br />

25


Fallstudie Pfingstweide, Ludwigshafen am Rhein<br />

hgesfc<br />

117


V Leitlinien<br />

„Internationalität und Umgang mit Vielfalt in einer integrierten<br />

Stadtgesellschaft, interkulturelle Offenheit und Kompetenz ...<br />

machen für Bürger und Neubürger die Attraktivität von<br />

Städten aus.“ Andreas Kapphan, Memorandum ‚Auf dem<br />

Weg zu einer nationalen Stadtentwicklungspolitik‘<br />

Die älteren Migranten_innen sind eine<br />

wachsende Bevölkerungsgruppe in vielen<br />

Stadtquartieren Deutschlands. Ihre Lebenslage<br />

wurde in dieser Diplomarbeit, basierend<br />

auf der bestehenden Alters- und Migrationsforschung,<br />

unter soziodemographischen<br />

und räumlichen Aspekten betrachtet.<br />

Die drei durchgeführten Fallstudien haben<br />

dabei geholfen, die Herausforderungen für<br />

Stadtquartiere mit älteren Migranten_innen<br />

aufzuzeigen. Hierbei konnte in jeweils einem<br />

Stadtquartier ein Themenschwerpunkt vertieft<br />

werden. Dies ermöglichte einen Vergleich<br />

zwischen drei unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsstrukturen und städtebaulichen<br />

Gegebenheiten. Zum einen konnte<br />

dadurch die Vorgehensweise von Akteuren<br />

in einem Stadtquartier im Umgang mit den<br />

älteren Migranten_innen aufgezeigt werden.<br />

Zum anderen wurden ihre Anforderungen<br />

an Gemeinschaftseinrichtungen, urbanen<br />

Freiraum und ihre Wohnsituation im Stadtquartier<br />

festgestellt. Für die Stadtplanung<br />

können im Umgang mit älteren Migranten_<br />

innen im Stadtquartier abschließend zehn<br />

allgemeine sowie räumliche Leitlinien definiert<br />

werden:<br />

Öffentliches Bewusstsein schaffen<br />

Die älteren Migranten_innen stellen spezifische<br />

Anforderungen an ein Stadtquartier.<br />

Sie unterscheiden sich von anderen Bevölkerungsgruppen,<br />

in ihrer Lebenslage und<br />

zukünftigen Perspektiven. Die Akteure in<br />

Bund, Länder und Kommunen sind aufgefordert,<br />

bei Bewohner_innen und Projektträgern<br />

in Stadtquartieren die Belange der<br />

älteren Migranten_innen in das Bewusst-


120 Leitlinien<br />

25<br />

sein zu rufen. Die Erweiterung von statistischen<br />

Erhebungen um die Bevölkerungsgruppe<br />

„Personen mit Migrationshintergrund“<br />

in allen Städten und Stadtquartieren<br />

sind ein erster Schritt.<br />

Ältere Migranten_innen sind heterogen<br />

Die älteren Migranten_innen sind eine heterogene<br />

Bevölkerungsgruppe. Herkunft<br />

und Migrationsbiografie sorgen für unterschiedliche<br />

ökonomische und gesundheitliche<br />

Situationen. Kulturelle und religiöse<br />

Hintergründe der einzelnen Gruppen führen<br />

zu verschiedenen Anforderungen. Eine<br />

Verbesserung der Lebenslage für ältere<br />

Migranten_innen im Stadtquartier ist nur<br />

unter Beachtung dieser Unterschiede möglich.<br />

Die älteren Spätaussiedler_innen<br />

möchten in Deutschland ihren Lebensabend<br />

verbringen, die türkischen Migranten_innen<br />

wünschen eine Rückkehr in ihre Heimat.<br />

Muttersprache als Mittel der Integration<br />

Die Bemühungen der letzten Jahre für eine<br />

bessere Integration von Kindern und jungen<br />

Migranten_innen sind zu begrüßen. Eine<br />

Integration der ehemaligen „Gastarbeiter_<br />

innen“ war hingegen nicht geplant, sie<br />

mussten nur das Nötigste lernen und beim<br />

„Wiederaufbau“ helfen. Im Alter können sie<br />

die deutsche Sprache aber nicht mehr<br />

besser erlernen. Die aktive Teilnahme der<br />

älteren Migranten_innen am gesellschaftlichen<br />

Leben in Städten kann nur mit der<br />

Möglichkeit der Verwendung ihrer Muttersprache<br />

geschehen. Öffentliche Institutionen,<br />

soziale Projekte und Dienstleistungen<br />

müssen mehrsprachige Angebote schaffen.<br />

Zurückhaltung und Ängsten begegnen<br />

Die älteren Migranten_innen zeigen eine<br />

große Zurückhaltung gegenüber öffentlichen<br />

Institutionen und Angeboten auf. Die<br />

ehemaligen Gastarbeiter_innen erfuhren<br />

viele Enttäuschungen in den Anfangsjahren<br />

in Deutschland. Die älteren Spätaussiedler_<br />

innen litten in ihren Herkunftsländern unter<br />

staatlicher Diskriminierung und Verfolgung.<br />

Öffentliche Institutionen und Projektträger<br />

benötigen Verständnis und Geduld aufgrund<br />

dieser Ängste. Sie müssen ältere<br />

Migranten_innen aktiv an der Haustüre, in<br />

Treffpunkten und Vereinen „abholen“, wenn<br />

sie ihre Beteiligung an Stadtprojekten und<br />

Gemeinschaftseinrichtungen wünschen.<br />

Netzwerke schaffen<br />

In den Städten wurden über Jahre hinweg<br />

Vereine von Migranten_innen für die Interessen<br />

und Kulturen der eigenen ethnischen<br />

Gruppe gegründet. Viele Kinder der<br />

älteren Migranten_innen haben eine Ausbildung<br />

oder ein Studium absolviert.<br />

Ehrenamtlich aktive und integrierte Migranten_innen<br />

können Multiplikatoren_innen bei<br />

der Beratung und Vermittlung von Angeboten<br />

werden. Die Gründung von Netzwerken<br />

aus Multiplikatoren_innen mit Migrationshintergrund<br />

in Vereinen ist zu fördern. Ein<br />

solches Netzwerk bildet die Schnittstelle<br />

zwischen Akteuren in Stadtquartieren und<br />

älteren Migranten_innen.<br />

Selbstorganisation ermöglichen<br />

Die älteren Migranten_innen kamen als<br />

junge Menschen nach Deutschland um ihre<br />

Lebenssituation zu verbessern. Sie stammen<br />

aus meist sozial schwachen Regionen mit<br />

geringen Arbeitsplätzen. Mit ihrer Migration<br />

in ein für sie fremdes Land haben sie<br />

Selbsthilfewillen und Pioniergeist bewiesen.<br />

Diesen Willen und diese Kompetenz haben


Leitlinien 121<br />

sie im Alter verloren. Im Schutz der eigenen<br />

Gruppe können sie ihre Stärke wiedererlangen<br />

und ohne Scham wegen des gescheiterten<br />

Migrationszieles wieder am<br />

gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Ältere<br />

Migranten_innen benötigen in ihrem Stadtquartier<br />

Gemeinschaftsräume zur Selbstorganisation.<br />

Urbaner Freiraum als Begegnungsort<br />

Ältere Migranten_innen leben in kleinen<br />

Wohnungen mit bescheidener Ausstattung.<br />

Der Freiraum in einem Stadtquartier ist für<br />

ältere Migranten_innen eine Erweiterung<br />

ihres Wohnbereiches. Aufgrund ihrer Herkunft<br />

aus ländlichen Regionen und ihrem<br />

kulturellen Hintergrund sind sie gewohnt,<br />

öffentliche Räume aktiver zu nutzen. Dieser<br />

ist für sie ein Ort für sozialen Austausch zur<br />

Überwindung von Einsamkeit, Raum für<br />

Beobachtungen und ein Spielplatz für ihre<br />

Enkelkinder. Ein urbaner Freiraum für ältere<br />

Migranten_innen benötigt Aufenthaltsbereiche<br />

mit Sitzbankgruppen, Übersichtlichkeit<br />

des Raumes und ein hohes<br />

Sicherheitsgefühl.<br />

Kultursensible Altenhilfe Zuhause<br />

Die Arbeit in der Industrie und im Bergbau<br />

hat gesundheitliche Folgen für die älteren<br />

Migranten_innen. Im hohen Alter hegen sie<br />

daher die Vorstellung von den eigenen Kindern,<br />

häuslich gepflegt zu werden, so wie<br />

sie es für die Eltern taten. Die Kinder führen<br />

aber ein unabhängiges Leben fern des<br />

Elternhauses und verweigern oft diesen<br />

Wunsch. Die Pflege in einem Seniorenheim<br />

birgt für ältere Migranten_innen eine große<br />

Enttäuschung und das Gefühl der Schande<br />

gegenüber der eigenen ethnischen Gruppe.<br />

Wohnungen für ältere Migranten_innen<br />

müssen altengerecht und barrierefrei sein,<br />

mit der Möglichkeit einer häuslichen kultursensiblen<br />

Altenhilfe.<br />

Pendeln zwischen zwei Ländern<br />

Viele ältere Migranten_innen streben noch<br />

heute eine Rückkehr in das Herkunftsland<br />

an. Die Vorzüge der Infrastruktur des deutschen<br />

Gesundheitssystems und die Nähe zu<br />

ihren Kindern und Enkelkindern führt jedoch<br />

häufig dazu, dass sie diesen Wunsch aufgeben.<br />

Sie pendeln fortan zwischen zwei<br />

Staaten und beeinflussen gleichzeitig die<br />

Entwicklung in zwei Stadtquartieren. Die<br />

Transmigration der älteren Migranten_innen<br />

gilt es zu unterstützen. Bezahlbare Wohnungen<br />

mit der Betreuung durch einen Concierge<br />

während der Abwesenheit ist eine der<br />

möglichen Lösungen.<br />

Integration in der ethnischen Kolonie<br />

Die Anwerbeabkommen für Gastarbeiter_<br />

innen und die Regeln für eine Einreise von<br />

Spätaussiedler_innen führten zu einer Kettenmigration<br />

mit der Folge von räumlicher<br />

Segregation in Städten. Ältere Migranten_<br />

innen leben noch heute in Stadtquartieren<br />

mit einer hohen Anzahl an Bewohner_innen<br />

derselben ethnischen Kolonie. Diese gab<br />

ihnen in den Anfangsjahren den nötigen<br />

Rückhalt. Die ethnisch geprägten Versorgungseinrichtungen<br />

im Stadtquartier<br />

erleichterten ihnen das Leben in Deutschland.<br />

Mit zunehmendem Alter ziehen sich<br />

viele ältere Migranten_innen aufgrund gesundheitlicher<br />

und finanzieller Schwierigkeiten<br />

zurück. Sie leben oft in Einsamkeit<br />

und Armut. Öffentliche Institutionen müssen<br />

daher eine Integration der älteren Migr<br />

a n t e n _<br />

innen in die eigene ethnische Kolonie


Resümee<br />

In dieser Diplomarbeit wurde einleitend die<br />

Frage nach den spezifischen Anforderungen<br />

der älteren Migranten_innen an ein<br />

Stadtquartier zu drei Themenschwerpunkten<br />

des ExWoSt–IFAS Forschungsfeldes<br />

‚Stadtquartiere für Jung und Alt‘ gestellt.<br />

Das Ergebnis der theoretischen Darlegung<br />

des bisherigen Forschungstandes und der<br />

drei durchgeführten Fallstudien findet sich<br />

in den Handlungsempfehlungen und in den<br />

benannten Leitlinien wieder. Darüber hinaus<br />

ergaben sich weitere Erkenntnisse bezüglich<br />

der älteren Migranten_innen im Stadtquartier.<br />

Die ehemaligen Gastarbeiter_innen und<br />

heutigen älteren Migranten_innen haben<br />

ihre schwierige Lebenslage, die aus dem<br />

Beginn der Anwerbephase des Jahres<br />

1955 resultiert, in vielen Stadtquartieren<br />

noch nicht überwunden. Ihre Situation hat<br />

sich nicht gebessert, sondern mit zunehmendem<br />

Alter eher verschlechtert.<br />

Bezeichnend ist dabei ihr stetiger Wille zur<br />

Rückkehr in die Heimat. Das Pendeln<br />

zwischen Deutschland und ihrem Herkunftsland<br />

lässt ihren Zwiespalt räumlich zu Tage<br />

treten. Die älteren Migranten_innen leben<br />

seit rund 50 Jahren in Deutschland, sind<br />

hier aber emotional noch nicht angekommen.<br />

Während der Bearbeitung dieser Arbeit<br />

und den zahlreichen geführten Gesprächen<br />

wurde deutlich, dass die älteren Migranten_<br />

innen in Deutschland eine Würdigung ihrer<br />

erbrachten Lebensleistung wünschen,<br />

diese aber bis heute nicht erhalten haben.<br />

Die älteren Spätaussiedler_innen gleichen<br />

in diesem Aspekten den anderen älteren


124 Resümee<br />

25<br />

114<br />

114 Die drei Modellvorhaben<br />

Migranten_innen, obwohl weiterhin viele<br />

Unterschiede bestehen.<br />

Die durchgeführten Fallstudien ermöglichten<br />

den Vergleich drei unterschiedlicher städtebaulicher<br />

Strukturen und Bevölkerungsgruppen<br />

sowie der Vorgehensweise der<br />

verschiedenen Akteure. Die Stadtquartiere<br />

Neue Vahr Nord und Nauener Platz versuchen<br />

jeweils mit ihren Modellvorhaben<br />

gezielt die spezifische Lebenslage der<br />

überwiegenden Bevölkerungsgruppe der<br />

Migranten_innen zu verbessern. Das Bürgerbeteiligungsverfahren<br />

beim Nauener Platz<br />

ist ein gelungenes Beispiel für die Umgestaltung<br />

eines öffentlichen Platzes.<br />

In der Pfingstweide ist den Akteuren die<br />

Thematik der älteren Migranten_innen bewusst,<br />

wird aber bisher ausgeblendet. Sie<br />

berufen sich auf ältere statistische Erhebungen,<br />

statt mit der tatsächlichen Anzahl der<br />

Bevölkerungsgruppe der älteren Migranten_<br />

innen offen umzugehen. Daher bleiben im<br />

Themensschwerpunkt ‚Attraktives Wohnen<br />

im Quartier‘ weiterhin viele Fragen offen.<br />

Die Transmigration der älteren Migranten_<br />

innen im Stadtquartier ist eine wichtige<br />

dieser offenen Fragen und sollte einen<br />

Schwerpunkt bei weitergehenden Forschungen<br />

in der Stadtplanung bilden. Viele ältere<br />

Migranten_innen bewohnen jeweils eine<br />

Wohnung oder ein Haus in Deutschland<br />

und in ihrem Herkunftsland. Die Bewohner_<br />

innen mit Migrationshintergrund in ethnischen<br />

Kolonien haben meist gemeinsam in<br />

bestimmten Stadtquartieren ihres Herkunftslandes<br />

gebaut. Diese Stadtquartiere stehen<br />

oft leer und werden nur geballt in einem<br />

bestimmten Zeitabschnitt des Jahres genutzt.<br />

Welche Auswirkungen dies auf die<br />

dortige Stadtentwicklung und die Infrastruktur<br />

hat, kann ebenso untersucht<br />

werden, wie die Auswirkungen auf die<br />

jeweiligen deutschen Stadtquartiere. Die entstehenden<br />

spezifischen Wohnanforderungen<br />

bedürfen innovativer Lösungen.<br />

Die in dieser Diplomarbeit benannten Leitlinien<br />

bieten den Akteuren auch in anderen<br />

Städten eine Grundlage bei der Planung<br />

von Gemeinschaftseinrichtungen, urbanen<br />

Freiräumen und altersgerechten Wohngebäuden<br />

im Umgang mit älteren Migranten_<br />

innen im Stadtquartier.


125


Dank<br />

Am Ende meines Studiums möchte ich mich an erster Stelle bei Herrn Professor Dr. Johann<br />

Jessen für seine Unterstützung und Beratung sowie der intensiven fachlichen Betreuung<br />

bei dieser Diplomarbeit bedanken.<br />

Besonderer Dank gebührt Herrn Dipl. Ing. Christian Holl für seine große Unterstützung<br />

und intensive fachliche Betreuung bei dieser Diplomarbeit und während meines gesamten<br />

Studiums an der Universität Stuttgart.<br />

Ohne die Hilfe der Institutionen, der Bewohner_innen und der Passanten_innen in den<br />

Stadtquartieren Neue Vahr Nord in Bremen, Nauener Platz in Berlin und Pfingstweide in<br />

Ludwigshafen am Rhein hätte diese Diplomarbeit nicht zustande kommen können. Ich<br />

möchte denen danken, die mir mit ihrer Erfahrung im Umgang mit den älteren Migranten_<br />

innen im Stadtquartier in Gesprächen zu dieser Diplomarbeit geholfen haben.<br />

In Bremen waren dies:<br />

Inka Kuse,<br />

Martin Krauß,<br />

Dirk Stöver,<br />

In Berlin:<br />

Sükran Altunkajnak,<br />

Thomas Bienek,<br />

Holger Scheibig,<br />

In Ludwigshafen:<br />

Christa Müller,<br />

Pamela Wich,<br />

Tanja Hahn,<br />

Gerold R. Blaese,<br />

Ich möchte meiner Freundin Kristina Pieger liebevoll danken. Ohne deine tägliche Unterstützung<br />

und Hilfe hätte ich dieses Ziel nie erreicht. Ich danke allen Freunden, die mir auf<br />

vielfältige und intensive Weise bei der Umsetzung meiner Diplomarbeit geholfen haben.<br />

Abschließend gilt mein Dank dem Studienwerk der Rosa-Luxemburg Stiftung, die mir das<br />

Studium an der Universität Stuttgart in finanzieller und ideeller Hinsicht ermöglicht hat.<br />

Diese Diplomarbeit widme ich meinen Eltern, Maria <strong>Pantisano</strong> und Giuseppe <strong>Pantisano</strong>.<br />

Grazie per tutto, vi voglio bene.<br />

Stuttgart, Oktober 2008<br />

<strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong>


Quellenverzeichnis


130<br />

Quellenverzeichnis<br />

Literatur<br />

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org/wiki/Pfingstweide (Abgerufen: 23. Juli 2008)<br />

Schrott, Thomas. 2007: Mieter können sich Nachbarn wünschen.<br />

In: Mannheimer Morgen – Ludwigshafen. Ausgabe vom 13.<br />

Dezember 2007<br />

LUWOGE. 2006: Allengerechtes Wohnen in der Pfingstweide.<br />

Ludwigshafen<br />

LUWOGE: Neue Wohnformen - Ziehen sie ins Haus Noah!<br />

Informationsbroschüre zum Wohnen im Stadtteil Pfingstweide.<br />

Zahiri, Viola. 2007: Zweiter Aufbruch Pfingstweide - Diplomarbeit.<br />

Stuttgart.<br />

Grünewald, Alexander; Hahn, Tanja. 2007: Stadt Ludwigshafen:<br />

„Allengerechtes Wohnen in der Pfingstweide“. 1. Sachstandsbericht.<br />

Berlin.


Quellenverzeichnis<br />

Abbildungen<br />

135<br />

Abbildungen<br />

1 www.radiobremen.de<br />

2 www.angekommen.de<br />

3 www.germanhistorydoes.ghi.org<br />

4 www.germanhistorydoes.ghi.org<br />

5 www.germanhistorydoes.ghi.org<br />

6 www.angekommen.de<br />

7 www.dhm.de<br />

8 www.angekommen.de<br />

9 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2006):<br />

Migrationsbericht – des Bundesamtes für Migration und<br />

Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Bonn:<br />

BMI-BMF<br />

10 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2006):<br />

Migrationsbericht – des Bundesamtes für Migration und<br />

Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Bonn:<br />

BMI-BMF<br />

11 www.angekommen.de<br />

12 www.germanhistorydoes.ghi.org<br />

13 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2006):<br />

Migrationsbericht – des Bundesamtes für Migration und<br />

Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Bonn:<br />

BMI-BMF<br />

14 www.germanhistorydoes.ghi.org<br />

15 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2006):<br />

Migrationsbericht – des Bundesamtes für Migration und<br />

Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Bonn:<br />

BMI-BMF<br />

16 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2006):<br />

Migrationsbericht – des Bundesamtes für Migration und<br />

Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Bonn:<br />

BMI-BMF<br />

17 Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2006: Leben in<br />

Deutschland. Haushalte, Familie und Gesundheit –<br />

Ergebnisse des Mikrozensus 2005; Wiesbaden<br />

18 Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2006: Leben in<br />

Deutschland. Haushalte, Familie und Gesundheit –<br />

Ergebnisse des Mikrozensus 2005; Wiesbaden<br />

19 www.bbr.bund.de<br />

20 www.bbr.bund.de<br />

21 eigene Darstellung<br />

22 www.stiftung-interkultur.de<br />

23 IS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.).2001:<br />

Endbericht - Die Mietgärten im Berliner Viertel in Monheim<br />

am Rhein. Dortmund.<br />

24 S - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.).2001:<br />

Endbericht - Die Mietgärten im Berliner Viertel in Monheim<br />

am Rhein. Dortmund.<br />

25 Ludl, Herbert. Powerpoint-Präsentation: Das<br />

Wohnmodell inter-ethnische Nachbarschaft.<br />

26 Ludl, Herbert. Powerpoint-Präsentation:<br />

Das Wohnmodell inter-ethnische Nachbarschaft.<br />

27 Ludl, Herbert. Powerpoint-Präsentation: Das Wohnmodell<br />

inter-ethnische Nachbarschaft.<br />

28 www.dw-world.de<br />

29 eigene Darstellung<br />

30 eigene Darstellung<br />

31 eigene Darstellung<br />

32 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

33 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

34 eigene Darstellung<br />

35 eigene Darstellung<br />

36 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

37 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

38 www.architekturarchiv-web.de/bilder/nvahr.jpg<br />

39 eigene Darstellung<br />

40 eigene Darstellung<br />

41 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

42 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)


43 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

44 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

45 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

46 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

47 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

48 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

49 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

50 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

51 eigene Darstellung<br />

52 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

53 Amt für soziale Dienste. Power-Point-Präsentation (2008):<br />

Vorstellung des Projektes Familien- und Quartierszentrum<br />

Neue Vahr Nord.<br />

54 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

55 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

56 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

57 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

58 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

59 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

60 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

61 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

62 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

63 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

64 de.wikipedia.org<br />

65 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

66 eigene Darstellung<br />

67 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

68 eigene Darstellung<br />

69 eigene Darstellung<br />

70 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

71 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

72 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

73 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

74 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

75 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

76 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

77 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

78 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

79 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

80 conceptfabrik; planung-freiraum. Power-Point-Präsentation<br />

(2007): Nauener Platz, Berlin Mitte-Wedding. Analyse +<br />

Vorentwurf.<br />

81 conceptfabrik; planung-freiraum. Power-Point-Präsentation<br />

(2007): Nauener Platz, Berlin Mitte-Wedding.<br />

Bürgerbeteiligung<br />

82 conceptfabrik; planung-freiraum. Power-Point-Präsentation<br />

(2007): Nauener Platz, Berlin Mitte-Wedding. Analyse +<br />

Vorentwurf.<br />

83 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

84 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

85 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

86 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

87 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

88 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

89 www.googleearth.de<br />

90 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

91 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

92 conceptfabrik; planung-freiraum. Power-Point-<br />

Präsentation (2007): Nauener Platz, Berlin Mitte-Wedding.<br />

Analyse + Vorentwurf.<br />

93 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

94 www.albert-speer.de<br />

95 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

96 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

97 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

98 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)


99 eigene Darstellung<br />

100 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

101 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

102 www.albert-speer.de<br />

103 www.luwoge.de<br />

104 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

105 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

106 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

107 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

108 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

109 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

110 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

111 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

112 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

113 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

114 Foto: <strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong> (2008)<br />

115 Zeman, Peter (2005): Ältere Migranten in Deutschland –<br />

Befunde zur soziodemographischen, sozioökonomischen<br />

und psychosozialen Lage sowie Zielgruppenbezogene<br />

Fragen der Politik und Praxisfeldentwicklung. Berlin<br />

116 Zeman, Peter (2005): Ältere Migranten in Deutschland –<br />

Befunde zur soziodemographischen, sozioökonomischen<br />

und psychosozialen Lage sowie Zielgruppenbezogene<br />

Fragen der Politund Praxisfeldentwicklung. Berlin<br />

117 Zeman, Peter (2005): Ältere Migranten in Deutschland –<br />

Befunde zur soziodemographischen, sozioökonomischen<br />

und psychosozialen Lage sowie Zielgruppenbezogene<br />

Fragen der Politik und Praxisfeldentwicklung. Berlin<br />

118 Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2007: Statistisches<br />

Jahrbuch 2007. Für die Bundesrepublik Deutschland;<br />

Wiesbaden<br />

119 eigene Darstellung<br />

120 eigene Darstellung<br />

121 eigene Darstellung<br />

122 eigene Darstellung


138


Anhang


140<br />

Anhang<br />

Staatsangehörigkeit und Alter der in Deutschland lebenden Ausländer, 2003<br />

115


Anhang 141<br />

Quelle: SOEP DIW 2003 116<br />

Quelle: SOEP DIW 2003<br />

117


142<br />

Anhang<br />

118


Anhang 143<br />

Auswertung der Statistik der Modellvorhaben – Themenschwerpunkt<br />

,Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier‘ – Daten (2006/2007)*<br />

Stadt (S) Bremen(07) Düsseldorf(07) Hamburg(06) Ingelheim(06) München(06) Offenburg(06) Sonneberg(06) Erfurt(07) Schwerin(07)<br />

Quartier (Q) Neue Vahr Nord Hellerhof/Garath Hamm-Süd Ingelheim-West Ackermannbog./<br />

Schwabing-W<br />

Historische<br />

Innestadt<br />

Wolkenrasen Roter Berg Neu Zippendorf<br />

Projekt Neue Vahr Nord Hell-Ga Hamm-Süd West Ackermannbog. Innenstadt Wolkenrasen Roter Berg Neu Zippendorf<br />

Bevölkerung S 547934 585054 1754182 24414 1326206 58993 23252 199242 97001<br />

Ausländer S 71914 13,1% 100572 17,1% 248246 14,2% 2029 7,7% 304445 23,0% 5678 9,6% - - 6043 3,0% 4331 4,5%<br />

65 und Älter S 144655 26,4% 145558 24,9% 325639 18,6% 1210 23,6% 210001 15,8% 11799 20% 5536 23,8% 40808 20,5% 26882 27,7%<br />

Ausländer 65 S - - - - 21537 6,6% - - 22909 11,0% - - - - - - - -<br />

Bevölkerung Q 8000 24842 3851 5128 1500 (BBR Daten) 2000 (BBR Daten) 5620 (BBR Daten) 5883 5974<br />

Ausländer Q 4301 53,7% 2606 10,5% 779 20,5% - - 225 15,0% 200 10% 112 2,0% 197 3,3% 1015 17,0%<br />

65 und Älter Q 1734 21,7% 6618 26,6% 674 17,5% - - - - 400 20% 1686 30% 1335 22,7% 1434 24%<br />

Ausländer 65 Q - - - - 51 7,5% - - - - - - - - - - - -<br />

Auswertung<br />

Hohe Anzahl an<br />

Ausländern und<br />

zukünftigen älteren<br />

Ausländern<br />

Geringe Anzahl<br />

an Ausländern<br />

Höhere Anzahl<br />

älterer Ausländer<br />

durch<br />

Migrantenzahlen<br />

und bei Zählung<br />

ab 60<br />

Keine Daten im<br />

Internet zu<br />

finden<br />

Ausländerdate<br />

n irrelevant<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Kleines, neu<br />

gegründetes<br />

Stadtquartier<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Kleines Quartier<br />

Schwerpunkt bei<br />

Innenstadtsanierung<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Ausländerdaten<br />

irrelevant<br />

Hohe Anzahl an<br />

Älteren<br />

Ausländerdaten<br />

irrelevant<br />

Hohe Anzahl an<br />

Älteren<br />

Gute Anzahl an<br />

Ausländern und<br />

zukünftigen älteren<br />

Ausländern<br />

*Auf Grundlage der Erhebungen der einzelnen Statistischen Ämter (Land/Kommune)<br />

119<br />

Auswertung der Statistik der Modellvorhaben – Themenschwerpunkt ,Gestaltung urbaner Freiräume‘ – Daten (2006/2007)*<br />

Stadt (S) Frankfurt(06) Sangershausen Berlin-Mitte(06) Berlin-FH/KB(06) Dessau(06) Leipzig(07) Magdeburg(06) Fürstenfeldbrück Kiel(07)<br />

Quartier (Q) Nordend Kumpelplatz/4<br />

Stadtquartiere<br />

Kiez Nauener<br />

Platz<br />

Friedrichshain/<br />

Kreuzberg<br />

Agnesviertel Grünau Salbke Innenstadt Gaarden-Ost<br />

Projekt Nordend Kumpelplatz Nauener Platz Tackenberg-Pro<br />

Wohnen<br />

Generationenpark<br />

Laubengarage Lesezeichen Marktplatz-Ost Sportpark<br />

Bevölkerung S 662001 30993 3416000 3416000 77394 510512 229631 35275 236902<br />

Ausländer S 164174 24,8% - - 477000 14,0% 477000 14,0% - - 32788 6,4% 8004 3,5% 2575 7,3% 19471 8,2%<br />

65 und Älter S 107569 16,2% 7438 24,0% 628544 18,4% 628544 18,4% - - 111964 22% - - 5715 16,2% 42601 18,1%<br />

Ausländer 65 S 15649 14,5% - - 28630 4,5% 28630 4,5% - - - - - - - - 1269 3,0%<br />

Bevölkerung Q 54662 - 12211 (BBR<br />

Daten)<br />

263388 (BBR<br />

Daten)<br />

3500 (BBR Daten) 67000 (BBR<br />

Daten)<br />

4200 (BBR Daten) 425 16200<br />

Ausländer Q 11626 21,3% - - 5080 41,6% 13169 5,0% 105 3,0% - - 63 1,5% - - 6202 38,2<br />

65 und Älter Q 6939 12,7% - - 4724 16,5 79016 30,0% 1190 34% 18090 27% 1138 27,1% 217 51% 2079 12,8%<br />

Ausländer 65 Q 1012 14,5% - - - - - - - - - - - - - - - -<br />

Auswertung<br />

Gute statistische<br />

Daten vorhanden<br />

Großes Quartier,<br />

hohe<br />

Bevölkerungszahl<br />

Beachtliche<br />

Anzahl älterer<br />

Migranten<br />

Keine Daten im<br />

Internet zu<br />

finden<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Hohe Anzahl an<br />

Ausländern und<br />

zukünftig älteren<br />

Ausländern<br />

*Auf Grundlage der Erhebungen der einzelnen Statistischen Ämter (Land/Kommune)<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Sehr großes<br />

Quartier, hohe<br />

Bevölkerungszahl<br />

Geringe Anzahl<br />

an Ausländern<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Ausländerdaten<br />

irrelevant<br />

Hohe Anzahl an<br />

Älteren<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Kaum Daten im<br />

Internet zu finden<br />

Hohe Anzahl an<br />

Älteren<br />

Ausländerdaten<br />

irrelevant<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Ausländerdaten<br />

irrelevant<br />

Hohe Anzahl an<br />

Älteren<br />

Kleines Quartier<br />

Hohe Anzahl an<br />

Älteren<br />

Gute statistische<br />

Daten vorhanden<br />

Hohe Anzahl an<br />

Migranten und<br />

zukünftigen<br />

älteren Migranten<br />

120


144<br />

Anhang<br />

Auswertung der Statistik der Modellvorhaben – Themenschwerpunkt "Attraktives Wohnen im Quartier" – Daten (2006 / 2007)*<br />

Stadt (S) Braunschweig(06) Heidenheim(07) Kassel(07) Oberhausen(07) Ludwigshafen(06) Arnstadt(06) Flensburg(06) Fürth(06) Lübbenau(06)<br />

Quartier (Q)<br />

Östliches<br />

Randgebiet<br />

Heidenheim-<br />

West<br />

Kirchditmold/<br />

Vorderer West.<br />

Klosterhardt-<br />

Nord<br />

Pfingstweide Arnstadt-Ost Mürwik Westliche<br />

Innenstadt<br />

Neustadt<br />

Projekt<br />

St.Leonhardt<br />

Garten<br />

Dorf in der Stadt Hand in Hand Tackenberg-Pro<br />

Wohnen<br />

Pfingstweide Arnstadt-Ost Bestandsentwicklung<br />

Westliche<br />

Innenstadt<br />

Neustadt<br />

Bevölkerung S 240171 49247 192121 218089 167906 26000 86630 113627 12595<br />

Ausländer S 18792 7,8% 6530 13,3% 25280 13,6% 24645 11,3% 46551 27,7% - - 7082 8,2 % 15730 13,8% - -<br />

65 und Älter S 51072 21,3% 13442 27,4% 38808 20,2% 55913 25,6% 31953 19% - - 16141 18,6% 20744 18,3% - -<br />

Ausländer 65 S 2118 4,1% 1001 7,5% - - - - 2161 6,7% - - - - 1257 6% - -<br />

Bevölkerung Q 25324 1300 (BBR<br />

Daten)<br />

10551 2000 (BBR<br />

Daten)<br />

6434 3000 (BBR<br />

Daten)<br />

14086 12510 9500 (BBR Daten)<br />

Ausländer Q 1416 5,6% 221 17% 1266 12% 1060 53% 1549 24% - - 605 4,3% 5004 40% 161 1,7<br />

65 und Älter Q 4273 16,8% 312 24% 4220 40% 180 9% 1674 26% 1005 33,5% - - 2001 16% 2660 28%<br />

Ausländer 65 Q 155 3,0% - - - - - - 184 14,9% - - - - - - - -<br />

Notizen kleiner Quartier kleines Quartier Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Datenmix aus<br />

BBR Daten und<br />

Statistikamt<br />

Hohe Anzahl an<br />

Ausländern und<br />

zukünftig älteren<br />

Ausländern<br />

Aus Gesamtbevölkerung<br />

13418<br />

MIgranten_innen,<br />

hier bei Ausländern<br />

hinzu gezählt<br />

Hohe Anzahl<br />

Ausländer und<br />

Älterer<br />

Keine Daten im<br />

Internet zu<br />

finden<br />

Hohe Anzahl<br />

Älterer<br />

Daten aus<br />

Wikipedia<br />

Hartz IV 20%<br />

Arbeitslose 7%<br />

Hohe Anzahl<br />

Ausländer und<br />

Älterer<br />

Ausländerdaten<br />

irrelevant<br />

Schwerpunkt-<br />

Problematik bei<br />

Arbeitslosen 22%<br />

*Auf Grundlage der Erhebungen der einzelnen Statistischen Ämter (Land/Kommune)<br />

121<br />

* Berlin Frankfurt Kiel Bremen Hamburg Schwerin Oberhausen Ludwigshafen Fürth<br />

Bevölkerung Migr. 63,9%<br />

Migr. 30,1%<br />

Migr. 38,3%<br />

Migr. 54,5%<br />

Ausl. 20,5%<br />

Ausl. 17,0%<br />

Ausl. 51,0%<br />

Migr. 24,0%<br />

Ausl. 40,0%<br />

Ältere 13,0%<br />

Ältere 13,5%<br />

Ältere 12,8%<br />

Ältere 21.5%<br />

Ältere 17,5%<br />

Ältere 24,0%<br />

Ältere 9,6%<br />

Ältere 26,0%<br />

Ältere 16,0%<br />

ÄMigr. 4,3%<br />

ÄMigr. 2,4%<br />

ÄMigr. -<br />

ÄMigr. 5,2%<br />

ÄAusl. 7,5%<br />

ÄAusl. -<br />

ÄAusl. 3,4%<br />

ÄMigr. 2,5%<br />

ÄAusl. -<br />

Nationalitäten<br />

Türkei<br />

ex Jugoslawien<br />

Türkei<br />

Aussiedler<br />

Türkei<br />

ex Jugoslawien<br />

Türkei<br />

Andere<br />

Polen<br />

- -<br />

ex Jugoslawien<br />

Italien<br />

-<br />

Arab. Staaten<br />

Italien<br />

Irak<br />

Türkei<br />

Mazedonien<br />

Türkei<br />

Quartiergröße < 27.370 51.372 16.208 8068 3851 5974 1903 6434 12510<br />

Lage in BRD<br />

Ost Mitte/Süd Nord Nord Nord Nord/Ost Mitte/West Süd/West Süd/Ost<br />

Gebietskulisse<br />

Blockrand<br />

Innerstädtisch<br />

Blockrand<br />

Innerstädtisch<br />

Blockrand<br />

Innerstädtisch<br />

Großwohnsiedlung<br />

Innenstadtrand<br />

Blockzeile<br />

Innenstadtrand<br />

Großwohnsiedlung<br />

Kernstadt<br />

Zeilenbau<br />

Randstadt<br />

Großwohnsiedlung<br />

Nördlicher<br />

Stadtrand<br />

Mischgebiet<br />

Zentral<br />

Architektur Gründerzeit (60 J) 1880 - 30. Jahre Gründerzeit 50. - 60. Jahre 50. - 60. Jahre 70. - 80. Jahre 50. Jahre 70. Jahre Gründerzeit<br />

Soziale Struktur<br />

Problemquartier<br />

Viele Arbeitslose<br />

Attraktives<br />

Wohnquartier<br />

> Soz. Mischung<br />

Gastarbeiter<br />

Soz. Probleme<br />

Schlechte Sozioök.<br />

Situation<br />

„Soziale Stadt“<br />

Mangelnde soz.<br />

Infrastruktur<br />

Fehlende<br />

Nachbarschaften<br />

Viele ältere<br />

Türken_innen<br />

Fehlende<br />

Nachbarschaften<br />

Ärmere Schichten,<br />

Altengerechte viele Migranten<br />

Wohnungen Nötig<br />

„Soziale Stadt“<br />

Datenzugang Sehr Gut Mittel Gut Sehr Gut Schlecht Schlecht Gut Gut Schlecht<br />

Reisekosten Erstattung Möglich Unwahrscheinlich Unwahrscheinlich Weiss Nicht Weiss Nicht Weiss Nicht Unwahrscheinlich Unwahrscheinlich Unwahrscheinlich<br />

Sonstiges<br />

kostenlose<br />

Übernachtung<br />

möglich<br />

- kostenlose<br />

Übernachtung<br />

möglich<br />

*Auf Grundlage der Erhebungen der einzelnen Statistischen Ämter (Land/Kommune)<br />

Thema ÄM wird<br />

an diesem<br />

Modellvorhaben<br />

von BBR<br />

bearbeitet<br />

Befragung von<br />

Senioren zum<br />

Wohnen<br />

vorhanden<br />

Probleme<br />

zwischen älteren<br />

Deutschen und<br />

jungen Migranten<br />

122


Anhang 145<br />

Gesprächsleitfaden<br />

Das Thema meiner Diplomarbeit lautet: Ältere Migranten_innen im Stadtquartier.<br />

Eine erste theoretische Aufarbeitung erläutert die bisher aus der Forschung<br />

benannten Anforderungen der älteren Migranten_innen an ihr Leben in Deutschland.<br />

Diese Anforderungen werden in den Kontext des Stadtquartiers gestellt<br />

und am Beispiel von drei (Neue Vahr Nord - Bremen; Nauener Platz - Berlin;<br />

Pfingstweide - Ludwigshafen) Modellvorhaben des ExWoSt-IFAS Forschungsfeldes<br />

untersucht. Dieses Gespräch soll dabei helfen die Beteiligung der älteren<br />

Migranten_innen im Stadtquartier zu erfahren. Die erste Frage lautet...<br />

1. Welche Rolle spielen/spielten die älteren Migraten_innen im Stadtquartier<br />

bei den unterschiedlichen vorhandenen Projekten? z.B. ExWoSt-IFAS Projekt /<br />

soziale Stadt<br />

2. In welcher Weise wurden die Vorschläge und Wünsche der älteren<br />

Migranten_innen bei den diversen Projekten beachtet und fanden diese eine<br />

Umsetzung?<br />

3. Wie beurteilen Sie die Lebenslage/Situation der älteren Migranten_innen auf<br />

dem Stadtquartier?<br />

4. Welche Aspekte und Fragen sind Ihnen bekannt bezüglich der älteren<br />

Migranten_innen?<br />

- Bleiben die älteren Migranten_innen in Deutschland oder pendeln sie oft in<br />

ihre „Heimat“?<br />

- Welche Rolle spielt heute noch das „Heimatland“?<br />

- Können die älteren Migranten_innen bei Pflegebedürftigkeit auf die Hilfe ihrer<br />

Kinder zählen?<br />

In der bisherigen Alters- und Migrationsforschung verglich man Aspekte der<br />

Lebenssituation der älteren Migranten_innen mit denen der älteren Deutschen.<br />

Hierbei schneiden die älteren Migranten_innen meist schlechter ab. Als<br />

Beispiel kann man die schlechtere gesundheitliche Situation der ehemaligen<br />

Gastarbeiter aufführen. In den Ergebnissen merken Forscher an, dass für ältere<br />

Migranten_innen spezielle Angebote nötig sind. Meine nächste Frage lautet...<br />

5. Sind im Stadtquartier spezielle Angebote für ältere Migranten_innen z.B. in<br />

der Altenpflege oder Gemeinschaftseinrichtungen vorhanden, und sehen Sie<br />

persönlich solche speziellen Angebote hier im Stadtquartier als notwendig an?<br />

Bei Stadtteilen mit einer hohen Anzahl an Migranten_innen spricht man oftmals<br />

von „Ghettos“. Dies weist auf die schlechte Soziale Situation im Quartier hin,<br />

aber auch auf den besonderen Zusammenhalt der Migranten_innen, in dem wie<br />

es scheint, ein außenstehender keinen Zugang hat...<br />

6. Wie würden Sie das Verhältnis zwischen den älteren Migranten_innen und<br />

der deutschen Gesellschaft/Senioren_innen beschreiben?<br />

Abschließend würde mich ihre Einschätzung der älteren Migranten_innen im<br />

Stadtquartier interessieren....


146<br />

Anhang<br />

Passantenbefragung<br />

Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Guten Tag! Haben Sie 10 Minuten Zeit für eine Befragung? – Ich<br />

studiere Stadtplanung an der Universität Stuttgart und arbeite<br />

zur Zeit an meiner Diplomarbeit. Das Thema befasst sich mit der<br />

Lebenssituation der Senioren_innen im Stadtteil. Zuvor möchte<br />

ich Sie fragen ob Sie es gestatten dass ich unser Gespräch<br />

aufnehme? Nach der Befragung wird die Aufnahme gelöscht<br />

und ihre Antworten bleiben anonym. Ich beginne mit der ersten<br />

Frage... (Wohnen)<br />

1. Wohnen Sie in der Neuen Vahr Nord? JA NEIN<br />

2. In was für einem Haustyp wohnen Sie?<br />

1-FMH 2-FMH MFH HH<br />

3. Wie würde Sie die Größe Ihrer Wohnung beschreiben?<br />

klein mittel groß ______m²<br />

4. Wie lange leben Sie schon in Ihrer jetzigen Wohnung?<br />

_________________________________<br />

5. Mit wievielen Personen leben Sie gemeinsam in Ihrer Wohnung?_________________________________<br />

6. Wohnen Sie zur Miete? JA NEIN<br />

7. Ist aus Ihrer Sicht die Miethöhe ihrer Wohnung angemessen<br />

oder...? 1 2 3 4 5 6<br />

_________________________________<br />

8. Fühlen Sie sich in Ihrer Wohnung wohl, oder würden Sie auch<br />

in Betracht ziehen wegzuziehen?____________________________<br />

Als zweiten Aspekt der Befragung möchte ich Ihre Meinung und<br />

Bewertung der Freiräume in der Neuen Vahr Nord erfahren...<br />

(Freiraum)<br />

1. Wie beurteilen Sie Nutzbarkeit des Freiraums (Parks, Plätze,<br />

Straßen) im Viertel? 1 2 3 4 5 6<br />

2. Was könnte ihrer Meinung nach besser sein?<br />

_________________________________<br />

3. Welche Plätze im Viertel benutzen Sie?<br />

_________________________________<br />

4. Wie beurteilen Sie die Sicherheit (im Freiraum) tagsüber im<br />

Viertel? 1 2 3 4 5 6<br />

5. Wie beurteilen Sie die Sicherheit (im Freiraum) abends im<br />

Viertel? 1 2 3 4 5 6<br />

6. Was würden Sie sich zur Erhöhung der Sicherheit im Viertel<br />

wünschen?_______________________________<br />

Da meine Diplomarbeit sich besonders mit der Lebenssituation<br />

von Senioren_innen befasst, möchte ich Ihnen ein paar Fragen<br />

stellen um die bestehenden Angebote für Senioren_innen auf der<br />

Neuen Vahr Nord besser kennen zu lernen... (Gemeinschaft/<br />

Pflege)<br />

1. Sind Ihnen Pflege- und Altenheime oder mobile Dienste für<br />

Senioren_innen hier bekannt? JA NEIN<br />

2. Sind Ihnen Einrichtungen oder Plätze mit Treffpunkten für<br />

Senioren_innen hier bekannt? JA NEIN<br />

3. Was würden Sie sich wünschen um das Leben für Senioren_<br />

innen im Viertel zu verbessern?____________________________<br />

4. Haben Sie Freundschaften mit anderen Bewohnern_innen im<br />

Quartier? JA NEIN<br />

5. Sind darunter auch Kontakte mit Senioren_innen einer anderen<br />

Nationalität? JA NEIN<br />

6. Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen Deutschen und<br />

Personen einer anderen Nationalität? 1 2 3 4 5 6<br />

________________________________<br />

7. Alles in Allem, wie bewerten Sie die Lebens- und Wohnqualität<br />

auf der Neuen Vahr Nord? 1 2 3 4 5 6<br />

________________________________<br />

Um mir eine bessere statistische Auswertung zu ermöglichen,<br />

benötige ich noch zwei Angaben zu Ihrer Person. Welche...<br />

(Person)<br />

a. Nationalität/Migrationshintergrund besitzen Sie?<br />

_________________________<br />

b. Wann ist Ihr Geburtsjahr? _____________________<br />

ZUSATZFRAGEN AN ÄLTERE MIGRANTEN_INNEN (mit guten<br />

Deutschkenntnissen)<br />

Abschließend möchte ich aus Ihrer Sicht als Migrant/Ausländer/<br />

Einwanderer wissen, wie Sie die Situation der Älteren Migranten/<br />

Ausländer/Einwanderer sehen. Hierzu habe ich noch drei Fragen<br />

an Sie...<br />

1. Wie eignet sich das Quartier für ältere Migranten_innen?<br />

1 2 3 4 5 6<br />

2. Glauben Sie, dass die Lebensbedingungen für Ältere Migranten_innen<br />

leichter gleich schwieriger sind als für<br />

deutsche Senioren_innen? ____________________________<br />

3. Welche Unterstützung für ältere Migranten_innen der Neuen<br />

Vahr Nord würden Sie sich wünschen?__________________


Anhang 147<br />

Auswertung Passantenbefragung<br />

Neue Vahr Nord, Bremen<br />

Fragen zum Bereich „Freiraum“<br />

Allgemeine Daten zu den Befragten<br />

Befragte Insgesamt 10<br />

Frauen 05<br />

Männer 05<br />

mit Migrationshintergrund 01<br />

Durchschnittsalter 72<br />

Fragen zum Bereich „Wohnen“<br />

1. Wohnen Sie in der Neuen Vahr Nord? (10/10)<br />

JA 10 NEIN -<br />

2. In was für einem Haustyp wohnen Sie? (10/10)<br />

EFH - 2-FMH - MFH 09 HH 01<br />

3. Wie würden Sie die Größe Ihrer Wohnung beschreiben?<br />

Klein - Ausreichend 09 Groß 01<br />

Durschschnittsgröße (07/10) 59,7 m²<br />

4. Wie lange leben Sie schon in Ihrer jetzigen Wohnung/Neue<br />

Vahr Nord? (10/10)<br />

Durchschnitt 32,7 Jahre (18 - 50 Jahre)<br />

5. Mit wievielen Personen leben Sie gemeinsam in Ihrer Wohnung? (10/10)<br />

Allein 04 ZU ZWEIT 06<br />

6. Wohnen Sie zur Miete?<br />

JA 08 NEIN 02<br />

7. Ist aus Ihrer Sicht die Miethöhe ihrer Wohnung angemessen oder...? (08/10)<br />

1 -<br />

2 02<br />

3 04<br />

4 02<br />

5 -<br />

6 -<br />

8. Fühlen Sie sich in Ihrer Wohnung wohl, oder würden Sie auch in Betracht<br />

ziehen wegzuziehen? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Fühlen sich wohl (06)<br />

- Nein, früher war alles besser, jetzt sind hier zuviele Ausländer (02)<br />

- Nein, man wird von den Deutschen schlecht behandelt<br />

- Nein, wenn ich nicht so krank wäre, würde ich wegziehen<br />

1. Wie beurteilen Sie dieNutzbarkeit des Freiraums (Parks, Plätze, Straßen) im<br />

Viertel? (10/10)<br />

1 01<br />

2 07<br />

3 -<br />

4 01<br />

5 01<br />

6 -<br />

2. Was könnte ihrer Meinung nach besser sein? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Es fehlt nichts (03)<br />

- Es fehlen Sitzbänke, ältere werden nicht erneuert (02)<br />

- Sitzbänke vor der Haustüre führten zu Gelagen von ausländischen<br />

Jugendlichen, dies führte oft zu Problemen und vor allem zu Dreck. Daraufhin<br />

wurden diese Sitzbänke entfernt.<br />

- Alles wird kaputt gemacht, hier leben zu viele Ausländer. Sie können sich nicht<br />

benehmen.<br />

- Hunde sollten nicht auf der Wiese „kacken“<br />

- Es sollte weniger Ausländer auf der Straße und im Freiraum geben<br />

- Zu viele Bäume, im Sommer bekommt man daher wenig Licht<br />

- Die Brücke zur Berliner Freiheit ist ärgerlich, vor allem Senioren_innen haben<br />

Schwierigkeiten beim Überqueren<br />

3. Welche Plätze im Viertel benutzen Sie? (08/10)<br />

- eher keine, ich fahre viel Fahrrad (02)<br />

- den Freiraum insgesamt zum Spazieren<br />

- Vahrer See, (02) mittlerweile wird da aber nur noch gegrillt, deswegen nicht<br />

mehr so gerne<br />

- Bänke vor dem Haus<br />

- keine, ich sitze lieber auf meinem Balkon<br />

4. Wie beurteilen Sie tagsüber die Sicherheit (im Freiraum) im Viertel? (09/10)<br />

1 01<br />

2 06<br />

3 01<br />

4 -<br />

5 01<br />

6 -<br />

5. Wie beurteilen Sie abends die Sicherheit (im Freiraum) im Viertel? (09/10)<br />

1 01<br />

2 05<br />

3 -<br />

4 01<br />

5 02<br />

6 -


148<br />

Anhang<br />

6. Was würden Sie sich zur Erhöhung der Sicherheit im Viertel wünschen?<br />

(Mehrfachantworten möglich)<br />

- Als älterer Mensch hat man Angst, die Bevölkerung ist schlecht. Hier ist<br />

ein sozialer Brennpunkt, zu viele Arbeitslose und Ausländer leben hier. Die<br />

Deutsch-Russen sind ein Problem. Die Jugendlichen pöbeln rum und die Alten<br />

besaufen sich.<br />

- Mehr Polizeipräsenz (02)<br />

- Größere Entschiedenheit der Polizei und Staat<br />

- Mehr Ausländer sollen ausgewiesen werden, ich würde ihnen zeigen wo es<br />

lang geht<br />

- „diese sogenannten Gäste“<br />

- Begleitung vom Bus nach Hause wäre gut, selber habe ich sehr viel Angst<br />

- Man liest ja Zeitung und da bleibe ich Zuhause<br />

Fragen zum Bereich „Gemeinschaft“<br />

1. Sind Ihnen Pflege- und Altenheime oder mobile Dienste für Senioren_innen<br />

hier bekannt? (08/10)<br />

JA 07 NEIN 01<br />

2. Sind Ihnen Einrichtungen oder Plätze mit Treffpunkten für Senioren_innen<br />

hier bekannt? (07/10)<br />

JA 06 NEIN 01<br />

3. Was würden Sie sich wünschen um das Leben für Senioren_innen im Viertel<br />

zu verbessern? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Nichts, alles ist super<br />

- Aufzüge in den Häusern<br />

- Straßenübergänge sind gefährlich (03)<br />

- Betreuung ist gewährleistet<br />

- Einkaufszentren sollen gestärkt werden (03)<br />

- Mehr Sport- und Bewegungsangebote<br />

- Weniger Ausländer, mehr Deutsche sollten hier leben<br />

- Mehr Einrichtungen als Treffpunkte, z.B. ein Café<br />

- Wir haben etliche Migranten_innen im Haus, aber keine Probleme<br />

- Gut, keine Probleme<br />

- Mir ist wichtig, dass sie anständig sind, bei mir im Haus, ist dass kein Problem.<br />

- Mir scheint, dass viele arm sind und in zu kleinen Wohnungen leben<br />

- Es war mal besser, aber die Schwarzen und die Russen integrieren sich nicht<br />

und sind nur unter sich<br />

- Es sollte ein Einwanderungsstopp in Deutschland geben und die hier sollten<br />

deutsch lernen<br />

- Ich würde eine Handgranate in die Häuser der Carl-Severin-Straße werfen,<br />

dann wären ein paar weg<br />

- Bei uns im Haus leben nur Deutsche – „Gott sei dank“<br />

- Wir hatten Probleme mit Türken im Haus (02)<br />

- Vor den Häusern wo die Polen und Russen wohnen, liegen Flaschen und<br />

Dreck rum, das stört uns sehr<br />

- Die Bushaltestellen verdrecken Sie mit Sonnenblumenkernen<br />

7. Alles in Allem, wie bewerten Sie die Lebens- und Wohnqualität auf der Neuen<br />

Vahr Nord? (10/10)<br />

1 -<br />

2 06<br />

3 -<br />

4 02<br />

5 02<br />

6 -<br />

- Wohne sehr gerne hier (04)<br />

- Sehr zufrieden, sind nur zu viele Russen hier<br />

- Man darf nichts sagen, man ist immer nur Ausländer<br />

- Nicht mehr, in vielen Häuser gibt es Probleme. Viele Russen haben ein<br />

Alkoholproblem, sie sind nicht wie die Gastarbeiter. Sie waren dynamisch und<br />

wollten arbeiten.<br />

- „Multikulti“ klappt nicht, auch wenn Bremen eine weltoffene Stadt ist<br />

- Man lernt leider die Menschen, wenn man in einem HH, wohnt nicht kennen<br />

4. Haben Sie Freundschaften mit anderen Bewohnern_innen im Quartier?<br />

(09/10)<br />

JA 06 NEIN 03<br />

5. Sind darunter auch Kontakte mit Senioren_innen einer anderen<br />

Nationalität? (10/10)<br />

JA 03 NEIN 07<br />

6. Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen Deutschen und Personen einer<br />

anderen Nationalität? (09/10)<br />

1 -<br />

2 03<br />

3 01<br />

4 02<br />

5 03<br />

6 01


Anhang 149<br />

Auswertung Passantenbefragung<br />

Allgemeine Daten zu den Befragten<br />

Befragte Insgesamt 14<br />

Frauen 08<br />

Männer 06<br />

mit Migrationshintergrund 03<br />

Durchschnittsalter 72<br />

Fragen zum Bereich „Wohnen“<br />

1. Wohnen Sie in der Neuen Vahr Nord? (14/14)<br />

JA 14 NEIN -<br />

2. In was für einem Haustyp wohnen Sie? (14/14)<br />

SENIORENANLAGE 07 MFH 06 EFH 01<br />

3. Wie würde Sie die Größe Ihrer Wohnung beschreiben? (14/14)<br />

KLEIN 01<br />

AUSREICHEND 09<br />

GROSS 04<br />

DURCHSCHNITT m² (08/14) 56 (44 m² - 90 m²)<br />

Nauener Platz, Berlin<br />

4. Wie lange leben Sie schon in Ihrer jetzigen Wohnung/Kiez? (14/14)<br />

DURCHSCHNITT Jahre 21,8 (1 - 50 Jahre)<br />

5. Mit wievielen Personen leben Sie gemeinsam in Ihrer Wohnung? (14/14)<br />

ALLEIN 11<br />

ZU ZWEIT 02<br />

ZU DRITT 01<br />

6. Wohnen Sie zur Miete? (14/14)<br />

JA 12 NEIN 02<br />

7. Ist aus Ihrer Sicht die Miethöhe ihrer Wohnung angemessen oder...? (12/14)<br />

1 01<br />

2 02<br />

3 04<br />

4 02<br />

5 03<br />

6 -<br />

8. Fühlen Sie sich in Ihrer Wohnung wohl oder würden Sie auch in Betracht<br />

ziehen wegzuziehen? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Fühlt sich wohl (08)<br />

- Nein, die anderen Bewohner der Anlage stören mich<br />

- Nein, würde gerne mit anderen gemeinsam wohnen, aber ist mir zu teuer.<br />

Deutschland war früher besser<br />

- Viele Deutsche sagen uns, wir sollen in unsere Heimat zurückkehren<br />

- zu viele Kinder und Ausländer in der Wohnanlage<br />

- Würde gerne wegziehen, aber wohin? Das Umfeld hat sich hier sehr ver<br />

schlechtert, mittlerweile zu viele Ausländer hier<br />

- Die Ausländer hätte man nicht alle an einen Ort ziehen lassen sollen, alles<br />

verdreckt und verkommt nun<br />

- Mein Sohn möchte, dass ich mit nach Bayern ziehe<br />

Fragen zum Bereich „Freiraum“<br />

1. Wie beurteilen Sie Nutzbarkeit des Freiraums (Parks, Plätze, Straßen) im<br />

Viertel? (14/14)<br />

1 -<br />

2 03<br />

3 01<br />

4 04<br />

5 06<br />

6 -<br />

2. Was könnte ihrer Meinung nach besser sein? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Zu viele Säufer (02)<br />

- Arbeitslose Jugendliche sind das Problem im Freiraum, man sollte sie mehr<br />

beschäftigen (02)<br />

- Weniger Ausländer, damit es sauberer wird (02)<br />

- Mehr Sauberkeit, alle Plätze sind verdreckt (03)<br />

- Nichts, das Ambiente in der Seniorenanlage ist schön beim Spazieren<br />

- Mehr Angebote für Kinder<br />

- Neugestaltung Nauener Platz geht an den Wünschen der Menschen vorbei,<br />

werden sicher weiterhin die selben Leute nutzen<br />

- Nein, nutzt eh nichts<br />

3. Welche Plätze im Viertel benutzen Sie? (10/14)<br />

- Grünräume in der Seniorenanlage (03)<br />

- Keine (03)<br />

- Schillerpark (02)<br />

- Keinen wegen dem Volk hier<br />

- Brunnenplatz oder mein Balkon<br />

4. Wie beurteilen Sie tagsüber die Sicherheit (im Freiraum) im Viertel? (13/14))<br />

1 -<br />

2 05<br />

3 03<br />

4 02<br />

5 03<br />

6 -


150<br />

Anhang<br />

5. Wie beurteilen Sie abends die Sicherheit (im Freiraum) im Viertel? (13/14)<br />

1 -<br />

2 -<br />

3 03<br />

4 02<br />

5 06<br />

6 02<br />

6. Was würden Sie sich zur Erhöhung der Sicherheit im Viertel<br />

wünschen? (13/14)<br />

- Mehr Polizeipräsenz (05)<br />

- Mehr Polizeipräsenz, ich wurde hier schon überfallen aber es tut sich nichts<br />

- Ich habe keine Angst, da ich durch die Einsamkeit eh bald tot bin<br />

- Den Jugendlichen sollte man Arbeit geben (02)<br />

- Oft Angst heim zu gehen, bin selber Ausländer habe aber Angst abends heim<br />

zu laufen<br />

- Ist gut so wie es ist (02)<br />

- Ich lasse mich mit dem Taxi vor der Haustür abholen, fahre nicht mehr mit der<br />

Bahn. Seit das Fahrpersonal nicht mehr in der U-Bahn ist die Nauener Platz<br />

Haltestelle schlimm.<br />

- In den Seniorenanagen sollten die Türen verschlossen sein, jeder kann<br />

reinkommen.<br />

Fragen zum Bereich „Gemeinschaft“<br />

1. Sind Ihnen Pflege- und Altenheime oder mobile Dienste für Senioren_innen<br />

hier bekannt? (12/14)<br />

JA 07 NEIN 05<br />

- Seniorenwohnanlage (07)<br />

- zu teuer, würde gerne in ein Seniorenheim<br />

2. Sind Ihnen Einrichtungen oder Plätze mit Treffpunkten für Senioren_innen<br />

hier bekannt? (12/14)<br />

JA 06 NEIN 06<br />

- in der Iranischen Straße ein Seniorentreff<br />

- in der Seniorenwohnanlage gibt es Treffpunkte (04)<br />

- im türkischen Kulturverein<br />

3. Was würden Sie sich wünschen um das Leben für Senioren_innen im Viertel<br />

zu verbessern? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Nichts, ist eh alles egal (05)<br />

- Mehr Sicherheit<br />

- Ist zu wenig los, es leben ja nur Senioren hier<br />

- Mehr finanzielle Unterstützung vom Staat, alles ist zu teuer<br />

- Das die jungen Leute mehr Lehrstellen bekommen<br />

- Sichere Straßenübergängen, z.B. Zebrastreifen<br />

4. Haben Sie Freundschaften mit anderen Bewohnern_innen im<br />

Quartier? (12/14)<br />

JA 05 NEIN 07<br />

5. Sind darunter auch Kontakte mit Senioren_innen einer anderen<br />

Nationalität? (12/14)<br />

JA 04 NEIN 08<br />

6. Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen Deutschen und Personen einer<br />

anderen Nationalität? (13/14)<br />

1 01<br />

2 02<br />

3 04<br />

4 04<br />

5 02<br />

6 -<br />

- Frauen können kein Deutsch<br />

- Die türkischen Läden sind super, man wird per Handschlag begrüßt, aber<br />

sonst nicht so gut (02)<br />

- Hier kein Problem, aber die jugendlichen Ausländer machen mir oft Angst<br />

- Kein Problem<br />

- Könnte besser sein, ich kaufe auch nicht bei den Türken ein<br />

- Überhaupt kein Kontakt zu den Migranten (02)<br />

- Sie können kein Deutsch und wollen den Kontakt nicht (02)<br />

- Es entstehen keine Freundschaften, sie helfen nur gegen Bezahlung<br />

- Sie mögen die Deutschen nicht, sie sind uns feindlich gegenüber<br />

- Sie bekommen keine richtige Erziehung, sie haben hier zu viele Freiheiten<br />

7. Alles in Allem, wie bewerten Sie die Lebens- und Wohnqualität im<br />

Viertel? (13/14)<br />

1 01<br />

2 02<br />

3 02<br />

4 04<br />

5 03<br />

6 01<br />

- Früher wars schöner (03)<br />

- würde lieber wegziehen<br />

- Schlecht<br />

- Seit hier so viele Ausländer leben ist es schlechter geworden, sie können kein<br />

deutsch, vor allem die Jugendlichen. In den Schule sind zu viele Ausländer<br />

und deswegen zeihen viele junge Menschen weg. Mit den Gastarbeitern war<br />

es super.<br />

- Zu viele Ausländer hier<br />

- Bin froh wenn ich mal einen Deutschen treffe<br />

- Politiker sollten mehr für die sozial Schwachen hier tun<br />

- Sehr schlecht, hier leben viele Sozialhilfeempfänger. Komme aber eher mit<br />

Ausländern klar als mit Deutschen


Anhang 151<br />

Auswertung Passantenbefragung<br />

Pfingstweide, Ludwigshafen<br />

Fragen zum Bereich „Freiraum“<br />

Allgemeine Daten zu den Befragten<br />

Befragte Insgesamt 08<br />

Frauen 03<br />

Männer 05<br />

mit Migrationshintergrund 00<br />

Durchschnittsalter 72,8<br />

Fragen zum Bereich „Wohnen“<br />

1. Wohnen Sie in der Neuen Vahr Nord? (08/08)<br />

JA 08 NEIN -<br />

2. In was für einem Haustyp wohnen Sie? (08/08)<br />

EFH 03 2-FMH - MFH 02 HH 03<br />

3. Wie würde Sie die Größe Ihrer Wohnung beschreiben? (08/08)<br />

KLEIN -<br />

AUSREICHEND 03<br />

GROSS 05<br />

DURCHSCHNITT m² (07/08) 97,3 (75 m² - 250 m²)<br />

4. Wie lange leben Sie schon in Ihrer jetzigen Wohnung/Pfingstweide?<br />

DURCHSCHNITT Jahre 24,3 (05 - 36 Jahre)<br />

5. Mit wieviel Personen leben Sie gemeinsam in Ihrer Wohnung? (08/08)<br />

ALLEIN 02<br />

ZU ZWEIT 05<br />

ZU VIERT 01<br />

6. Wohnen Sie zur Miete? (08/08)<br />

JA 03 NEIN 05<br />

7. Ist aus Ihrer Sicht die Miethöhe ihrer Wohnung angemessen oder...? (03/08)<br />

1 -<br />

2 01<br />

3 -<br />

4 -<br />

5 02<br />

6 -<br />

8. Fühlen Sie sich in Ihrer Wohnung wohl oder würden Sie auch in Betracht<br />

ziehen wegzuziehen? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Fühlen sich wohl (06)<br />

- Nein, fühle mich nicht wohl da die Wohnung zu teuer ist, kein guter Standard<br />

- Solange ich mich selbst versorgen kann, möchte ich gerne hier wohnen<br />

1. Wie beurteilen Sie Nutzbarkeit des Freiraums (Parks, Plätze, Straßen) im<br />

Viertel? (08/08)<br />

1 -<br />

2 02<br />

3 -<br />

4 02<br />

5 04<br />

6 -<br />

2. Was könnte ihrer Meinung nach besser sein? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Die Plätze sind ungepflegt und dreckig, niemand kümmert sich darum (02)<br />

- Die Spielplätze verwahrlosen, vor allem Jugendliche randalieren<br />

- Die Grünflächen sind ungepflegt<br />

- Die Wege sind nicht gut und sollten renoviert werden<br />

- Alles ist gut so wie es ist<br />

- Auf den Wegen ist viel Unkraut, man muss alles selber säubern, die<br />

Stadt tut nichts<br />

- Hunde kacken überall hin<br />

- Die Autobahn ist zu laut, man braucht Schallschutzwände<br />

3. Welche Plätze im Viertel benutzen Sie? (06/08))<br />

- Marktplatz (02)<br />

- Den Platz vor unserem Haus<br />

- Früher sind wir viel spaziert im Viertel<br />

- ich nutze keine Plätze (02)<br />

4. Wie beurteilen Sie tagsüber die Sicherheit (im Freiraum) im Viertel? (08/08)<br />

1 03<br />

2 04<br />

3 01<br />

4 -<br />

5 -<br />

6 -<br />

5. Wie beurteilen Sie abends die Sicherheit (im Freiraum) im Viertel? (08/08)<br />

1 -<br />

2 03<br />

3 02<br />

4 -<br />

5 03<br />

6 -


152<br />

Anhang<br />

6. Was würden Sie sich zur Erhöhung der Sicherheit im Viertel wünschen?<br />

(Mehrfachantworten möglich)<br />

- Polizei oder Sicherheitsfirmen, gegen Vandalismus und die Jugendlichen (03)<br />

- Großer Ausländeranteil und viele Arbeitslose hier<br />

- Vorschriften werden hier (und in Deutschland allgemein) verfolgt daher gibt es<br />

wenig Probleme.<br />

- an den Bushaltestellen hielten sich viele Jugendliche auf die Angst machten,<br />

nun ist die BH weg<br />

Fragen zum Bereich „Gemeinschaft“<br />

1. Sind Ihnen Pflege- und Altenheime oder mobile Dienste für Senioren_innen<br />

hier bekannt? (08/08)<br />

JA 08 NEIN 00<br />

- Haus NOAH ist bekannt unter den Bewohnern<br />

2. Sind Ihnen Einrichtungen oder Plätze mit Treffpunkten für Senioren_innen<br />

hier bekannt? (08/08)<br />

JA 03 NEIN 05<br />

- Treffpunkt im Haus NOAH (03)<br />

3. Was würden Sie sich wünschen um das Leben für Senioren_innen im Viertel<br />

zu verbessern? (Mehrfachantworten möglich)<br />

- Mehr Angebote zur Beschäftigung von Senioren<br />

- Aufzüge in den Häusern<br />

- Freundschaften wurden wegen HH Abriss auseinander gerissen<br />

- Mehr Sauberkeit<br />

- Behindertengerechte Straßen ohne Stolperfallen<br />

- Ich bin zufrieden<br />

- Ich bin ein Einzelgänger daher brauche ich keine Angebote, gehe selbst<br />

Wandern<br />

- Die Ausländer hier verdrecken vor Ihren Häusern nicht und sind meist sauber<br />

- Sie sind nett<br />

- Mit meinen italienischen Nachbarn ist alles super, sonst gibt es ja<br />

nicht so viele<br />

- Sie integrieren sich nicht und ziehen sich eher zurück<br />

- Vor allem von den Deutschen aus könnte der Kontakt besser sein<br />

- Sie sind als Gastarbeiter gekommen und wir lassen sie heute links liegen<br />

- Im Haus haben wir viele Ausländer und mit allen haben wir guten Kontakt<br />

- Bei christlichem Hintergrund ist alles eher Reibungslos, bei Muslimen weniger<br />

weil sie die deutsche Sprache nicht können<br />

7. Alles in Allem, wie bewerten Sie die Lebens- und Wohnqualität auf der<br />

Pfingstweide? (08/08)<br />

1 -<br />

2 03<br />

3 03<br />

4 02<br />

5 -<br />

6 -<br />

- Einkaufsmöglichkeit ist sehr schlecht, ein Metzger fehlt im EKZ (03)<br />

- Fühle mich wohl (02)<br />

- ÖPNV ist schlecht, man braucht sehr lange um in die Stadt zu gelangen<br />

- Der Freiraum könnte besser sein<br />

- Zu viele Ausländer in Ludwigshafen aber hier ist es okay<br />

4. Haben Sie Freundschaften mit anderen Bewohnern_innen im<br />

Quartier? (08/08)<br />

JA 08 NEIN 00<br />

5. Sind darunter auch Kontakte mit Senioren_innen einer anderen<br />

Nationalität? (08/08)<br />

JA 06 NEIN 02<br />

6. Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen Deutschen und Personen einer<br />

anderen Nationalität? (07/08)<br />

1 -<br />

2 05<br />

3 01<br />

4 01<br />

5 -<br />

6 -


153


Eidesstattliche Erklärung<br />

Ich versichere an Eides statt durch meine eigene Unterschrift, dass ich die vorliegende<br />

Arbeit selbstständig und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln angefertigt habe. Alle<br />

Stellen, die wörtlich oder dem Sinn nach anderen Veröffentlichungen entstammen, sind<br />

durch meine Angabe der Quellen als solche kenntlich gemacht. Die Versicherung bezieht<br />

sich auch auf in der Arbeit gelieferte Zeichnungen und bildliche Darstellungen.<br />

Stuttgart, den 16. Oktober 2008<br />

<strong>Luigi</strong> <strong>Pantisano</strong>

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