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B2004 - PTKA

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Untersuchungen zu den Anforderungen an<br />

die Trinkwasseraufbereitung in anderen<br />

Ländern<br />

Abschlußbericht zum Verbundprojekt:<br />

Exportorientierte Forschung und Entwicklung auf<br />

dem Gebiet der Wasserver- und -entsorgung<br />

Teil 1: Trinkwasser<br />

Rahmenprojekt 1, Teil A<br />

Zuwendungsempfänger<br />

Förderkennzeichen<br />

DVGW Technologiezentrum Wasser (TZW)<br />

02WT0207<br />

Laufzeit des Vorhabens<br />

01.06.2001 bis 30.06.2004<br />

Bearbeitung<br />

Prof. Dr. Wolfgang Kühn<br />

Dr.-Ing. Pia Lipp<br />

Dr.-Ing. Uwe Müller<br />

Dipl.-Ing. Volker Schlitt<br />

Dipl.-Ing. Stefan Stauder<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Strasser (Ingenieurbüro Eppler GmbH & Co. KG)<br />

Dr. Heike Hoffmann (Ingenieurbüro Eppler GmbH & Co. KG)<br />

Ort und Datum des Abschlußberichtes<br />

Karlsruhe, 30.07.2004


Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 02WT0207 gefördert.<br />

Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.


Inhalt<br />

Vorwort<br />

1 Zielstellung ........................................................................................................ 1<br />

2 Fragekatalog ...................................................................................................... 2<br />

3 Länderberichte .................................................................................................. 4<br />

- Brasilien ............................................................................................................. 5<br />

- China................................................................................................................ 29<br />

- Indonesien ....................................................................................................... 51<br />

- Iran ................................................................................................................... 67<br />

- Südafrika .......................................................................................................... 83<br />

- Thailand ......................................................................................................... 105<br />

- Vietnam .......................................................................................................... 135<br />

- USA................................................................................................................ 155<br />

4 Zusammenfassung der Länderberichte ..................................................... 181<br />

5 Folgerungen ................................................................................................... 186<br />

6 Machbarkeitsstudie zur Uferfiltration am Beispiel des Wasserwerks<br />

Lagoa do Peri, Brasilien ............................................................................... 193<br />

Anhang:<br />

Machbarkeitsstudie zur Uferfiltration im Wasserwerk<br />

Lago do Peri, Brasilien .............................................................................. 1 - 25


Anforderungen an die Trinkwasseraufbereitung in anderen Ländern 1<br />

1 Zielstellung<br />

Beim Bau und Betrieb von Wasserwerken bzw. von Rohrnetzen im Ausland gilt es,<br />

neben politischen, handelsrechtlichen und kulturellen Besonderheiten auch spezielle<br />

wasserchemische bzw. verfahrenstechnische Faktoren zu berücksichtigen, die Einfluss<br />

auf die Anlagendimensionierung, den Aufbereitungserfolg bzw. die Trinkwasserqualität<br />

haben. Dazu zählen beispielsweise Temperatur, der Gehalt an Trübstoffen<br />

sowie die Konzentrationen an natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen. Bei<br />

der Verteilung von Trinkwasser stellen in manchen Ländern erhebliche Wasserverluste,<br />

häufige Unterbrechungen der Versorgung sowie illegale Entnahmen aus dem<br />

öffentlichen Verteilungsnetz Besonderheiten dar. Zu beachten ist ferner, dass sich<br />

bei den Verbrauchern zur Überbrückung von Versorgungsengpässen häufig Speicherbehälter<br />

befinden, die oft hohen Temperaturen sowie Keimeinträgen ausgesetzt<br />

sind.<br />

Das Ziel der Untersuchungen bestand darin, Praxiserfahrungen von Wasserwerken<br />

in anderen Ländern zusammenzutragen und zu bewerten. Dies bezieht Untersuchungen<br />

über standortspezifische Besonderheiten und Anforderungen bei der Trinkwassergewinnung,<br />

-aufbereitung und -verteilung unter den Bedingungen im Ausland<br />

ein. Während der Datenerhebung wurden ebenso Wasserproben im Ausland entnommen<br />

und in Deutschland der Analytik zugeführt.<br />

Die Länder für die Datenerhebung wurden in Abstimmung mit dem Projektträger<br />

Wassertechnologie und Entsorgung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung<br />

(BMBF) ausgewählt. Dementsprechend wurden Daten von Wasserwerken in<br />

acht Ländern, Brasilien, China, Indonesien, Iran, Südafrika, Thailand, USA und Vietnam,<br />

erhoben und ausgewertet.<br />

Bei der Uferfiltration handelt es sich um ein naturnahes und kostengünstiges Aufbereitungsverfahren,<br />

zu dem in Deutschland jahrzehntelange Erfahrungen vorliegen. In<br />

vielen Ländern, wie beispielsweise in Brasilien, wird die Uferfiltration zur kommunalen<br />

Trinkwassergewinnung hingegen nicht genutzt. Die Uferfiltration kann somit ein<br />

Gebiet sein, um Know-how und Technologien der deutschen Wasserversorgung in<br />

das Ausland zu exportieren. In einem separaten Unterprojekt wurde daher eine<br />

Machbachkeitsstudie für das Wasserwerk Lagoa do Peri, Brasilien, angefertigt, die<br />

sich für einen konkreten Fall mit den Voraussetzungen für eine großtechnische Umsetzung<br />

der Uferfiltration befaßt. Bei einer erfolgreichen Umsetzung der Uferfiltration<br />

an diesem Standort wird zudem eine Leuchttrumfunktion für die umgebenden Regionen<br />

erwartet.


2<br />

2 Fragekatalog<br />

Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Datenerhebung in den einzelnen Ländern<br />

sicherzustellen, wurde vor Beginn der Datenerhebung ein Fragekatalog erstellt.<br />

Die Schwerpunkte des Fragekataloges beinhalten gesetzliche Vorschriften, Randparameter,<br />

Wasserbeschaffenheit, Aufbereitungstechnologie, Wasserverteilung und<br />

Kosten.<br />

Die Dokumentation der gesetzlichen Vorschriften umfasst Verordnungen zur Rohwasserbeschaffenheit,<br />

zur Aufbereitung sowie zu Anforderungen an das Trinkwasser<br />

(Trinkwasserverordnungen). Unter den Randparametern wurden die wasserwirtschaftliche<br />

Situation sowie Klimaeinflüsse zusammengefasst. Gefährdungspotentiale<br />

bei der Trinkwasserproduktion waren ebenso aufzuzeigen, wobei bedingt durch den<br />

Aufbau des Vorhabens insbesondere Aussagen für das lokale Einzugsgebiet der<br />

befragten Wasserwerke möglich sind. Dies gilt ebenso für die Berücksichtigung von<br />

Sondereinflüssen, die erst in vertieften persönlichen Fachgesprächen vor Ort in Erfahrung<br />

gebracht werden können.<br />

Der Schwerpunkt Wasserbeschaffenheit umfasst die Beschaffenheit der Roh- und<br />

Reinwässer. Die Datenerfassung erfolgte, indem die kontaktierten Versorgungsunternehmen<br />

nach repräsentativen Analysen befragt wurden. Im Vordergrund standen<br />

einfach messbare und relativ weit verbreitete Parameter. Schwerpunkte der Befragung<br />

lagen neben den chemisch-physikalischen Parametern und den Spurenstoffen<br />

auch auf mikrobiologischen Befunden für Roh- und Reinwässer. Es hat sich gezeigt,<br />

dass in einigen Ländern die Analysendaten in relativ geringer Anzahl vorlagen und<br />

teilweise in sich nicht konsistent waren.<br />

In einem weiteren Schwerpunkt wurde die Technologie der Wasseraufbereitung in<br />

den im Ausland kontaktierten Versorgungsunternehmen erfasst. Neben der Dimensionierung<br />

der Anlagentechnik waren die verwendeten Zusatzstoffe sowie deren Verfügbarkeit<br />

von Bedeutung. Spezielle Betriebsbedingungen infolge besonderer klimatischer<br />

Bedingungen (Spülhäufigkeit von Schnellfiltern, Algenwuchs in Aufbereitungsanlagen)<br />

wurden ebenso aufgenommen wie Probleme mit Wasserwerksrückstände<br />

und deren Entsorgungswege.<br />

Unter dem Schwerpunkt Verteilung des Trinkwassers wurde die Situation im Versorgungsbereich<br />

der kontaktierten Wasserwerke skizzenhaft beschrieben. Auf Grund<br />

der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten von Aufbereitung und Verteilung ließen<br />

sich diese Informationen nicht immer in dem gewünschten Umfang beschaffen.<br />

Der Fragekatalog endet mit einer Zusammenstellung von Angaben über Kosten. Eine<br />

Zusammenfassung des Fragekataloges ist in Tabelle 2.1 enthalten.


Anforderungen an die Trinkwasseraufbereitung in anderen Ländern 3<br />

Tabelle 2.1: Aufbau des Fragekataloges<br />

Thema<br />

Gesetze<br />

Randparameter<br />

Wasserbeschaffenheit<br />

Aufbereitung<br />

Verteilung<br />

Kosten<br />

Befragungsschwerpunkte<br />

- Roh- und Trinkwasserverordnungen<br />

- Regelwerke<br />

- Gebietsmanagementreglementierungen, Wasserrechte<br />

- Struktur der Wasserversorgung<br />

(Anzahl der Wasserwerke, Kapazität, Rechtsform)<br />

- Wasserwirtschaftliche Situation<br />

- Klima, Sonnenscheindauer, Temperatur, Niederschlag<br />

- Gefährdungspotentiale<br />

- Sondereinflüsse (Algen, Fliegenlarven)<br />

- Verbrauch nach Verbrauchergruppen<br />

- Sozioökonomie (Affordability-to-pay)<br />

- Hydrogeologie<br />

- Daten von Roh- und Trinkwasser, Bewertung deren Qualität<br />

- Eventuell Sonderanalysen auf Einzelstoffe<br />

- „verbotene Stoffe“ (z.B. DDT)<br />

- Landesspezifische Belastungen (z.B. Landwirtschaft, Bergbau)<br />

- Technologien und deren Grenzbereiche<br />

- Zusatzstoffe und deren Verfügbarkeit (z.B. O 2 , KMnO 4 , CO 2 )<br />

- Desinfektionspraxis<br />

- Spezielle Betriebsbedingungen<br />

- Rückstandsentsorgung<br />

- Alter, Netzgröße, Aufenthaltszeiten<br />

- Materialien (Transport und Verteilung, Hausinstallation)<br />

- Kontinuität des Betriebes, Druckverhältnisse<br />

- Wasserverluste (Erfahrungswerte), Rohrbruchhäufigkeit<br />

- Mikrobiologische Beschaffenheit, Wiederverkeimung<br />

- Gehalte an Desinfektionsmitteln, Temperatur<br />

- Vorhandensein und Betrieb von Zwischenspeichern<br />

- Roh- und Trinkwasser (Verbraucherpreise, Wasserzähler)<br />

- Energie, Zusatzstoffe, Entsorgung<br />

- Verfügbarkeit der Technik, Instandhaltung<br />

- Betriebswirtschaftliche Daten der Wassergesellschaft<br />

- Organisationsstruktur/Personal<br />

- Art und Injektionsstellen der Desinfektion<br />

- Aufbereitungskosten, Personalkosten<br />

- Instandhaltung, typische Betriebsprobleme, Lösungen<br />

- Tarifsystem, Anteil der Wassertarife an Lebenshaltungskosten


4<br />

3 Länderberichte<br />

Die Ergebnisse der Datenerhebung wurden in den nachstehenden Länderberichten<br />

zusammengestellt. Die Länderberichte folgen der Struktur des Fragebogens und bestehen<br />

aus einer verallgemeinernden Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse.


Brasilien


6<br />

1 Einleitung<br />

Der vorliegende Bericht beschreibt die Ergebnisse und Folgerungen von einer Datenerhebung<br />

über die brasilianische Trinkwassergewinnung. Dazu wurden im Zeitraum<br />

vom 18.03. bis 09.04.2002 Daten an mehreren brasilianischen Wasserwerken<br />

in den Bundesstaaten Santa Catarina, Minas Gerais, Rio de Janeiro und Bahia erhoben<br />

(Bild 1.1). Dabei wurden die Aufbereitungstechnik sowie allgemeine Aspekte<br />

der Trinkwasserversorgung Brasiliens mit den verantwortlichen Technikern diskutiert.<br />

Unter den besuchten Anlagen befand sich das Wasserwerk Rio Guandu, das mit<br />

einer Abgabemenge von bis zu 44 m³/s (ca. 3,4 Mio. m³/d) die ca. 8 Mio. Einwohner<br />

Rio de Janeiros mit Trinkwasser versorgt (Tabelle 1.1).<br />

Bild 1.1: Standorte der aufgesuchten Wasserwerke in Brasilien


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 7<br />

Tabelle 1.1: Allgemeine Daten zu den besichtigten Wasserwerken<br />

TWA Bundesstaat Stadt Rohwasser Kapazität m³/d<br />

Jurere Santa Catarina Jurere See/Grundw. 4.000<br />

Brusque Santa Catarina Brusque Fluss 14.000<br />

Jaragua Santa Catarina Jaragua Fluss 20.000<br />

Criciuma Santa Catarina Criciuma Fluss/Stausee 40.000<br />

Tubarâo Santa Catarina Tubarâo Fluss 22.000<br />

Lagoa da Peri Santa Catarina Florianopolis Fluss 135.000<br />

Rio das Velhas Minas Gerais Belo Horizonte Fluss 500.000<br />

TWA Rio<br />

Manso<br />

Minas Gerais Belo Horizonte Stausee 330.000<br />

Brumadinho Minas Gerais Brumadinho Fluss 5.500<br />

Rio Guandu Rio de Janeiro Rio de Janeiro Fluss 3.400.000<br />

Niteroi Rio de Janeiro Niteroi Fluss 470.000<br />

Viera de Mello Bahia Salvador Fluss 400.000<br />

TeodoroSampai Bahia Salvador Fluss 400.000<br />

Darüber hinaus fanden Gespräche mit leitenden Mitarbeitern der Staatlichen Wasserversorgungsunternehmen<br />

in den Bundesstaaten Santa Catarina und Minas Gerais<br />

(CASAN bzw. COPASA), der Staatlichen Umweltbehörde von Santa Catarina,<br />

dem Leiter der Fakultät für Wasser- und Abwasseraufbereitung sowie Umwelt an der<br />

Universität Santa Catarina in Florianopolis sowie von zwei brasilianischen Ingenieurbüros,<br />

die im Bereich Trink- und Abwasseraufbereitung sowie Umweltschutz tätig<br />

sind, statt. Weiterhin wurde in Belo Horizonte, der Hauptstadt von Minas, eine Kläranlage,<br />

die derzeit für ca. 80 Mio. Euro erweitert wird, besichtigt.<br />

Von den Reinwässern der Wasserwerke<br />

- Rio das Velhas<br />

- Rio Manso<br />

- Rio de Janeiro<br />

- Laranjal<br />

- Viera de Mello<br />

- Juere<br />

- Brusque<br />

- Jaragua<br />

- Tubarao<br />

- Lagoa do Peri<br />

wurden Proben zur Untersuchung auf ausgewählte anorganische Parameter sowie<br />

teilweise auf bestimmte anthropogene Mikroverunreinigungen entnommen.


8<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

Verordnungen bzw. Empfehlungen bezüglich der Beschaffenheit von Rohwässern,<br />

die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, existieren in Brasilien nicht. Das<br />

Süßwasser ist in sechs Nutzungsklassen aufgeteilt, wobei die ersten drei als für die<br />

Trinkwassergewinnung geeignet gelten. Die Einteilung erfolgt jedoch nicht nach dem<br />

Gewässerzustand sondern ist eine politische Willenserklärung, d. h. es werden zum<br />

Teil stark verschmutzte Flüsse als geeignet klassifiziert und zur Trinkwassergewinnung<br />

herangezogen.<br />

Im Februar 2003 trat die neue Trinkwasserverordnung Brasiliens in Kraft. Sie enthält<br />

detaillierte Regelungen zum Analysenumfang und zur Analysenhäufigkeit und kann<br />

in portugiesischer Sprache im Internet eingesehen werden [1]. Beim Vergleich der<br />

entsprechenden Grenzwerte mit der deutschen bzw. europäischen Norm fällt auf,<br />

dass in Brasilien für zahlreiche PBSM-Wirkstoffe und weitere anthropogene Mikroverunreinigungen<br />

aber auch für Desinfektionsnebenprodukte wie Trihalogenmethane<br />

deutlich höhere Werte zugelassen sind. Für bestimmte Substanzen, wie Aldrin und<br />

Dieldrin sowie Heptachlor gelten jedoch niedrigere Werte als in Deutschland. In Tabelle<br />

2.1 sind beispielhaft einige ausgewählte Parameter dargestellt.<br />

Tabelle 2.1: Vergleich der Trinkwassergrenzwerte in Brasilien und Deutschland anhand<br />

ausgewählter Parameter (toxische Substanzen)<br />

Parameter Brasilien Deutschland<br />

Nitrit mg/L 3,28 0,5<br />

Benzol µg/L 5 1<br />

Benz[a]pyren µg/L 0,7 0,01<br />

Vinylchlorid µg/L 5 0,5<br />

1,2-Dichlorethan µg/L 10 3<br />

Trichlorethen µg/L 70 10<br />

Atrazin µg/L 2 0,1<br />

Bentazon µg/L 300 0,1<br />

DDT (Isomere) µg/L 2 0,1<br />

Endosulfan µg/L 20 0,1<br />

Lindan µg/L 2 0,1<br />

Bromat mg/L 0,025 10<br />

freies Chlor mg/L 5 1,2<br />

THM mg/L 0,100 0,05<br />

Zu beachten ist, dass in der brasilianischen Trinkwasserverordnung auch Substanzen,<br />

wie z. B. verschiedene BTEX-Aromaten und Toxine von Cyanobakterien aufgeführt<br />

sind, für die in Deutschland keine Grenzwerte existieren.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 9<br />

Chemisch-physikalische Qualitätsparameter nach der brasilianischen sowie der<br />

deutschen Trinkwasserverordnung sind in Tabelle 2.2 zusammengestellt.<br />

Tabelle 2.2: Ausgewählte chemisch-physikalische Parameter der brasilianischen<br />

und deutschen Trinkwasserverordnungen (Indikatorparameter)<br />

Parameter Brasilien Deutschland<br />

Aluminium mg/L 0,2 0,2<br />

Ammonium mg/L 1,5 0,5<br />

Chlorid mg/L 250 250<br />

Eisen mg/L 0,3 0,2<br />

Mangan mg/L 0,1 0,05<br />

Natrium mg/L 200 200<br />

Sulfat mg/L 250 250<br />

Geruch - nicht feststellbar nicht feststellbar<br />

Geschmack - nicht feststellbar nicht feststellbar<br />

Trübung NTU 5,0 1) 1,0<br />

1)<br />

Grundwasser vor der Desinfektion: 95 % der Messwerte < 1,0 NTU<br />

Ablauf Schnellfilter: < 1,0 NTU<br />

Ablauf Langsamsandfilter: 95 % der Messwerte < 2,0 NTU<br />

Danach sind in Brasilien bezüglich der chemisch-physikalischen Parameter, mit Ausnahme<br />

Ammonium und der Trübung, ähnliche Werte festgelegt wie in Deutschland.<br />

Hinsichtlich der hygienisch-mikrobiologischen Beschaffenheit dürfen auch in Brasilien<br />

im Trinkwasser Escherichia coli und coliforme Keime in 100 mL nicht enthalten<br />

sein. Auch auf weitere mikrobiologische Parameter, wie z. B. humanpathogene Parasiten<br />

und Enteroviren wird eingegangen.<br />

Bezüglich der Analysenmethoden verweist die brasilianische Trinkwasserverordnung<br />

auf entsprechende amerikanische sowie die ISO-Normen. Für viele bau- bzw. prozesstechnische<br />

Parameter bei der Trinkwasseraufbereitung gibt es in der brasilianischen<br />

Norm (ABNT) Vorgaben.<br />

In Brasilien existiert somit ein umfassendes gesetzliches Regelwerk mit zahlreichen<br />

Grenzwerten, insbesondere auch für anthropogene Mikroverunreinigungen. Allerdings<br />

sind die staatliche Überwachung der Trinkwasserbeschaffenheit bzw. entsprechende<br />

Institutionen erst im Aufbau begriffen. Die Kontrolle der Trinkwasserbeschaffenheit<br />

sowie die Durchführung entsprechender Maßnahmen bei Grenzwertüberschreitungen<br />

bleibt somit in der Praxis weitestgehend der Eigeninitiative der jeweiligen<br />

Wasserversorger vorbehalten. Bei der Beurteilung von Analysendaten ist zu berücksichtigen,<br />

dass in Abhängigkeit vom Analysenlabor starke Unterschiede in der<br />

Analysenqualität vorliegen können.


10<br />

3 Allgemeine Angaben<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Es wird überwiegend Oberflächenwasser zumeist aus Flüssen, in einigen Fällen<br />

auch aus Stauseen zur Trinkwassergewinnung herangezogen. Daneben gibt es auch<br />

kleinere Anlagen mit Grundwasser– bzw. Uferfiltratgewinnung. Diese gelten jedoch<br />

im Vergleich zur Flusswasseraufbereitung als zu aufwändig bzw. problematisch im<br />

Betrieb.<br />

Wasserwirtschaftliche Instrumentarien, die dem Schutz zur Trinkwassergewinnung<br />

herangezogener Rohwässer dienen, sind bislang kaum vorhanden bzw. werden nicht<br />

angewandt. Im Zuge eines steigenden Umweltbewusstseins zeichnet sich hier jedoch<br />

eine allmähliche Änderung ab. Das Bundesgesetz Nr. 9433 aus dem Jahr 1997<br />

regelt z. B. die Ausführung von Wasserressourcenschutz- und Managementsystemen,<br />

insbesondere für Flusssysteme. Auch die Erhebung einer Wasserabgabe,<br />

die sämtliche Nutzer eines Gewässers betrifft, ist darin vorgesehen.<br />

Von besonderer Bedeutung ist, dass derzeit noch ein Großteil der kommunalen Abwässer<br />

(ca. 95 %) unbehandelt in die Vorfluter eingeleitet wird. Dies führt zum Teil zu<br />

beträchtlichen Keimbelastungen der zur Trinkwassergewinnung genutzten Flusswässer.<br />

3.2 Klima<br />

Entsprechend seiner großen geografischen Ausdehnung weist Brasilien regional<br />

sehr unterschiedliche klimatische Verhältnisse auf. Sie reichen von gemäßigten Zonen<br />

im Süden des Landes bis hin zu den tropischen Regionen im Amazonas sowie<br />

Trockengebieten im Nordosten.<br />

Die Sonnenscheindauer bzw. -intensität und die Temperaturen sind vergleichsweise<br />

hoch (10-25 °C im Juli und 20-30°C im Januar). Lediglich im höher gelegenen Bergland<br />

im Süden Brasiliens treten in den Wintermonaten kurzzeitig auch Temperaturen<br />

unter 0 °C auf.<br />

Mit Ausnahme kleinerer Wassermangelgebiete im Nordosten Brasiliens (< 250 mm),<br />

steht in der Regel ausreichend Wasser für die Trinkwassergewinnung zur Verfügung.<br />

Im südlichen Landesteil liegen die Niederschläge im Mittel in den Wintermonaten bei<br />

ca. 80 mm und in den Sommermonaten bei 130 mm pro Monat, in den tropischen<br />

Regionen noch deutlich darüber (z.T. > 3000 mm pro Jahr).


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 11<br />

3.3 Struktur der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung<br />

Die Wasserver- und entsorgung liegt im Zuständigkeitsbereich der Städte und Kommunen,<br />

wobei sie in den meisten Fällen mangels Kapital und fachlich geschultem<br />

Personal in Konzession an große staatliche, in den einzelnen Bundesstaaten jeweils<br />

überregional operierende Wasserversorgungsunternehmen vergeben wurden. Beispiele<br />

hierfür sind die COPASA, die etwa 10 der 16 Mio. Einwohner im Bundesstaat<br />

Minas Gerais mit Trinkwasser versorgt sowie die CASAN im Bundesstaat Santa Catarina,<br />

die an etwa 70 % der dortigen Bevölkerung Trinkwasser liefert. Daneben existieren<br />

kommunale Eigenbetriebe, die mit den deutschen Stadtwerken bzw. Zweckverbänden<br />

vergleichbar sind oder die Wasserversorgung erfolgt direkt durch die<br />

Kommunen.<br />

In vielen Fällen laufen die Konzessionsverträge derzeit aus, wobei Privatisierungen<br />

bzw. „privat sector participation“ (PSP) z. B. in Form von BOT-Modellen (buildoperate-transfer)<br />

diskutiert werden bzw. sind in Einzelfällen schon umgesetzt. Die<br />

Möglichkeiten für derartige Umstrukturierungen sind von den kommunalpolitischen<br />

Verhältnissen abhängig.<br />

Die Versorgung der Ballungsgebiete erfolgt aus – gemessen an deutschen Verhältnissen<br />

– relativ großen Wasserwerken mit Kapazitäten von mehreren m³/s (TWA Rio<br />

Guandu zur Versorgung von Rio de Janeiro, Nennleistung 44 m³/s) im ländlichen<br />

Raum sind dagegen zahlreiche kleine Versorgungsanlagen vorhanden.<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Der Wasserverbrauch ist, u.a. abhängig von den sozialen Verhältnissen, extrem unterschiedlich<br />

und liegt zwischen ca. 100 und 350 L pro Einwohner und Tag. Nach<br />

Regionen aufgeschlüsselte Daten hierzu sowie allgemein zur Wasser- und Abwassersituation<br />

in Brasilien können im Internet [2, 3] abgerufen werden. Anlässlich des<br />

Besuches bei der CADAE (staatlicher Wasserversorger im Bundesstaat Rio de<br />

Janeiro) wurde berichtet, dass in den sehr ausgedehnten und bevölkerungsreichen<br />

Favellas in Rio de Janeiro, an die das Trinkwasser kostenfrei abgegeben wird, rechnerisch<br />

pro Kopf Verbräuche von zum Teil bis zu 600 L pro Einwohner und Tag vorliegen.<br />

Eine weitere Besonderheit ist, dass landesweit eine hohe Anzahl illegaler Anschlüsse<br />

am Trinkwasserversorgungsnetz vorgenommen wurden. Eine Differenzierung der<br />

dadurch bedingten „Verluste“ von den ebenfalls beträchtlichen Netzverlusten aufgrund<br />

von Rohrbrüchen und Undichtigkeiten ist nicht ohne weiteres möglich. Anlässlich<br />

der Besuche bei verschiedenen Wasserversorgern wurde angegeben, dass 35<br />

bis 70 % des in das Versorgungsnetz eingespeisten Trinkwassers nicht bezahlt wird.


12<br />

Die Trinkwasserversorgung in Brasilien kann als flächendeckend bezeichnet werden.<br />

Über 90 % der Bevölkerung sind an die öffentliche Versorgung angeschlossen.<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

Bei den überwiegend als Rohwasser genutzten Fluss- und Stauseewässern handelt<br />

es sich in der Regel um sehr gering mineralisierte, schwach gepufferte Wässer mit<br />

z.T. relativ niedrigen pH-Werten, die schwankende und zeitweise stark erhöhte Mengen<br />

an Fest- bzw. Trübstoffen aufweisen. Nach Regenfällen können kurzfristig Trübungswerte<br />

> 1.000 FNU in den zur Trinkwassergewinnung genutzten Flusswässern<br />

auftreten. Zum Teil liegen auch erhöhte Manganwerte sowie eine Färbung des Rohwassers<br />

vor. Die Wassertemperaturen wurden im Süden mit 10-25 °C (abhängig von<br />

der Jahreszeit) angegeben. In den tropischen Landesteilen können sie durchaus auf<br />

über 30 °C ansteigen.<br />

Anlage 1 zeigt eine tabellarische Zusammenstellung der Ergebnisse der chemischphysikalischen<br />

Reinwasseruntersuchungen. Es ist zu erkennen, dass die Härten der<br />

Reinwässer aus den Flusswasseraufbereitungsanlagen mit 0,17- 0,70 mmol/L (1,0-<br />

4,0 °dH) sehr niedrig sind. In dem einzigen analysierten Grundwasser (TWA Jurere),<br />

betrug die Härte lediglich 1,6 mmol/L (9,1 °dH), wobei hier bereits von Verbraucherbeschwerden<br />

bezüglich der Wasserhärte berichtet wurde. Möglicherweise sind zeitweise<br />

jedoch auch Brunnen in Betrieb, die ein deutlich härteres Wasser liefern. Die<br />

hierzu vorgelegten Analysenergebnisse eines Universitätslabors wiesen jedoch stark<br />

unterschiedliche und z.T in sich unstimmige Daten (z.B. niedrige Leitfähigkeit bei<br />

relativ hohem Salzgehalt) auf und erlauben keine abschließende Beurteilung.<br />

Nach den Ergebnissen der Bestimmungen des Gehaltes an gelösten organischen<br />

Wasserinhaltsstoffen (DOC) sowie den spektralen Absorptionskoeffizienten (SAK<br />

254 nm) liegen die Konzentrationen an natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen<br />

auf einem mittleren bis leicht erhöhten Niveau, wie dies für Flusswässer durchaus<br />

üblich ist.<br />

Hinzuweisen ist auch auf die niedrigen Werte für die Säurekapazität bis pH 4,3, die<br />

meist mit 0,1-0,2 mmol/L angegeben wurde. In mehreren Werken wurde von Korrosionsproblemen<br />

in Versorgungsleitungen aus Eisenwerkstoffen berichtet. Der Säurekapazität<br />

wurde jedoch auf Nachfrage in diesem Zusammenhang keine Bedeutung<br />

beigemessen. Als alleinige Beurteilungsgröße für das Korrosionsverhalten des Wassers<br />

gilt der pH-Wert bzw. der Sättigungsindex.<br />

Als Ursachen für Eintrübungen im Leitungswasser, über die ebenfalls berichtet wurde,<br />

kommen auch die leicht erhöhten Werte für Eisen, Mangan und Aluminium in<br />

manchen Reinwässern in Betracht. Zum Teil sind die entsprechenden brasilianischen<br />

Trinkwassergrenzwerte überschritten.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 13<br />

Entsprechend den Gehalten an natürlichen organischen Stoffen sowie den Chlorzugabemengen<br />

von in der Regel ca. 2-3 mg Cl 2 /L resultieren erwartungsgemäß auch<br />

deutliche Mengen an Trihalogenmethanen im Trinkwasser (Anlage 2). Unter Berücksichtigung<br />

der Tatsache, dass die Probe am Ausgang des Wasserwerks entnommen<br />

wurde, sind die THM-Gehalte im Reinwasser Vieira de Mello (Salvador, Bahia) als<br />

vergleichsweise hoch einzustufen. Der brasilianische Trinkwassergrenzwert von 0,1<br />

mg/L ist überschritten. Neben Trihalogenmethanen sind in allen drei diesbezüglich<br />

untersuchten Reinwässern auch geringe Mengen an Trichlornitromethan nachweisbar.<br />

Hierbei handelt es sich vermutlich ebenfalls um ein Desinfektionsnebenprodukt.<br />

In einigen Werken wurde das Reinwasser auch auf verschiedene Spurenmetalle<br />

analysiert. Nach den Befunden, die in Anlage 3 enthalten sind, traten dabei keine<br />

Auffälligkeiten auf. Die in Anlage 3 mit angegebenen Rohwasserwerte in der TWA<br />

Rio das Velhas (Versorgung von Belo Horizonte im Bergbaugebiet von Minas Gerais)<br />

zeigen dass durch die Aufbereitung mittels Flockung und Filtration im Rohwasser<br />

enthaltene geringen Mengen an verschiedenen Elementen erwartungsgemäß<br />

größtenteils entfernt werden.<br />

Wie bereits erwähnt, sind viele Oberflächenwässer durch das Einleiten ungeklärter<br />

kommunaler Abwässer stark mikrobiologisch belastet. Es wurde von Werten für E.<br />

Coli sowie Coliformen Keimen von bis zu mehreren Tausend pro mL im Flusswasser<br />

bzw. den entsprechenden Rohwässern berichtet. Das abgegebene Reinwasser nach<br />

Desinfektion sei im allgemeinen frei von Indikatorbakterien. Untersuchungsergebnisse<br />

bzw. Kenntnisse zu humanpathogenen Parasiten in Roh- bzw. Trinkwässern lagen<br />

in den aufgesuchten Werken nicht vor. Bei dem staatlichen Wasserversorger in<br />

Minas Gerais (COPASA) wird derzeit eine entsprechende Analytik aufgebaut.<br />

Auch Daten zu anthropogenen Mikroverunreinigungen sind in den Werken nicht vorhanden.<br />

Hierzu wurden orientierende Messungen auf schwerflüchtige organische<br />

Spurenstoffe (Industriechemikalien) durchgeführt, deren Parameterumfang in Anlage<br />

4 enthalten ist. Die Befunde in den Reinwässern der in Anlage 1 aufgeführten<br />

Werke waren negativ. In den Trinkwässern der Städte Rio de Janeiro, Niteroi und<br />

Salvador (Flusswassergewinnungen jeweils in Ballungsgebieten), wurden auch auf<br />

Komplexbildner sowie Röntgenkontrastmittel als Abwasserindikatoren analysiert. Mit<br />

Ausnahmen geringer Mengen an EDTA (Anlage 5) und Röntgenkontastmittel (Anlage<br />

6) im Trinkwasser von Rio de Janeiro waren die Befunde ebenfalls unauffällig.<br />

Saisonal treten in einigen Fällen Geruchs- und Geschmacksprobleme im Trinkwasser<br />

auf, die einerseits auf Abschwemmungen von landwirtschaftlich genutzten Flächen<br />

und andererseits durch Algen bzw. deren Stoffwechselprodukte bedingt sind.<br />

Ein besonderes Problem sind saisonal auftretende Massenentwicklungen von<br />

Cyanobakterien. Dies kann einerseits zu Betriebsstörungen durch Filterverbackungen<br />

führen, da diese Organismen in den Flockungs- bzw. Sedimentationsanlagen


14<br />

nicht ausreichend abgetrennt werden. Andererseits können unter Umständen stark<br />

toxische Substanzen freigesetzt werden.<br />

Zum Zeitpunkt des Besuches in Brasilien konnte beim staatlichen Versorger in Sao<br />

Paulo aufgrund dieser Problematik ein Rohwasserteilstrom von ca. 15 m³/s nicht genutzt<br />

werden. In Brasilien kam es bereits zu Todesfällen bei Dialysepatienten durch<br />

Cyanotoxine. Dies war jedoch vermutlich auf die irrtümliche Verwendung von Rohanstelle<br />

von Trinkwasser bzw. eine unsachgemäße Behandlung des Wassers im<br />

Dialyseinstitut zurückzuführen.<br />

5 Aufbereitung<br />

Die in den besuchten Wasserwerken ermittelten Daten unter anderem zur jeweiligen<br />

Aufbereitungstechnik sind aus den Kurzbeschreibungen in Anlage 7 zu entnehmen.<br />

Daraus geht hervor, dass in der Regel folgende Verfahrenstechnik zur Aufbereitung<br />

der Wässer eingesetzt wird:<br />

- Flockung/Fällung<br />

- Sedimentation<br />

- Schnellfiltration<br />

- Chlorung<br />

Zu erwähnen sind auch wasserbauliche Maßnahmen (Wehre und Staustufen) bei<br />

Flusswassergewinnungsanlagen, durch die bereits eine gewisse Voraufbereitung<br />

durch Abtrennung von Schwebstoffen erzielt wird. Ein Beispiel hierfür ist die Rohwasserfassung<br />

des Werkes Rio das Velhas in Belo Horizonte (Minas Gerais), die<br />

sich unmittelbar hinter einem Wehr befindet (Bild 5.1). Das Rohwasser weist eine<br />

starke Trübung von ca. 500 FNU auf.<br />

In einigen Werken erfolgt mittels Alkalienzugabe (Natronlauge bzw. Kalkmilch) auch<br />

eine Anhebung des pH-Wertes.<br />

Eine Chlorung zu Beginn des Aufbereitungsprozesses war früher gängige Praxis,<br />

wurde jedoch zwischenzeitlich im Hinblick auf eine Minimierung der Desinfektionsnebenprodukte<br />

in den meisten Werken abgestellt.<br />

In zwei der besuchten Werke erfolgt jedoch auch heute noch eine Vorchlorung zur<br />

Entmanganung.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 15<br />

Bild 5.1: Rohwasserfassung des Werkes Rio das Velhas (Belo Horizonte)<br />

5.1 Flockung/Fällung<br />

In den meisten, insbesondere in den kleineren Wasserwerken wird ein kostengünstiges<br />

Aluminiumsulfat als Flockungsmittel eingesetzt. Aus dem entsprechenden Granulat<br />

wird vor Ort durch mehrstündiges Rühren und anschließender Sedimentation<br />

die Dosierlösung zubereitet.<br />

In größeren Werken kommen auch höherwertige Aluminiumsulfate, die vor Ort in<br />

Wasser gelöst werden oder Flockungsmittel auf Aluminiumbasis und Eisen(III)-salze<br />

zum Einsatz, die als saure Lösung im Silofahrzeug angeliefert werden.<br />

Die Zugabe des Flockungsmittels erfolgt meist in einen offenen Zulaufkanal, wobei<br />

durch eine kurze Fließstrecke mit verengtem Strömungsquerschnitt oder eine Kaskade<br />

im Bereich der Dosierstelle eine starke Turbulenz erzeugt und damit eine gute<br />

Einmischung gewährleistet wird. (Bild 5.2 zeigt die Dosierstelle und die Mischstrecke<br />

im Wasserwerk Laranjal der Stadt Niteroi in Rio de Janeiro).


16<br />

Die zusätzliche Dosierung von Flockungshilfsmittel in der nachgeschalteten Flockungsstufe<br />

ist weit verbreitet, wobei sowohl kationische als auch anionische Polyacrylamide<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Bild 5.2: Flockungsmitteldosierung und Einmischung im Wasserwerk Laranjal<br />

(Niteroi, Rio de Janeiro)<br />

Nachfolgend bilden sich die Flocken in einem mehrstufigen Prozessablauf mit abnehmendem<br />

Energieeintrag. Hierzu werden sowohl Systeme mit hydraulischem<br />

Energieeintrag als auch mit Rührern oder Paddelwerken eingesetzt. Es sind meist G-<br />

Werte von 80 bis 20 s -1 realisiert und die Aufenthaltszeit des Wassers in der gesamten<br />

Flockungsstufe liegt zwischen 10 und 15 Minuten.<br />

Auf Bild 5.3 ist die Aufbereitungsanlage des Wasserwerks in Criciuma (Santa Catarina)<br />

zu erkennen. Bei dem rechten Anlagenteil handelt es sich um eine Flockungsstufe<br />

mit hydraulischem Energieeintrag. Links im Bildvordergrund ist eine zweite Flockungsanlage<br />

mit Rührwerken und dahinter die Sedimentations- und Filterstufe zu<br />

erkennen.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 17<br />

Bild 5.3: Aufbereitungsanlage des Wasserwerks in Criciuma (Santa Catarina)<br />

5.2 Sedimentation<br />

Die Sedimentationsbecken weisen Füllhöhen von 2-3 m und Verweilzeiten von rd.<br />

1,5 bis zwei Stunden auf. Durch den Einsatz von Lamellen bzw. Schrägplatten in den<br />

Sedimentationsbecken wird die Flächenbelastung in vielen Werken auf bis zu ca<br />

10 m³/m² h gesteigert und die Verweilzeit auf deutlich unter eine Stunde verringert,<br />

so dass bei gleicher Aufbereitungsleistung deutlich geringere Bauvolumina erforderlich<br />

sind.<br />

Die Ablauftrübungen der Sedimentationsbecken wurden meist mit 3 bis 10 FNU angegeben.<br />

In einem Werk kann auch bei stark erhöhten Rohwassertrübungen eine<br />

Trübung im Ablauf der Sedimentationsstufe < 1 FNU erzielt werden.<br />

Bild 5.4 zeigt den Überstau der Lamellen- Sedimentationsanlage im Wasserwerk<br />

Vieira de Mello in Salvador (Bahia).<br />

Ein Beispiel für eine schlecht funktionierende Sedimentationsanlage ist in Bild 5.5 zu<br />

erkennen.


18<br />

Bild 5.4: Überstau der Sedimentationsanlage im Werk Vieira de Mello (Salvador,<br />

Bahia)<br />

Bild 5.5: Flockenaustrag in einer Sedimentationsanlage


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 19<br />

Zu erwähnen ist, dass in einigen Werken auch Flotationsanlagen zum Einsatz kommen.<br />

Diese weisen nach Angaben der Mitarbeiter betriebliche Vorteile, insbesondere<br />

hinsichtlich eines einfacheren Schlammaustrages auf. In einem Flusswasserwerk<br />

wurde berichtet, dass die Flotationsanlge bei stark erhöhten Rohwassertrübungen<br />

hinsichtlich der Ablauftrübung den parallel betriebenen Sedimentationsanlagen<br />

(Schrägplatten) unterlegen sind und außer Betrieb genommen werden müssen. Bei<br />

erhöhten Algenzahlen im Rohwasser, wie sie bei der Nutzung stehender Gewässer<br />

auftreten können, sind Flotationsanlagen jedoch unter Umständen von Vorteil.<br />

5.3 Schnellfiltration<br />

Das Wasser aus der Sedimentationsstufe wird meistens in abwärts durchströmten<br />

Schnellfiltern weiter behandelt. Seltener sind aufwärts durchströmte Filter im Einsatz.<br />

Es handelt sich in der Regel um offene Stahlbetonfilter in Rechteckbauweise. Als<br />

Beispiel für einen Schnellfilter ist auf Bild 5.6 ein Filter des Werkes Rio Guandu in<br />

Rio de Janeiro dargestellt, das gerade umgebaut wird.<br />

Bild 5.6: Offenes Schnellfilter im Werk Rio Guandu (Rio de Janeiro)


20<br />

Als wirksame Filterschichten ist relativ feiner Sand (d W 0,5-0,6 mm), bei Zweischichtfiltern<br />

zusätzlich Anthrazit (Korngröße 0,57 - 2,2 mm) eingebracht, wobei die gesamte<br />

Schütthöhe von in der Regel 0,7 bis 1,0 m gemessen an deutschen Verhältnissen<br />

relativ gering sind. Bei ebenfalls verbreitetem Einschichtfilteraufbau beträgt die<br />

Schütthöhe an Quarzsand sogar in der Regel lediglich rd 0,6 m. Die Drainage des<br />

Filtrates bzw. die Spülwasserverteilung erfolgt meist durch Kanäle, Düsenböden sind<br />

seltener im Einsatz. Die Stützschichten bestehen aus Kiesen verschiedenster Korngrößen<br />

und weisen eine Gesamthöhe von ca. 0,5 bis 0,6 m auf.<br />

Der Filterüberstau bzw. der Freibord betragen meist ca. 2,0 bzw. ca. 0,8 m. Übliche<br />

Filtergeschwindigkeiten betragen zwischen 10 und 15 m/h. Die entsprechende brasilianische<br />

Norm gibt als Auslegungsgröße eine Flächenbelastung von 320 m³/m² d<br />

an.<br />

Gespült werden die Filter in Abhängigkeit von der Rohwasserbeschaffenheit und der<br />

Flockungsmittelzugabemenge in Abständen von 15 bis 40 Stunden mit Spülwassergeschwindigkeiten<br />

von 45 bis 50 m/h über die Dauer von sechs bis acht Minuten bis<br />

zum optischen Aufklaren des Spülwassers. Zur Wasserspülung werden in der Regel<br />

keine Pumpen eingesetzt, sondern sie erfolgt in freiem Gefälle aus entsprechenden<br />

Reinwasserreservoirs. Luftspülungen sind aus Kostengründen nicht üblich, haben<br />

sich aber in den wenigen Fällen, in denen sie angewandt werden, bewährt.<br />

Das Spülabwasser aus den Filtern sowie der Grundablass aus den Sedimentationsanlagen<br />

werden meistens ohne weitere Behandlung in die Vorfluter geleitet. Aufgrund<br />

geänderter gesetzlicher Rahmenbedingungen planen die Werke jedoch derzeit<br />

Anlagen zur Spülabwasserbehandlung.<br />

5.4 Desinfektion<br />

Gemäß der brasilianischen Trinkwasserverordnung müssen nach Abschluss der<br />

Aufbereitung mindestens 0,5 mg/L freies Chlor enthalten sein, maximal sind 5 mg/L<br />

zulässig. Ziel ist es dabei, auch in peripheren Netzbereichen einen Restgehalt an<br />

Chlor von 0,2 mg/L zu gewährleisten. In der Regel werden den Reinwässern 2 bis 3<br />

mg/L Chlor zudosiert, wobei in kleineren Anlagen Natriumhypochloritlösung, in Werken<br />

mittlerer Größe Chlorgasflaschen und in größeren Werken mittels Tankwagen<br />

geliefertes Flüssigchlor verwendet wird.<br />

Auf eine Vorchlorung wird wie bereits erwähnt zwischenzeitlich zur Minimierung der<br />

Gehalte an Desinfektionsnebenprodukten im Trinkwasser in vielen Werken verzichtet.<br />

Bei erhöhten Mangangehalten im Rohwasser ist sie jedoch durchaus noch üblich.<br />

In einem Fall wurde die Chlorzugabemenge mit 14 mg/L angegeben. Dies sei<br />

erforderlich, um nach Abschluss der Aufbereitung den gewünschten Chlorgehalt von<br />

1 bis 2 mg/L einzustellen. Die Konzentration an Trihalogenmethanen im Trinkwasser


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 21<br />

ist gesetzlich auf 100 µg/L begrenzt und muss in regelmäßigen Abständen analysiert<br />

werden. Laut Aussagen der Mitarbeiter der besuchten Werke liegen die THM-<br />

Gehalte im Trinkwasser in der Regel zwischen 40 und 60 µg/L.<br />

5.5 Stabilisierung und Fluoridierung<br />

Sofern eine pH-Werteinstellung erfolgt, wird hierzu überwiegend Kalkmilchsuspension<br />

eingesetzt, die vor Ort aus Calciumoxid bzw. Calciumhydroxid hergestellt wird. In<br />

einem der besichtigten Werke ist Natronlauge, in einem weiteren Natriumcarbonat im<br />

Einsatz. Die Entsäuerung wird zum Teil zu Beginn der Aufbereitung mit dem Ziel einer<br />

optimierten Entmanganung durchgeführt, meistens jedoch erst vor der abschließenden<br />

Desinfektion. Der Umfang der pH-Wertanhebung ist unterschiedlich, wobei<br />

in einigen Fällen pH-Werte > 8 mit dem Ziel eingestellt werden, durch möglichst niedrige<br />

Sättigungsindices Korrosionserscheinigungen in Transportleitungen aus Eisenwerkstoffen<br />

zu minimieren. In anderen Fällen wird der pH-Wert lediglich auf 7 bis 7,5<br />

angehoben um die Desinfektionswirkung nicht zu beeinträchtigen.<br />

Eine Besonderheit in Brasilien besteht darin, dass gesetzlich eine Fluoridierung auf<br />

0,5 bis 0,8 mg F - /L vorgeschrieben ist. Hierzu werden unterschiedliche fluoridhaltige<br />

Präparate (z.B. Na 2 F 6 SiO 4 ) zudosiert.<br />

6 Wasserverteilung<br />

In Brasilien ist praktisch in jedem Haushalt auf dem Dach ein Wasserspeicher für<br />

mindestens zwei Tagesverbräuche installiert. Temperaturen des Leitungswassers<br />

von 35 bis 40 °C sind deshalb keine Seltenheit. Darüber hinaus besteht die Gefahr<br />

eines Schmutz- bzw. Keimeintrags (Kleintiere). Diese Wasserspeicher sind jedoch<br />

erforderlich, da die Wasserversorgung mehrmals im Jahr, z. B. aufgrund von Rohrbrüchen,<br />

über die Dauer von bis zu einigen Tagen unterbrochen ist.<br />

Versorgungsleitungen aber auch die Hausinstallationen bestehen überwiegend aus<br />

kostengünstigem PVC. Ältere Leitungen bzw. Leitungen mit größerem Durchmesser<br />

sind aus Eisen- zum Teil auch aus Zementwerkstoffen gefertigt. Die Netze haben oft<br />

in den Endhaltungen keine durchgehende Versorgung. Der Betriebsdruck beträgt<br />

selten über 3, nie über 5 bar.<br />

Wie bereits erwähnt, sind die Wasserverluste mit 35 bis 50 % bzw. unter Umständen<br />

auch mit darüber liegenden Werten relativ hoch. Dies ist einerseits auf Rohrbrüche,<br />

die zum Teil relativ spät, gar nicht oder nicht fachgerecht repariert werden, andererseits<br />

auch auf eine Vielzahl illegaler Anschlüsse sowie insbesondere in ärmeren


22<br />

Wohngebieten mit kostenloser Wasserabgabe auf ein fehlendes Bewusstsein beim<br />

Umgang mit dem Wasser zurückzuführen.<br />

Durch die zahlreichen Rohrbrüche in Verbindung mit dem relativ niedrigen Netzdruck,<br />

aber insbesondere durch die illegalen Anschlüsse, die zum Teil in Abwasserleitungen<br />

versteckt verlegt werden, besteht eine hohe Gefährdung für einen Keimeintrag<br />

bei der Verteilung des Wassers. Dies ist mit ein Grund für die Erfordernis relativ<br />

hoher Desinfektionsmittelgehalte im abgegebenen Trinkwasser. Der bakteriologischen<br />

Beschaffenheit wird in den Werken ein hoher Stellenwert eingeräumt. In den<br />

mittleren und größeren Werken sind in der Regel Labors zur Durchführung der gesetzlich<br />

vorgeschriebenen bakteriologischen Analysen am Wasserwerksausgang<br />

sowie im Verteilungsnetz vorhanden.<br />

7 Kosten<br />

Die Rohwasserentnahme ist für die Versorgungsunternehmen noch kostenfrei. Zwischenzeitlich<br />

wurden jedoch wasserwirtschaftliche Regelungen bzw. entsprechende<br />

Verordnungen geschaffen, so dass in den kommenden Jahren voraussichtlich für die<br />

Rohwasserentnahme ebenso wie für andere Nutzungen der Gewässer Entgelte entrichtet<br />

werden müssen.<br />

Die Wasserpreise sind regional unterschiedlich und tendenziell im Süden höher als<br />

im weniger entwickelten Norden. Die Tarifstruktur ist dabei relativ komplex, da einerseits<br />

in Abnehmergruppen differenziert wird, mit von Privat nach öffentlichem Gewerbe<br />

und Industrie steigenden Tarifen, und andererseits der Wasserpreis auch mit<br />

der Abgabemenge zunimmt.<br />

Für Abgabemengen < 10 m³ pro Monat ist in der Regel ein „sozialer“ Wasserpreis<br />

von € 2,5 bis 5 pro Monat, der aufgrund oftmals fehlender Wasserzähler pauschal<br />

abgerechnet wird, festgesetzt (€ 0,25 – 0,5/m³). Bei höheren Abnahmemengen steigen<br />

die Tarife auf ca. € 0,6 bis 0,8/m³ an. Auch Industrie und Gewerbe müssen Kosten<br />

für das Trinkwasser von ca. € 0,7 bis 1,5/m³ kalkulieren. Detailliertere Preisangaben<br />

für die einzelnen Versorger können der bereits erwähnten Studie [2] entnommen<br />

werden.<br />

Bezüglich Verbrauchsmittelkosten wurden von der COPASA in Minas Gerais für ein<br />

Wasserwerk mit einer Aufbereitungsmenge von 6 m³/s die in Tabelle 7.1 aufgeführten<br />

Angaben gemacht. Für den Chemikalieneinsatz kann von mittleren Betriebsmittelkosten<br />

von rd. 0,03 €/m³ ausgegangen werden. Bei einer Abschätzung der gesamten<br />

Gestehungskosten ist zu berücksichtigen, dass in vielen Werken, insbesondere<br />

bei den staatlichen Großbetrieben, eine relativ hohe Anzahl von Mitarbeitern vorwiegend<br />

im Verwaltungsbereich beschäftigt sind.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 23<br />

Tabelle 7.1: Chemikalienkosten in einem Wasserwerk<br />

Chemikalie<br />

Kosten in €/kg<br />

Calciumhydroxid 0,04<br />

Chlor (flüssig) 0,3<br />

Eisen(III)-salz 0,2<br />

Aluminiumsulfat (Granulat) 0,1<br />

8 Folgerungen und Zusammenfassung<br />

Die Ergebnisse der Besichtigungen von 12 Trinkwasseraufbereitungsanlagen in vier<br />

brasilianischen Bundesstaaten, der an verschiedenen Trinkwässern durchgeführten<br />

Untersuchungen sowie der Gespräche mit brasilianischen Fachleuten lassen sich<br />

wie folgt zusammenfassen:<br />

Für die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung sind in Brasilien die Kommunen<br />

zuständig. Der Anschlussgrad an das Trinkwassernetz ist mit über 90 % relativ hoch,<br />

dagegen existiert erst für ca. 5 % der Bevölkerung eine kontrollierte Abwasserentsorgung<br />

bzw. Abwasserbehandlung. In den meisten Fällen erfolgt die Trinkwasserversorgung<br />

im Auftrag der Kommunen durch große staatliche Wasserversorgungsunternehmen,<br />

die in den einzelnen Bundesländern jeweils landesweit tätig sind. Viele<br />

Konzessionsverträge laufen in Kürze aus, wobei z. T. auf Seiten der Kommunen<br />

die Schaffung von Eigenbetrieben diskutiert wird. Aufgrund fehlender Mittel für die<br />

anstehenden Investitionen aber auch infolge Mangel an Fachpersonal sind dabei<br />

vermutlich Privatisierungen bzw. private sector participation- Modelle unumgänglich.<br />

Die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür wurden in den vergangenen Jahren geschaffen.<br />

Bei den besuchten Versorgungsunternehmen ist z.T. ein hohes technischwissenschaftliches<br />

know how bezüglich der Trinkwasseraufbereitung vorhanden.<br />

Einigen Angaben zufolge ist der Verwaltungsapparat insbesondere der staatlichen<br />

Versorger jedoch relativ groß und ineffektiv. Mittel für oftmals erforderliche Neuinvestitionen<br />

bzw. Erhaltungsmaßnahmen in den Trinkwasseraufbereitungs- und<br />

-verteilungsanlagen sind knapp.<br />

Als Rohwasser wird überwiegend Flusswasser genutzt, das meist sehr gering mineralisiert<br />

und durch stark schwankende, zeitweise sehr hohe Trübstoffgehalte gekennzeichnet<br />

ist. Zum Teil liegen auch niedrige pH-Werte und erhöhte Mangankonzentrationen<br />

vor. Erwartungsgemäß sind die Rohwassertemperaturen mit in Einzelfällen<br />

zeitweise über 30°C relativ hoch. Hierdurch sowie insbesondere durch die Einleitung<br />

unbehandelter Abwässer resultieren hohe Keimbelastungen.<br />

Bei orientierenden Reinwasseruntersuchungen im Rahmen der vorliegenden Studie,<br />

ergaben sich selbst unter ungünstigen Randbedingungen (Fluss Paraiba do Sul im


24<br />

Ballungsgebiet zwischen Sao Paulo und Rio de Janeiro) keine Hinweise auf eine<br />

signifikante Kontamination des Wassers mit anthropogenen Störstoffen. Inwieweit<br />

dies repräsentativ für die Situation in ganz Brasilien ist, müsste durch weitere Messungen<br />

abgeklärt werden. In Gesprächen wurde von einzelnen Fällen mit Verunreinigungen<br />

des Grund- und Oberflächenwassers durch massiven Einsatz von Pestiziden<br />

in Sonderkulturen berichtet. Analysenergebnisse waren jedoch nicht verfügbar,<br />

da entsprechende Messgeräte zwar vorhanden aber aufgrund von „Personalproblemen“<br />

nicht betriebsbereit seien.<br />

Aufbereitungstechnische Probleme bestehen insbesondere durch saisonal auftretende<br />

Algenmassenentwicklungen. Diese verursachen einerseits Geruchs- sowie<br />

Geschmacksbeeinträchtigungen des Trinkwassers und sind z.T. auch gesundheitlich<br />

relevant (Cyanotoxine). Andererseits können sie zu Betriebsstörungen bis hin zu vorübergehenden<br />

Zwangsstilllegungen aufgrund eines zu großen Spülwasserverbrauchs<br />

führen. Bezüglich des Einsatzes von Ozon und Aktivkohle zur Beherrschung<br />

von Geruchs- und Geschmacksproblemen wurden bei größeren Wasserversorgern<br />

bereits Studien durchgeführt. Danach scheiden diese Verfahren für die untersuchten<br />

Werke mit Durchsatzmengen von bis zu 44 m³/s aus Kostengründen aus.<br />

Es wird überwiegend die Verfahrenskombination Flockung/Fällung – Sedimentation<br />

– Filtration – Desinfektion angewandt. In vielen Fällen erfolgt auch eine Alkalienzugabe<br />

zur Stabilisierung des Wassers. Gesetzlich vorgeschrieben ist in Brasilien<br />

die Fluoridierung des Trinkwassers.<br />

In den meisten Fällen können hiermit die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden,<br />

wobei von kurzzeitigen Überschreitungen der Vorgaben hinsichtlich der Trübung<br />

(< 1 FNU Ablauf Schnellfilter) sowie Eisen, Mangan und Aluminium auszugehen<br />

ist. Auch die bakteriologischen Anforderungen werden normalerweise eingehalten.<br />

Aufgrund der zahlreichen Leckagen bzw. illegalen Anschlüssen im Netz in Verbindung<br />

mit in den Endbereichen niedrigen Netzdrücken müssen hierzu jedoch relativ<br />

hohe Mengen an Chlor (2-3 mg/L) zugegeben werden. Ziel ist es hierbei, nach<br />

einer Verweildauer des Wassers von 2 Tagen im Netz noch einen Restgehalt an<br />

freiem Chlor von ca. 0,2 mg/L zu gewährleisten. Nach Angaben der Wasserwerksmitarbeiter<br />

resultieren bei dieser Fahrweise keine Überschreitungen des Grenzwertes<br />

für Trihalogenmethane von 0,1 mg/L, wobei dies jedoch bei einem der drei im<br />

Rahmen dieser Studie untersuchten Trinkwässer der Fall war.<br />

Kritisch ist im Zusammenhang mit der hygienisch-bakteriologischen Wasserbeschaffenheit<br />

des Leitungswassers die übliche Praxis der Zwischenspeicherung des Trinkwassers<br />

in Hausdachspeichern zu sehen. Bei mittleren Aufenthaltszeiten von 2 Tagen<br />

und hohen Wassertemperaturen stellen Sekundärkontaminationen darin vermutlich<br />

ein hohes Gefährdungspotential dar. Aufgrund der relativ geringen Versorgungssicherheit<br />

(häufige Unterbrechung der Versorgung über Stunden bis Tage) sind derartige<br />

Zwischenspeicher jedoch erforderlich.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 25<br />

2003 tritt in Brasilien eine neue Trinkwasserverordnung in Kraft, die sich an internationalen<br />

Normen orientiert. Unter anderem sind zahlreiche anthropogene Mikroverunreinigungen<br />

mit Grenzwerten versehen. Die staatliche Überwachung der Trinkwasserbeschaffenheit<br />

bzw. entsprechende Institutionen und Laborkapazitäten hierfür<br />

werden voraussichtlich in den kommenden Jahren aufgebaut.<br />

Hinsichtlich des Einsatzes deutscher Technologien der Trinkwasseraufbereitung in<br />

Brasilien bestehen insbesondere folgende Aufgabenfelder bzw. Optimierungs- und<br />

Modifizierungsmöglichkeiten:<br />

Einsatz der Uferfiltration (auch stehende Gewässer) und Langsamsandfiltration<br />

insbesondere für kleine und mittlere Anlagen. Wesentlich sind dabei u.a. Strategien<br />

zur Beherrschung von Algenwachstum, Kolmatationsvorgängen und damit für einen<br />

auch langfristig stabilen Betrieb.<br />

Optimierung der Flockungs- und Sedimentationstechnik. Erforderlich sind bspw.<br />

Angaben zur Dimensionierung und zum Betrieb derartiger Anlagen einerseits im<br />

Hinblick auf kurzzeitig schwankende und zeitweise sehr hohe (> 1.000 FNU) Trübstoffgehalte<br />

sowie andererseits unter dem Gesichtspunkt hoher Gehalte an natürlichen<br />

organischen Wasserinhaltsstoffen. Dies betrifft bspw. die Auswahl der geeigneten<br />

Flockungschemikalien und deren Zugabemengen (einschl. Steuerung der Zugabemenge),<br />

die konstruktive Gestaltung der Flockungsanlage (Art des Energieeintrags,<br />

Vermeidung von Totzonen) sowie der Sedimentationsanlage (Bauhöhe,<br />

Schrägplatten oder Lamellen, Schlammabzug, Rohwassereinspeisung). Zu beachten<br />

sind dabei die hohe Wassertemperatur und Sonneneinstrahlung (z. B. Sonnenschutz<br />

zur Vermeidung von Algenwachstum im Wasserüberstau). Letztlich sollten auch die<br />

möglichen Vorteile der Flotationstechnik insbesondere zur Beherrschung von erhöhten<br />

Algenzahlen untersucht bzw. entsprechende Prozessführungen ermittelt werden.<br />

Ausarbeitung von Vorschlägen zur optimierten Betriebsführung bzw. von Dimensionierungsvorgaben<br />

für Schnellfilteranlagen. Als Stichworte seien hier genannt:<br />

Sekundärdosierung von Flockungschemikalien. Geeigneter Filtermaterialaufbau (Art,<br />

Körnung, Füllhöhe) auch unter dem Gesichtspunkt der Minimierung von Spülwasservolumenstrom<br />

und Spülabwasseranfall sowie der erforderlichen Überstauhöhe bei<br />

den in der Regel zu bevorzugenden offenen Anlagen. Vorteilhafter Filterbodentyp<br />

(Düsen oder Drainagesystem) und Stützschichtaufbau. Einsatzgebiete und Gestaltung<br />

aufwärtsdurchströmter Filter. Handlungskonzepte für einen Betrieb von Filteranlagen<br />

zur biologischen Entmanganung (anstelle üblicher Oxidation mit Chlor). Auch<br />

hierbei sind die relativ hohen Wassertemperaturen zu beachten. Für die Art der<br />

Spülwasserbereitstellung (Spülwasserpumpen oder Reservoire für Spülungen im<br />

freien Gefälle) sowie die Erfordernis zusätzlicher Aufwendungen für Luftspülungen<br />

sollten Entscheidungskriterien ausgearbeitet werden.<br />

Der Einsatz von Chlordioxid als alternatives Desinfektionsmittel zu Chlor bietet unter<br />

Umständen verschiedene Vorteile und sollte untersucht werden. Auch für einfa-


26<br />

che Lösungen zur Minimierung von Korrosionsfolgeerscheinungen (Einsatz von Korrosionsinhibitoren)<br />

besteht Bedarf. Eine insbesondere unter Kostenaspekten interessante<br />

Variante könnte die Entwicklung von modularen Einheiten z.B. für die<br />

Aufbereitung von Flusswasser und reduziertem Grundwasser bei kleinen bis mittleren<br />

Anlagengrößen sein. Sofern parallel Konzepte zur gezielten Anpassung der baugleichen<br />

Module auf die jeweils spezifischen Randbedingungen erarbeitet werden,<br />

sollte damit die Beherrschung eines breiten Spektrums von Rohwasserqualitäten<br />

kostengünstig möglich sein.<br />

Weitere Aufgabenbereiche, die nicht unmittelbar der Aufbereitungstechnik zuzuordnen<br />

sind, bestehen im Brunnenbau, in der Lecksuche und Rohrverlegetechnik sowie<br />

bei Rohrreinigungs- und -sanierungsmaßnahmen (Minimierung von Wasserverlusten)<br />

und der MSR- bzw. Automatisationstechnik. Nicht zuletzt sollte auch die Schaffung<br />

entsprechender Finanzierungsmöglichkeiten für die Durchführung von Maßnahmen<br />

unter Beteiligung deutscher Firmen geprüft werden (soft loans, revolving<br />

fonds).<br />

Wie aus den Ausführungen hervorgeht, sind insbesondere Lösungen für einfache<br />

und kostengünstige Technologien gefragt („lean technologies“). Verfahren wie die<br />

Ozonung und Aktivkohlebehandlung oder gar die Membrantechnik, für die in<br />

Deutschland zwar ein großes know how vorhanden ist, die jedoch bei höheren Aufbereitungsmengen<br />

(und hohen Wasserverlusten) relativ teuer sind, dürften dagegen<br />

in der öffentlichen Trinkwasserversorgung Brasiliens, von Einzelfällen abgesehen,<br />

auf absehbare Zeit keine Rolle spielen. Die unkritische Übertragung deutscher Verhältnisse<br />

hinsichtlich Analytik und diskutierter Relevanz von anthropogenen Störstoffen<br />

auf Brasilien ist ebenfalls nicht zielführend.<br />

9 Literatur und Links<br />

[1] Trinkwasserverordnung von Brasilien (portugiesisch)<br />

<br />

[2] Wasser- und Abwassersituation, Wasserverbrauch in Brasilien<br />

<br />

[3] Preisangaben für einzelne brasilianische Versorger<br />


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Brasilien 27<br />

10 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Ergebnisse der chemisch-physikalischen Untersuchungen von Reinwässern<br />

aus brasilianischen Wasserwerken<br />

- Anlage 2: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (leichtflüchtige Halogenkohlenwasserstoffe)<br />

- Anlage 3: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (Metalle)<br />

- Anlage 4: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (organische Spurenstoffe,<br />

Industriechemikalien)<br />

- Anlage 5: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (synthetische Komplexbildner)<br />

- Anlage 6: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (iodierte Röntgenkontrastmittel)<br />

- Anlage 7: Kurzbeschreibungen der besuchten Wasserwerke (Steckbriefe)<br />

- Bilddokumentation zu den aufgesuchten Wasserwerken<br />

- Trinkwasserverordnung Brasilien (portugiesisch)


China


30<br />

1 Einleitung<br />

Zwischen dem 15.08. und 30.08.2002 wurden an den in Tabelle 1.1 aufgeführten<br />

Wasserwerken Daten erhoben.<br />

Die Lage der Wasserwerke in der Volksrepublik China ist in Bild 1.1 gekennzeichnet.<br />

Bild 1.1:<br />

Lage der aufgesuchten Wasserwerke<br />

Zudem wurden in China folgende Organisationen und Behörden aufgesucht:<br />

- Ministry of Health, Department of Disease Control<br />

- Ministry of Construction, Department of Urban Construction<br />

- Tsinghua University<br />

- Wuhan Water Authority<br />

- Chinese Waterworks Association


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 31<br />

Tabelle 1.1: Allgemeine Daten zu den besichtigten Wasserwerken<br />

Standort<br />

Stadt<br />

Rohwasservorkommen<br />

Aufbereitungsmenge,<br />

m³/d<br />

Beijing Water Company<br />

Wasserwerk Nr. 9<br />

Beijing Talsperre 1.500.000<br />

Xian Water Company<br />

Wasserwerk Xian Süd<br />

Xian Talsperre 500.000<br />

Neues WW Wuhan Wuhan Fluss 135.000<br />

Ältestes WW Wuhan Wuhan Fluss 850.000<br />

Kunming Waterworks<br />

Wasserwerk Nr. 1<br />

Wasserwerk Nr. 4<br />

Wasserwerk Nr. 5<br />

Anning Waterworks<br />

Anning Waterworks<br />

Kunming<br />

Talsperre<br />

Talsperre<br />

Talsperre/See<br />

Gebirgssee<br />

Quellwasser<br />

200.000<br />

80.000<br />

100.000<br />

10.000<br />

7.000<br />

Haikou Waterworks Haikou Fluss 260.000<br />

Shakou Waterworks Foshan Fluss 500.000<br />

Shanghai Municipal Wks.<br />

Linjiang Water Plant<br />

Shanghai Fluss 300.000<br />

Bei diesen Kontakten wurden insbesondere die Aufbereitungstechnik in Chinas<br />

Wasserwerken sowie allgemeine Aspekte der Trinkwasserversorgung mit verantwortlichen<br />

Fachleuten diskutiert. Die nachstehenden Ausführungen basieren im Wesentlichen<br />

auf den dabei gewonnenen Informationen.<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

Der rechtliche Rahmen für die Wasserversorgung in China lässt sich in 4 Ebenen<br />

darstellen [1]:<br />

Staatliche Gesetze: Rahmengesetze werden auf Vorschlag der Regierung vom<br />

Volkskongress verabschiedet.<br />

Verordnungen der zuständigen Ministerien: Die Ministerien, überwiegend das<br />

Bauministerium, erlassen Regularien zur Sicherstellung der Wasserversorgung.<br />

Kommunalgesetze: Jede Kommune kann im Rahmen der oben genannten Gesetze<br />

und Verordnungen weitere Regelungen erlassen.<br />

Technisches Regelwerk: Diese Regeln werden vom Bauministerium, Gesundheitsministerium<br />

oder vom Amt für Standardisierung erlassen. Die Erarbeitung der<br />

technischen Regeln geschieht in der Regel über die CAS, China Assosiation for<br />

Standardisation, die Fachleute aus einschlägigen Ministerien und den Unternehmen<br />

hinzuzieht. Unter diese Rubrik fallen auch die wichtigsten Standards wie die chinesi-


32<br />

sche Trinkwasserverordnung (Sanitary Standards for Drinking Water) und die Gütekriterien<br />

für die Wasserversorgung in ländlichen Gebieten (Guideline for Implementation<br />

of Hygiene Standards for Drinking Water in Rural Areas).<br />

Somit existieren in China prinzipiell zwei verschiedene Trinkwasserverordnungen, die<br />

den Stellenwert eines Technischen Regelwerkes haben. Die chinesische Trinkwasserverordnung,<br />

die sich im Wesentlichen an WHO-Standards orientiert, definiert die<br />

Güteanforderungen an das Trinkwasser in städtischen Gebieten wobei die Zuständigkeit<br />

beim Bauministerium liegt. In den Händen des Gesundheitsministeriums bzw.<br />

des Wasserbauministeriums hingegen liegt die Wasserversorgung im ländlichen<br />

Raum, wobei die Gütekriterien für die Wasserversorgung in ländlichen Gebieten anzuwenden<br />

sind, die weit unterhalb der Anforderungen liegen, die für Großstädte gelten.<br />

Das Ministerium für den ländlichen Raum hat für den internen Gebrauch zusätzlich<br />

noch Mindestanforderungen, die weit schlechtere Werte definieren als die beiden<br />

erstgenannten Regelungen. In der Diskussion wurde deutlich, dass nicht jedes<br />

leitungsgebundene Wasser auch Trinkwasser sein muss. Es wurde sowohl auf die<br />

Verfügbarkeit von Flaschenwasser als auch auf die oft empfohlene Nachaufbereitung<br />

(point of use treatment) verwiesen. In Großstädten wird die Wiederverwendung<br />

von Grauwasser bereits praktiziert. In Beijing ist in modernen Hotels die Aufbereitung<br />

von Grauwasser und die Wiederverwendung zur Toilettenspülung bereits Vorschrift.<br />

Das Hauptaugenmerk beruht ohnehin auf der biologischen Unbedenklichkeit, wobei<br />

dem Nachweis von freiem Chlor oberste Bedeutung zugemessen wird.<br />

Beide Trinkwasserverordnungen unterscheiden sich sowohl in der Höhe der angegebenen<br />

Zielwerte als auch in deren Anzahl. Für den ländlichen Raum werden 26<br />

Parameter berücksichtigt, während die Trinkwasserverordnung 96 Parameter enthält.<br />

Für einige Großwasserwerke werden allerdings bis zu 120 Grenzwerte angegeben,<br />

deren Überwachung und Messung jedoch fraglich ist. Die städtische Trinkwasserverordnung<br />

ist darüber hinaus in Parameter, die regelmäßig bzw. im Bedarfsfall zu<br />

bestimmen sind, untergliedert. Analytische Möglichkeiten sind in den Labors der<br />

Großstädte in der Regel gegeben.<br />

Tabelle 2.1 vergleicht ausgewählte Parameter der städtischen und ländlichen Trinkwasserverordnung<br />

mit den entsprechenden Werten aus Deutschland. Daraus geht<br />

hervor, dass beispielsweise für Trübung, Eisen und Mangan in China wesentlich höhere<br />

Gehalte zugelassen sind als in Deutschland. Für den ländlichen Raum lässt die<br />

chinesische Trinkwasserverordnung bei der mikrobiologischen Beschaffenheit erhebliche<br />

Spielräume zu, wie dies in Tabelle 2.1 beispielhaft für Gesamtcoliforme dargestellt<br />

wurde.<br />

Eine Auflistung einer Auswahl von Gesetzen und Regelungen sowie alle Trinkwassergrenzwerte<br />

ist in Anlage 5 [1] enthalten.<br />

Tabelle 2.1: Ausgewählte Parameter der chinesischen und deutschen Trinkwasserverordnungen


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 33<br />

Parameter Einheit Stadt<br />

Land +<br />

BRD<br />

I II III TrinkwV<br />

Trübung FNU 1 * 3 * 10 20 1,0<br />

Eisen mg/L 0,3 0,3 0,5 1,0 0,2<br />

Mangan mg/L 0,1 0,1 0,3 0,5 0,05<br />

Sulfat mg/L 250 250 300 400 240<br />

Fluorid mg/L 1 1 1,2 1,5 1,5<br />

Arsen mg/L 0,05 0,01<br />

Nitrat-N mg N/L 20 10<br />

Gesamtcoliforme n/100mL 0 3 11 27 0<br />

+<br />

I guter Wert, II erlaubter Wert, III unter besonders ungünstigen Bedingungen<br />

* im Sonderfall 5 FNU<br />

3 Allgemeine Angaben zur Trinkwassergewinnung und<br />

-versorgung in China<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

In China werden etwa ein Viertel des Trinkwassers aus Oberflächenwasser und dreiviertel<br />

aus Grundwasser gewonnen (Tabelle 3.1). Bei Oberflächenwässern werden<br />

im Wesentlichen die Flüsse genutzt. Grundwasser wird meist aus flachen Brunnen<br />

mit weiten Öffnungen gewonnen, die insbesondere in den ländlichen Gebieten nicht<br />

oder schlecht ausgebaut sind. Diese traditionellen Wasserentnahmestellen befinden<br />

sich in Höfen oder an Straßen und bieten kaum Schutz gegen Verschmutzungen.<br />

Aus diesen Brunnen entnehmen die Einwohner das benötigte Wasser durch eigene<br />

Schöpfgeräte wie beispielsweise Eimer. Ursächlich für Verunreinigungen des Brunnenwassers<br />

sind u.a. Einträge über die Schöpfgeräte, Regen, Wind, Dünger, Toiletten<br />

oder Sickergräben. Einige dieser Flachbrunnen sind mit Handpumpen ausgestattet,<br />

was eine wesentliche Verbesserung der Wasserbeschaffenheit im Vergleich zu<br />

den traditionellen Wasserentnahmestellen zur Folge hatte. Gegenwärtig sind die<br />

Flachbrunnen die Hauptquelle für die dezentrale Wassergewinnung in China.<br />

Allerdings differieren die Anteile an den verwendeten Rohwasserarten stark zwischen<br />

den einzelnen Landesteilen. Beispielsweise werden in der Region Shanghai<br />

(Bevölkerung ca. 12 Mio.) und in Tibet (Bevölkerung ca. 1,3 Mio.) ca. 70 % des<br />

Trinkwassers aus Flüssen gewonnen, während in der Provinz Heliongjiang (Bevölkerung<br />

ca. 33 Mio.) praktisch kein Flusswasser verwendet wird.


34<br />

Tabelle 3.1: Rohwasserherkunft bei der Trinkwassergewinnung für China<br />

Oberflächenwasser<br />

Flusswasser 20,6 %<br />

Talsperren- und Seewässer 1,6 %<br />

Teich- und Grubenwässer 5,5 %<br />

Grundwasser<br />

Tiefbrunnen- und Quellwässer 17,6 %<br />

Flachbrunnen 54,8 %<br />

27,6 %<br />

72,4 %<br />

Obwohl eine zentrale Wasserversorgung in den Kerngebieten der großen Städte<br />

bereits seit 100 Jahren existiert, gibt es in ca. 60% der Gemeinden und Dörfer des<br />

ländlichen Raumes heute noch keine zentrale Wasserversorgung [1]. Nach anderen<br />

Quellen [2] verfügt nur etwa ein Fünftel der chinesichen Bevölkerung über Zugang zu<br />

Leitungswasser (Bild 3.1). Der überwiegende Teil des in China benötigten Trinkwassers<br />

wird in „Einzel“-Wasserversorgungen in ländlichen Gebieten gewonnen. Etwa<br />

60 % des Trinkwassers wird durch die Verbraucher selbst gefasst.<br />

Formen der Wasserversorgung in China<br />

Gemeinschaftliche<br />

Wasserversorgung<br />

20,8 %<br />

„Einzel“-<br />

Wasserversorgung<br />

79,2 %<br />

Vollständig<br />

aufbereitetes<br />

Leitungswasser<br />

9,6 %<br />

Teilweise<br />

aufbereitetes /<br />

unbehandeltes<br />

Leitungswasser<br />

11,2 %<br />

Wasserförderung<br />

durch<br />

Maschinen<br />

17 %<br />

Wasserhebung<br />

durch<br />

Menschen<br />

62,2 %<br />

Elektrisch<br />

3,5 %<br />

Manuell<br />

13,5 %<br />

Bild 3.1:<br />

Formen der Wasserversorgung in China und prozentualer Anteil der<br />

betroffenen Bevölkerung [2]<br />

3.2 Klima<br />

Auf Grund der geographischen Ausdehnung und der ungleichen Topographie der<br />

Volksrepublik China sind die unterschiedlichsten Landschaften und Klimazonen vertreten.<br />

Beispielsweise hat der nördliche Teil der Provinz Heilongjiang im Nordosten<br />

Chinas keinen Sommer. Hingegen hat die Insel Hainan einen langen Sommer aber


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 35<br />

keinen Winter. Tabelle 3.2 gibt einen Überblick über die mittleren Temperaturen im<br />

Januar und Juli von einigen Großstädten in China.<br />

Tabelle 3.2: Auswahl verschiedener Temperaturbereiche in China [3]<br />

Stadt<br />

Höhe ü. NN Temperatur Temperatur<br />

in m<br />

Januar in °C Juli in °C<br />

Harbin 143 -17 +24<br />

Beijing 55 -3 +27<br />

Shanghai 4 +5 +28<br />

Hong-Kong 24 +17 +29<br />

Der jährliche Niederschlag variiert von Region zu Region. Entlang der Südostküste<br />

fallen ca. 1.500 mm/a Regen während im Nordwesten Chinas weniger als 50 mm/a<br />

Niederschläge auftreten. In den dicht besiedelten Gebieten des Nordwestens<br />

herrscht daher Wassermangel, während im Südosten viel Wasser vorhanden ist,<br />

allerdings jahreszeitlich extrem unterschiedlich und meist sehr schwankender Güte<br />

(Flüsse, Hochwasser, Unwetter usw.).<br />

3.3 Struktur der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung<br />

Die öffentliche Wasserversorgung ist in der Regel staatlich, d.h. städtisch bzw.<br />

kommunal. Darüber hinaus gibt es Wasserwerke, die als Joint-Venture von chinesischen<br />

und ausländischen Partnern betrieben werden, wie beispielsweise ein Wasserwerk<br />

in Xian (Berlinwasser) und in Shanghai (Vivendi). China ist stark an Joint-<br />

Ventures interessiert, wobei neben den bevorzugten reinen Finanzbeteiligungen<br />

auch Betriebsführungsmodelle in Frage kommen, da hierbei das dringend notwendige<br />

Know-How erworben werden kann. Von dieser Art der betrieblichen Kooperation<br />

verspricht man sich auch einen gewissen Wettbewerb, der die vorhandenen Strukturen<br />

aufbricht (Benchmark).<br />

Die Wasserversorgung in den Kerngebieten der großen Städte fällt in die Zuständigkeit<br />

des Bauministeriums. Für die kleinen Gemeinden und den ländlichen Raum ist<br />

das Gesundheitsministerium und das Wasserbauministerium zuständig.<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Die Wasserressourcen sind in China regional ungleichmäßig verteilt. Im Norden des<br />

Landes herrscht Wassermangel. 400 von 669 großen Städten sind vom Wassermangel<br />

betroffen, der zur Unterbrechung der Versorgung führen kann. Im Süden des<br />

Landes herrscht hingegen Wasserüberschuss [3].


36<br />

Der Yangtse, dessen Einzugsgebiet sowie dessen südliche Zuflüsse repräsentieren<br />

etwa 80 % der Oberflächenwässer, obwohl das kultivierbare Land in diesen Gebieten<br />

nur ca. 40 % der gesamten nutzbaren Fläche entspricht. Die Wiederverwendung<br />

von Wasser liegt für das gesamte Land bei durchschnittlich 40 %. In bestimmten<br />

Regionen wie beispielsweise Beijing und Tianjin liegt die Wiederverwendungsrate bei<br />

87 % [4].<br />

In den Regionen mit Wassermangel leben etwa 47 Mio. Menschen, denen weniger<br />

als 10-15 L/d zur Verfügung stehen. Bei den Wassermangelgebieten handelt es sich<br />

neben den ariden und semiariden Gebieten um Bergregionen und Lößplateaus. In<br />

den Städten Shanghai und Beijing liegt der Wasserverbrauch eines Einwohners bei<br />

69 bzw. 93 L/d [2]. Andere Quellen gehen, bezogen auf das gesamte Land, von einem<br />

Wasserverbrauch von 227 L/d in Städten und 89 L/d in ländlichen Gebieten aus<br />

[4]. Darüber hinaus sind Angaben zu finden, die den Wasserverbrauch pro Einwohner<br />

mit 100 L/d bis 600 L/d beziffern [1]. Diese sehr hohen Zahlen beinhalten wohl<br />

einen hohen Verbrauch der Industrie. In den industriellen Ballungsgebieten wird von<br />

hohen Verbrauchszahlen und starker Industrieabwasserbelastung berichtet.<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

In China verschlechtert sich die Rohwasserqualität wegen der raschen industriellen<br />

Entwicklung, die noch wenig Rücksicht auf Gewässerschutz nimmt, ständig, Dadurch<br />

wird die Situation für die Trinkwasseraufbereitung zunehmend problematischer. Im<br />

Einzugsbereich der großen Städte, insbesondere am Jangtse, ist die Qualität der<br />

Oberflächenwässer besonders schlecht [1]. Wie die folgenden Ausführungen noch<br />

zeigen, kann die Verschlechterung nicht nur auf organische Spurenstoffe zurückgeführt<br />

werden. Ungeklärte Abwässer aus allen Bereichen verschärfen die Situation.<br />

Daten zur Trinkwasserbeschaffenheit in Hinblick auf physikalisch-chemische sowie<br />

mikrobiologische Parameter wurden durch chinesische Behörden in den Jahren<br />

1983 bis 1985 landesweit erhoben. In die Erhebung gingen ca. 2 Millionen Daten von<br />

28.800 Probenahmestellen ein [2]. Auf Grund der geringen Anzahl von Aufbereitungsanlagen<br />

in China entspricht die ermittelte Trinkwasserbeschaffenheit meist<br />

auch der Rohwasserbeschaffenheit.<br />

Tabelle 4.1 enthält eine Zusammenstellung der untersuchten Parameter und ihre<br />

Schwankungsbreite, wie sie im Rahmen der oben genannten Datenerhebung erhalten<br />

wurden. Die Analysendaten wurden der Rohwasserherkunft zugeordnet und als<br />

50 bzw. 90 Perzentile angegeben. Die gemessenen Maximalwerte, und darauf muss<br />

man sich bei der Planung einer Trinkwasseraufbereitung beziehen, liegen erfahrungsgemäß<br />

deutlich über den genannten 90 Perzentilwerten. Die oberste Zeile gibt<br />

jeweils die in der Trockenzeit ermittelten Werte an, während die untere Zeile die in<br />

der Regenzeit analysierten Daten enthält.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 37<br />

Tabelle 4.1: Beschaffenheit von Trinkwässern in Abhängigkeit ihrer Herkunft als 50<br />

bzw. 90 Perzentil, Werte der oberen Zeile: Messungen zur Trockenzeit,<br />

untere Zeile: Regenzeit [2]<br />

Farbe<br />

„units“ [2]<br />

Trübung<br />

NTU<br />

Oberflächenwasser Flachbrunnen Tiefbrunnen/Quellen<br />

P 50 P 90 P 50 P 90 P 50 P 90<br />

3-26<br />

3-15<br />

2-9<br />

2-30<br />

pH 6,6-8,3<br />

6,9-8,3<br />

Eisen<br />

mg/L<br />

Mangan<br />

mg/L<br />

CaCO 3<br />

mg/L<br />

Chlorid<br />

mg/L<br />

Sulfat<br />

mg/L<br />

NO 3 -N<br />

mg/L<br />

Arsen<br />

mg/L<br />

Fluorid<br />

mg/L<br />

0,1-0,6<br />

0,1-0,8<br />

0,05-0,21<br />

0,08-0,08<br />

23-243<br />

15-307<br />

8,2-63<br />

8,0-66<br />

10-197<br />

10-66<br />

0,8-2,3<br />

0,8-1,5<br />

0,01<br />

0,01-0,02<br />

0,1-0,6<br />

0,1-0,9<br />

3-60<br />

3-60<br />

8-160<br />

10-160<br />

7,9-8,9<br />

7,8-9,4<br />

0,7-4,5<br />

0,4-4,7<br />

0,3-2,8<br />

0,07-2,7<br />

138-995<br />

58-990<br />

15-705<br />

15-638<br />

17-1188<br />

17-580<br />

1,5-29<br />

1,5-11<br />

0,01-0,05<br />

0,01-0,04<br />

0,2-1,2<br />

0,2-1,1<br />

3-5<br />

3-6<br />

2-6<br />

2-9<br />

6,6-8,0<br />

6,5-8,0<br />

0,1-0,5<br />

0,1-0,4<br />

0,05-0,21<br />

0,04-0,16<br />

49-590<br />

65-660<br />

11-186<br />

13-138<br />

13-193<br />

12-126<br />

1,2-5,6<br />

1,1-6,4<br />

0,01<br />

0,01-0,02<br />

0,1-0,7<br />

0,1-0,7<br />

5-45<br />

10-35<br />

10-160<br />

10-160<br />

7,7-8,6<br />

7,5-8,6<br />

0,6-0,8<br />

0,5-2,9<br />

0,3-2,1<br />

0,06-1,8<br />

230-996<br />

256-997<br />

40-683<br />

38-755<br />

61-949<br />

59-1099<br />

4,4-40<br />

5,9-46<br />

0,01-0,03<br />

0,01-0,03<br />

0,2-4<br />

0,2-3,9<br />

3-10<br />

3-7<br />

2-5<br />

2-5<br />

6,7-7,9<br />

6,7-7,9<br />

0,1-0,8<br />

0,1-0,6<br />

0,05-0,17<br />

0,05-0,13<br />

21-381<br />

17-492<br />

8,7-91<br />

8,4-128<br />

10-147<br />

10-137<br />

0,3-3,3<br />

0,8-3,1<br />

0,01<br />

0,01-0,02<br />

0,1-2,2<br />

0,1-2,3<br />

5-30<br />

6-35<br />

4-100<br />

4-79<br />

7,9-8,0<br />

7,5-9,0<br />

0,4-6,4<br />

0,4-4,0<br />

0,07-1,5<br />

0,06-1,3<br />

193-931<br />

200-995<br />

25-653<br />

10-1073<br />

17-863<br />

17-758<br />

1,5-30<br />

1,4-28<br />

0,01-0,02<br />

0,01-0,03<br />

0,2-4,7<br />

0,2-4,9<br />

Aus Tabelle 4.1 geht hervor, dass in den Oberflächenwässern zeitweise erhebliche<br />

Trübstoffgehalte mit 160 Trübungseinheiten (90 Perzentil) vorliegen. Der pH-Wert<br />

der Rohwässer liegt oft zwischen 6,6 und 9,4. In den aus Oberflächenwasser gewonnenen<br />

Trinkwässern wurden teilweise erhebliche Mangangehalte (90 Perzentil:<br />

2,8 mg/L) beobachtet. In Hinblick auf den Gehalt Calcit können nicht nur die Grundwässer<br />

sondern ebenso die Oberflächenwässer Werte > 900 mg/L CaCO 3 aufweisen.<br />

Teilweise treten erhebliche Salzgehalte in Trinkwässern auf, wie aus den<br />

90 Perzentilwerten für Chlorid (638-1.073 mg/L) und Sulfat (580-1188 mg/L) hervorgeht.<br />

Während die 90 Perzentilwerte der Grundwässer für Sulfat in der Trocken- und<br />

Regenzeit vergleichbar sind, wird bei den Oberflächenwässern insbesondere in der<br />

Regenzeit eine wesentlich geringere Sulfatkonzentration im Vergleich zur Trockenzeit<br />

beobachtet. Die nicht unerheblichen Nitrat-Stickstoffgehalte weisen auf eine<br />

anthropogene Beeinflussung hin. Die 90 Perzentilwerte für Eisen- bzw. Mangan<br />

übersteigen zeitweise 4 bzw. 2 mg/L.


38<br />

Unter den hier betrachteten physikalisch-chemischen Parametern werden neben den<br />

erhöhten Eisen- und Mangangehalten im Wesentlichen die regional erhöhten Arsenund<br />

Fluoridgehalte als problematisch eingeschätzt. Beispielsweise können die 90<br />

Perzentile für Arsen bis 0,05 mg/L betragen. Für die 90 Perzentile für Fluorid im<br />

Grundwasser wurden bis zu 4,9 mg/L ermittelt.<br />

Die oben aufgeführten Zahlenwerte aus der Datenerhebung [2] stimmen mit den Erfahrungen<br />

des chinesischen Gesundheitsministeriums überein, die während des<br />

Aufenthaltes in der Volksrepublik China durch die zuständigen Behörden mitgeteilt<br />

wurden. Demnach wird seitens des chinesischen Gesundheitsministeriums im Bereich<br />

der anorganischen Wasserinhaltsstoffe das Hauptproblem bei Fluorid, Arsen,<br />

Eisen und Mangan gesehen. Nitrat wird in der Regel nicht als Problem eingestuft,<br />

wobei jedoch zu beachten ist, dass besonders in den nördlichen Landesteilen die<br />

Konzentrationen ansteigen. Im Bereich der organischen Wasserinhaltsstoffe wird<br />

vom zuständigen Ministerium von Problemen durch den Einsatz von Pestiziden berichtet,<br />

wobei insbesondere die südlichen Landesteile betroffen sein sollen. Konkrete<br />

Messwerte dazu liegen jedoch nicht vor.<br />

Gravierender wird seitens der zuständigen Behörden die Algenproblematik (Algenmetabolite,<br />

Algentoxine, Geruch, Geschmack) bewertet. Den natürlichen organischen<br />

Wasserinhaltsstoffen wird aufgrund der dadurch bedingten Haloformbildung<br />

bzw. Chlorzehrung in der Regel mehr Bedeutung zugemessen als einzelnen Spurenstoffen.<br />

Endokrine Stoffe, Pharmaka usw. werden wegen des relativ niedrigen<br />

Einsatzes (Sozialentwicklung) als noch unbedeutend dargestellt. Sie wird deshalb als<br />

das größte Gefährdungspotential angesehen.<br />

Nach Aussagen des Ministeriums für Gesundheit werden in 35 bis 40 % der Fälle die<br />

Güteanforderungen ohnehin überschritten. Dies ist weniger in den Großstädten der<br />

Fall als vielmehr im ländlichen Raum. Die Problematik Cryptosporidien und Giardien<br />

war an keiner der besuchten Stellen bekannt.<br />

Besonders problematisch ist in China die mikrobiologische Wasserbeschaffenheit.<br />

Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung muss sich mit Trinkwasser versorgen, in dem<br />

der Grenzwert für coliforme Bakterien überschritten wird. Bei der gemeinschaftlichen<br />

Wasserversorgung erhalten etwa 20 % Bevölkerung Trinkwasser, das hinsichtlich<br />

des Gehaltes an coliformen Bakterien nicht dem chinesischen Trinkwasserstandard<br />

entspricht [2].<br />

Nach dem vorliegenden Datenmaterial liegen besonders typische Probleme in der<br />

chinesischen Trinkwasserbeschaffenheit bei regional erhöhten Fluoridgehalten sowie<br />

nahezu flächendeckend bei einer unzureichenden mikrobiologischen Trinkwasserbeschaffenheit.<br />

Tabelle 4.2 zeigt, dass nur etwa 10 % der chinesischen Bevölkerung Trinkwasser der<br />

Güteklasse I erhält. Davon erfüllt vergleichsweise häufig aufbereitetes Leitungswas-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 39<br />

ser die geforderten Kriterien, während das manuell, beispielsweise durch Wassereimer,<br />

gehobene Wasser in der Regel den Anforderungen an Güteklasse I nicht entspricht.<br />

Etwa 70 % der chinesischen Bevölkerung müssen Trinkwasser der Güteklasse<br />

III verwenden. Dabei handelt es sich meist um manuell gehobenes Wasser.<br />

Durch Trinkwasser übertragene Krankheiten werden in der chinesischen Statistik<br />

unterteilt in endemisch und infektiös.<br />

Unter endemischen, d.h. in bestimmten Gebieten ständig auftretenden, Krankheiten<br />

werden u.a. Fluorose (fluorosis), Kropfbildung (goiter), Kretinismus (cretinism) sowie<br />

die Kaschin-Beck-Krankheit (kaschin-beck disease) gezählt. Die Daten werden offen<br />

und emotionslos in einem Gesundheits- bzw. Krankheitsatlas, der die regionale Verteilung<br />

wasserbürtiger Krankheiten beinhaltet, dargestellt [2].<br />

Tabelle 4.2: Versorgungsgrad der Bevölkerung mit Trinkwasser unterschiedlicher<br />

Güte [2]<br />

Wasser der Güteklasse<br />

I II III<br />

Gemeinschaftliche Wasserversorgung<br />

Vollständig aufbereitetes<br />

Leitungswasser<br />

40 40 20<br />

Teilweise aufbereitetes<br />

Leitungswasser<br />

21 32 47<br />

Einzelwasserversorgung<br />

Elektrisch gepumptes Wasser 16 30 54<br />

Manuell gepumptes Wasser 8 27 65<br />

Manuell gehobenes Wasser 3 13 85<br />

Gesamt<br />

10 20 70<br />

Tabelle 4.3 zeigt die Ergebnisse einer Datenerhebung in Hinblick auf durch Trinkwasser<br />

übertragene endemische Krankheiten, hochgerechnet auf die erkrankten<br />

Personen in der gesamten Volksrepublik. Beispielsweise wurden Daten zur Zahn-<br />

Fluorose an 41,4 Mio. Menschen erhoben. Eine Hochrechnung auf die gesamte Bevölkerung<br />

Chinas zeigt, dass von dieser Krankheit ca. 37,5 Mio. Menschen betroffen<br />

sind. Nach Angaben des Ministeriums für Gesundheit wurde im persönlichen Gespräch<br />

erklärt, dass sogar bis zu 70 Mio. Chinesen durch erhöhte Fluoridgehalte in<br />

ihrer Gesundheit gefährdet sind. Das Arsenproblem ist betrachtet auf die Anzahl der<br />

betroffenen Personen geringer, jedoch sind auch in einzelnen Regionen über eine<br />

Million Menschen betroffen.


40<br />

Tabelle 4.3: Durch Trinkwasser verursachte endemische Krankheiten [2]<br />

Hochrechnung<br />

erkrankte Bevölkerung<br />

in China<br />

in Mio. Personen<br />

Anzahl der Umfrage<br />

zugrunde<br />

liegenden Personen<br />

in Mio. Personen<br />

Zahn-Fluorose 37,5<br />

Skelett-Fluorose 1,7<br />

41,4<br />

Kropfbildung 19,8 214<br />

Kretinismus 0,24 129<br />

Kaschin-Beck-Krankheit 2,5 28<br />

Zu den durch Wasser übertragenen Infektionskrankheiten zählen Typhus, bakterielle<br />

Ruhr und Hepatitis. Tabelle 4.4 zeigt die Häufigkeit des Auftretens dieser Krankheiten<br />

für einen Zeitraum von ca. 25 Jahren.<br />

Tabelle 4.4: Durch Trinkwasser übertragene Infektionskrankheiten [2]<br />

Krankheit Zeitraum Anzahl Anzahl der Fälle<br />

Bakterielle Ruhr 1959 - 1983 157 50.934<br />

Typhus 1959 - 1984 141 9.548<br />

Hepatitis 1958 - 1984 353 45.535<br />

Durch das TZW wurden Stichproben von Roh-, Rein- und Leitungswasser von verschiedenen<br />

Wasserwerken untersucht. Die Analysenergebnisse sind in den Anlagen<br />

1 und 2 enthalten. Die Rohwässer wiesen eine geringe Mineralisierung (Calcium<br />

< 40 mg/L, Magnesium und Natrium < 10 mg/L) auf (Anlage 1). Teilweise waren in<br />

den Rohwässern erhöhte Eisen- und Mangangehalte (z.B. Foshan 4,2 mg/L Fe,<br />

0,2 mg/L Mn) nachweisbar. Eine Beprobung auf weitere Elemente erbrachte jedoch<br />

keine Auffälligkeiten.<br />

Die TOC-Gehalte der Rohwässer lagen zwischen 2 und 6 mg/L (Anlage 2). Die<br />

Trinkwässer wiesen erwartungsgemäß wie auch das Rohwasser eine geringe Mineralisierung<br />

auf. Eisen- und Manganionen wurden durch die Aufbereitung entfernt und<br />

waren daher in den Rein- und Leitungswässern in der Regel in Konzentrationen im<br />

Bereich der Bestimmungsgrenze nachweisbar. Die TOC-Gehalte der Reinwasserproben<br />

lagen oft etwa 10-20 % unter den Rohwasserkonzentrationen. Dies ist ein<br />

Hauptgrund für die hohe Chlorzehrung und die zwar bekannte aber wenig beachtete<br />

Haloformbildung. Diese wird in größeren Werken durch den Zusatz von Ammonium<br />

(Chloraminverfahren) unterdrückt.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 41<br />

5 Aufbereitung<br />

Etwa 9 % der chinesischen Bevölkerung hat Zugang zu vollständig aufbereitetem<br />

Leitungswasser. Dieses wird in den südlichen Gebieten Chinas insbesondere aus<br />

Oberflächenwässern gewonnen. Unter vollständiger Aufbereitung wird meist die Abfolge<br />

Flockung, Sedimentation, Filtration und Chlorung verstanden. Das teilweise<br />

aufbereitete Leitungswasser, das etwa 11 % der Bevölkerung erhalten, wird nur<br />

durch einen Teil der vorstehend genannten Verfahren behandelt, wobei auch Verfahren<br />

zur Entfernung von Eisen, Mangan oder Fluorid eingesetzt werden. Wasserwerke,<br />

die Tiefengrundwasser benutzen unterziehen das Wasser oft nur einer Chlorung<br />

und sofern erforderlich einer Eisen, Mangan und Fluoridentfernung.<br />

Wasseraufbereitung in China<br />

Vollständig<br />

aufbereitetes<br />

Leitungswasser<br />

9,6 %<br />

Teilweise<br />

aufbereitetes /<br />

unbehandeltes<br />

Leitungswasser<br />

11,2 %<br />

Oberflächenwasser:<br />

- Sedimentation<br />

- Flockung<br />

- Filtration<br />

- Chlorung<br />

Grundwasser:<br />

- Enteisenung<br />

- Entmanganung<br />

- Fluoridentfernung<br />

Sandfiltration<br />

1,3 %<br />

Chlorung<br />

1,8 %<br />

andere<br />

Verfahren<br />

1,7 %<br />

unbehandelt<br />

6,5 %<br />

Bild 5.1:<br />

Wasseraufbereitungsverfahren in China und Anteil der versorgten Bevölkerung<br />

[2]<br />

Im Folgenden werden nur Wasserwerke betrachtet, die zu den Anlagen zählen, mit<br />

denen 9 % der Bevölkerung versorgt werden. Von diesen Anlagen wiederum gibt es<br />

wenige Modellvorhaben, die mit moderner Aufbereitungs- und Analysentechnik ausgestattet<br />

und betrieben werden. Diese Modellvorhaben entstanden u.a. in Kooperationen<br />

mit dem Ausland. Das in Xian besuchte Wasserwerk Xian-Süd wurde beispielsweise<br />

von Berlinwasser International GmbH gebaut und betrieben. Besuchern<br />

aus dem Ausland werden von chinesischer Seite gerne solche Modellprojekte vorgestellt.<br />

Es wird daher an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die nachfolgend aufgeführten<br />

Wasseraufbereitungsverfahren nur einem geringen Teil der Bevölkerung<br />

zur Verfügung stehen.<br />

In China erfolgt prinzipiell die Aufbereitung von Oberflächenwasser nach der altbekannten<br />

klassischen Methode Flockung, Sedimentation, Filtration und Desinfektion<br />

(Bild 5.1 bis 5.6).


42<br />

Bild 5.1: Rohwasserentnahmestelle auf Schiffen im ältesten Wasserwerk der Stadt<br />

Wuhan<br />

Bild 5.2: Einlaufbauwerk mit Flockungsmitteldosierung im Wasserwerk Nr. 1 der<br />

Stadt Kunming


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 43<br />

Bild 5.3: Fließstrecke zur Flockenausbildung im ältesten Wasserwerk der Stadt<br />

Wuhan<br />

Bild 5.4: Sedimentationsbecken in Beijing, WW Nr. 9


44<br />

Bild 5.5: offene Schnellfilter im Wasserwerk Xian-Süd<br />

Bild 5.6: Chlormessung im neuen Wasserwerk der Stadt Wuhan mit Geräten der<br />

Firma Wallace & Tiernan


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 45<br />

An mehreren Stellen der Aufbereitung wird sehr viel Chlor und oft auch Ammonium<br />

zudosiert. Die mittlere Chlordosierung liegt in der Regel über 10 mg/L. Neben den<br />

klassischen Aufbereitungsanlagen gibt es im Rahmen von Forschungsvorhaben und<br />

Auslandshilfen errichtete Wasserwerke, die über den neuesten Stand der Technik<br />

verfügen. Eingesetzt werden hierbei: Flotation, Ozonung, die Adsorption an Aktivkohle<br />

und Membrantechnologien. Trotzdem wird z.B. in Kunming derzeit ein neues großes<br />

Wasserwerk geplant, das lediglich die klassische Aufbereitungstechnologie beinhaltet.<br />

Die gleiche Stadt betreibt bereits zur vollsten Zufriedenheit ein Wasserwerk<br />

mit Flotation, Ozonung und Aktivkohle. Warum diese Technik im neuen Wasserwerk<br />

nicht mehr eingesetzt wird, wurde mit reinen Kostengründen erklärt, wobei auch auf<br />

die Verschlechterung der Wasserqualität bei der Verteilung hingewiesen wurde.<br />

Als Flockungsmittel werden in China Eisen(III)- oder Aluminiumsalze eingesetzt, wobei<br />

auch die Aluminiumlösungen im Wasserwerk hergestellt werden. Zur Schnellfiltration<br />

kommen meist Einschichtfilter mit einer Schütthöhe von ca. 1 m zum Einsatz.<br />

In keinem der besuchten Wasserwerke wurde Erstfiltrat abgeschlagen. Die Desinfektion<br />

erfolgte in den besichtigten Anlagen meist mit Chlorgas. Schlammbehandlungen<br />

sind praktisch nicht vorhanden. Die Rückspülung erfolgt in der Regel direkt in den<br />

Vorfluter, obwohl unterhalb weitere Wasserwerke liegen. In Xian-Süd ist jedoch bereits<br />

eine Schlammbehandlung im Bau und viele solcher Anlagen befinden sich in<br />

der Vorplanung. Hier ist ein weiteres Betätigungsfeld für Planer und Anlagenbauer.<br />

Eine Kurzbeschreibung der aufgesuchten Wasserwerke ist in Anlage 3 enthalten.<br />

Eine Beschreibung zugehörigen Fotodokumentation vermittelt Anlage 4.<br />

6 Verteilung<br />

Das Alter der Netze beträgt in den Kerngebieten der großen Städte, in denen 16%<br />

der Einwohner leben, bis zu 100 Jahre und ist oftmals trotz des schnellen Wachstums<br />

in manchen Gebieten veraltet und sanierungsbedürftig. In den Gemeinden und<br />

Dörfern des ländlichen Raumes, die von 84% der Bevölkerung bewohnt werden haben<br />

die Leitungen ein Alter von 15 Jahren und jünger. Für die Rohrnetze werden folgende<br />

Materialien angewendet: Grauguss, Duktilguss, Beton und Stahl für alte Netze<br />

sowie Duktilguss, Stahl, PVC, PE in den neuen Netzen. Hausanschlussleitungen<br />

sind in den Großstädten aus verzinktem Stahlrohr, in jüngster Zeit auch aus PE.<br />

Meist werden die Rohrleitungen in China hergestellt (Bild 6.1).<br />

Der geforderte Mindestdruck beträgt 16 mWS. Der Einspeisedruck liegt in der Regel<br />

bei 35 bis 45 mWS. Auf Grund der erheblichen Druckschwankungen, die aus verschiedenen<br />

Entnahmemengen resultieren, können Hauswasserspeicher, die in den<br />

Dächern angeordnet sind, oft nur in den Nachtstunden gefüllt werden.


46<br />

Bild 6.1: Transportleitungen: Stahl, zementmörtelausgekleidet, in China hergestellt<br />

Absperrarmaturen sind in den Netzen der innerstädtischen Wasserversorgungen oft<br />

nur in geringer Anzahl vorhanden. Dies führt zu Problemen im Betrieb, da bei Reparaturen<br />

großen Bereiche abgesperrt werden müssen.<br />

Wasserverbrauchszähler sind im ländlichen Raum kaum vorhanden. In den Kerngebieten<br />

der Städte verfügt in der Regel jeder Verbraucher über einen eigenen Wasserzähler.<br />

Die Wasserverluste liegen zwischen 15 und 20 % [4] bzw. 10% und 30% [1]. Diese<br />

Zahlen werden, wie persönliche Diskussionen zeigten, als zu optimistisch bewertet.<br />

Nach Literaturangaben [1] liegt die Schadenshäufigkeit im Rohrnetz bei:<br />

- Versorgungsleitungen: 2 bis 4 mal höher als in Deutschland (≈ 30/100 km)<br />

- Hausanschlüsse: 4 bis 6 mal höher als in Deutschland (≈ 25/1000 HA)<br />

- Armaturen: 6 bis 8 mal höher als in Deutschland (≈ 80/1000 Armaturen)<br />

Beide chinesischen Trinkwasserverordnungen schreiben vor, dass ein Restchlorgehalt<br />

von wenigstens 0,3 mg/L nach 30 Minuten bzw. wenigstens 0,05 mg/L am<br />

Ende des Rohrnetzes einzuhalten ist.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 47<br />

Bei Einspeisung des Trinkwassers in das Verteilungsnetz entspricht die Qualität in<br />

der Regel den Anforderungen der chinesischen Standards. Durch Undichtigkeiten,<br />

Leckagen und Totzonen bzw. Wiederverkeimung tritt in der Regel eine Verschlechterung<br />

der Trinkwasserbeschaffenheit ein.<br />

Hygienisch bedenklich sind auch die Hauswasserspeicher. In den Großstädten, insbesondere<br />

in der Provinz Guang Dong, aber auch in Beijing und Shanghai wird daher<br />

in verschiedenen Gebäuden, wie beispielsweise Hotels mit internationalem<br />

Standard, das Wasser in Hauswasseraufbereitungsanlagen behandelt. Dabei kommen<br />

modernste Verfahren wie beispielsweise die Membranfiltration zum Einsatz.<br />

7 Kosten<br />

Einige große Wasserwerke haben bereits erreicht, dass sich ihr Betrieb durch Einnahmen<br />

selbst trägt. Der gesamte ländliche Raum ist auf Zuwendungen vom Staat<br />

angewiesen. Die Wasserversorger haben in der Regel keine Transparenz in ihrer<br />

Aufbau- und Ablauforganisation. Eine Instandhaltungsplanung existiert nicht oder ist<br />

nicht in die Neubauplanung integriert. Die Bestandspläne sind oft unvollständig.<br />

Die Belegschaft ist mindestens doppelt so hoch wie in Wasserversorgungsunternehmen<br />

vergleichbarer Größe in Europa.<br />

Wasserzähler werden monatlich abgelesen, wobei in einigen Städten auch die Möglichkeit<br />

besteht, dass dies durch die Verbraucher erledigt wird. Die entsprechenden<br />

Beträge werden auch regelmäßig gezahlt. Auf Grund der hohen Personalkosten<br />

durch monatliche Ablesungen soll eine jährliche Ablesung mit Abschlagszahlung erfolgen.<br />

Die Wasserpreise pro m³ liegen zwischen 0,1 Yuan (0,012 Euro) im ländlichen Raum<br />

und 2 Yuan (0,25 Euro) in großen Städten. Wasserwerke sowie private Unternehmen<br />

verkaufen an die Bevölkerung Trinkwasser in Vorratsbehältern. Dabei handelt<br />

es sich beispielsweise um Plastikbehälter mit 18,9 L Inhalt, wobei die Preise regional<br />

unterschiedlich sind (Bild 7.1).<br />

In Beijing kosten diese Behälter etwa 10 – 12 Yuan. Dies entspricht einem Trinkwasserpreis<br />

von 580 Yuan/m³. Über die öffentliche Trinkwasserversorgung zahlt der<br />

Verbraucher in Beijing einen Preis von 1,56 Yuan/m³ [1]. Das Trinkwasser aus Behältern<br />

ist somit in Beijing etwa um 37.000 % teurer als Leitungswasser. Zum Vergleich<br />

beträgt das Gehalt eines qualifizierten Arbeiters in einem Wasserwerk in Beijing<br />

etwa 2.000 Yuan (250 Euro) monatlich.


48<br />

Bild 7.1: Verkauf von Trinkwasser in Behältern im Wasserwerk Wuhan<br />

8 Zusammenfassung und Folgerungen<br />

China ist mit 1,25 Mrd. Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde. Ungeachtet<br />

der großen flächenhaften Ausdehnung des Landes ist immer zu beachten,<br />

dass die besiedelten Gebiete, ausgenommen Berg-, Steppen- und Wüstenregionen<br />

im Westen bzw. Nordwesten, eine sehr hohe Bevölkerungsdichte aufweisen. Dies<br />

gilt sowohl für den städtischen als auch für den ländlichen Raum. Damit werden an<br />

Ver- und Entsorgung ganz besondere Anforderungen gestellt.<br />

Die hohe Bevölkerungsanzahl sowie die geographische Ausdehnung des Landes<br />

erschweren es zusätzlich, für dieses unterschiedlich strukturierte Land verallgemeinerbare<br />

Aussagen zusammenzustellen. Auf Basis der Datenerhebungen in China sowie<br />

in Gesprächen mit einschlägigen Experten aus China und Deutschland soll dennoch<br />

der Versuch unternommen werden, allgemeingültige Aussagen in Bezug auf<br />

die Zielstellung des Forschungsvorhabens abzuleiten.<br />

Bei der Rohwasserbeschaffenheit liegen in Bezug auf anorganische Parameter lokal<br />

erhöhte Gehalte an Eisen, Mangan Arsen und Fluorid vor. Gerade in Hinblick auf<br />

eine Verringerung des Fluoridgehaltes würden verbesserte Aufbereitungstechniken<br />

begrüßt. Landesweit ist von einer fortschreitenden Gewässereutrophierung (Algentoxine)<br />

die Rede, so dass die Trinkwassergewinnung aus Binnenseen und Talsperren<br />

schwieriger wird. Neben Verbesserungen der entsprechenden Aufbereitungstechnologien<br />

gilt es, entsprechende Vermeidungsstrategien zu entwickeln. Die Fließgewässer<br />

weisen in der Regel und insbesondere während der häufigen Hochwasser-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - China 49<br />

ereignisse sowie in der Regenzeit hohe Trübstoffgehalte auf. Der optimierten Trübstoffentfernung<br />

kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Geruchs- und Geschmacksprobleme<br />

sind weit verbreitet und werden durch die intensive Chlorung oft<br />

noch verstärkt. Landesweit stehen mikrobiologische Probleme und deren Beherrschung<br />

im Mittelpunkt des Interesses. Hohe Chlorzugaben und relativ hohe Chlormengen<br />

im Netz sollen die entsprechende Sicherheit geben.<br />

Organische Spurenstoffe spielen bei der Rohwasserqualität noch eine geringe Rolle.<br />

Am bedeutendsten sind wohl die regionalen Belastungen mit Pestiziden im Oberflächenwasser<br />

aber auch im Grundwasser. Wenig wird berichtet über eher „zivilisatorische<br />

Spurenstoffe“, d.h. über Rohwasserbelastungen durch Komplexbildner,<br />

Röntgenkontrastmittel, Kosmetika usw., was auf Grund der Gesellschaftsstruktur,<br />

des Lebensstandards und der Produktionsmengen wohl auch so sein muss. Von<br />

Bedeutung für die Wasseraufbereitung sind die oft sehr hohen Konzentrationen an<br />

natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen. Sie führen zu hohen Zehrungen bei<br />

der Desinfektion sowie auch zur Bildung von Oxidations- und Desinfektionsnebenprodukten.<br />

Der THM-Bildung kommt hierbei die größte Bedeutung zu, da selbst die<br />

in China im Vergleich zu Europa hohen THM-Grenzwerte nur aufgrund der Zugabe<br />

von Ammonium (Chloraminbildung) eingehalten werden.<br />

Zur Beurteilung der Trinkwasserqualität in China müssen neben den physikalischchemischen<br />

insbesondere die mikrobiologischen Aspekte beachtet werden. Nach<br />

wie vor kann auf die sensorischen Messgrößen wie Geruch, Geschmack und Färbung<br />

nicht verzichtet werden.<br />

In China besteht sicherlich Bedarf an deutscher Technologie. Darunter wird allerdings<br />

weniger der gesamte Bau von Wasseraufbereitungsanlagen verstanden, sondern<br />

viel mehr einzelne Bereiche, die den Einsatz hochwertiger Teile erfordern. Dies<br />

gilt beispielsweise für Absperr- und Regelarmaturen, Ausrüstungen, Dosieranlagen,<br />

Überwachungsgeräte usw. Selbstverständlich ist das Wissen und die Ingenieurerfahrung<br />

für die Gesamtplanung gefragt und gefordert. Auch für sehr moderne Aufbereitungstechnologien<br />

besteht hoher Bedarf, wobei letztere wohl eher zur Nachbehandlung<br />

(point of use) und zur dezentraleren Versorgung in Frage kommen. Für Großanlagen<br />

wird man wohl auch noch in naher Zukunft aus Kostengründen auf die klassische<br />

Aufbereitung zurückgreifen. In Mangel- und Sondergebieten (Tourismus, Ballungszentren<br />

usw.) wird man allerdings auch bei der zentralen Versorgung auf neueste<br />

Technologien nicht verzichten können.<br />

Betont und hervorgehoben wird allerorts der Wunsch nach Dialog, Aus- und Weiterbildung.<br />

In der Qualifikation und Schulung der Mitarbeiter wird ein hoher Nachholbedarf<br />

gesehen. Überall besteht der Wunsch nach Personalschulung, um auch den<br />

Betrieb und die Wartung zu verbessern. Jede, auch die rein technische Lieferung,<br />

muss in Zusammenhang mit Mitarbeiterschulungen stehen, wobei die Mitarbeiter<br />

bereits eine gute Grundausbildung haben. Kooperation, Erfahrungsaustausch und<br />

Information stehen ganz oben auf der Wunschliste.


50<br />

9 Literatur und Links<br />

[1] Ritter, K.; Guo, Q.: Wasserversorgung in China. Kurzbericht EITEP GmbH<br />

Hannover, Januar 2003. Als Anlage 5 beigefügt.<br />

[2] Jiuru, L. et al.: Drinking Water Atlas of China. Sponsored by Committee of<br />

Patriotic Health Campaign of China. Compiled by Cooperation Group of the<br />

Nationwide Survey on Drinking Water Quality and Water Borne Diseases, Institute<br />

of Geography, Chinese Academy of Sciences and State Planning<br />

Commission. China Cartographic Publishing House Beijing, 1990<br />

[3] <br />

[4] Zhang, K.; Wen, Z.; Xhang, X.: China‘s water environment at the beginning of<br />

the 21 st century: challenges and countermeasures. Wat. Sci. Technol.<br />

46(2002)11-12, 245-251<br />

10 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (Metalle, physikalisch-chemische<br />

Parameter)<br />

- Anlage 2: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (TOC)<br />

- Anlage 3: Kurzbeschreibungen der besuchten Wasserwerke (Steckbriefe)<br />

- Anlage 4: Kurzbeschreibung der Fotodokumentation<br />

- Anlage 5: Bericht über die Wasserversorgung in China. Kurzbericht EITEP GmbH<br />

(enthält chinesische Verordnungen)<br />

- Bilder zu den Wasserwerken


Indonesien


52<br />

1 Einleitung<br />

Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse einer Datenerhebung zur Trinkwasserversorgung<br />

in Indonesien zusammen, die in der Zeit zwischen dem 12. und<br />

30.11.2002 durchgeführt wurde. Es erfolgten Besuche bei neun Wasserversorgungsunternehmen<br />

in zwei Provinzen der Hauptinsel Java sowie in zwei Provinzen<br />

Sumatras (Bild 1.1), wobei die Aufbereitungstechnik in verschiedenen Werken besichtigt<br />

und wesentliche Daten anhand von Gesprächen mit verantwortlichen Technikern<br />

erhoben wurden.<br />

Bild 1.1:<br />

Lage der aufgesuchten Wasserversorgungsunternehmen<br />

Tabelle 1.1: Allgemeine Daten zu den besichtigten Wasserwerken<br />

Wasserversorger Wasserwerk<br />

Rohwasser Aufbereitungsmenge,<br />

m³/d<br />

vorkommen<br />

Bogor - Stadt Dekeng Fluss 45.000<br />

Bogor - Stadt Cipaku Fluss 15.000<br />

Bogor - District Legong Fluss 35.000<br />

Tangerang Cikokol Fluss 90.000<br />

Yogyakarta Bedong Tiefbrunnen 15.000<br />

Sleman Nogotirto Tiefbrunnen 1.500<br />

Sleman Mlapi Tiefbrunnen 1.500<br />

Sleman Ngipiksari Quelle 15.000<br />

Bantul Nr. 7 Tiefbrunnen 1.500<br />

Padang Pangilun Fluss 40.000<br />

Bukittinggi „Neu“ Fluss 3.500<br />

Bukittinggi „große Quelle“ Quelle 4.000<br />

Pekanbaru Tampan Fluss 35.000


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 53<br />

Diskussionen mit leitenden Mitarbeitern des indonesischen Wasserwerksverbandes<br />

PERPAMSI, der GTZ Indonesien und der Deutsch-Indonesischen Industrie- und<br />

Handelskammer in Jakarta erbrachten zusätzliche Informationen.<br />

Eine Übersicht über die Anlagengröße und die Rohwasserressource der aufgesuchten<br />

Wasserwerke gibt Tabelle 1.1.<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

Im Jahre 2002 wurde in Indonesien eine neue Trinkwasserverordnung verabschiedet,<br />

die Grenzwerte für zahlreiche physikalisch-chemische und organo-chemische<br />

Parameter enthält. Zentrale Forderung ist, dass das verteilte Wasser frei von den<br />

Fäkalindikatoren E. coli und coliformen Bakterien sein muss. Dies soll durch einen<br />

Mindestgehalt an freiem Chlor von 0,2 mg/L im gesamten Netz sichergestellt werden.<br />

Wie aus einem Vergleich der chemisch-physikalischen Qualtätsparameter nach der<br />

indonesischen sowie der deutschen Trinkwasserverordnung in Tabelle 2.1 hervorgeht,<br />

sind mit Ausnahme von Ammonium, Nitrit und der Trübung in Indonesien ähnliche<br />

Werte festgelegt wie in Deutschland.<br />

Tabelle 2.1: Ausgewählte chemisch-physikalische Parameter der indonesischen und<br />

deutschen Trinkwasserverordnungen<br />

Parameter Indonesien Deutschland<br />

Arsen mg/L 0,01 0,01<br />

Fluorid mg/L 1,5 1,5<br />

Cyanid mg/L 0,07 0,05<br />

Ammonium mg/L 1,5 0,5<br />

Chlorid mg/L 250 250<br />

Nitrat mg/L 50 50<br />

Nitrit mg/L 3 0,5<br />

Aluminium mg/L 0,2 0,2<br />

Eisen mg/L 0,3 0,2<br />

Mangan mg/L 0,1 0,05<br />

Natrium mg/L 200 200<br />

pH - Wert - 6,5 – 8,5 6,5 – 9,5<br />

Trübung NTU 5,0 1,0<br />

Deutliche Unterschiede liegen jedoch bezüglich der organo-chemischen Parameter<br />

vor, da in Indonesien mit Ausnahme von Aldrin bzw. Dieldrin wesentlich höhere Werte<br />

für anthropogene Mikroverunreinigungen, z. T. im mg/L-Bereich, zugelassen sind<br />

als in Deutschland. Zu beachten ist weiterhin, dass die indonesische Trinkwasserverordnung<br />

für einige Substanzen Grenzwerte enthält, für die es in Deutschland keine<br />

gesetzlichen Regelungen gibt (z. B. Chlorbenzole, EDTA, Phtalate).


54<br />

In Indonesien existiert zwar eine umfassende Trinkwasserverordnung; die praktische<br />

Umsetzung der Qualitätsüberwachung ist jedoch nicht mit der Situation in Deutschland<br />

zu vergleichen. In den meisten Werken werden die gesetzlichen Vorgaben nicht<br />

eingehalten. Eine Überwachung auf spezielle Mikroverunreinigungen ist aufgrund<br />

fehlender Laborkapazitäten bzw. Analysengeräte kaum möglich. In einigen Werken<br />

wurde angegeben, dass bei 30 bis 70 % der mikrobiologisch untersuchten Netzproben<br />

coliforme Bakterien und z. T. auch E. coli im Trinkwasser enthalten sind. Auch<br />

Über- bzw. Unterschreitungen der Vorgaben in Hinblick auf die Trübung oder den<br />

pH-Wert sind üblich. Analysenergebnisse bezüglich anthropogener Mikroverunreinigungen<br />

lagen in keinem der besuchten Werke vor.<br />

Aufgrund der noch nicht vollständig umgesetzten Dezentralisierungsgesetze (vgl.<br />

Kapitel 3.2) besteht in vielen Fällen noch keine Klarheit, welche Behörden und Institutionen<br />

für die Überwachung der Trinkwasserbeschaffenheit zuständig sind.<br />

3 Allgemeine Angaben<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Bei etwa 65 % des abgegebenen Trinkwassers handelt es sich um aufbereitetes<br />

Oberflächenwasser, zumeist aus Flüssen und Seen, zu einem geringeren Anteil<br />

auch aus Quellen. Die restlichen 35 % an Trinkwasser stammen aus Grundwasservorkommen,<br />

wobei es sich dabei meist um kleinere Gewinnungsanlagen handelt.<br />

Während das Quellwasser in vielen Fällen eine gute Beschaffenheit aufweist muss<br />

insbesondere in den dichter besiedelten Regionen, z. B. in Java, auf Flusswasser mit<br />

einer schlechten Beschaffenheit zurückgegriffen werden. Grundwasser stammt zum<br />

Zeil aus relativ flachen Brunnen. Insbesondere im Bereich von Siedlungsgebieten<br />

muss deshalb mit Belastungen des darin gewonnenen Wassers gerechnet werden.<br />

Eine geregelte Abfall- und Abwasserentsorgung existiert sowohl im kommunalen als<br />

auch im industriellen Bereich praktisch nicht. Dementsprechend sind die Flüsse zum<br />

Teil hoch verschmutzt. In einigen der im Rahmen des Vorhabens aufgesuchten<br />

Flusswasserwerke lagen im Bereich der Rohwasserentnahmestelle bzw. der Grobrechenanlage<br />

größere Mengen an abgetrenntem Hausmüll vor. Zudem war geruchlich<br />

eine hoher Abwasseranteil wahrnehmbar. Diese Situation soll Bild 3.1 verdeutlichen.<br />

Weitere Rohwasserprobleme resultieren regional aus der starken Abholzung und<br />

intensiver landwirtschaftlicher Tätigkeit.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 55<br />

Bild 3.1: Nebenfluss in Yogyakarta, Java<br />

3.2 Klima und Geographie<br />

Der Inselstaat Indonesien erstreckt sich auf einer Länge von 5.000 km zwischen Asien<br />

und Australien und ist etwa so groß wie Europa. Sein gesamtes Territorium umfasst<br />

ca. 14.000 Inseln, von denen etwa 6000 bewohnt sind. Es gibt viele tätige Vulkane,<br />

und Erdbeben sind häufig. Etwa 60 % der rund 210 Mio. Einwohner Indone-


56<br />

sions leben auf Java, der fünftgrößten Insel des Archipels, die damit zu den am dichtesten<br />

besiedelten Regionen der Erde zählt.<br />

Das Klima Indonesiens wird von der Äquatornähe bestimmt. Auf Sumatra, Kalimantan,<br />

Sulawesi, den nördlichen Molukken und Irian Jaya (Neu Guinea), sowie im westlichen<br />

Drittel Javas herrscht tropisches, immer-feuchtes Klima. Die zu allen Jahreszeiten<br />

fallenden Niederschläge erreichen Werte von 3.000-4.000 mm/a, im Gebirge<br />

z. T. über 5.000 mm/a.<br />

Das östliche Java und die Sundainseln sowie das Gebiet bis zu den Aruinseln haben<br />

tropisch-monsunales Klima mit einer feuchtschwülen Regenzeit (Dezember – März),<br />

einer Nachmonsunzeit und einer heißen Trockenzeit (vorwiegend im Aug./Sept.). Die<br />

Niederschläge betragen 2.000-3.000 mm pro Jahr mit größeren Unterschieden für<br />

Luv- und Leeseite.<br />

Bei einer mittleren täglichen Sonnenscheindauer von 7-9 Stunden liegt die Jahresmitteltemperatur<br />

an der Küste bei 27 °C, nimmt jedoch in den Gebirgen mit zunehmender<br />

Höhe rasch ab. Die relative Luftfeuchtigkeit beträgt im Mittel 80-90 %.<br />

3.3 Struktur der Wasserversorgung<br />

Mit Verabschiedung der Dezentralisierungsgesetze zu Beginn des Jahres 2001 und<br />

der damit verbundenen Neustrukturierung der Zuständigkeiten auf Distrikt- Provinzund<br />

nationaler Ebene sowie zusätzlich beeinflusst durch die anhaltende Wirtschaftskrise<br />

wurde auch der Bereich der Trinkwasserversorgung grundlegend verändert.<br />

Seit 2001 sind die Lokalregierungen für die Trinkwasserversorgung verantwortlich<br />

und Eigentümer der ca. 280 Wasserversorgungsunternehmen (PDAM). Bei über<br />

60 % dieser PDAM‘ s handelt es sich um relativ kleine Unternehmen mit weniger als<br />

10.000 Hausanschlüssen. Lediglich 5 % der Unternehmen sind mit mehr als 50.000<br />

Hausanschlüssen als relativ groß einzustufen. Der Anschlussgrad an die öffentliche<br />

Wasserversorgung ist gering und beträgt selbst in den größeren Städten selten über<br />

35 %.<br />

Die Wasserversorgungsunternehmen werden in der Regel nicht unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten geführt. Nicht kostendeckende Tarife, unterbliebene Investitionen<br />

insbesondere in Ausbau und Unterhalt des Leitungsnetzes, internes Missmanagement,<br />

zu große Mitarbeiterzahlen, hohe Kreditrückzahlungen sowie überzogene<br />

Beiträge aus den unzureichenden Einnahmen der PDAM‘s zum Distriktbudget führen<br />

bei vielen der Unternehmen praktisch zum Bankrott. Durch derzeit noch unklare Definition<br />

bzw. Interpretation der Distriktzuständigkeiten kommt es zudem zu ineffizienten<br />

Lösungen z. B. bei der Neuerschließung von Rohwasserressourcen.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 57<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Nach Umfrageergebnissen von PERPAMSI beträgt die gesamte Produktionskapazität<br />

für Trinkwasser in Indonesien ca. 80 m³/sec entsprechend 6,9 Mio m³ pro Tag.<br />

Die Wasserverluste liegen bei etwa 65 % der PDAM‘s bei über 30 %. 15 % der Unternehmen<br />

beziffern die Wasserverluste sogar auf über 50 %. Der Tagesverbrauch<br />

der angeschlossenen Abnehmer wurde mit 100 L/EW d im Mittel angegeben.<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

In Tabelle 4.1 sind ausgewählte Untersuchungsergebnisse tabellarisch zusammengestellt.<br />

Dabei handelt es sich um Trinkwasserproben, die im Rahmen der Datenerhebung<br />

in verschiedenen indonesischen Wasserwerken entnommenen und nach<br />

Deutschland transportiert sowie analysiert wurden. Eine vollständige Auflistung aller<br />

analytischen Befunden ist in den Anlagen 1 bis 4 enthalten.<br />

Aus Tab. 4.1 bzw. den Anlagen 1 - 4 ist zu erkennen, dass die überwiegend genutzten<br />

Flusswässer mit Härten von maximal ca. 0,5 mmol/L (ca. 3° dH) sehr weich sind.<br />

Auch die Grundwässer waren mit Härten von maximal ca. 2 mmol/L (ca. 12° dH) lediglich<br />

mittelhart. Auffallend ist ein zum Teil erhöhter Natriumgehalt sowie die in vielen<br />

Wässern relativ hohen Konzentrationen an Silizium. In einem Fall wurde mit<br />

0,04 mg/L ein deutlich erhöhter Arsenwert festgestellt.<br />

Tabelle 4.1: Zusammenstellung ausgewählter Analysenergebnisse<br />

PDAM Flores Pekanbaru Bogor Sleman Bantul<br />

Rohwasser (Brunnen) Fluss Fluss Quelle Grundwasser<br />

Calcium mg/L 47,8 19,7 10,0 19,3 38,1<br />

Magnesium mg/L 22,9 0,7 3,3 5,5 12,9<br />

Natrium mg/L 157 1,7 6,3 14,4 30,9<br />

Kalium mg/L 11,4 2,1 2,0 3,6 12,3<br />

Eisen mg/L < 0,01 0,14 < 0,01 0,01 1,08<br />

Mangan mg/L < 0,01 0,02 < 0,01 0,01 0,35<br />

Aluminium mg/L < 0,01 2,85 < 0,01 0,01 < 0,01<br />

Silizium mg/L 44,0 2,1 33,5 43,0 51,3<br />

Arsen mg/L 0,041 < 0,001 0,001 0,003 0,001<br />

TOC mg/L 0,70 11,0 3,2 1,1 2,7<br />

Summe THM µg/L < 1 94,1 9,5 - < 1<br />

Tetrachlorethen µg/L < 1 0,9 0,1 - 1,3<br />

Chlor-Insektizide µg/L < 0,01 < 0,01 < 0,01 - < 0,01<br />

PCB µg/L < 0,01 < 0,01 < 0,01 - < 0,01


58<br />

Mit Ausnahme des Flusswasserwerkes in Pekanbaru, das ein Trinkwasser mit einem<br />

relativ hohen TOC-Gehalt abgibt, waren die Konzentrationen an natürlichen organischen<br />

Wasserinhaltsstoffen in den untersuchten Wässern gering bis leicht erhöht.<br />

Lediglich in dem erwähnten Werk mit hohem TOC-Gehalt im Trinkwasser lagen erhöhte<br />

Konzentrationen an den Desinfektionsnebenprodukten Trihalogenmethanen<br />

vor. In fast allen Wässern waren Spuren an Tetrachlorethen nachweisbar. Dagegen<br />

wurden in keinem Fall chlorierte Insektizide oder PCB nachgewiesen.<br />

Nach den in verschiedenen Werken gesichteten Analysedaten zur Eigenüberwachung<br />

sind die pH-Werte der Flussrohwässer meist relativ niedrig, wobei aufgrund<br />

der geringen Pufferung durch die Zugabe saurer Flockungsmittel im Aufbereitungsprozess<br />

zum Teil eine Absenkung des pH-Wertes. Der geforderte Mindest-pH-Wert<br />

von 6,5 wird somit nicht in allen Trinkwässern eingehalten. Weitere Problemfelder<br />

stellen erhöhte Trübungen und Färbungen sowie massive bakteriologische Belastungen<br />

der Flusswässer dar. In der Regel liegen 5-stellige Werte für coliforme Bakterien<br />

und E. coli in derartigen Rohwässern vor. In einem Fall wurde von der Einleitung<br />

industrieller Abwässer oberstromig der Fassungsanlage berichtet, wodurch in einem<br />

Flussabschnitt sowohl pH-Werte unter 4 als auch erhöhte Schwermetallgehalte sowie<br />

insbesondere sehr hohe Werte für den chemischen Sauerstoffbedarf von über<br />

100 mg/L resultieren.<br />

5 Aufbereitung<br />

Detaillierte Angaben zur Aufbereitungstechnik in den besuchten Werken gehen aus<br />

den Kurzbeschreibungen in Anlage 5 hervor. Prinzipiell werden in Abhängigkeit von<br />

der Rohwasserherkunft verschiedene Aufbereitungsschritte eingesetzt. Während<br />

Quellwasser häufig nur einer Desinfektion mit Chlor unterzogen wird, erfolgt bei den<br />

Grund- sowie Flusswässern eine weitergehende Aufbereitung entsprechend den Angaben<br />

in Tabelle 5.1.<br />

Tabelle 5.1: Aufbereitungsverfahren in Abhängigkeit von der Rohwasserherkunft<br />

Rohwasserherkunft<br />

Quelle Tiefbrunnen Fluss<br />

- Belüftung -<br />

- - Flockung/Fällung<br />

- Sedimentation Sedimentation<br />

- Filtration Filtration<br />

Chlorung Chlorung Chlorung


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 59<br />

5.1 Quellwasser<br />

In den besichtigten Anlagen zur Quellwassergewinnung erfolgt lediglich eine Tropfchlorung<br />

in das in der Regel trübstoffarme Rohwasser, wobei von häufigen Ausfällen<br />

der Dosierung berichtet wurde.<br />

5.2 Grundwasser<br />

In den vier besuchten Grundwasserwerken war eine weitestgehend baugleiche Aufbereitungstechnik,<br />

bestehend aus Belüftung, Sedimentation, Filtration und Chlorung<br />

vorhanden.<br />

Bild 5.1 zeigt beispielhaft das Wasserwerk Nogotirto in der Nähe von Yogyakarta auf<br />

Java, das einen Durchsatz von 70 m³/h hat. Die beiden links im Hintergrund erkennbaren<br />

„Belüftungstürme“ sind vollständig mit Wasser gefüllt, so dass darin kein Sauerstoffeintrag<br />

stattfinden kann.<br />

Bild 5.1: Ansicht des Grundwasserwerkes Nogotirto, Sleman - Java


60<br />

Da die gesamte Anlage im freien Gefälle durchströmt wird, müssten die Belüftungstürme<br />

mindestens 1 bis 2 m angehoben werden, um durch eine Verrieselung die erforderliche<br />

Belüftung des Wassers sicherstellen zu können. Die Aufenthaltszeit des<br />

Wassers im nachgeschalteten Sedimentationsbecken (in Bild 5.1 hinter den drei Filterbecken<br />

erkennbar) beträgt ca. 20 Minuten. Dieses Becken hat keine Funktion, da<br />

es darin nicht zu einer Feststoffabtrennung kommt. Die nachgeschalteten drei offenen<br />

Filterbecken, die in Rechteckbauweise aus Stahl geschweißt sind, enthalten eine<br />

ca. 0,4 m hohe Kiesschicht (Korngröße 5 – 10 mm) und darüber eine etwa 1 m<br />

hohe Schicht aus Quarzsand der Körnung 0,4 bis 0,6 mm. Die Freibordhöhe beträgt<br />

etwa 0,8 m und die Filtergeschwindigkeit ist mit rund 3 m/h vergleichsweise niedrig.<br />

Trotz relativ niedriger Eisengehalte im Rohwasser (ca. 1-2 mg/L) müssen die Filter in<br />

allen vier besuchten Grundwasserwerken in Abständen von ein bis zwei Tagen gespült<br />

werden. Dies liegt darin begründet, dass bei einer Spülung keine ausreichende<br />

Reinigung des Filtermaterials gelingt. Die Spülw assergeschw indigkeit ist mit ca. 10<br />

m/h zu gering. Außerdem müssen die Filterspülungen aufgrund des begrenzten<br />

Speichervolumens der Rein- bzw. Spülwasserbecken vorzeitig abgebrochen werden.<br />

In den Filtern liegen somit umfangreiche Verbackungen und Ablagerungen vor, wie<br />

dies in Bild 5.2 dokumentiert ist.<br />

Bild 5.2: Enteisenungsfilter im Grundwasserwerk Nr. 7, Bantul


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 61<br />

Abschließend wird dem derart behandelten Grundwasser ca. 0,5 mg/L Chlor in Form<br />

einer Calciumhypochloritlösung zudosiert. Dies erfolgt im freien Gefälle aus einem<br />

Vorlagebehälter, der auf Bild 5.1 im Vordergrund zu erkennen ist.<br />

Es wurde auch eine Gewinnungsanlage besichtigt, in der durch Infiltration von<br />

druckbelüftetem Wasser eine Untergrundenteisenung erfolgen soll. Die verantwortlichen<br />

Mitarbeiter des Versorgungsunternehmens äußerten sich unzufrieden über diese<br />

Verfahrenstechnik, da häufig betriebliche Probleme sowie Beanstandungen über<br />

die Reinwasserbeschaffenheit resultieren. Möglicherweise ist dies darauf zurückzuführen,<br />

dass die Anlagen nicht sachgemäß betrieben werden. Die Mitarbeiter konnten<br />

keine Angaben zum Infiltrationsregime oder dem vermutlich zu geringen Sauerstoffgehalt<br />

des infiltrierten Wassers machen.<br />

5.3 Flusswasser<br />

Die Flusswasseraufbereitung erfolgt in der Regel mittels der Verfahrenskombination<br />

Flockung/Fällung – Sedimentation – Filtration – Chlorung. In Einzelfällen wird durch<br />

Alkaliendosierung auch der pH-Wert angehoben. Darüber hinaus sind zusätzliche<br />

Chlorzugaben, zu Beginn der Aufbereitung oder vor der Schnellfiltration, üblich, um<br />

unter anderem die Algenentwicklung in nicht überdachten Anlagenteilen zu minimieren.<br />

Die in den einzelnen Werken vorhandene und prinzipiell ähnliche Verfahrenstechnik<br />

wird nachfolgend am Beispiel des Flusswasserwerks Legong erläutert.<br />

Dem mittels einer Pumpanlage (Bild oben links) entnommenen Flusswasser wird im<br />

turbulenten Bereich einer Engstelle im Zulaufkanal zur Aufbereitungsanlage Polyaluminiumchlorid<br />

zugegeben (Bild oben rechts). Die Zugabemengen betragen 20 bis<br />

100 mg Al/L. Anschließend strömt das Wasser mäanderförmig durch einen hydraulischen<br />

Flocker, in dem bei abnehmendem Energieeintrag die Flockenbildung stattfindet<br />

(Bild Mitte links).<br />

Die Aufenthaltszeit des Wassers im Flocker beträgt ca. 20 Minuten. Abgetrennt werden<br />

die Flocken in einem Schrägplattenklärer bei einer Flächenbelastung von ca.<br />

5 m/h (Bild Mitte rechts). Mittels Filtration über einen Zweischichtfilter mit einer 0,3 m<br />

hohen Quarzsandschicht (Körnung 0,5 – 1,2 mm) und einer ebenfalls 0,3 m hohen<br />

Anthrazitschicht (Körnung 1,4 – 2,5 mm) erfolgt die Feinreinigung (Bild unten links).<br />

Die Filter werden mit einer Filtergeschwindigkeit von 8 bis 10 m/h betrieben und im<br />

Abstand von ein bis zwei Tagen mit Luft und Wasser gespült.<br />

Durch abschließende Zugabe von ca. 1,5 mg/L Chlorgas (Bild unten rechts) soll ein<br />

Chlorgehalt von mindestens 0,2 mg/L beim letzten Abnehmer sichergestellt werden.


62<br />

Bild 5.3: Verschiedene Stufen der Aufbereitung im Wasserwerk Legong, Bogor


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 63<br />

6 Wasserverteilung<br />

Die Versorgungsleitungen bestehen überwiegend aus PVC, wobei Rohre mit größerem<br />

Druchmesser in Guss ausgeführt werden. Außerdem sind Rohre aus Faserzementwerkstoffen<br />

im Einsatz. Das Verteilungsnetz ist meist in einem schlechten Zustand,<br />

so dass Netzverluste von zum Teil über 50 % resultieren. In einem Fall wurde<br />

berichtet, dass bereits beim Transport des Rohwassers über eine 7 km lange Leitung<br />

in einen Speicherbehälter über 70 % eines qualitativ hochwertigen Quellwassers verlorengehen.<br />

Vom gleichen Versorger wurde ein neues Flusswasserwerk errichtet,<br />

dessen Kapazität in etwa diesen Quellwasserverlusten entspricht.<br />

Neben Keimeinträgen infolge von Undichtigkeiten und häufigem Druckabfall im Netz<br />

sind auch die dezentralen Dachwasserspeicher zu berücksichtigen. Derartige Wasserspeicher<br />

zur Überbrückung von kurzzeitigen Versorgungsausfällen sind in privaten<br />

und öffentlichen Gebäuden üblich. Bild 6.1 zeigt am Beispiel einer relativ neuen<br />

Anlage die grundsätzliche Problematik dabei auf. Derartige Anlagen sind in der Regel<br />

aus Kunststoff ausgeführt und befinden sich unter direkter Sonneneinstrahlung.<br />

Bild 6.1: Dezentraler Trinkwasserspeicher<br />

Wie bereits erwähnt, sind selbst in den Millionenstädten maximal 30 – 40 % der Bevölkerung<br />

an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Ein Großteil der Bevölkerung<br />

insbesondere in den ärmeren Wohngebieten muss auf Wasser, das in


64<br />

Flaschen und Kanistern vertrieben wird, zurückgreifen. Hierfür entstehen nicht unerhebliche<br />

Kosten, die zum Teil über den Kosten für die Versorgung über das öffentliche<br />

Netz liegen. Die Nutzung von Oberflächenwasser oder Wasser aus Schöpfbrunnen<br />

ist ebenfalls üblich wobei von einer z. T. sehr schlechten Qualität des Wassers<br />

auszugehen ist.<br />

Bei der Beurteilung einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch mikrobiologisch<br />

belastete Wässer, sowohl aus dem öffentlichen Netz als auch aus anderen Quellen,<br />

ist zu berücksichtigen, dass in Indonesien traditionsgemäß ausschließlich abgekochtes<br />

Wasser konsumiert wird.<br />

7 Kosten<br />

Die Wasserpreise in Indonesien können grob in die in Tabelle 7.1 dargestellten drei<br />

Kategorien eingeteilt werden, wobei es sich um Mittelwerte handelt, da die Preise mit<br />

steigenden Abnahmemengen zunehmen. Zum Vergleich liegt das monatliche Einkommen<br />

ärmerer Familien in der Hauptstadt Jakarta bei rund 60 Euro.<br />

Der Sozialtarif wird zugrunde gelegt, sofern die Wohnfläche des Abnehmers unter<br />

36 m² liegt. Nach mündlicher Mitteilung wird mit dieser Einteilung ein erheblicher<br />

Missbrauch getrieben. Weiterhin existieren eine Vielzahl illegaler Anschlüsse. Relativ<br />

hohen Gestehungskosten, unter anderem bedingt durch hohe Zinsen und sonstige<br />

Kapitalkosten und Abgaben an die Kommunen stehen somit nur unzureichende Einkünfte<br />

gegenüber.<br />

Tabelle 7.1: Wasserpreise in Indonesien<br />

Tarif<br />

Wasserpreis in Euro/m³<br />

1 (sozial) 0,05<br />

2 (normal) 0,2<br />

3 (Hotels / Industrie) 0,5<br />

8 Zusammenfassung<br />

Indonesien ist ein Land großer wirtschaftlicher und sozialer Unterschiede. Während<br />

die bevölkerungsreiche Hauptinsel Java landwirtschaftlich geprägt und arm an natürlichen<br />

Ressourcen ist, sind weite Gebiete des Archipels relativ dünn besiedelt und<br />

zum Teil reich an Rohstoffen. Eine geregelte Abwasserentsorgung existiert praktisch<br />

nicht. Die Trinkwasserversorgung befindet sich in einem, an europäischen Verhältnissen<br />

gemessenen, desolaten Zustand. Viele Wasserversorgungsunternehmen


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Indonesien 65<br />

sind in finanziellen Schwierigkeiten, so dass selbst dringendste Maßnahmen nicht<br />

durchgeführt werden.<br />

Gründe für die schlechte wirtschaftliche Lage der Unternehmen sind:<br />

- Politische Abhängigkeiten<br />

- Nicht kostendeckende Tarife<br />

- Hohe Kapitalbelastungen durch Zinsen und Abgaben an die Kommunen<br />

- Internes Missmanagement<br />

Lediglich ca. 30 - 40 % der Bevölkerung in den Städten ist an die öffentliche Versorgung<br />

angeschlossen. Die Wasserverlustraten liegen zum Teil über 50 %. Nach Auskunft<br />

indonesischer Fachleute liefert lediglich eines der ca. 280 indonesischen Wasserversorgungsunternehmen<br />

Trinkwasser nach den gesetzlichen Vorgaben bzw.<br />

dem WHO-Standard. Die Anforderungen an die Trübung und die bakteriologische<br />

Beschaffenheit des Wassers werden häufig nicht erfüllt. Folgende Ursachen hierfür<br />

sind zu nennen:<br />

- Fehlende Mittel für dringendste Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen<br />

- Schlechte Rohwasserbeschaffenheit insbesondere in den Ballungsgebieten mit<br />

hoher mikrobiologischer Belastung durch Abwässer<br />

- Mängel in Konzeption und Betrieb der Aufbereitungsanlagen<br />

- Ungenügender Ausbildungsstand der Mitarbeiter<br />

Trotz bzw. wegen dieser Defizite bieten sich Möglichkeiten für ausländische Investoren.<br />

Potenzial wird beispielsweise in Joint Venture Projekten gesehen, bei denen<br />

durch Lecksuche und Rohrnetzsanierung, aber auch mit Hilfe organisatorischer Optimierungen<br />

(Beseitigung scheinbarer Verluste durch illegale Anschlüsse und falsche<br />

Abrechnungen) relativ kurzfristig Wasserverluste minimiert und die Einnahmen erhöht<br />

werden könnten.<br />

Hinsichtlich Optimierung und Neubau von Anlagen beispielsweise im Rahmen von<br />

Betriebsführungen seien auf folgende Ansatzpunkte hingewiesen:<br />

- Angepasste Spülbedingungen für die Filteranlagen<br />

- Optimierte Betriebsweise der Flockungsstufen. Im Einzelfall zu prüfen wären dabei<br />

eine Aufhärtung der oftmals sauren und ungepufferten Rohwässer, der Einsatz<br />

alternativer Flockungsmittel (Eisensalze oder Polyaluminiumchloride) und die<br />

zusätzliche Verwendung von Flockungshilfsmitteln.<br />

- Überdachung von Flockungs- und Filteranlagen<br />

Ziel dieser relativ einfach umzusetzender Maßnahmen sollte es sein, Reinwassertrübungen<br />

von stabil unter 1 FNU sicherzustellen. In Einzelfällen ist durch die genannten<br />

Maßnahmen parallel zur Verbesserung der Reinwasserbeschaffenheit auch eine<br />

Kapazitätserhöhung denkbar. Eine zusätzliche betriebssichere Desinfektionstechnik


66<br />

mit Mitteln auf Chlorbasis könnte bei minimierter Trübung einen ausreichenden Mindeststandard<br />

der Trinkwasserqualität garantieren.<br />

Als unabdingbar wird parallel zu den verfahrenstechnischen Optimierungen die<br />

Schulung und Weiterbildung des Wasserwerkspersonals angesehen.<br />

Einsatzgebiete auch für höherwertige Aufbereitungstechnik sind unter Umständen<br />

separate Versorgungsgebiete in Hotel-, Industrie- und privaten Wohnanlagen.<br />

Abschließend sei auf den Bedarf an internationalem Erfahrungsaustausch beispielsweise<br />

hinsichtlich der Entwicklung und Etablierung technischer Regelwerke und Fortsowie<br />

Weiterbildungsinstitutionen hingewiesen. Ansätze für eine entsprechende Kooperation<br />

zwischen dem deutschen und dem indonesischen Wasserwerksverband<br />

(DVGW und PERPAMSI) existieren.<br />

9 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Analysendaten zu den aufgesuchten Wasserwerken<br />

- Anlage 1: Elemente<br />

- Anlage 2: TOC<br />

- Anlage 3: LHKW<br />

- Anlage 4: Organochlorinsektizide und PCB<br />

- Anlage 5: Kurzbeschreibungen der aufgesuchten Wasserwerke (Steckbriefe)<br />

- Fotodokumentation der aufgesuchten Wasserwerke


Iran


68<br />

1 Einleitung<br />

Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse einer Datenerhebung zur Wasserversorgung<br />

im Iran zusammen. Das Ziel bestand darin, einen Überblick über die dortigen<br />

Randbedingungen und Strukturen der Wasserversorgung, -aufbereitung und -<br />

verteilung zu erhalten. Die Datenerhebung im Iran mußte unter den besonderen landesspezifischen<br />

Bedingungen durchgeführt werden. Daher konzentrierte sich die<br />

Datenerhebung im wesentlichen auf zwei Wasserwerke in der Hauptstadt Tehran,<br />

die während eines fünftägigen Aufenthaltes durchgeführt wurde. Bild 1.1 kennzeichnet<br />

die Lage der aufgesuchte Werke.<br />

Bild 1.1: Pfeile markieren die Standorte der besichtigten Wasserwerke


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 69<br />

Tabelle 1.1: Liste der zur Datenerhebung aufgesuchten Wasserwerke<br />

Kapazität<br />

Name WVU Provinz Betreiber Rohwasser<br />

in m³/d<br />

WTP No. 1<br />

Tehran Province<br />

230.000<br />

Talsperrenwasser<br />

350.000<br />

Tehran Water & Sewage<br />

WTP No. 3<br />

Company<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

Grenzwerte für Trinkwasser werden vom iranischen Department of Environment erlassen.<br />

Die Grenzwerte folgen weitgehend den Empfehlungen der WHO.<br />

3 Allgemeine Angaben<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Der Gesamtniederschlag im Iran beträgt ca. 413 Billionen Kubikmeter. Die erneuerbare<br />

Wassermenge die prinzipiell zur Trink- oder Brauchwassernutzung herangezogen<br />

werden kann beläuft sich auf 130 Bill. m³. Diese teilt sich auf in 32 Bill. m³<br />

Grundwasser und 112 Bill. m³ oberflächig ablaufendes Wasser. Im Oberflächenwasseranteil<br />

sind 13 Bill. m³ aus der positiven Bilanz aus Zu- und Abfluss von Flusswasser<br />

aus und in die Nachbarländern enthalten.<br />

Insgesamt werden ca. 45 Millionen Menschen im Iran mit leitungsgebundenem<br />

Trinkwasser versorgt. Im städtischen Bereich sind dies ca. 40 Millionen, so dass die<br />

Versorgungsquote in diesem Bereich 96 % beträgt. Im ländlichen Raum liegt der Anteil<br />

entsprechend niedriger. Die Versorgungsquote mit sicherem Trinkwasser für die<br />

gesamte iranische Bevölkerung wird von der UNESCO mit 97 % angegeben, wobei<br />

als sicherer Versorgung nicht ausschließlich die leitungsgebundene Versorgung eingestuft<br />

wird.<br />

Statistische Daten zur Trinkwasserversorgung sind in Tabelle 3.1 zusammengestellt.<br />

Aus den Angaben geht hervor, dass in den städtischen Gebieten ca. ein Drittel des<br />

Trinkwassers aus Oberflächenwässern gewonnen wird. Die iranischen Wasserwerke<br />

verkaufen ca. 3 Mrd. m³/a Trinkwasser an Verbraucher. Im Iran gibt es 64 Wasserwerke.<br />

Wie die durchschnittliche Aufbereitungskapazität der Wasserwerke von<br />

3.600 m³/h zeigt, handelt es sich dabei in der Regel um Anlagen mit relativ großer<br />

Kapazität.


70<br />

Tabelle 3.1: Daten zur Wasserversorgung im Iran (2002)<br />

Oberflächenwasseranteil<br />

bei der städtischen Versorgung<br />

37 %<br />

Anzahl der Wasserwerke 64<br />

Gesamtaufbereitungskapazität<br />

5,5 Mio. m³/d<br />

Durchschnittliche Aufbereitungskapazität<br />

eines Wasserwerks<br />

3.600 m³/h<br />

produziertes Trinkwasser<br />

4.000 Mio. m³/a<br />

verkauftes Trinkwasser<br />

2.900 Mio. m³/a<br />

Wasserverluste 27 %<br />

Angestellte im Wassersektor 28000<br />

Quelle: Ministry of Energy, National Water & Wastewater<br />

Angaben zur Abwasserentsorgung sind in Tabelle 3.2 zusammengefasst. Ein<br />

Vergleich der Daten für den Trink- und Abwassersektor deutet auf ein Problem bei<br />

der Bereitstellung von Trinkwasser hin. Dadurch, dass nur wenige Haushalte an eine<br />

Kläranlage angeschlossen sind und zudem die Abwasserrohre im allgemeinen eine<br />

hohe Leckagerate aufweisen, versickert Abwasser unkontrolliert in den Boden. In<br />

einigen Städten Irans wird auf diese Weise das Grundwasser stark verunreinigt. Dies<br />

betrifft u.a. die mikrobiologische Beschaffenheit sowie die Nitrat- oder Sulfatgehalte.<br />

Tabelle 3.2: Daten zur Abwasserentsorgung im Iran (2002)<br />

an das Abwassernetz angeschlossen Einwohner<br />

6,5 Mio.<br />

Aufbereitungskapazität für kommunales Abwasser<br />

0,8 Mio. m³/d<br />

Anzahl der Kläranlagen 34<br />

Durchschnittliche Kapazität der Kläranlagen<br />

980 m³/h<br />

Quelle: Ministry of Energy, National Water & Wastewater<br />

3.2 Klima<br />

Die größten Teile Irans sind dem ariden bis semiariden Klima zuzuordnen. Lediglich<br />

an der Südküste des kaspischen Meeres herrscht ein feuchtes subtropisches Klima<br />

vor. In diesem Teil des Landes, den beiden kaspischen Provinzen mit dem Oberzentrum<br />

Rasht, liegen die fruchtbarsten Gebiete.<br />

Wie die Klimadiagramme in Bild 3.1 zeigen, ist das Klima im Iran kontinental geprägt<br />

Die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen insbesondere im Landesinnern sind<br />

sehr ausgeprägt. Lediglich am Kaspischen Meer (Rasht) und am persischen Golf<br />

(Bandar Abbas) sind die Temperaturen ausgeglichener.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 71<br />

300<br />

Niederschlag<br />

Tagesdurchschnitt<br />

Tabris<br />

40<br />

30<br />

Niederschlag, mm<br />

200<br />

100<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Temperatur, C°<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

-10<br />

300<br />

Niederschlag<br />

Tagesdurchschnitt<br />

Rasht<br />

40<br />

30<br />

Niederschlag, mm<br />

200<br />

100<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Temperatur, C°<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

-10<br />

300<br />

Niederschlag<br />

Tagesdurchschnitt<br />

Teheran<br />

40<br />

30<br />

Niederschlag, mm<br />

200<br />

100<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Temperatur, C°<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

-10<br />

300<br />

Niederschlag<br />

Tagesdurchschnitt<br />

Bandar Abbas<br />

40<br />

30<br />

Niederschlag, mm<br />

200<br />

100<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Temperatur, C°<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

-10<br />

Bild 3.1: Klimadaten von ausgewählten Städten im Iran


72<br />

Das Landesinnere, das Zentralplateau, das ca. 50 % der gesamten Landesfläche<br />

umfasst, wird von hohen Gebirgen umgeben. Im Norden erstreckt sich das Alborgebirge<br />

von der Grenze zur Türkei über die Südküste des Kaspischen Meers bis nach<br />

Afghanistan. Ausläufer des Zagrogebirge enden ebenfalls an der Grenze zur Türkei.<br />

Das Gebirge weist eine Nord-Süd-Südost Ausdehnung auf und verläuft entlang der<br />

Iran-irakischen Grenze und die Nordküste des persischen Golfs bis an die Grenze zu<br />

Pakistan. Aufgrund dieser besondere Lage ist das Zentralplateau sehr trocken, da<br />

die Niederschläge hauptsächlich über den einrahmenden Gebirgen niedergehen. Die<br />

zwei großen Wüstengebiete des Irans liegen im Landesinnern.<br />

Lediglich 1 % der Landesfläche wird als Ackerfläche genutzt, weitere 9 % können<br />

zumindest saisonal als Anbaufläche genutzt werden. Auf ca. 1/3 der Landesfläche<br />

wird eine extensive Weidewirtschaft betrieben.<br />

3.3 Struktur der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung<br />

In den 28 Provinzen des Irans ist jeweils ein selbständiges Wasserversorgungsunternehmen<br />

für die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser zuständig. Daneben<br />

arbeiten noch 15 regionale Unternehmen, die als Vertragspartner im Auftrag der zuständigen<br />

Wasserversorger der Provinz tätig sind.<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Der Hauptteil des Wasserdargebotes wird für landwirtschaftliche Zwecke verwendet<br />

(Tabelle 3.3). Auf die öffentliche Wasserversorgung entfallen ca. 5-7 % des gesamten<br />

Wasserverbrauchs in Iran. Der Verbrauch von Trinkwasser wird mit<br />

240 L/Einwohner und Tag angegeben.<br />

Tabelle 3.3: Verteilung des Wasserverbrauchs nach Sektoren, Angaben in %<br />

1960 1995 2020<br />

Landwirtschaft 98,6 93,3 87,0<br />

Trinkwasser 1,3 5,2 7,4<br />

Industrie 0,1 1,0 2,7<br />

Fischzucht 0 0,5 2,9


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 73<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

Bedingt durch die oft fehlende bzw. unzureichende Abwasserbehandlung resultieren<br />

die entsprechenden Probleme in den Rohwässern, die Wasserwerke zur Trinkwassergewinnung<br />

nutzen. Augenmerk ist neben anorganischen Wasserinhaltsstoffen,<br />

auch auf die mikrobiologische Wasserbeschaffenheit zu richten. Beispielsweise<br />

liegen selbst in einigen Grundwässern in der Umgebung von Teheran oder von<br />

Mashad durch unsachgemäße Entsorgung von Abwasser die Gehalte von Nitrat<br />

sowie Sulfat im Bereich von mehreren hundert Milligramm pro Liter. Mit einem deutschen<br />

Kooperationspartner wurde daher im Jahr 2003 ein Projekt zur Entfernung von<br />

Nitrat aus Grundwasser begonnen.<br />

In Tabelle 4.1 ist die Wasserbeschaffenheit von Brunnenwässern einer Brunnengalerie<br />

im Südosten von Tehran aufgeführt. Auch in diesen Wässern sind die Nitratgehalte<br />

vergleichsweise hoch. Obwohl es sich um Grundwasser handelt ist das Wasser<br />

zeitweise mikrobiologisch belastet.<br />

Analysendaten aus den Jahren 1980 bis 1990 sind auf der beigefügten CD enthalten,<br />

die vom Environment Canada`s National Water Research Institute erhoben wurden<br />

[1]. Diese Analysen geben einen Überblick über die Wasserqualitäten in den<br />

verschiedenen Landesteilen des Irans.<br />

Tabelle 4.1: Wasserbeschaffenheit einer Brunnengalerie mit 18 Einzelbrunnen im<br />

Südosten Teherans (Quelle: Tehran Province Water and Sewage Company)<br />

Minimum<br />

Maximum<br />

Trübung NTU 0,1 0,6<br />

pH-Wert - 7,7 8,14<br />

Eisen mg/L 0,01 0,2<br />

Mangan mg/L 0 0,05<br />

Kupfer mg/L 0 0,016<br />

Zink mg/L 0,01 0,037<br />

Calcium mg/L 50 135<br />

Magnesium mg/L 10 23<br />

Sulfat mg/L 75 130<br />

Chlorid mg/L 70 120<br />

Nitrat mg/L 50 120<br />

Ammonium mg/L 0 0,15<br />

Chrom mg/L 0 0,011<br />

Cadmium mg/L 0 0,003<br />

Blei mg/L 0 0<br />

Nickel mg/L 0 0<br />

Coliforme Bakterien 1/mL < 2 23


74<br />

5 Wasserversorgung im Iran am Beispiel der Tehran Province<br />

Water and Sewage Company<br />

5.1 Allgemeine Angaben<br />

Im Großraum Teheran ist die Tehran Province Water and Sewage Company für die<br />

Trinkwasserversorgung der Bevölkerung verantwortlich. Das Unternehmen betreibt<br />

im Stadtgebiet derzeit insgesamt 4 Wasserwerke mit einer Gesamtaufbereitungskapazität<br />

von ca. 70.000 m³/h. Ein weiteres Wasserwerk mit einer Aufbereitungskapazität<br />

von 54.000 m³/h ist in Bau (Tabelle 5.1).<br />

Tabelle 5.1: Wasserwerke in Teheran<br />

Name Inbetriebnahme Kapazität in m³/h<br />

WTP No. 1 (Jalalyeh) 1955 9.700<br />

WTP No. 2 (Kan) 1963 / 1970 29.000<br />

WTP No. 3 (Tehranpars) 1968 14.000<br />

WTP No. 4 (Tehranpars) 1984 14.000<br />

WTP No. 5 im Bau 54.000<br />

Teherans Wasserwerke gewinnen Trinkwasser aus Grund- sowie aus Talsperrenwasservorkommen.<br />

Das Karaj Reservoir mit einem Inhalt von 250 Milliarden m³ liegt<br />

ca. 100 km nordwestlich von Teheran. Von hier gelangt das Wasser über einen offenen<br />

Kanal bis ca. 30 km vor Teheran und wird anschließend teils unterirdisch, teils<br />

offen bis nach Teheran zu den Wasserwerken 1 und 2 geleitet. Etwa ein Drittel des<br />

in Teheran verteilten Trinkwassers kommt aus dem Karaj Reservoir. Ein weiteres<br />

Drittel wird in den Wasserwerken 3 und 4 produziert, die von dem östlich von Teheran<br />

gelegenen Talsperren Lar und Latyan Dam gespeist werden. Das fünfte, im Bau<br />

befindliche Wasserwerk, soll ebenfalls das Rohwassers aus den östlichen Reservoiren<br />

beziehen.<br />

Als weitere Rohwasssergewinnungsanlagen werden mehrere Brunnenfelder im<br />

Stadtgebiet wie auch in der Provinz Teheran genutzt. Insgesamt werden ca. 240<br />

Tiefbrunnen betrieben. Dieses Wasser wird ohne weitere Aufbereitung nach einer<br />

Desinfektion ins Trinkwassernetz eingespeist.<br />

Im Normalbetrieb stammt ca. 30 Prozent des in Teheran abgegebenen Trinkwassers<br />

aus Grundwasser, wobei in extremer Trockenperioden dieser Anteil auf ca. 40 Prozent<br />

ansteigt.<br />

Die Aufbereitungstechnologie in den einzelnen Wasserwerken ist ähnlich. In der Regel<br />

besteht die Aufbereitung aus einer Vorsedimentation, die beispielsweise in separaten<br />

Becken erfolgt. Danach wird dem Wasser Chlor zur Vordesinfektion sowie Flockungs-<br />

und Flockungshilfsmittel zugesetzt. Die Abtrennung der Trübstoffe erfolgt im<br />

Wasserwerk No. 1 über Accelatoren, in den anderen Wasserwerken über Pulsatoren


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 75<br />

der Firma Degremont. Zur Feinreinigung wird das Wasser dann einer Trübstofffiltration<br />

über Sandfilter unterzogen. Vor der Einleitung in den Reinwasserbehälter wird<br />

die Abschlusschlorung vorgenommen. Der Prozessablauf bei der Trinkwassergewinnung<br />

in Teheran ist in Bild 5.1 zusammengestellt.<br />

Vorsedimentation<br />

Vorchlorung Flockungsmittel<br />

Flockungshilfsmittel<br />

Pulsator<br />

Accelator<br />

Filtration<br />

Endchlorung<br />

Wasserspeicher<br />

Netzabgabe<br />

Bild 5.1:<br />

Aufbereitungstechnologie zur Trinkwassergewinnung in Teheran


76<br />

5.2 Fallbeispiel WTP No. 1 der Tehran Province Water & Sewage Company<br />

Im Wasserwerk 1 werden bis zu 9.700 m³ Trinkwasser pro Stunde produziert. Das<br />

Rohwasser wird aus dem Karaj River bzw. dem Reservoir entnommen und über offene<br />

Kanäle bzw. geschlossene Leitungen dem Wasserwerk im Zentrum von Teheran<br />

beigeleitet. Die Trübung im Rohwasser beträgt im Normalfall weniger als 10 FNU<br />

steigt jedoch zur Schneeschmelze im Frühjahr bis auf 1.000 FNU an.<br />

Im Einlauf zum Wasserwerk wird das Wasser zunächst einer Vorchlorung unterzogen.<br />

Die Zugabemenge beträgt hierbei ca. 1 mg/L.<br />

Das aufzubereitende Wasser wird 6 Accelatoren mit einer Kapazität von jeweils<br />

1.600 m³/h zugeführt. Die Accelatoren haben einen Durchmesser von 23,5 m und<br />

eine Höhe von 6,3 m. Die Aufenthaltszeit beträgt ca. 1 Stunde. In der Reaktionszone<br />

der Accelatoren werden dann Flockung- und Flockungshilfsmittel zugegeben, wobei<br />

als Flockungsmittel Eisen-III-Chlorid eingesetzt wird. In der Einmischzone des Accelators<br />

wird zur Einstellung eines pH-Wertes von 7,5 und 8 Kalkmilch zugegeben.<br />

Die Trübung im Ablauf der Accelatoren beträgt im Normalbetrieb weniger als 2 FNU.<br />

Bei Zulauftrübungen > 60 FNU steigt die Trübung im Ablauf an.<br />

Bild 5.2: Accelatoren im Wasserwerk No. 1, Teheran


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 77<br />

Nach der Flockung und Sedimentation gelangt das Wasser auf die Filteranlage, die<br />

aus insgesamt 40 Einzelfiltern besteht (Bild 5.3). Die Filter sind 10 m lang und 4,8 m<br />

breit. Die Filter werden mit einem Durchsatz von 240 bis 270 m³/h beaufschlagt. Daraus<br />

errechnet sich eine Filtergeschwindigkeit von ca. 5,2 m/h. Das Filtermaterial<br />

besteht aus Sand mit der Körnung 0,8 bis 1,2 mm, das eine Schichthöhe von 1 m<br />

aufweist. Die Filterlaufzeit liegt in der Regel zwischen 24 und 48 Stunden. Die Filtrattrübung<br />

liegt in einem Bereich von 0,1 bis 0,3 FNU. Die Filter werden mit einem<br />

konstanten Überstau betrieben und nach einem Druckverlustanstieg von 0,15 bar<br />

gespült. Bei der Spülung wird der Wasserstand zunächst bis zu einer Überstauhöhe<br />

von ca.10 cm abgesenkt. Anschließend erfolgt über 3 Minuten eine Luftspülung mit<br />

ca. 95 m/h (Bild 5.4). Danach wird die Luftgeschwindigkeit auf ca. 12,5 m/h gesenkt<br />

und Spülwasser mit einer Geschwindigkeit von 25 m/h zugeschaltet. Nach einer zwei<br />

Minuten andauernden Luft/Wasserspülung wird der Filter mit Wasser klargespült.<br />

Das Spülabwasser gelangt in ein Absetzbecken (Bild 5.5). Das Klarwasser wird dem<br />

Aufbereitungsprozeß vor den Accelatoren bzw. Pulsatoren wieder zugeführt.<br />

Nach der Filtration wird das aufbereitete Wasser vor Einleitung in den Reinwasserbehälter<br />

einer Desinfektion mittels Chlorgas unterzogen.<br />

Bild 5.3: Filterhalle im WW No. 1, Teheran


78<br />

Bild 5.4: Filter bei der Luftspülung im WW No. 1, Teheran<br />

Bild 5.5: Spülabwasser-Absetzbecken im WW No. 1, Teheran


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 79<br />

6 Verteilung am Beispiel Teheran<br />

Die Gesamtlänge des Verteilungsnetzes einschließlich der Rohwasserleitungen beträgt<br />

in Teheran ca. 9.300 km. Die Rohwasserzuführleitungen sind hauptsächlich in<br />

Stahl (1.000 mm) und Spannbeton (2.000 mm) ausgeführt.<br />

Daten zum primären Verteilungsnetz sind in Tabelle 6.1 zusammengestellt. Demnach<br />

dominieren in Teheran Stahlleitungen. Das sekundäre und tertiäre Netz besteht<br />

hauptsächlich aus duktilen Gußrohren und Asbestzementrohren, sowie Leitungen<br />

aus PVC und Polyethylen. Viele PVC Rohre, die in den letzten Jahren verlegt wurden,<br />

müssen aufgrund von schlechter Qualität des Rohrmaterials bzw. nicht fachgerechter<br />

Verlegung bereits wieder ersetzt werden. Im Jahre 1999 wurden im Teheraner<br />

Verteilungsnetz insgesamt über 100.000 Reparaturarbeiten an Trinkwasserleitungen<br />

durchgeführt.<br />

Tabelle 6.1: Rohrmaterialien im primären Trinkwasserverteilungsnetz in Teheran<br />

Material Länge in km Anteil in %<br />

duktiles Gußrohr 18,4 6<br />

Stahl 248,5 74<br />

Spannbeton 68,6 20<br />

7 Kosten am Beispiel Teheran<br />

Die Aufbereitungskosten pro Kubikmeter betragen durchschnittlich 470 Rial (0,05<br />

Euro). Den Hauptteil der Kosten wird dabei durch Personalausgaben verursacht<br />

(Tabelle 7.1).<br />

Tabelle 7.1: Aufbereitungskosten bei der Trinkwassergewinnung in Teheran<br />

Ausgabenposten Anteil in %<br />

Personal 40<br />

Rohwasser 14<br />

Chemikalien 1<br />

Energie 7<br />

Wartung / Instandhaltung 9<br />

Abschreibung 17<br />

Sonstiges 12<br />

Die Wasserversorgung ist nicht kostendeckend. Für einen Kubikmeter Trinkwasser<br />

zahlt der Verbraucher in Teheran im Durchschnitt 150 Rial entsprechend ca. 2 Cent.


80<br />

So müssen für einen durchschnittlichen Verbrauch von ca. 20 m³ pro Monat und<br />

Hausanschluss 3.000 Rial bezahlt werden. Dies entspricht im Iran einem Gegenwert<br />

von beispielsweise einer 1,5 Liter PET Flasche Cola.<br />

8 Zusammenfassung<br />

Die Datenerhebung wurde unter den speziellen, landestypischen Bedingungen im<br />

Iran durchgeführt. Daher bildeten zwei von den iranischen Gastgebern ausgewählte<br />

Wasserwerke die Grundlage für die Datenerhebung. Analysendaten bzw. Details zur<br />

Wasserversorgung wurden von offizieller iranischer Seite nicht zur Verfügung gestellt.<br />

Die Versorgungsquote mit Trinkwasser im Iran ist insbesondere im städtischen Bereich<br />

relativ hoch und die Qualität des abgegebenen Trinkwasser vermutlich relativ<br />

gut. Aufgrund der wachsenden Bevölkerungszahlen und der zunehmenden Verunreinigung<br />

des Grundwassers in einigen Gebieten werden jedoch zukünftig vermehrt<br />

Probleme bei der Trinkwassergewinnung auftreten. Diese Probleme betreffen sowohl<br />

die Quantität als auch die Qualität des Rohwassers.<br />

Aus diesen Problemen ergibt sich ein Handlungszwang, der Maßnahmen beim Dargebot,<br />

bei der Aufbereitungstechnologie sowie beim Verbraucher einbezieht. Verbraucher<br />

sollen vermehrt zu einem sparsamen Umgang mit Wasser angeregt werden.<br />

Allein durch Einsparmaßnahmen und Verringerung der hohen Verlustraten in<br />

den Netzen ließe sich die Situation an einigen Orten bereits erheblich entspannen. In<br />

dieser Richtung wurden bereits einige Pilotprojekt in Teheran gestartet. So wurden in<br />

Teheran im Jahr 2001 insgesamt über 300.000 Wasserspargeräte installiert.<br />

Des Weiteren ließen sich durch die Mehrfachverwendung von Wasser, beispielsweise<br />

durch den Einsatz aufbereiteten Grauwassers zur Bewässerung in der Landwirtschaft<br />

Erfolge erzielen. Eine optimierte Bewässerungstechnik würde ebenfalls ihren<br />

Beitrag leisten können. Dieser Lösungsansatz wird im Iran zukünftig verstärkt verfolgt<br />

werden. So wurde der Bau von zwei Abwasser-Recycling- und Wasseraufbereitungswerken<br />

in den umfassenden Abwasserplan aufgenommen. Der Standort im<br />

südlichen Teheran hat eine Recycling-Kapazität von 250.000 Kubikmetern zur Versorgung<br />

einer Bevölkerung von rund 4.000.000. Der Standort in Südwest-Teheran<br />

hat eine Kapazität von 350.000 Kubikmetern zur Versorgung einer Bevölkerung von<br />

rund 6.000.000. Das wiederaufbereitete Wasser aus dem erstgenannten Werk wird<br />

zur Bewässerung von Ackerflächen eingesetzt werden.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Iran 81<br />

9 Literatur und Links<br />

[1] Environment Canada`s National Water Research Institute<br />

<br />

10 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Daten zur Wasserbeschaffenheit im Iran, erhoben vom Environment<br />

Canada`s National Water Research Institute<br />

- Anlage 2: Fotodokumentation


Südafrika


84<br />

1 Einleitung<br />

Im vorliegenden Bericht sind die Ergebnisse der Datenerhebung zur Wasserversorgung<br />

im südlichen Afrika zusammengefasst. Im Zeitraum vom 07.03.2002 bis<br />

15.03.2003 wurden an insgesamt 10 Wasserwerken in verschiedenen Regionen<br />

Südafrikas und in Namibia Daten erhoben. Bild 1.1 zeigt die geographische Lage der<br />

Wasserwerke in Südafrika.<br />

Bild 1.1: Pfeile markieren die Standorte der besichtigten Wasserwerke<br />

Eine Übersicht über die Anlagengröße und den jeweiligen Standort ist in Tabelle 1.1<br />

gegeben. Mit Ausnahme einer Anlage zur Meerwasserentsalzung (östlich von Port


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 85<br />

Elizabeth) handelte es sich hierbei um Anlagen, die Talsperrenwasser aufbereiten.<br />

Zusätzlich wurden Daten einer Wasseraufbereitungsanlage in Windhoek, Namibia<br />

erhoben, die als Rohwasser das Wasser aus dem Ablauf einer Kläranlage verwendet<br />

und in einem mehrstufigen Prozess Trinkwasser produziert.<br />

Tabelle 1.1: Allgemeine Daten zu den besichtigten Wasserwerken<br />

Standort Provinz Stadt<br />

Rohwasser<br />

vorkommen<br />

Aufbereitungsmenge,<br />

m³/d<br />

Rietvlei Gauteng Pretoria Rietvlei Dam 40.000<br />

Schoemansville<br />

North West Pretoria Hartbeesport Dam 10.000<br />

Magalies<br />

Water<br />

Rand Water<br />

Wiggins<br />

Water<br />

Albany<br />

Coast<br />

North West Pretoria Vaalkop Dam 210.000<br />

Free State<br />

Johannesburg<br />

Vaal Dam 3.800.000<br />

Kwazulu-Natal Durban Inanda Dam 200.000<br />

Eastern Cape<br />

Port<br />

Elizabeth<br />

Meerwasser<br />

aus Bohrungen<br />

George Western Cape George Garden Route Dam 20.000<br />

Blackheath Western Cape Kapstadt Theewaterskloof Dam 150.000<br />

Faure Western Cape Kapstadt Theewaterskloof Dam 500.000<br />

Kloof Nek Western Cape Kapstadt Tablemountaindams 20.000<br />

Goreangab Namibia Windhoek Kläranlagenablauf 24.000<br />

500<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

In Südafrika werden Gesetze in Verbindung mit Wasser im Wesentlichen durch ein<br />

Ministerium, dem Department of Water Affairs and Forestry (DWAF), erlassen.<br />

Schutz, Nutzung, Erhaltung, Entwicklung, Management und Kontrolle der nationalen<br />

Wasserressourcen sowie Preisstrategien für die Wassernutzung werden durch den<br />

National Water Act (36/1998) geregelt. Die Wasserqualität wird durch die South African<br />

Water Quality Guidelines festgelegt. Das SABS South Africa Bureau of Standards<br />

hat specifications for Water for domestic supplies 1984 festgelegt [1]. Die<br />

neue SABS wurde am 24. Mai 1999 verabschiedet und ersetzt damit die Verordnung<br />

Nr. 241/1984. Demnach wird das Wasser je nach chemisch-physikalischen und organoleptischen<br />

Parametern in drei Klassen aufgeteilt. Klasse 0 entspricht der Idealvorstellung<br />

mit Werten wie sie dem internationalen Vergleich (z.B. WHO) standhalten.<br />

Wasser der Klasse 1 ist so beschaffen, dass ein lebenslanger Genuss ohne


86<br />

Schaden für die Gesundheit möglich ist. Wasser der Klasse 2 eignet sich nur für<br />

kurzzeitigen Genuss, d.h. Deckung des täglichen Wasserbedarfs für max. ein Jahr.<br />

Die Verordnung enthält neben Hinweisen zu den Untersuchungsmethoden und Probenahmetechniken<br />

ferner Tabellen, in denen die einzuhaltenden Richtwerte für die<br />

drei Klassen aufgelistet sind. Tabelle 2.1 gibt einige Beispiele im Vergleich zu den in<br />

Deutschland geltenden Grenzwerten.<br />

Tabelle 2.1: Vergleich der Trinkwassergrenzwerte (Klasse 0) in Südafrika und<br />

Deutschland anhand ausgewählter Parameter<br />

Parameter<br />

Südafrika<br />

Deutschland<br />

Klasse 0 Klasse I Klasse II TrinkwV<br />

Färbung mg/L Pt 15 20 50 0,5 m -1<br />

Trübung FNU 0,1 1 10 1,5<br />

Ammonium mg/L 0,2 1,0 2,0 0,5<br />

Fluoride mg/L 0,7 1,0 1,5 1,5<br />

Nitrat, Nitrit-N mg/L 6,0 10,0 20,0 50, 0,1<br />

Natrium mg/L 100 200 400 200<br />

Aluminium mg/L 0,150 0,300 0,500 0,200<br />

Arsen mg/L 0,010 0,050 0,200 0,010<br />

Eisen mg/L 0,010 0,200 2,000 0,200<br />

Mangan mg/L 0,050 0,100 1,000 0,050<br />

Phenol mg/L 0,100 0,200 0,300 -<br />

DOC mg/L 5 10 20 -<br />

THM mg/L 0,100 0,200 0,300 0,010<br />

Für toxische Substanzen werden keine Grenzwerte angegeben.<br />

Nach Tabelle 2.1 sind in Südafrika bezüglich der chemisch-physikalischen Parameter<br />

für die Klasse 0 teilweise strengere Grenzwerte festgelegt als in Deutschland.<br />

Hinsichtlich der hygienisch-mikrobiologischen Beschaffenheit dürfen im Trinkwasser<br />

Escherichia coli und coliforme Keime in 100 mL nicht enthalten sein. Parasiten und<br />

Enteropathogene Viren dürfen in 100 L nicht enthalten sein, somatische Coliphagen<br />

nicht in 10 mL. Die Werte sind in 95 % der Messungen einzuhalten. Die in 4 % bzw.<br />

1 % der Messungen maximal erlaubten Werte gehen aus Tabelle 2.2 hervor. Für die<br />

Koloniezahlen gilt ein Wert von 100 pro mL nicht zu überschreiten.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 87<br />

Tabelle 2.2: Mikrobiologische Anforderungen<br />

Parameter<br />

Erlaubte Übereinstimmung<br />

95 % min. 4 % max. 1 % max.<br />

Koloniezahl Anzahl pro mL 100 1.000 10.000<br />

Gesamtcoliforme Anzahl pro 100 mL n.n. 10 100<br />

Fäkalcoliforme Anzahl pro 100 mL n.n. 1 10<br />

Somatische Coliphagen Anzahl pro 10 mL n.n. 1 10<br />

Enteropathogene Viren Anzahl pro 100 L n.n. 1 10<br />

Parasiten<br />

(Giardia/Cryptosporidien)<br />

Anzahl<br />

pro 100 L<br />

n.n. 1 10<br />

Hinsichtlich der Analysenmethoden verweist die südafrikanische Trinkwasserverordnung<br />

auf entsprechende amerikanische Standardtestmethoden (ASTM) sowie<br />

APHA-, AWWA-, WPCF-Methoden.<br />

Die Überwachung der Trinkwasserbeschaffenheit sowie die Durchführung entsprechender<br />

Maßnahmen bei Grenzwertüberschreitungen bleibt in der Praxis weitestgehend<br />

der Eigeninitiative der jeweiligen Wasserversorger vorbehalten. Eine staatliche<br />

Überwachung erfolgt bislang nicht.<br />

Die Kommunen überwachen die Wasserbeschaffenheit hinsichtlich mikrobiologischer<br />

Parameter. Organische Spurenstoffe werden allerdings routinemäßig nicht erfasst.<br />

Für eine Überwachung dieser Parameter wären kostengünstigere Analysenmethoden<br />

gewünscht.<br />

DWAF hat im September 2000 beschlossen, dass das abgegebene Trinkwasser ab<br />

01.09.2003 0,7 mg/L Fluorid enthalten muss. Ist im Rohwasser nicht genügend Fluorid<br />

enthalten, muss es dem Trinkwasser im Rahmen der Aufbereitung zudosiert werden.<br />

Einige Wasserversorger versuchen sich dem zu widersetzen mit dem Argument,<br />

dass unter Berücksichtigung der z.T. erheblichen Rohrleitungsverluste von bis<br />

35 % zu hohe Kosten für diese Maßnahme anfallen.<br />

In der südafrikanischen Verfassung ist festgeschrieben, dass der Bevölkerung eine<br />

Umwelt sicherzustellen ist, die die Gesundheit nicht gefährdet. So gibt es beispielsweise<br />

verschiedene Regelungen, die die Nutzung von Rohwasserressourcen regeln.<br />

Water Act 36 (1998) beinhaltet den Schutz der Wasserressourcen hinsichtlich einer<br />

nachhaltigen Nutzung.<br />

Der Water Services Act 108 (1997) regelt die Nutzung der Rohwasserressourcen,<br />

d.h. die Entnahme von Rohwasser zur Aufbereitung für die Trinkwasserversorgung<br />

sowie die Abwasserbehandlung zum Schutz der Flüsse.


88<br />

Zum Schutz der Flüsse gibt es gesetzliche Regelungen durch ein General Effluent<br />

Standard und ein Special Effluent Standard (Water Act 54 von 1956). In einem dreijährigen<br />

Projekt wird ein sogenanntes Water Discharge Charge System (WDCS)<br />

entwickelt, um Abwassereinleitungen in öffentliche Gewässer zu reglementieren.<br />

Dies ist angelehnt an das in Deutschland schon seit 1981 gültige Abwasserabgabengesetz.<br />

Die Water Research Commission (WRC) wurde 1971 gegründet, um die Forschung<br />

auf dem Gebiet Wasser zu unterstützen, voranzutreiben und zu koordinieren. So<br />

führt das WRC beispielsweise in Kooperation mit dem Department of Environmental<br />

Affairs and Tourism (DEAT) und dem DWAF Programme zur Beurteilung der Flusswasserbeschaffenheit<br />

durch. Hier wird beispielsweise auch der ökologische Zustand<br />

verschiedener Flussgebiete beurteilt.<br />

3 Allgemeine Angaben<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Die Fläche der Republik Südafrika beträgt ca. 1,22 Mio. km². Nur 15 % der Gesamtfläche<br />

(18 Mio. km²) wird als kultivierbar eingeschätzt. 7 % sind bewaldetes Gebiet.<br />

12.700 km² werden bewässert. Natürliche Vorkommen sind Gold, Chrom, Antimon,<br />

Kohle, Eisenerz, Mangan, Nickel, Phosphate, Zinn, Uran, Diamanten, Platin, Kupfer,<br />

Vanadium, Salz, Erdgas. Die Küstenlinie am Atlantischen Ozean und am Indischen<br />

Ozean beträgt 2.798 km. Die höchste Erhebung ist der Njesuthi mit 3.408 m.<br />

Die Bevölkerung beträgt etwa 43,6 Mio. (2001), von denen 49 % auf dem Land wohnen.<br />

Die mittlere Bevölkerungsdichte beträgt etwa 33 pro km², sie reicht von<br />

> 100/km² in den Stadtgebieten der früheren Homelands zu 21 pro km² in den anderen<br />

Landesteilen. Die jährliche Demographische Entwicklungsrate liegt bei ca. 2,4 %.<br />

Namibia hat eine Bevölkerung von 2 Mio. und eine Wachstumsrate von 3 %. 50 %<br />

der Bevölkerung liegt unter der Armutsgrenze (2000). Die Inflationsrate beträgt ca.<br />

5 %, die Arbeitslosigkeit liegt bei 30 %.<br />

Etwa 80 % der Bevölkerung von Südafrika verwendet Oberflächenwasser als Rohwasser,<br />

20 % verwenden Grundwasser. Die gesamte Talsperrenkapazität Südafrikas<br />

wird mit 26.9 km³ eingeschätzt. Wie Bild 3.1 zeigt, weist Südafrika im Vergleich zu<br />

den anderen afrikanischen Staaten eine besonders hohe Talsperrendichte auf.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 89<br />

Bild 3.1: Talsperren in Afrika (FAO, 2000)<br />

Die Grundwasserressourcen betragen ca. 4.8 km³/a (2000), davon werden ca. 1,8<br />

km³ (1980) genutzt (World Ressources Institute, 2001). Es ist vorgesehen, die<br />

Grundwassernutzung insbesondere im westlichen Teil des Landes zu erhöhen, in<br />

dem es wenige beständige Flüsse gibt.<br />

Vor allem im ariden Westen von Südafrika wird vorwiegend Grundwasser genutzt. In<br />

den Regionen Witwatersrand, Südafrika und Grootfontein, Namibia ist die Grundwasserbeschaffenheit<br />

gut. Grundwasser minderer Qualität ist im Gebiet des Orange<br />

Flusses zu finden. Die Bevölkerung in diesem Gebiet, das etwa ein Drittel der gesamten<br />

Fläche von Südafrika ausmacht, nutzt fast ausschließlich Grundwasser.<br />

Die Wasserentnahme beträgt ca. 13,3 km³. Davon werden 72 % von der Landwirtschaft,<br />

11 % für die Industrie und 17 % von den Haushalten genutzt.


90<br />

30 % der Bevölkerung Südafrikas verwendet Wasser ohne Aufbereitung, 50 % der<br />

Bevölkerung hat keine hinreichenden sanitären Einrichtungen, was zu hoch kontaminierten<br />

Abschwemmungen in der Regenzeit führt. Damit haben auch punktuelle<br />

Einträge bspw. durch Kläranlagen in Flüsse insbesondere in den Trockenzeiten einen<br />

hohen Anteil an der gesamten Flusswassermenge.<br />

92 % der städtischen bzw. 80 % der ländlichen Bevölkerung haben Zugang zu einer<br />

Wasserquelle mit einer verbesserten Qualität (Worldbank, 2001).<br />

3.2 Klima<br />

Südafrika ist aufgrund seiner geografischen Ausdehnung geprägt von starken klimatischen<br />

Unterschieden, die sich sowohl in der Vegetation und damit in der landwirtschaftlichen<br />

Nutzbarkeit als auch in der Bevölkerungsdichte auswirken. In Nord-<br />

Südrichtung (latitude) sind es im Wesentlichen Temperaturgradienten, in West-Ost-<br />

Richtung (longitude) sind es deutliche Unterschiede in den Niederschlagsmengen.<br />

Damit zählt der Norden eher zu den Tropischen Gebieten, während der Süden als<br />

subtropisch oder sogar gemäßigt zu bezeichnen ist. Im Westen ist es hyperarid im<br />

Osten eher mesic. Im Nordosten treten die Niederschläge jahreszeitlich vor allem in<br />

den Sommermonaten von November bis Februar auf, während im Südwesten die<br />

Niederschläge unvorhersehbar und heftig auftreten. Hier sind heiße, trockene Sommer<br />

und regnerische Winter nicht ungewöhnlich. Insgesamt gesehen müssen die<br />

meisten Regionen über mehrere Monate im Jahr ohne Regenfälle auskommen.<br />

Demnach wird Wasser in Dämmen, Talsperren gespeichert, um über die trockenen<br />

Perioden wegzukommen. Im Südwesten ist dies besonders wichtig, da dort die niederschlagsarme<br />

Zeit in den heißen Sommermonaten stattfindet. Zusätzlich variieren<br />

die Niederschlagsmengen über die Jahre, so dass Wasser auch gespeichert werden<br />

muss, um in trockenen Jahren genügend Vorräte zu haben. Der Variationskoeffizient<br />

für den mittleren Abfluss in südafrikanischen Flüssen beträgt 117 % im Vergleich zu<br />

38 % in den USA, 22 % in Europa, 53 % in Victoria, Australien.<br />

Der mittlere jährliche Niederschlag liegt bei 451 mm/a, der von < 10 mm in den westlichen<br />

Wüsten bis 1.200 mm/a in den östlichen Landesteilen reicht. Ein großer Teil<br />

des Landes (21 %) wird als arid (< 200 mm/a Niederschlag) oder semi-arid (44 %<br />

des Landes mit einer Niederschlagsmenge von 200 bis 500 mm/a) eingestuft. Somit<br />

haben 65 % nicht ausreichend Niederschlag für eine erfolgreiche Bewirtschaftung<br />

von Feldern.<br />

Aufgrund dieser klimatischen Verhältnisse und der geologischen Strukturen gibt es in<br />

Südafrika nur wenige natürliche Oberflächenwässer, wobei Flüsse hier dominant<br />

sind. Seen sind im Landesinneren selten, da die Verdunstungsmengen größer sind<br />

als die Niederschlagsmengen. An der Küste finden sich jedoch einige Seen.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 91<br />

Flusswasser muss daher aufgestaut werden, wobei häufig Dämme gebaut werden,<br />

die den Wasserverbrauch von mehreren Jahren speichern können. Neben diesen<br />

großen Dämmen gibt es zehntausende kleinere Staudämme, die von Farmern angelegt<br />

wurden, um das Vieh zu tränken und Felder zu bewässern.<br />

In Südafrika werden Wassermengen über große Distanzen transportiert, um in den<br />

Ballungsgebieten eine ausreichende Wasserversorgung sicherzustellen. Beispielsweise<br />

ist geplant, Wasser aus den Zuflüssen des Orange Flusses in Lesotho durch<br />

riesige Tunnelsysteme in den Drachenbergen zum Vaal Fluss zu transportieren, um<br />

für die Gauteng-Region mit Johannesburg genügend Wasservorräte zu haben. 2,2<br />

Billionen m³ Wasser sollen nach Fertigstellung des Projektes jährlich geliefert werden.<br />

Sumpfgebiete („wetlands“) sind eine weitere Form von Oberflächenwasser, die jedoch<br />

üblicherweise nicht für die öffentliche Trinkwasserversorgung genutzt werden,<br />

für die Ökologie aber eine wesentliche Rolle spielen, da sie große Wassermengen<br />

speichern und so Hochwässer abschwächen können. Von insgesamt 800 wetlands<br />

in Südafrika unterliegen lediglich 14% dem Naturschutz.<br />

3.3 Struktur der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung<br />

In Südafrika liegen die Zuständigkeiten für Fassung, Aufbereitung und Verteilung<br />

üblicherweise in verschiedenen Händen. Die Bereitstellung und der Verkauf von<br />

Rohwasser an die Wasserwerke erfolgt durch das Ministerium für Wasserangelegenheiten<br />

und Forst (Department of Water Affairs and Forestry, DWAF). Die Aufbereitung<br />

des Rohwassers erfolgt in Verantwortung der Wasserwerke, während die<br />

Verteilung des Trinkwassers und der Verkauf an die Verbraucher durch die Kommunen<br />

erfolgt. In einzelnen Fällen vereinen Organisationen alle drei Funktionen.<br />

Die Versorgung der Ballungsgebiete erfolgt aus – gemessen an deutschen Verhältnissen<br />

– relativ großen Wasserwerken mit Kapazitäten von mehreren m³/s. Im ländlichen<br />

Raum sind dagegen zahlreiche kleine und kleinste Versorgungsanlagen vorhanden.<br />

Der größte Wasserversorger ist Rand Water. Rand Water wurde bereits 1903 gegründet,<br />

um die Wasserversorgung in und um Johannesburg sicherzustellen. Die<br />

Organisation wurde so ausgelegt, dass die Kosten für die Wasserbereitstellung gedeckt<br />

werden, ohne dass eine Unterstützung durch die Regierung erforderlich wurde.<br />

Der Vorstand (Board) setzt sich aus Personen aus den Kommunen, Minen, Gewerbe,<br />

Industrie und der Regierung zusammen. 1923 wurde am Vaal Fluss der erste<br />

Damm mit einer Kapazität von 2.603 Mio. m³ gebaut. Heute verteilt Rand Water pro<br />

Tag 3 Mio. m³ an 10 Mio. Personen. Im Einzugsgebiet von Rand Water mit einer<br />

Größe von 18.000 km² finden mehr als 50 % der wirtschaftlichen Aktivitäten Südafri-


92<br />

kas statt. 60 % des von Rand Water aus dem Vaal Fluss entnommenen Wassers<br />

kommt als Abwasser zurück in den Fluss. Viele Minenbetreiber sind gezwungen,<br />

Überlegungen anzustellen, um die aus den Minen abgepumpten Wässer erst nach<br />

entsprechender Behandlung in die Vorfluter zu leiten oder zur Beregnung im landwirtschaftlichen<br />

Bereich zu nutzen oder direkt als Trinkwasser verteilen zu können.<br />

Rand Water verfolgt Überwachungsprogramme für Roh- und Reinwasser, um die<br />

Wasserqualität sicherzustellen und im Bedarfsfall entsprechend eingreifen zu können.<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Der gesamte Wasserverbrauch teilt sich auf in 54 % für Bewässerung, 19 % Umwelt,<br />

11 % Stadt und Haus, 6 % Minen und Industrie, 6 % Aufforstung.<br />

Bewässerte Landwirtschaft findet auf 1,3 Mio. ha Fläche statt, wofür pro Jahr ca.<br />

12,3 Mrd. m³ Oberflächen- und Grundwasser verwendet werden. Als Bewässerungsmethoden<br />

werden in 53 % der Fälle Sprinkler, in 18,5 % der Fälle Tropfenbewässerung<br />

eingesetzt. In 28,5 % der Fälle werden Felder, Wiesen, Gräben etc. geflutet.<br />

Aufgrund mangelnder demoskopischer Erhebung von Bevölkerungszahlen ist ein<br />

Pro-Kopf-Verbrauch an Trinkwasser schlecht abzuschätzen. Geschätzt wird er auf<br />

ca. 50 L pro Tag. In den Ballungsgebieten liegt der Verbrauch bei mehr als 100 L pro<br />

Einwohner und Tag. Der größte Anteil der Bevölkerung, insbesondere die armen Bevölkerungsschichten,<br />

ist noch nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen.<br />

Sie erhalten im Monat 6 m³ Wasser kostenlos über öffentliche Zapfstellen.<br />

Für die Besitzer von Gärten und Schwimmbädern gibt es Auflagen zur Bewässerung<br />

und zur Abdeckung der Wasserflächen, um die Verdunstungsraten zu minimieren.<br />

Der Bewuchs mit fremden Pflanzen wird landesweit mit Sorge betrachtet. Aus Australien<br />

eingeschleppte Pflanzen (z.B. Gumtrees und Wattle), die in Südafrika nicht<br />

heimisch sind, nehmen deutlich mehr Wasser auf. In einigen Regionen wird deshalb<br />

die Weiterverbreitung dieser Pflanzen zu verhindern versucht. ABM-Maßnahmen zur<br />

Entfernung dieser Pflanzen. Rand Water hat in den vergangenen 3 Jahren 10 Mio. R<br />

(ca. 1 Mio. EUR) in solche Programme investiert. Neben Bäumen werden auch<br />

Wasserrosenarten entfernt, die zwar einen positiven Effekt auf die Wasserbeschaffenheit<br />

haben, aber einen hohen Wasserverbrauch aufweisen und deshalb entfernt<br />

werden.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 93<br />

DWAF gibt den Wasserwerken auf, ein sogenanntes Wasserverbrauchsmanagement<br />

durchzuführen. Dies beinhaltet die Reparatur von Rohrnetzleckagen, Einbau<br />

wassersparender Armaturen, Vorgaben zur Bewässerung von Gärten, Erhöhung der<br />

Wasserkosten mit zunehmendem Wasserverbrauch. In Windhoek resultierten derartige<br />

Maßnahmen in einem Rückgang des Wasserverbrauches um 30-50 % über 8<br />

Jahre. Im Greater Hermanus Gebiet, Südafrika, konnte der Wasserverbrauch in einem<br />

Jahr um 16,5 % gesenkt werden. Solche Wasserverbrauchsmanagementmaßnahmen<br />

werden allerdings behindert durch hohe Investitionskosten, Interessen privater<br />

Wasserwerke, Ingenieurbüros, die sich durch den Bau von Dämmen finanzieren.<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

Die ausgeprägte Gesteinsstruktur in Südafrika hat einen wesentlichen Einfluss auf<br />

die mineralischen Wasserinhaltsstoffe der Oberflächenwässer.<br />

Die Wasserbeschaffenheit der Flüsse wird beeinflusst durch Einleitungen aus der<br />

Industrie und Minen, kommunale Abwassereinleitungen, landwirtschaftliche Einflüsse<br />

durch Dünger und Pestizide und Aufsalzungen durch unsachgemäße Beregnungsmaßnahmen.<br />

Zu den Verunreinigungen kommen ferner Kanalisierungsmaßnahmen<br />

in den Stadtgebieten. Die Abholzung von Wäldern entlang der Flüsse hat ebenfalls<br />

einen negativen Einfluss auf die Wasserbeschaffenheit. Im „State of the river report“<br />

wurden drei Flussgebiete näher betrachtet und die Flusswässer hinsichtlich ihrer<br />

limnologischen Beschaffenheit anhand eines Bewertungssystems (SASS = south<br />

african scoring system) in Katagorien eingeteilt. Die Wassertemperaturen schwanken<br />

im Wesentlichen im Bereich zwischen 10 und 22 °C, wobei hier örtlich geringere<br />

Schwankungen auftreten. Neben der Flusswasserbeschaffenheit wurden auch die<br />

flussnahe Vegetation sowie Veränderungen in die Bewertung des ökologischen Zustandes<br />

einbezogen. Es wurde in die Kategorien natural, good, fair, poor, unacceptable<br />

unterteilt, wobei in einem Flussgebiet je nach Einteilung in kleinere Regionen<br />

meist alle Kategorien vertreten sind.<br />

Einträge durch Dünger und kommunale Abwassereinleitungen verursachen die Eutrophierung<br />

der Stauseen und stellen höhere Anforderungen an die Wasseraufbereitung.<br />

Zum Teil werden Probleme aber auch durch erosive Auswaschungen bei starken<br />

Niederschlägen mit hohen Trübungen verursacht. Während die Trübungen meist<br />

unter 10 FNU liegen, können vereinzelt Werte bis 150 und in einem Fall auch 1200<br />

FNU auftreten.<br />

Bei den überwiegend genutzten Talsperrenwässern handelt es sich überwiegend um<br />

sehr gering mineralisierte, praktisch ungepufferte Wässer mit erhöhten und stark


94<br />

schwankenden Trübstoffgehalten. Teilweise enthalten diese Wässer nicht unerheblihe<br />

Gehalte an Huminstoffen und Algen. Zum Teil liegen erhöhte Mangangehalte vor.<br />

Die pH-Werte in diesen Wässern liegen meist im Bereich zwischen 4,6 und 6. Einzelne<br />

Wässer weisen allerdings auch pH-Werte größer 7 auf.<br />

Hinsichtlich des Gehaltes an organischen Wasserinhaltsstoffen wird meist die Färbung<br />

im Vergleich zur Platinskala gemessen. Im Wasserwerk George war die Färbung<br />

mit Werten im Bereich von 700 bis 1000 mg/L Pt sehr hoch. Vereinzelt liegen<br />

auch Werte für die UV-Absorption bei verschiedenen Wellenlängen vor. In den Talsperren<br />

des Westkaps liegt die UV-Absorption bei 300 nm (40 mm Küvette) im Bereich<br />

von 0,1 bis 2 1/m. Die Talsperrenwässer in Durban weisen TOC-Gehalte zwischen<br />

4 und 14 mg/L auf.<br />

Saisonal treten in vielen Staudämmen Geruchs- und Geschmacksprobleme auf, die<br />

vermutlich durch Massenentwicklungen verschiedener Algenspezies bzw. deren<br />

Stoffwechselprodukte bedingt sind. Bei den Toxinen handelt es sich im Wesentlichen<br />

um Geosmin und Methylisoborneol (MIB). Die Gehalte können örtlich Werte bis 300<br />

ng/L Geosmin erreichen. Umgeni gibt Werte für den Algengehalt im Bereich von<br />

2000 bis 35.000 Zellen/mL an. Chlorophyll bis 10 µg/L.<br />

Hinsichtlich der mikrobiologischen Belastung der Talsperrenwässer liegen kaum Ergebnisse<br />

vor. In der Regel wird lediglich das Reinwasser untersucht. Hier liegen die<br />

Koloniezahlen kleiner 20 pro mL. E.coli und Coliforme sind nicht nachweisbar. An<br />

einigen Talsperren wurden Untersuchungsprogramme durchgeführt, um die Belastung<br />

hinsichtlich Parasiten zu ermitteln. Die Belastungen sind gering. Andere Talsperren<br />

planen solche Untersuchungen erst.<br />

Die Rohwassertemperaturen schwanken im Bereich von 8 bis 26°C.<br />

Über die Beschaffenheit der Grundwässer in Südafrika liegt ein elektronischer Atlas<br />

vor [2]. Darin sind Karten über die chemisch-physikalische Zusammensetzung, insbesondere<br />

die Parameter Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium, Chlorid, Sulfat,<br />

Nitrat, Fluorid, Silikat, Hydrogencarbonat, Gesamtsalzgehalt, Härte, pH-Wert enthalten.<br />

Wie beispielhaft aus Bild 4.1 hervorgeht, sind die Grundwässer hart.<br />

Der Gesamtsalzgehalt liegt überwiegend im Bereich von 750 – 1000 mg/L, vereinzelt<br />

unter 450 mg/L bzw. über 1000 mg/L. Die Chloridgehalte sind überwiegend im Bereich<br />

kleiner 20 aber vereinzelt auch bis 2000 mg/L Die Grundwässer sind praktisch<br />

nicht mit Nitrat belastet. Die Sulfatgehalte sind vergleichsweise gering. Auch hier bilden<br />

die Wässer im Nordwesten des Landes eine Ausnahme mit Werten bis über<br />

1000 mg/L Sulfat.<br />

Der Calciumgehalt beträgt überwiegend kleiner 100 mg/L und erreicht im Westen<br />

des Landes vereinzelt 300 mg/L. Das Verhältnis von Calcium zu Magnesium beträgt


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 95<br />

im Mittel 0,5 – 2. Fluorid ist in vielen Grundwässern unter den geforderten 0,7 mg/L,<br />

erreicht aber in den Gebieten nordwestlich des Landes bis 3 mg/L.<br />

Bild 4.1: Härte des Grundwassers in Südafrika [2]<br />

Die WRC berichtet über die Qualität von Oberflächen- und Grundwasser im Hinblick<br />

auf Gehalte an Pestiziden in den ländlichen Bereichen des Westkaps [3]. Darin werden<br />

als Substanzgruppen insbesondere Endosulfane und Chlorpyrifos genannt. In<br />

50% der untersuchten Proben wurden diese Substanzen nachgewiesen, wobei die<br />

Gehalte im Mittel 0,4 µg/L betrugen bei maximalen Werten bis 40 µg/L. Über Arzneimittel<br />

und endokrine Substanzen liegen keine Werte vor.<br />

5 Aufbereitung<br />

Zur Aufbereitung der in Südafrika für die Trinkwasserversorgung hauptsächlich genutzten<br />

Talsperrenwässer werden mehrstufige konventionelle Verfahrensstufen hintereinander<br />

geschaltet. Zum Einsatz kommen dabei die Verfahren Flockung/Fällung,<br />

Sedimentation, Flotation, Filtration, in Kombination mit Ozonung, Desinfektion und<br />

der Zugabe von Zusatzstoffen wie Pulveraktivkohle, Flockungs- sowie Flockungshilfsmittel<br />

und Chemikalien zur Einstellung des pH-Wertes und der Pufferung. Die Art<br />

und Reihenfolge der einzelnen Verfahrensstufen ist in den verschiedenen besuchten<br />

Wasserwerken unterschiedlich und hängt von der jeweiligen Rohwasserbeschaffen-


96<br />

heit ab. Detaillierte Angaben zu den Wasserwerken sowie eine Fotodokumentation<br />

befinden sich in den Anlagen 1 und 2 zu diesem Bericht.<br />

Wenn Grundwasser zur Trinkwasserversorgung genutzt wird, dann überwiegend ohne<br />

weitergehende Aufbereitung zum Teil auch ohne Desinfektion. An der Küste wird<br />

in einem Fall das Verfahren der Umkehrosmose zur Meerwasserentsalzung eingesetzt.<br />

Das Rohwasser wird über Bohrungen entnommen und direkt nach einem Vorfilter<br />

der UO zu geführt. Hierbei handelt es sich um ein spezielles System, bei dem<br />

keine Zusatzstoffe erforderlich sind.<br />

Aufgrund der klimatischen Verhältnisse besteht in Südafrika keine Notwendigkeit, die<br />

Wasseraufbereitung einzuhausen, wie dies in Deutschland aufgrund der frostigen<br />

Temperaturen im Winter erforderlich wird. In den Wasserwerken sind einzelne Verfahrensstufen<br />

teilweise überdacht oder eingehaust, teilweise aber auch offen und<br />

unter freiem Himmel. Es hängt von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ab, welche<br />

Verfahrensstufe eingehaust oder überdacht wird und welche nicht. In Kapstadt<br />

wurden bspw. die Sedimentationstanks überdacht, da sonst durch zeitweise starke<br />

Winde der Sedimentationsprozess gestört würde. Die nachgeschaltete Filterstufe ist<br />

dagegen offen ohne Überdachung ausgeführt. Bei Magalies Water ist dagegen die<br />

Sedimentation offen und die Filtration ist eingehaust.<br />

Die Desinfektion erfolgt meist mit Chlorgas oder Chlorbleichlauge. In vielen Wasserversorgungen<br />

wurde das Desinfektionsverfahren auf Chlor + Ammonium umgestellt<br />

und damit eine Verbesserung der Trinkwasserbeschaffenheit erzielt. Damit kann außerdem<br />

eine Desinfektionskapazität im Versorgungsnetz aufrechterhalten und eine<br />

Wiederverkeimung des Trinkwassers im Netz verhindert werden. Hier spielt die<br />

Rückmeldung durch die Verbraucher eine ausschlaggebende Rolle.<br />

Besondere Zusatzstoffe wie z.B. Pulveraktivkohle müssen importiert werden, da hierfür<br />

in Südafrika kein Markt vorhanden ist, vor allem da PAC nur saisonal und diese<br />

auch nicht in jedem Jahr zur selben Zeit eingesetzt werden muss. Die größeren<br />

Wasserwerke arbeiten derzeit mit den kleineren Wasserwerken eine Strategie aus,<br />

wie die Verfügbarkeit von Pulverkohle für den Bedarfsfall sichergestellt werden<br />

Kann. Ozon wird aus Luft hergestellt, da flüssiger Sauerstoff zu teuer wäre. Für Zusatzstoffe<br />

gibt es keine Qualitätskriterien (Bsp. FeCl 3 in Durban). Deshalb wird Billigware<br />

bevorzugt. Vor dem Kauf werden Vergleichsangebote eingeholt. Die größeren<br />

Wasserwerke führen auch aufwändige Testreihen durch, um das am besten geeignete<br />

Produkt zu ermitteln.<br />

Die größeren Wasserwerke werden üblicherweise rund um die Uhr betrieben, meist<br />

in 3 Schichten à 8 Stunden oder 2 Schichten à 12 Stunden. Das Betriebspersonal<br />

kleinerer Wasserwerke ist meist nur werktags vor Ort für Kontrollmessungen. Ein<br />

Bereitschaftsdienst besteht für das Wochenende.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 97<br />

Aufgrund der kostenpflichtigen Rohwasserentnahme wird Filterspülwasser grundsätzlich<br />

gesammelt und nach einer Behandlung, die üblicherweise über ein Absetzbecken<br />

erfolgt, als Klarwasser dem Rohwasser wieder zugegeben. Das Schlammwasser<br />

wird in einigen Fällen in die Kanalisation abgegeben. Es gibt aber auch einige<br />

Wasserwerke, die über eine weitergehende Schlammbehandlung mit Eindicker<br />

und Trockenbeeten verfügen.<br />

Den Talsperrenwässern werden im Zulauf zum Wasserwerk verschiedene Chemikalien<br />

zugesetzt, um den pH-Wert für die nachgeschaltete Flockung einzustellen. Üblicherweise<br />

wird Kalkmilch zugesetzt und der pH-Wert dadurch soweit angehoben,<br />

dass eine chemische Entmanganung gelingt. Die eingesetzte Kalkmilch wird vor Ort<br />

hergestellt. In einzelnen Fällen sind Kalksättiger im Einsatz. Für die Beherrschung<br />

von algenbürtigen Geschmack- und Geruchsstoffen wird saisonal außerdem Pulveraktivkohle<br />

zugesetzt. Die pH-Wert-Anhebung dient ferner der Einstellung des für die<br />

Flockung optimalen pH-Wertes. Der Eintrag der Zusatzstoffe für die pH-Wert-<br />

Anhebung und die Flockung erfolgen über mehrere hydraulische Sprünge, wie dies<br />

beispielhaft Bild 5.1 zeigt.<br />

Bild 5.1: Dosierung von Flockungsmittel (Wiggins Water)<br />

Statische Mischer oder Rührer werden dagegen praktisch nicht eingesetzt. Die Flockenausbildung<br />

erfolgt ebenfalls nicht durch geregelten Energieeintrag mittels Rührer<br />

sondern über mäanderförmig angeordnete Kanäle (Bild 5.2) mit abnehmendem


98<br />

Energieeintrag, in denen die Verweilzeit des Wassers über die Einstellung der<br />

Durchflussmenge geregelt ist. Die Aufenthaltszeit des Wassers in der gesamten Flockungsstufe<br />

liegt zwischen 10 und 15 Minuten. Die zusätzliche Verwendung von Flockungshilfsmittel<br />

ist weit verbreitet. In der Regel handelt es sich dabei um schwach<br />

anionische Polyacrylamide. Das FHM wird meist auf halber Strecke in der Flockenausbildung<br />

eingesetzt. Zur Flockung kommen Mittel auf Aluminiumbasis oder Eisen(III)-salze<br />

in flüssiger Form zum Einsatz.<br />

Eine Chlorung zu Beginn des Aufbereitungsprozesses erfolgt aufgrund der Gefahr<br />

der Bildung von Desinfektionsnebenprodukten nicht.<br />

In einigen Werken erfolgt die Entfernung der ausgebildeten Flocken über Flotationsanlagen,<br />

die teilweise mit einer Filtration kombiniert sind. Es sind Verfahrensvarianten<br />

im Einsatz, die im Gegenstrom betrieben werden. Der Schlammaustrag wird<br />

durch Einbringen feinblasiger Luft vereinfacht. In einem Wasserwerk wurde berichtet,<br />

dass die Flotation je nach Algenblüte nur mit dem entsprechenden Flockungsmittel<br />

gelingt. Der Flotation ist immer eine Filtration nachgeschaltet. Anstelle Flotation wird<br />

der Flockung meist eine Sedimentation nachgeschaltet.<br />

Bild 5.2: Flockenausbildung vor der Flotation (Schoemansville)<br />

Die Sedimentationsbecken weisen Füllhöhen von 4 bis 6 m sowie Flächenbelastungen<br />

von 2 bis 6 m³/m² h auf. Hieraus errechnen sich Verweilzeiten von rd. zwei bis<br />

drei Stunden. In einem Wasserwerk wurde durch spezielle Einbauten das Sedimentationsverhalten<br />

und damit die Ablauftrübung verbessert. Die Ablauftrübungen der<br />

Sedimentationsbecken wurden mit 0,6 bis 1,6 FNU angegeben.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 99<br />

Das Wasser aus der Sedimentationsstufe wird in der Regel in abwärts durchströmten<br />

Einschicht-Sandfiltern weiter behandelt. In einem Wasserwerk erfolgt nach der<br />

Sedimentation eine Sekundärdosierung von Flockungsmittel, gefolgt von einer Flotation<br />

mit kombinierter Filtration. Bei den Einschichtfiltern handelt es sich um offene<br />

Stahlbetonfilter in Rechteckbauweise. Als wirksame Filterschicht ist Sand im Korngrößenbereich<br />

von 0,6 bis 0,9 mm im Einsatz. Die Drainage bzw. Spülwasserverteilung<br />

erfolgt durch Kanäle im Filterboden. Die Stützschichten bestehen aus Kiesen<br />

verschiedenster Korngrößen und weisen eine Gesamthöhe von ca. 0,3 bis 0,5 m auf.<br />

Der Filterüberstau bzw. der Freibord beträgt zwischen 0,7 und 1,0 m. Übliche Filtergeschwindigkeiten<br />

betragen zwischen 5 und 7 m/h. Gespült werden die Filter in Abständen<br />

von 24 bis 72 Stunden in Abhängigkeit von der Rohwasserbeschaffenheit<br />

und der Flockungsmittelzugabemenge mit Luft und Wasser bei Spülwassergeschwindigkeiten<br />

von 40 bis 50 m/h über die Dauer von sechs bis acht Minuten bis<br />

zum optischen Aufklaren des Spülwassers.<br />

Das Spülabwasser aus den Filtern wird üblicherweise in Absetzbecken gesammelt<br />

und das Klarwasser dem Rohwasser zugeführt. Der Schlamm aus den Absetzbecken,<br />

der Flotation sowie der Grundablass aus den Sedimentationsanlagen wird teilweise<br />

einer Schlammbehandlungsanlage zugeführt oder in die Kanalisation abgeleitet.<br />

Aktivkohlefilter werden selten eingesetzt. In Rietvlei dienen sie der Entfernung algenbürtiger<br />

Substanzen. Für die größeren Wasserwerke kommt diese Verfahrensstufe<br />

allerdings aus Kostengründen nicht in Betracht.<br />

Einen Sonderfall stellt die Aufbereitung von Kläranlagenablauf in Windhoek dar. Hier<br />

sind sogar zwei Aktivkohlefiltrationsstufen hintereinander geschaltet, wobei eine adsorptiv,<br />

die andere biologisch arbeiten soll. In diesem Fall soll sichergestellt sein,<br />

dass die im Rohwasser enthaltenen unerwünschten organischen Wasserinhaltsstoffe<br />

sicher entfernt werden. Der Aktivkohlefiltration ist eine Flockung, Flotation,<br />

Schnellfiltration und Ozonung vorgeschaltet sowie eine Ultrafiltration und Desinfektion<br />

nachgeschaltet. Durch das mehrstufige Verfahren soll aus dem Wasser des Ablaufs<br />

einer konventionellen Kläranlage einwandfreies Trinkwasser hergestellt werden.<br />

Die Anlage deckt 50 % des Gesamtverbrauchs der Stadt Windhoek.<br />

In den Talsperrenwasserwerken erfolgt zum Abschluss der Aufbereitung eine pH-<br />

Werteinstellung durch Zugabe von Kalkmilchsuspension, die vor Ort aus Calciumoxid<br />

bzw. Calciumhydroxid hergestellt wird. In einigen Werken wird zusätzlich CO 2<br />

zugegeben, um die Pufferung des Wassers zu erhöhen. Dies erfolgt vor allem aufgrund<br />

korrosionschemischer Aspekte.<br />

Abschließend wird das Trinkwasser meist mit Chlor desinfiziert. Viele Wasserversorger<br />

haben das Desinfektionsverfahren auf Chlor + Ammonium umgestellt. Die Chlorzugabemengen<br />

betragen ca. 1 bis 4 mg/L Chlor.


100<br />

Derzeit diskutieren die Wasserwerke über die Umsetzung der staatlichen Forderung<br />

der Einhaltung eines Fluorid-Gehaltes von 0,7 mg/L im abgegebenen Trinkwasser.<br />

Bei den hohen Wasserverlusten in den Versorgungsnetzen und der anteilmäßig geringen<br />

Nutzung des Trinkwassers als Lebensmittel ist die Dosierung aus wirtschaftlichen<br />

Gründen fragwürdig.<br />

6 Verteilung<br />

Die Verteilung des Trinkwassers obliegt den Kommunen. Für die Wasserwerke endet<br />

die Verantwortlichkeit am Reinwasserbehälter. Reinwasserbehälter sind in großer<br />

Zahl vorhanden. Teilweise werden sehr große Reinwasserbehälter betrieben. In<br />

Kapstadt ist beispielsweise ein Behälter mit einem Fassungsvermögen von 640.000<br />

m³ in Planung. Bild 6.1 zeigt einen Blick auf das Wiggins Wasserwerk, aus dem die<br />

Größe des betriebenen Reinwasserbehälters zu erkennen ist (Bezeichnung F).<br />

Bild 6.1: Übersicht Wiggins Water (UMGENI)<br />

A – Rohwasserzulauf, B – Ozon mit Erzeugung und Reaktionsbecken,<br />

C – Chemikaliendosierung, D – Sedimentation, E – Filtration, F – Reinwasserbehälter<br />

(I=124.000 m³)<br />

Die Versorgungsgebiete der größeren Wasserwerke sind sehr groß. Rand Water<br />

versorgt 10 Mio. Personen im Mittel pro Tag mit 3.400.000 m³ in einem Gebiet mit


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 101<br />

einer Fläche von 18.000 km². Das Netz weist 9.500 km auf und enthält 83 Reinwasserbehälter<br />

sowie 33 Wassertürme.<br />

Wiggins Water verteilt Wasser in einem Gebiet von 24.000 km². Magalies Water betreibt<br />

520 km Versorgungsnetz, mit einer maximalen Entfernung von 120 km. Die<br />

Verweilzeit wird hier mit 7 Tagen angegeben. In George werden 150.000 Einwohner<br />

versorgt.<br />

Das Trinkwasser wird in Leitungen aus Stahlbeton bzw. aus Stahl, der mit 12 mm<br />

Beton beschichtet ist, transportiert. Kleinere Transport- und Verteilungsleitungen bestehen<br />

aus Stahl, die teilweise mit Epoxiden beschichtet sind. PVC wird nur im Ausnahmefall<br />

verwendet. Die Netzverluste liegen zwischen 9 und 30 %.<br />

Viele Wasserwerke haben die Desinfektion von Chlor auf Chlorammin umgestellt.<br />

Der Einsatz von Chlorammin und Natriumsilikat als Korrosionsinhibition in Stahlleitungen<br />

wird im Bericht des WRC Nr. 779/1/00 beschrieben. Die Restgehalte an<br />

Chlor betragen zwischen 0,5 und vereinzelt bis 1,9 mg/L.<br />

In den ländlichen Regionen speichert die Bevölkerung ihr Wasser für den täglichen<br />

Gebrauch in Behältern, die z.T. aus Kunststoff, z.T. aus Edelstahl bestehen. Das<br />

Wasser reicht meist für zwei Tage. Untersuchungen zeigten, dass diese Art der<br />

Speicherung problematisch ist, insbesondere hinsichtlich hygienischer Bedingungen.<br />

7 Kosten<br />

Für das Rohwasser müssen die Wasserwerke zwischen 0,3 R und 1,5 R pro m³ an<br />

das DWAF bezahlen. 1 R entspricht ca. 0,1 €. Die Wasserwerke verkaufen das aufbereitete<br />

Trinkwasser anschließend für 1,15 R bis 2,5 R pro m³ an die Kommunen<br />

weiter (Magalies Water).<br />

Bei Rand Water kostet das Rohwasser 1,2 R pro m³, das sind 80 % der Produktionskosten.<br />

Die Verbraucher zahlen in Abhängigkeit vom Wasserverbrauch. Während<br />

die ersten 6 m³ pro Monat kostenlos sind, wird bei einem Wasserverbrauch<br />

zwischen 7 und 15 m³ z.B. 3,8 R/m³ pro m³ (George) bezahlt.<br />

In Windhoek, Namibia liegen die Kosten aufgrund der aufwändigen Technik höher,<br />

wie aus Tabelle 7.1 hervorgeht.<br />

Tabelle 7.1: Trinkwasserkosten Windhoek, Namibia<br />

Verbrauchte Wassermenge Kosten, N$ pro m³


102<br />

0-6 m³ 3,51<br />

6-45 m³ 5,7<br />

>45 m³ 7<br />

1 N$ = 1 R = 0,10 €<br />

8 Zusammenfassung<br />

Die Trinkwassergewinnung in Südafrika erfolgt zu etwa 80 % aus Talsperrenwasser.<br />

Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um ungepufferte Wässer mit zeitweise erhöhten<br />

Trübstoffgehalten (< 150 FNU) sowie erhöhten Huminstoffgehalten<br />

(< 20 mg/L). In den Talsperren tritt typischerweise ein vermehrtes Algenwachstum<br />

auf.<br />

Die Wasseraufbereitung in Südafrika erfolgt auf einem hohen Niveau. Die Trinkwasserbeschaffenheit<br />

ist allgemein gut. Die Wasserversorger beherrschen auch extreme<br />

Rohwassersituationen. Insbesondere aufgrund hoher Algengehalte im Rohwasser,<br />

verbunden mit erhöhten Gehalten an Geruchs- und Geschmackstoffen wie z.B.<br />

Geosmin und Methylisoborneol, ist die Zugabe von Pulveraktivkohle erforderlich. In<br />

den meisten Wasserwerken erfolgt dies allerdings nur zeitweise. Aufgrund der hohen<br />

Kosten pro kg Pulveraktivkohle wird damit sparsam umgegangen und versucht, zunächst<br />

nur mit Flockungsmitteln und Flockungshilfsmitteln auszukommen. In einigen<br />

Werken sind erhöhte Rohwassertrübungen störend, in einem Werk ist eine sehr<br />

starke Färbung des Wassers verursacht durch Huminstoffe ohne Trübung zu beherrschen.<br />

Um den Flockungsprozess zu verbessern, werden bei trübstoffarmen<br />

Wässern Zusatzstoffe wie z.B. Bentonit als Kristallisationskeime für die Flockung<br />

zudosiert. Da es für die eingesetzten Zusatzstoffe keine Qualitätskriterien gibt, kann<br />

es vorkommen, dass im Aufbereitungsprozess zwar Mangan weitestgehend entfernt<br />

wird, aber bei der abschließenden pH-Wert-Einstellung braune Kalkmilch verwendet<br />

wird, die durch Mangan verunreinigt ist. Dadurch erhöht sich der Mangangehalt im<br />

abgegebenen Trinkwasser. Auch Eisenchlorid als Flockungsmittel enthält Mangan<br />

als Verunreinigung.<br />

Bei der Wasserverteilung liegt der Gehalt an freiem Chlor oft über > 0,5 mg/L. In den<br />

ländlichen Regionen wird das Trinkwasser oft in Zwischenbehältern gespeichert.<br />

Beachtlich sind das Wissen und die Forschungskapazität des WRC in Pretoria. Das<br />

zentrale Institut für Wasserforschung ist ein Partner für zahlreiche internationale Forschungs-<br />

und Entwicklungsvorhaben.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Südafrika 103<br />

9 Literatur und Links<br />

[1] SABS South Africa Bureau of Standards. Specifications for Water for domestic<br />

supplies. 241/1984 (1984)<br />

[2] Simonic, M.: WRC k5/841. Elektronischer Atlas über die Grundwasserbeschaffenheit.<br />

Beispiel in der Anlage auf der CD.<br />

[3] London, L.; Dalvie, M.A.; Cairncross, E.; Solomons, A.: The Quality of surface<br />

and groundwater in the rural western cape with regard to pesticides. WRC<br />

Nr.795/1/00.<br />

Water Research Commission: <br />

Randwater (Wasserversorger): <br />

Umgeni Water (Wasserversorger): <br />

10 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Kurzbeschreibungen der besuchten Wasserwerke (Steckbriefe)<br />

- Anlage 2: Kurzbeschreibung der Fotodokumentation<br />

- Bilddokumentation zu den Wasserwerken:<br />

• Rietvlei<br />

• Schoemansville<br />

• Magalies Water<br />

• Zuikerbosch, Rand Water<br />

• Wiggins Water, Umgeni<br />

• Albany Coast<br />

• George<br />

• Blackheath, Cape Town<br />

• Faure, Cape Town<br />

• Kloof Nek, Cape Town<br />

• Bilddokumentation Wasserwerk Goreangab (Namibia)<br />

- Gesetzestexte<br />

- Daten zur Grundwasserbeschaffenheit (elektronischer Atlas)


104


Thailand


106<br />

1 Einleitung<br />

Im Rahmen des Projektverbundes „Exportorientierte Forschung und Entwicklung auf<br />

dem Gebiet der Wasserver- und -entsorgung, Teil 1: Trinkwasser“ wurden innerhalb<br />

von Rahmenprojekt 1, Teil A Wasserwerke in Thailand aufgesucht, um einen Überblick<br />

über die dortigen Randbedingungen und Strukturen der Wasserversorgung,<br />

-aufbereitung und -verteilung zu erhalten.<br />

Dabei wurden insgesamt neun Wasseraufbereitungsanlagen besichtigt, darunter ein<br />

Wasserwerk, das unter der Betriebsführung von Thames Water, der Führungsgesellschaft<br />

sämtlicher Wasseraktivitäten von RWE, betrieben wird. Dieses Wasserwerk<br />

stellt das bisher einzige BOT (Build Operate Transfer) Projekt in Thailand dar.<br />

Die übrigen Wasserwerke werden von der Provincial Water Authority (PWA) bzw.<br />

der Metropolitan Water Authority (MWA) betrieben. In Tabelle 1.1 sind die besuchten<br />

Wasserwerke und die jeweiligen Betreiber aufgeführt. Die Lage der in Thailand aufgesuchten<br />

Wasserwerke ist in Bild 1.1 zusätzlich markiert.<br />

Tabelle 1.1: Liste der zur Datenerhebung aufgesuchten Wasserwerke<br />

Name WVU Provinz Betreiber Rohwasser<br />

Pathumtanee<br />

Nakorn Nayok<br />

Khon Kaen<br />

Udonthani<br />

Nong Kai<br />

Chiang Mai<br />

Chinag Mai<br />

Pathum Thani<br />

Nakorn Nayok<br />

Khon Kaen<br />

Udonthani<br />

Nong Kai<br />

Chiang Mai<br />

Lamphun<br />

RWE<br />

Thames Water<br />

PWA<br />

Regional Office 2<br />

PWA<br />

Regional Office 6<br />

PWA<br />

Regional Office 7<br />

PWA<br />

Regional Office 7<br />

PWA<br />

Regional Office 9<br />

PWA<br />

Regional Office 9<br />

Kapazität<br />

in (m³/d)<br />

Fluss 290.000<br />

Talsperre 25.000<br />

Fluss /<br />

Talsperre<br />

60.000<br />

Fluss 60.000<br />

Fluss 24.000<br />

Talsperre 100.000<br />

Grundwasser/<br />

Uferfiltrat<br />

5.500<br />

Bangkhen Bangkok MWA Fluss 3.600.000<br />

Mahasawat Bangkok MWA Fluss 800.000


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 107<br />

Bild 1.1: Lage der aufgesuchten Wasserversorgungsunternehmen in Thailand


108<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

In Thailand wurden mehrere Gesetze und Verordnungen erlassen, die dem Schutz<br />

der Wasserressourcen dienen. Diese Gesetze betreffen den direkten Rohwasserschutz,<br />

das Monitoring, die Klassifizierung von Wässern, die zur Trinkwassergewinnung<br />

genutzt werden können, die Einleitung von Industrie- und sonstigen Abwässern<br />

oder auch Bestimmungen für Trink- und Flaschenwasser.<br />

Rohwasser, Flaschenwasser, Abwasser<br />

Oberflächenwässer werden in Thailand nach einem Klassifikationssystem eingeteilt<br />

[1]. Die Regelung gilt für Flüsse und Seen. Es gibt 5 Klassen, wobei Klasse 1 die<br />

höchsten Anforderungen an das Gewässer stellt. Darüber hinaus existieren noch<br />

verschiedene Gesetzesvorgaben, die die Ausweisung von Schutzgebieten, die<br />

Grundwasserqualität usw. beinhalten [2-3]. Die entsprechenden Grenz- und Richtwerte<br />

sind in Anlage 1 zusammengefasst. Darüber hinaus sind in Anlage 1 Grenzund<br />

Richtwerte zu der Beschaffenheit von Flaschenwasser [5] sowie von Abwasser<br />

[6] aufgelistet.<br />

Trinkwasser<br />

Für Thailand gilt eine einzige Trinkwasserverordnung (Drinking Water Quality Standards),<br />

die durch das Industrieministerium erlassen wurde [4]. Das thailändische Gesetz<br />

unterscheidet zwei Grenzwerte, die mit „maximal akzeptabel“ und „maximal erlaubt“<br />

bezeichnet sind. Der maximal akzeptable Wert gilt allgemein für Trinkwasser.<br />

In einigen Sonderfällen kann für einige nicht toxische Stoffe eine Lockerung der maximal<br />

akzeptablen Grenzwerte beantragt werden. Unter Sonderfällen sind beispielsweise<br />

schwierige Rohwasserverhältnisse oder bestimmte Situationen in der ländlichen<br />

Versorgung zu verstehen.<br />

In Tabelle 2.1 sind die in Thailand und Deutschland jeweils gültigen Trinkwassergrenzwerte<br />

für ausgewählte Parameter gegenübergestellt. Die thailändischen, maximal<br />

akzeptablen Grenzwerte liegen insbesondere für die Anionen weitgehend in derselben<br />

Größenordnung wie die deutschen Werte. Allerdings akzeptiert der thailändische<br />

Gesetzgeber u.a. bei Trübung, Eisen, Mangan, Arsen sowie bei Schwermetallen<br />

wesentlich höhere Werte. Hinsichtlich von PBSM-Wirkstoffen differenziert das<br />

thailändische Gesetz die einzelnen Wirkstoffe wesentlich stärker als dies in der deutschen<br />

TrinkwV geschieht.<br />

Eine Auflistung aller Parameter der thailändischen Trinkwasserverordnung enthält<br />

Anlage 1.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 109<br />

Tabelle 1.1: Vergleich der Trinkwassergrenzwerte in Thailand und Deutschland anhand<br />

ausgewählter Parameter<br />

Thailand<br />

Parameter<br />

maximal<br />

akzeptabel<br />

maximal<br />

erlaubt<br />

Deutschland<br />

Geruch - nicht feststellbar<br />

Geschmack - nicht feststellbar<br />

Trübung NTU 5 20 1,0<br />

pH-Wert - 6,5 - 8,5 9,2 6,5 – 9,5<br />

Eisen mg/L 0,5 1,0 0,2<br />

Mangan mg/L 0,3 0,5 0,05<br />

Summe Fe und Mn mg/L 0,5 1,0<br />

Kupfer mg/L 0,5 1,5 2,0<br />

Zink mg/L 5,0 15,0<br />

Calcium mg/L 75 200<br />

Magnesium mg/L 50 150<br />

Sulfat mg/L 200 250 250<br />

Chlorid mg/L 250 600 250<br />

Fluorid mg/L 0,7 1,0 1,5<br />

Nitrat mg/L 45 45 50<br />

Alkylbenzylsulfonate–<br />

LAS<br />

mg/L 0,5 1,0<br />

Phenolische Substanzen<br />

Phenolindex<br />

mg/L 0,001 0,002 0,05<br />

Quecksilber mg/L 0,002 - 0,001<br />

Blei mg/L 0,05 - 0,01<br />

Arsen mg/L 0,05 - 0,01<br />

Selen mg/L 0,01 - 0,01<br />

Chrom mg/L 0,05 - 0,05<br />

Cyanid mg/L 0,2 - 0,05<br />

Cadmium mg/L 0,01 - 0,005<br />

Barium mg/L 1,0 -<br />

Pestizidrückstände *<br />

DDT (total)<br />

µg/L 1 - 0,5<br />

Aldrin und Dieldrin * µg/L 0,03 - 0,03<br />

Chlordan (total) * µg/L 0,3 - 0,1<br />

Hexachlorbenzol * µg/L 0,01 - 0,1<br />

Heptachlor und<br />

Heptachlorepoxid * µg/L 0,1 - 0,03<br />

alpha-HCH * µg/L 3 - 0,1<br />

Methoxychlor * µg/L 30 - 0,1<br />

2,4–<br />

Dichlorphenoxyessigsäure<br />

µg/L 100 - 0,1


110<br />

*<br />

Gesetzesvorschlag, noch nicht verabschiedet


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 111<br />

3 Allgemeine Angaben zur Trinkwassergewinnung<br />

und -versorgung<br />

3.1 Struktur der Wasserversorgung<br />

Die politische Verantwortlichkeit für den gesamten Bereich Wasser, sei es Trinkwasser,<br />

Abwasser, Industriewasser oder Wasser zur Bewässerung, ist in Thailand stark<br />

zersplittert. Sechs Ministerien (Ministry of Science, Technology and Environment,<br />

Ministry of Transport, Ministry of Interior, Ministry of Industry, Ministry of Public<br />

Health, and Ministry of Agriculture and Cooperatives) sowie insgesamt über 40 verschiedene<br />

staatliche Stellen und Behörden sind in Teilbereichen für Wasser zuständig.<br />

Aufgrund der daraus resultierenden Kompetenzansprüche sowie der unterschiedlichen<br />

Interessen der einzelnen Stellen kommt es eher zu einer gegenseitigen<br />

Behinderung als zu einem förderlichen Miteinander. Allerdings wurde im Herbst 2002<br />

eine Gesetzgebungs- bzw. Organisationsinitative mit dem Ziel gestartet, die Kompetenzen<br />

im Bereich der Wassergesetzgebung auf lediglich ein Ministerium zu konzentrieren<br />

und auch die Verwaltungsstrukturen in den Provinzen zu straffen.<br />

Für die zentrale Trinkwasserversorgung, die die Aufbereitung und die leitungsgebundene<br />

Verteilung von Trinkwasser umfasst, sind in Thailand im Wesentlichen zwei<br />

staatseigene Betriebe verantwortlich, die Metropolitan Water Authority (MWA) und<br />

die Provincial Water Authority (PWA). Die MWA ist für die Versorgung von Bangkok<br />

und drei angrenzende Provinzen verantwortlich. Die PWA versorgt in den übrigen<br />

Provinzen die Menschen mit Trinkwasser. Neben diesen beiden großen Wasserversorgungsunternehmen<br />

gibt es auch noch eine geringe Anzahl von kleinen lokalen<br />

Versorgern in kommunaler Hand, über deren genaue Anzahl und Wasserproduktion<br />

jedoch keine Angaben gefunden wurden.<br />

Nach Angaben der WHO (WHO/Unicef Joint Monitoring Programme for Water Supply<br />

and Sanitation, September 2001) haben im städtischen Raum 98 % der Bevölkerung<br />

Zugang zu sicherem Trinkwasser. Im ländlichen Raum beträgt der Anteil hingegen<br />

lediglich 90 %. Unter sicherem Trinkwasser werden hierbei verstanden: Hausanschlüsse,<br />

öffentliche Hydranten, „Bohrlöcher“, geschützte Tiefbrunnen und Quellen,<br />

Regenwasser. Aus diesen Angaben kann nicht direkt auf den Versorgungsgrad der<br />

Bevölkerung mit sicherem, leitungsgebundenen Trinkwasser geschlossen werden.<br />

Die WHO Statistik (1987), die noch nach Leitungsanschlüssen differenziert, gibt für<br />

den städtischen Bereich eine Anschlussquote ans öffentliche Trinkwassernetz von<br />

58 % und im ländlichen Raum von 7,8 % an.<br />

Ein Bericht der PWA (1997) zu einem Wasserversorgungsprojekt im Norden von<br />

Thailand an der Grenze zu Laos enthält u.a. folgende Angaben. Im geschilderten<br />

Projektgebiet leben 500.000 Menschen. Hiervon leben ca. 100.000 Menschen in insgesamt<br />

100 Dörfern entlang einer Autobahn, die von Udonthani nach Nong Kai verläuft<br />

und deren Trasse für den Bau einer Fernwasserleitung genutzt werden soll. Von<br />

dieser Fernwasserleitung sollen 100 Orte mit Trinkwasser versorgt werden. Vor Um-


112<br />

setzung des Projektes sind nach diesem Bericht lediglich die Bewohner von 19 Ortschaften<br />

an das Trinkwasserleitungsnetz angeschlossen, während die Bewohner von<br />

40 Ortschaften keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser haben.<br />

Provincial Water Authority (PWA)<br />

Die staatseigene PWA betreibt in 73 Provinzen von Thailand insgesamt<br />

225 Wasserwerke mit einer Gesamtwasserproduktion von 703 Mio. m³/a.<br />

Die Struktur der PWA entspricht in etwa der Verwaltungsstruktur in Thailand. So betreibt<br />

die PWA 10 „Regional Offices“, die jeweils für die Wasserversorgung in 6 bis<br />

10 Provinzen verantwortlich sind und zwischen 16 und 26 Wasserwerke betreiben.<br />

Die „Regional Office“ sind nur in beschränktem Umfange selbständige Einheiten, da<br />

Investitionen stets von der Zustimmung des „Head Office“ in Bangkok abhängig sind.<br />

Die regionale Organisationsstruktur der PWA geht aus Bild 3.1 hervor. Einige der<br />

wichtigsten Kennzahlen zur PWA sind in Tabelle 3.1 zusammengestellt.<br />

Tabelle 3.1: Übersichtsdaten zur PWA<br />

1990 1995 1999 2001<br />

Hausanschlüsse Mio. 0,676 1,194 1,58 1,75<br />

Verbraucher Mio. ca. 10<br />

produziertes Wasser Mio.m³/a 332 526 642 703<br />

eingespeistes Wasser Mio.m³/a 320 509 615 673<br />

verkauftes Wasser Mio.m³/a 237 349 414 473<br />

„Wasserverluste“ % 26 31,3 32,6 29,6<br />

Angestellte 5.683 6.738 7.210 6.92<br />

Verhältnis Kunden/Angestellte 119 177 219 277<br />

Monatliche Wasserabnahme<br />

pro Anschluss<br />

m³ 31,3 25,8 22,14 23,12<br />

Entsprechend der Regierungspolitik bemüht sich die PWA, die Privatwirtschaft für<br />

ein stärkeres Engagement in der Wasserwirtschaft zu gewinnen. Nach dem ersten<br />

erfolgreich durchgeführten BOT- (Build Operate Transfer) Modell in Pathum Thani<br />

mit Thames Water als Partner sind derzeit insgesamt 8 weitere BOT- und BOO-<br />

(Build Own Operate) Projekte in Verhandlung oder bereits auf den Wege der Realisierung,<br />

wie die Zusammenstellung in Tabelle 3.2 zeigt. Es handelt sich hierbei ausschließlich<br />

um Projekte zum Bau und Betrieb von Wasserwerken.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 113<br />

Bild 3.1: Regionale Struktur der PWA


114<br />

Tabelle 3.2: Projekte zum Bau und Betrieb von Wasserwerken in Thailand<br />

Ratchaburi/ Smut<br />

Snogkran<br />

Laufzeit in Jahren Mio.EUR Partner Art<br />

30 15,1<br />

Phuket 10 1,9<br />

Nakorn Pathon /<br />

Samut Sakorn<br />

Lampang Water<br />

Nakornsawan<br />

Chachoengsao<br />

Ban Pa Kong<br />

Vertragsverhandlung<br />

Vertragsverhandlung<br />

Vertragsverhandlung<br />

Vertragsverhandlung<br />

Vertragsverhandlung<br />

EGCOM TARA<br />

Co. Ltd.<br />

REQUIRE<br />

Construction Co.<br />

BOO<br />

BOO<br />

232,5 Thames Water BOT<br />

20,0 Vivendi / Aqua Thai BOT<br />

6,7 Samcon, Hydratek BOT<br />

20,5 Consortium BOT<br />

16,9 Consortium BOT<br />

Metropolitan Water Authority (MWA)<br />

Die ebenfalls staatseigene MWA ist, wie bereits erwähnt, für die Wasserversorgung<br />

in Bangkok sowie in den beiden angrenzenden Provinzen Samut Sakorn im Südosten,<br />

Samut Prakan im Südwesten und Teilen von Patum Thani im Norden verantwortlich.<br />

Das gesamte Versorgungsgebiet der MWA ist organisatorisch in 4 Gebiete<br />

aufgeteilt.<br />

Die MWA betreibt insgesamt vier Wasserwerke, Bangkhen, Mahasawat, Samsen<br />

und Thonburi, wobei die Reihenfolge in der Aufzählung der Größe der einzelnen<br />

Wasserwerke entspricht.<br />

Bangkhen versorgt hauptsächlich die „East Bank“ und das Zentrum Bangkoks, wobei<br />

auch das im Zentrum gelegene Samsen dieses Gebiet mit versorgt. Mahasawat und<br />

Thonburi speisen hauptsächlich das Verteilungsnetz der „West Bank“ des Chao<br />

Praya Rivers, was Gebiete des Outer Bangkok darstellen.<br />

Tabelle 3.3 enthält ausgewählte Kennzahlen zur MWA.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 115<br />

Tabelle 3.3: Kennzahlen zur MWA<br />

1999 2000<br />

Hausanschlüsse Mio. 1,38 1,41<br />

Verbraucher Mio. 6,9 7<br />

produziertes Wasser Mio. m³/a 1,438 1,415<br />

verkauftes Wasser Mio. m³/a 856 880<br />

„Wasserverluste“ % 39,47 38,81<br />

Angestellte 5.321 5.281<br />

Verhältnis Kunden/Angestellte 259 266<br />

durchschnittl. Wasserabnahme pro Anschluss m³/Monat 51,64 52,15<br />

durchschnittlicher Wasserpreis Baht/m³ 10,42 11,70<br />

3.2 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Die beiden großen Wasserversorger PWA und MWA nutzen zu über 90 % Oberflächenwasser<br />

als Rohwasser. Grundwasser wird hingegen von Privatleuten, die nicht<br />

an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen sind oder die sich leitungsbundenes<br />

Trinkwasser nicht leisten können, von kleineren kommunalen Wasserversorgern<br />

und vor allem von der Industrie genutzt.<br />

In Bangkok wird die Nutzung von Grundwasser auf Grund von Bodenabsenkungen<br />

gesetzlich weitgehend eingeschränkt. Beispielsweise wurden 1990 in einem Teilgebiet<br />

von Bangkok 200.000 m³/d Grundwasser gefördert, obwohl die Grundwasserneubildung<br />

lediglich bei 150.000 m³/d lag. Die starke Nutzung von Grundwasser führt<br />

im Großraum Bangkok auf einer Fläche von mehreren 1.000 km² zu einer Absenkung<br />

von 5 – 10 cm pro Jahr. Diese Absenkungen rufen wiederum erhebliche Schäden<br />

an Gebäuden, Straßen, der gesamten Infrastruktur und nicht zuletzt des Trinkwasserverteilungsnetzes<br />

hervor. Die Verbote und Vorschriften zur Grundwassernutzung<br />

werden allerdings nicht mit letzter Konsequenz durchgesetzt. Vielmehr wird<br />

versucht, durch den massiven Ausbau der öffentlichen Wasserversorger die Grundwassernutzung<br />

zurückzudrängen.<br />

Ein weiterer Konflikt um die Nutzung der Ressource Wasser besteht zwischen den<br />

unterschiedlichen Interessenvertretern aus Landwirtschaft, Industrie und der öffentlichen<br />

Wasserversorgung. So werden derzeit ca. 90 % der jährlich nutzbaren Wassermenge<br />

von der Landwirtschaft verbraucht. Für die öffentliche Trinkwasserversorgung<br />

stehen hingegen lediglich 6 % dieser Wassermenge zur Verfügung. Aufgrund<br />

dieses Aufteilungsschlüssels muss beispielsweise die MWA einen ca. 160 km langen<br />

Rohwasserkanal bauen, da das Kontingent zur Trinkwassergewinnung aus dem nahegelegenen<br />

Chao Praya River bereits weitgehend ausgeschöpft ist.


116<br />

3.3 Klima<br />

In Thailand werden prinzipiell drei Jahreszeiten voneinander unterschieden. Die Jahreszeiten<br />

werden insbesondere durch den Monsun bestimmt. Dieser tritt in den einzelnen<br />

Regionen zu unterschiedlichen Zeiten auf. Im äußersten Süden gibt es lediglich<br />

zwei Jahreszeiten.<br />

Rund vier fünftel Thailands werden durch ein Klima mit einer Trockenzeit, dem so<br />

genannten Savannenklima geprägt. Dabei sind die Temperaturunterschiede am Tag<br />

und in der Nacht etwa genau so groß wie die jahreszeitlich bedingten Temperaturschwankungen.<br />

Zu diesen Regionen gehören der Norden, der Nordosten und die<br />

Zentralregion. Die trockene Jahreszeit beginnt in diesen Regionen im Dezember und<br />

endet März/April. Zu Beginn der Trockenzeit bzw. einen Monat früher beginnt auch<br />

die so genannte kühlere Jahreszeit mit Tagesdurchschnittstemperaturen unter 25°C<br />

und Höchsttemperaturen unter 30°C. Bis zum Ende der Trockenzeit steigen die<br />

Temperaturen dann bis Ende April auf 30 und über 35 °C an. Diese Zeit ist die Vormonsunzeit,<br />

in der die höchsten Temperaturen des Jahres erreicht werden.<br />

Die Regen- oder Monsunzeit beginnt im Norden, der Zentralregion und im Nordosten<br />

Ende Mai und dauert im Norden und Nordosten bis etwa Ende September und endet<br />

einen Monat später in der Zentralregion. In der Regenzeit kommt es nur selten zu<br />

Dauerregen. Vielmehr treten meist pro Tag ein bis zwei kräftige Schauer über ein bis<br />

zwei Stunden auf.<br />

Dem Klimatyp tropischer Regenwald mit einer kurzen Trockenzeit sind 13,4 % Thailands<br />

zuzuordnen. Dieses Gebiet erstreckt sich vom im äußersten Südwesten Thailands<br />

über Phuket bis nach Ranong. In diesem Gebiet sind die jahreszeitlich bedingten<br />

Temperaturunterschiede wesentlich geringer als die Tagesschwankungen. In<br />

den Monaten Januar und Februar fallen deutlich weniger als 50 mm Niederschlag.<br />

3,4 % der Landesfläche Thailands sind dem tropischen Regenwaldklima zuzuordnen.<br />

Dieses Gebiet liegt im äußersten Südosten des Landes zwischen Nakhon Si<br />

Thamarat und der malaiischen Grenze. In diesem Gebiet betragen die monatlichen<br />

Niederschläge in der Regel mehr als 60 mm, wobei allerdings die Hauptniederschläge<br />

in den Monaten Oktober bis Dezember niedergehen. Die mittleren Tagestemperaturen<br />

schwanken nur in einem sehr geringen Umfang zwischen 27 und 29°C (Song<br />

Khla).<br />

Wie Bild 3.3 zusammenfassend zeigt, nehmen die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen<br />

von Norden nach Süden ab. Die Niederschlagsmenge nimmt nach<br />

Süden hin zu und die Regenzeit verschiebt sich um ein bis zwei Monate. Weitere<br />

Angaben zur Landeskunde sind in Anlage 3 enthalten.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 117<br />

40<br />

35<br />

Chiang Mai<br />

Niederschlag<br />

mittlere Tagesminima<br />

mittlere Tagesdurchschnittstemperatur<br />

mittleres Tagesmaxima<br />

400<br />

350<br />

30<br />

300<br />

Temperatur, °C<br />

25<br />

20<br />

15<br />

250<br />

200<br />

150<br />

Niederschlag, mm<br />

10<br />

100<br />

5<br />

50<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

0<br />

40<br />

Bangkok<br />

400<br />

35<br />

350<br />

30<br />

300<br />

Temperatur, °C<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

Niederschlag<br />

mittlere Tagesminima<br />

mittlere Tagesdurchschnittstemperatur<br />

mittleres Tagesmaxima<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Niederschlag, mm<br />

5<br />

50<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

0<br />

40<br />

35<br />

Song Khla<br />

600<br />

550<br />

500<br />

30<br />

450<br />

Temperatur, °C<br />

25<br />

20<br />

15<br />

Niederschlag<br />

mittlere Tagesminima<br />

mittlere Tagesdurchschnittstemperatur<br />

mittleres Tagesmaxima<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

Niederschlag, mm<br />

10<br />

150<br />

5<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

0<br />

Bild 3.3: Klimadaten ausgewählter thailändischer Städte


118<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Die Wasserressourcen sind in Thailand regional ungleichmäßig verteilt. Im Nordosten<br />

und der Zentralregion herrscht Wassermangel vor allem in der Trockenzeit. Auch<br />

in Bangkok kann es ebenso wie in den großen Touristengebieten Phuket und<br />

Pattaya zu Wasserknappheit kommen.<br />

Der durchschnittliche Wasserverbrauch liegt im Versorgungsgebiet der MWA bei<br />

350 l/Einwohner/Tag, bei der PWA bei 170 l/Einwohner/Tag.<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

Das „Pollution Control Department“ (PCD) führte 1999 ein umfangreiches Monitorprogramm<br />

zur Klassifizierung von Oberflächengewässern, 50 Flüsse und Seen,<br />

durch. Nach diesem Programm ist der Zustand von über 50 % der untersuchten Gewässer<br />

als stark bis sehr stark belastet zu bezeichnen. Tabelle 4.1 gibt einen Überblick<br />

über die mikrobiologische Beschaffenheit der wichtigsten thailändischen Flüsse.<br />

Tabelle 4.1: Beschaffenheit der wichtigsten thailändischen Flüsse<br />

Fluss/See BOD in mg/L O 2 (gel.) in mg/L Coliforme n/100 mL<br />

Yom 1,5 5,8 270<br />

Ping 1,1 5,6 800<br />

Mae Klong 1,0 6,0 790<br />

Thachin (Oberlauf) 1,1 4,8 1.450<br />

Thachin (Mittellauf) 1,6 1,5 10.000<br />

Thachin (Unterlauf) 2,0 1,3 2.400<br />

ChaoPraya (Oberl.) 0,9 5,7 1.300<br />

ChaoPraya (Mittell.) 0,8 4,5 2.700<br />

ChaoPraya (Unterl.) 2,8 1,0 14.500<br />

NAN 1,5 6,7 215<br />

Pasak 1,4 6,0 1.100<br />

Chi 1,4 6,6 130<br />

Moon 1,1 6,3 70<br />

Bangpakong 0,9 4,7 195<br />

Sonkhla Lake 1,8 5,9 110<br />

Bei der Förderung von Grundwasser treten insbesondere die auch in Deutschland<br />

bekannten Probleme mit der Entfernung von Eisen, Mangan und Ammonium auf.<br />

Hinzu kommt in einigen Gebieten von Thailand das Auftreten von Arsen, das bei einem<br />

landesweiten Monitorprogramm in Konzentrationen von 0,06 bis 1,86 mg/L<br />

nachgewiesen wurde.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 119<br />

Die Beschaffenheit der Oberflächenwässer unterscheidet sich hinsichtlich des pH-<br />

Wertes und der Mineralisierung nicht wesentlich von den hier in Europa untersuchten<br />

Wässern. Aufgrund der extremeren klimatischen Bedingungen (Regenzeit, Monsun<br />

etc.) im Vergleich zu Europa sind die Schwankungen insbesondere der Trübung und<br />

des Gehaltes an natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen wesentlich größer.<br />

So liegen die Trübungen in der „Nicht Regenzeit“ in der Regel zwischen 10 und 50<br />

FNU (Tabelle 4.2), steigen dann aber in der Regenzeit bis auf Werte von 300 bis<br />

1.000 FNU an.<br />

Tabelle 4.2: Rohwasserbeschaffenheit von verschiedenen Wasserwerken<br />

Provinz<br />

Udonthani<br />

Khon Kaen<br />

Thani Mai<br />

Pathum Chiang<br />

Wasserwerk<br />

Nong Pha Nong Khai<br />

Chak Plant Plant<br />

Rohwasser<br />

Nong Sam<br />

Rong<br />

Mea<br />

Khong<br />

Chao<br />

Reservoir Phrya River<br />

Reservoir<br />

Reservoir River<br />

Temperatur °C 18 - 28 15 - 22 15 - 22 15 - 22 15 - 22<br />

Trübung FNU 50 436 2 30 - 60<br />

pH - Wert 6,8 6,2 6,5 6.9-7.2 6,3<br />

Glührückst. mg/L 228 668 140 166<br />

Eisen mg/L 0,2 0,47 0,2 1.3-1.5 1,14<br />

Mangan mg/L 0,27 0,089 0,13 0.12-0.22 0,146<br />

Calcium mg/L 25,6 27 11 15 6<br />

Magnesium mg/L 2,4 5,8 9,2 4,3 2,1<br />

DOC mg/L 4,8 1,9<br />

In Anlage 2 sind die Befunde der vom TZW stichprobenartig durchgeführten Reinwasseranalysen<br />

enthalten. Es wurden sowohl Wässer am Wasserwerksausgang als<br />

auch Netzproben in Hotels genommen. Ein Auszug typischer Untersuchungsergebnisse<br />

ist in Tabelle 4.3 zusammengestellt. Demnach handelt es sich meist um<br />

schwach gepufferte Wässer mit teilweise erhöhten Gehalten an Eisen und Mangan.<br />

Darüber hinaus gibt es Analysen mit erhöhten Blei- und Zinkgehalten. Die DOC-<br />

Gehalte in den untersuchten Trinkwässern lagen zwischen 1,3 und 3,2 mg/L. THM-<br />

Gehalte im Netz betrugen in den Stichproben bis zu 45 µg/L. Spurenstoffe wie Organochlorinsektizide<br />

und PCB wurden nicht nachgewiesen.


120<br />

Tabelle 4.3: Ausgewählte Parameter von verschiedenen Trinkwässern (Analysen:<br />

TZW)<br />

Pathum Nakorn Khon U- Chiang<br />

Bangkok<br />

Thani Nayok Kaen donthani Mai<br />

Probenahmestelle<br />

Netz Ausgang Ausgang Netz Netz Netz<br />

Hotel WW WW Hotel Hotel Hotel<br />

pH-Wert 7,41 7,4 6,9 7,38 7,17 7,59<br />

Säurekap. mmol/L 1,34 1,46 0,38 1,07 0,86 2,21<br />

Eisen mg/L 0,04 n.n. n.n. 0,48 0,34 0,09<br />

Mangan mg/L 0,005 n.n. 0,021 0,008 0,045 0,009<br />

Aluminium mg/L 0,06 n.n. 0,05 0,09 n.n.<br />

Calcium mg/L 19 22,1 2,5 17,2 14 28,4<br />

Magnesium mg/L 4,3 4,6 n.n. 2,9 2,5 5,4<br />

Arsen mg/L n.n. n.n. n.n. n.n. n.n. n.n.<br />

Blei mg/L 0,004 n.n. n.n. 0,014 n.n. 0,002<br />

Nickel mg/L n.n. n.n. n.n. n.n. n.n. 0,001<br />

Kupfer mg/L n.n. n.n. n.n. n.n. n.n. 0,001<br />

Zink mg/L 0,44 n.n. n.n. 1,91 0,08 0,16<br />

DOC mg/L 3,2 3,4 1,7 2,7 1,3 1,3<br />

Summe THM µg/L 36,4 45,3 12 4,6 16,2 n.n.<br />

Organochlorinsekt. n.n. n.n. n.n. n.n. n.n. n.n.<br />

5 Aufbereitung<br />

In diesem Kapitel wird ein Überblick über die Technologien der Trinkwasseraufbereitung<br />

der beiden größten thailändischen Wasserversorger, PWA und MWA, gegeben.<br />

Die Angaben basieren auf Erkenntnissen, die während der Datenerhebung an ausgewählten<br />

Wasserwerken in Thailand erhalten wurden. Detailliertere Beschreibungen<br />

der besichtigten Wasserwerke sind in den Anlagen 4 bis 12 zusammengefasst.<br />

Die Behandlung von Fluss- bzw. Talsperrenwasser erfolgte in den besuchten Wasserwerken<br />

in einer drei- oder vierstufigen Trinkwasseraufbereitungsanlage bestehend<br />

aus:<br />

- Vorsedimentation (nur in 2 der 9 aufgesuchten Wasserwerke)<br />

- Flockung / Sedimentation<br />

- Schnellfiltration<br />

- Desinfektion<br />

In einigen Wasserwerken werden diese „Grundstufen“ abhängig von der Rohwasserqualität<br />

durch weitere Aufbereitungsschritte ergänzt. Sauerstoffarme Wässer<br />

werden in den Wasserwerken Mahasawat, Bangkok und Lamphun, Provinz Chiang<br />

Mai jeweils einer Kaskadenbelüftung unterzogen.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 121<br />

Zur Unterstützung der Entmanganung erfolgt häufig eine Dosierung von Kaliumpermanganat<br />

oder Chlor. Chlor wird daneben auch zur Bekämpfung des Muschel- und<br />

Algenwachstums eingesetzt, wobei im letztgenannten Anwendungsfall die Chlorung<br />

stets intermittierend betrieben wird (3 Tage mit Chlordosierung, 1 Tag Pause). Die<br />

Chlordosen betragen in diesen Fällen ca. 0,3-0,8 mg/L. Die Dosierung erfolgt als<br />

Chlorgas.<br />

Im Wasserwerk Chiang Mai wird zur Algenbekämpfung Kaliumpermanganat eingesetzt.<br />

Als Rohwasser dient in diesem Wasserwerk ein Talsperrenwasser, in dem<br />

häufig auch Algentoxine auftreten. Aufgrund des Auftretens dieser Toxine und der<br />

nach Angaben des Wasserwerkes erhöhten Pestizidkonzentrationen wird hier auch<br />

Pulveraktivkohle vor der Sedimentationsstufe zudosiert.<br />

Pulverkohle kommt aufgrund von Geruchs- und Geschmacksproblemen auch im<br />

Wasserwerk Mahasawat, Bangkok zum Einsatz. In diesem Werk wird Flusswasser<br />

aufbereitet.<br />

Vorsedimentation<br />

In einigen Wasserwerken sind der eigentlichen Aufbereitung Becken vorgeschaltet,<br />

die der Vorsedimentation dienen. Diese Becken sind einfache, ausgekofferte Gruben,<br />

die mit Lehm oder Ton abgedichtet werden und zumeist keine Einbauten zur<br />

Strömungsrichtung aufweisen (Bild 5.1). Die Aufenthaltszeit in diesen Becken beträgt<br />

normalerweise kaum mehr als 12 Stunden.<br />

Bild 5.1: Einfaches Becken zur Vorsedimentation<br />

Sofern die Wasserentnahme aus Flüssen an kleinen Staustufen erfolgt, dienen diese<br />

ebenfalls als einfache Sedimentationsfallen. Erfolgt die Entnahme aus einem Ne-


122<br />

benarm, in dem die Fließgeschwindigkeit des Flusses nahezu Null ist, begünstigt<br />

dies ebenfalls die Sedimentation. Zumeist liegen die Entnahmen an den Flüssen<br />

jedoch direkt am Ufer und das Wasser wird aus der fließenden Welle entnommen<br />

(Bild 5.2).<br />

Bild 5.2: Rohwasserentnahme an einem Seitenarm<br />

Flockung und Sedimentation<br />

Nach der Vorsedimentation bzw. der Rohwasserentnahme gelangt das Wasser in<br />

die Flockung- und Sedimentationsstufe. Als Flockungsmittel kommt in allen besichtigten<br />

Wasserwerken Aluminium zum Einsatz. In den Anlagen der PWA wird ausschließlich<br />

Sackware verwendet, während bei den Wasserwerken der MWA Polyaluminium<br />

als flüssiges Fertigprodukt zum Einsatz kommt.<br />

In den Wasserwerken der PWA wird das Aluminium chargenweise angesetzt, wie<br />

dies in Bild 5.3 dargestellt ist. Der Energieeintrag bei der Dosierung erfolgt zumeist<br />

durch einen hydraulischen Sprung (Bild 5.4). Auch der Energieeintrag zur Flockenausbildung<br />

wird stets hydraulisch durch eine geeignete Wasserführung mittels<br />

Tauchwände oder Mäander (Bild 5.5) ausgeführt.<br />

Die Zugabemengen von Aluminiumsulfat oder –chlorid als Flockungsmittel sind abhängig<br />

von der Trübung im jeweiligen Rohwasser. Die Trübung unterliegt saisonal<br />

sehr starken Schwankungen und ist in der Regenzeit mit Werten von 300 bis<br />

1.000 FNU am höchsten. Die Flockungsmitteldosen betragen 30 bis 50 mg/L in Ausnahmefällen<br />

bis über 150 mg/L.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 123<br />

Bild 5.3: Einfüllen des Aluminumgranulats in die Ansatzbehälter, Wasserwerk Nakorn<br />

Nayok<br />

Bild 5.4: Einmischung von Flockungsmittel mit hydraulischem Sprung, WW Mahasawat<br />

Bangkok


124<br />

Bild 5.5: Meanderführung, WW Nong Khai<br />

Neben Flockungsmittel wird in einigen Wasserwerken auch Kalkmilch zur Einstellung<br />

des pH-Wertes zugegeben. Die Kalkmilch wird ähnlich wie das Flockungsmittel<br />

ebenfalls chargenweise aus Sackware angesetzt.<br />

Flockungshilfsmittel wird ausschließlich in den Wasserwerken der MWA sowie in<br />

dem von der RWE betriebenen Wasserwerk Pathum Thani eingesetzt. Aufgrund des<br />

vergleichsweise hohen Preises setzt die PWA kein Flockungshilfsmittel ein. Da Flockungshilfsmittel<br />

in Thailand nicht produziert werden, ist ein Import aus dem Ausland<br />

erforderlich. Der Erwerb des Flockungshilfsmittels wird stets international ausgeschrieben.<br />

Zum Einsatz kommen meist Produkte aus Skandinavien oder Deutschland.<br />

Zur Zeit des Besuchs im Wasserwerk Bangkhen wurde beispielsweise Praestol<br />

der Firma Stockhausen verwendet. Die Zugabemengen an FHM sind mit 0,01 bis<br />

0,05 mg/L vergleichsweise gering.<br />

Zur Flockenabtrennung werden unterschiedliche Verfahren eingesetzt. Vorwiegend<br />

werden die Flocken durch Sedimentation abgetrennt, wobei die Sedimentationsbecken<br />

sowohl mit Einbauten wie Parallelplattenabscheider bzw. „Röhrenabscheider“<br />

als auch ohne spezielle Einbauten betrieben werden (Bild 5.6). Im MWA Wasserwerk<br />

Mahaswat, Bangkok, das von Degremont konzipiert wurde, erfolgt die Flockenabtrennung<br />

über Pulsatoren.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 125<br />

Bild 5.6: Lammellenabscheider (Tubes)<br />

Die Aufenthaltszeit in den Flockungs- und Sedimentationsanlagen der Wasserwerke<br />

beträgt zwischen 1,5 und 2,5 Stunden. Dies ist ein Vielfaches der in Deutschland<br />

üblichen Zeiten. Kürzere Zeiten werden in den Wasserwerken der MWA, in denen<br />

Flockungshilfsmittel eingesetzt wird, erreicht. Die Rückführung von Kontaktschlamm<br />

in der Flockungsanlage ist in Thailand unbekannt und wird in keinem Wasserwerk<br />

durchgeführt.<br />

Filtration<br />

In allen besichtigten Wasserwerken läuft das Klarwasser aus der Sedimentationsstufe<br />

im freien Gefälle den offenen Filterstufen zu. Eine Sekundärdosierung an Flockungsmitteln<br />

wurde in keinem Wasserwerk angetroffen. Ein Grund hierfür ist unter<br />

anderem, dass die Trübungswerte im Ablauf der Sedimentation mit 2 bis 5 FNU, in<br />

Ausnahmefällen auch bis 10 FNU, vergleichsweise hoch sind. Eine Sekundärdosierung<br />

würde die Filter noch höher belasten und die Filtratqualität nicht wesentlich verbessern.<br />

Die Filter sind in der Regel als Einschichtfilter ausgeführt. Ausnahmen hiervon sind<br />

lediglich die großen Wasserwerke der MWA in Bangkok sowie einige wenige neuere<br />

und größere Wasserwerken der PWA, in denen Zweischichtfilter eingesetzt werden.<br />

Die Filterschichthöhen sind im Allgemeinen wesentlich geringer als in Deutschland<br />

üblich. Sie betragen für die Einschichtfilter zwischen 60 und maximal 100 cm, für die


126<br />

Mehrschichtfilter 100 bis maximal 150 cm. Einschichtfilter sind mit Quarzsand befüllt,<br />

wobei die Körnungen von 0,6 – 1 mm bis 1 – 2 mm variieren. Die Zweischichtfilter<br />

sind mit dem in Deutschland üblichen Schichtaufbau vergleichbar. Als Unterschicht<br />

kommt Quarzsand in einem Körnungsspektrum von 0,6 bis 1,5 mm und einer Mächtigkeit<br />

von 60 bis 120 cm zum Einsatz. Die Oberschicht besteht aus kohlenstoffhaltigem<br />

Material (Voraktivat) mit Körnungen von 1,6 bis 3 mm und einer Schichthöhe<br />

von 30 bis 50 cm.<br />

Die Filtergeschwindigkeiten in den Filterstufen der besichtigten Wasserwerke unterscheiden<br />

sich kaum voneinander. Üblich sind Geschwindigkeiten von 5 bis 8 m/h.<br />

Dies sind jedoch lediglich die nominellen Geschwindigkeiten, berechnet aus Durchsatz<br />

und Filterfläche. Da in vielen Wasserwerken keine Filterauslaufregelungen vorhanden<br />

sind und auch die einzelnen Filterzuläufe nicht geregelt werden, werden tatsächlich<br />

durchaus höhere Geschwindigkeiten erreicht. Hierüber lassen sich keine<br />

gesicherten Aussagen treffen, da die Einzeldurchsätze nicht gemessen werden können.<br />

Die Filterlaufzeit der Einzelfilter beträgt in der Regel 24 h und verkürzt sich ggf. in der<br />

Regenzeit auf 10 bis 12 h. In den Wasserwerken gibt es in der Regel keine online<br />

Überwachung der Trübung, weder im Einzelfilter noch im Gesamtfiltrat. Die Druckdifferenz<br />

wird ebenfalls nur selten überwacht, so dass die Filter lediglich nach Zeit gesteuert<br />

gespült werden. Die Filterlaufzeiten werden dann entsprechend der Betriebsüberwachung,<br />

dass heisst je nach Wasserwerk dem einmal täglich bis einmal stündlich<br />

gemessenen Parameter Trübung angepasst.<br />

In den kleineren Wasserwerken werden die Filter ausschließlich mit Wasser gespült,<br />

wobei es meist nicht zu einer nennenswerten Filterbettausdehnung kommt. Die<br />

Spülgeschwindigkeiten betragen zwischen 18 und 30 m/h, die Spülzeiten liegen zwischen<br />

10 und 30 Minuten. Häufig werden keine Spülpumpen eingesetzt, sondern die<br />

in Vierergruppen angeordneten Filter werden direkt durch Filtrat von drei Filtern gespült.<br />

Ein Erstfiltratabschlag nach Inbetriebnahme eines Filters nach der Spülung ist<br />

nicht üblich.<br />

In den größeren Wasserwerken werden die Filter einer Dreiphasenspülung bestehend<br />

aus : Luftspülung 5 Minuten<br />

Luft-Wasser-Spülung<br />

bis zum Erreichen der Überlaufrinne<br />

Klarspülphase mit Wasser 10 bis 15 Minuten<br />

unterzogen. Bei den Mehrschichtfiltern wird der Lockerungspunkt überschritten.<br />

Die Abläufe der Filter hinsichtlich der Trübung variieren sehr stark von Wasserwerk<br />

zu Wasserwerk. Im Mittel werden Trübungswerte von 0,5 bis 2 FNU erreicht, wobei<br />

jedoch in einigen Wasserwerken lediglich der Grenzwert von 5 FNU eingehalten<br />

wird. In den größeren Wasserwerken unterschreitet die Trübung in der Regel einen<br />

Wert von 0,3 FNU.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 127<br />

Bild 5.7: Wasserspülung eines Filters im Wasserwerk Bankhen, Bangkok<br />

Desinfektion<br />

Nach Gesetzeslage ist die Desinfektion von Trinkwasser in Thailand obligatorisch.<br />

Der Restgehalt an freiem Chlor im Leitungsnetz muss mindestens 0,5 mg/L betragen.<br />

Als Desinfektionsmittel kommt ausschließlich Chlorgas zum Einsatz, das in Chlorbomben<br />

den Wasserwerken geliefert wird (Bild 5.8). In den meisten Wasserwerken<br />

wird an bis zu vier Stellen Chlor dosiert. So wird häufig bereits das Rohwasser an<br />

der Rohwasserentnahme desinfiziert, um u.a. den Aufwuchs von Muscheln zu verhindern.<br />

Die Zugabe von Chlor zur Entmanganung ist ebenfalls üblich. Die Abschlusschlorung<br />

vor der Abgabe ins Netz bzw. vor dem Reinwasserbehälter ist obligatorisch.<br />

Je nach Länge der Hauptleitung vom Wasserwerk zum eigentlichen Verteilungsnetz<br />

und der Verweilzeit des Wassers im Netz wird an der Übergabe zum Verteilungsnetz<br />

häufig eine Nachchlorung vorgenommen.<br />

Die Gesamtzugabe von Chlor beträgt 1,5 bis 4 mg/L, wobei der Hauptanteil mit 1 bis<br />

2,5 mg/L auf die Abschlusschlorung entfällt, die vor der Reinwasserkammer oder in<br />

die Hauptleitung erfolgt (Bild 5.9).


128<br />

Bild 5.8: Chlorgaslager<br />

Bild 5.9: Chlordosierstation


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 129<br />

6 Wasserverteilung<br />

Die Verteilungsnetze in Thailand sind im allgemeinen in einem schlechten Zustand.<br />

Wasserverluste von 30 % und mehr sind die Regel. Auf Nachfragen wurde bei jedem<br />

Versorger bestätigt, dass es sich tatsächlich um Verluste im Leitungsnetz handelt<br />

und nicht um illegale Abnahmen oder ähnliche Ursachen.<br />

Die Hauptursache dieser hohen Verluste sind die vornehmlich in den 70er und 80er<br />

Jahren verbauten Asbestzementrohre. Je nach Provinz bestehen die sekundären<br />

Verteilungsnetze zu 40 bis 55 % aus Asbestzementrohren. Diese Rohre werden in<br />

Thailand selbst hergestellt und sind vergleichsweise einfach zu bearbeiten. Die Leckagen<br />

und Rohrbrüche werden durch die Verteilung von zum Teil vergleichsweise<br />

sauren Wässern und die unsachgemäße Verlegung in sauren Böden, durch die die<br />

Korrosion der AZ-Rohre gefördert werden, begünstigt. Hinzu kommen noch Erdbewegungen<br />

und -verschiebungen durch Überflutungen, Unterspülungen und unzureichend<br />

befestigte Straßen, durch die ebenfalls viele Rohrbrüche hervorgerufen<br />

werden.<br />

In Tabelle 6.1 ist das Verteilungsnetz der MWA nach Rohrdurchmesser, -länge und<br />

-material aufgeschlüsselt dargestellt. Hauptverteilungsleitungen (Transmission<br />

Pipes) mit einem Durchmesser von mehr als 1.800 mm wurden nicht aufgeführt.<br />

Die Werkstoffverteilung ist in den Rohrnetzen der PWA ähnlich.<br />

Die Gesamtlänge des Trinkwasserversorgungsnetzes in Bangkok beträgt ca.<br />

19.250 km. Insgesamt sind ca. 12.000 Hydranten und ca. 60.000 Schieber verbaut.<br />

Die Gesamtübersicht zeigt, das bei großen Rohrdimensionen im primären Netz vorwiegend<br />

Stahlrohre, bei mittleren Rohrdurchmessern zumeist Asbestzementrohre<br />

und für Rohre mit maximal 3 Zoll Blei oder verzinkter Stahl verwendet wurde.<br />

Lediglich ca. 5 % der verlegten Leitungsrohre weisen einen Rohrdurchmesser von<br />

500 mm oder mehr auf. In dieser Dimension werden zu ca. 90 % Stahlrohre verlegt,<br />

wobei 1/6 dieser Rohre mit Zement ausgeschleudert sind.<br />

70 % des Netzes besteht aus Rohren der Dimension 100 bis 400 mm. Als Werkstoff<br />

wurde hierfür hauptsächlich Asbestzement (9.135 km entsprechend 67 %) und verzinkter<br />

Stahl (29 %) verwendet.<br />

Die Hausanschlüsse bestehen noch überwiegend aus Blei (46 %), weitere 44 % aus<br />

verzinktem Stahl. Neue Anschlüsse werden schon seit Jahren in PVC oder PE ausgeführt.<br />

Die PWA hat umfangreiche Ersetzungsprogramme mit dem Ziel gestartet, im sekundären<br />

Verteilungsnetz die Asbestzementleitungen und im tertiären Netz die Bleileitungen<br />

hauptsächlich durch PVC oder PE Leitungen zu ersetzen.


130<br />

Hauswasserspeicher sind im ländlichen Raum im Vergleich zu den Städten weiter<br />

verbreitet.<br />

Tabelle 2.1: Rohrleitungsnetz der MWA<br />

Primäres Verteilungsnetz, km<br />

Durchmesser<br />

mm ST Cl PC AC PE PVC GI PB Total<br />

1800 2,580 2,580<br />

1500 39,075 0,190 2,078 41,343<br />

1250 0,220 0,220<br />

1200 64,802 0,070 1,940 66,812<br />

1000 165,950 16,217 6,050 188,217<br />

900 28,180 29,370 5,815 1,065 64,430<br />

800 176,990 14,720 6,090 0,605 198,405<br />

700 50,965 13,105 9,145 73,215<br />

600 147,590 31,005 23,638 8,300 2,960 213,493<br />

500 48,980 33,185 19,125 18,220 119,510<br />

725,112 138,082 73,881 26,520 3,565 1,065 0,000 0,000 968,225<br />

75% 14% 8% 3% 0% 0% 0% 0% 100%<br />

sekundäres Verteilungsnetz, km<br />

mm ST Cl PC AC PE PVC GI PB Total<br />

400 33,093 52,212 10,663 85,112 181,080<br />

350 0,517 0,517<br />

300 69,316 18,354 1890,050 0,246 226,292 2204,258<br />

250 2,954 5,205 275,867 284,026<br />

200 32,050 22,578 1578,157 7,080 308,587 1948,452<br />

150 27,263 5,698 3335,277 17,230 581,566 2,458 3969,492<br />

100 3,772 9,378 1970,38 10,414 2820,363 144,435 4958,742<br />

168,448 113,942 10,663 9134,843 0,000 34,970 3936,808 146,893 13546,567<br />

1% 1% 0% 67% 0% 0% 29% 1% 100%<br />

tertiäres Verteilungsnetz / Hausanschlüsse, km<br />

Zoll ST Cl PC AC PE PVC GI PB Total<br />

3 32,265 35,870 0,140 68,275<br />

2 ½ 12,305 70,081 0,520 82,906<br />

2 1,665 125,649 400,321 1425,520 1951,490<br />

1 ½ 9,565 384,400 45,922 439,887<br />

1 90,255 310,112 226,765 627,132<br />

¾ 172,898 885,786 485,848 1544,532<br />

½ 0,965 9,592 12,396 22,953<br />

0,000 0,000 0,000 0,000 1,665 443,902 2096,162 2197,111 4737,175<br />

0% 0% 0% 0% 0% 9% 44% 46% 100%<br />

Gesamtanteile<br />

893,560 252,024 84,544 9161,363 5,230 479,937 6032,970 2344,004 19251,967<br />

5% 1% 0% 48% 0% 2% 31% 12% 100%<br />

ST Stahl PE Polyethylen<br />

CI Zementausgeschleudert PVC Polyvinylchlorid<br />

PC Zement GI verzinkter Stahl<br />

AC Asbestzement PB Blei


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 131<br />

7 Kosten und Tarife<br />

Der durchschnittliche Verkaufspreis für einen Kubikmeter Wasser betrug bei der<br />

MWA im Jahre 2000 11,7 Baht entsprechend ca. 27,2 Euro Cent. Die Wasserpreise<br />

der PWA liegen im Durchschnitt mit 12 Baht in derselben Größenordnung. Insgesamt<br />

ist der Tarif bei beiden Organisationen leicht progressiv gestaffelt. So erhöht<br />

sich der Wasserpreis ab dem 6. Abgabekubikmeter für Privatabnehmer um 1-2 Baht<br />

von ca. 12 auf 14 Baht. Industrie und kommerzielle Abnehmer zahlen in der Regel<br />

höhere Preise als Privatabnehmer.<br />

Die gesamten Aufwendungen im Jahre 2001 der MWA bezogen auf 1 Kubikmeter<br />

verkauftem Wasser sind aus Tabelle 7.1 ersichtlich. Die Hauptausgaben entfallen<br />

mit über 50 % auf Investitionen und Schuldzinsen, weitere 25 % auf Personalkosten<br />

und lediglich 18 % auf Betriebsmittelausgaben.<br />

Tabelle 3.1: Aufwendungen der MWA in den Jahren 2000 und 2001, Angaben in<br />

Baht/m³<br />

2001 2000<br />

Personal 2,34 2,39<br />

Energie 0,82 0,76<br />

Chemikalien 0,28 0,28<br />

weitere Ausgaben zur Aufbereitung 0,66 0,68<br />

Abschreibungen, Investitionen 3,79 3,47<br />

Zinsen, Schuldzinsen 1,4 1,42<br />

Wechselkursverluste 0,15 0,63<br />

nicht operative Ausgaben 0,19 0,19<br />

Gesamtausgaben 9,64 9,66<br />

Die Kosten für Chemikalien beziehen sich hauptsächlich auf den Einsatz von Aluminium,<br />

Chlor und Kalk. Der durchschnittliche Verbrauch dieser Chemikalien bei der<br />

PWA kann Tabelle 7.2 entnommen werden. Die angegebenen Mengen für Aluminium<br />

und Kalk beziehen sich auf die eingekaufte Ware. Durch den Ansatz der Dosierlösungen<br />

für Aluminium und Kalkmilch können sich Verluste von 15 bis 25 % ergeben.<br />

Tabelle 7.2: Verbrauch an Betriebschemikalien der PWA<br />

Verbrauch Verbrauch<br />

Chemikalie<br />

t/a<br />

g/m³<br />

Aluminium 22,311 31.7<br />

Chlorgas 1,460<br />

2.3<br />

Chlortabletten 369<br />

Kalk 707 1.0


132<br />

8 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Obwohl Thailand reichlich Süßwasservorkommen besitzt und auch die Niederschlagsmengen<br />

vergleichsweise hoch sind, kommt es in einigen Regionen in der<br />

Trockenzeit zu Wasserknappheit. Zu diesen Regionen gehört Nordostthailand,<br />

Bangkok, die Touristenzentren Phuket und Pattaya sowie Teile der Zentralregion.<br />

Die Wasserknappheit in Bezug auf die Trinkwasserversorgung ist auf mehrere Faktoren<br />

zurückzuführen. Zu nennen sind die immer noch zunehmende Verschmutzung<br />

der Flüsse durch das Fehlen von Kläranlagen, der Interessenkonflikt zwischen<br />

Landwirtschaft, Industrie und Trinkwasserversorger, das ineffektive Wassermanagement<br />

sowie die hohe Leckrate im Verteilungsnetz.<br />

Die Trinkwasserversorgung selbst liegt in den Händen der beiden staatseigenen Organisationen<br />

Provincial Waterworks Authority (PWA) sowie Metropolitan Waterworks<br />

Authority (MWA). Die PWA ist verantwortlich für die Versorgung von 73 der insgesamt<br />

76 thailändischen Provinzen, während die MWA Bangkok und zwei angrenzende<br />

Provinzen mit Trinkwasser versorgt.<br />

Die Industrie versorgt sich zum größten Teil über eigene Grundwassergewinnungsanlagen<br />

mit Trink- und Brauchwasser. Viele Privatleute sowohl im städtischen als<br />

auch im ländlichen Raum betreiben eigene Fassungsanlagen. Die intensive Nutzung<br />

des Grundwassers in Bangkok führt zu erheblichen Problemen durch Bodenabsenkungen<br />

und der daher rührenden höheren Überflutung. Die Grundwassernutzung ist<br />

zwar gesetzlich eingeschränkt, allerdings fehlt eine wirksame Kontrolle.<br />

Die beiden großen Wasserversorger nutzen unter anderem zum Schutz des Grundwassers<br />

zu über 90 % Oberflächenwasser, Fluss- und Talsperrenwasser zur Trinkwassergewinnung.<br />

Die zentralen Aufbereitungsstufen aller von den beiden Wasserversorgern betriebenen<br />

Oberflächenwasserwerke sind Flockung/Sedimentation, Filtration und Desinfektion.<br />

Diese Stufen dienen vornehmlich der Entfernung von Trübstoffen, Mikroorganismen<br />

sowie Eisen und Mangan. Hauptsächliches Ziel ist, ein möglichst trübstoffarmes<br />

Wasser zu erhalten, um somit eine sichere Desinfektion zu gewährleisten. Die<br />

Desinfektion erfolgt stets mit Chlorgas. Ein Restchlorgehalt von 0,5 mg/L ist im<br />

Rohrnetz einzuhalten.<br />

Die Auslegung der Anlagen weicht zum Teil erheblich von den in Deutschland üblichen<br />

Werten ab. So sind die Aufenthaltszeiten in den Flockungs- und Sedimentationsanlagen<br />

vergleichsweise hoch. Als Flockungsmittel wird ausschließlich Aluminium<br />

eingesetzt, was nur den sehr großen Wasserwerken im Raum Bangkok Polyaluminium<br />

zur Verfügung steht. Flockungshilfsmittel werden nur in großen Wasserwerken<br />

eingesetzt. Die stets offen ausgeführten Schwerkraftfilter werden im Allgemeinen mit<br />

vergleichsweise niedrigen Geschwindigkeiten betrieben. Die Schichthöhen der zum


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 133<br />

überwiegenden Teil als Einschichtfilter ausgeführten Filter sind mit maximal 1 m vergleichsweise<br />

gering. Die Spülbedingungen sind in vielen Wasserwerken unzureichend.<br />

In der thailändischen Wasserwirtschaft wurden folgende Probleme identifiziert:<br />

Umwelt / Wasserdargebot:<br />

- Teilweise Wasserknappheit in der Trockenzeit<br />

- Zunehmende Verschmutzung der Flüsse<br />

- Thailand verfügt erst über eine Kläranlage zur Reinigung von kommunalem Abwasser<br />

- Absenkung von Bangkok durch die unkontrollierte Entnahme von Grundwasser<br />

Organisatorisch:<br />

- Zersplitterung der Zuständigkeit für den Wassersektor auf viele Ministerien und<br />

staatliche Organisationen<br />

- Große Organisationseinheiten (PWA, MWA), Zentralisierung<br />

- Vergleichsweise geringer Ausbildungsstand der Mitarbeiter, Techniker und Operatoren<br />

in den Wasserwerken selbst und hier insbesondere in den kleineren. U.a.<br />

aufgrund dieses Ausbildungsdefizits werden die Aufbereitungsanlagen nicht immer<br />

optimal betrieben.<br />

Wasserverteilung:<br />

- Hohe Leckraten von 25 bis 40 %<br />

- Asbestzementrohre im Verteilungsnetz<br />

- Bleirohre in der Hausinstallation<br />

Als wirkungsvolle Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Trinkwasserversorgung<br />

werden folgende Maßnahmen erachtet:<br />

- Schulung und Weiterbildung des Wasserwerkspersonals<br />

- Optimierung der Wasseraufbereitungsanlagen in Verbindung mit Weiterbildung<br />

- Know-How-Transfer auf Wassermeisterebene<br />

- Straffung der Zuständigkeiten im staatlichen Bereich<br />

- Verlagerung von Entscheidungen von der Zentrale in die Wasserwerke bei den<br />

Wasserversorgern<br />

- Investitionen ins Rohrnetz zur Verminderung der Leckrate<br />

- Durchführung von eigenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten insbesondere<br />

für die PWA


134<br />

9 Literatur zu Gesetzen und Verordnungen<br />

[1] Klassifizierung von Oberflächengewässern: Notification of the National Environmental<br />

Board, No. 8, B.E. 2537 (1994), issued under the Enhancement<br />

and Conservation of National Environmental Quality Act B.E.2535 (1992),<br />

published in the Royal Government Gazette, Vol. 111, Part 16, dated February<br />

24, B.E.2537 (1994)<br />

[2] Restricted Zone for Protecting the Source of Water Supply in Bangkok Metropolitan<br />

Region: The Cabinet Resolution dated April 17, B.E. 2522 (1979) and<br />

January 12, B.E.2531 (1988) The Cabinet Resolution dated February 11, B.E.<br />

2535 (1992)<br />

[3] Ground Water Quality Standards for Drinking Purposes: Notification of the<br />

Ministry of Industry, No. 4, B.E. 2521 (1978), issued under the Ground Water<br />

Act B.E. 2520 (1977), published in the Royal Gazette, Vol. 95, Part 66, dated<br />

June 27, B.E. 2521 (1978)<br />

[4] Groundwater Quality Standards: Notification of the National Environmental<br />

Board No. 20, B.E. 2543 (2000), issued under the Enhancement & Conservation<br />

of National Environment Quality Act B.E. 2535 (1992), published in the<br />

Royal Government Gazette, Vol. 117 Special part 95 D, dated September 15 ,<br />

B.E. 2543 (2000); Notification of the Ministry of Industry, No. 322, B.E. 2521<br />

(1978), issued under the Industrial Products Standards Act B.E. 2511 (1968),<br />

published in the Royal Gazette, Vol. 95, Part 68, dated July 4, B.E. 2521<br />

(1978)<br />

[5] Bottled Drinking Water Quality Standard: Notification of the Ministry of Public<br />

Health, No. 61 B.E. 2524 (1981), issued under the Food Act B.E. 2522 (1979),<br />

published in the Royal Gazette, Vol. 98, Part 157 (Special Issue), dated September<br />

24, B.E. 2524 (1981).<br />

[6] Richtlinien zu Abwässern: Industrial Effluent Standards<br />

Notification the Ministry of Science, Technology and Environment, No. 3,<br />

B.E.2539 (1996) issued under the Enhancement and Conservation of the National<br />

Environmental Quality Act B.E.2535 (1992), published in the Royal<br />

Government Gazette, Vol. 113 Part 13 D, dated February 13, B.E.2539 (1996)<br />

Notification the Ministry of Science, Technology and Environment, No. 4,<br />

B.E.2539 (1996) issued under the Enhancement and Conservation of the National<br />

Environmental Quality Act B.E.2535 (1992), published in the Royal<br />

Government Gazette, Vol. 113 Part 13 D, dated February 13, B.E.2539 (1996)


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Thailand 135<br />

Notification of the Pollution Control Committee, No. 3, B.E. 2539 (1996) dated<br />

August 20, B.E. 2539 (1996) issued under Factory Act B.E.2535 (1996), published<br />

in the Royal Gazette, Vol. 113, Part 75 D, dated September 17, B.E.<br />

2539 (1996)<br />

[7] Regulations of Industrial Pollution Control Facilities: Notification of the Ministry<br />

of Industry, No. 13 B.E. 2525 (1982), as amended in No. 22 B.E. 2528 (1985),<br />

issued under the Factory Act B.E. 2512 (1969), published in the Royal Gazette,<br />

Vol. 99, Part 89, dated June 29, B.E. 2525 (1982).<br />

[8] Building Effluents Standards<br />

Notification of the Ministry of Science, Technology and Environment issued<br />

under the Enhancement and Conservation of the National Enviromental Quality<br />

Act, B.E.2535, published in the Royal Government Gazette,Vol. 111 special<br />

part 9, dated February 4, B.E.2537 (1994).<br />

Notification of the Ministry of Science, Technology and Environment issued<br />

under the Enhancement and Conservation of the National Enviromental Quality<br />

Act, B.E.2535, published in the Royal Government Gazette,Vol. 111 special<br />

part 9, dated February 4, B.E.2537 (1994).<br />

10 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Ausgewählte gesetzliche Vorschriften<br />

- Anlage 2: Analysendaten zu den besuchten Wasserwerken (Metalle, physikalisch-chemische<br />

Parameter) nach Messungen durch das TZW<br />

- Anlage 3: Landeskunde<br />

- Anlagen 4-12: Kurzbeschreibungen der besuchten Wasserwerke (Steckbriefe)


Vietnam


136<br />

1 Einleitung<br />

Im vorliegenden Bericht sind die Ergebnisse der Datenerhebung zur Wasserversorgung<br />

in Vietnam zusammengestellt. Das Ziel der Erhebung bestand darin, einen<br />

Überblick über die dortigen Randbedingungen und Strukturen der Wasserversorgung,<br />

-aufbereitung und -verteilung zu erhalten. Dazu wurden im Zeitraum vom<br />

15.06.02 bis 02.07.02 insgesamt sieben Water Supply Companies, jeweils drei in<br />

Süd- und Nordvietnam und eine Company in Zentralvietnam besucht.<br />

Tabelle 1.1 gibt einen Überblick über die aufgesuchten Wasserwerke.<br />

Ein großer Teil dieser Anlagen bzw. Wasserversorger gehört nach einem Ranking<br />

der Weltbank, das in Zusammenarbeit mit dem VWSA (Vietnamese Water and Sewage<br />

Association) durchgeführt wurde, mit zu den besten Wasserversorgern in Vietnam.<br />

Dies bedeutet, dass die bei der Datenerhebung gewonnenen Daten nicht unkritisch<br />

auf das gesamte Land übertragen werden können.<br />

Tabelle 1.1: Allgemeine Daten zu den besichtigten Wasserwerken<br />

Wasserwerk Provinz Unternehmen Rohwasser<br />

Giam Lam<br />

Dien Vong<br />

An Duong<br />

Suoi Vang<br />

Bien Hoa<br />

Ba Ria<br />

Thu Duc<br />

Gia Lam<br />

Quang Ninh<br />

Hai Phong<br />

Dalat<br />

Bien Hoa<br />

Vung Tau<br />

HoChiMinh<br />

Ha Noi No2. Clean<br />

Water Business<br />

Company<br />

Quang Ninh Water<br />

Supply and<br />

Construction Company<br />

Hai Phong Water<br />

Supply Company<br />

Lam Dong Water<br />

Grundwasser<br />

Talsperre<br />

Aufbereitungsmenge,<br />

m³/d<br />

max. 30.000<br />

akt. 30.000<br />

max. 60.000<br />

akt. 22.000<br />

max. 100.000<br />

Fluss<br />

akt. 90.000<br />

max. 25.000<br />

Talsperre<br />

Supply Company<br />

akt. 23.000<br />

Dong Nai Water<br />

max. 36.000<br />

Supply & Construction<br />

Company<br />

Fluss<br />

akt. 36.000<br />

The Water Supply<br />

Company of Ba Ria Grundwasser max. 20.000<br />

akt. 14.000<br />

HoChiMinh City Water<br />

Supply Company Fluss max. 650.000<br />

akt. 650.000


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 137<br />

Bild 1.1: Lage der aufgesuchten Wasserwerke<br />

Außerdem wurde ein Betrieb zur Aufbereitung und Abfüllung von Flaschenwasser in<br />

Hai Dong (Nr. 19) in der Nähe von Hanoi besichtigt.


138<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

2.1 Rohwasser<br />

In Vietnam beziehen sich zwei Gesetze auf das Rohwasser zur Trinkwassergewinnung.<br />

Dabei handelt es sich um das „Law on Water Resource“ (No. 8/1998/QH10 of<br />

May 20, 1998) sowie um Kriterien zur Auswahl von Oberflächen- und Grundwasser<br />

für die öffentliche Trinkwasserversorgung (TCDX 233-1999).<br />

Das „Law on Water Resource“ ist ein allgemeines Gesetz zum Schutz und zur Regelung<br />

des Gebrauchs und der Ausbeutung von Wasservorkommen. Die nachfolgend<br />

angegebenen Kapitelüberschriften geben einen Eindruck vom Inhalt dieses Gesetzes:<br />

Kapitel 1:<br />

Kapitel 2:<br />

Kapitel 3:<br />

Kapitel 4:<br />

Kapitel 5:<br />

Kapitel 6:<br />

Kapitel 7:<br />

Kapitel 8:<br />

Kapitel 9:<br />

Kapitel 10:<br />

Allgemeine Begriffe und Maßnahmen<br />

Schutz der Ressource Wasser<br />

Ausbeutung und Nutzung von Wasservorkommen<br />

Schutz, Bekämpfung und Überwindung der Gefährdung von Wasservorkommen<br />

durch Überflutung und andere negativen Einflüsse<br />

Monitoring und Schutz von Wasservorkommen<br />

Internationale Beziehungen und Kooperationen<br />

Staatliches Wassermanagement<br />

Überwachung der Wasserressourcen<br />

Bestrafung bei Verletzung von Bestimmungen zum Schutz der Ressource<br />

Wasser<br />

Implementierung der Bestimmungen<br />

2.2 Trinkwasser<br />

Es gibt zwei Gesetze, in denen Standards zur Trinkwasserbeschaffenheit festgeschrieben<br />

sind. Dies sind „Standard on Water Quality“ (TCXD 33-1985) und „Sanitary<br />

standard on drinking & domestic Water“ (Decision No. 505/BYT/QD 04/13/1992).<br />

Letztere wurde im Jahr 2002 durch die Decision No. 1329/2002/BYT/QD 04/18/2002<br />

ersetzt.<br />

Eine Übersicht mit aktuell gültigen Qualitätsstandards entsprechend der letztgenannten<br />

Regelung ist in Tabelle 2.1 beispielhaft für ausgewählte Parameter enthalten.<br />

Eine ausführliche Auflistung der Parameter der vietnamesischen Trinkwasserverordnung<br />

ist Bestandteil von Anlage 2. Demnach bestehen zwischen den vietnamesischen<br />

und den deutschen Grenzwerten Unterschiede. So weist beispielsweise die<br />

vietnamesische Trinkwasserverordnung für Arsen, Cyanid, Blei, Mangan höhere<br />

Grenzwerte im Vergleich zu Deutschland aus.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 139<br />

Tabelle 1.1: Vergleich der Trinkwassergrenzwerte in Vietnam und Deutschland anhand<br />

ausgewählter Parameter<br />

Vietnam<br />

Parameter<br />

Einheit<br />

Distribution<br />

Urban Area System &<br />

Deutschland<br />

Rural Area<br />

Trübung NTU 1 1 1<br />

Arsen mg/L 0,05 0,05 0,01<br />

Cadmium mg/L 0,005 0,005 0,005<br />

Chrom mg/L 0,05 0,05 0,05<br />

Kupfer mg/L 1 1 2<br />

Cyanid mg/L 0,1 0,1 0,05<br />

Fluorid mg/L 1,5 1,5 1,5<br />

Blei mg/L 0,05 0,05 0,01<br />

Mangan mg/L 0,1 0,1 0,05<br />

Quecksilber mg/L 0,001 0,001 0,001<br />

Nitrat mg/L 10 10 50<br />

Nitrit mg/L 0 0 0,5<br />

Selen mg/L 0,01 0,01 0,01<br />

Tetrachlorkohlenstoff µg/L 3 3<br />

1,1-Dichlorethan µg/L 0,3 0,3<br />

1,2-Dichlorethan µg/L 10 10 3<br />

Trichlorethen µg/L 30 30 Summe<br />

Tetrachlorethen µg/L 10 10 10<br />

Benzol µg/L 10 10 1<br />

Benzo[a]pyren µg/L 0,01 0,01 0,01<br />

Aldrin µg/L 0,03 0,03 0,03<br />

Dieldrin µg/L 0,03 0,03 0,03<br />

Heptachlor µg/L 0,1 0,1 0,03<br />

Heptachlorepoxid µg/L 0,1 0,1 0,03<br />

Chlordan µg/L 0,3 0,3<br />

PBSM Einzels./PBSM gesamt µg/L 0,1 / 0,5<br />

DDT µg/L 1 1<br />

2,4-D µg/L 100 100<br />

Hexachlorbenzol µg/L 0,01 0,01<br />

Lindan µg/L 3 3<br />

Metazachlor µg/L 30 30<br />

Pentachlorphenol µg/L 10 10<br />

Trihalogenmethane µg/L 30 30 50<br />

Chloroform µg/L 30 30<br />

Freies Chlor nach 30 min<br />

Kontakt bei pH


140<br />

3 Allgemeine Angaben<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Mit 329.000 km² weist Vietnam etwa die gleiche Fläche wie Deutschland auf. Vietnam<br />

hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von über 1.600 km. Die Ost-West-Ausdehnung<br />

liegt zwischen 60 km in Zentralvietnam und 600 km im Nord- bzw. 400 km in Südvietnam.<br />

Nord-, Zentral- und Südvietnam sind die drei Hauptregionen mit jeweils ca.<br />

1/3 der Landesfläche.<br />

Zu Nordvietnam gehören Gebirgslandschaften des chinesischen Gebirgssystems mit<br />

Höhen von über 3.000 Metern. Dieses Gebiet ist sehr dünn besiedelt, weist jedoch<br />

reiche Vorkommen verschiedener Bodenschätze wie Kohle, Eisenerz und Phosphat<br />

auf. Daneben gibt es kleinere Vorkommen an Kupfer, Mangan, Chrom, Titan und<br />

Bauxit. Ebenfalls zum Norden zählt der Tonkin, das Schwemmlandgebiet im Delta<br />

des Roten Flusses, in dem die Hauptstadt Hanoi liegt. Diese Region zählt mit bis zu<br />

2.000 Einwohner/km² zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Erde.<br />

Der Süden wird dominiert durch das Delta des Mekong, das mit 45.000 km² etwa<br />

dreimal so groß ist wie das des Roten Flusses. Dieses Gebiet verwendet Vietnam<br />

verstärkt zum Reisanbau. Die Besiedlung ist hier jedoch nicht so dicht wie im Norden<br />

des Landes. Vor der Südküste Vietnams liegen große Vorkommen an Erdöl und<br />

Erdgas, mit deren Ausbeutung gerade erst begonnen wird.<br />

Zur Trinkwassergewinnung nutzen die vietnamesischen Wasserwerke zu 66 % Oberflächenwasser<br />

und zu 34 % Grundwasser.<br />

3.2 Klima<br />

Das Klima ist im Norden je nach Höhenlage subtropisch bis gemäßigt und im Süden<br />

tropisch. Die jährlichen Niederschlagsmengen betragen durchschnittlich 1.500 mm,<br />

im Gebirge 2.500-3.000 mm und Mekongdelta bis zu 4.000 mm. Die Niederschläge<br />

fallen je nach Region zu unterschiedlichen Zeiten, deren jahreszeitlicher Verlauf im<br />

Süden im wesentlichen vom Monsun bestimmt wird. Hier können zwei „Jahreszeiten“,<br />

die Regen- und die Trockenzeit unterscheiden werden. Die Regenzeit dauert<br />

von Mai bis Oktober. In der Trockenzeit von November bis Mai fallen wenig Niederschläge,<br />

obwohl es trotzdem schwül und feucht ist.<br />

Die jahreszeitlich bedingten Temperaturschwankungen sind im Süden nicht sehr<br />

groß, wie aus dem unteren Teil von Bild 3.1 (Ho-Chi-Minh Stadt) hervorgeht.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 141<br />

700<br />

600<br />

Niederschlag<br />

Tagesmaximum<br />

Tagesmminimum<br />

Ha Noi<br />

35<br />

30<br />

500<br />

25<br />

Niederschlag, mm<br />

400<br />

300<br />

20<br />

15<br />

Temperatur, C°<br />

200<br />

10<br />

100<br />

5<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

0<br />

700<br />

Da Nang<br />

35<br />

600<br />

30<br />

500<br />

25<br />

Niederschlag, mm<br />

400<br />

300<br />

200<br />

Niederschlag<br />

Tagesmaximum<br />

Tagesmminimum<br />

20<br />

15<br />

10<br />

Temperatur, C°<br />

100<br />

5<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

0<br />

700<br />

Ho Chi Minh Stadt<br />

35<br />

600<br />

30<br />

500<br />

25<br />

Niederschlag, mm<br />

400<br />

300<br />

Niederschlag<br />

Tagesmaximum<br />

Tagesmminimum<br />

20<br />

15<br />

Temperatur, C°<br />

200<br />

10<br />

100<br />

5<br />

0<br />

Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Oct Nov Dec<br />

Bild 3.1: Klimadaten ausgewählter Städte<br />

0


142<br />

Im Norden beginnt die niederschlagsreiche Zeit später (Juni) und endet früher (September)<br />

als im Süden, wobei die Gesamtniederschlagsmenge etwa die gleiche ist.<br />

Die Temperaturunterschiede zu den einzelnen Jahreszeiten sind wesentlich ausgeprägter<br />

als im Süden (Bild 3.1, Hanoi). Aufgrund der kühlen Luft fällt im Winter ein<br />

beständiger Nieselregen, so dass es eine ausgeprägte Trockenzeit im Norden nicht<br />

gibt.<br />

Aufgrund der großen Nord-Süd-Ausdehnung und der großen Höhenunterschiede<br />

gibt es in Mittelvietnam kein einheitliches Klima. Je weiter man nach Norden vordringt<br />

desto größer werden die jahrezeitlichen Temperaturschwankungen und je näher<br />

man der Küste kommt, desto mehr Niederschläge gibt es.<br />

3.3 Struktur der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung<br />

Seitens des Gesetzgebers liegt die Verantwortung für das Wasser bei mehreren Behörden.<br />

Das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (MARD = Ministry of<br />

Agriculture and Rural Development) ist zuständig für das Rohwasser, den Rohwasserschutz<br />

und die ländliche Wasserversorgung. Das Bauministerium (MOC = Ministry<br />

of Construction) ist verantwortlich für die städtische Wasserversorgung. Für die<br />

Abwasserentsorgung sind sowohl das Gesundheitsministerium (MOH = Ministry of<br />

Health) als auch MARD und MOC zuständig.<br />

Die Verantwortlichkeit für den Umweltschutz und dessen Überwachung ist über mehrere<br />

Ministerien verteilt, so dass eine Koordination der verschiedenen zuständigen<br />

staatlichen Behörden hinsichtlich der Wasserversorgung nicht immer gegeben<br />

scheint.<br />

Bei der Wasserver- und Abwasserentsorgung sind die ländlichen Regionen und die<br />

städtischen Räume voneinander zu unterscheiden. In diesen beiden Regionen unterscheidet<br />

sich die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser erheblich voneinander.<br />

Wie aus Tabelle 3.1 hervorgeht, haben nach Angaben der WHO 95 % der städtischen<br />

Bevölkerung und 74 % der Landbevölkerung Zugang zu sicherem Trinkwasser.<br />

Allerdings sind solche Zahlenangaben mit hohen Unsicherheiten behaftet. Nach<br />

Daten des Ministeriums für Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung (MARD) liegt<br />

der Anteil der Landbevölkerung mit der Zugang zu sicherem Trinkwasser lediglich<br />

bei 30 %.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 143<br />

Tabelle3.1: Vergleich der Trinkwasserversorgung im ländlichen und städtischen<br />

Raum (Microcensuserhebung, WHO/UNICEF 2000), Angaben in %<br />

Art der Wasserversorgung Städtisch Ländlich Gesamt<br />

Hausanschlüsse 49 0,7 12<br />

Trinkwasserleitungen außerhalb des Hauses 1,4 0,1 0,4<br />

Öffentliche Hydranten 0,2 0,1 0,1<br />

Gebohrte Tiefbrunnen mit Pumpen 17,9 21,2 20,5<br />

Geschützte, gegrabene Brunnen 22,7 36,5 33,3<br />

Quellwasser mit Filtersystemen 0,4 0,8 0,7<br />

Regenwasser 3,8 14 11,7<br />

Ungeschützte, gegrabene Brunnen 1,1 6,8 5,5<br />

Ungeschützte Quellen 0,1 5,4 4,2<br />

Teich, Fluss 1,6 13,5 10,7<br />

Tankwagen 1,3 0 0,3<br />

Andere 0,5 0,9 0,6<br />

Gesamt 100 100<br />

Fehler!<br />

Textmarke<br />

nicht<br />

definiert.10<br />

0<br />

Anteil der Bevölkerung<br />

mit Zugang zu sicherem Trinkwasser<br />

nach Definition der WHO<br />

95 74 79<br />

Wasserversorgung in den ländlichen Regionen<br />

Ungefähr 75 % der Vietnamesen leben in ländlichen Regionen, zumeist in Haushalten<br />

mit durchschnittlich 5 Personen. Den Lebensunterhalt bestreitet der überwiegende<br />

Anteil der ländlichen Bevölkerung als Kleinbauern, wobei der Lebensstandard<br />

niedrig ist.<br />

Zur Wasserversorgung nutzen über 50 % der Haushalte offene oder abgedeckte gegrabene<br />

Schachtbrunnen, 25 % unbehandeltes Fluss-, Quell- oder Seewasser und<br />

über 10 % Regenwasser [1].<br />

Über 50 % der Landbevölkerung verfügen über keine Latrinen. Bei den vorhandenen<br />

Latrinen handelt es sich um offene Sickergruben, im Süden des Landes zum Teil um<br />

Fischteichlatrinen. 20 % der Latrinen sind mit Wasserspülung ausgerüstet und lediglich<br />

20 % aller genutzten Latrinen können als hygienisch bezeichnet werden.


144<br />

Die Probleme bei der Versorgung der Landbevölkerung mit Trinkwasser sind vielfältig<br />

und nur zum Teil in der natürlichen Ausstattung des Landes begründet. Eine zumindest<br />

ebenso große Rolle spielen soziale Aspekte, die Tradition sowie mangelnde<br />

technische Ausstattung und direkt vom Menschen verursachte Verschmutzungen.<br />

Nachstehend sind einige Probleme aufgeführt.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 145<br />

- Das Verständnis für hygienische Zusammenhänge und die Beachtung von hygienischen<br />

Standards ist in Teilen der Landbevölkerung nicht verbreitet.<br />

- In den ländlichen Regionen insbesondere im Mekong Delta, am Red River und in<br />

den Küstenregionen werden frische Fäkalien als Dünger sowie als Fischfutter<br />

verwendet.<br />

- Ca. 13 Millionen Menschen wohnen in Gebieten, in denen das Grundwasser zu<br />

versalzen droht oder bereits versalzen ist.<br />

- In einigen Gebirgs- bzw. Mittelgebirgsregionen herrscht aufgrund der geologischen<br />

Gegebenheiten wie Karst Wassermangel. Hier ist Grundwasser nur aus<br />

tieferen Schichten förderbar, wobei die technische Ausstattung zum Niederbringen<br />

von Tiefbrunnen und der Förderung nicht vorhanden ist.<br />

- Aufgrund der klimatischen Bedingungen kommt es zu Überflutungen, die auch in<br />

Hinblick mit offenen Latrinen, Fischteichlatrinen bzw. der mangelhaften Abwasserentsorgung<br />

zu weiteren Problemen führen.<br />

- Die Verschmutzung des Wassers wird verursacht u.a. durch lokal hohe Bevölkerungsdichten<br />

bzw. durch eine intensive landwirtschaftliche Nutzung (z.B. Viehzucht).<br />

Nach Angaben der VWSA scheint in einigen Regionen zudem der Einsatz<br />

von Pestiziden problematisch zu sein.<br />

Wasserversorgung im städtischen Bereich<br />

Im Gegensatz zum ländlichen Raum ist die Wasserversorgung in den Städten Vietnams<br />

vergleichsweise gut. In allen 61 größeren Städten und Provinzstädten existiert<br />

eine zentrale Trinkwasserversorgung. Von den 547 kleineren Districts, Städten bzw.<br />

Gemeinden verfügen jedoch nur 140 über eine zentrale Trinkwasserversorgung.<br />

Hinsichtlich der Abwasserentsorgung stellen sich die Probleme in den städtischen<br />

Gebieten ebenfalls anders dar. Es gibt eine Abwasserkanalisation, jedoch wie im<br />

ländlichen Raum bisher keine Abwasserbehandlung, so dass die Abwässer ungeklärt<br />

in die Vorfluter gelangen. Die Probleme der Wasserversorger im Zusammenhang mit<br />

der Einleitung ungeklärter kommunaler und industrieller Abwässer verstärken sich<br />

alljährlich während der Regenzeit, wenn die Flüsse teilweise über die Ufer treten.<br />

Planungen zur Erweiterung der öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />

In Vietnam wurden in der Vergangenheit von Seiten der Regierung mehrere Programme<br />

zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung<br />

aufgelegt. Ein Programm zur Förderung der Wasserversorgung in den 61 größeren<br />

Städten und Provinzstädten wurde bereits 1995 implementiert und führte bisher zu<br />

einer Kapazitätserweiterung um 600.000 m³ Trinkwasser/d. Die Gesamtinvestitionssumme<br />

bis zum Jahre 2005 soll 1 Milliarde US $ betragen. Die Geldgeber sind insbesondere<br />

die Weltbank sowie Japan, Frankreich und Dänemark.


146<br />

Im Jahre 2000 wurde ein weiteres Programm mit dem Ziel der Förderung der Trinkwasserversorgung<br />

insbesondere in kleineren Städten und Ortschaften aufgelegt.<br />

Das Programm läuft bis 2010. Geldgeber sind Japan, Schweden, Dänemark.<br />

Die Programme verfolgen prinzipiell ähnliche Ziele. Demnach soll bis zum Jahre<br />

2010 ca. 85 % der ländlichen Bevölkerung sauberes Trinkwasser in einer Menge von<br />

60 Liter/Einwohner/Tag zur Verfügung stehen. 70 % der ländlichen Bevölkerung soll<br />

hygienische Latrinen benutzen und die wichtigsten hygienischen Standards einhalten.<br />

3.4 Water Supply Companies und Wasserwerke<br />

In 59 Provinzen ist jeweils eine Water Supply Company für die Wasserversorgung<br />

der gesamten Provinz verantwortlich. Dies umfasst die Gewinnung, Aufbereitung und<br />

Verteilung. Die drei Provinzen Hanoi, Ho Chi Minh Stadt und Dong Nai bilden eine<br />

Ausnahme, da hier jeweils zwei Water Supply Companies miteinander in Konkurrenz<br />

stehen.<br />

Die Wasserversorgung in Vietnam liegt somit in den Händen von lediglich 64 Betrieben,<br />

die insgesamt derzeit 240 Wasserwerke betreiben.<br />

Die Water Supply Companies der einzelnen Provinzen können die Verantwortung für<br />

die Wasserversorgung auf Water Supply Companies auf Distrikt-, Stadt- bzw. Dorfebene<br />

übertragen. Hierzu fehlt derzeit aber die gesetzliche Grundlage über die Verteilung<br />

der Verantwortung sowie Kontrolle, Pflichten und Rechte des jeweiligen Betreibers.<br />

Entsprechende Gesetze befinden sich zur Zeit im Gesetzgebungsverfahren.<br />

Trotzdem gibt es bereits einige Distrikt Water Supply Companies.<br />

Die Organisation und das Management bei den Wasserversorgern ist im allgemeinen<br />

als gut bis sehr gut einzustufen.<br />

Die durchschnittliche Aufbereitungskapazität eines Wasserwerkes beträgt<br />

12.500 m³/d, wobei die Kapazitäten tatsächlich sehr unterschiedlich sind und von<br />

1.000 m³/d bis zu 850.000 m³/d in Ho Chi Minh City reichen.<br />

Während in der Bundesrepublik Deutschland an einem Tag ca. 14 Mio. m³ Trinkwasser<br />

über zentrale Verteilungssysteme an die Verbraucher abgegeben werden,<br />

sind dies in Vietnam bei etwa gleicher Bevölkerungsanzahl lediglich ca. 3 Mio. m³/d.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 147<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

4.1 Grundwasser<br />

Analysenwerte von Grundwasser liegen beispielhaft für die Umgebung von Hanoi<br />

vor. Tabelle 4.1 zeigt einige ausgewählte Güteparameter. Daraus geht hervor, dass<br />

Eisen, Mangan und Ammonium in hohen Konzentrationen vorkommen. Beispielsweise<br />

liegen im Grundwasser von Hanoi-Süd die Eisengehalte im Mittel bei ca.<br />

10 mg/L. Der Ammoniumgehalt beträgt ca. 14 mg/L.<br />

Die Gehalte an gelösten natürlichen organischen Inhaltsstoffen liegen in Grundwasser<br />

von Hanoi zwischen 0,4 und 4,1 mg/L. Bei der obligatorischen Desinfektion im<br />

Wasserwerk führen die teilweise erhöhten TOC-Gehalte zu einer verstärkten THM-<br />

Bildung. Weiterhin wird die THM-Bildung in einzelnen Wässern durch erhöhte Bromidgehalte<br />

begünstigt.<br />

In einigen Gebieten Vietnams stellt das Vorkommen von Arsen ein Problem dar.<br />

Spurenstoffe scheinen bei der Aufbereitung von Grundwasser von untergeordneter<br />

Bedeutung zu sein.<br />

Tabelle 4.1: Mittelwerte von Analyenergebnissen von Grundwasser in Hanoi und der<br />

Umgebung von Hanoi (Analytik durch Hanoi No.2 Clean Water Business<br />

Company)<br />

Süd Hanoi<br />

Nord Hanoi<br />

Nord Süd Soc Son Dong Anh Gia Lam<br />

pH-Wert 7,0 6,9 6,5 6,3 6,7<br />

Amonium mg/L 0,9 14,3 0,8 1,5 2,0<br />

Nitrat mg/L 0,6 0,3 1,6 1,5 1,1<br />

Eisen mg/L 2,1 9,9 1,7 6,8 7,8<br />

Calcium mg/L 70 ca.60 47 62 80<br />

Mangan mg/L 0,6 0,2 0,0 0,1 0,3<br />

Arsen µg/L < 50<br />

TOC mg/L 0,4 4,1 0,7 1,2 1,0<br />

4.2 Oberflächenwasser<br />

Bei der Aufbereitung von Oberflächenwasser steht die Entfernung von Trübstoffen<br />

und Mikroorganismen im Vordergrund. Problematisch sind die stark schwankenden<br />

Trübstoffgehalte. In den Flüssen liegt die Trübung bei normaler Wasserführung bei<br />

etwa 10 bis 50 FNU. In der Regenzeit kann die Trübung auf über 1.000 FNU ansteigen.<br />

Mit einem Anstieg der Trübung sind erhöhte Gehalte an Mikroorganismen verbunden.


148<br />

Die gegenüber in den gemäßigten Breiten vorliegenden höheren Wassertemperaturen<br />

(18 – 25°C) in den Oberflächengewässern Vietnams führen in Verbindung mit<br />

der höheren Sonneneinstrahlung auch zu vermehrtem Wachstum von Algen.<br />

In den landwirtschaftlich genutzten Flusstälern und Becken sollen nach Angaben der<br />

VWSA auch die Spurenstoffe wie Pestizide ein Problem darstellen. Konkrete Messergebnisse<br />

dazu stehen jedoch aus.<br />

Neben diesen für die Aufbereitung von Oberflächenwässern typischen Problemen<br />

sind zusätzlich die zum Teil vergleichsweise hohen Gehalte an Eisen und Mangan<br />

mit zu berücksichtigen.<br />

Die Wasserbeschaffenheit der Roh- und Reinwässer der besichtigten Wasserwerke<br />

ist in Anlage 2 gemeinsam mit weiteren Angaben zu den Werken enthalten.<br />

5 Aufbereitung<br />

In Vietnam erfolgt die Trinkwassergewinnung aus Grundwasser üblicherweise durch<br />

Belüftung, Schnellfiltration und Desinfektion. Bei hohen Eisen- und Mangangehalten,<br />

wie sie beispielsweise im Grundwasser von Hanoi vorliegen, wird die Schnellfiltration<br />

zweistufig ausgeführt. In einigen Wasserwerken wird zur Entmanganung Kaliumpermanganat<br />

bzw. Chlor vor der zweiten Filterstufe dosiert. Tabelle 5.1 stellt am Beispiel<br />

des Wasserwerks Gia Lam in Hanoi die Aufbereitung sowie ausgewählte Prozessparameter<br />

in einem vietnamesischen Grundwasserwerk dar.<br />

Tabelle 5.1: Kenndaten der Aufbereitungsanlage Gia Lam in Hanoi<br />

Belüftung -<br />

Enteisenungsfiltration<br />

Filtergeschwindigkeit ca. 6 m/h<br />

Spülintervall ca. 24 bis 36 Stunden<br />

KMnO 4 -Zugabe -<br />

Entmanganungsfiltration<br />

Filtergeschwindigkeit ca. 6 m/h<br />

Spülintervall ca. 24 bis 36 Stunden<br />

Desinfektion<br />

Zugabe von 0,8 bis 1 mg/L Chlor<br />

Oberflächenwasser wird meist in einer mindestens dreistufigen Anlage, bestehend<br />

aus Flockung mit Sedimentation, Schnellfiltration und Desinfektion zu Trinkwasser<br />

aufbereitet. Je nach Rohwasserbeschaffenheit und Rohwasserentnahme erfolgt zum<br />

Teil eine Vorchlorung. Bei geringen Mangankonzentrationen wird häufig Chlor vor<br />

der Schnellfiltration dosiert. Tabelle 5.2 zeigt am Beispiel des Wasserwerks Dien<br />

Vong das typische Aufbereitungskonzept für Oberflächenwasser.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 149<br />

Bild 5.1: Grundwasseraufbereitungsanlage Gia Lam, Hanoi<br />

Tabelle 5.2: Daten zur Talsperrenwasseraufbereitungsanlage Dien Vong<br />

Verfahrensschritt<br />

Ausführung<br />

Flockungsmittel Aluminiunmchlorid, Einmischung<br />

Flockung<br />

über hydraulischen Sprung,<br />

Kalkmilchzugabe Einstellung pH 7,5 bis 8<br />

Fünfstraßig, ca. 55 x 5,5 m je Straße<br />

Gesamtvolumen ca. 5.000 m³<br />

Sedimentation<br />

Verweilzeit bei derzeitigen Betrieb 5 h (bei<br />

60.000 m³/d: 2 h)<br />

12 Doppelfilter á 44 m² (528m²)<br />

Filtergeschwindigkeit derzeit 2 m/h (bei<br />

60.000 m³/d: 5 m/h)<br />

Schnellfiltration<br />

Filterschicht 1,2 m, Sand 0,8 – 1,2 mm<br />

Spülintervall ca. 30 Stunden<br />

Spülgeschwindigkeit 25 m/h<br />

0,7 bis 0,8 mg/L Chlorzugabe, abhängig von der<br />

Desinfektion<br />

Rohwassequalität (Regenzeit)<br />

Ausgang Zwischenbehälter Sollwert 0,3 mg/L


150<br />

Als Flockungsmittel kommt ausschließlich Aluminiumsulfat zum Einsatz, das in den<br />

Wasserwerken vor Ort aus Sackware zur dosierfähigen Lösung angesetzt wird. Nach<br />

Aussage der Wasserwerksbetreiber sind Eisensalze zur Flockung in Vietnam bisher<br />

nicht erhältlich. Flockungshilfsmittel werden in Vietnam ebenfalls nicht eingesetzt.<br />

Der Energieeintrag bei der Flockung und auch Flockenausbildung erfolgt in der Regel<br />

über einen hydraulischen Sprung bzw. entsprechende Einbauten zur Strömungsumlenkung.<br />

Ein mehrstufiger geregelter Energieeintrag über Rührer ist nicht üblich.<br />

In zwei der während der Datenerhebung besichtigten Wasserwerke wurden Rührer<br />

zumindest zur Einmischung des Flockungsmittels verwendet. Eine Rückführung von<br />

Kontaktschlamm ist nicht üblich. Die Verweilzeit in den Flockungs- und Sedimentationsanlagen<br />

beträgt in allen besichtigten Wasserwerken mehr als 1,5 Stunden.<br />

Zur Stabilisierung des pH-Wertes bei der Flockung wird in den meisten Wasserwerken<br />

Kalkmilch vor der Sedimentation dosiert, wobei die Zugabemenge lediglich mengenproportional<br />

erfolgt. Die Ermittlung der spezifischen Dosen erfolgt einmal täglich<br />

oder wöchentlich im Labor.<br />

Bild 5.2:<br />

Aufbereitungsanlage Dien Vong, Ho Chi Minh City, Sedimentation (Hintergrund)<br />

und Filtration (Vordergrund)


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 151<br />

Die Schnellfilter werden in der Regel als Einschichtfilter mit Filtergeschwindigkeiten<br />

von 2 bis 8 m/h betrieben (Bild 5.2). Lediglich im Wasserwerk Thu Duc in Ho Chi<br />

Minh City sind Mehrschichtfilter im Einsatz. Die Filterschichten in den Einzelfiltern<br />

sind meist kleiner als 1,2 m und liegen zumeist zwischen 0,8 und 1 m.<br />

Ozon und Aktivkohle werden in der Trinkwasseraufbereitung Vietnams nicht eingesetzt.<br />

Da die Desinfektion obligatorisch und ein Restgehalt an Chlor nach Abschluss<br />

der Aufbereitung vorgeschrieben ist, werden keine anderen Desinfektionsverfahren<br />

wie beispielsweise UV-Desinfektion eingesetzt.<br />

Eine Kurzcharakteristik der besuchten Wasserwerke kann Anlage 2 entnommen<br />

werden.<br />

6 Verteilung<br />

Fernwasserleitungen und auch Hauptleitungen sind häufig oberirdisch verlegt, da<br />

eine frostsichere Verlegung nicht erforderlich ist. Diese Art der Verlegung begünstigt<br />

allerdings illegale Abnahmen.<br />

Die einzelnen Versorgungsgebiete in Vietnam weisen unterschiedlich hohe Wasserverlustraten<br />

im Netz auf. Diese liegen in der Regel zwischen 25 % und mehr als<br />

50 %. Als Verlust wird hierbei die Differenz zwischen produziertem und verkauftem<br />

Wasser angegeben. Dadurch werden auch Wasserentnahmen über illegale Anschlüsse<br />

mit erfasst. Ebenso zählen dazu abgegebene Wassermengen, die aufgrund<br />

des vergleichsweise großen Schlupfes der Wasserzähler messtechnisch nicht<br />

erfasst werden.<br />

In Vietnam wird daher weniger von Verlust sondern eher von „unaccounted water“<br />

gesprochen, also von Wasser, das nicht durch Wasserzähler erfasst wurde.<br />

Das Verteilungsnetz in Vietnam ist vergleichsweise jung und liegt oft unter<br />

10 Jahren. In Hanoi sind die Leitungen im Mittel seit ca. 7,5 Jahren eingebaut, wie<br />

aus Tabelle 6.1 hervorgeht. Dennoch beträgt der Wasserverlust ca. 25 %. Pro Jahr<br />

müssen insgesamt ca. 50 Rohrbrüche behoben werden.<br />

Die Kennzahl von 0,25 Rohrbrüchen pro Jahr und Leitungskilometer für Hanoi (Tabelle<br />

6.2) liegt im Vergleich mit anderen vietnamesischen Wasserversorgungsunternehmen<br />

im Mittelfeld.


152<br />

Tabelle 6.1: Verteilungsnetze der Hanoi No.2 Clean Water Business Company<br />

System number Total (Km)<br />

Km 0-5 Km 5-10 Km > 10<br />

years old years old years old<br />

Gia Lam Water Plant 146,4 35 111,4<br />

Dong Anh Water Station 25,5 6,5 19<br />

Gia Lam airpost Wa. Stat. 17,2 17,2<br />

Total 189,1 41,5 111,4 36,2<br />

Tabelle 6.2: Anzahl der Rohrbrüche für Hanoi<br />

Rohrbrüche 2000 1999 1998 1997<br />

Pipe Breaks Breaks/year 48 60 78 100<br />

Pipe Breaks Breaks/km/yr 0,2538 0,4758 0,9059 1,2422<br />

Pipe Breaks Breaks/conn/yr 0,0013 0,0030 0,0092 0,0198<br />

In Hinblick auf das Rohrmaterial werden je nach Durchmesser verschiedene Werkstoffe<br />

eingesetzt:<br />

- DN ≥ 250 duktile Gußrohre<br />

- DN 75 – 250 Guß, Stahl<br />

- DN ≤ 75 PVC, verzinktes Eisenrohr<br />

Kunststoffrohre werden derzeit noch wenig verlegt.<br />

Die meisten Verbraucher haben entweder im Erdgeschoß oder auf dem Dach Vorratstanks<br />

für Trinkwasser. Selbst wenn eine kontinuierliche Wasserversorgung gewährleistet<br />

ist, vertrauen die Verbraucher der Wasserversorgung nicht uneingeschränkt.<br />

Diese Zwischenspeicherung kann zu einer erheblichen Verschlechterung<br />

der Trinkwasserbeschaffenheit durch Wiederverkeimung bzw. Aufkeimung führen,<br />

was durch starke Temperaturerhöhungen begünstigt wird. Die Tanks werden häufig<br />

über Nacht mit einem sehr geringen Durchsatz befüllt. Dabei ist der Schlupf der eingesetzten<br />

Wasseruhren vergleichsweise hoch, so dass es dem Verbraucher mit dieser<br />

Methodik gelingt, trotz Wasseruhr einen Teil des Wasser ungemessen zu zapfen.<br />

7 Kosten und Tarife<br />

Die Mehrzahl der vietnamesischen Water Companies haben die Wassertarife progressiv<br />

gestaltet. Damit müssen auch Privatleute über einem bestimmten monatli-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 153<br />

chen Verbrauch für jeden weiteren verbrauchten Kubikmeter einen höheren Preis<br />

zahlen. Die Industrie zahlt, sofern sie an das öffentliche Trinkwassernetz angeschlossen<br />

ist, höhere Preise als private Abnehmer mit geringem Verbrauch.<br />

Der Wassertarif aus Ho Chi Minh City in Tabelle 7.1 ist typisch für Vietnam. Ein privater<br />

Verbraucher zahlt bei einer Wasserabnahme von weniger als 4 m³ pro Monat<br />

einen Wasserpreis von 1.700 Dong/m³ (0,11 Euro/m³). Bei Mehrverbrauch steigt der<br />

Wasserpreis bezogen auf den Kubikmeter immer weiter an und beträgt bei einem<br />

Wasserverbrauch von mehr als 11 m³ im Monat 4.000 Dong/m³ (0,27 Euro/m³). Letzteren<br />

Preis ist auch die Industrie verpflichtet zu zahlen. Das nicht produzierende Gewerbe<br />

muss ein Drittel mehr zahlen als die Industrie.<br />

Die Wasserrechnungen werden oft monatlich, mindestens aber sechsmal jährlich<br />

erstellt.<br />

Tabelle 7.1: Wassertarife in Ho Chi Minh City<br />

Bereich in<br />

Tarifkategorie<br />

Tarif in VND/m³<br />

m³/Monat/Einw.<br />

1 - 4 1.700<br />

5 – 6 2.500<br />

Domestic users<br />

7 – 10 3.200<br />

> 11 4.000<br />

1 2.200<br />

Administrative/non-business agencies<br />

> 1 3.000<br />

Service business 6.500<br />

Material production activity/Industrial 4.000<br />

8 Zusammenfassung und Folgerungen<br />

Das in Vietnam zentral verteilte Trinkwasser wird zu etwa einem Drittel aus Grundwasser<br />

und zu zwei Dritteln aus Oberflächenwasser gewonnen. Bei den Grundwässern<br />

sind lokal erhöhte Gehalte an Eisen, Mangan, Ammonium und teilweise auch<br />

Arsen aufbereitungstechnisch zu berücksichtigen. Oberflächenwässer zeichnen sich<br />

durch klimatisch bedingte extreme Schwankungen in der Wasserführung aus. Damit<br />

verbunden sind zeitweise sehr hohe Trübstoffgehalte. Das Klima begünstigt die Entwicklung<br />

von Algen, woraus die algentypischen Probleme bei der Trinkwassergewinnung<br />

resultieren. Die Oberflächenwässer sind mikrobiologisch verunreinigt. Sowohl<br />

bei der Aufbereitung von Grund- als auch von Oberflächenwässern sind erhöhte Gehalte<br />

an natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen ursächlich für eine verstärkte<br />

THM-Bildung im Trinkwasser infolge der Desinfektion mit Chlor.


154<br />

Für die Trinkwassergewinnung aus Oberflächenwasser setzen die Wasserwerke in<br />

der Regel die gleichen Verfahren ein. Dabei handelt es sich um Flockung, Sedimentation,<br />

Schnellfiltration und Desinfektion mit Chlor.<br />

Die Rohre zur Trinkwasserverteilung sind typischerweise auf der Oberfläche verlegt.<br />

Die recht hohen Verluste während der Verteilung beruhen jedoch nicht nur auf<br />

Lecks, sondern auch auf illegalen Entnahmen. Verbreitet ist die Nutzung von Hauswasserspeichern.<br />

Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Vietnam bestehen<br />

u.a. in einer Optimierung des Wasserwerksbetriebes, dem Erfahrungsaustausch,<br />

Kooperationen in Forschung und Entwicklung sowie in der Aus- und Weiterbildung<br />

der Mitarbeiter von vietnamesischen Wasserwerken.<br />

9 Literatur und Links<br />

[1] MoC, MARD: National Rural Clean Water Supply and Sanitation Strategy up<br />

to year 2020. Internal Documents.<br />

10 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Trinkwasserverordnung von Vietnam<br />

- Anlage 2: Charakteristika der besuchten Wasserwerke einschließlich Analysendaten


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Vietnam 155


USA


156<br />

1 Einleitung<br />

Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse der Datenerhebung zur Wasserversorgung<br />

in den USA zusammen. In der Zeit vom 16.06.-16.07.2002 wurden 13 Trinkwasseraufbereitungsanlagen<br />

sowie 5 Anlagen zur Abwasserwiederverwendung bzw.<br />

Meerwasserentsalzung in 7 amerikanischen Bundesstaaten besichtigt. Für die Besuche<br />

wurden insbesondere Trinkwasseraufbereitungsanlagen in Wassermangelgebieten<br />

sowie in Zonen, in denen jahreszeitlich sehr hohe bzw. sehr niedrige Temperaturen<br />

auftreten, ausgewählt.<br />

Bild 1.1: Pfeile markieren die Standorte der besichtigten Wasserwerke<br />

Tabelle 1.1: Allgemeine Daten zu den besichtigten Wasserwerken<br />

Wasserwerk<br />

Stadt<br />

Bundesstaat<br />

vorkommen m³/d<br />

Rohwasser Kapazität in<br />

City of Mesa WTP Mesa Arizona Fluss 180.000<br />

City of Tucson WTP Tucson Arizona Fluss 570.000<br />

Weymouth WTP Los Angeles Californ. Fluss, See 1.800.000<br />

Fort Collins Utilities WTF Fort Collins Colorado Fluss, Reservoir 230.000<br />

City of Golden WTP Golden Colorado Fluss 55.000<br />

Hillsborough river WTP Tampa Florida Fluss 370.000<br />

Williams WTP Lakeland Florida Grundwasser 95.000<br />

TampaBay RegionalWTP Tampa Florida Fluss, Reservoir 250.000<br />

Tom C. Hansen WTP Kansas City Kansas Fluss 470.000<br />

Nearman WTP Kansas City Missouri Fluss, Uferfiltrat 150.000<br />

Cass County WTP Cass County Missouri Talsperre 3.800<br />

B. E. Payne WTP Louisville Kentucky Fluss, Uferfiltrat 230.000<br />

R. Miller WTP Cincinnati Ohio Fluss 830.000


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 157<br />

Darüber hinaus fanden Besuche bei der American Water Works Association Research<br />

Foundation (AWWARF), dem Bureau of Reclamation des amerikanischen Innenministeriums,<br />

der amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA) sowie einem im<br />

Bereich Trinkwasseraufbereitung weltweit tätigen Consulting-Unternehmen statt. Die<br />

aufgesuchten Städte bzw. Gebiete sind in Bild 1.1 gekennzeichnet. Darüber hinaus<br />

sind in Tabelle 1.1 die Wasserwerke, in denen die Datenerhebung stattfand, aufgelistet.<br />

2 Gesetzliche Regelungen<br />

In den USA wird dem Multibarrierenprinzip zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung<br />

zunehmend Bedeutung beigemessen. Dementsprechend existieren zwischenzeitlich<br />

Gesetze und Verordnungen, die sich mit dem Ressourcenschutz sowie mit<br />

den aufbereitungs- und verteilungstechnischen Randbedingungen, aber auch mit der<br />

Information der Öffentlichkeit befassen. Grundlage für die gesetzliche Überwachung<br />

ist dabei der "safe drinking water act" (SDWA) von 1974. Aus diesem sowie den Ergänzungen<br />

von 1986 und 1996 und zahlreichen ergänzenden Verordnungen gingen<br />

Grenzwerte bzw. verfahrenstechnische Vorgaben für ca. 100 Parameter hervor.<br />

Umfassende Informationen zu Rohwasserschutz, Wasserqualität, Trinkwasserstandards<br />

sowie zu aufbereitungstechnischen Fragestellungen sind über die Homepage<br />

der US Environmental Protection Agency [1] verfügbar.<br />

Die Festlegung von Grenzwerten erfolgt in der Regel anhand des cancerogenen Risikos<br />

(10 -5 - 10 -6 ), das in Tierversuchen bestimmt wird. Im Hinblick auf die mikrobiologische<br />

Trinkwasserbeschaffenheit bzw. Parameter, die nicht für eine analytische<br />

Überwachung geeignet sind, existieren Verordnungstexte, die auch detaillierte verfahrenstechnische<br />

Vorgaben enthalten. Ein Beispiel hierfür ist die „surface water treatment<br />

rule“ von 1989 für die Behandlung von Oberflächenwasser bzw. oberflächenwasserbeeinflussten<br />

Grundwässern im Zusammenhang mit humanpathogenen<br />

Parasiten und Viren. Die „long term enhanced surface water treatment rule (stage<br />

1)“, die 2003 in Kraft treten soll, enthält aktualisierte Vorgaben hierzu. In Tabelle<br />

2.1 sind beispielhaft für einige Parameter die in den USA und Deutschland geltenden<br />

Grenzwerte gegenübergestellt.<br />

Beim Vergleich der entsprechenden Grenzwerte mit der deutschen bzw. europäischen<br />

Norm fällt auf, dass in den USA für zahlreiche PBSM-Wirkstoffe und weitere<br />

anthropogene Mikroverunreinigungen aber auch für Desinfektionsnebenprodukten<br />

wie Trihalogenmethane höhere Werte zugelassen sind. Die amerikanischen Normen<br />

enthalten jedoch auch Grenzwerte für in Deutschland nicht geregelte Spurenstoffe,<br />

mit z. T. sehr niedrigen Grenzwerten (z. B. Dioxin).


158<br />

Tabelle 2.1: Vergleich der Trinkwassergrenzwerte für ausgewählte Parameter in den<br />

USA und Deutschland<br />

Parameter Einheit USA Deutschland<br />

Nitrit mg/L 3,29 0,5<br />

Benzol µg/L 5 1<br />

Benzo-(a)-pyren µg/L 0,2 0,01<br />

Vinylchlorid µg/L 2 0,5<br />

1,2-Dichlorethan µg/L 5 3<br />

Trichlorethen µg/L 5 10<br />

Toluol µg/L 1000 -<br />

Pentachlorphenol µg/L 1 -<br />

Dioxin µg/L 0,003 -<br />

Atrazin µg/L 3 0,1<br />

Glyphosate µg/L 700 0,1<br />

Lindan µg/L 0,2 0,1<br />

THM mg/L 0,08 0,05<br />

Chemisch-physikalische Parameter nach der amerikanischen sowie der deutschen<br />

Trinkwasserverordnung sind in Tabelle 2.2 zusammengestellt. Mit Ausnahme der<br />

Trübung, für die in Deutschland deutlich höhere Anforderungen gestellt werden, sind<br />

in den USA bezüglich der chemisch-physikalischen Parameter ähnliche Werte festgelegt<br />

wie in Deutschland.<br />

Tabelle 2.2: Ausgewählte chemisch-physikalische Parameter der amerikanischen<br />

und deutschen Trinkwassernorm<br />

Parameter Einheit USA Deutschland<br />

Aluminium mg/L 0,2 0,2<br />

Arsen mg/L 0,01 0,01<br />

Blei mg/L 0,015 0,010<br />

Eisen mg/L 0,3 0,2<br />

Kupfer mg/L 1,3 2,0<br />

Mangan mg/L 0,05 0,05<br />

Sulfat mg/L 250 250<br />

Trübung NTU 5,0 1) 1,0<br />

1) mindestens 95 % der Messwerte < 1,0 NTU (Ablauf Schnellfilter: < 0,5 NTU)


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 159<br />

3 Allgemeine Angaben<br />

3.1 Rohwässer und wasserwirtschaftliche Situation<br />

Zur Versorgung der Großstädte bzw. Ballungsgebiete mit Trinkwasser dient vorwiegend<br />

Oberflächenwasser aus Flüssen, Seen und Stauseen. Daneben existieren einige<br />

Uferfiltratgewinnungen und überwiegend bei kleineren und mittleren Versorgern,<br />

zahlreiche Anlagen mit Grundwassernutzung. Maßnahmen zum Schutz der Rohwasserressourcen<br />

werden, wie bereits erwähnt, vom Gesetzgeber zwar gefordert, sind in<br />

der Praxis jedoch oftmals aufgrund von Interessenkonflikten mit anderen Nutzern nur<br />

begrenzt umsetzbar. Beispielsweise werden viele Trinkwasserreservoire als Naherholungsgebiete<br />

genutzt, woraus unter anderem Kontaminationen mit MTBE resultieren<br />

(Motorboote).<br />

3.2 Klima<br />

Während in den meisten Landesteilen das Klima warm bis kühl-gemäßigt ist,<br />

herrscht im äußersten Südosten (Florida) im Sommer feucht-heißes Klima und im<br />

Südwesten kommen auch wüstenhafte Bedingungen vor.<br />

Die mittleren Temperaturen im Januar liegen bei maximal 10 – 15°C im Südosten<br />

und Südwesten bzw. minimal –5°C im nördlichen Landesteil. Die höchsten Temperaturen<br />

resultieren im Süden und Südosten im Juli mit 25 – 30°C im Monatsmittel. Hinsichtlich<br />

der Niederschläge liegen stark unterschiedliche Verhältnisse in den einzelnen<br />

Landesteilen vor. Spitzenwerte von bis über 3.000 mm Niederschlag pro Jahr<br />

fallen im feuchtheißen Südosten (z. B. Florida) sowie in den Küstenregion im äußersten<br />

Nordwesten (Washington, Nordkalifornien). Zu berücksichtigen ist dabei jedoch<br />

für beide Regionen, dass die Niederschläge vorwiegend im Herbst fallen. Das andere<br />

Extrem stellen die südwestlich gelegenen Bundesstaaten wie z. B. Arizona und<br />

Nevada dar, die sich im Windschatten der Sierra Nevada befinden und mit Niederschlägen<br />

unter ca. 250 mm pro Jahr beständig regenarm sind.<br />

3.3 Struktur der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung<br />

Es existieren ca. 170.000 öffentliche Wasserversorgungssysteme (Definition:<br />

> 15 Anschlüsse oder mehr als 25 Abnehmer für länger als 60 Tage pro Jahr). Diese<br />

setzen sich aus 55.000 kommunalen sowie 115.000 nicht kommunalen Anlagen (z.<br />

B. Schulen oder Campingplätze mit eigener Wasserversorgung) zusammen.<br />

Das hauptsächlich genutzte Oberflächenwasser wird mehrstufig aufbereitet und mit<br />

relativ hohen Desinfektionsmittelgehalten abgegeben. Auch die Grundwässer wer-


160<br />

den in der Regel desinfiziert, wobei in etwa 50% der Fälle zusätzliche Aufbereitungsmaßnahmen<br />

erfolgen.<br />

Es wird üblicherweise eine Fahrweise angestrebt bzw. gefordert, bei der sämtliche<br />

Verbraucher Wasser mit gewissen Restchlorgehalten (≥ 0,2 mg/L) erhalten. Darüber<br />

hinaus sind die Wasserversorgungsunternehmen vom Gesetzgeber angehalten,<br />

Maßnahmen zu ergreifen, um die Freisetzung von Blei und Kupfer in Hausinstallationen<br />

zu minimieren, sofern die Beschaffenheit des abgegebenen Trinkwassers zur<br />

Freisetzung dieser Metalle in den Privatinstallationen führt.<br />

3.4 Wasserverbrauch<br />

Der mittlere tägliche Verbrauch an Trinkwasser in den USA beträgt ca. 300 L/EW. In<br />

den semiariden Gebieten des Südwestens können ganzjährig, im Südosten während<br />

der niederschlagsarmen und heißen Sommermonate Wasserverbräuche von über<br />

500 L/EW und Tag, insbesondere durch die Bewässerung von Grünanlagen, resultieren.<br />

4 Wasserbeschaffenheit<br />

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden bevorzugt Flusswasserwerke aufgesucht,<br />

deren Rohwässer entsprechend ihrer Herkunft in drei Gruppen eingeteilt werden<br />

können.<br />

A: „Sumpfwasser“<br />

Die Flusswässer aus den zum Teil sumpfigen Einzugsgebieten im Südosten (z.B.<br />

Florida) sind relativ gering mineralisiert, in der Regel trübstoffarm (< 5 FNU), jedoch<br />

durch saisonal auftretende sehr hohe TOC-Gehalte (< 40 mg/L) und eine starke Färbung<br />

sowie in den Sommermonaten durch relativ hohe Temperaturen (< 30 °C) gekennzeichnet.<br />

Besondere Anforderungen an die Aufbereitung resultieren durch Algenmassenentwicklungen,<br />

die u. a. Geruchs- und Geschmacksprobleme im Trinkwasser<br />

verursachen können.<br />

B: „Schmelzwasser“<br />

Bei dem Rohwasser der beiden in Colorado besuchten Flusswasseraufbereitungsanlagen<br />

handelt es sich überwiegend um Schnee- bzw. Gletscherschmelzwasser, das<br />

sehr gering mineralisiert ist. Saisonal treten erhöhte Gehalte an organischen Wasserinhaltsstoffen<br />

sowie an Werten für die Färbung auf. Kurzzeitig auftretende Trü-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 161<br />

bungserhöhungen sowie sehr niedrige Wassertemperaturen von bis zu minus 0,4 °C<br />

bereiten aufbereitungstechnische Probleme.<br />

C: „kontinentales“ Flusswasser<br />

Das Wasser der großen Flüsse, die das Landesinnere entwässern (Colorado, Missouri,<br />

Ohio), ist durch eine relativ hohe Mineralisierung (Härte bis 3,0 mmol/L, Sulfat<br />

bis 200 mg/L) gekennzeichnet. Sofern keine Zwischenspeicherung des Flusswassers<br />

in Stauseen erfolgt, treten kurzfristig nach Regenfällen auch starke Eintrübungen<br />

(>1.000 FNU) auf. Ein weiteres Merkmal sind Geruchs- und Geschmacksprobleme<br />

durch sporadische Algenmassenentwicklungen.<br />

5 Aufbereitung<br />

Detaillierte Angaben zur Verfahrenstechnik in den besuchten Wasserwerken gehen<br />

aus den Kurzbeschreibungen in Anlage 1 hervor. Danach wird zur Flusswasseraufbereitung<br />

in Amerika folgender Kernprozess (conventional treatment) eingesetzt.<br />

Flockung/Fällung<br />

Sedimentation<br />

Schnellfiltration<br />

Desinfektion/Chlorung<br />

Sofern rohwasserseitig besondere Anforderungen resultieren, ist dieser Aufbereitungsprozess<br />

um spezielle Stufen erweitert. Beispielsweise kann eine Sedimentationsstufe<br />

vorgeschaltet sein, um hohe Mengen an Trüb- und Feststoffen zu beherrschen.<br />

Darüber hinaus werden zwischenzeitlich verstärkt auch die Ozonung (meist mit<br />

H 2 O 2 - Dosierung) und adsorptive Verfahren eingesetzt. Dies dient einerseits dazu,<br />

die Beschaffenheit des abgegebenen Trinkwassers hinsichtlich Geruch, Geschmack<br />

und Färbung zu verbessern und andererseits den Gehalt an Desinfektionsnebenprodukten<br />

zu minimieren. In Einzelfällen werden damit auch anthropogene Störstoffe<br />

(z. B. Pestizidwirkstoffe) entfernt.<br />

Im Folgenden wird der übliche Aufbereitungsprozess (conventional treatment) näher<br />

beschrieben. Dabei sind insbesondere Maßnahmen bei extremen Rohwassersituationen,<br />

wie die Beherrschung von erhöhten Trübungen, Geruchs- und Geschmacksproblemen,<br />

Algenmassenentwicklungen sowie Temperaturextreme Gegenstand der<br />

Ausführungen.


162<br />

5.1 Flockung/Fällung<br />

Als Flockungsmittel sind sowohl Eisen- als auch Aluminiumsalze im Einsatz, wobei<br />

meist auch Flockungshilfsmittel, überwiegend kationischer Art, dosiert werden. In<br />

den beiden in Colorado besuchten Anlagen (Aufbereitung von Schneeschmelzwasser)<br />

wird jedoch ein anionisches Flockungshilfsmittel verwendet. Die Flockungsmittelzugabe<br />

erfolgt meist im Zulauf eines offenen Mischbeckens mit Propellerrührern,<br />

während das Flockungshilfsmittel in der letzten der nachgeschalteten Flockungsstufen<br />

dosiert wird.<br />

Für die Zugabemengen wurden Angaben zwischen 3 und 20 mg/L Fe bzw. Al und<br />

0,2 - 0,5 mg/L Flockungshilfsmittel gemacht. In einem Fall (Coloradowasser, Süd-<br />

Californien) werden jedoch bis zu 4 mg/L eines kationischen Flockungshilfsmittels<br />

zugegeben.<br />

In einem meist dreistufigen Prozessablauf bilden sich in den dem Mischbecken<br />

nachgeschalteten Flockungsbecken bei abnehmendem Energieeintrag (Paddel- oder<br />

Propellerrührer) sedimentierbare Flocken, wobei die gesamte Aufenthaltszeit des<br />

Wassers in dieser Stufe bei 20 - 30 min liegt.<br />

Die beiden Fotos in Bild 5.1 zeigen beispielhaft eine Flockungsanlage mit Paddelrührern<br />

älteren Baujahrs (oberes Foto) sowie einen neu errichteten Flockungsbehälter<br />

mit Propellerrührer (unteres Foto).<br />

In zwei der besuchten Werke konnte durch Änderung des hydraulischen Systems in<br />

der Flockungsstufe (Propfenströmung, Vermeidung von Totzonen) die Ablauftrübung<br />

deutlich gesenkt werden.<br />

5.2 Sedimentation<br />

In älteren Anlagen sind zumeist Sedimentationsbecken mit Verweilzeiten zwischen<br />

1,5 und 3 h vorhanden. In Bild 5.2 ist eine derartige Anlage im leeren sowie gefüllten<br />

Zustand dargestellt. Neuere Anlagen werden in der Regel mit Schrägplatten (Bild<br />

5.3) ausgerüstet, wodurch sich die Flächenbelastung von rd. 2 auf ca. 6-8 m/h steigern<br />

lässt.<br />

In den meisten Fällen wird das Wasser vor der Flockung einer Oxidation durch Dosierung<br />

von Kaliumpermanganat oder Chlordioxid, z.T. auch noch mittels Chlorzugabe<br />

unterzogen. Zur Beherrschung von Geruchs- und Geschmacksproblemen ist die<br />

Pulverkohlezugabe übliche Praxis. Darüber hinaus werden den schwach mineralisierten<br />

„Schneeschmelzwässern“ Natriumcarbonat bzw. Kalkmilch und Kohlendioxid<br />

zur Stabilisierung (Einstellung einer Säurekapazität bis pH 4,3 von ca. 0,7 mmol/L)<br />

zugegeben.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 163<br />

Bild 5.1:<br />

Flockungsbecken mit Paddel- bzw. Propellerrührer


164<br />

Bild 5.2:<br />

Sedimentationbecken in leerem (oben) und gefülltem (unten) Zustand


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 165<br />

Bild 5.3: Ansicht eines Schrägplattenklärers<br />

Die gering mineralisierten und stark huminstoffhaltigen „Sumpfwässer“ Floridas werden<br />

dagegen mittels Säurezugabe im sauren Bereich (pH 4,5) mit dem Ziel geflockt,<br />

natürliche organische Wasserinhaltsstoffe weitergehend zu eliminieren. Die Flockung<br />

und Fällung der stärker neutralsalzhaltigen „kontinentalen" Flusswässer erfolgt meist<br />

beim Rohwasser-pH-Wert (ca. 7,5). Zum Teil wird jedoch eine zweistufige Flockung<br />

durchgeführt, wobei eine Kalkmilchzugabe zunächst den pH-Wert auf ca. 11 anhebt<br />

(Kalkfällung), und anschließend, nach CO 2 -Zugabe bei einem pH-Wert von 8 - 9 und<br />

Fe-Salzzugabe eine zweite Flockung und Sedimentation durchgeführt wird.<br />

In jüngster Zeit errichtete Anlagen setzen vielfach die so genannte „belastete“ Flokkulation<br />

ein. Bei diesem Verfahren wird mittels Zugabe von feinem Sand und einem<br />

Flockungshilfsmittel der Sand in die Eisenhydroxidflocken eingebunden. Hierdurch<br />

erhöht sich die Sedimentationsgeschwindigkeit der erzeugten Flocken, so dass Flächenbelastungen<br />

von über 50 m/h in der Sedimentationsstufe erzielt werden können.


166<br />

Mittels Hydrozyklonen wird der Sand vom sedimentierten Dünnschlamm getrennt<br />

und in den Aufbereitungsprozess zurückgeführt. Die gesamte Aufenthaltszeit in einer<br />

derartigen Flockungs- und Sedimentationsanlage liegt im Bereich von lediglich 10 -<br />

12 min.<br />

Bild 5.4 zeigt eine Versuchsanlage zur belasteten Flokkulation. Auf der linken Bildhälfte<br />

ist eine dreifach ausgelegte Dosieranlage zu erkennen, mit der verschiedene<br />

Flockungsmittel bzw. Flockungshilfsmittel versuchsweise dosiert werden können. Bei<br />

dem Becken in der rechten Bildhälfte handelt es sich um die eigentliche Flockungsund<br />

Sedimentationsanlage, die gerade errichtet wird. In der rechten Hälfte des Beckens<br />

sind die drei Flockungsstufen mit den noch verpackten Rührwerken und im<br />

linken Teil die Klarwasserabführrinnen aus Edelstahl zu erkennen. Die Anlage ist für<br />

einen Volumenstrom von bis zu 50 m³/h konzipiert und dient zur laufenden Optimierung<br />

des Verfahrensprozesses in der neuen Tampa Bay Regional Trinkwasseraufbereitungsanlage.<br />

Bild 5.4: Ansicht einer Versuchsanlage zur belasteten Flokkulation<br />

Eine weitere Technik, die in den USA in jüngster Vergangenheit an Bedeutung gewonnen<br />

hat, sind die so genannten Superpulsatoren. Auch diese Technik ist durch<br />

einen im Vergleich zur herkömmlichen Flockungsanlage geringeren Flächenbedarf


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 167<br />

gekennzeichnet, da keine mehrstufige Flockung mit Energieeintrag (somit auch keine<br />

bewegten Teile) erforderlich ist und relativ hohe Flächenbelastungen von bis zu<br />

12 - 15 m/h gefahren werden können. Bei dieser Technik erfolgt der Flockungsprozess<br />

in einem Schlammschwebebett.<br />

Nach Angaben der Mitarbeiter in den beiden Werken in Colorado, in denen zeitweise<br />

relativ kaltes Wasser aufbereitet wird, resultieren bei Wassertemperaturen von bis zu<br />

ca. 4 °C keine nennenswerten Beeinträchtigungen des Flockungs- bzw. Sedimentationsprozesses.<br />

Bei noch niedrigeren Temperaturen, es können bis zu –0,4 °C Wassertemperatur<br />

auftreten, gelingt selbst durch Erhöhung der Dosiermengen an Flockungschemikalien<br />

keine befriedigende Aufbereitung. Hierfür muss die Flächenbelastung<br />

und damit der Durchsatz auf bis zu 50 % der Nennbelastung gedrosselt werden.<br />

5.3 Filtration<br />

Die Feinreinigung des durch Flockung und Sedimentation vorbehandelten Wassers<br />

erfolgt in Schnellfilteranlagen, die in der Regel als offene Stahlbetonfilter in Rechteckbauweise<br />

ausgeführt sind. Die Bilder 5.5 und 5.6 zeigen beispielhaft ein derartiges<br />

Schnellfilter im Aufbereitungs- sowie im Spülprozess.<br />

Bild 5.5: Überstauraum eines Schnellfilters mit den Rohwasserzu- bzw. Schlammwasserabführrinnen<br />

im Aufbereitungsprozess


168<br />

Ältere Anlagen sind meist als Einschichtfilter, neuere als Zweischichtfilter ausgeführt.<br />

Die gesamten Schütthöhen sind mit 0,8 - 1,2 m im Vergleich zu deutschen Anlagen<br />

relativ gering. In der Regel kommen Sande mit Korngrößen von ca. 0,5 mm bzw. bei<br />

Zweischichtfiltern zusätzlich anthrazitische Filtermaterialien mit Nenndurchmessern<br />

von rd. 1,1 mm zum Einsatz. Übliche Filtergeschwindigkeiten liegen im Bereich zwischen<br />

6 und 12 m/h. Die Filterlaufzeiten können, abhängig von der Rohwasserbeschaffenheit<br />

sowie der Filtergeschwindigkeit, zwischen 14 und 50 h betragen.<br />

Bild 5.6:<br />

Überstauraum eines Schnellfilters während einer Spülung<br />

In einigen Werken wurde die Kapazität bestehender Anlagen durch einen Filterumbau<br />

um 20 - 30 % erhöht. Es wurden spezielle düsenlose Filterbodenmodule eingebaut,<br />

die keine Stützschichten aus Quarzkiesen benötigen. Dies ermöglicht es, Filtermaterialien<br />

einer etwas gröberen Körnung mit einer größeren Schütthöhe zu verwenden,<br />

so dass bei gleicher Aufbereitungswirksamkeit die Filtergeschwindigkeit und<br />

damit die Durchsatzmenge erhöht werden kann. Der Freibord beträgt meistens ca.<br />

0,7 m und die Überstauhöhe etwa 2 m.<br />

Insbesondere in den Wassermangelgebieten werden in der Regel die im Aufbereitungsprozess<br />

anfallenden Spülabwässer aus den Sedimentations- und Filteranlagen<br />

behandelt und in den Aufbereitungsprozess zurückgeführt. Die dabei einzuhaltenden<br />

Randbedingungen sind in der “Filter Backwash Recycling Rule“ (2001) geregelt. We-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 169<br />

sentlich ist, dass das Klarwasser aus der Spülabwasserbehandlung an den Beginn<br />

des Aufbereitungsprozesses zurückgeführt werden muss.<br />

Das Wasserversorgungsunternehmen der City of Mesa in Arizona hat zur Aufbereitung<br />

der Spülabwässer ein Sedimentationsbecken sowie eine nachgeschaltete<br />

Kompaktflockungsanlage (Bild 5.7) errichtet. Bei der Kompaktflockungsanlage handelt<br />

es sich um eine standardisierte Anlage, die aus vorgefertigten Modulen vor Ort<br />

zusammengebaut wird. Diese relativ einfache und kostengünstige Technik ist unter<br />

Umständen auch für die Trinkwassergewinnung aus Oberflächenwässern bei kleineren<br />

Durchsatzmengen interessant.<br />

Bild 5.7: Kompaktflockungsanlage zur Filterspülwasserbehandlung<br />

5.4 Desinfektion<br />

Üblicherweise werden 2 – 4 mg Chlor am Ende der Aufbereitung dosiert. Ziel ist es<br />

hierbei, auch in Außenbereichen des Versorgungsnetzes Restchlorgehalte von ca.<br />

0,2 mg/L zu gewährleisten. Da bei dieser Vorgehensweise relativ hohe Konzentrationen<br />

an Desinfektionsnebenprodukten wie Trihalogenmethane sowie halogenierte<br />

Carbonsäuren entstehen, für die in der 2002 in Kraft getretenen Disinfectants and


170<br />

Disinfection Byproduct Rule (stage 1) verschärfte Grenzwerte vorgegeben sind (z. B.<br />

THM: 80 µg/L), haben viele Werke die Abschlussdesinfektion auf Chloramin umgestellt.<br />

Hierzu wird dem wie bisher gechlorten Wasser Ammonium im Verhältnis ca. 4-<br />

5 Teile Chlor zu 1 Teil Ammonium zudosiert. Eingestellt werden Chloraminkonzentrationen<br />

von 2,5 – 4,0 mg Cl 2 /L.<br />

5.5 Stabilisierung/Fluoridierung<br />

In den meisten Werken erfolgt zur Stabilisierung die Zugabe von Alkalien, wobei sowohl<br />

vor Ort erzeugte Kalkmilchsuspensionen als auch Natronlauge und Natriumcarbonat<br />

zum Einsatz kommen. In der Regel erfolgt dies am Ende der Aufbereitung,<br />

wobei aus korrosionschemischen Gründen eine leichte Calcitabscheidekapazität (5 –<br />

10 mg CaCO 3 /L) eingestellt wird. Eines der besuchten Werke stellt mit dem Ziel, die<br />

Kupfer- und Bleifreisetzung in den Hausinstallationen zu minimieren, einen relativ<br />

hohen pH-Wert von 8,8 ein, wobei sich jedoch bei der Verteilung des mittelharten<br />

Wassers Probleme durch Kalkausfällungen im Leitungsnetz langfristig ergaben.<br />

Zur Aufbereitung der schwach gepufferten und zeitweise stark eingefärbten und<br />

trübstoffhaltigen Schneeschmelzwässer in Colorado hat sich eine Stabilisierung der<br />

Aufbereitung mittels Zugabe von Alkalien und CO 2 bei der Optimierung des Flockungsprozesses<br />

bewährt.<br />

In vielen Werken wird das Trinkwasser durch Zugabe fluoridhaltiger Chemikalien fluoridiert,<br />

wobei der Zielwert bei ca. 1 mg Fluorid pro L liegt.<br />

5.6 Sonstige Aufbereitungsmaßnahmen<br />

Der Einsatz von Ozon zur Aufbereitung von Oberflächenwasser war früher in den<br />

USA nicht üblich, hat jedoch zwischenzeitlich im Zusammenhang mit den gestiegen<br />

Anforderungen an die hygienisch-mikrobiologische Wasserbeschaffenheit sowie den<br />

Gehalt an Desinfektionsnebenprodukten an Bedeutung gewonnen. Bei Ozonkontaktzeiten<br />

von ca. 15 Minuten wurden in den beiden besichtigten Ozonungsanlagen, abhängig<br />

von der Rohwasserbeschaffenheit 3-5 mg/L Ozon zudosiert. Beide Werke<br />

setzen zusätzlich Wasserstoffperoxid ein (Zugabe nach einer Ozonkontaktzeit von<br />

rd. 10 min). Dies dient einerseits dazu eine weitergehende Oxidation zu bewirken<br />

und andererseits Restozon vor den nachfolgenden, offenen Aufbereitungsstufen abzubauen.<br />

Adsorptive Verfahren werden in vielen Werken, zumindest zeitweise (Pulverkohledosierung),<br />

eingesetzt, um die Beschaffenheit des abgegebenen Trinkwassers hinsichtlich<br />

Geruch, Geschmack und Färbung zu verbessern oder anthropogene Störstoffe<br />

zu eliminieren.<br />

Auch die Uferfiltratgewinnung wird zunehmend als Alternative zur Aufbereitung von<br />

Flusswasser aus der „fließenden Welle“ in Betracht gezogen. Es fanden hierzu um-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 171<br />

fangreiche Untersuchungen bzw. Forschungsvorhaben statt. Bild 5.8 zeigt das Pumpengebäude<br />

eines neu errichteten Horizontalfilterbrunnens zur Gewinnung von Uferfiltrat<br />

aus dem Ohio-River. Etwa 15 m vom Ufer des Ohios entfernt wird darin über<br />

sieben sternförmig angelegte und 75 m lange Sickerstränge, die sich somit z. T. unter<br />

den Ohio erstrecken, Uferfiltrat gefördert. Die Horizontalsickerstränge befinden<br />

sich dabei 25 m unter GOK, und sind durch eine rd. 7 m mächtige Lehmschicht gegen<br />

den unmittelbaren Zutritt von Oberflächenwasser geschützt.<br />

Bild 5.8: Uferfiltratbrunnen am Ohio<br />

Die anfängliche Ergiebigkeit von 3500 m³/h war zunächst über einen Zeitraum von<br />

einem halben Jahr auf 2500 m³/h zurückgegangen, erhöhte sich jedoch nach einem<br />

Hochwasser wieder auf rd. 3000 m³/h. Bei mittleren Verweilzeiten des Wassers im<br />

Untergrund von 2 Monaten (minimale 5 Tage) verringern sich die Koloniezahlen um<br />

2 log Stufen und es werden nur sehr selten Coliforme Keime im Uferfiltrat festgestellt.<br />

Der TOC-Gehalt verringert sich von 2-3 mg/L im Flusswasser auf ca. 1,3 mg/L<br />

und der Trübstoffgehalt von bis zu 1500 FNU auf Werte unter 0,5 FNU im Uferfiltrat.<br />

Durch die Bodenpassage werden darüber hinaus Geruchs- und Geschmacksstoffe<br />

sowie auch zeitweise im Flusswasser enthaltenes Atrazin entfernt. Allerdings treten<br />

Mangangehalte von 0,1-0,2 mg/L im Uferfiltrat auf. In einem anderen besichtigten<br />

Uferfiltratwerk (Missouri-River) mit einem neuen Horizontalfilterbrunnen (Nennleistung<br />

6500 m³/h) wurde sogar von anfänglichen Mangankonzentrationen von bis zu 2


172<br />

mg/L berichtet, die jedoch nach bislang 2-jährigem Betrieb auf 0,4 mg/L zurückgingen.<br />

Eine weitere Aufbereitungsvariante wurde bei einem kleinen Wasserversorger in<br />

Missouri 1999 umgesetzt. Das Wasser aus einem kleinen Stausee wird mittels belasteter<br />

Flockung (Ablauftrübung < 1,0 FNU) vorbehandelt und dann über Ultrafiltrationsmembranen<br />

behandelt (Anlagenkapazität ca. 160m³/h). In Bild 5.9 sind im Vordergrund<br />

die rückspülbaren Feinfilter (200µm) zum Schutz der Membranen, dahinter<br />

die eigentliche Membrananlage und dahinter die Flockungsanlage zu erkennen.<br />

Bild 5.9: Oberflächenwasseraufbereitung mit belasteter Flockung und Ultrafiltration<br />

In Abständen von 3 Monaten, wenn der Druckverlust von 140 auf 800 mbar angestiegen<br />

ist, wird eine relativ aufwändige chemische Membranreinigung durchgeführt.<br />

Maximal mögliche 1,7 bar werden zur Verlängerung der Membranstandzeit nicht<br />

ausgeschöpft. Hierzu werden 3 m³ vollentsalztes Wasser (Ionenaustauscheranlage)<br />

auf 50 °C erhitzt, mit NaOH (pH 13) sowie NaOCl versetzt (200 mg/L Cl 2 ) und im<br />

Gegenstrom durch die Membranen geführt. Anschließend erfolgen noch weitere<br />

Klarspülschritte. Der gesamte Reinigungsvorgang dauert 5 h. Die Spülabwässer der<br />

Anlage werden durch Sedimentation behandelt und das Klarwasser in den Vorfluter<br />

eingeleitet. Der Anfangsdruckverlust (nach chemischer Reinigung) hat sich nach<br />

3 Jahren Betrieb lediglich von 120 auf 140 mbar erhöht. Dies ist vermutlich u.a. da-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 173<br />

rauf zurückzuführen, dass einerseits ca. 5% des Rohwasserstromes im „crossflow“<br />

über die Membrananlage ausgeleitet wird und andererseits eine Chlorung des Zulaufes<br />

erfolgt (Restchlorgehalt im Zulauf 0,4 mg/L nach einer Kontaktzeit von 4 h).<br />

6 Wasserverteilung<br />

Die größeren Versorgungsleitungen sind überwiegend aus Eisenwerkstoffen gefertigt.<br />

Dagegen bestehen die Rohre in den Hausinstallationen üblicherweise aus Kupferwerkstoffen.<br />

Wasserverlustraten wurden meistens mit 10 – 20 % angegeben. Im Bundesstaat<br />

Florida müssen aufgrund entsprechender gesetzlicher Bestimmungen Abhilfemaßnahmen<br />

ergriffen werden, sofern die Netzverluste 10 % übersteigen.<br />

7 Kosten<br />

Bezüglich des Wasserpreises wurden in den einzelnen Werken Angaben von umgerechnet<br />

ca. 0,4 – 0,7 €/ m³ gemacht. Erwartungsgemäß sind die Wasserpreise regional<br />

sehr unterschiedlich. Darüber hinaus sind sie oftmals progressiv und abhängig<br />

von Lage und Art der Abnehmer. Beispielhaft hierfür sind in der nachfolgenden Tabelle<br />

7.1 die Wasserpreise der Stadt Tampa in Florida aufgelistet.<br />

Tabelle 7.1: Wasserpreise in Tampa, Florida (2002)<br />

Verbrauch<br />

Kosten in €/m³<br />

m³/Monat Stadtgebiet außerhalb Stadtgebiet<br />

0 – 15 0,37 0,46<br />

16 – 36 0,43 0,54<br />

37 – 73 0,72 0,90<br />

74 – 126 0,96 1,21<br />

> 126 1,11 1,39<br />

Unter Berücksichtigung des mittleren täglichen Trinkwasserverbrauchs in den USA<br />

von ca. 300 L und einem Wasserpreis von ca. 0,5 - 0,6 €/ m³ resultieren für die<br />

Trinkwasserversorgung eines Vier-Personen-Haushaltes in den USA und Deutschland<br />

durchaus vergleichbare Jahreskosten von ca. 300 €.


174<br />

8 Meerwasserentsalzung und Abwasserverwendung in<br />

Californien und Arizona<br />

Die Ballungsgebiete im Süden Californiens und Arizonas werden überwiegend mit<br />

Fernwasser versorgt, das über mehrere bis zu 700 km lange offene Kanalsysteme<br />

beigeleitet wird. Die Hauptmenge des insgesamt zur Verfügung stehenden Fernwassers<br />

dient für Bewässerungszwecke in der Landwirtschaft. Politisch bzw. ökologisch<br />

ist die Fernwasserversorgung umstritten, so dass zur Einsparung von diesem Wasser<br />

an mehreren Stellen Großanlagen zur weitergehenden Aufbereitung von kommunalem<br />

Abwasser errichtet wurden. Das darin gewonnene Wasser dient insbesondere<br />

für Bewässerungszwecke sowie als Brauchwasser in der Industrie, zum Teil<br />

wird es aber auch zur Grundwasseranreicherung und damit indirekt zur Trinkwassergewinnung<br />

genutzt. Es wurden die nachfolgend aufgeführten Groß- bzw. Pilotanlagen<br />

zur Abwasserverwendung und zur Gewinnung von Trinkwasser durch Meerwasserentsalzung,<br />

die ebenfalls als Ersatz für den Fernwasserbezug untersucht wird,<br />

besichtigt.<br />

1. Long Beach, Californien<br />

Pilotanlage zur energieoptimierten Meerwasserentsalzung mittels „Niederdruck“ UO-<br />

Membranen<br />

2. Orange County, Californien (Water factory 21)<br />

A. Großanlage zur weitergehenden Aufbereitung von geklärtem Abwasser mittels<br />

Kalkfällung/Sedimentation/Neutralisation/Desinfektion/Filtration/UO für die künstliche<br />

Grundwasseranreicherung. B. Pilotanlagen zur Wassergewinnung aus geklärtem<br />

Abwasser mittels MF/UO)<br />

3. West Basin, Californien<br />

A. Großanlagen zur weitergehenden Aufbereitung von geklärtem Abwasser mittels<br />

MF/UO sowie Flockungsfiltration/Kalkfällung/Neutralisation/Zweischichtfiltration/UO<br />

für die künstliche Grundwasseranreicherung, Bewässerung von z.B. Parks und Golfplätzen<br />

sowie als Industriebrauchwasser. B. Pilotprojekt zur Meerwasserentsalzung<br />

mittels MF/UO)<br />

4. Scottsdale, Arizona (water campus)<br />

Großanlage zur Aufbereitung von kommunalem Abwasser u.a. mit MF/UO zur künstlichen<br />

Grundwasseranreicherung sowie Bewässerung von z.B. Parks und Golfplätzen<br />

5. Tucson, Arizona<br />

Großtechnische Abwasseraufbereitung einerseits mittels Sandfiltration/Chlorung sowie<br />

andererseits durch Bodenpassage zur Bewässerung u.a. von Parks und Golfplätzen


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 175<br />

Nähere Angaben zu den Randbedingungen sowie den eingesetzten Verfahrenstechniken<br />

in den einzelnen Werken gehen aus Anlage 2 hervor. Nachfolgen sind wesentliche<br />

Daten und Ergebnisse der Besuche zusammengefasst.<br />

Zur weitergehenden Behandlung von geklärtem und in der Regel auch mit Chlor<br />

desinfiziertem kommunalem Abwasser wird üblicherweise die Umkehrosmose eingesetzt,<br />

wobei die Vorbehandlung in früheren Jahren überwiegend durch die Verfahrenskombination<br />

Kalkfällung, Flockung, Sedimentation, Neutralisation, Desinfektion<br />

und Filtration erfolgte. Zwischenzeitlich kommen zur Vorbehandlung stattdessen zunehmend<br />

Mikrofiltrationsanlagen zum Einsatz. Überwiegend handelt es sich dabei<br />

um Systeme der Firma US Filter (Memcor), die betriebsstabil Wasser mit einer Trübung<br />

< 0,1 FNU sowie einem Kolloidindex < 1 %/min erzeugen. Bild 8.1 zeigt beispielhaft<br />

den Verfahrensprozess in der Anlage des West Basin Water Districts.<br />

Bild 8.1: Verfahrensprozess der weitergehenden Abwasseraufbereitung mittels<br />

Membrantechnik<br />

Die Ausbeuten wurden mit 85 - 95 % angegeben. Wesentlich für den Betrieb ist die<br />

Zugabe von rd. 2 mg/L Chlor im Zulauf, wodurch die Reinigungsintervalle von wenigen<br />

Tagen auf 2 - 3 Wochen bei einer in der Regel vorliegenden Zulauftrübung von<br />

ca. 5 FNU erzielt werden. Sofern infolge von Problemen im Aufbereitungsprozess<br />

(Temperaturänderungen) der vorgeschalteten Kläranlage erhöhte Zulauftrübungen<br />

(50 - 100 FNU) resultieren, verkürzen sich die Reinigungsintervalle auf wenige Tage.<br />

Zu berücksichtigen ist, dass das zu behandelnde Wasser erhöhte Mengen an Am-


176<br />

monium enthält, so dass zugesetztes Chlor zu Chloraminen reagiert. Die eingesetzten<br />

Membranen sind nicht chlorbeständig.<br />

Nach der Vorreinigung des geklärten Abwassers mittels Membranverfahren bzw.<br />

Flockung, Sedimentation, Filtration erfolgt in der Regel eine Umkehrosmosebehandlung.<br />

Hier haben sich neuere Membrantypen (thin film composit Membranen) gegenüber<br />

Zellulose-Acetat-Membranen durchgesetzt, da sie mit einem geringeren Betriebsdruck<br />

von ca. 15 gegenüber 24 bar (Zellulose-Acetat-Membrane) betrieben<br />

werden können. Auch der Aufwand für Spülungen und Reinigungen ist geringer, so<br />

dass sich die Ausbeuten bei Verwendung von thin film composit Membranen von ca.<br />

75 auf 85 % erhöhen. Durch die Umkehrosmosebehandlung wird der Salzgehalt von<br />

700 - 1000 auf rund 50 mg/L (angegeben als TDS), der Ammoniumgehalt von rund<br />

15 auf 2 - 3 mg/L und der TOC von ca. 12 auf Werte < 1 mg/L verringert.<br />

Zur Beherrschung toxischer bzw. kanzerogener Substanzen (z. B. NDMA), die mittels<br />

Umkehrosmosebehandlung, aber auch adsorptiv durch Aktivkohle, nicht ausreichend<br />

entfernt werden, kommen UV-Reaktoren zum Einsatz, wobei durch Zugabe<br />

von Wasserstoffperoxid eine weitergehende Oxidation erzielt werden soll.<br />

Die Produktionskosten für das derart erzeugte Wasser wurden mit 0,25-0,55 €/ m³<br />

angegeben. Zum Vergleich liegt der Preis für das aus Fernwasser (Flusswasser) erzeugte<br />

Trinkwasser bei derzeit ca. 0,45 €/ m³.<br />

Eine aufgrund des relativ einfachen Verfahrensprozesses interessante Alternative<br />

der weitergehenden Abwasserbehandlung zur Erzeugung von Brauchwasser besteht<br />

u. U. in der Bodenpassage bzw. der Filtration in Kombination mit einer Behandlung<br />

des Filterspülwassers in einer Pflanzenkläranlage, wie sie in Tucson, Arizona praktiziert<br />

wird. Für die Bodenpassage sind jedoch entsprechende hydrogeologische Voraussetzungen<br />

erforderlich.<br />

Die beiden besichtigten Pilotanlagen zur Meerwasserentsalzung haben zum Ziel,<br />

die Membrantechnik für die Trinkwassergewinnung aus Meerwasser zu optimieren.<br />

In der einen Anlage erfolgt eine zweistufige Behandlung mit Umkehrosmosemembranen,<br />

die bei relativ niedrigen Drücken betrieben werden (1. Stufe 36, 2. Stufe<br />

21 bar). In der zweiten Anlage wird die Mikrofiltration als Voraufbereitung vor der<br />

Umkehrosmosebehandlung (Betriebsdruck 62 bar) untersucht. Bei Ausbeuten von<br />

ca. 40 % soll in beiden Pilotanlagen der Meerwassersalzgehalt von etwa<br />

35.000 mg/L auf rund 300 mg/L verringert werden. Erste Schätzungen ergaben Produktionskosten<br />

in Höhe von 0,65 €/ m³, wobei jedoch gegebenenfalls zusätzliche<br />

Kosten für den Bau entsprechender Wasserspeicher und Verteilungsanlagen entstehen.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 177<br />

9 Zusammenfassung und Folgerungen<br />

Die geografischen und klimatischen Verhältnisse in den USA sind regional sehr unterschiedlich.<br />

Zwar sind viele Gegenden kühl-gemäßigt, es existieren daneben jedoch<br />

auch Bereiche mit jahreszeitlich sehr niedrigen Temperaturen, semiaride bis<br />

aride sowie feucht-heiße Zonen. Da in Deutschland kaum Erfahrungen mit den Anforderungen<br />

an die Wasserversorgung, speziell an die Trinkwasseraufbereitung bei<br />

derartigen Verhältnissen vorliegen, wurden insgesamt 16 Wasserversorgungsunternehmen<br />

in den USA aufgesucht und die Aufbereitungstechnik ermittelt sowie dokumentiert.<br />

Zur Versorgung der ca. 280 Mio. Einwohner in den USA existieren rd. 170.000 öffentliche<br />

Wasserversorgungssysteme, von denen 55.000 der Versorgung von Kommunen<br />

dienen. Bei den übrigen handelt es sich im Wesentlichen um kleinere Anlagen,<br />

z. B. in Reservaten, Campingplätzen und sonstigen Einrichtungen ohne Anschluss<br />

an die öffentliche Versorgung. Während kleinere Versorger oftmals unbehandeltes<br />

Grundwasser abgeben bzw. lediglich eine Desinfektion mit Chlor durchführen,<br />

wird zur Versorgung der größeren Städte in der Regel Oberflächenwasser aus<br />

Flüssen und Seen bzw. Reservoiren mehrstufig aufbereitet und verteilt.<br />

Die Beschaffenheit der Oberflächenwässer ist dabei je nach Einzugsgebiet sehr unterschiedlich,<br />

so dass von gering mineralisierten und deutlich huminstoffhaltigen<br />

"Sumpfwässern" (z.B. in Florida) bis hin zu relativ salzhaltigen, nach Regenfällen<br />

stark eintrübenden Flusswässern (z. B. Colorado) ein breites Spektrum zu behandeln<br />

ist. Neben aufbereitungstechnischen Anforderungen wie der Entfernung von Trübstoffen<br />

und natürlichen organischen Wasserinhaltsstoffen müssen dabei in einzelnen<br />

Werken auch sehr niedrige Wassertemperaturen (bis -0,4°C), in anderen relativ hohe<br />

Temperaturen (ca. 30°C) beherrscht werden. Darüber hinaus treten in vielen Fällen<br />

zeitweise Algenmassenentwicklungen auf, die Geruchs- und Geschmacksprobleme<br />

verursachen oder es sind anthropogene Mikroverunreinigungen (z. B. PBSM-<br />

Wirkstoffe, Perchlorat, MTBE, NDMA) zu berücksichtigen.<br />

Zur Oberflächenwasseraufbereitung wird in der Regel die Verfahrenskombination<br />

Flockung/Fällung-Sedimentation-Filtration-Desinfektion angewandt. Darüber hinaus<br />

erfolgt oftmals eine Alkalienzugabe zur Enthärtung bzw. Stabilisierung, eine Fluoridierung<br />

des Wassers und es wird bedarfsabhängig (Geruchs und Geschmacksprobleme)<br />

Pulverkohle zudosiert.<br />

Der Trinkwasserpreis ist mit 0,5 - 0,6 €/ m³ deutlich niedriger als in Deutschland, wobei<br />

zu berücksichtigen ist, dass einerseits der mittlere Jahresverbrauch von rd. 300 L<br />

pro Einwohner fast dreimal so hoch ist wie in Deutschland und andererseits in der<br />

Regel nur geringe Aufwendungen für Rohwasser- bzw. Umweltschutzmaßnahmen<br />

getätigt werden. Viele kleine sowie mittlere Werke haben darüber hinaus wie erwähnt,<br />

ggf. mit Ausnahme einer Chlorung, keine Aufbereitung, während größere An-


178<br />

lagen mit mehrstufiger Aufbereitung aufgrund der in der Regel hohen Durchsatzmengen<br />

sehr wirtschaftlich betrieben werden können.<br />

Ausgelöst durch zahlreiche Erkrankungen, die von Erregern über das Trinkwasser<br />

übertragen wurden, sowie eine kritischere Bewertung von Chlorungsnebenprodukten<br />

hat sich in den USA in den vergangenen Jahren ein Wandel in der Trinkwasseraufbereitung<br />

vollzogen. Zum einen wurden die Anforderungen an die Aufbereitungswirksamkeit<br />

hinsichtlich der Entfernung von Trübstoffen sowie Partikeln und damit<br />

auch von chlorresistenten Mikroorganismen, sowie von organischen Wasserinhaltsstoffen<br />

als Precursoren von Desinfektionsnebenprodukten erhöht. Zum anderen wird<br />

dem Rohwasserschutz eine weit höhere Bedeutung als früher beigemessen („Multibarrierenprinzip“).<br />

Die Desinfektion sowie die Aufrechterhaltung von Desinfektionsmittelrestgehalten im<br />

Verteilungsnetz hat nach wie vor zentrale Bedeutung. Allerdings haben viele Werke<br />

zur Minimierung der Desinfektionsnebenprodukte die abschließende Desinfektion<br />

von Chlor auf Chloramin umgestellt. Um die geforderten Restmengen beim Verbraucher<br />

von 0,2 mg/L (freies bzw. gebundenes Chlor) zu gewährleisten, werden üblicherweise<br />

2 - 5 mg Chlor und ggf. entsprechende Mengen an Ammonium dosiert.<br />

Auch die Grundwasserdesinfektion ist in den USA gängige Praxis. Zum Teil werden<br />

dabei auch Wässer aus gut geschützten Vorkommen desinfiziert. Viele amerikanische<br />

Grundwässer sind jedoch aufgrund der hydrogeologischen Randbedingungen<br />

und fehlender wasserwirtschaftlicher Schutzmaßnahmen in mikrobiologischer Hinsicht<br />

gefährdet.<br />

Verfahren, die in Deutschland seit vielen Jahren zur Oberflächenwasseraufbereitung<br />

Stand der Technik sind, wie die Ozonung, die biologische und adsorptive Aktivkohlefiltration<br />

sowie die Uferfiltration wurden bzw. werden im Zuge der erwähnten gestiegenen<br />

Qualitätsanforderungen in den USA intensiv untersucht und zunehmend eingesetzt.<br />

Auch bei der Grundwasseraufbereitung erfolgen aufgrund geänderter gesetzlicher<br />

Rahmenbedingungen hinsichtlich Arsen und Mangan umfangreiche Untersuchungen<br />

hinsichtlich geeigneter Aufbereitungstechnologien. Diesbezüglich liegen in Deutschland<br />

ebenfalls langjährige Praxiserfahrungen vor. Es ist jedoch zu beachten, dass<br />

die in Deutschland bevorzugten naturnahen bzw. chemikalienarmen Aufbereitungsverfahren<br />

in den USA noch skeptisch betrachtet werden. Die biologische Aufbereitung<br />

bzw. die Verwendung von Luftsauerstoff als Oxidationsmittel bei der Entfernung<br />

von Eisen, Mangan und Arsen ist dort nicht üblich, sondern es wird in der Regel<br />

Chlor als Oxidationsmittel eingesetzt.<br />

Die Forschung und Entwicklung im Bereich der Trinkwasseraufbereitung erfolgt in<br />

wesentlich stärkerem Umfang als z. B. in Deutschland. Dies ist u. a. darin begründet,<br />

dass die qualitativen Anforderungen, wie bereits erwähnt, in den vergangenen Jah-


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - USA 179<br />

ren in verschiedener Hinsicht stark erhöht wurden. Gleichzeitig muss zunehmend auf<br />

minderwertiges Rohwasser zurückgegriffen werden, da die Bevölkerung und damit<br />

der Bedarf in Wassermangelgebieten, wie z.B. in Südkalifornien, Arizona, Florida<br />

(Sommer), am stärksten wächst. Sicherlich spielen auch die zahlreichen Universitäten<br />

und Forschungseinrichtungen sowie eine Vielzahl großer, wirtschaftlich starker<br />

Versorgungs- und Consultingunternehmen eine Rolle.<br />

Zentrale Forschungsthemen sind neben den oben genannten Aufbereitungsaufgaben<br />

der Einsatz der Membrantechnologie und der weitergehenden Oxidation<br />

(UV/H 2 O 2 ) zur Verwendung von kommunalem Abwasser und die Meerwasserentsalzung<br />

mittels Membranverfahren.<br />

Nachfolgend sind Praxiserfahrungen, insbesondere hinsichtlich in Deutschland nicht<br />

üblicher Randbedingungen bei der Trinkwasseraufbereitung und mögliche Optimierungsansätze<br />

im Hinblick auf den internationalen Einsatz stichpunktartig aufgelistet.<br />

Tiefe Temperaturen<br />

Es sind mögliche Probleme durch Vereisungen an der Rohwasserentnahmestelle<br />

sowie in Sedimentationsanlagen zu berücksichtigen. In einem besuchten Werk wurde<br />

zur Enteisenung des „Intakes“ mit warmem Wasser eine Verbindung zum Kühlwasserkreislauf<br />

eines nahegelegenen Kraftwerks geschaffen.<br />

Die Auslegung von Flockungsanlagen für kalte, trübstoffhaltige Wässer sowie deren<br />

Betrieb stellt besondere Anforderungen, u.a. hinsichtlich des hydraulischen Systems<br />

(Energieeintrag, „Propfenströmung“) an Art und Zugabemengen an Flockungschemikalien<br />

(z.B. anionische oder kationische Flockungshilfsmittel). Bei schwach gepufferten<br />

Wässern ist vor der Flockung vermutlich eine Stabilisierung erforderlich. Nach<br />

Praxiserfahrungen in den USA resultieren bei Wassertemperaturen von unter 4 °C in<br />

Flockungsanlagen aufbereitungstechnische Probleme, die lediglich durch eine deutliche<br />

Durchsatzverringerung, nicht jedoch mittels Variation der Flockungsbedingungen<br />

zu beherrschen sind. Ein Optimierungsansatz besteht in der Dosierung von<br />

künstlichen Ballaststoffen, wie beispielsweise Mikrosand.<br />

Hohe Temperaturen, Sonneneinstrahlung<br />

Zur weitergehenden Huminstoffentfernung bietet sich, insbesondere bei gering gepufferten<br />

Wässern, eine pH-Wertabsenkung vor der Flockung an. Von besonderer<br />

Bedeutung sind Strategien zur Verhinderung von Algenmassenentwicklungen z. B. in<br />

Rohwasserreservoiren (Zugabe von Kupferpräparaten, Phosphatfällung, Abdeckung)<br />

und zur aufbereitungstechnischen Beherrschung von Algen bzw. dadurch verursachten<br />

Geruchs- und Geschmacksproblemen (z. B. Flotation, ggf. Pulverkohleeinsatz<br />

sowie Ozon). Vermutlich muss unter derartigen Verhältnissen auch der Einsatz von<br />

Chlorverbindungen im Rahmen des Aufbereitungsprozesses in Erwägung gezogen<br />

werden, sofern Ozon aus Kostengründen ausscheidet. Eine Möglichkeit, Nebenpro-


180<br />

dukte zu minimieren, bestünde im Einsatz von Chlordioxid, allerdings ist der verfahrenstechnische<br />

Aufwand bei den derzeit üblichen Verfahren zur Bereitstellung von<br />

Chlordioxid noch vergleichsweise hoch.<br />

Uferfiltration<br />

Wie auch das zunehmende Interesse in den USA zeigt, ist die Uferfiltration eine<br />

wichtige Aufbereitungsvariante mit zahlreichen Vorteilen. Konzepte zur Festlegung<br />

bzw. Minimierung der erforderlichen Nachbehandlung wären auch unter Kostengesichtspunkten<br />

vorteilhaft. In den USA wird die Nachbehandlung oftmals noch relativ<br />

aufwändig mit dem Ziel konzipiert, dass damit ggf. auch eine Flusswasseraufbereitung<br />

möglich ist. Zu berücksichtigen sind in jedem Fall erhöhte Mangangehalte im<br />

geförderten Uferfiltrat. Für den praktischen Betrieb von Uferfiltratgewinnungen wären<br />

die Kenntnis der Ursachen von Ergiebigkeitsabnahmen bzw. Konzepte zur Leistungssteigerung<br />

bei Rückgang der Ergiebigkeit wesentlich.<br />

Flockung, Sedimentation, Filtration<br />

Modulare Kompaktanlagen zur Flockung/Sedimentation stellen u. U. für kleinere und<br />

mittlere Anlagendurchsätze eine kostengünstige Alternative dar. Auch das bessere<br />

Verständnis der Einflussgrößen bei der Schnellfiltration (Korngröße, Schütthöhe, Filtergeschwindigkeit)<br />

und entsprechende Dimensionierungsmodelle könnten zu einer<br />

kosten- und leistungsoptimierten Konzeption eingesetzt werden.<br />

10 Literatur und Links<br />

[1] Environmental Protection Agency: <br />

11 Anlagen (auf CD beigefügt)<br />

- Anlage 1: Kurzbeschreibungen der besuchten Wasserwerke (Steckbriefe)<br />

- Anlage 2: Meerwasserentsalzung und Abwasserverwendung in Californien und<br />

Arizona<br />

- Bilddokumentation zu den Wasserwerken


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 181<br />

4 Zusammenfassung<br />

4.1 Datenbasis<br />

In Brasilien, China, Indonesien, Iran, Südafrika, Thailand, Vietnam und den USA<br />

wurden Daten zur Trinkwassergewinnung erhoben und ausgewertet. Tabelle 4.1 gibt<br />

einen Überblick über die Wasserwerke, die in den genannten Ländern aufgesucht<br />

wurden. Ein Vergleich der Kapazität der aufgesuchten Wasserwerke mit den beiden<br />

letzten Spalten der Tabelle zeigt, dass die Datenerhebung im Rahmen des Forschungsvorhabens<br />

in der Lage sein sollte, typische Charakteristika für die einzelnen<br />

Länder herauszustellen.<br />

Tabelle 4.1: Umfang der Datenerhebung<br />

Land<br />

Anzahl der<br />

aufgesuchten<br />

WW<br />

Kapazität der<br />

aufgesuchten<br />

WW<br />

in Mio. m³/d<br />

Mittlere Kapazität<br />

der WW<br />

des Landes<br />

in Mio. m³/d<br />

Einwohner<br />

des Landes<br />

in Mio.<br />

Brasilien 13 5,7 33 176<br />

China 12 4,4 77 (*) 1.284<br />

Indonesien 13 0,3 6,9 231<br />

Iran 2 0,6 5,5 67<br />

Südafrika 11 5,0 - 44<br />

Thailand 9 5,0 7 62<br />

Vietnam 7 0,9 3 81<br />

USA 13 3,6 - 281<br />

Deutschland - - 14 83<br />

(*) 593 städtische Kerngebiete<br />

4.2 Rohwasserherkunft<br />

Die Länder, in denen im Rahmen des Vorhabens Daten erhoben wurden, nutzen mit<br />

Ausnahme von China und den städtischen Gebieten im Iran überwiegend Oberflächenwasser<br />

zur Trinkwassergewinnung, wie aus Tabelle 4.2 hervorgeht.<br />

Tabelle 4.2: Rohwasserherkunft in den Ländern der Datenerhebung<br />

Land Oberflächenwasser in % Grundwasser in %<br />

China 30 70<br />

Iran (Städte), Deutschland 35 65<br />

Indonesien, USA, Vietnam 65 35<br />

Südafrika 80 20<br />

Thailand 90 10<br />

Brasilien 95 5


182<br />

4.3 Wasserbeschaffenheit<br />

Ein grundsätzliches Problem ist in den untersuchten Ländern, ausgenommen den<br />

USA, flächendeckend die mikrobiologische Beschaffenheit der Roh- und Trinkwässer.<br />

Eine geregelte Abwasserentsorgung gibt es praktisch nicht (z.B. Indonesien,<br />

Thailand). Oft werden kommunale Abwässer unbehandelt in Oberflächengewässer<br />

eingeleitet. Das Ausbringen von Abwasser auf Felder und die ungenügende Sicherung<br />

von Abwassergruben stellte eine weitere Ursache für eine Verschmutzung der<br />

Vorfluter dar (z.B. China, Vietnam). Dies führt u.a. in Binnenseen zur Algenbildung<br />

teilweise mit einem Ausmaß, dass eine Nutzung für die Trinkwassergewinnung nicht<br />

mehr möglich ist (z.B. China). Verschärft wird diese Problematik oft durch die vorherrschenden<br />

klimatischen Bedingungen. Beispielsweise weisen in verschiedenen<br />

Regionen die Vorfluter Temperaturen von ca. 18-25 °C (z.B. Vietnam, Thailand) auf.<br />

Starkniederschläge lassen die Trübstoffgehalte der Flüsse auf 100 bis 1.000 FNU<br />

über einen Zeitraum von Stunden und Tagen ansteigen (z.B. Brasilien, China, Vietnam,<br />

Thailand). Die Wasserbeschaffenheit ist damit durch extreme Schwankungen<br />

in der Wasserbeschaffenheit gekennzeichnet.<br />

Grundwasserfassungen an Küstenstreifen sind zunehmend von einer Versalzung<br />

betroffen (z.B. Südafrika, Vietnam, USA). Unkontrollierte Grundwasserentnahmen<br />

führen zu Bodenabsenkungen mit den daraus resultierenden Schäden an der Infrastruktur<br />

(z.B. Bangkok, Thailand).<br />

Lokal sind in einigen Landesteilen die Rohwasservorkommen mit erhöhten Gehalten<br />

an Fluorid, Arsen, Eisen und Mangan belastet (z.B. China, Brasilien).<br />

Die bisher durchgeführten Stichprobenuntersuchungen in Wasserwerken in Brasilien,<br />

China, Indonesien, Südafrika, Thailand und Vietnam zeigten, dass organische<br />

Spurenstoffe wie beispielsweise Insektizide, Pharmaka, Röntgenkontrastmitteln oder<br />

Komplexbildner in den Rohwässern der Wasserwerke in der Regel nicht oder in sehr<br />

geringen Konzentrationen auftraten. Dies hat vermutlich folgende Ursachen:<br />

- derzeit noch relativ geringe Industrialisierung - weniger Abwässer<br />

- geringerer Lebensstandard - weniger Konsumtion von Kosmetika bzw. Arzneimitteln<br />

- wärmeres Klima - schnellerer Abbau von Wasserinhaltsstoffen<br />

- höhere Niederschläge, größere Wasserkörper und größere Wasserführung<br />

in Flüssen im Vergleich zu Deutschland mit daraus resultierender Verdünnung<br />

Dementsprechend haben Spurenstoffe in der öffentlichen Wasserversorgung in diesen<br />

Ländern bisher eine geringere Bedeutung. Zudem führen höhere Grenzwerte für<br />

Spurenstoffe im Trinkwasser im Vergleich zu Deutschland dazu, dass deren Relevanz<br />

im Ausland deutlich geringer eingestuft wird. Einige ausländische Wasserwerke


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 183<br />

wiesen darauf hin, dass möglicherweise Pestizide im Rohwasser auftreten können.<br />

Konkrete Messwerte dazu stehen aus.<br />

Erhöhte Gehalte an natürlichen organischen Stoffen, erhöhte Bromidkonzentrationen<br />

sowie höhere Temperaturen rufen infolge der Desinfektion mit Chlor eine verstärkte<br />

Bildung von THM im Trinkwasser hervor. Bei Anwesenheit von Ammoniumionen<br />

werden THM jedoch nicht bzw. nur in geringen Konzentrationen gebildet. Ammoniumgehalte<br />

im zu desinfizierenden Wasser können daraus resultieren, dass Ammonium<br />

aus dem Rohwasser während der Aufbereitung nicht vollständig entfernt wird<br />

(z.B. Vietnam) bzw. dass während der Aufbereitung eine Dosierung von Ammonium<br />

erfolgt (z.B. China, USA). In Brasilien bzw. in den USA wird in einigen Fällen Chlor<br />

durch Chlordioxid ersetzt, um die THM-Bildung zu begrenzen. In der Regel liegen die<br />

im Ausland geltenden Grenzwerte für THM jedoch über den in Deutschland verbindlichen<br />

Werten.<br />

4.4 Aufbereitung<br />

Die Aufbereitung von Oberflächenwässern erfolgt meist durch Flockung, Sedimentation,<br />

Filtration und Desinfektion (z.B. Brasilien, China, Indonesien, Südafrika, Thailand,<br />

Vietnam). Als Flockungsmittel werden Aluminium- und Eisensalze und in Einzelfällen<br />

Flockungshilfsmittel zugegeben. In einigen Ländern stehen bestimmte Zusatzstoffe<br />

nicht zur Verfügung. So kann beispielsweise Vietnam nicht auf Flockungshilfsmittel<br />

zurückgreifen. Die Dosierung mit Flockungsmitteln erfolgt oft durch freien<br />

Einlauf in Gerinne mit turbulenter Strömung (z.B. Brasilien, China, Indonesien, Thailand,<br />

Vietnam). Sedimentationsbecken sind teilweise überbemessen (z.B. China).<br />

Zur Schnellfiltration werden mehrheitlich Einschichtfilter verwendet. Die Einschichtfilter<br />

haben im Vergleich zu den in Deutschland üblichen Filterschichtaufbau meist geringere<br />

Schütthöhen und geringere Filterkorndurchmesser. Die Spülung der Filter<br />

erfolgt teilweise ohne Pumpen und nur mit Wasser (z.B. Brasilien, Thailand, Vietnam),<br />

obgleich die vorteilhafte Wirkung einer Luftspülung bekannt ist. Ein Abschlag<br />

von Erstfiltrat erfolgt nicht (z.B. China, Thailand, Vietnam).<br />

Schlammwässer aus Filterspülungen werden in Gebieten mit Wassermangel (z.B.<br />

Südafrika, USA) aufbereitet und die Klarwässer nach Sedimentation dem Rohwasser<br />

wieder zurückgeführt. In Brasilien zeigen sich auf Grund von Vorgaben des Gesetzgebers<br />

erste Bemühungen, das Spülabwasser aufzubereiten. Auch in anderen Ländern<br />

scheinen Wasserwerksrückstände als Problem erkannt zu sein.<br />

Ozon und Aktivkohle wird in Brasilien, China, Indonesien, Südafrika, Thailand und<br />

Vietnam aus Kostengründen kaum bzw. nicht eingesetzt. Für manche Länder ist Aktivkohle<br />

ein Importprodukt (z.B. Südafrika, Vietnam), was den Erwerb insbesondere<br />

bei einer schwachen Währung zusätzlich verteuert.


184<br />

In Brasilien ist die Zugabe von Fluorid gesetzlich vorgeschrieben.<br />

Die Desinfektion erfolgt in der Regel mit Chlor. Die Zugabemengen betragen oft zwischen<br />

1 und 5 mg/L, teilweise auch noch höher. Restgehalte an freiem Chlor nach<br />

Abschluss der Aufbereitung in der Größenordnung von > 0,2 mg/L sind gesetzlich<br />

vorgeschrieben, wobei in manchen Ländern noch höhere Restgehalte erforderlich<br />

sind.<br />

Wasserversorgungsunternehmen, beispielsweise in China, verfügen oft über einen<br />

Personalstamm, der, bezogen auf die produzierte Wassermenge, ein Vielfaches von<br />

dem in Deutschland ist. Dies führt neben einer Kostenbelastung auch zu Schwierigkeiten<br />

bei der Abstimmung des Fachpersonals untereinander. U.a. bedingt durch die<br />

Mentalität haben Kontrollen in Entwicklungsländern nicht immer den gleichen Erfolg<br />

wie in Deutschland. Auch dies führt zu Problemen beim Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen.<br />

4.5 Verteilung<br />

Generell werden zur Verteilung in den Entwicklungsländern auch die in Deutschland<br />

bekannten Rohrmaterialien eingesetzt, wobei für größere Rohrdurchmesser eher<br />

Betonrohre und für kleinere eher PVC-Rohre verwendet werden. Diese Länder verfügen<br />

neben anderen Materialien nach wie vor über einen hohen Bestand an Asbest-<br />

Zementrohren, deren Problematik noch nicht sehr ausgeprägt wahrgenommen wird<br />

und die meist die kostengünstigste Materialvariante darstellen.<br />

Wasserverluste in den Verteilungsnetzen beruhen sowohl auf Leckagen und Rohrbrüchen<br />

als auch zu einem erheblichen Anteil auf nichttechnischen Verlusten. Leckagen<br />

und Rohrbrüche werden einerseits durch die Trinkwasserbeschaffenheit verursacht,<br />

da die Trinkwässer ohne eine nennenswerte Aufhärtung aus weichen Oberflächenwässern<br />

gewonnen werden und sich nicht im Zustand der Calcitsättigung befinden.<br />

Andererseits erfolgt die Verlegung zum Teil unsachgemäß. Unter den nichttechnischen<br />

Verluste sind keine oder falsche Verbrauchsmessungen, geduldete kostenlose<br />

Abgaben oder illegale Entnahmen von Trinkwasser zu verstehen. Beispielsweise<br />

betragen für das Versorgungsgebiet des brasilianischen Wasserwerks Rio<br />

Guandu (Kapazität 46 m³/s) die gesamten Rohrnetzverluste 50 %, von denen die<br />

technischen Netzverluste nur 10 % betragen sollen, während 40 % des Trinkwassers<br />

ohne Bezahlung insbesondere die in Armenvierteln wohnenden Verbraucher erreicht.<br />

Hingegen sollen die Wasserverluste in thailändischen Netzen von ca. 30 %<br />

nach Angaben der lokalen Wasserversorgungsunternehmen überwiegend echte<br />

technische Verluste sein.<br />

In Ländern mit tropischem Klima und geringem Bruttoinlandsprodukt, BIP, (z.B. Vietnam,<br />

Thailand) sind die Transportleitungen teilweise oberirdisch verlegt. Brasilien


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 185<br />

hingegen verlegt die Transportleitungen in der Regel unterirdisch, wenn auch nicht<br />

die in Deutschland typischen Tiefen erreicht werden. Allerdings gibt es auch Beispiele<br />

von Industrieländern (z.B. Australien), die teilweise auf eine Verlegung auf der<br />

Oberfläche zurückgreifen. Wesentlichen Einfluss auf die Verlegung der Rohre hat<br />

die geologische Beschaffenheit des Untergrundes.<br />

Kennzeichen vieler Systeme ist der zeitweise diskontinuierliche Betrieb der öffentlichen<br />

Trinkwasserversorgung mit der Folge, dass die betroffene Bevölkerung oft<br />

Hauswasserspeicher (z.B. Brasilien, Indonesien, Südafrika, Vietnam) installiert hat.<br />

Die Speisung der Hausspeicher erfolgt allerdings mit geringem Durchfluss, so dass<br />

ein Problem bei der messtechnischen Erfassung der Wassermengen bestehen kann.<br />

In den Hausspeichern kann in tropischen Gebieten die Wassertemperatur auf über<br />

40 °C ansteigen, die Gefahr einer Wiederverkeimung ist gegeben. In den tropischen<br />

Ländern ist nach Entnahme aus dem Vorfluter bei Aufbereitung und Verteilung von<br />

einer Aufwärmung des Wasser auszugehen, so dass die Wassertemperatur beim<br />

Verbraucher höher ist als im Vorfluter. Bei großen Verbrauchern (z.B. Hotels) hat die<br />

Hauswasseraufbereitung einen hohen Stellenwert.<br />

Illegale Entnahmen bzw. Leckagen im Verteilungsnetz sowie der Betrieb von Hausspeichern<br />

durch Verbraucher ist ursächlich dafür, dass Wasserwerke auch nach einer<br />

Optimierung der Aufbereitung hohe Desinfektionsmittelrestgehalte bei der Verteilung<br />

aufrecht halten müssen. Eine alleinige Desinfektion des Trinkwassers mit UV-<br />

Bestrahlung im Wasserwerk wird auf absehbare Zeit in den Entwicklungsländern<br />

nicht möglich sein.<br />

Vom wirtschaftlichen Standpunkt her ist es in diesen Ländern in einigen Regionen<br />

nicht immer sinnvoll und durchführbar, eine zentrale Trinkwasserversorgung überhaupt<br />

aufzubauen. Dezentrale Lösungen sind hier plausibler. In vielen Städten wird<br />

der Trinkwasserbedarf trotz hoher Kosten über Flaschenwasser gedeckt.<br />

4.6 Tarife<br />

Die Trinkwasserpreise sind für die Länder der Datenerhebung u.a. vom spezifischen<br />

Verbrauch, von den Verbrauchergruppen (Bevölkerung oder Industrie) sowie von<br />

sozialen Komponenten abhängig. Darüber hinaus sind die Landeswährungen extremen<br />

Schwankungen unterworfen, was ebenfalls länderübergreifende Preis- bzw.<br />

Kostenbetrachtungen kompliziert (Tabelle 4.3). In der Regel liegen die Preise, die ein<br />

Verbraucher für Trinkwasser zu zahlen hat zwischen etwa 1 und 25 Euro-Cent/m³<br />

(China, Iran, Indonesien, Thailand, Vietnam). In Brasilien und Südafrika liegt der<br />

Trinkwasserpreis mit 25 und 50 Cent/m³ etwas höher. Selbstredend sind die Tarife in<br />

absoluten Zahlen in Deutschland deutlich höher, allerdings ist ein direkter Vergleich<br />

nur schwer möglich, da hierbei eine Vielzahl von Faktoren wie Abgaben, Versorgungssicherheit,<br />

Wasserqualität usw. berücksichtigt werden müssen. Zudem ist zu


186<br />

beachten, dass in den betrachteten Ländern die Ausgaben pro Familie für Trinkwasser<br />

prozentual trotzdem höher sind als in Deutschland. Darüber hinaus können in<br />

den im Rahmen der Studie betrachteten Ländern, mit Ausnahme der USA, die Tarife<br />

nur einen Teil der Betriebskosten abdecken, der Rest muss durch staatliche Subventionen<br />

ausgeglichen werden.<br />

Tabelle 4.3: Tarifvergleiche<br />

Trinkwassertarif<br />

in €/m³<br />

Wechselkurs zum US$<br />

Land<br />

Währung<br />

1997 2002 2002<br />

Brasilien Real 1,08 2,38 0,25-0,50<br />

China Yuan 8,28 8,28 0,01-0,25<br />

Indonesien Rupiah 2.909,00 10.377,00 0,05-0,50<br />

Iran Rial 1.750,00 7.900,00 0,02<br />

Südafrika Rand 4,61 11,59 0,40<br />

Thailand Baht 31,36 43,98 0,27<br />

Vietnam Dong 11.680,00 15.090,00 0,10-0,27<br />

USA US$ - - 0,40-0,70<br />

Deutschland Euro 0,89 1,13 1,71<br />

5 Folgerungen<br />

Die in den nachstehenden Kapiteln dargestellten Folgerungen beziehen sich auf eine<br />

zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse der Datenerhebungen in Brasilien,<br />

China, Iran, Indonesien, Südafrika, Thailand und Vietnam. Von den Folgerungen<br />

ausgenommen sind die USA.<br />

Situation<br />

Wie Bild 5.1 zeigt, kann eine allgemeine Tendenz zwischen dem Einsatz von Wasseraufbereitungstechnologien<br />

und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) abgeleitet werden.<br />

Flockung und Sedimentation werden praktisch in allen Ländern eingesetzt.<br />

Mehrschichtfilter kommen verstärkt in den entwickelten Ländern zum Einsatz, u.a.<br />

weil Mehrschichtfilter höhere Anforderungen an die Spülung bzw. Spülpumpen und<br />

damit an die Ausrüstung stellen. Neue Aufbereitungsverfahren kommen in nennenswerter<br />

Anzahl erst in den entwickelten Ländern zum Einsatz. Unabhängig von dem<br />

hier dargestellten allgemeinen Zusammenhang werden in Einzelfällen auch Mehrschichtfilter<br />

(z.B. Indonesien) oder moderne Verfahren wie Membranen, Ozon oder<br />

Aktivkohle (z.B. China, Namibia, Südafrika, Thailand) eingesetzt, was aber nicht repräsentativ<br />

für die öffentliche Wasserversorgung des jeweiligen Landes ist. Tendenziell<br />

sind Spurenstoffe in Ländern mit geringem BIP nicht prioritär.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 187<br />

Bild 5.1: Technologien in Wasserwerken zur Oberflächenwasseraufbereitung in<br />

Abhängigkeit vom BIP (2001) pro Einwohner<br />

Produkte<br />

In Ländern mit niedrigem BIP kann die Mehrzahl der Verbraucher qualitativ hochwertige<br />

Produkte auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht konsumieren. Dieser<br />

Umstand wirkt sich insbesondere auf die Trinkwasserversorgung aus, da hierdurch<br />

nahezu alle gesellschaftlichen Schichten abgedeckt werden. Die Folge ist, dass sich<br />

die Ausstattung der Wasserwerke an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Landes<br />

orientiert. So ist häufig das Fehlen moderner Wasseraufbereitungstechnologien weniger<br />

auf den Mangel von Know-how sondern primär auf fehlende finanzielle Mittel<br />

zurückzuführen.<br />

Bei der Beurteilung der Beschaffenheit von Roh- und Trinkwasser sollten Summenparameter<br />

wie Trübstoffgehalt, Leitfähigkeit, Geruch und Geschmack einbezogen<br />

werden. Auch sogenannten einfachen Parametern wie DOC, COD, Ammonium,<br />

Sauerstoff usw. kommt gerade in Schwellenländern eine prinzipielle Bedeutung zu.<br />

Daneben sind verfahrenstechnische Analysenparameter wie z.B. Chlorzehrung,<br />

Haloformbildungspotential, Wiederverkeimungspotential von fundamentaler Bedeutung<br />

für Bau und Betrieb von Aufbereitungsanlagen in diesen Ländern.


188<br />

Algen und Algentoxine sowie teilweise erhöhte Fluorid- und Arsengehalte in Rohwässern<br />

haben eine besondere Bedeutung. Für die öffentliche Wasserversorgung in<br />

den betrachteten Schwellenländern haben Spurenstoffe derzeit eine geringere Bedeutung<br />

als in Deutschland. Der in Deutschland diesbezüglich vorhandene wissenschaftliche<br />

und analysentechnologische Vorsprung sollte insbesondere mit einer<br />

fortschreitenden Entwicklung im Ausland künftig stärker nachgefragt werden. So wird<br />

beispielsweise in Brasilien in den nächsten Jahren eine staatliche Überwachung der<br />

Trinkwasserbeschaffenheit aufgebaut.<br />

Prinzipiell besteht Bedarf für innovative Lösungen zu einfachen und kostengünstigen<br />

Technologien. Für kleine und mittlere Anlagen erscheint die Uferfiltration durchaus<br />

als sinnvoll. Bisher werden in den Entwicklungsländern Uferfiltratanlagen nicht eingesetzt,<br />

obgleich in einigen der besuchten Wasserwerke gezielt nach Uferfiltration<br />

gefragt wurde. Die Herausarbeitung von Kriterien zur Beurteilung der Einsatzmöglichkeit,<br />

zum Anordnen der Brunnen bzw. zum Brunnenausbau in Abhängigkeit von<br />

der konkret vorliegenden geologischen Situation ist erforderlich.<br />

Für alle Anlagengrößen besteht Bedarf bei der Optimierung der Flockung und Sedimentation<br />

bei stark schwankenden Trübstoffgehalten bis 1.000 FNU, wobei die Vorfluter<br />

in bestimmten Regionen eine durchschnittliche Temperatur von 18 bis 25 °C<br />

aufweisen. Dabei kann die Temperatur des zu flockenden Wassers in Einzelfällen<br />

beispielsweise durch die Vorschaltung von Sedimentationsbecken wesentlich höher<br />

sein. Aufgrund der Algenproblematik kann möglicherweise auch die Flotation zur<br />

Partikelabtrennung eingesetzt werden. Dabei könnten modulare Anlagen zum Einsatz<br />

kommen.<br />

Eine Optimierung der Schnellfiltration, u.a. hinsichtlich Filterschichtaufbau, Spülung<br />

und Betrieb, wäre in den besuchten Wasserwerken erforderlich gewesen.<br />

Wenig genutzt werden bisher naturnahe Aufbereitungsverfahren. So wird für Oxidationsreaktionen<br />

meist Chlor eingesetzt.<br />

Hochtechnisierte Wasseraufbereitungstechnologien wie beispielsweise Membranen<br />

sind derzeit insbesondere für die Hauswasseraufbereitung (point of use) von Interesse.<br />

Hierbei scheinen Ultrafiltrationsmembranen, die der Entfernung von Trübstoffen<br />

und Mikroorganismen dienen und automatisierbar sind, besonders wichtig zu sein.<br />

Die technisch aufwendigeren Nanofiltrationsmembranen werden in den Fällen zum<br />

Einsatz kommen, in denen neben der Trübstoffentfernung auch die Elimination von<br />

Ionen sowie Humin- und Spurenstoffen erforderlich wird. An den im Rahmen des<br />

Forschungsprojektes stichpunktartig aufgesuchten Stellen wären Ultrafiltrationsmembranen<br />

jedoch ausreichend gewesen. Der Einsatz von Ozon und Aktivkohle ist<br />

in den Entwicklungsländern auf Einzelfälle beschränkt. Der Einsatz dieser Verfahrenskombination<br />

zur Spurenstoffentfernung in Wasserwerken erscheint für absehbare<br />

Zeit u.a. aus Kostengründen unrealistisch.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 189<br />

Bei der Aufbereitung ist die Optimierung bestehender Anlagen generell ein Schwerpunkt.<br />

Neben der reinen Lieferung und Installation von hochwertiger Technologie aus<br />

Deutschland, ist die Übernahme der Betriebsführung ausländischer Wasserwerke<br />

ein wichtiger Ansatzpunkt für die Exportfähigkeit. Die Fähigkeit und Bereitschaft, die<br />

Inbetriebnahme oder Optimierung einer Anlage verantwortlich zu übernehmen, erhöht<br />

die Möglichkeiten der Auslandsaktivitäten ganz erheblich.<br />

Die Optimierung des Rohrnetzbetriebes in Hinblick auf den Zusatz von Korrosionsinhibitoren<br />

sowie Lecksuche- und Rohrverlegungstechniken werden ebenso nachgefragt.<br />

Darüber hinaus liefern verschiedene Firmen aus Deutschland Produkte für die Wassergewinnung<br />

und –verteilung wie beispielsweise MSR-Technik (z.B. Dr. Lange),<br />

Armaturen (z.B. Erhard) oder Zusatzstoffe (z.B. Stockhausen). Ein wichtiges Kaufargument<br />

für die Wasserwerke im Ausland ist die hohe Qualität der Produkte aus<br />

Deutschland, die natürlich im Wettbewerb mit internationalem Rahmen stehen.<br />

Personal und Management<br />

Im Allgemeinen ist Know-How zur Wasseraufbereitung bei ausländischen Spezialisten<br />

vorhanden. Bei wenigen Spezialisten stehen auch praktische Erfahrungen bei<br />

der Umsetzung moderner Technologien (Ozon, Aktivkohle, Membranen) zur Verfügung.<br />

Weniger ausgeprägt erscheint das Know-How für breitere Schichten des Betriebspersonals<br />

für Wasserwerke. Daher besteht Bedarf bei der Aus- und Weiterbildung<br />

für diese Zielgruppen. Auch die Mithilfe beim Aufbau eines technischen Regelwerkes<br />

wird nachgefragt.<br />

Die Schaffung von Grundlagen zur Einführung eines effektiven Kontrollsystems unter<br />

Berücksichtigung der landesspezifischen Bräuche sollte zu einem effizienteren Betriebsablauf<br />

und infolge dessen auch zu einer Verbesserung der Trinkwasserbeschaffenheit<br />

führen.<br />

Zusammenfassung<br />

Tabelle 5.1 fasst die nach den Ergebnissen der Datenerhebung in andern Ländern<br />

erforderlich erscheinenden Forschungsarbeiten nach ihrer Priorität zusammen.


190<br />

Tabelle 5.1: Priorisierung von Arbeiten bei der exportorientierten Forschung<br />

Priorität<br />

Hoch<br />

Mittel<br />

Niedrig<br />

Wasserbeschaffenheit<br />

- Schutz des<br />

Rohwassers<br />

- Mikrobiologie<br />

- Trübstoffe<br />

- Geruch /<br />

Geschmack<br />

- Algen<br />

- Desinfektionsnebenprodukte<br />

lokal<br />

problematisch:<br />

- Fluorid<br />

- Arsen<br />

- Spurenstoffe<br />

- Schwermetalle<br />

Aufbereitung<br />

- Flockung, Sedimentation,<br />

Filtration<br />

- Schwankungsbreiten<br />

(Trübstoffe,<br />

Temperatur)<br />

- Betriebsoptimierung<br />

- Wasserwerksrückstände<br />

Verteilung<br />

Hohe Qualität<br />

(Produkte, Bauteile)<br />

- Uferfiltration<br />

- Langsamsandfiltration<br />

- Membranen<br />

- Ozon<br />

- Aktivkohle<br />

- UV-Desinfekt.<br />

- Kontaminationen<br />

- Diskontinuierl.<br />

Versorgung<br />

- Wasserverluste<br />

- Hausspeicher<br />

- Korrosion<br />

- Flächendeckende<br />

Versorgung<br />

Personal /<br />

Management<br />

- Ausbildung<br />

des Wasserwerkspersonals<br />

- Einführung von<br />

effektiven<br />

Qualitätskontrollen<br />

- Personalkosten<br />

Projektverbund<br />

Bedingt durch die Gewässereutrophierung von Binnenseen im Ausland sind bereits<br />

beim Gewässerschutz und der Abwasserbehandlung Gegenmaßnahmen erforderlich.<br />

Versuche innerhalb des Projektverbundes sollten sich an den in Tabelle 5.2 zusammengestellten<br />

Randparametern orientieren. Dies entspricht in der Regel den Angaben,<br />

die während den Projekttreffen innerhalb der Kernprojekte diskutiert wurden.<br />

Generell sollten alle Teilprojekte bei der Weiterführung der Untersuchungen die in<br />

Tabelle 5.2 zusammengestellten Kriterien berücksichtigen. Hierbei sollten prinzipielle<br />

Aussagen über die Einsetzbarkeit der jeweils untersuchten Verfahren bei den in Tabelle<br />

5.2 angegebenen Güteintervallen hinsichtlich Trübung, DOC, Temperatur und<br />

Desinfektionsmittelrestgehalt abgeleitet werden.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 191<br />

Tabelle 5.2: Untersuchungsintervalle und –kriterien für den Projektverbund<br />

Trübung in FNU<br />

DOC in mg/L<br />

Temperatur in °C<br />

Desinfektionsmittelrestgehalte<br />

Weitere Untersuchungsschwerpunkte<br />

Aufbereitung<br />

Verteilung<br />

(Kernprojekte A bis C) (Kernprojekt D)<br />

< 10<br />

0,5 mg/L Chlor)<br />

- Diskontinuierlicher<br />

Betrieb<br />

- Lokale Kontaminationen<br />

im Netz<br />

- Chlor/Chloramin<br />

- Booster<br />

Darüber hinaus wurden in Tabelle 5.2 Untersuchungsschwerpunkte zusammengestellt,<br />

zu denen Bewertungen, ggf. ausschließlich basierend auf Literaturangaben,<br />

erwünscht sind. Dabei handelt es sich um folgende Aspekte:<br />

- Bei der Prüfung der Einsetzbarkeit der Uferfiltration besteht oft Unklarheit darüber,<br />

welche Anforderungen an den Untergrund zu stellen und welche geologischen<br />

Untersuchungen erforderlich sind, um eine prinzipielle Aussage zur Realisierbarkeit<br />

zu erhalten.<br />

- Technologisch orientierte Projekte sollten prüfen, inwieweit bekannte Technologien<br />

wie Flockung, Sedimentation oder Filtration in der Lage sind, stark schwankende<br />

Rohwasserbeschaffenheiten aufbereitungstechnisch sicher zu beherrschen.<br />

Kompakte und modulare Ausführungen scheinen von besonderem Interesse<br />

zu sein. Bei den Untersuchungen gilt es insbesondere, die im Vergleich zu<br />

Deutschland unterschiedlichen Rohwassertemperaturen zu berücksichtigen. Projekte,<br />

die sich mit Oxidation, Adsorption und Ionentausch befassen, sollten zudem<br />

prüfen, inwieweit diese Technologien unter ungünstigen Rohwasserbedingungen<br />

wie erhöhte Trübstoffgehalte überhaupt noch den erwarteten Aufbereitungseffekt<br />

erbringen. Bei den Untersuchungen zur Entfernung von Schwermetal-


192<br />

len sollte geprüft werden, inwieweit Aussagen zum Rückhalt von Fluorid mit aufgenommen<br />

werden können.<br />

- Die Projekte zur Verteilung umfassen gemäß Arbeitsplan bereits eine Vielzahl der<br />

notwendigen Forschungsarbeiten. Ggf. könnten Untersuchungen zur Wiederherstellung<br />

eines ordnungsgemäßen Netzbetriebes nach lokalen Kontaminationen<br />

noch stärker gewichtet werden.<br />

- Bei allen Projekten muß ein wichtiges Ziel immer beachtet werden: die Prozessstabilität<br />

verbunden mit einer möglichst unkomplizierten Betriebsführung.


Praxiserfahrungen in anderen Ländern - Zusammenfassung 193<br />

6 Machbarkeitsstudie zur Uferfiltration am Beispiel des Wasserwerks<br />

Lagoa do Peri, Brasilien<br />

Die im Rahmen des Vorhabens durch das deutsch-brasilianische Ingenieurbüro<br />

Cobas und der Universität Florianopolis (Brasilien) in Zusammenarbeit mit dem TZW<br />

erstellte Machbarkeitsstudie eruiert die Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine<br />

großtechnische Umsetzung der Uferfiltration in dem brasilianischen Wasserwerk<br />

Lagoa do Peri. Das Ingenieurbüro Cobas ist eine Außenstelle des Ingenieurbüros<br />

Eppler, Dornstetten (Deutschland).<br />

Die Uferfiltration wird bisher nicht in Brasilien eingesetzt, so dass seitens des staatlichen<br />

brasilianischen Wasserwerksbetreibers CASAN Unsicherheiten hinsichtlich einer<br />

erfolgreichen Umsetzung bestehen. Daher enthält die Machbarkeitsstudie neben<br />

Analysendaten, Lageplänen und Literaturauswertung einen Stufenplan zum weiteren<br />

Vorgehen, der einen Kooperationsvertrag mit dem brasilianischen Betreiber, eine<br />

erste Ausbaustufe mit Pilotierungsphase sowie die großtechnische Realisierung der<br />

Uferfiltration einschließt. Die Machbarkeitsstudie ist dem vorliegenden Bericht als<br />

Anhang beigefügt. Die nachstehenden Absätze fassen ausgewählte Ergebnisse zusammen.<br />

Das Wasserwerk Lagoa do Peri nutzt Seewasser zur Trinkwassergewinnung. Das<br />

Seewasser ist sehr gering mineralisiert, wie aus den Werten für die elektrische Leitfähigkeit<br />

von 53-80 µS/cm hervorgeht. Der TOC ist hingegen mit Werten von 5,5-<br />

7,1 mg/l als relativ hoch einzustufen. Das Wasser enthält Spuren von Phosphat und<br />

Ammonium. Die Trübung liegt im Bereich von 3 bis 8 FNU und ist zu einem erheblichen<br />

Anteil auf Phyto-Plankton zurückzuführen. Weitere Analysendaten sind in Tabelle<br />

6.1 zusammengestellt.<br />

Die derzeitige Aufbereitungstechnologie des Wasserwerks Lagoa do Peri umfasst<br />

eine Flockungsfiltration durch Zugabe von Aluminiumsalzen mit nachfolgender offener,<br />

abwärts durchströmter Zweischichtfiltration, eine Kalkmilchdosierung sowie die<br />

Desinfektion. In Zeiträumen mit hoher Algenbelastung des Seewassers müssen die<br />

Filter bereits nach vier Betriebsstunden gespült werden. Dabei steht die Nennleistung<br />

des Werkes nicht mehr zur Verfügung und der Schlammwasseranfall ist nicht<br />

mehr beherrschbar. In Zusammenhang mit hohen Algenbelastungen reklamieren die<br />

Verbraucher zudem häufig Geruch und Geschmack des Leitungswassers.<br />

Durch die Nutzung der Uferfiltration wird eine erhebliche Verbesserung der Wasserbeschaffenheit<br />

und des Betriebsverhaltens erwartet, da dadurch der bestehenden<br />

Aufbereitungsanlage ein algenfreies Rohwasser zugeführt werden kann.


194<br />

Tabelle 6.1: Rohwasserbeschaffenheit (2001-2003)<br />

Parameter Einheit Minimum Maximum<br />

Alkalinität (Säurekap. pH 4,3) mmol / L 0,06 0,34<br />

Härte mmol / L 0,07 0,09<br />

pH 6,3 8,5<br />

Temperatur ºC 17 31<br />

Trübung NTU 3,0 7,8<br />

Leitfähigkeit µS/cm 53 80<br />

Sauerstoff mg O 2 /L 6,8 9,8<br />

Chlorid mg Cl - /L 11,4 22<br />

TOC mg C/L 5,5 7,1<br />

Ammonium mg NH + 4 /L 0,02 0,16<br />

Nitrat<br />

-<br />

mg NO 3 /L < 0,1 0,8<br />

o- Phosphat mg PO 3- 4 /L 0,04 0,07<br />

Phyto – Plankton gesamt Individuen/ mL 5.373 273.880<br />

Vor einer technischen Umsetzung der Uferfiltration sind noch verschiedene Fragen<br />

zu klären. Die erstellte Machbarkeitsstudie enthält daher Vorschläge für das weitere<br />

Vorgehen. Demnach könnte ein Kooperationsvertrag zwischen einem deutschen Investor<br />

und dem brasilianischen Betreiber abgeschlossen und eine erste Ausbaustufe<br />

der Uferfiltratgewinnung errichtet werden (Volumenstrom ca. 50 m³/h). Daran<br />

schließt sich eine Pilotierungsphase an, die u.a. Langzeitpumpversuche über 8 bis<br />

12 Monate beinhaltet. Wesentliche Fragestellungen sind die Salzwasserintrusion und<br />

das Kolmationsverhalten des Untergrundes bzw. die Entwicklung entsprechender<br />

Vermeidungsstrategien. Bei positivem Abschluss der Pilotierung könnte die Anlage<br />

im Endausbau fertiggestellt werden (Volumenstrom ca. 700 m³/h). Die derzeitigen<br />

Vorstellungen der brasilianischen Seite beinhalten im Wesentlichen eine Vorfinanzierung<br />

und Risikoübernahme für die erforderliche Pilotierung durch einen deutschen<br />

Investor. Die Kosten für die Pilotierung werden auf ca. 195.000 € geschätzt.<br />

Die Machbarkeitsstudie kommt zu dem Schluss, dass der Einsatz der Uferfiltration<br />

im Wasserwerk Lagoa do Peri eine ausgezeichnete Gelegenheit bieten würde, um<br />

deutsches Know-How und Technologie aus dem Bereich Trinkwasserversorgung in<br />

Brasilien einzuführen. Da die brasilianische Trinkwassergewinnung meist auf die Behandlung<br />

von Flusswasser zurückgreift, ergäbe sich für die Uferfiltration bei Vorliegen<br />

geeigneter Randbedingungen ein erhebliches Einsatzpotential.

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