Patientenrechtegesetz - Wichtiges für Psychotherapeuten
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<strong>Patientenrechtegesetz</strong><br />
<strong>Wichtiges</strong> <strong>für</strong> <strong>Psychotherapeuten</strong><br />
Johannes Schopohl<br />
<strong>Patientenrechtegesetz</strong> – <strong>Wichtiges</strong> <strong>für</strong> <strong>Psychotherapeuten</strong><br />
Dortmund, 11. Oktober 2013
Überblick<br />
1. Aufbau und Inhalt des <strong>Patientenrechtegesetz</strong>es<br />
2. Behandlungsvertrag<br />
Einordnung des Behandlungsvertrages (§§ 630a – 630b)<br />
Informationspflichten (§ 630c)<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Einwilligung (§630d)<br />
Aufklärung (§630e)<br />
Aufklärung und Einwilligung bei einwilligungsunfähigen<br />
Patienten<br />
Dokumentation (§630f)<br />
Einsichtnahme (§630g)<br />
Beweislastregeln (§630h)<br />
3. Entscheidungsfristen nach § 13 Abs. 3a SGB V<br />
2
Aufbau und Inhalt<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Artikel 1: Änderungen des BGB<br />
Behandlungsvertrag als neuer Untertitel<br />
Zentral: Kodifizierung der bisherigen Rechtsprechung<br />
Artikel 2: Änderungen des SGB V<br />
Neue Entscheidungsfristen in § 13 Abs. 3a SGB V<br />
Beteiligungsrechte <strong>für</strong> Patientenvertreter<br />
Widerrufsrechte <strong>für</strong> Patienten bei Selektivverträgen<br />
Beschwerdemanagement im stationären Bereich<br />
Artikel 3 – Artikel 4b: Änderungen von<br />
Patientenbeteiligungsverordnung<br />
Krankenhausfinanzierungsgesetz<br />
Zulassungsverordnungen <strong>für</strong> Ärzte und Zahnärzte<br />
3
Einordnung des<br />
Behandlungsvertrages
Behandlungsvertrag<br />
<br />
Ziel der Regelungen zum Behandlungsvertrag:<br />
„Mit dem Gesetzentwurf werden zum einen die<br />
bisherigen richterrechtlich entwickelten Grundsätze<br />
des Arzthaftungs- und Behandlungsrechts gesetzlich im<br />
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in einem neuen<br />
Untertitel „Behandlungsvertrag“ kodifiziert. ... Damit<br />
leistet das Gesetz einen wesentlichen Beitrag zu mehr<br />
Transparenz und Rechtssicherheit, so dass das<br />
Recht <strong>für</strong> die Patientinnen und Patienten klarer und<br />
übersichtlicher wird. Die Patientinnen und Patienten<br />
sollen ihre wichtigsten Rechte möglichst selbst im<br />
Gesetz nachlesen können“ (BT-Drs. 17/10488, S. 11).<br />
5
Behandlungsvertrag (§ 630a)<br />
<br />
<br />
Spezieller Fall des Dienstvertrags<br />
Der Behandelnde schuldet die medizinische Behandlung,<br />
der Patient die Zahlung, es sei denn, ein Dritter<br />
(Krankenkasse) ist zur Zahlung verpflichtet (§630a Abs.1).<br />
<br />
(2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der<br />
Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten<br />
fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas<br />
anderes vereinbart ist.<br />
6
Behandlungsvertrag (§ 630a)<br />
„Die <strong>für</strong> eine Behandlung nach Absatz 2 zu beachtenden<br />
fachlichen Standards können aber nur in dem Umfang<br />
maßgeblich sein, wie sie <strong>für</strong> diese Behandlung auch<br />
tatsächlich existieren und anerkannt sind. Dies ist <strong>für</strong> die<br />
Berufsgruppen der (Zahn-)Ärzte, der Psychologischen<br />
<strong>Psychotherapeuten</strong>, der Kinder- und<br />
Jugendlichenpsychotherapeuten unproblematisch“ (BT-<br />
Drs. 17/10488, Seite 28).<br />
7
Behandlungsvertrag/Informationspflichten<br />
<br />
<br />
Grundsätzlich keine Form <strong>für</strong> den Vertrag vorgesehen<br />
ABER: Beweisfunktion und Informationspflicht (§ 630c):<br />
(3) Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige<br />
Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten<br />
nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den<br />
Umständen hier<strong>für</strong> hinreichende Anhaltspunkte, muss er<br />
den Patienten vor Beginn der Behandlung über die<br />
voraussichtlichen Kosten der Behandlung in<br />
Textform informieren. Weitergehende<br />
Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben<br />
unberührt. [ Achtung bei GKV-Versicherten §§ 3 Abs.<br />
1, 18 Abs. 8 Nrn. 2 und 3 BMV-Ärzte]<br />
8
Informationspflichten (§630c)<br />
„(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, dem Patienten in<br />
verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und,<br />
soweit erforderlich, in deren Verlauf sämtliche <strong>für</strong> die<br />
Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern,<br />
insbesondere“<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
die Diagnose,<br />
die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung,<br />
die Therapie und<br />
die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.<br />
9
Informationspflichten (§630c)<br />
§ 630c Abs. 2 Satz 2:<br />
Sind <strong>für</strong> den Behandelnden Umstände erkennbar,<br />
die die Annahme eines Behandlungsfehlers<br />
begründen, hat er den Patienten über diese auf<br />
Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher<br />
Gefahren zu informieren.<br />
§ 630c Abs. 2 Satz 3:<br />
Strafprozessrechtliches Beweisverwertungsverbot,<br />
wenn Fehler durch Behandelnden selbst oder einer<br />
Person gegenüber der ein Zeugnisverweigerungsrecht<br />
besteht.<br />
10
Informationspflichten (§630c)<br />
Ausnahmen (§ 630c Abs. 4):<br />
„(4) Der Information des Patienten bedarf es nicht,<br />
soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer<br />
Umstände entbehrlich ist, insbesondere“<br />
<br />
<br />
wenn die Behandlung unaufschiebbar ist oder<br />
der Patient auf die Information ausdrücklich verzichtet<br />
hat.<br />
11
Einwilligung und Aufklärung
Einwilligung (§ 630d)<br />
<br />
<br />
<br />
(1) Vor Durchführung einer medizinischen<br />
Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den<br />
Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde<br />
verpflichtet, die Einwilligung des Patienten<br />
einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die<br />
Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit<br />
nicht eine Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1<br />
Satz 1 die Maßnahme gestattet oder untersagt. ...<br />
Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt eine<br />
ordnungsgemäße Aufklärung voraus (§ 630d Abs. 2).<br />
Die Einwilligung kann jederzeit formlos widerrufen<br />
werden (§ 630d Abs. 3).<br />
13
Aufklärung (§ 630e)<br />
„(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über<br />
sämtliche <strong>für</strong> die Einwilligung wesentlichen Umstände<br />
aufzuklären. Dazu gehören insbesondere“<br />
<br />
<br />
<br />
Art, Umfang, Durchführung,<br />
zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie<br />
ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und<br />
Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die<br />
Therapie.<br />
Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme<br />
hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen<br />
indizierte und übliche Methoden zu wesentlich<br />
unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder<br />
Heilungschancen führen können.<br />
14
Aufklärung (§ 630e)<br />
(2) Die Aufklärung muss<br />
1. mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person<br />
erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme<br />
notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf<br />
Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in<br />
Textform erhält,<br />
2. so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung<br />
über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann,<br />
3. <strong>für</strong> den Patienten verständlich sein. Dem Patienten sind<br />
Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der<br />
Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat,<br />
auszuhändigen.<br />
15
Aufklärung im Referentenentwurf<br />
(2) Die Aufklärung muss<br />
1. durch einen an der Durchführung des Eingriffs<br />
Beteiligten, der über die zur sachgemäßen<br />
Aufklärung notwendigen Fachkenntnisse und<br />
Erfahrungen verfügt, mündlich erfolgen, wobei<br />
ergänzend auch auf Unterlagen Bezug genommen<br />
werden kann, die der Patient in Textform erhalten<br />
hat; wird der Eingriff durch einen Arzt<br />
vorgenommen, hat die Aufklärung durch einen<br />
Arzt zu erfolgen;<br />
...<br />
16
Aufklärung (§630e)<br />
<br />
Ausnahmen wie bei den Informationspflichten (§ 630e<br />
Abs. 3):<br />
Birgt die Aufklärung eines Patienten das Risiko einer<br />
erheblichen (Selbst-)Gefährdung in sich, so kann<br />
bzw. muss der Behandelnde aus therapeutischen<br />
Gründen ausnahmsweise von der Aufklärung<br />
Abstand nehmen beziehungsweise den Umfang der<br />
Aufklärung einschränken. Allerdings rechtfertigt<br />
allein der Umstand, dass der Patient nach der<br />
Aufklärung vielleicht eine medizinisch<br />
unvernünftige Entscheidung treffen könnte, noch<br />
keine Einschränkung oder gar den Wegfall der<br />
Aufklärungspflicht ...(BT-Drs. 17/10488, S. 38).<br />
17
Einwilligung und Aufklärung bei<br />
einwilligungsunfähigen Patienten
Einwilligung bei Einwilligungsunfähigkeit<br />
§ 630d Absatz 1 Satz 2 BGB:<br />
Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung<br />
eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht eine<br />
Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1 Satz 1 die<br />
Maßnahme gestattet oder untersagt.<br />
19
Einwilligungsfähigkeit<br />
§ 12 Absatz 2 Sätze 1 und 2 BO NRW:<br />
Einwilligungsfähig in eine psychotherapeutische<br />
Behandlung ist ein Minderjähriger nur dann, wenn er über<br />
die behandlungsbezogene natürliche Einsichtsfähigkeit<br />
verfügt. Verfügt der Patient nicht über diese<br />
Einsichtsfähigkeit, sind die <strong>Psychotherapeuten</strong> verpflichtet,<br />
sich der Einwilligung des oder der Sorgeberechtigten zu<br />
der Behandlung zu vergewissern.<br />
Bundesgerichtshof: Wenn der Minderjährige nach seiner<br />
geistigen Reife die Bedeutung und Tragweite des<br />
Eingriffs und seiner Risiken erkennen und beurteilen<br />
kann.<br />
20
Gemeinsames Sorgerecht<br />
§ 1626 Absatz 1 BGB:<br />
(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, <strong>für</strong> das<br />
minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die<br />
elterliche Sorge umfasst die Sorge <strong>für</strong> die Person des<br />
Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes<br />
(Vermögenssorge).<br />
• Für ärztliche Heileingriffe „Drei-Stufen-Theorie“ (BGH):<br />
Routinebehandlung: Arzt kann auf Ermächtigung<br />
vertrauen<br />
Schwerer Eingriff: Arzt muss nachfragen, darf auf<br />
Antwort vertrauen<br />
Gravierender Eingriff mit erheblichen Folgen: Arzt<br />
muss bei abwesendem Elternteil nachfragen<br />
21
Familiengerichtliche Entscheidung<br />
§ 1628 Satz 1 BGB:<br />
Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit<br />
oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der<br />
elterlichen Sorge, deren Regelung <strong>für</strong> das Kind von<br />
erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das<br />
Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die<br />
Entscheidung einem Elternteil übertragen.<br />
§ 630e Absatz 2 BGB:<br />
(2) Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, dass der<br />
Patient oder im Falle des Absatzes 1 Satz 2 der zur<br />
Einwilligung Berechtigte vor der Einwilligung nach<br />
Maßgabe von § 630e Absatz 1 bis 4 aufgeklärt worden ist.<br />
22
Geschäftsfähigkeit und Einsichtsfähigkeit<br />
zivilrechtliche Willenserklärung (Behandlungsvertrag) ≠<br />
Einwilligung<br />
Geschäftsfähigkeit ≠ Einsichtsfähigkeit<br />
⇒ Der Behandlungsvertrag kann bei Minderjährigen nur<br />
durch die Abgabe einer Willenserklärung des bzw. der<br />
gesetzlichen Vertreter zustandekommen<br />
⇒ ABER: GKV-Versicherte können in der Regel die<br />
Leistung ab einem Alter von 15 Jahren selbst<br />
beantragen – ohne Mitwirkung der Eltern (§ 36 Absatz 1<br />
SGB I)<br />
23
Dokumentation und<br />
Einsichtnahme
Dokumentation (§ 630f)<br />
(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der<br />
Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen<br />
Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte<br />
in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen<br />
und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte<br />
sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt<br />
erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind.<br />
Dies ist auch <strong>für</strong> elektronisch geführte Patientenakten<br />
sicherzustellen.<br />
25
Dokumentation (§ 630f)<br />
„(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte<br />
sämtliche aus fachlicher Sicht <strong>für</strong> die derzeitige und<br />
künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren<br />
Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere“<br />
- Anamnese<br />
- Diagnosen<br />
- Untersuchungen<br />
- Untersuchungsergebnisse<br />
- Befunde<br />
- Therapien und ihre Wirkungen<br />
- Eingriffe und ihre Wirkungen<br />
- Einwilligungen und Aufklärungen<br />
- Arztbriefe<br />
26
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
(1) Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht<br />
in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu<br />
gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche<br />
therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte<br />
Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme<br />
ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.<br />
27
Einsichtnahme (§630g)<br />
<br />
Erhebliche therapeutische Gründe<br />
Der zivilrechtliche Einsichtsanspruch in Krankenunterlagen<br />
ergibt sich erst aus der Heranziehung der<br />
objektivrechtlichen Bedeutung des GG Art 2 Abs. 1 i.V.m.<br />
Art 1 Abs. 1. Die Ausstrahlungswirkung dieser Grundrechte<br />
wird nicht verkannt, wenn ein psychisch Kranker, der die<br />
Aushändigung von Kopien psychiatrischer<br />
Krankenunterlagen beantragt hat, von dem Fachgericht,<br />
weil es nach Ansicht der Ärzte unvertretbar ist, daß er sich<br />
unkontrolliert mit seiner Krankheit beschäftigt, darauf<br />
verwiesen wird, die Unterlagen im Beisein eines Arztes<br />
einzusehen.“ (BVerfG, Beschluss vom 17.11.1992, 1 BvR<br />
162/89; LS 1 und 2)<br />
28
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
Erhebliche therapeutische Gründe<br />
„Bestehen hingegen Zweifel daran, ob der gesundheitliche<br />
Zustand des Patienten die Einsichtnahme seiner<br />
Patientenakte zulässt, ohne dass eine erhebliche<br />
gesundheitliche Gefährdung des Patienten zu<br />
be<strong>für</strong>chten ist, so darf der Behandelnde die Einsichtnahme<br />
nicht per se verweigern. ... Möglicherweise kommt eine<br />
durch den Behandelnden unterstützende oder auch<br />
begleitende Einsichtnahme in Betracht; auch könnte eine<br />
dritte Person dem Patienten vermittelnd <strong>für</strong> die<br />
Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden“ (BT-Drs.<br />
17/10488, Seite 40).<br />
29
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
<br />
sonstige erhebliche Rechte Dritter<br />
Insbesondere Informationen über Bezugspersonen, wenn<br />
deren Weitergabe das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt:<br />
Die Grenze des Einsichtsrechts ist erreicht, soweit in die<br />
Aufzeichnungen Informationenüber die Persönlichkeit dritter<br />
Personen eingeflossen sind, die ihrerseits schutzwürdig<br />
sind ... . Dies kann z. B. <strong>für</strong> den Fall eines minderjährigen<br />
Patienten gelten, der eine Behandlung unter<br />
Einbeziehung seiner sorgeberechtigten Eltern<br />
durchführt (BT-Drs. 17/10488, Seite 40).<br />
30
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
<br />
Persönlichkeitsrecht des Therapeuten?<br />
Regierungsentwurf: „sonstige erhebliche Gründe“<br />
„Niederschriften über persönliche Eindrücke oder<br />
subjektive Wahrnehmungen des Behandelnden<br />
betreffend die Person des Patienten sind dem Patienten<br />
grundsätzlich offen zulegen. Ein begründetes Interesse<br />
des Behandelnden an der Nichtoffenbarung solcher<br />
Aufzeichnungen ist, in Abwägung zu dem<br />
Persönlichkeitsrecht des Patienten, im Regelfall nicht<br />
gegeben. Auch hier kommt es aber auf die Umstände im<br />
Einzelfall an“ (BT-Drs. 17/10488, Seite 40).<br />
31
Einsichtnahme (§630g)<br />
<br />
Persönlichkeitsrecht des Therapeuten?<br />
BVerfG (Beschluss vom 09.01.2006, 2 BvR 443/02):<br />
„Soweit der Einsichtnahme des Untergebrachten in die über<br />
ihn geführten Krankenakte Persönlichkeitsrechte des<br />
Therapeuten deshalb entgegenstehen können, weil in den<br />
Akten Feststellungen zu Übertragungen und<br />
Gegenübertragungen dokumentiert sind, die viel über die<br />
Person des Therapeuten aussagen, kann diese Erwägung<br />
eine Beschränkung der Akteneinsicht auf die sog.<br />
objektiven Befunde nicht rechtfertigen.<br />
32
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
<br />
Persönlichkeitsrecht des Therapeuten?<br />
„Weiter ist zu berücksichtigen, dass Dokumentationen in<br />
der Krankenakte, auch im psychiatrischen Bereich und<br />
erst recht im Maßregelvollzug, ohnehin nicht zum absolut<br />
geschützten Privatbereich desjenigen gehören, der die<br />
Dokumentation anfertigt, sondern sich ihrer Funktion<br />
nach von vorneherein auch an Dritte richten.“<br />
33
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
<br />
Persönlichkeitsrecht des Therapeuten?<br />
„Selbst wenn es an einem Informationsbedarf Dritter fehlen<br />
würde, die Krankenakten also Informationen enthielten, die<br />
nicht zur Kenntnisnahme durch irgendeinen Dritten<br />
bestimmt, sondern ausschließlich als Gedächtnisstütze <strong>für</strong><br />
den aufzeichnenden Therapeuten gedacht sind, wäre im<br />
Übrigen näher klärungsbedürftig, ob ein allgemeiner<br />
persönlichkeitsrechtlicher Schutz derartiger Informationen<br />
nicht deshalb ausscheiden muss, weil<br />
Persönlichkeitsrechte des Therapeuten hinreichend<br />
dadurch geschützt wären, dass dieser insoweit die<br />
Dokumentation in den Akten ohne Beeinträchtigung<br />
eigener oder fremder Belange beschränken kann (…).“<br />
34
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
<br />
Kopien der Akte<br />
(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der<br />
Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die<br />
entstandenen Kosten zu erstatten.<br />
1. Jedenfalls <strong>für</strong> die Kopie der Dokumentation einer Geburt<br />
nebst Folgebehandlung ist eine Vergütung von 0,50 € je<br />
DIN-A4-Seite nicht unangemessen.<br />
2. Die Herausgabe der Kopien der Dokumentation kann von<br />
der Zahlung der Kopierkosten abhängig gemacht werden<br />
(LG München, Urteil vom 19.11.2008, Az.: 9 O 5324-08).<br />
35
Einsichtnahme (§ 630g)<br />
<br />
Einsichtnahme nach Tod des Patienten<br />
(3) Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus<br />
den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der<br />
vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu.<br />
Gleiches gilt <strong>für</strong> die nächsten Angehörigen des Patienten,<br />
soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die<br />
Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der<br />
ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten<br />
entgegensteht.<br />
36
Beweislast (§ 630h)<br />
<br />
<br />
Zentrale Bedeutung im Arzthaftungsrecht<br />
Ordentliche Dokumentation sehr wichtig<br />
(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene<br />
wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen<br />
§ 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der<br />
Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die<br />
Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht<br />
aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme<br />
nicht getroffen hat.<br />
37
Fristen nach § 13 Abs. 3a SGB V<br />
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf<br />
Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei<br />
Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen<br />
eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des<br />
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung<br />
(Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf<br />
Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die<br />
Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme <strong>für</strong><br />
erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und<br />
die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. ...<br />
38
Fristen nach § 13 Abs. 3a SGB V<br />
Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4<br />
nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten<br />
unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit.<br />
Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt<br />
die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.<br />
Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist<br />
eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur<br />
Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.<br />
39
Rechtsauffassung der BReg<br />
Antwort auf schriftlichen Fragen im April 2013<br />
(Arbeitsnummern 4/99 und 4/100)<br />
Frage (vereinfacht): Gilt die Regelung auch <strong>für</strong> Anträge<br />
auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V?<br />
Antwort (Auszug): Auf den Ablauf der Fristen nach §13<br />
Abs. 3a können sich nach hiesiger Einschätzung auch<br />
Versicherte berufen, die gegenüber ihrer Krankenkasse<br />
einen Leistungsantrag gestellt haben, der sich auf die<br />
Inanspruchnahme eines nicht zur Behandlung gesetzlich<br />
Krankenversicherter zugelassener Therapeuten in den<br />
Fällen fehlender Behandlungskapazitäten bezieht.<br />
Antwort (vereinfacht): Ja.<br />
40
Herzlichen Dank<br />
<strong>für</strong> Ihre Aufmerksamkeit!<br />
41