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Altersgrenze für öffentlich bestellte Sachverständige<br />
von 68 Jahren verstößt nicht<br />
gegen das AGG<br />
VG Mainz 21.3.2007, 6 L 149/07.MZ<br />
Eine Altersgrenze für öffentlich bestellte Sachverständige von<br />
68 Jahren verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung<br />
wegen des Alters gemäß § 1 AGG. Es ist schon fraglich, ob das<br />
AGG in diesem Fall überhaupt anwendbar ist. Jedenfalls ist die<br />
Altersgrenze aber gerechtfertigt. Sie dient dem legitimen Ziel,<br />
die mit der öffentlichen Bestellung verbundene besondere Qualifikation<br />
denjenigen vorzubehalten, die die diesbezüglichen<br />
Anforderungen in körperlicher und geistiger Hinsicht voraussichtlich<br />
erfüllen können.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Der Antragsteller war von der IHK Rheinhessen als Sachverständiger<br />
öffentlich bestellt worden. Nach der Sachverständigenverordnung<br />
der IHK erlischt die öffentliche Bestellung grundsätzlich<br />
mit Vollendung des 68. Lebensjahrs, kann allerdings<br />
einmalig um zwei Jahre verlängert werden. Von dieser Ausnahmeregelung<br />
profitierte auch der Antragsteller, dessen öffentliche<br />
Bestellung bis zur Vollendung des 70. Lebensjahrs verlängert<br />
wurde. Seinen Antrag auf eine weitere Verlängerung lehnte die<br />
IHK jedoch ab.<br />
Mit seinem hiergegen gerichteten Antrag machte der Antragsteller<br />
geltend, dass die Ablehnung gegen das AGG verstoße.<br />
Hiernach dürfe die IHK eine Verlängerung der öffentlichen<br />
Bestellung nicht allein wegen seines Alters ablehnen, zumal er<br />
körperlich und geistig fit sei. Der Antrag hatte vor dem VG keinen<br />
Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner öffentlichen<br />
Bestellung als Sachverständiger.<br />
Es ist schon fraglich, ob das AGG im Streitfall überhaupt Anwendung<br />
findet, da es nach § 2 Abs.1 Nr.1 AGG lediglich Benachteiligungen<br />
in Bezug auf eine unselbständige oder selbstständige<br />
Erwerbstätigkeit verbietet. Öffentlich bestellte Sachverständige<br />
üben keine unselbständige Tätigkeit aus. Es ist auch zweifelhaft,<br />
ob hierin eine eigenständige selbständige Tätigkeit zu sehen ist.<br />
Denn die öffentliche Bestellung schafft keine neue, zusätzliche<br />
Betätigungsmöglichkeit gegenüber der des freien Sachverständigen,<br />
sondern beinhaltet lediglich eine Zusatzqualifikation, die<br />
den Sachverständigen-Aussagen einen erhöhten Wert verleihen.<br />
Eine etwaige Ungleichbehandlung wegen des Alters ist jedenfalls<br />
gerechtfertigt. Sie dient dem legitimen Ziel, die mit der öffentlichen<br />
Bestellung verbundene besondere Qualifikation denjenigen<br />
vorzubehalten, die die diesbezüglichen Anforderungen in körperlicher<br />
und geistiger Hinsicht voraussichtlich erfüllen können.<br />
Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass die Sachverständigenordnung<br />
der IHK typisierend davon ausgeht, dass die Leistungsfähigkeit<br />
von Berufstätigen ab Vollendung des 70. Lebensjahrs<br />
durchschnittlich abnimmt. Daher kommt es im Streitfall nicht<br />
auf die individuelle Leistungsfähigkeit des Antragstellers an.<br />
Strafrecht und OWi<br />
Bundeskabinett beschließt Neuregelung der<br />
Telefonüberwachung – BRAK und DAV kritisieren<br />
den Gesetzentwurf<br />
Das Bundeskabinett hat am 18.4.2007 einen Gesetzentwurf zur<br />
Neuregelung der Telefonüberwachung und anderer verdeckter<br />
Ermittlungsmaßnahmen beschlossen. Danach soll unter anderem<br />
die Vorratsspeicherung entsprechend den Vorgaben einer EU-<br />
Richtlinie neu geregelt werden. Vorgesehen ist eine verdachtsunabhängige<br />
sechsmonatige Speicherung aller Telefon- und<br />
Internet- und E-Mail-Verbindungsdaten. Bundesrechtsanwaltskammer<br />
(BRAK) und Deutscher <strong>Anwalt</strong>sverein (DAV) lehnen<br />
den Entwurf als zu weitgehend ab.<br />
Die wesentlichen Inhalte des Gesetzentwurfs im Überblick:<br />
Neuregelung der Vorratsspeicherung: Sämtliche Telefon-,<br />
Internet- und E-Mail-Verbindungsdaten sollen ein halbes Jahr<br />
lang gespeichert werden können. Bei Telefonaten wird grundsätzlich<br />
nur gespeichert, wer wann mit wem gesprochen hat und<br />
bei Handy-Telefonaten zusätzlich die Standorte. Die Inhalte der<br />
Telefonate dürfen dagegen nicht verdachtstunabhängig erfasst<br />
werden, sondern nur unter den weiteren Voraussetzungen von §<br />
100a StPO.<br />
Aus dem Bereich des Internets sind nur die Daten über den Internetzugang<br />
sowie über die E-Mail-Kommunikation und Internetelefonie<br />
erfasst. Der Inhalt der Kommunikation und Daten,<br />
die Aufschluss über die besuchten Internetseiten geben, dürfen<br />
dagegen nicht verdachtsunabhängig gespeichert werden. Nach<br />
Angaben der Bundesregierung ist zudem eine verdeckte Onlinedurchsuchung,<br />
wie sie derzeit diskutiert wird, ebenfalls nicht<br />
Inhalt der geplanten Neuregelung.<br />
Neuer Straftatenkatalog für die Telefonüberwachung:<br />
Der Katalog der Straftaten in § 100a StPO, die Anlass für eine<br />
Telekommunikationsüberwachung sein können, soll auf schwere<br />
Straftaten begrenzt und modernisiert werden. So fallen beispielsweise<br />
die Verbreitung von Propagandamitteln, die Zuwiderhandlung<br />
gegen ein Vereinsverbot und fahrlässige Straftaten<br />
nach dem Waffengesetz aus dem Katalog raus. Neu aufgenommen<br />
werden beispielsweise Korruptions- und Menschenhandelsdelikte,<br />
sexueller Missbrauch und Raub.<br />
Schutz von Berufsgeheimnisträgern: Berufsgeheimnisträger<br />
sollen ihr derzeitiges Zeugnisverweigerungsrecht zwar behalten.<br />
Die Neuregelung differenziert aber zwischen dem Vertrauensverhältnis<br />
zu Seelsorgern, Strafverteidigern und Abgeordneten,<br />
das durch umfassende Erhebungs- und Verwertungsverbote<br />
besonders geschützt werden soll, und dem Vertrauensverhältnis<br />
zu den übrigen Berufsgeheimnisträgern (insbesondere Rechtsanwälte,<br />
Ärzte und Journalisten). Letztere sollen nach einer sorgfältigen<br />
Verhältnismäßigkeitsabwägung im Einzelfall in Ermittlungsmaßnahmen<br />
einbezogen werden dürfen.<br />
Besserer Grundrechtsschutz: Der Grundrechtsschutz bei<br />
heimlichen Telefonüberwachungen und Ermittlungsmaßnahmen<br />
soll gestärkt werden. Dies soll zum einen durch Verfahrenssicherungen<br />
geschehen. So ist etwa vorgesehen, dass Betroffene<br />
grundsätzlich bei allen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen im<br />
Nachhinein über die Überwachungen unterrichtet werden müs-<br />
09/2007 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 14