PSC 4-11 - FSP
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den Jungs fernhalten.» T: «Aha, dass die also nicht meinen,<br />
man solle sich mal anständig amüsieren, mal anständig<br />
über die Stränge schlagen, sich mal so richtig anständig<br />
verlieben! – Und es ist wichtig, dass ein Mädchen<br />
auch weiss: Hey, es macht Spass, sich mal anständig zu<br />
amüsieren, über die Stränge zu schlagen, sich anständig<br />
zu verlieben …»<br />
Nach der Sitzung schläft die junge Frau das erste Mal<br />
mit ihrem Freund und hat lustvollen Sex.<br />
«De-Mentoren» vom Thron stossen<br />
Eine weitere Klientin, eine in beruflichen Situationen<br />
selbstbewusste Trainerin für Führungskräfte, berichtet von<br />
Schwierigkeiten, Beziehungen zu Männern einzugehen<br />
und Sexualität zu geniessen. Sie berichtet, ein Mann habe<br />
sie in einer Kneipe gedrängt, sie nach Hause begleiten zu<br />
dürfen, da er den gleichen Weg habe. Sie nehmen ein gemeinsames<br />
Taxi. Im Wagen fragt sie der Mann: «Fahren<br />
wir nun zu dir oder zu mir?» «Weder noch», antwortet sie,<br />
und es stellt sich heraus, dass er in einer ganz anderen Gegend<br />
wohnt. Nach der Fahrt schämt sie sich zutiefst über<br />
diesen Vorfall und hat das Gefühl, die Kneipe nie mehr betreten<br />
zu dürfen, weil die Leute denken, sie sei jemand, die<br />
wahllos Männer abschleppt. Als Hintergrund ergibt sich<br />
ein Erlebnis mit 14 Jahren. Damals hat sie eine erste zarte<br />
Liaison mit einem gleichaltrigen Jungen. Es kommt zu<br />
harmlosen Küssen und Berührungen, die sie sehr geniesst.<br />
Kurze Zeit später wird sie von ihrer Tante angesprochen,<br />
die behauptet, das ganze Dorf rede über sie. Sie würde mit<br />
jedem Jungen anbändeln. Sie fühlt sich zutiefst beschämt<br />
und hat das Gefühl, die Leute denken, sie sei eine, die<br />
«leicht zu haben» sei.<br />
In der Folge soll sich die Klientin vorstellen, eine gute<br />
Freundin aus ihrem aktuellen erwachsenen Leben sieht,<br />
was diese Tante mit ihr macht. Spontan entwickelt sie<br />
die Vorstellung, dass diese ihre Tante vom Stuhl kippt<br />
und ihr sagt: «So etwas machst du nicht mit deiner<br />
Nichte! Wenn du ein Problem hast, dann mache das mit<br />
dir aus!» Metaphorisch wird die Tante vom Thron gestossen.<br />
Und zum Mädchen gesprochen, fordert die erwachsene<br />
Freundin es dazu auf, die eigenen Intimgrenzen<br />
zu verteidigen: «Du hast da etwas ganz Wertvolles. Das<br />
musst du schützen!»<br />
Zugehörigkeit vermitteln<br />
Die therapeutische Intervention besteht hier in der Aufforderung,<br />
die Szene in Trance noch einmal nachzuerleben<br />
und nachzuempfinden. Der Therapeut fungiert<br />
dabei als verständnisvolle Bezugsperson, welche die Jugendliche<br />
in ihrer Wahrnehmung unterstützt und ihr das<br />
Gefühl einer weiter bestehenden Zugehörigkeit gibt.<br />
Ortwin Meiss<br />
Bibliografie<br />
Haley, J. (2002). Die Psychotherapie Milton H. Ericksons.<br />
München: Pfeifer.<br />
Meiss, O. (1997). Hypnotherapeutische Methoden zur<br />
Aufarbeitung von belastenden und traumatischen Erfahrungen.<br />
In Psychotherapie Bd 2, Heft 1, Posttraumatische<br />
Belastungsstörungen (58−63). München: Cip-Medien.<br />
Meiss, O. (2003). Schuld und Schuldgefühl. [DVD]. Bochum:<br />
VCR.<br />
Meiss, O. (2008). Scham und Peinlichkeit. [DVD]. Freiburg:<br />
Auditorium.<br />
Phillips, M., Frederick, C. (2003). Handbuch der Hypnotherapie<br />
bei posttraumatischen und dissoziativen Störungen.<br />
Heidelberg: Carl Auer Systeme Verlag.<br />
Der Autor<br />
Dipl. Psych. Ortwin Meiss leitet das Milton Erickson<br />
Institut in Hamburg. Der auf Hypnotherapie spezialisierte<br />
Psychotherapeut weist u.a. auch viel Erfahrung bei<br />
Klientinnen und Klienten mit Schamproblematik auf.<br />
Anschrift<br />
Dipl. Psych. Ortwin Meiss, Milton Erickson Institut Hamburg,<br />
Eppendorfer Landstrasse 56, D–20249 Hamburg.<br />
Résumé<br />
En tant que psychothérapeute, Ortwin Meiss (dipl.<br />
psych.) traite, entre autres, des clientes et des clients<br />
qui souffrent de problèmes de honte. Dans l’article publié<br />
par Psychoscope, il explique sa compréhension de<br />
la honte comme étant un phénomène qui, d’une part, a<br />
beaucoup à voir avec la peur d’une éventuelle perte de<br />
son statut social et, d’autre part, est également lié au<br />
désir de préserver ses propres frontières intimes.<br />
En outre, l’auteur illustre de façon saisissante, par des<br />
études de cas, de brèves interventions (hypno-)thérapeutiques<br />
qui, grâce à des réinterprétations, permettent de<br />
renforcer l’estime de soi et d’élargir le champ d’action des<br />
personnes concernées.<br />
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