PSC 12-10 - FSP
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DOSSIER: Stress im Griff<br />
PSYCHOSCOPE <strong>12</strong>/20<strong>10</strong><br />
sichtindie eigenen Erfahrungen. Unddamitdie Möglichkeit<br />
freier,gelassener, heilerzuwerden.<br />
MBSR –wie wird trainiert?<br />
DasTrainingfindet1xwöchentlichwährendachtWochen<br />
in derGruppe, oder weniger häufig auchimEinzelsetting<br />
statt. Zusätzlich gibt es einenAchtsamkeitstag,<br />
derzugrossen Teilen im Schweigen stattfindet.<br />
DieKernelemente desMBSR-Trainingssind<br />
• achtsame Körperwahrnehmung in Ruhe (Bodyscan)<br />
• achtsame Körperwahrnehmung in Bewegung<br />
(Übungen ausdem Yoga)<br />
• geleitete Meditationen<br />
Dasist diesogenannt formalePraxis. Diesedrei«Übungen»öffnen<br />
in vielfältiger WeiseunterschiedlicheTüren,<br />
dieinden gleichenRaumführen. DieAchtsamkeit<br />
aufden Atem istintegralerBestandteilbei allen drei<br />
Kernelementen, nurdas jeweilige Objekt derAufmerksamkeitändertsich.<br />
WeitereBestandteile sind<br />
• dieinformelle Praxis,Achtsamkeitsübungen fürden<br />
Alltag,<br />
• Auseinandersetzung mitdem ThemaStress, schwierige<br />
Gefühleund Kommunikation.<br />
TäglichesTrainingvon 30–40Minuten zwischen den<br />
Kursabendenist wichtigund wird erwartet.Die Trainerinnen<br />
undTrainer regen dieTeilnehmenden durch<br />
eine bestimmte Form desNachfragens, demInquiry,<br />
zumvertieftenBetrachtender Erfahrungen an.«WelcheGedanken<br />
habendichdavon abgehalten, dirdeine<br />
TrainingszeitzuHause zu nehmen?Was hast du dabeigenau<br />
gefühlt? Wo in deinem Körper hast du den<br />
Widerstandwahrgenommen?» könntensolcheInquiry-<br />
Fragen sein.Die sorgfältigeWahrnehmung derErfahrung<br />
stehtdabei im Vordergrund. Daraus ergibt sich<br />
eine Einstellungsänderung mitmehrSelbst-Bewusstsein<br />
undentsprechendenVerhaltensänderungen. Und<br />
damitunterscheidet sich dasachtsamkeitsbasierte Training<br />
deutlich vonanderen Programmen undTheorien,inderen<br />
Zentrumdie Verhaltensänderung oder ein<br />
Skillstrainingstehen.<br />
MBSR –was wird trainiert?<br />
Wersichdie Mühe machtund versucht, seineAufmerksamkeitwährendfünfAtemzügen<br />
nurbeimAtem<br />
zu verankern, wird entdecken, wieschnellder Geistabschweift.Erinnerungen,Zukunftsfantasien,Bauchschmerzen,<br />
Ungeduld etc. ziehendie Aufmerksamkeit<br />
vomAtemabund wirverstehen, wasBuddhisten meinen,wennsie<br />
sagen,der Geistgebärde sich wieeine<br />
HordewilderAffen.<br />
MitAchtsamkeitlernen wirimgegenwärtigen Augenblickganzpräsent<br />
zu sein undmit einer freundlichen,<br />
akzeptierenden undnicht bewertenden Haltungwahrzunehmen,was<br />
geradeist.Denndas LebenfindetgenauimkurzenMomentder<br />
Gegenwart statt–und dieserMomentist<br />
dieeinzige Möglichkeit, Einfluss zu<br />
nehmen.<br />
In derRegel wird sofort einReiz-Reaktions-Schemain<br />
Gang gesetzt, sobald beispielsweise leidvolleGedanken,<br />
SchmerzenoderschwierigeEmotionen auftreten. Das<br />
Stressniveausteigt. Menschen wollen siesofortwiederweghabenund<br />
kämpfendagegen an.Jemehrsie<br />
kämpfen, destostärkerverstricken siesichinihr Leiden.<br />
AchtsamkeitdurchbrichtdiesenMechanismus<br />
undschafft Raum:Durch dieblosseRegistrierung allerEmpfindungen<br />
in derStresssituation entsteht eine<br />
ungewohnte Artvon Kontrolleund dieVerstrickung<br />
nimmtab, fast schonparadoxerweise. Dazu schreibt Kabat-Zinn:«DereinfacheVorgang<br />
desSichbewusstwerdens<br />
kann einer Stresssituation bereitsdie Spitze nehmen.<br />
(...)Aus demGewahrseinder Situation heraus<br />
kann manbewusst handeln.»<br />
Eine aktuelle Studie vonProfessor UweHerwig, Psychiatrische<br />
Universitätsklinik Zürich, konnte jetztauf neurobiologischer<br />
Ebenenachweisen, dass schondas einfacheachtsameWahrnehmen<br />
dereigenen Gefühledie<br />
emotionaleHirnaktivität reguliertund beruhigend sein<br />
kann.Achtsamkeitermöglichtes, dieRolle desneutralen<br />
Beobachterseinzunehmen unddie Agitationen<br />
alsdas zu erkennen,was sietatsächlich sind:Gefühle,<br />
Gedanken,Impulse, denen wirnicht ausgeliefert sind,<br />
vondenen wirnicht überwältigtwerden. Es geht darum,sichmit<br />
denErfahrungen nichtzuidentifizieren<br />
undauchnicht darauf zu reagieren. Mankannsie betrachten<br />
wieWolkenamHimmel undsie dann ebenso<br />
weiterziehen lassen.<br />
«Achtsamkeitstraining istein Emanzipationsprozess,<br />
er führtzumehrFreiheit»,sagtEdelMaex. Im Achtsamkeitsraum<br />
zwischen demWahrnehmen (Reiz) und<br />
einemallfälligen Handeln(Reaktion)liegt dieFreiheit<br />
desEntscheidens. Dieautomatischen Reiz-Reaktions-<br />
Ketten,die gewohnten, aber häufig Stressund KrankheitaufrechterhaltendenDenk-,<br />
Fühl-und Handlungsmuster<br />
können unterbrochen werden.<br />
Wersagt, dass es wirklich nützt?<br />
DasThemaAchtsamkeit«boomt» aktuellauchinder<br />
Wissenschaft.Inden letztenJahren wurden sehr viele<br />
Studienpubliziert, so wurden in denerstensechs Monaten20<strong>10</strong>auf<br />
derInternetseite «mindfulexperience.org»<br />
mehrals 170Studien zumThemaeingetragen. Hier<br />
sollen exemplarisch nurwenigeund auchsolcheaus der<br />
Schweizerwähnt werden.<br />
• Eine aktuelle Metaanalysevon PhDStefanG.Hofmann<br />
et al.von derBostonUniversity,veröffentlicht<br />
im April20<strong>10</strong>, kommtzudieserSchlussfolgerung:<br />
«Achtsamkeitsbasierte Therapie isteinevielverspre-