PSC 5-12 - FSP
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ckelten die extrem kleinen frühgeborenen Kinder auch<br />
dann eine unsichere Bindung zu ihren Eltern, wenn<br />
diese besonders feinfühlig mit ihnen umgingen. Die<br />
Forscher der EPICure-Studie vermuten, dass dieses<br />
Bindungsverhalten durch die Schwierigkeiten der Informationsverarbeitung<br />
sozialer Reize erklärt werden<br />
kann. Denkbar ist jedoch auch, dass die psychosozialen<br />
Bedingungen rund um die Geburt eine wichtige Rolle<br />
spielen. Denn aufgrund der oft sehr lange andauernden<br />
Hospitalisation der Kinder und der damit verbundenen<br />
Separation von den Eltern kann es zu einer Beeinträchtigung<br />
der Bindung zwischen Eltern und Kind<br />
kommen.<br />
Die beschränkte Selbstregulationsfähigkeit vieler Frühgeborener<br />
stellt zudem erhöhte Anforderungen an die<br />
interpersonale Emotionsregulation durch die Eltern.<br />
Dies kann zu einer Überforderung und damit einhergehender<br />
Erschöpfung der primären Bezugspersonen<br />
führen, was sich wiederum negativ auf deren Fähigkeit<br />
zur co-regulatorischen Unterstützung des Kindes auswirken<br />
kann. Dadurch bedingte dysfunktionale Interaktionen<br />
können die Eltern-Kind-Beziehung dauerhaft<br />
beeinträchtigen.<br />
Gezielte Förderung<br />
Eine frühzeitige Diagnose und die darauf aufbauende<br />
Förderung sind für die Prognose von Frühgeborenen<br />
entscheidend. Sie kann dem Kind viel unnötiges Leid<br />
durch Versagensängste und Hänseleien ersparen. Zudem<br />
können entsprechende Therapien Defiziten entgegenwirken<br />
und Entwicklungsfortschritte fördern. Hier<br />
kommen bisher vor allem Ergo- und Physiotherapien<br />
zum Einsatz. Langfristig macht sich das Bildungs- und<br />
Förderangebot für die Kinder als wesentlicher Faktor<br />
der kognitiven Entwicklung bemerkbar. Da auch die<br />
Eltern aufgrund einer vorzeitig beendeten Schwangerschaft<br />
oder des lange andauernden Spitalaufenthalts<br />
erheblichem Stress ausgesetzt sind, setzt sich immer<br />
mehr die Einsicht durch, dass nicht nur den Kindern,<br />
sondern auch den Eltern psychologische Hilfe angeboten<br />
werden muss. Eine vielversprechende Intervention<br />
haben Forscher von der Universität Rochester (School<br />
of Nursing) um die Pflegeforscherin Bernadette Melnyk<br />
entwickelt. Im sogenannten «Cope-Programm»<br />
(Creating Opportunities for Parent Empowerment)<br />
werden die Eltern während des gesamten Spitalaufenthalts<br />
bis eine Woche nach der Entlassung intensiv betreut,<br />
so dass die Eltern-Kind-Beziehung trotz der Spitalumgebung<br />
gefördert wird. In der Schweiz bietet das<br />
Inselspital Bern dieses Programm an.<br />
Margarete Bolten<br />
Literatur<br />
Aarnoudse-Moens, C. S., Weisglas-Kuperus, N., van<br />
Goudoever, J. B., & Oosterlaan, J. (2009). Meta-analysis<br />
of neurobehavioral outcomes in very preterm and/or very<br />
low birth weight children. Pediatrics, <strong>12</strong>4(2), 717–728.<br />
Bhutta, A. T., Cleves, M. A., Casey, P. H., Cradock, M. M.,<br />
& Anand, K. J. (2002). Cognitive and behavioral outcomes<br />
of school-aged children who were born preterm: a metaanalysis.<br />
JAMA, 288(6), 728–737.<br />
Schmid, G., Schreier, A., Meyer, R., & Wolke, D. (2011).<br />
Predictors of crying, feeding and sleeping problems: a<br />
prospective study. Child: Care, Health and Development,<br />
37(4), 493–502.<br />
Spittle, A. J., Treyvaud, K., Doyle, L. W., Roberts, G., Lee,<br />
K. J., Inder, T. E., . . . Anderson P. J. (2009). Early emergence<br />
of behavior and social-emotional problems in very<br />
preterm infants. Journal of the American Academy of Child<br />
and Adolescent Psychiatry, 48(9), 909–918.<br />
Wolke, D., Samara, M., Bracewell, M., & Marlow, N.<br />
(2008). Specific language difficulties and school achievement<br />
in children born at 25 weeks of gestation or less.<br />
Journal of Pediatrics, 152(2), 256–262.<br />
Die Autorin<br />
Dr. Margarete Bolten, Fachpsychologin für Psychotherapie<br />
<strong>FSP</strong>, Leiterin der Arbeitsgruppe Risiko- und Resilienzforschung<br />
an den Universitären Psychiatrischen Kliniken<br />
Basel (UPK), studierte Psychologie an der Freien Universität<br />
Berlin (1995 bis 2001) und promovierte im Fach Psychobiologie<br />
an der Universität Trier (Deutschland, 2001<br />
bis 2004). Neben Auslandaufenthalten in Cambridge und<br />
New York und einer Gastprofessur für Klinische Kinderund<br />
Jugendpsychologie an der Universität Wien war sie<br />
Projektleiterin im Nationalen Forschungsschwerpunkt<br />
(NFS) «sesam» und Oberassistentin in der Abteilung für<br />
Klinische Kinder- und Jugendpsychologie der Universität<br />
Basel.<br />
Kontakt<br />
Dr. rer. nat. Margarete Bolten, Universitäre Psychiatrische<br />
Kliniken (UPK) Basel, Kinder- und Jugendpsychiatrische<br />
Klinik, Schanzenstrasse 13, 4056 Basel.<br />
Margarete.bolten@upkbs.ch<br />
Résumé<br />
En Suisse, un enfant sur dix naît prématurément, avant<br />
la fin de la 37 e semaine de grossesse. Bien que les handicaps<br />
graves qui peuvent en résulter soient plutôt rares<br />
grâce aux progrès de la médecine intensive, l’évidence<br />
s’impose toujours plus que les prématurés accusent des<br />
déficits dans le domaine des fonctions exécutives. Ceuxci<br />
sont à leur tour un facteur aggravant pour le développement<br />
cognitif et social de l’enfant et peuvent à la longue<br />
mener à des troubles de l’apprentissage et du comportement.<br />
Mais le développement des liens d’attachement a<br />
aussi son importance pour les prématurés. Un diagnostic<br />
précoce et les mesures d’encouragement ciblées qui en<br />
découlent sont décisifs pour le pronostic des prématurés.<br />
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