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Stiefkind Vertrieb - PS:PR

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Verlagspostamt und Erscheinungsort 1030 Wien, P.b.b., GZ 02Z031458 M<br />

LEADERSHIP<br />

W i r t s c h a f t s f o r u m d e r F ü h r u n g s k r ä f t e<br />

Das Magazin für Österreichs Führungskräfte 9 • 2011<br />

Schwerpunkt<br />

4<br />

<strong>Vertrieb</strong>: Die Definitionen<br />

sind bereits uneinheitlich<br />

von Dr. Felix Josef<br />

WdF-Intern<br />

11<br />

Führungswechsel in<br />

der Landesgruppe Tirol<br />

14<br />

Impressionen von den<br />

Sommerfesten des WdF<br />

Expertenforum<br />

18<br />

Die Hausaufgaben des<br />

EU-Kandidaten Kroatien<br />

von Friedrich Jakupec<br />

Service<br />

20<br />

Image-Ranking: Die<br />

besten Unternehmen<br />

„Voest“-Chef Dr. Wolfgang Eder über die Bedeutung des <strong>Vertrieb</strong>s Seite 6-7<br />

<strong>Stiefkind</strong> <strong>Vertrieb</strong><br />

www.wdf.at


6 I schwerpunkt I expertenforum I wdf-intern I service I LEADERSHIP 9 • 2011<br />

„Bei uns käme niemand auf die Id<br />

Dr. Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der Voestalpine AG, erhielt im<br />

Juni den „Award of Excellence“ des Club 55, der European Community of<br />

Experts in Marketing and Sales. In Rostock wurde er für seine unternehmerische<br />

Leistung geehrt. Ein guter Anlass, um mit Dr. Eder über sein<br />

Verständnis des oft stiefmütterlich behandelten <strong>Vertrieb</strong>s zu sprechen.<br />

Herr Dr. Eder, welchen Bezug haben Sie<br />

persönlich als Vorstandsvorsitzender<br />

zum <strong>Vertrieb</strong> und welche Rolle spielt dieser<br />

bei einem Stahlkonzern wie der voestalpine?<br />

Eder: Am ersten Blick wirkt ein Stahlunternehmen<br />

aufgrund der Anlagenintensität<br />

und der – scheinbar – offensichtlichen<br />

Techniklastigkeit wenig vertriebsaffin.<br />

De facto hat der <strong>Vertrieb</strong> hier aber<br />

die völlig gleiche, entscheidende Rolle<br />

wie in jedem anderen Unternehmen - er<br />

ist die Schnittstelle zum Markt, zu den<br />

Kunden und sein Geschick, die Kunden<br />

von der Sinnhaftigkeit einer Geschäftsbeziehung<br />

zu überzeugen, definiert gemeinsam<br />

mit dem Geschick der Techniker,<br />

Kosten niedrig und Effizienz hoch zu<br />

halten, unsere Margen. Ich selbst führe<br />

prinzipiell keine Verkaufsgespräche, das<br />

können meine <strong>Vertrieb</strong>skollegen im Konzern<br />

viel besser. Hin und wieder wollen<br />

sie mich dabei haben, dann tu ich mein<br />

Bestes und beneide sie manchmal um ihren<br />

spannenden Job.<br />

Es fällt auf, dass es in Ihrem Unternehmen<br />

keinen <strong>Vertrieb</strong>svorstand gibt. Wer<br />

ist für die <strong>Vertrieb</strong>sbelange in den Gesellschaften<br />

zuständig?<br />

Eder: Die Konzernholding voestalpine<br />

AG versteht sich als strategische Managementholding,<br />

deren Aufgabe es nicht<br />

ist, sich in die operativen Belange der Geschäftseinheiten<br />

einzumischen, sondern<br />

die Rahmenbedingungen und Abläufe<br />

für den Gesamtkonzern festzulegen. Das<br />

Wissen um die Bedürfnisse, Sorgen<br />

und Ansprüche der Kunden ist bei jenen,<br />

die sich tagtäglich vor Ort damit befassen,<br />

am besten aufgehoben, und daher<br />

sind Kundenbeziehungen in der Regel divisional<br />

bzw. auf Unternehmensebene<br />

angesiedelt. Zumal die fünf Divisionen<br />

jeweils extrem spezialisiert sind. Nehmen<br />

Sie zum Beispiel Automobilindustrie,<br />

Öl- und Gasindustrie und Bahninfrastruktur<br />

– da gibt es einfach keinen gemeinsamen<br />

<strong>Vertrieb</strong>snenner.<br />

Diese Dezentralität ist auch eine unserer<br />

absoluten Stärken, die uns immer wieder<br />

von Kunden bestätigt wird, denn sie<br />

ermöglicht größte Flexibilität und rasches<br />

Handeln. Dessen ungeachtet werden<br />

strategische <strong>Vertrieb</strong>sbelange – welche<br />

Märkte? Branchen? Technologien? –<br />

sehr wohl zentral gesteuert und koordiniert.<br />

Hier sorgt die Personalunion – alle<br />

Divisionsleiter sind auch im Konzernvorstand<br />

der voestalpine AG vertreten – für<br />

die notwendige Koordination.<br />

Wie können sich unsere Leser die <strong>Vertrieb</strong>sstruktur<br />

in der Stahlbranche vorstellen?<br />

Wie sieht Kundenbindung und<br />

-betreuung bei der voestalpine aus?<br />

Eder: „Die Stahlbranche“ gibt es ebenso<br />

wenig wie einen typischen <strong>Vertrieb</strong>. Die<br />

wenigen europäischen Stahlunternehmen,<br />

die es heute noch gibt, sind aufgrund<br />

enormer Größenunterschiede<br />

und sehr divergierender Eigentümerstrukturen<br />

durchwegs individuell organisiert.<br />

Die voestalpine ist darüber hinaus<br />

heute mehr als alle anderen weniger ein<br />

Stahl- als vielmehr ein Verarbeitungskonzern,<br />

bestehend aus fünf hoch spezialisierten<br />

Divisionen. Insofern glaube ich,<br />

unterscheidet sich der <strong>Vertrieb</strong> einer<br />

voestalpine vermutlich nicht spektakulär<br />

von jenem anderer diversifizierter, global<br />

tätiger Business-to-Business-Unternehmen.<br />

Was uns – glaube ich – darüber hinaus<br />

auszeichnet, sind sehr intensive, überwiegend<br />

jahrzehntelange Partnerschaften<br />

mit dem Großteil unserer Kunden, und<br />

zwar nicht nur als Käufer-Verkäuferbeziehung,<br />

sondern auch in Bezug auf gemeinsame<br />

Innovationen. Das setzt ein<br />

hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen<br />

voraus, ist aber im Sinne nachhaltiger Beziehungen<br />

für beide Seiten sehr wertvoll.<br />

Während und nach der Krise haben viele<br />

Unternehmen in der Aus- und Weiterbildung<br />

gespart, gerade im <strong>Vertrieb</strong>.<br />

So entsteht ein Kreislauf aus Umsatzrückgang,<br />

sinkender Motivation und<br />

höherer Fluktuation. Haben Sie vorher,<br />

währenddessen und danach in Weiterbildung<br />

investiert?<br />

Eder: Sie sprechen etwas ganz Entscheidendes<br />

an. Was ist die Basis eines Unternehmens<br />

und seines Erfolges? In guten<br />

Zeiten haben sich viele Unternehmen<br />

lautstark zu ihren Mitarbeitern und deren<br />

Wohl und Weiterbildung bekannt, aber<br />

hier wurde dann vielfach in der Krise auch<br />

zu allererst der Rotstift angesetzt. Natürlich<br />

haben auch wir hinterfragt, wo gespart<br />

werden kann, aber wir haben gerade<br />

während der Krise weder Quantität,<br />

noch Qualität in der Ausbildung, allen voran<br />

bei unseren rund 1.600 Lehrlingen reduziert,<br />

genauso wie wir das hohe Niveau<br />

der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen<br />

bewusst beibehalten und Absatz-<br />

und <strong>Vertrieb</strong>sbelange sogar gestärkt<br />

haben. Kurz gesagt: Wir haben in<br />

der Krise bewusst auf unsere strategischen<br />

Assets – Mitarbeiter, Qualifikation,<br />

Kundenbeziehungen, Technologie – gesetzt.<br />

Vielleicht ist auch das ein Grund,<br />

warum wir nicht nur die Krise besser bewältigt<br />

haben, sondern auch vom Aufschwung<br />

schneller profitieren konnten.<br />

Wie sehen Motivationsstrategien in der<br />

voestalpine aus? Gibt es besondere Anreizmodelle<br />

für die Mitarbeiter? Gibt es<br />

spezielle Motivations- oder Entlohnungsmodelle<br />

für den <strong>Vertrieb</strong>?<br />

Eder: Wir führen seit inzwischen rund 15<br />

Jahren in allen unseren Funktionsbereichen<br />

und Konzernunternehmen sehr ausgeprägt<br />

über individuelle Zielvereinbarungen,<br />

die sowohl gemeinsame übergeordnete<br />

Ziele – meist quantitativer Art, im wesentlichen<br />

ROCE und EBIT – als auch individuelle<br />

Ziele enthalten. Das Zielvereinbarungssystem<br />

ist aber kein <strong>Vertrieb</strong>sspezifikum,<br />

sondern gilt wie gesagt ab einer<br />

gewissen Organisationsstufe in allen Bereichen<br />

– und es geht dabei nicht bloß um<br />

einige hundert Euro im Jahr.<br />

Unser Thema diesen Monat lautet „<strong>Stiefkind</strong><br />

<strong>Vertrieb</strong>“. Hat der <strong>Vertrieb</strong> auch in<br />

Ihrer Branche mit dem Image der Klinkenputzer<br />

und Drückerkolonnen zu<br />

kämpfen?<br />

Eder: Ich will nicht für „die Branche“ sprechen,<br />

aber für die voestalpine kann ich


LEADERSHIP 9 • 2011<br />

I schwerpunkt I expertenforum I wdf-intern I service I<br />

7<br />

ee, den <strong>Vertrieb</strong> abzuqualifizieren“<br />

das mit größter Überzeugung verneinen.<br />

Bei uns käme sicher niemand auf die<br />

Idee, den <strong>Vertrieb</strong> so abzuqualifizieren.<br />

Wie gesagt, er ist unser Bindeglied zu<br />

den Kunden und damit ganz entscheidend<br />

mitverantwortlich für den Unternehmenserfolg.<br />

Wie sieht Ihre Zukunftsplanung für die<br />

voestalpine aus? Haben Sie konkrete Unternehmensziele<br />

für die nächsten Jahre<br />

und wie sehen die Trends und Entwicklungen<br />

im <strong>Vertrieb</strong> der Stahlbranche<br />

aus?<br />

Eder: Wir sehen unsere Industrie in den<br />

kommenden Jahrzehnten nicht nur von<br />

den allgemein bekannten globalen „Megatrends“<br />

her – wie Energie, Mobilität,<br />

Ressourcenoptimierung, usw. Wir betrachten<br />

das Ganze auch von den wirtschafts-<br />

und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen<br />

her. Stichworte sind<br />

hier Rohstoffe, Klimaschutz, Handelshemmnisse<br />

und vieles andere mehr – da<br />

sind wir massiv gefordert.<br />

Dort, wo es um neue Konzepte geht,<br />

etwa beim Verkehr, in der Energie, auch<br />

im Bereich Nachhaltigkeit, hat man es<br />

überwiegend selbst in der Hand, ob<br />

man Chancen nutzt oder nicht. Aber dort,<br />

wo man auf die gesellschaftliche, politische<br />

und legistische Entwicklung des<br />

Umfeldes angewiesen ist, sieht es viel<br />

schwieriger aus. Da sehen wir eine<br />

Grundsatzentscheidung in Europa auf<br />

uns zukommen, nämlich ob man hier auf<br />

Zur Person<br />

lange Sicht überhaupt die klassische<br />

Industrie, und damit die Realwirtschaft,<br />

noch haben will oder nicht.<br />

Nur als kleiner Hinweis: Jene Länder, die<br />

bisher geglaubt haben, auf die Industrie<br />

verzichten zu können – Stichwort: England,<br />

zunehmend auch die USA – sind<br />

gerade in Krisenzeiten am stärksten unter<br />

die Räder gekommen und haben auch<br />

die größten sozialen Probleme.

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