31.05.2014 Aufrufe

3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ald beendet sehen. Andernorts reicht es<br />

schon einmal für einen kurzen Zwischenstopp<br />

mit Sprung ins Meer. Nach<br />

Angaben eines Sprechers <strong>des</strong> Frankfurter<br />

Bun<strong>des</strong>grenzschutzes ist seit Jahren<br />

kein Grenzschützer dienstlich verpflichtet<br />

worden, einen Abschiebeflug mitzumachen.<br />

Die Beamten fliegen freiwillig.<br />

Vielleicht gerade <strong>des</strong>halb, weil man am<br />

Abend eben nicht sieht, was man geschafft<br />

hat, nicht den abgeschobenen<br />

Kurden zur peinlichen Flughafenbefragung<br />

in Istanbul begleiten mußte, nichts<br />

zu tun hatte mit dem modernen Folterzentrum<br />

im Flughafen von Damaskus,<br />

nicht gezwungen war, einem abgeschobenen<br />

Angolaner bei der Suche nach einer<br />

Unterkunft in die Slums von Luanda<br />

zu folgen.<br />

Es gibt auch kritische Menschen beim<br />

Bun<strong>des</strong>grenzschutz. Hinter vorgehaltener<br />

Hand bestätigen gelegentlich auch<br />

Grenzbeamte, daß man sich oftmals verheizt<br />

fühlt zwischen der von der Politik<br />

erwarteten rigiden Durchsetzung von<br />

Abschiebungen und der Kritik der Öffentlichkeit,<br />

wenn man diese Erwartungen<br />

schließlich mit aller Härte erfüllt.<br />

Vorgeworfen wurde einzelnen Beamten<br />

in den letzten Jahren insbesondere übermäßige<br />

Gewaltanwendung in den Gewahrsamszellen<br />

und auf dem Weg ins<br />

Flugzeug. Unabhängige Zeugen gibt es<br />

hierfür fast nie. Flüchtlinge haben wenig<br />

Chancen gegen die Aussagen der beamteten<br />

Übermacht. PRO ASYL fordert<br />

<strong>des</strong>halb seit langem den Zutritt von<br />

Nichtregierungsorganisationen zu den<br />

Gewahrsamsräumen.<br />

Dieter Wimmer, Vorsitzender <strong>des</strong> Bezirks<br />

Bun<strong>des</strong>grenzschutz bei der Gewerkschaft<br />

der Polizei, behauptet in einem Interview<br />

in derselben Ausgabe der Zeitschrift<br />

»Deutsche Polizei«, man habe bislang bei<br />

Abschiebungen allein am Frankfurter<br />

Flughafen mehr verletzte Beamte gehabt<br />

als bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen<br />

um Wackersdorf. Das<br />

wird man mit Skepsis betrachten müssen.<br />

PRO ASYL fiel auf, daß oftmals,<br />

wenn Beschwerden von Flüchtlingen<br />

über übermäßige Gewaltanwendung<br />

durch Bun<strong>des</strong>grenzschutzbeamte – bei<br />

der Zwangsvorführung bei Botschaften,<br />

beim Transport zum Flugzeug, im Gewahrsam<br />

usw. – öffentlich gemacht bzw.<br />

Strafanzeigen gestellt wurden, die Abzuschiebenden<br />

postwendend ebenfalls mit<br />

Strafanzeigen überzogen wurden. Eingeleitete<br />

Ermittlungen verzögern kaum jemals<br />

die Abschiebung. Die Chancen für<br />

die Flüchtlinge stehen genauso schlecht<br />

wie in anderen Fällen, wo sich Aussagen<br />

von Bürgern und Polizei gegenüberstehen.<br />

Eine Formulierung aus der Reportage<br />

von Thomas Hestermann ist hierzu<br />

aufschlußreich: »Widersetzen sich Flüchtlinge<br />

der Rückführung mit Gewalt, werden<br />

sie angezeigt wegen Körperverletzung<br />

gegen Vollstreckungsbeamte.«<br />

Widerstand und Körperverletzung – immerhin<br />

zwei verschiedene Straftatbestände<br />

– liegen offensichtlich nah beieinander.<br />

Den kleinen Schritt dazwischen<br />

überbrückt gegebenenfalls ein Attest.<br />

Während andere Beamte <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>grenzschutzes<br />

sich beim Gebrauch von<br />

Zwangsmitteln zur Durchsetzung von<br />

Abschiebungen durchaus allein gelassen<br />

fühlen in der Grauzone der Ermessensentscheidung,<br />

teilt der Gewerkschafter<br />

Dieter Wimmer diese Auffassung nicht.<br />

Es gebe keine Grauzone. Immer müsse<br />

der einzelne Polizist eine Güterabwägung<br />

vornehmen und das mil<strong>des</strong>te Mittel<br />

anwenden, das den Erfolg – hier also die<br />

Abschiebung – herbeiführe. Bei dieser<br />

Güterabwägung könne auch kein Innenminister<br />

dem eingesetzten Beamten<br />

helfen. Die Forderung von PRO ASYL,<br />

der Innenminister möge unmißverständlich<br />

jede schädigende Gewaltanwendung<br />

und den Gebrauch lebensbedrohender<br />

Zwangs- und Fesselungsmethoden untersagen,<br />

unterstützt Wimmer dementsprechend<br />

nicht.<br />

Zwischen PRO ASYL und der GdP gibt<br />

es jedoch auch Übereinstimmungen.<br />

So hat sich Wimmer mehrmals für die<br />

Begrenzung der Aufenthaltsdauer von<br />

Menschen im Flughafentransit ausgesprochen.<br />

Bislang gibt es Fälle, in denen<br />

die Betroffenen monatelang im Transit<br />

leben müssen. Ebenfalls in Übereinstimmung<br />

mit PRO ASYL fordert Dieter<br />

Wimmer im Interview von der neuen<br />

Bun<strong>des</strong>regierung einen Abschiebestopp<br />

für Algerier: »Was die Abschiebung nach<br />

Algerien angeht, hoffe ich, daß die neue<br />

Bun<strong>des</strong>regierung zu einer anderen Einschätzung<br />

kommt. Die Lage dort ist nach<br />

wie vor ungeklärt, ganze Dörfer werden<br />

massakriert. Wir haben im November<br />

1997 gefordert, die Abschiebung nach<br />

Algerien auszusetzen – und einige SPDregierte<br />

Länder haben sich damals unserer<br />

Forderung angeschlossen. Aber letztlich<br />

geht es auch hier um eine politische<br />

Entscheidung und die muß im Bun<strong>des</strong>tag<br />

fallen.«<br />

Um dies in Abwandlung eines Worts von<br />

Oskar Lafontaine zu kritisieren: Das<br />

Herz wird nicht an der Börse gehandelt –<br />

und das Gewissen <strong>des</strong> einzelnen nicht im<br />

Bun<strong>des</strong>tag verabschiedet.<br />

Zwischen Aufruhr und Routine<br />

Alltag beim Bun<strong>des</strong>grenzschutz am Frankfurter Flughafen<br />

Thomas Hestermann<br />

Casablanca ohne<br />

Rückflugticket<br />

Immer häufiger wird der Bun<strong>des</strong>grenzschutz<br />

auch eingeschaltet, um<br />

den Abflug von illegal in Deutschland<br />

lebenden Ausländern zu überwachen –<br />

beispielsweise nach Verstößen gegen das<br />

Ausländergesetz oder wenn das <strong>Asyl</strong>verfahren<br />

abgelehnt wurde. Die Dienstgruppe<br />

51 ist für die sogenannten Rückführungen<br />

zuständig.<br />

Einsatzstellenleiter Jörg Weinhold hält<br />

eine DIN-A 4-Tabelle in der Hand,<br />

den Ablaufplan <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes zur Anerkennung<br />

ausländischer Flüchtlinge<br />

(BAFl). An diesem Mittwoch sind es laut<br />

Plan 51 Menschen, die zum Abflug vorgesehen<br />

sind, nach Algier oder Kiew,<br />

Casablanca, Tunis oder Tirana. Weitere<br />

Abschiebungen werden kurzfristig angesetzt.<br />

Flüge nach Nord- und Schwarzafrika<br />

sind besonders häufig. Am Vortag<br />

sind 63 Vietnamesen in einer »Sammelabschiebung«<br />

zurück in ihre Heimat geflogen<br />

worden.<br />

Die Tabelle nennt Flugnummer und besondere<br />

Gefährdungshinweise, beispielsweise<br />

wenn der Ausländer als gewalttätig<br />

gilt, aus der Strafhaft kommt oder ein<br />

Rückführungsversuch bereits gescheitert<br />

ist. Dann wird der Flug von Beamten<br />

oder von eigenem Sicherheitspersonal der<br />

Fluggesellschaften begleitet. »Die Abschiebung<br />

muß rechtskräftig sein, sonst<br />

geht hier keiner raus«, betont Jörg Weinhold.<br />

Und ein Amtsarzt <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>grenzschutzes<br />

gibt das Votum über die<br />

Flugtauglichkeit ab.<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!