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3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

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Die Schrift »Hilfe und Schutz bedrohter Menschen<br />

im Einzelfall – Eine Argumentationsund<br />

Entscheidungshilfe zum sogenannten<br />

›Kirchenasyl‹« kann gegen Rückporto bestellt<br />

werden bei:<br />

Prälat Dr. Peter Prassel, Adenauerallee 134,<br />

53113 Bonn, Tel.: 0228/10 32 18.<br />

3. Die Kirche fühlt sich zu einer kritischen<br />

Haltung und Wachsamkeit aufgefordert,<br />

die Grundwerte in einem demokratischen<br />

Gemeinwesen zu wahren.<br />

Diese Wachsamkeit ist besonders geboten,<br />

da sich auch seit der <strong>Asyl</strong>rechtsänderung<br />

vom 1.7.1993 Fälle von Fehlleistungen<br />

der Verwaltung und Gerichte sowie<br />

Mängel bei der Durchführung <strong>des</strong><br />

<strong>Asyl</strong>verfahrens mit zum Teil fatalen Folgen<br />

für die Betroffenen aufzeigen lassen.<br />

Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine<br />

Beistandspflicht, das Flüchtlingen versagte<br />

Recht vom Staat einzufordern.<br />

4. Infolge der <strong>Asyl</strong>rechtsänderung und<br />

einer restriktiven Auslegung <strong>des</strong> »politischen<br />

<strong>Asyl</strong>s« wird die Diskrepanz zwischen<br />

dem rechtlich anerkannten politischen<br />

<strong>Asyl</strong> und dem tatsächlichen<br />

Schutzbedürfnis von Flüchtlingen entsprechend<br />

der Genfer Flüchtlingskonvention<br />

und anderer internationaler Konventionen<br />

größer. Das führt zu einer<br />

wachsenden Kluft und bringt Christen<br />

zunehmend in Gewissenskonflikte.<br />

5. Wenn es um das Grundrecht <strong>des</strong> Menschen<br />

auf Leib und Leben geht, ist sogar<br />

ein Verstoß gegen das Gesetz unter bestimmten<br />

Voraussetzungen ethisch gerechtfertigt.<br />

Dieser Grenzfall kann im<br />

Falle einer zu Unrecht drohenden Abschiebung<br />

eintreten. Verantwortbar ist<br />

eine Intervention gegen eine rechtskräftige<br />

Abschiebeandrohung nur bei einer<br />

ernsthaften Gewissensprüfung und -entscheidung.<br />

6. Die Bitte eines Flüchtlings um Beistand<br />

und Schutz im Falle einer angedrohten<br />

Abschiebung kann Christen und Gemeinden<br />

in eine ethische Konfliktsituation<br />

führen. Gegenüber den rechtsstaatlich<br />

getroffenen Entscheidungen klagen sie<br />

deren mangelnde Legitimität ein: besonders<br />

im Hinblick auf fundamentale Rechte,<br />

wie es beispielsweise das Recht auf<br />

Unversehrtheit <strong>des</strong> Lebens, aber auch das<br />

<strong>Asyl</strong>recht als Menschenrecht darstellt.<br />

Dies wird nicht nur vom Glaubensethos,<br />

sondern auch vom staatsbürgerlichen<br />

Ethos begründet.<br />

7. Eine Beistands- und Schutzgewährung<br />

kommt nur dann in Frage, wenn der<br />

Schutzsuchende sich selbst mit der Bitte<br />

um Hilfe an Amtsträger oder andere Mitglieder<br />

der Kirche wendet. Weder den<br />

Flüchtlingen noch den verantwortlichen<br />

Gemeinden darf ein »Kirchenasyl« aufgenötigt<br />

werden. Schließlich hat sowohl<br />

der Schutzsuchende als auch der Schutzgewährende<br />

jeweils die Letztverantwortung<br />

für das eigene Handeln.<br />

8. Das Engagement von Christen und<br />

Gemeinden, die sich durch »Kirchenasyl«<br />

einer drohenden Abschiebung in<br />

den Weg stellen, geht von Einzelfällen<br />

aus und richtet sich in erster Linie auf<br />

Einzelmaßnahmen. Ihre Beistands- und<br />

Schutzgewährung ist dabei als »ultima<br />

ratio«, das heißt als letztes zur Verfügung<br />

stehen<strong>des</strong> Mittel zur Abwendung einer<br />

akuten Gefahr für Leib und Leben eines<br />

von Abschiebung bedrohten Flüchtlings<br />

zu verstehen.<br />

9. »Kirchenasyl« ist längerfristig kein geeignetes<br />

Mittel, um Mängel im geltenden<br />

Flüchtlingsrecht auszugleichen. Letztlich<br />

muß alles daran gesetzt werden, politische<br />

und gesetzliche Lösungen zur Verbesserung<br />

<strong>des</strong> staatlichen Flüchtlingsschutzes<br />

anzustreben.<br />

10. Als »ultima ratio« stellt »Kirchenasyl«<br />

einen Akt der Nothilfe für Flüchtlinge<br />

dar. Notwendig werden neben diesem<br />

allerletzten Mittel, aber auch und<br />

vielleicht noch mehr, die ersten präventiven<br />

Mittel zur Schutz- und Beistandsgewährung<br />

von Flüchtlingen. Viele<br />

Möglichkeiten, beispielsweise der rechtzeitigen<br />

Beratung und der Öffentlichkeitsarbeit,<br />

sind noch lange nicht ausgeschöpft.<br />

11. Ziel einer vorbeugenden Flüchtlingsarbeit<br />

ist es, darauf hinzuwirken, daß ein<br />

»Kirchenasyl« nicht erforderlich wird.<br />

Zu einer solchen präventiven Sorge<br />

gehört eine frühzeitige Kontaktaufnahme<br />

zwischen Flüchtlingen und Kirchengemeinden.<br />

Die Gewährung von »Kirchenasyl«<br />

ist Ausdruck und letzte Konsequenz<br />

eines allgemeinen Einsatzes für<br />

Flüchtlinge und eines entsprechenden gesellschaftspolitischen<br />

Engagements.<br />

12. Im Bedarfsfall kann es hilfreich sein,<br />

»Kirchenasyl« in binnenkirchlicher und/<br />

oder ökumenischer Vernetzung und in<br />

Zusammenarbeit mit außerkirchlichen<br />

gesellschaftlichen Gruppen bzw. Organisationen<br />

durchzuführen.<br />

aus: KLD-Brief Ausländische Flüchtlinge,<br />

Nr. 29, 3. Dezember 1998<br />

»Man sieht am Abend,<br />

was man geschafft hat«<br />

Kritische Bemerkungen zum Artikel »Zwischen Aufruhr und Routine«<br />

Bernd Mesovic<br />

Der Artikel von Thomas Hestermann<br />

aus der Zeitschrift »Deutsche<br />

Polizei« vom Dezember<br />

1998 gibt eine realistische Innenansicht<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>grenzschutzes. Zehntausend<br />

Abschiebungen pro Jahr und »man sieht<br />

am Abend, was man geschafft hat«. So<br />

formuliert es ein junger Bun<strong>des</strong>grenzschützer.<br />

Naivität oder Verdrängung?<br />

Bun<strong>des</strong>grenzschutzbeamte sehen höchst<br />

38<br />

selten, was sie geschafft oder angerichtet<br />

haben, wenn sie einen Menschen ins<br />

Flugzeug gesetzt oder gar ins potentielle<br />

Verfolgerland begleitet haben. Spätestens<br />

bei der Einreisekontrolle im Zielstaat der<br />

Abschiebung verlieren sie die Abgeschobenen<br />

aus den Augen. Was danach<br />

kommt – Befragung, Inhaftierung, Folter<br />

– gehört nicht mehr zum deutschen Beamtenalltag.<br />

Wenn es vom »Zielstaat«<br />

verlangt wird, liefern begleitende Grenzschutzbeamte<br />

allerdings die Reisedokumente<br />

der Betroffenen bei der Grenzbehörde<br />

<strong>des</strong> Zielflughafens mit dem<br />

Flüchtling ab, anstatt sie ihm noch im<br />

Flugzeug in die Hand zu geben. In kritischen<br />

Staaten bleiben Grenzschutzbeamte<br />

selten lang. Wo die Kugeln pfeifen und<br />

auch Europäer bedroht sind, da möchte<br />

der Dienstherr die Dienstreise möglichst

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