3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl
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24. September 1998:<br />
Ratstagung der EU-Innenminister: PRO<br />
ASYL fordert Aktionsplan zur Aufnahme<br />
von Kosovo-Flüchtlingen – »Flüchtlingsschutz<br />
verbessern, nicht verwässern!«<br />
»Während sich die Situation von Zehntausenden<br />
von Flüchtlingen immer mehr<br />
zu einer humanitären Katastrophe ausweitet<br />
und die ersten von über 30.000 in<br />
den Wäldern und unter freiem Himmel<br />
unversorgt umherirrenden Kindern bereits<br />
gestorben sind, arbeiten die Schengen-Staaten<br />
unter deutschem Vorsitz einen<br />
Aktionsplan zur Bekämpfung der<br />
Zuwanderung aus dem Kosovo aus«, erklärte<br />
PRO ASYL-Sprecher Heiko Kauffmann.<br />
Es sei zynisch und beschämend,<br />
daß der deutsche Innenminister die Not<br />
und das Schutzbegehren von Flüchtlingen<br />
als »Zustrom illegaler Migration<br />
und damit einhergehender Kriminalität«<br />
diffamiere. Kanther instrumentalisiere<br />
wehrlose und schutzsuchende Menschen<br />
für seine Sicherheits- und Abschottungsmanie<br />
eines Bollwerks Europa.<br />
Im September 1998<br />
heißt es in einem Beitrag <strong>des</strong> PRO ASYL-<br />
Sprechers Heiko Kauffmann für »Wissenschaft<br />
und Frieden« (3/98):<br />
… »Die zunehmende Gefährdung von<br />
Menschen, das explosive Klima im<br />
Kosovo und die Gefahr einer Eskalation<br />
der Gewalt, auf die von PRO ASYL<br />
und vielen anderen Menschenrechts- und<br />
Flüchtlingsorganisationen immer wieder<br />
hingewiesen wurde, sind der Staatengemeinschaft<br />
seit langem bekannt. Die katastrophale<br />
Entwicklung in der Region<br />
ist auch das Ergebnis mangelnden politischen<br />
Drucks, kurzsichtiger Krisendiplomatie<br />
und sich gegenseitig blockierender<br />
Eigeninteressen der westlichen Staaten.<br />
Angesicht der Dimension der Vertreibung<br />
darf die deutsche Politik die anstehenden<br />
humanitären Aufgaben nicht länger<br />
prioritär unter dem Gesichtspunkt<br />
der Verhinderung der Flüchtlingsaufnahme<br />
angehen!«<br />
23. Oktober 1998:<br />
Unfall auf Flucht vor BGS: Folgen der<br />
Festung Europa – PRO ASYL: Schluß<br />
mit der Menschenjagd<br />
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof<br />
am 5. Februar 1999:<br />
Kein Vernichtungsprogramm<br />
im Kosovo<br />
Verfolgungswahrscheinlichkeit<br />
zurückkehrender Kosovo-Albaner<br />
beträgt 1,7%<br />
»Der beschließende Senat ist (…) aufgrund (…)<br />
der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen<br />
zu der Überzeugung gelangt, daß die<br />
Kläger als albanische Volkszugehörige aus dem<br />
Kosovo weder im Zeitpunkt ihrer Ausreise noch<br />
im Falle ihrer jetzigen Rückkehr einer asylerheblichen<br />
Gruppenverfolgung ausgesetzt waren<br />
bzw. wären (1.1.) und daß ihnen – bezogen auf<br />
die beiden vorgenannten Zeitpunkte – auch keine<br />
politische Verfolgung aus individuellen Gründen<br />
drohte bzw. drohen würde (1.2.). (…)<br />
Die gegenwärtige Situation läßt sich als eine solche<br />
vorläufiger, aber äußerst labiler Deeskalation<br />
charakterisieren… (…)<br />
Die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gebotene<br />
Würdigung der zur Situation der albanischen<br />
Volkszugehörigen aus dem Kosovo getroffenen<br />
Feststellungen hat den Senat nicht<br />
hinreichend davon zu überzeugen vermocht, daß<br />
alle Kosovo-Albaner oder wenigstens ein sachlich<br />
oder persönlich begrenzter Kreis von ihnen<br />
als Zielgruppe eines – lan<strong>des</strong>- oder kosovoweit<br />
oder begrenzt auf Teilgebiete <strong>des</strong> Kosovos angelegten<br />
– staatlichen Verfolgungsprogramms<br />
gruppenverfolgt sind. Denn die gewonnenen Erkenntnisse<br />
lassen für die Zeit von 1990 bis heute<br />
den Schluß auf das Bestehen eines entsprechenden<br />
staatlichen Verfolgungsprogramms,<br />
das bereits verwirklicht wird oder <strong>des</strong>sen Verwirklichung<br />
min<strong>des</strong>tens alsbald bevorsteht, nicht<br />
zu.<br />
Das Vorliegen eines staatlichen Verfolgungsprogramms<br />
kann nur festgestellt werden, wenn<br />
Eckpunkte eines zumin<strong>des</strong>t in Ansätzen koordinierten<br />
und organisierten Vorgehens, für das<br />
eine gewisse Regel- oder Gleichmäßigkeit kennzeichnend<br />
ist, sichtbar sind, wenn dieses <strong>Pro</strong>gramm<br />
auf einem entsprechenden Willensakt<br />
staatstragender Stellen oder Personen beruht und<br />
wenn die geplanten Maßnahmen darauf abzielen,<br />
die in den Blick genommene Bevölkerungsgruppe<br />
in ihrer Gesamtheit physisch zu vernichten, gewaltsam<br />
zu vertreiben oder sonst asylerheblich zu<br />
beeinträchtigen (…). Der Senat hat sich nicht davon<br />
überzeugen können, daß alle diese Voraussetzungen<br />
in bezug auf die albanischen Volkszugehörigen<br />
aus dem Kosovo oder eine Teilgruppe<br />
von ihnen seit 1990 vorgelegen haben oder jetzt<br />
vorliegen. (…)<br />
Hinreichend gesicherte Anhaltspunkte für<br />
die Annahme eines staatlichen <strong>Pro</strong>gramms<br />
mit dem Ziel einer physischen Vernichtung,<br />
gewaltsamen Vertreibung oder sonst asylerheblichen<br />
Beeinträchtigungen der gesamten<br />
oder eines sachlich oder persönlich<br />
begrenzten Teils der albanischen Bevölkerung<br />
im ganzen Kosovo oder in Teilgebieten<br />
davon bestehen demgegenüber nicht… (…)<br />
Denn zum einen haben sich die Diskriminierungsund<br />
Verfolgungsformen in den letzten Jahren zumin<strong>des</strong>t<br />
außerhalb der von den seit Ende Februar/<br />
Anfang März 1998 zu verzeichnenden bewaffneten<br />
Auseinandersetzungen betroffenen Gebiete in<br />
qualitativer Hinsicht nicht maßgeblich verändert;<br />
vielmehr ist eine Stagnation der Repression<br />
auf hohem Niveau bei im wesentlichen unveränderter<br />
politischer Zielsetzung seit etwa 1989/90<br />
festzustellen (…). Auch die asylrelevanten<br />
Übergriffe der serbischen Sicherheitskräfte<br />
im Verlaufe der bewaffneten Auseinandersetzungen<br />
seit Ende Februar/Anfang März<br />
1998 stellen sich nach der Erkenntnislage zur<br />
Überzeugung <strong>des</strong> Senats nicht als Ausdruck<br />
und begonnene Umsetzung eines Verfolgungsprogramms<br />
im vorgenannten Sinne<br />
dar, weil das auf die Abwehr von gewaltsamen Sezessionsbestrebungen<br />
der UCK gerichtete Vorgehen<br />
der serbischen Sicherheitsbehörden – in <strong>des</strong>sen<br />
Gefolge die fraglichen Übergriffe verübt worden<br />
sind – dem Grunde nach legitim ist und es zu<br />
den allein asylerheblichen überschießend harten<br />
Maßnahmen jedenfalls weder generell gekommen<br />
ist noch hinreichende Anzeichen dafür vorliegen,<br />
daß derartige Maßnahmen generell beabsichtigt<br />
(gewesen) sind, (…).<br />
Und zum anderen beläßt der serbische Staat den<br />
Kosovo-Albanern nach wie vor den Raum, den<br />
sie benötigen, um ihre existenziellen Grundbedürfnisse<br />
zu decken; insbesondere geht er nicht<br />
systematisch gegen die entstandenen Parallelstrukturen<br />
vor, ohne daß dafür zwingende Hinderungsgründe<br />
ersichtlich wären … (…)<br />
Nicht unerhebliche Bedeutung kommt in diesem<br />
Zusammenhang dem Umstand zu, daß die<br />
albanischen Volkszugehörigen im Kosovo keine<br />
Minderheit, sondern die weit überwiegende Bevölkerungsmehrheit<br />
darstellen mit der Folge,<br />
daß sie selbst – nicht zuletzt durch ihren Zusammenhalt<br />
im Widerstand gegen die serbischen<br />
Behörden – das moralische, religiöse und gesellschaftliche<br />
Klima prägen oder wenigstens erträglicher<br />
gestalten können … (…)<br />
Kann danach von der für 1994 mit 25.000 Menschenrechtsverletzungen<br />
angegebenen Höchstzahl<br />
ausgegangen werden, weil diese (…) bei<br />
der Ausblendung der untypischen Spitzen auch<br />
1998 nicht überschritten worden ist, und setzt<br />
man diese zu der weiter oben (…) ermittelten<br />
kleinstmöglichen Zahl der kosovo-albanischen<br />
Bevölkerung von gut 1,5 Millionen in Beziehung<br />
(…), so ergibt sich für jeden kosovo-albanischen<br />
Volkszugehörigen im Kosovo lediglich<br />
eine statistische Wahrscheinlichkeit von<br />
knapp 1,7% pro Jahr, von einem asylrelevanten<br />
Verfolgungsschlag getroffen zu werden<br />
… (…)<br />
Die Wahrscheinlichkeit, in einem überschaubaren<br />
Zeitraum nicht von solchen Maßnahmen<br />
betroffen zu werden, war und ist für Kosovo-<br />
Albaner – und zwar auch für Angehörige in Betracht<br />
zu ziehender Teilgruppen – seit 1990 bis<br />
in eine absehbare Zukunft vielmehr deutlich<br />
höher als die gegenteilige.«<br />
Das Urteil ist rechtskräftig. AZ: 7 UE 587/98.A<br />
(Hervorhebungen von PRO ASYL)<br />
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