31.05.2014 Aufrufe

3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Einblick in die Vorgeschichte <strong>des</strong> Konfliktes<br />

gibt die Broschüre »Kosovo/Kosova–Fluchtursachen,<br />

<strong>Asyl</strong>praxis, Materialien zur Rückkehrgefährdung«,<br />

die mit dem Bestellformular<br />

auf Seite 49 bei PRO ASYL bestellt werden<br />

kann. Sie berücksichtigt die Ereignisse<br />

bis Frühjahr 1997.<br />

um 17.22 Uhr vom Flughafen Nürnberg<br />

abgeschoben, obwohl der zuständige Ansbacher<br />

Verwaltungsrichter die Innenbehörden<br />

und die zuständigen Stellen am<br />

Flughafen um 15.10 Uhr angewiesen hatte,<br />

diese Abschiebung sofort auszusetzen.<br />

Eine solche Verabschiedung von rechtsstaatlichen<br />

Gepflogenheiten bleibt in<br />

Bayern straflos. Eine Strafanzeige <strong>des</strong><br />

Bayerischen Flüchtlingsrates gegen Innenministerium,<br />

Bun<strong>des</strong>grenzschutz und<br />

Ausländerbehörde wurde pünktlich zum<br />

Kriegsbeginn in Kosova von der Staatsanwaltschaft<br />

in Fürth zurückgewiesen.<br />

Anhaltspunkte für eine gerechtfertigte<br />

Strafverfolgung hätten sich keine ergeben.<br />

Niemand kann für nichts etwas. Der<br />

Abgeschobene ist wieder in Deutschland,<br />

allerdings um eine unnötige und bittere<br />

Erfahrung reicher: Nach seiner Abschiebung<br />

hat man ihn zweimal mißhandelt.<br />

Es gelang ihm, nach Deutschland zurückzufliehen.<br />

Sein <strong>Asyl</strong>folgeantrag ist vom<br />

Bun<strong>des</strong>amt für die Anerkennung ausländischer<br />

Flüchtlinge bereits wieder abgelehnt<br />

worden. Auch er hatte übrigens<br />

Strafantrag gegen seine rechtswidrige<br />

Abschiebung gestellt.<br />

Dem Abschiebungsfuror eines (bayerischen)<br />

Innenministers muß nicht nur die<br />

Justiz weichen. Auch europäische Gremien<br />

werden in ihre Schranken verwiesen.<br />

Unter dem zunehmenden Druck der<br />

Verschärfung der Situation in Kosova<br />

hatte der Europäische Rat am 15. Juni<br />

1998 in Cardiff ein Landeverbot für<br />

jugoslawische Fluggesellschaften auf EU-<br />

Flughäfen beschlossen, das nach der Veröffentlichung<br />

im Amtsblatt am 8. September<br />

1998 in Kraft trat. Da das Rückführungsabkommen<br />

mit Jugoslawien nur<br />

die Beförderung mit der jugoslawischen<br />

Fluggesellschaft JAT zuließ, waren Abschiebungen<br />

seitdem faktisch unmöglich.<br />

Nicht jedoch für den Bayerischen<br />

Innenminister. Er suchte Wege, das EU-<br />

Embargo zu unterlaufen und schob<br />

zwei Wochen später als »Testballon« einen<br />

kosova-albanischen Flüchtling via<br />

Frankfurt und Zürich nach Belgrad ab.<br />

Der Schweizer Umweg sollte die EU-<br />

Maßnahme ins Leere laufen lassen und<br />

einen Rückführungsweg offenhalten.<br />

Derselbe Bayerische Innenminister, <strong>des</strong>sen<br />

Einsatz jahrelang der effektiven Abschiebung<br />

von Kosova-Albanern galt,<br />

fand im März 1999 nichts dabei, die<br />

NATO-Bombardements in der Region zu<br />

einer Variante der humanitären Hilfe zu<br />

adeln. Flüchtlinge allerdings, die dann<br />

immer noch oder schon wieder flohen,<br />

die sollten doch besser in der Region notversorgt<br />

werden. Über Elend und Unmoral<br />

der deutschen <strong>Asyl</strong>politik ist alles<br />

gesagt, wenn man sich vor Augen führt,<br />

daß die Anerkennungsquoten für Flüchtlinge<br />

aus Kosova (die den Großteil der in<br />

der Statistik unter »Bun<strong>des</strong>republik Jugoslawien«<br />

erfaßten Fälle ausmachen)<br />

bis Ende letzten Jahres kontinuierlich gesunken<br />

sind und die deutschen Verwaltungsgerichte<br />

teilweise noch bis in das<br />

Jahr 1999 hinein weder besondere Gefährdungen<br />

noch ein Verfolgungsprogramm<br />

erkennen konnten. Nur Wochen<br />

später sahen sich deutsche Politiker dann<br />

offensichtlich genötigt, Bomben als das<br />

einzige Mittel zur Verhinderung einer<br />

sonst unabwendbaren humanitären Katastrophe<br />

größten Ausmaßes zu legitimieren.<br />

Plötzlich erklärten der deutsche<br />

Verteidigungs- und Außenminister sowie<br />

der Kanzler unisono, der sich abzeichnende<br />

Völkermord sei von langer Hand<br />

vorbereitet worden. Also doch: Ein Verfolgungsprogramm.<br />

<strong>Asyl</strong>rechtlich: Gruppenverfolgung.<br />

Der Rest: Tödliche »Fehleinschätzungen«.<br />

Michael Stenger ist Sprecher <strong>des</strong><br />

Bayerischen Flüchtlingsrates<br />

Vergebliche Mahnungen:<br />

Die deutsche Politik ignorierte jahrelang<br />

die Zeichen der Eskalation im Kosovo<br />

Heiko Kauffmann<br />

Kosovo darf kein zweites Bosnien<br />

werden!« warnten in einem eindringlichen<br />

Appell am 12. Februar<br />

1998 PRO ASYL zusammen mit der<br />

Deutschen Sektion der »Helsinki Citizens’<br />

Assembly« und weitere deutsche<br />

Menschenrechts- und Friedensverbände,<br />

darunter Pax Christi, IPPNW, Komitee<br />

für Grundrechte und Demokratie, Netzwerk<br />

Friedenskooperative und anderen.<br />

Der Aufruf endete mit dem Satz: »Ein<br />

rechtzeitiger Einsatz für Frieden und Verständigung<br />

in Kosovo kann den nächsten<br />

Balkan-Krieg verhindern!«<br />

13 Monate später: Die NATO-Staaten<br />

suchen – nach dem Scheitern der Verhandlungen<br />

von Rambouillet – die militärische<br />

Lösung, angeblich, um eine<br />

humanitäre Katastrophe zu verhindern.<br />

24<br />

Aber die humanitäre Katastrophe ist<br />

da – und sie war schon lange vorhersehbar.<br />

Die Mahnungen und Warnungen<br />

von Friedensforschern und Experten,<br />

Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen,<br />

wie von PRO ASYL seit dem<br />

Dayton-Abkommen, blieben ungehört<br />

und wurden in den Wind geschlagen.<br />

Jahrelang bekamen Flüchtlinge aus Kosovo<br />

von der Politik, vom Bun<strong>des</strong>amt,<br />

von den deutschen Behörden und Gerichten<br />

zu hören, daß ihr Flüchtlingsschicksal<br />

nicht ausreiche, daß der Verfolgungsdruck<br />

nicht groß genug sei, um in<br />

Deutschland <strong>Asyl</strong> und Abschiebungsschutz<br />

zu erhalten. Zynisch wurden die<br />

Menschen auf eine angebliche inländische<br />

Fluchtalternative verwiesen. Über<br />

Jahre war Milosevic den deutschen<br />

Behörden wichtiger Gesprächs- und<br />

Verhandlungspartner – etwa in Sachen<br />

»Rückführungsabkommen« – und wurde<br />

noch bis vor kurzem als rechtsstaatlicher<br />

Empfänger abgeschobener Flüchtlinge<br />

aus Deutschland akzeptiert. Noch<br />

am 18. November 1998 kam das Auswärtige<br />

Amt in seinem Lagebericht zu<br />

der Einschätzung: »Die Wahrscheinlichkeit,<br />

daß Kosovo-Albaner im Falle ihrer<br />

Rückkehr in ihrer Heimat massiven<br />

staatlichen Repressionen ausgesetzt sind,<br />

ist insgesamt als gering einzustufen.«<br />

Daß die Eskalation <strong>des</strong> Konfliktes im Kosovo<br />

nicht zuletzt das Resultat einer unendlichen<br />

Folge von Fehleinschätzungen<br />

und Unterlassungen auch der deutschen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!