3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl
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den. Mit deutscher Billigung und vertraglich<br />
verbrieft durften jugoslawische<br />
Sicherheitskräfte die Abzuschiebenden<br />
bereits auf deutschen Flughäfen in ihre<br />
»Obhut« übernehmen. Anstelle einer effizienten<br />
Überwachung von Menschenrechtsverletzungen<br />
(die über die OSZE<br />
hätte erfolgen können) begnügte man<br />
sich mit einer Pseudostruktur, einem<br />
»Expertenausschuß« zur Durchführung<br />
<strong>des</strong> Abkommens, bei <strong>des</strong>sen Sitzungen<br />
deutsche Ministeriale ihre serbischen<br />
Counterparts in diplomatischer Höflichkeit<br />
gelegentlich mit Fällen konfrontieren<br />
durften, in denen Mißhandlungsvorwürfe<br />
von Rückkehrenden laut geworden<br />
waren. Die Antwort der jugoslawischen<br />
Seite kann man sich denken. Viele<br />
Albanerinnen und Albaner – auch in<br />
Deutschland – verloren die Hoffnung auf<br />
eine friedliche Lösung oder eine politische<br />
Unterstützung ihrer Anliegen von<br />
außen. Das Bekanntwerden systematischer<br />
Mißhandlungen an Rückkehrenden<br />
ließ auch bei den in Deutschland<br />
lebenden Kosova-Albanern die Bereitschaft<br />
wachsen, sich mit gewalttätigen<br />
Mitteln zur Wehr zu setzen. Zahlreiche<br />
kosova-albanische Flüchtlinge entzogen<br />
sich ihrer Deportation in die eskalierende<br />
Situation dadurch, daß sie auf eigene<br />
Faust ausreisten und sich wenig später<br />
der UCK anschlossen.<br />
schaft der Flüchtlinge aus dem Kosovo<br />
sei »äußerst gering«.<br />
Am 9. März 1998 bat die Hohe Flüchtlingskommissarin<br />
der Vereinten Nationen<br />
(UNHCR) die europäischen Staaten<br />
dringend, keine abgelehnten <strong>Asyl</strong>suchenden<br />
aus Kosova in die Bun<strong>des</strong>republik<br />
Jugoslawien zu schicken. Am 4. Mai wurde<br />
dieser Appell an die Regierungen wiederholt<br />
– erfolglos.<br />
Am 11. März 1998 schrieb das Auswärtige<br />
Amt in einer aktuellen Ergänzung<br />
<strong>des</strong> Lageberichts zur asyl- und abschiebungsrelevanten<br />
Lage in der Bun<strong>des</strong>republik<br />
Jugoslawien: »Auch nach den<br />
jüngsten Ereignissen im Kosovo ist<br />
grundsätzlich nicht mit einer gezielten<br />
Verfolgung von rückkehrenden Kosovo-Albanern<br />
durch staatliche Organe zu<br />
rechnen. Ihre Gefährdung unterscheidet<br />
Photo: AP<br />
sich nicht von der aller anderen Bewohner<br />
<strong>des</strong> Kosovo mit albanischer Ethnie.«<br />
Weil alle gleich gefährdet sind, ist also<br />
niemand gefährdet. Weil noch Albanerinnen<br />
und Albaner in Kosova lebten,<br />
meinte man, allen den Schutz versagen zu<br />
können. Oder, wie es die Verwaltungsgerichte<br />
formulierten: Die Verfolgungsdichte<br />
reichte noch nicht aus. Abschottung<br />
und Abschiebung blieben Politikersatz.<br />
Auch außenpolitische Initiativen<br />
erfolgten zaghaft und unentschlossen.<br />
Noch bis in den Spätherbst hinein wurden<br />
kosova-albanische Flüchtlinge aus<br />
Deutschland blindwütig abgeschoben.<br />
Diese Abschiebungen geschahen im Rahmen<br />
<strong>des</strong> deutsch-jugoslawischen Rückführungsabkommens.<br />
Das Milosevic-<br />
Regime wurde als korrekter Partner bilateraler<br />
Verträge und als Garant dafür<br />
akzeptiert, daß keine Menschenrechtsverletzungen<br />
an Rückkehrenden stattfin-<br />
Entgegen aller Appelle von Nichtregierungsorganisationen,<br />
keine Abschiebungen<br />
in den beginnenden Krieg vorzunehmen,<br />
schlugen die Volksparteien im deutschen<br />
Wahlkampf ganz andere Töne an.<br />
Im Wörterbuch der innenpolitischen<br />
Hardliner tauchte das Thema »Kosova«<br />
nur unter »Abschiebung von Straftätern«<br />
auf. Der deutsche Wahlherbst: Ein Wettlauf<br />
der Parteien um das effizientere Abschieben.<br />
Fluchtursachenbekämpfung –<br />
nie gehört.<br />
Trotz deutlich sichtbarer Eskalation in<br />
Kosova blieb der Weg lange frei für<br />
weitere, wenn auch unter dem Druck<br />
der Ereignisse reduzierte Abschiebungen.<br />
Mehrere Bun<strong>des</strong>länder (Berlin, Bayern,<br />
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen)<br />
hatten keinerlei <strong>Pro</strong>bleme damit, bis<br />
in den Sommer 1998 hinein auch Abschiebungen<br />
größerer Gruppen fortzuführen.<br />
Bayern war immer dabei. Auf<br />
Nachfrage der Medien waren es dann<br />
Straftäter gewesen, die man da so schnell<br />
wie möglich und in geheimen Aktionen<br />
abgeschoben hatte, bevor noch irgendwelche<br />
Menschenrechtsquerulanten eingreifen<br />
oder wenigstens Gegenargumente<br />
zu Gehör bringen konnten. Auch gerichtliche<br />
Entscheidungen waren dieser<br />
bayerischen Abschiebungspolitik nicht<br />
unbedingt ein absolutes Hindernis. So<br />
wurde beispielsweise der Kosova-Albaner<br />
Asman Morina am 12. August 1998<br />
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