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3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl

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Kampagne »Verfolgte Frauen schützen!«<br />

100.000 Unterschriften dem Bun<strong>des</strong>tagspräsidium übergeben<br />

Am 19. März 1999 haben der<br />

Deutsche Frauenrat und PRO<br />

ASYL der Vizepräsidentin <strong>des</strong><br />

Deutschen Bun<strong>des</strong>tages, Frau Dr. Antje<br />

Vollmer, rund 100.000 Unterschriften<br />

der Kampagne »Verfolgte Frauen schützen!«<br />

übergeben. Seit Jahren fordern<br />

Abgeordnete <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages<br />

einen verbesserten Schutz verfolgter<br />

Frauen.<br />

Bereits 1990 hat der Deutsche Bun<strong>des</strong>tag<br />

in einem einstimmig angenommenen<br />

Antrag die Bun<strong>des</strong>regierung aufgefordert<br />

klarzustellen, daß wegen ihres Geschlechts<br />

oder wegen ihrer sexuellen<br />

Orientierung Verfolgte, also auch in Bedrängnis<br />

geratende Frauen, in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland Aufnahme finden.<br />

Geschehen ist kaum etwas. Immerhin<br />

hat der Deutsche Bun<strong>des</strong>tag im<br />

Juni 1998 die Genitalverstümmelung bei<br />

Frauen und Mädchen als Menschenrechtsverletzung<br />

geächtet. Konkrete Auswirkungen<br />

im <strong>Asyl</strong>verfahren hat dies<br />

jedoch kaum. Die neue Regierungskoalition<br />

ist nun einen Schritt weiter gegangen<br />

und hat im Koalitionsvertrag verabredet:<br />

»Wir werden die Verwaltungsvorschriften<br />

mit dem Ziel der Beachtung geschlechtsspezifischer<br />

Verfolgungsgründe<br />

überarbeiten.« Doch dies ist bei weitem<br />

nicht ausreichend.<br />

PRO ASYL hat vorgeschlagen, die Berücksichtigung<br />

frauenspezifischer Fluchtgründe<br />

durch eine Ergänzung von § 51<br />

AuslG zu regeln. Da § 51 Abs. 1 Ausländergesetz<br />

den Wortlaut der GFK aufgreift,<br />

wäre so an der richtigen Stelle<br />

klargestellt worden, daß man den Schutz<br />

der Genfer Flüchtlingskonvention auch<br />

denjenigen zugute kommen lassen will,<br />

denen Verfolgung durch sexuelle Gewalt<br />

droht oder die harte oder unmenschliche<br />

Behandlung zu erwarten haben, weil sie<br />

gegen den sozialen Sittenkodex ihres<br />

Herkunftslan<strong>des</strong> verstoßen haben.<br />

Frauen sind von der Praxis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />

und der Verwaltungsgerichte,<br />

Opfern nichtstaatlicher Verfolgung oft<br />

jedweden Schutz zu versagen oder Menschenrechtsverletzungen,<br />

selbst wenn sie<br />

von Amtspersonen begangen werden, als<br />

privat zu definieren, besonders betroffen.<br />

Deshalb wirkt es sich negativ auf<br />

die Situation asylsuchender Frauen in<br />

Deutschland aus, daß die Koalitionsverhandlungen<br />

in dieser Frage kein Ergebnis<br />

gebracht haben. Wirklich nötig gewesen<br />

wäre die Anerkennung nichtstaatlicher<br />

18<br />

Verfolgungstatbestände im <strong>Asyl</strong>verfahren.<br />

Eine UNHCR-Vertreterin hat zu<br />

Recht darauf hingewiesen, daß die Koalitionsvereinbarung<br />

wenig nütze, denn<br />

wenn die sogenannte »geschlechtsspezifische<br />

Verfolgung« nicht von staatlichen<br />

Stellen ausgeht, wird die Anerkennung<br />

als Flüchtling in Deutschland verweigert.<br />

Was dies bedeutet, soll in aller Kürze an<br />

einem einzelnen Beispiel erläutert werden.<br />

Sechs Jahre lang wurde Frau M. in Somalia<br />

inhaftiert und gefoltert. Vor ihren<br />

Augen wurde ihrem 3jährigen Sohn mit<br />

dem Messer die Kehle durchgeschnitten.<br />

Sechs Jahre lang erfuhr Frau M. sexuelle<br />

Gewalt und wurde von führenden Militärs<br />

<strong>des</strong> gegnerischen Clans vergewaltigt.<br />

Auch ihre minderjährige Tochter<br />

wurde die gesamte Zeit über festgehalten<br />

und mißhandelt. Als der Bürgerkrieg eskalierte<br />

und in der Folge ihr Gefängnis<br />

nicht mehr bewacht werden konnte, gelang<br />

ihr die Flucht.<br />

Doch ihre Chancen, in Deutschland<br />

dauerhaft Schutz zu finden, sind schlecht,<br />

denn in Ablehnungsbescheiden <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />

für die Anerkennung ausländischer<br />

Flüchtlinge heißt es stereotyp, in<br />

Somalia herrsche Bürgerkrieg und <strong>des</strong>halb<br />

könne es keine politische Verfolgung<br />

geben, da keine Staatsmacht vorhanden<br />

sei. Selbst ein Abschiebungsschutz<br />

nach der Schutzvorschrift der<br />

Europäischen Menschenrechtskonvention<br />

für Folteropfer (Art. 3 EMRK) wird<br />

verneint. Das Bun<strong>des</strong>verwaltungsgericht<br />

hat in einem Grundsatzurteil entschieden:<br />

»Als unmenschliche Behandlung<br />

gemäß Art.3 EMRK sind <strong>des</strong>halb grundsätzlich<br />

nur Mißhandlungen durch staatliche<br />

Organe anzusehen.« So werden<br />

Flüchtlinge wie Frau M. schutzlos gestellt.<br />

PRO ASYL fordert, daß die international<br />

gültigen Standards wie die Genfer Flüchtlingskonvention<br />

wie auch die Rechtsprechung<br />

<strong>des</strong> Europäischen Gerichtshofs für<br />

Menschenrechte in Deutschland in Sachen<br />

Abschiebungsschutz bei drohender<br />

Folter in Deutschland wieder Gültigkeit<br />

erlangen.<br />

Für verfolgte Frauen fordern wir im Rahmen<br />

unserer Kampagne den Gesetzgeber<br />

auf, im Ausländergesetz in § 51 klarzustellen,<br />

daß auch eine Verfolgung aus<br />

geschlechtsspezifischen Gründen ein asylrechtliches<br />

Abschiebungshindernis darstellt.<br />

Doch auch unterhalb der Ebene<br />

der Gesetzesänderung gibt es eine Handlungsmöglichkeit:<br />

Der Bun<strong>des</strong>innenminister<br />

kann von seiner Weisungsbefugnis<br />

im Bereich <strong>des</strong> § 53 AuslG gegenüber<br />

dem Bun<strong>des</strong>amt insoweit Gebrauch<br />

machen, als er dieses anweisen kann, sexuelle<br />

Übergriffe als Abschiebungshindernis<br />

im Sinne von § 53 AuslG zu akzeptieren,<br />

wenn und solange im Herkunftsstaat<br />

die gesellschaftliche Realität<br />

ein Leben in Würde der Frau nicht erwarten<br />

läßt. Alleinstehende Frauen, die<br />

ohne familiären Schutz nach einer Rückkehr<br />

Übergriffen ausgesetzt wären, dürfen<br />

nicht abgeschoben werden.<br />

Nach Übergabe der Unterschriften werden<br />

sich nun der Petitionsausschuß <strong>des</strong><br />

Deutschen Bun<strong>des</strong>tages und der Innenausschuß<br />

mit unserem Anliegen befassen.<br />

Besonders wichtig ist es nun, daß die<br />

Kampagne »Verfolgte Frauen schützen!«<br />

mit der Abgabe der Unterschriften nicht<br />

beendet ist, sondern daß weiterhin Lobby-<br />

und Öffentlichkeitsarbeit zu dieser<br />

Thematik erfolgt. Unser Ziel ist: Der<br />

neue Bun<strong>des</strong>tag muß handeln und die<br />

Gesetze ändern, damit verfolgte Frauen<br />

in Deutschland Schutz finden.<br />

Zum Tag <strong>des</strong> Flüchtlings am 1. Oktober<br />

1999 ruft PRO ASYL dazu auf, Veranstaltungen<br />

zur Frauenthematik durchzuführen.<br />

In den letzten Jahren haben wir<br />

erlebt, daß immer wieder sinnvolle Vorschläge<br />

durch das Innenministerium oder<br />

den Innenausschuß <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages<br />

abgeblockt werden. Deshalb ist<br />

es besonders wichtig, auch Abgeordnete<br />

aus anderen Ausschüssen einzuladen.<br />

Eine zentrale Rolle spielen hierbei<br />

der Ausschuß für Menschenrechte<br />

und Humanitäre Hilfe (Vorsitzende:<br />

Claudia Roth) und<br />

der Ausschuß für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend (Vorsitzende:<br />

Christel Hanewinckel).<br />

Die Mitglieder dieser Ausschüsse können<br />

Sie bei den jeweiligen Ausschußsekretariaten<br />

(Tel. Ausschuß für Menschenrechte:<br />

0228/16-23550, Tel. Ausschuß<br />

für Frauen: 0228/16-27112) erfragen.

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