3 Grußwort des Vertreters des Hohen ... - Pro Asyl
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Bun<strong>des</strong>amt im Außendienst<br />
Bernd Mesovic<br />
Das Bun<strong>des</strong>amt für die Anerkennung<br />
ausländischer Flüchtlinge<br />
ist die alleinzuständige Behörde<br />
für die Entscheidung über <strong>Asyl</strong>anträge.<br />
Aufgabe der dort tätigen Einzelentscheider<br />
ist es, die <strong>Asyl</strong>gründe im Einzelfall<br />
unter Heranziehung und Bewertung verschiedener<br />
Quellen zur Lage im Herkunftsland<br />
zu prüfen. Dabei stehen die<br />
Lageberichte <strong>des</strong> Auswärtigen Amtes, die<br />
auf Informationen der deutschen Auslandsvertretungen<br />
zurückgehen, im Vordergrund.<br />
Fragwürdig, weil in Berichten<br />
<strong>des</strong> Auswärtigen Amtes regelmäßig diplomatische<br />
Rücksichten genommen<br />
werden müssen.<br />
Seit Mitte 1998 allerdings wird das Bun<strong>des</strong>amt<br />
selbst in verschiedenen Staaten<br />
tätig, aus denen Flüchtlinge in die<br />
Bun<strong>des</strong>republik Deutschland kommen.<br />
Mitarbeiter <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes sind an<br />
die deutschen Botschaften in folgenden<br />
Ländern abgestellt: Armenien, Bun<strong>des</strong>republik<br />
Jugoslawien, Georgien, Demokratische<br />
Republik Kongo, Nigeria, Pakistan,<br />
Sri Lanka, Togo und Türkei. Aus<br />
der internen Hauszeitschrift <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />
ergibt sich, daß diese »Außendienstler«<br />
unmittelbar bei der Feststellung<br />
der Lage vor Ort, bei der Beobachtung<br />
<strong>des</strong> Schicksals Abgeschobener<br />
und – besonders wichtig zur effektiven<br />
Verhinderung jeder Flucht – im Visumbereich<br />
mitarbeiten. Darüber hinaus<br />
werden Ermittlungen zu Einzelfällen<br />
durchgeführt. »Nach Maßgabe <strong>des</strong> Auswärtigen<br />
Amtes« arbeiten die Bun<strong>des</strong>amtsmitarbeiter<br />
an Stellungnahmen für<br />
die Verwaltungsgerichte mit.<br />
Der öffentlich kaum wahrgenommene<br />
Vorgang ist skandalös: Schon bisher<br />
werden die Auskünfte <strong>des</strong> Auswärtigen<br />
Amtes samt ihrer diplomatischen Rücksichtnahmen<br />
auf die potentiellen Verfolgerstaaten<br />
bei den Verwaltungsgerichten<br />
überbewertet. Jetzt produziert das Bun<strong>des</strong>amt<br />
Hand in Hand mit dem Auswärtigen<br />
Amt seine Erkenntnisquellen gleich<br />
selbst. Das Ergebnis ist absehbar: Künftig<br />
wird bis in die Formulierungen hinein<br />
abgestimmt, wie asylrelevante Sachverhalte<br />
beschönigt werden können. Es handelt<br />
sich um einen manipulativen Eingriff<br />
in die <strong>Asyl</strong>verfahren mit dem Ziel vorweggenommener<br />
mundgerechter Ablehnungsbescheide.<br />
Der seit dem Ende der<br />
Inquisition geltende Grundsatz, daß niemand<br />
zugleich Zeuge und Partei sein<br />
kann, ist in Sachen Flüchtlinge abgeschafft.<br />
14<br />
Die Lageberichte tragen seit einiger Zeit<br />
immer mehr die Handschrift <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes.<br />
Kaum hatte PRO ASYL die<br />
»Außendienstpraxis« <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />
öffentlich gemacht, wurde auch ein Lagebericht<br />
<strong>des</strong> Auswärtigen Amtes bekannt,<br />
der eine deutliche Empfehlung<br />
enthielt, wie in <strong>Asyl</strong>verfahren zu verfahren<br />
sei. Dies überschreitet die Kompetenz<br />
<strong>des</strong> Auswärtigen Amtes, macht aber<br />
deutlich, welche Absicht verfolgt wird. In<br />
dem Lagebericht vom 6. Mai 1998, der<br />
auch die Region Kosovo betrifft, hieß es<br />
wörtlich: »Das Auswärtige Amt weist<br />
darauf hin, daß aus seiner Sicht für eine<br />
Person, die sich selbst als Mitglied der<br />
terroristischen Organisation UCK (in deren<br />
Namen seit April 1996 Dutzende von<br />
Personen verletzt oder getötet wurden)<br />
bezeichnet, von vornherein eine Anerkennung<br />
als politischer Flüchtling ausscheiden<br />
sollte.« Neben einer klaren<br />
Kompetenzüberschreitung <strong>des</strong> Auswärtigen<br />
Amtes und dem Versuch <strong>des</strong> manipulativen<br />
Eingriffs in <strong>Asyl</strong>verfahren<br />
zeugt diese Stellungnahme auch von<br />
erheblichem Dilettantismus. Zum Zeitpunkt<br />
<strong>des</strong> Erscheinens dieses Lageberichtes<br />
war die Einschätzung der UCK als<br />
terroristische Organisation längst überholt.<br />
Die USA führten bereits Gespräche<br />
mit Vertretern der UCK, die inzwischen<br />
bekanntlich auch an den Friedensverhandlungen<br />
in Rambouillet teilgenommen<br />
hat.<br />
PRO ASYL hat den grünen Bun<strong>des</strong>außenminister<br />
Fischer mehrfach, zunächst<br />
gleich nach Amtsantritt, auf das<br />
<strong>Pro</strong>blem aufmerksam gemacht. Nachdem<br />
im Aufsatz eines Oberregierungsrates<br />
in der Schriftenreihe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />
für die Anerkennung ausländischer<br />
Flüchtlinge sogar die Behauptung aufgestellt<br />
worden war, es ergebe sich aus dem<br />
sogenannten Amtsermittlungsgrundsatz<br />
(der dem Bun<strong>des</strong>amt vorschreibt, zu<strong>Asyl</strong>gründen<br />
umfassend von Amts wegen zu<br />
ermitteln), gleich an der Quelle, d.h. im<br />
potentiellen Verfolgerstaat, zu ermitteln,<br />
schrieb PRO ASYL den Außenminister<br />
im Februar 1999 erneut an und nahm<br />
Bezug auf das oben geschilderte Beispiel<br />
(Kosovo/UCK): »Die Beflissenheit, bestimmte<br />
Personengruppen vom <strong>Asyl</strong> auszuschließen,<br />
schlägt nur selten derart<br />
deutlich durch wie im o.g. Beispiel. Die<br />
ungute Vermischung der Zuständigkeiten<br />
wird leider bereits durch die Benennung<br />
der Lageberichte gefördert. Es ist nicht<br />
primär Aufgabe <strong>des</strong> Auswärtigen Amtes,<br />
die Lage in den einzelnen Berichtsstaaten<br />
darauf hin zu überprüfen, ob bestimmte<br />
Sachverhalte asylrelevant sind. Im wesentlichen<br />
ist es Aufgabe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />
und der Verwaltungsgerichte, sich mit<br />
der <strong>Asyl</strong>relevanz auseinanderzusetzen<br />
und festzustellen, ob sich etwa bestimmte<br />
Vorkommnisse unter den Begriff der<br />
politischen Verfolgung subsumieren lassen.<br />
Für die Feststellung der Faktenlage<br />
im Herkunftsstaat aber werden Entscheider<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes für die Anerkennung<br />
ausländischer Flüchtlinge, deren<br />
Qualifikationen ganz sicher nicht im<br />
Bereich der Lagebeobachtung und Informationsgewinnung<br />
liegen, nicht gebraucht.«<br />
PRO ASYL bat den Außenminister,<br />
den Einsatz von Bediensteten <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>amtes bei den deutschen Auslandsvertretungen<br />
zu unterbinden.<br />
Am 16.März 1999 antwortete der Leiter<br />
der Unterabteilung für Konsularfragen<br />
<strong>des</strong> Auswärtigen Amtes, Dr. Wolf-Ruthart<br />
Born, auch unter der Vorgängerregierung<br />
in dieser Funktion: »Ich darf<br />
Ihnen nochmals versichern, daß BAFL-<br />
Bedienstete keine Lageberichte verfassen.<br />
Lageberichte erstellen vielmehr die Auslandsvertretungen<br />
und das Auswärtige<br />
Amt in alleiniger Verantwortung. Dies<br />
gilt auch für den Lagebericht Bun<strong>des</strong>republik<br />
Jugoslawien, wobei ich darauf<br />
hinweisen möchte, daß der Lagebericht<br />
Bun<strong>des</strong>republik Jugoslawien am 6. Mai<br />
1998 erstellt wurde, bevor der BAFL-<br />
Mitarbeiter seine Tätigkeit an der Botschaft<br />
Belgrad aufgenommen hatte. Ich<br />
stimme Ihnen allerdings zu, daß der von<br />
Ihnen kritisierte Hinweis in diesem Bericht,<br />
wie bei Personen, die sich selbst als<br />
UCK-Mitglied bezeichnen, asylrechtlich<br />
zu entscheiden sei, außerhalb der Zuständigkeit<br />
<strong>des</strong> Auswärtigen Amtes liegt.<br />
Der aktuelle Lagebericht Bun<strong>des</strong>republik<br />
Jugoslawien vom 18. November 1998<br />
enthält diese Ausführungen nicht mehr.«<br />
Die Selbstdarstellung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes<br />
und die Auskunft <strong>des</strong> Auswärtigen Amtes<br />
widersprechen sich also offenbar.<br />
Daß das Auswärtige Amt für in seinem<br />
Namen veröffentlichte Lageberichte die<br />
alleinige Verantwortung trägt, hatte PRO<br />
ASYL nicht bezweifelt. Für die <strong>Pro</strong>blematik<br />
<strong>des</strong> kurzen Dienstweges und der<br />
Vermischung der originären Aufgaben<br />
deutscher Behörden besteht offensichtlich<br />
kein <strong>Pro</strong>blembewußtsein.<br />
Was Bedienstete <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>amtes im<br />
Ausland sonst noch so tun, sickert gelegentlich<br />
an anderer Stelle durch. So heißt<br />
es in einer Stellungnahme eines Bun<strong>des</strong>-