4/2007 EUROPA:MOBIL - Pro Qualifizierung
4/2007 EUROPA:MOBIL - Pro Qualifizierung
4/2007 EUROPA:MOBIL - Pro Qualifizierung
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<strong>EUROPA</strong>:<strong>MOBIL</strong><br />
4/<strong>2007</strong><br />
AUSGABE 20, APRIL <strong>2007</strong><br />
SEITE 1<br />
SOZIALE WIRKLICHKEIT IN<br />
<strong>EUROPA</strong><br />
EU-Kommission startet Debatte<br />
um soziale Herausforderungen<br />
ZAHLENWERK<br />
Erwartungen der Menschen an die<br />
soziale Entwicklung in den nächsten<br />
zwölf Monaten<br />
ZITIERT<br />
Berliner Erklärung<br />
SEITE 2<br />
LATEINAMERIKA DOMINIERT<br />
Herkunftsregionen der in<br />
Spanien lebenden ausländischen<br />
Bevölkerung (2005)<br />
ERFOLGSGESCHICHTEN<br />
AUF DEM ARBEITSMARKT<br />
DVD mit sechs Beispielen von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund<br />
KREISVERWALTUNG DÜREN<br />
WILL WEITER INTERKULTURELLE<br />
KOMPETENZ STÄRKEN<br />
Befragung unter leitenden<br />
Mitarbeitern<br />
SEITE 3<br />
ASYLBEWERBERZAHLEN IN<br />
DEN INDUSTRIELÄNDERN<br />
WEITER GESUNKEN<br />
Jahresbericht 2006 des UNHCR<br />
veröffentlicht<br />
VIELFALT IST GEWINN<br />
Kampagne zum Thema<br />
interkulturelle Öffnung<br />
ZWEITE WEITERBILDUNGS-<br />
PHASE JETZT ANGELAUFEN<br />
Aus der Arbeit des spanischen<br />
<strong>Pro</strong>jektpartners I-ESCOSUR<br />
SEITE 4<br />
„DAS ZUWANDERUNGSGESETZ<br />
WAR EINE INITIALZÜNDUNG“<br />
Gespräch mit Rudolf Stummvoll,<br />
Leiter der Stelle für interkulturelle<br />
Arbeit in München<br />
Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit<br />
und Soziales und den Europäischen Sozialfonds<br />
SOZIALE WIRKLICHKEIT IN <strong>EUROPA</strong><br />
EU-Kommission startet Debatte<br />
um soziale Herausforderungen<br />
ZITIERT<br />
Berliner Erklärung<br />
Ende Februar <strong>2007</strong> startete die<br />
EU-Kommission ein öffentliches<br />
Konsultationsverfahren<br />
zu der sozialen Wirklichkeit in<br />
der Union. In einer weit reichenden ergebnisoffenen<br />
Debatte mit Interessenvertretungen<br />
und Einrichtungen auf<br />
europäischer, nationaler und lokaler<br />
Ebene sowie Wissenschaftlern sollen<br />
soziale Herausforderungen definiert<br />
werden. EU-Kommissionspräsident José<br />
Manuel Barroso: „In unserer globalisierten<br />
Welt hat die Europäische Union<br />
die Aufgabe, den europäischen Bürgern<br />
zu mehr Wohlstand, Solidarität<br />
und Sicherheit zu verhelfen.“ Dazu bedürfe<br />
es aber eines gemeinsamen Bezugsrahmen<br />
vor allem auch im Bereich<br />
der sozialen Herausforderungen.<br />
Grundlage für die Debatte im Rahmen<br />
des Konsultationsverfahrens ist eine<br />
Eurobarometer-Umfrage, die vom 17.<br />
November bis 19. Dezember 2006 in<br />
den 27 Ländern, die aktuell der EU angehören,<br />
durchgeführt wurde. Thema<br />
war das soziale Wohlbefinden der Bürgerinnen<br />
und Bürger. Eine generelle<br />
Tendenz: Die Zufriedenheit ist groß. 86<br />
<strong>Pro</strong>zent sind mit ihrem persönlichen<br />
Leben und mit ihrem Alltag zufrieden.<br />
ZAHLENWERK<br />
Erwartungen der Menschen an die soziale Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten<br />
(ausgewählte Länder in <strong>Pro</strong>zent)<br />
b = besser, s = schlechter, g = gleich<br />
= EU 25, = Deutschland, = Spanien, = Italien<br />
Leben allgemein<br />
35<br />
20<br />
b s g<br />
39<br />
35<br />
7<br />
16<br />
11<br />
6<br />
62<br />
58<br />
52 49<br />
25<br />
Finanzielle Situation<br />
in ihrem Haushalt<br />
13<br />
b s g<br />
28<br />
24<br />
16<br />
26<br />
8<br />
15<br />
64<br />
60<br />
56<br />
54<br />
Persönliche Situation<br />
in der Arbeit<br />
b s g<br />
22 23 26<br />
15<br />
7 9 11<br />
5<br />
62<br />
6868<br />
58<br />
Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz ist<br />
bei rund drei Viertel hoch.<br />
Es gibt aber auch eine andere Tendenz:<br />
64 <strong>Pro</strong>zent der Unionsbürgerinnen und<br />
-bürger sind der Ansicht, dass die Kinder<br />
von heute später ein schwereres<br />
Leben haben werden als sie selbst.<br />
Die Ergebnisse der Eurobarometer-Erhebung<br />
stehen im Internet unter:<br />
www.pro-qualifizierung.de/<br />
soziale_wirklichkeit<br />
und<br />
www.migration-online.de/<br />
soziale_wirklichkeit<br />
Quelle: European Social Reality (Februar <strong>2007</strong>)<br />
Ökonomische Situ -<br />
ation in ihrem Land<br />
20 23 16<br />
b s g<br />
24<br />
34<br />
40<br />
21<br />
36 39 35<br />
50<br />
34<br />
Beschäftigungssituation<br />
in ihrem Land<br />
b s g<br />
22 24 1722<br />
37<br />
33<br />
„Wir wahren in der Europäischen<br />
Union die Eigenständigkeit und<br />
die vielfältigen Tra ditionen ihrer<br />
Mitglieder. Die offenen Grenzen<br />
und die lebendige Vielfalt der<br />
Sprachen, Kulturen und Regionen<br />
bereichern uns. Viele Ziele<br />
können wir nicht einzeln, sondern<br />
nur gemeinsam erreichen.<br />
Die Europäische Union, die Mitgliedstaaten<br />
und ihre Regionen<br />
und Kommunen teilen sich die<br />
Aufgaben.<br />
(...)<br />
Wir werden den Terrorismus und<br />
die organisierte Kriminalität gemeinsam<br />
bekämpfen. Die Freiheits-<br />
und Bürgerrechte werden<br />
wir dabei auch im Kampf gegen<br />
ihre Gegner verteidigen. Rassismus<br />
und Fremdenfeindlichkeit<br />
dürfen nie wieder eine Chance<br />
haben.“<br />
aus:<br />
Die Berliner Erklärung – Erklärung<br />
der Staats- und Regierungschefs<br />
der Mitgliedstaaten<br />
der Europäischen Union anlässlich<br />
des 50. Jahrestages der Unterzeichnung<br />
der Römischen<br />
Verträge vom 24. März <strong>2007</strong><br />
20<br />
38 37<br />
4938<br />
34
LATEINAMERIKA DOMINIERT<br />
Herkunftsregionen der in<br />
Spanien lebenden ausländischen<br />
Bevölkerung (2005)<br />
Amerika 40%<br />
Afrika 19%<br />
Asien 5%<br />
Europa 36%<br />
Daten: Instituto Nacional de Estadistica,<br />
padrón municipal 2005<br />
DVD mit sechs Beispielen von<br />
Menschen mit<br />
Migrationshintergrund<br />
Sechs Migrantinnen und Mig -<br />
ranten, die es geschafft ha -<br />
ben, auf dem Arbeitsmarkt<br />
Fuß zu fassen, zeigt ein Film,<br />
der vom ZWH im Rahmen der Equal-<br />
Entwicklungspartnerschaft <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong><br />
produziert wurde und als DVD<br />
erschienen ist: „Erfolgsgeschichten –<br />
Von den Chancen kultureller Vielfalt in<br />
Arbeitswelten.“<br />
Zahlen belegen: Menschen mit Migrationshintergrund<br />
haben es auf dem Arbeitsmarkt<br />
schwerer als Angehörige<br />
der Mehrheitsgesellschaft. Die Arbeitslosenquote<br />
unter Ausländerinnen und<br />
Ausländern ist doppelt so hoch wie bei<br />
Deutschen und sie arbeiten durchschnittlich<br />
in geringer qualifizierten Tätigkeiten.<br />
Die Ursachen für die Situ ation sind<br />
vielfältig. Klar aber ist: Arbeit zu haben<br />
eröffnet die Möglichkeit einer aktiven<br />
Teilhabe an der Gesellschaft und das<br />
wiederum ist der sicherste Weg zu<br />
einer erfolgreichen Integration. „Integ -<br />
ration und Arbeit gehören zusammen“<br />
– so auch die Integrationsbeauftragte<br />
der Bundesregierung, Maria Böhmer, in<br />
einem Interview auf der DVD.<br />
Die gezeigten sechs Beispiele sind<br />
keine exotischen Geschichten von<br />
einem türkischen Studenten, der von<br />
Kreuzberg aus ein millionenschweres<br />
Reiseunternehmen aufbaut oder von<br />
einem Einwanderer der dritten Generation,<br />
der als <strong>Pro</strong>fi-Fußballer erfolgreich<br />
ist – wenngleich es solche Ge schichten<br />
Über lange Zeit stellten die Europäer<br />
die größte Gruppe unter der ausländischen<br />
Bevölkerung in Spanien. Sie wurden<br />
inzwischen abgelöst von den Einwanderern<br />
aus Amerika, was praktisch<br />
Lateinamerika heißt.<br />
Unter den Europäern waren früher EU-<br />
Bürgerinnen und Bürger mit über 80<br />
<strong>Pro</strong>zent die große Mehrheit. Seit den<br />
1990er-Jahren sank der Anteil bis auf<br />
57 <strong>Pro</strong>zent im Jahr 2005. Das lag vor<br />
allem an dem starken Zuzug insbesondere<br />
aus Rumänien. Diese Gruppe stellte<br />
2005 23 <strong>Pro</strong>zent der europäischen Ausländer<br />
in Spanien. Da auch aus Bulgarien<br />
nennenswerte Zuwanderung gekommen<br />
ist, dürfte die Statistik für <strong>2007</strong><br />
ERFOLGSGESCHICHTEN<br />
AUF DEM<br />
ARBEITSMARKT<br />
natürlich auch gibt. Diese Erfolgsgeschichten<br />
zeigen Menschen, die in ganz<br />
normalen qualifizierten Berufen arbeiten.<br />
Dazu, dass sie es geschafft haben<br />
gehört zweierlei. Sie müssen auf Strukturen<br />
treffen, die ihnen gegenüber offen<br />
sind, und sie müssen motiviert sein,<br />
ihre Chance wahrzunehmen. Beides<br />
zusammen kam bei dem Polizeimeister<br />
Wladimir Luzenko aus Düsseldorf. Die<br />
nordrhein-westfälische Po lizei strebt<br />
an, dass ihre Beschäftigtenstruktur der<br />
Struktur der Wohnbevölkerung entspricht.<br />
Sie geht also offen auf Menschen<br />
mit Migrationshintergrund zu.<br />
Und Wladimir, der mit 16 Jahren aus<br />
Usbekistan eingewandert ist, wollte<br />
immer Polizist werden. Die glückliche<br />
Konstellation wurde nicht automatisch<br />
zur Erfolgsgeschichte. Vokabeln pauken,<br />
trainieren, lernen, all das hat erst<br />
im dritten Anlauf gereicht, um die Prüfung<br />
für die Polizeischule zu schaffen.<br />
Jetzt profitieren beide Seiten. Wladimir<br />
hat den Arbeitsplatz, den er immer<br />
wollte und die Düsseldorfer Polizei<br />
kann ihn schon einmal gezielt einsetzen,<br />
wenn in der interkulturell zusammengesetzten<br />
Bevölkerung Sprachkenntnisse<br />
und das Wissen um bestimmte<br />
kulturell geprägte Verhaltensmuster<br />
gefragt sind. Andere können davon lernen:<br />
Unternehmen und Verwaltungen<br />
haben alle irgendwie mit interkulturellen<br />
Zusammenhängen zu tun. Öffnung<br />
tut gut. Und Menschen mit Migrationshintergrund<br />
sollten die Motivation<br />
aufbringen und motiviert werden, eine<br />
Chance zu nutzen – auch wenn es die<br />
zweite ist und es nicht im ersten Anlauf<br />
klappt.<br />
heftig durcheinander gewirbelt werden.<br />
Beide Länder sind seit dem 1. Januar<br />
EU-Mitglieder, was den Anteil der Unionsbürgerinnen<br />
und -bürger wieder<br />
heftig ansteigen lassen wird.<br />
Bei den Ausländerinnen und Ausländern<br />
aus Afrika kommt der mit Abstand<br />
größte Teil, nämlich über 70 <strong>Pro</strong>zent,<br />
aus Marokko. Von den (Latein)Amerikanern<br />
kommen über ein Drittel aus<br />
Ecuador, knapp 20 <strong>Pro</strong>zent aus Kolumbien<br />
und rund zehn <strong>Pro</strong>zent aus Argentinien.<br />
Die eher kleine Gruppe von<br />
asiatischen Zuwanderern wird mit 47<br />
Befragung unter leitenden<br />
Mitarbeitern<br />
Wie sehen die leitenden<br />
Mitarbeiter der Kreisverwaltung<br />
in Düren<br />
das Verhältnis von Mig -<br />
rantinnen und Migranten zu den Stellen<br />
der öffentlichen Verwaltung? Dieser<br />
Frage ist das Netzwerk öffentliche Verwaltungen<br />
des DGB Bildungswerks in<br />
der Entwicklungspartnerschaft <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong><br />
nachgegangen und hat die<br />
Betroffenen befragt.<br />
Das war natürlich keine Umfrage, die<br />
als fixe Idee vom Himmel gefallen ist.<br />
Im Herbst letzten Jahres hat die Führung<br />
der Kreisverwaltung den grundsätzlichen<br />
Beschluss gefasst, eine kulturelle<br />
Öffnung auf den Weg zu bringen.<br />
Mitarbeiter von IQ Consult und DGB<br />
Bildungswerk haben seinerzeit in einer<br />
Veranstaltung über die Relevanz von<br />
Diversität und Interkulturalität in der<br />
Arbeit einer öffentlichen Verwaltung informiert<br />
und Weiterbildung auf dem<br />
Gebiet interkulturelle Kompetenz angeboten<br />
(siehe <strong>EUROPA</strong>:<strong>MOBIL</strong> Novem -<br />
ber 2006). Die Umfrage diente nicht<br />
zuletzt dazu, Einsichten zu gewinnen,<br />
wo bei einer Weiterbildung angesetzt<br />
werden kann.<br />
Von den 27 befragten leitenden Mitarbeitern<br />
haben nur drei an konkreten<br />
Fortbildungsmaßnahmen zu interkultureller<br />
Kompetenz teilgenommen. 16<br />
von ihnen führen die geringe Zahl auf<br />
den hohen Arbeitsanfall zurück.<br />
<strong>Pro</strong>zent von Chinesinnen und Chinesen<br />
dominiert.<br />
KREISVERWALTUNG<br />
DÜREN WILL WEITER<br />
INTERKULTURELLE<br />
KOMPETENZ STÄRKEN<br />
Eine deutliche Mehrheit von 19 Befragten<br />
ist der Meinung, dass sprachliche<br />
Schwierigkeiten den Kontakt zwischen<br />
den Ämtern und Kunden mit Migrations -<br />
hintergrund erschweren. Kulturelle und<br />
religiöse Unterschiede sowie unzureichende<br />
Integrationsbereitschaft der Migranten<br />
werden ebenfalls als Gründe<br />
angeführt.<br />
Ebenfalls 19 erklärten, dass sie selten<br />
mit Konflikten zwischen Amt und Kunden<br />
konfrontiert sind, die ihre Ursache<br />
in kulturellen Unterschieden haben. 17<br />
Befragte sind der Meinung, dass es für<br />
den Kontakt mit Menschen, die nicht<br />
der Mehrheitsgesellschaft entstammen<br />
hilfreich ist, wenn der Mitarbeiter der<br />
Kreisverwaltung selbst auch einen Migrationshintergrund<br />
hat. Eine Erhöhung<br />
des Anteils von Migrantinnen<br />
und Migranten unter den Beschäftigten<br />
der Kreisverwaltung begrüßen acht<br />
Befragte, 16 beantworten diese Frage<br />
mit „weiß nicht/keine Angabe“. Die<br />
Gründe für den geringen Anteil von Migrantinnen<br />
und Migranten sehen acht<br />
Befragte in der fehlenden Qualifikation.<br />
Als Maßnahme zur Erhöhung des<br />
Migrantenanteils schlagen ebenfalls<br />
acht Maßnahmen zur <strong>Qualifizierung</strong><br />
und gezielte Ansprache bei der Nachwuchssuche<br />
vor.<br />
Informationen:<br />
DGB Bildungswerk – Beratungsnetzwerk<br />
öffentliche Verwaltungen<br />
Robert Gereci<br />
Telefon 02 11/43 01-1 82<br />
robert.gereci@dgb-bildungswerk.de
ASYLBEWERBERZAHLEN<br />
IN DEN<br />
INDUSTRIELÄNDERN<br />
WEITER GESUNKEN<br />
Jahresbericht 2006 des UNHCR<br />
veröffentlicht<br />
Die Zahl der Asylanträge in<br />
den Industriestaaten ist<br />
2006 im fünften Jahr in<br />
Folge gefallen. Dies geht<br />
aus der Jahresstatistik 2006 hervor, die<br />
am 23. März <strong>2007</strong> vom UN-Flüchtlingskommissariat<br />
(UNHCR) veröffentlicht<br />
wurde.<br />
Das Hauptherkunftsland von Asylsuchenden<br />
in den Industriestaaten war<br />
der Irak. Die Zahl der Menschen aus<br />
dem Irak, die Asyl beantragten stieg<br />
von 12.500 (2005) auf 22.200, das ist<br />
eine Steigerungsrate von 77 <strong>Pro</strong>zent.<br />
Irak war zuletzt 2002, vor dem Fall des<br />
damaligen Regimes, Hauptherkunftsland<br />
von Asylbewerbern in den Indus -<br />
trienationen. Damals suchten über<br />
50.000 Irakerinnen und Iraker Schutz<br />
in Europa und anderen Industrieländern.<br />
Die meisten Anträge irakischer Asylsuchender<br />
verzeichnete im Vorjahr Schwe -<br />
den (9.000), gefolgt von den Niederlanden<br />
(2.800), Deutschland (2.100).<br />
und Griechenland (1.400). Damit leben<br />
nur ein Bruchteil der irakischen Flüchtlinge<br />
in den Industriestaaten. Von den<br />
insgesamt geschätzt zwei Millionen<br />
Irakern, die ihr Heimatland verlassen<br />
haben, leben rund eine Million in Syrien<br />
und 750.000 in Jordanien.<br />
Der deutliche Anstieg bei der Zahl der<br />
irakischen Asylbewerber steht in Kont -<br />
rast zum allgemeinen Abwärtstrend<br />
bei der Gesamtzahl der Asylanträge in<br />
den Industrieländern. In den von der<br />
Statistik erfassten 50 Staaten wurden<br />
im letzten Jahr rund 300.000 Asylanträge<br />
gestellt – zehn <strong>Pro</strong>zent weniger<br />
als im Jahr zuvor.<br />
In Gesamteuropa wurden 223.990<br />
Asylanträge gestellt, in den 25 EU-Mitgliedstaaten<br />
198.900. Das sind die<br />
niedrigsten Zahlen seit 20 Jahren. Aus<br />
Sicht des UNHCR sind die Gründe zum<br />
einen in verbesserten Bedingungen in<br />
den Herkunftsländern zu suchen, zum<br />
anderen aber auch in zunehmend<br />
restriktiven Maßnahmen in vielen Industriestaaten,<br />
die potenzielle Asylsuchen -<br />
de von einem Schutzgesuch abhalten.<br />
Das Ziel, die Zahl der Asylsuchenden so<br />
gering wie möglich zu halten, kann<br />
dazu führen, dass Flüchtlingen dringend<br />
benötigter Schutz verweigert<br />
wird. Der UNHCR hat wiederholt hie -<br />
rüber seine Besorgnis ausgedrückt.<br />
Die Hauptherkunftsländer der Asylsuchenden<br />
im Jahre 2006 waren der Irak<br />
(22.200), China (18.300), die Russische<br />
Föderation (15.700), Serbien und<br />
Montenegro (15.600) und die Türkei<br />
(8.700).<br />
Die meisten Asylanträge in Europa<br />
wurden 2006 in Frankreich gestellt<br />
(30.690). Es folgen Großbritannien<br />
(27.850), Schweden (24.320), Deutschland<br />
(21.030) und die Niederlande<br />
(14.470). In Italien gab es 10.110 Asylanträge,<br />
in Spanien 5.310.<br />
Bei einem Vergleich der Asylanträge<br />
pro 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner<br />
sieht die Rangfolge ganz anders<br />
aus. An erster Stelle liegt Zypern<br />
(5,3), es folgen Malta (3,1), Schweden<br />
(2,7), Österreich 1,6 und die Schweiz<br />
und Liechtenstein mit je 1,4. Im hinteren<br />
Feld liegen Deutschland (0,3), Italien<br />
(0,2) und Spanien (0,1).<br />
Der Jahresbericht 2006 des UNHCR<br />
kann in englischer Sprache heruntergeladen<br />
werden unter:<br />
www.pro-qualifizierung.de/<br />
unhcr2006<br />
und<br />
www.migration-online.de/<br />
unhcr2006<br />
VIELFALT IST GEWINN<br />
Kampagne zum Thema<br />
interkulturelle Öffnung<br />
Mitte März <strong>2007</strong> wurde<br />
auf der Veranstaltung<br />
„Europas versteckte Talente“<br />
in Dortmund die<br />
Kampagne „Vielfalt ist Gewinn“ vorgestellt,<br />
die im Rahmen der europä -<br />
ischen Gemeinschaftsinitiative Equal<br />
durchgeführt wird. Mit der Kampagne,<br />
die sich auf ausgewählte Schwerpunkt -<br />
regionen in Deutschland konzentriert,<br />
unterstützt das Bundesministerium für<br />
Arbeit und Soziales die Arbeit verschiedener<br />
Equal-<strong>Pro</strong>jekte zum Thema<br />
Aus der Arbeit des spanischen<br />
<strong>Pro</strong>jektpartners I-ESCOSUR<br />
Über 150 Teilnehmer aus den<br />
Gemeinden Lucena, Cabra,<br />
Priego de Córdoba, Puente<br />
Genil und Montilla haben<br />
die Gelegenheit, eine Ausbildung in<br />
den verschiedensten Berufsbereichen<br />
zu erhalten, wie zum Beispiel in der<br />
Gastronomie, im Friseur- und Kosmetikbereich,<br />
in der Gebäudereinigung,<br />
der Alten- und Kinderbetreuung oder<br />
der Unternehmensberatung.<br />
Nach einer ersten Phase der Weiterbildung,<br />
in der Themen wie Selbstwertgefühl,<br />
Selbstbestimmung, kreatives<br />
Arbeiten, Umweltschutz, Gleichberechtigung<br />
und Zugang zu neuen Technologien<br />
vermittelt wurden, folgt nun die<br />
Fortsetzung der <strong>Qualifizierung</strong>smaßnahmen<br />
und die Vorbereitung für den<br />
Einstieg ins Arbeitsleben unserer<br />
<strong>Pro</strong>grammteilnehmer. Im vergangenen<br />
interkulturelle Öffnung. Ziel der Kampagne<br />
ist es, die Vorteile einer interkulturellen<br />
Öffnung für die Unternehmen<br />
aufzuzeigen und dies an konkreten<br />
Beispielen zu belegen.<br />
Inhaltlich kombiniert die Kampagne<br />
„Vielfalt ist Gewinn“ überregional gesteuerte<br />
Aktivitäten wie zielgruppengerechte<br />
Pressearbeit und Schaltung<br />
von Anzeigen mit der regional angelegten<br />
Arbeit der verschiedenen Equal-<br />
<strong>Pro</strong>jekte und Netzwerke.<br />
Informationen unter:<br />
www.vielfalt-ist-gewinn.de<br />
ZWEITE WEITER-<br />
BILDUNGSPHASE JETZT<br />
ANGELAUFEN<br />
Februar wurden mehrere Weiterbildungs -<br />
kurse initiiert, die der zweiten Fortbildungsstufe<br />
des staatlichen <strong>Pro</strong>jekts<br />
I-ESCOSUR (Inserción por el Empleo<br />
Solidario Córdoba Sur), im Rahmen der<br />
Gemeinschaftsinitiative EQUAL angehören.<br />
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen<br />
sollen nach Abschluss dieser Weiterbildungsphase<br />
in einem der mitwirkenden<br />
Unternehmen des <strong>Pro</strong>jekts<br />
I-ESCOSUR Praktika machen, so dass<br />
sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen<br />
und auf diese Weise Zugang zum<br />
Arbeitsmarkt finden können. Im Lauf<br />
dieser Maßnahmen entstehen unter<br />
den Teilnehmern des Weiterbildungsprogramms<br />
auch kleinere unternehmerische<br />
Initiativen, die im Rahmen des<br />
<strong>Pro</strong>jekts entwickelt und begleitet werden,<br />
immer mit dem grundlegenden<br />
Ziel der Eingliederung ins Erwerbsleben.<br />
(Sergio Cruz)
Setzkasten GmbH, Kreuzbergstraße 56, 40489 Düsseldorf<br />
Postvertriebsstück, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, 72402<br />
<strong>EUROPA</strong>:<strong>MOBIL</strong>1<br />
„DAS ZUWANDERUNGSGESETZ<br />
WAR EINE INITIALZÜNDUNG“<br />
GESPRÄCH<br />
mit Rudolf Stummvoll, Leiter<br />
der Stelle für interkulturelle<br />
Arbeit in München<br />
<strong>EUROPA</strong>:<strong>MOBIL</strong>: Die Stelle für interkulturelle<br />
Arbeit hat die Aufgabe, die<br />
interkulturelle Öffnung der kommunalen<br />
Verwaltung als Querschnittspolitik<br />
zu verankern. Vielleicht können Sie kurz<br />
erläutern, was das im Alltag heißt.<br />
Rudolf Stummvoll: Da muss ich ein<br />
wenig ausholen. Wir haben ein Integ -<br />
rationskonzept entwickelt, das der Stadtrat<br />
zur Kenntnis genommen hat. Darin<br />
ist eine Art Vision formuliert, wie wir<br />
uns eine solidarische Stadtgesell schaft<br />
vorstellen. Daneben stehen Grund sätze<br />
für die Arbeit. Da ist zum Beispiel formuliert,<br />
dass die freiheitlich-demokratische<br />
Grundordnung die Basis des<br />
Zusammenlebens ist. Und um die Dimension<br />
klarzumachen, über die wir<br />
hier reden: Es geht um 38,5 <strong>Pro</strong>zent<br />
der Münchner Bevölkerung, 38,5 <strong>Pro</strong>zent<br />
der 1,3 Millionen Einwohnerinnen<br />
und Einwohner haben einen Migrationshintergrund.<br />
Zuwanderung kennen wir seit einem<br />
halben Jahrhundert, und Bemühungen<br />
um Integration gab es auch immer.<br />
Worin aber unterscheidet sich die aktuelle<br />
Situation von der vor – sagen wir<br />
mal – fünf oder zehn Jahren?<br />
Ich würde da gar nicht so weit zurückgehen.<br />
Wichtig aus meiner Sicht ist der<br />
1. Januar 2004, als das Zuwanderungs -<br />
gesetz in Kraft trat. Das war wie eine<br />
Initialzündung. Die Politik hat sich mit<br />
dem Gesetz unendlich schwergetan.<br />
Das kann nicht verwundern. 50 Jahre<br />
lang hieß die politische Botschaft<br />
„Deutschland ist kein Zuwanderungs -<br />
land“. Das heißt: Jeder, der kommt, soll<br />
eigentlich dankbar sein, dass er kommen<br />
darf und die, die da sind, nehmen<br />
gnädig zur Kenntnis, dass er kommt.<br />
Dass Zuwanderung ein ganz zentraler<br />
Baustein für Wohlstand und Perspektive<br />
dieser Gesellschaft ist, hat die Politik<br />
nie vermittelt.<br />
Im November 2006 gab es dann den<br />
einstimmigen Beschluss des Stadtrats<br />
zu dem Integrationskonzept. Wie wich -<br />
tig ist das für Ihre Arbeit?<br />
Die großen Kommunen mussten sich<br />
immer mit dem Thema auseinandersetzen.<br />
Das geht seit 30, 35 Jahren so.<br />
Schon unter Hans-Jochen Vogel gab es<br />
eine Debatte darüber, welche Auswirkungen<br />
die Zuwanderung von Ausländern<br />
auf die Kommunalpolitik hat. Das<br />
war Anfang der 1970er-Jahre. Vogel<br />
hat damals schon gesagt: „München<br />
ist eine Einwanderungsstadt.“ Es ist<br />
auch viel Beachtliches geleistet worden.<br />
Was uns gefehlt hat, war eine Art<br />
Dach, eine Verknüpfung der unterschiedlichen<br />
Aktivitäten. Das haben wir<br />
mit dem Beschluss geschafft. Der ist ja<br />
gerade vier Monate alt, aber ich spüre<br />
ein Wollen der Stadtverwaltung, sich<br />
dem Thema verpflichtend zu nähern<br />
und es umzusetzen.<br />
Interkulturelle Öffnung schließt ja auch<br />
ein, dass Menschen mit Migrationshintergrund<br />
die Chance haben, dort zu arbeiten.<br />
Angesichts der Haushaltslage<br />
dürfte der Ansatzpunkt wohl bei den<br />
Auszubildenden liegen. Was bewegt<br />
sich da?<br />
Es gab in Deutschland eine lange Debatte<br />
um eine Verwaltungsreform.<br />
Dabei ging es darum, ob die Verwaltung<br />
ihren Aufgaben noch gerecht<br />
wird. Dazu gehörte auch die Frage:<br />
Stellen wir überhaupt die richtigen<br />
Leute ein? Die Kolleginnen und Kollegen<br />
aus dem Personalreferat haben<br />
das aufgegriffen und sich einmal angesehen,<br />
welche Kriterien bei der Aus -<br />
wahl eine Rolle spielen und wie das<br />
Aufgabenprofil im mittleren und gehobenen<br />
Verwaltungsdienst aussieht.<br />
Und das passte bisweilen nicht zusammen.<br />
Deshalb wurde zusammen mit<br />
der Ludwig-Maximilian-Universität ein<br />
so genanntes optimiertes Einstellungs -<br />
verfahren entwickelt.<br />
Oberste Maxime ist nach wie vor: Wir<br />
stellen die am besten geeigneten Bewerber<br />
ein. Die Auswahlkriterien dafür<br />
waren bislang vor allem Schulnoten. Im<br />
optimierten Einstellungsverfahren spielen<br />
auch Dialogfähigkeit, Konfliktfähigkeit<br />
oder auch Sprachkenntnisse<br />
eine Rolle. So haben – immer unter<br />
dem Label: wir wollen die Besten –<br />
auch junge Leute eine Chance, die früher<br />
allein schon deshalb nicht genommen<br />
wurden, weil sie in Deutsch eine<br />
Vier hatten. Und das waren zu einem<br />
guten Teil Jugendliche mit Migrations -<br />
hintergrund. Wir sind also nicht den<br />
Weg gegangen, Migranten einzustellen,<br />
nur um deren Anteil zu erhöhen.<br />
Wir haben vielmehr Qualität definiert<br />
und gefragt, was die jungen Leute mitbringen<br />
sollen. Und da haben wir gemerkt,<br />
dass Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
oft Fähigkeiten haben, die<br />
wir sehr gut gebrauchen können.<br />
Das schlägt sich auch in Zahlen nieder?<br />
Ja. Es hat sich deutlich verändert.<br />
Der Text wurde für die Printausgabe<br />
gekürzt. Das gesamte Interview können<br />
Sie nachlesen auf:<br />
www.pro-qualifizierung.de/<br />
int_Stummvoll<br />
www.migration-online.de/<br />
int_Stummvoll<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER<br />
<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>, IQ Consult gGmbH<br />
Beratungsgesellschaft für Innovation<br />
und Qualifikation. Die IQ Consult<br />
gGmbH ist eine Tochtergesellschaft<br />
des DGB Bildungswerk e.V.<br />
VERANTWORTLICH<br />
für den Inhalt: Leo Monz<br />
KOORDINATION<br />
Tatjana Butorac<br />
REDAKTION<br />
Bernd Mansel<br />
(Medienbüro Arbeitswelt), Berlin<br />
LAYOUT<br />
Gitte Becker<br />
DTP/REINZEICHNUNG<br />
Gerd Spliethoff<br />
FOTOS<br />
photocase<br />
DRUCK UND VERTRIEB<br />
Setzkasten GmbH, Düsseldorf<br />
ERSCHEINUNGSWEISE<br />
Monatlich: Print und Online.<br />
Der Newsletter ist ein <strong>Pro</strong>dukt der<br />
transnationalen Partnerschaft S.E.E.D.<br />
(„Solidaristic Employment and<br />
Enterprise Development“), ein<br />
Zusammenschluss der <strong>Pro</strong>jektpartner<br />
Franchising ETnICO, I-ESCOSUR und<br />
<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>.<br />
Daher erscheint der Newsletter auch in<br />
italienischer und spanischer Sprache.<br />
Bei Interesse können Sie alle drei<br />
Sprachversionen des Newsletters online<br />
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