31.05.2014 Aufrufe

Bildung macht reich - inpact-rlp.de

Bildung macht reich - inpact-rlp.de

Bildung macht reich - inpact-rlp.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Bin Immigrant, biete Vielfalt“<br />

Tarek Badawia<br />

nachvollziehbar ist, diese aber aufgehoben wer<strong>de</strong>n muss. Genau<br />

so wie die sozial-politische Kategorie <strong>de</strong>s Immigrant-Seins fehlt,<br />

fehlt auch die Einstellung, dass im Zusammenhang mit kultureller<br />

Vielfalt die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r Homogenisierung eliminiert wer<strong>de</strong>n soll. Genau<br />

dies wird nie funktionieren. Was das einzelne Individuum aus <strong>de</strong>n<br />

Gegebenheiten seiner Migrationserfahrungen <strong>macht</strong>, ist biographisch<br />

unverwechselbar – „Je<strong>de</strong>r <strong>macht</strong> es an<strong>de</strong>rs“. Durch die individuell<br />

motivierte Integrationsleistung können Jugendliche sozusagen Garant<br />

dafür sein, dass <strong>Bildung</strong>sprozesse unter Bedingungen <strong>de</strong>r Migration<br />

überhaupt Früchte tragen. Allerdings gelten dabei für die<br />

Jugendgeneration die folgen<strong>de</strong>n zwei Maximen: „Ich wer<strong>de</strong> nicht<br />

integriert, son<strong>de</strong>rn ich integriere mich selber“ und „Ich bin we<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utsch noch ausländisch und trotz<strong>de</strong>m bei<strong>de</strong>s“.<br />

Immigrantenjugendliche erfahren oft an Schulen und sonstigen<br />

<strong>Bildung</strong>sinstitutionen durch <strong>de</strong>n Druck zur Standardisierung von<br />

Lebenserfahrungen, dass sie zu einem dieser Pole gehören, o<strong>de</strong>r<br />

besser gesagt, dass sie einem dieser Pole zugeordnet wer<strong>de</strong>n. Zugespitzt<br />

formuliert: Immigrantenjugendliche fin<strong>de</strong>n we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

Mehrheitsgesellschaft noch in <strong>de</strong>r eigenen „Community“ eine etablierte<br />

Kultur <strong>de</strong>r Vielfalt und Differenz vor, in die sie hineinwachsen<br />

können. Deswegen fühlen sie sich in dieser Hinsicht quasi berufen,<br />

eine solche Kulturlandschaft überhaupt zu schaffen.<br />

5. Die individuelle Integrationsleistung als Garant<br />

„Das Selbst verlangt nach I<strong>de</strong>ntität“ und „Es gibt keine I<strong>de</strong>ntität<br />

ohne kulturelle Rahmung“. Auf diesen bei<strong>de</strong>n Grundsätzen für die<br />

soziale Entwicklung <strong>de</strong>s Menschen basieren die Bemühungen von<br />

Immigrantenjugendlichen um kreative Auswege aus „<strong>de</strong>m Dilemma<br />

<strong>de</strong>r Differenz“ (Kiesel 1996).<br />

Exemplarisch sollen im Folgen<strong>de</strong>n einige bildhafte<br />

Mo<strong>de</strong>lle vorgestellt wer<strong>de</strong>n, welche<br />

einerseits die Individualität und an<strong>de</strong>rerseits die<br />

verschie<strong>de</strong>nen Leitgedanken <strong>de</strong>s jeweiligen „Dritten<br />

Stuhls“ darstellen:<br />

a) „Ich bin eine kulturelle Mischung“<br />

Die Selbstwahrnehmung als „kulturelle Mischung“<br />

ist die nahe liegen<strong>de</strong> Vorstellung vieler<br />

Immigrantenjugendlicher von ihrem Selbstverständnis.<br />

Die Mischung lässt sich als „Urform“<br />

je<strong>de</strong>r bikulturellen Selbstwahrnehmung bezeichnen.<br />

Selbstbeschreibungsversuche nach <strong>de</strong>m<br />

Leitgedanken <strong>de</strong>r Mischung von Erfahrungswerten<br />

aus zwei Kulturen im eigenen Selbstentwurf<br />

sind sehr konkret – „Man <strong>macht</strong> sich was vor,<br />

wenn man jetzt in meiner Situation sagt, nein /<br />

betont/ ich bin hun<strong>de</strong>rtprozentig marokkanisch<br />

/./ das stimmt eben nicht“.<br />

Die alltäglich erlebte Präsenz bei<strong>de</strong>r Kultursysteme<br />

wird im eigenen Selbstentwurf übersetzt.<br />

D.h. kulturelle Elemente aus <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Erfahrungsfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Alltags – gleichgültig<br />

ob <strong>de</strong>utsch o<strong>de</strong>r nicht-<strong>de</strong>utsch – sind<br />

auf eine natürliche, authentische Art und<br />

Weise als potentielle Elemente <strong>de</strong>s Selbstentwurfs<br />

<strong>de</strong>nkbar (Abb. 1). Je<strong>de</strong> Mischung<br />

stellt substanziell ein neues Produkt dar. „Typische“<br />

Aussagen von Immigrantenjugendlichen<br />

zur inhaltlichen Beschreibung<br />

ihres Selbstentwurfs wie – „Ich bin halb<br />

<strong>de</strong>utsch, halb arabisch“ – sind Quantifizierungsversuche<br />

einer komplexen bikulturellen<br />

Realität, in <strong>de</strong>r sie leben. Im Vergleich zum<br />

bisher bekannten Status <strong>de</strong>s „Auslän<strong>de</strong>rs“<br />

wird hier die relevante Einflussnahme zweier<br />

Kultursysteme auf die I<strong>de</strong>ntitätsentwicklung<br />

anerkannt und nicht verleugnet.<br />

Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r kulturellen Mischung<br />

(Schachbrettmo<strong>de</strong>ll)<br />

Abb. 1: Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r kulturellen Mischung (Schachbrettmo<strong>de</strong>ll)<br />

Kultur<br />

A<br />

(K A)<br />

Abbildung 1<br />

Input<br />

K A K B K A K B K A<br />

K A K B K A K B K A K B K A<br />

K A K B K A K B K A<br />

Binnenstruktur <strong>de</strong>s Selbst<br />

Input<br />

Kultur<br />

B<br />

(K B)<br />

44

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!