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Bildung macht reich - inpact-rlp.de

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Im JUZ alles paletti?<br />

Albert Scherr<br />

· Es gilt, Formen <strong>de</strong>r außerschulischen <strong>Bildung</strong>sarbeit zu stärken,<br />

die Migrantenjugendlichen Möglichkeiten <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit <strong>de</strong>n Erfahrungen im Migrationsprozess und <strong>de</strong>n Bedingungen<br />

in <strong>de</strong>r Aufnahmegesellschaft eröffnen; hier ist eine stärkere Öffnung<br />

<strong>de</strong>r außerschulischen <strong>Bildung</strong>sarbeit für Migrantenjugendliche,<br />

insbeson<strong>de</strong>re sozial benachteiligte Migrantenjugendliche, anzustreben<br />

sowie die Weiterentwicklung solcher <strong>Bildung</strong>sangebote,<br />

die die Mittelschichtsfixierung <strong>de</strong>r traditionellen Jugendbildungsarbeit<br />

überwin<strong>de</strong>n.<br />

· Es ist sinnvoll, solche Formen <strong>de</strong>r Jugendarbeit auszubauen, die<br />

dazu geeignet sind, zur Überwindung frem<strong>de</strong>nfeindlicher und rassistischer<br />

Orientierungen bei <strong>de</strong>utschen Jugendlichen, aber auch<br />

zur Überwindung nationalistischer und ethnischer Vorurteile zwischen<br />

eingewan<strong>de</strong>rten Jugendlichen beizutragen; in <strong>de</strong>n 90er<br />

Jahren haben sich zwar vielfältige Projekte<br />

und Initiativen einer Jugendarbeit gegen<br />

Frem<strong>de</strong>nfeindlichkeit und Rechtsextremismus<br />

entwickelt. Eine Verankerung dieser<br />

Thematik in <strong>de</strong>n Curricula <strong>de</strong>r Ausbildungsund<br />

Studiengänge für die sozialpädagogischen<br />

Berufe steht jedoch noch aus.<br />

· Die spezifische Situation jugendlicher<br />

Flüchtlinge, von Jugendlichen in Flüchtlingsfamilien<br />

sowie von Jugendlichen in <strong>de</strong>r Illegalität<br />

fin<strong>de</strong>n bislang in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- und<br />

Jugendhilfe wenig Beachtung. Eine diesbezügliche<br />

Fachdiskussion wäre dringend erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

Zusammenfassung <strong>de</strong>r anschließen<strong>de</strong>n<br />

Fachdiskussion<br />

Im Anschluss an das Impulsreferat von Prof. Scherr wur<strong>de</strong> Frau<br />

Schahnaz Fathi, Neustadt-Projekt Mainz, und Herr Dr. Richard<br />

Hartmann, Ministerium für <strong>Bildung</strong>, Frauen und Jugend, Abteilung<br />

Jugend, die Gelegenheit gegeben, ihre Erfahrungen und Positionen<br />

einzubringen.<br />

Frau Fathi berichtete über ihre Erfahrungen im Neustadt-Projekt<br />

Mainz, <strong>de</strong>ren stadtteilbezogenen Angebote <strong>de</strong>r offenen Jugendarbeit<br />

insbeson<strong>de</strong>re auf die langjährige Begleitung <strong>de</strong>r vorwiegend<br />

Migrantenjugendlichen setzen. Jugendarbeit müsse und könne nach<br />

ihrer Auffassung durchaus einen Beitrag dazu leisten, dass ausländische<br />

Jugendliche überhaupt erst einen Schulabschluss anstrebten.<br />

Um stereotypen Zuschreibungen und darauf basieren<strong>de</strong>n Diskriminierungen<br />

seitens <strong>de</strong>r Fachkräfte <strong>de</strong>r Jugendarbeit schon von<br />

Anfang an entgegen zu wirken, sei es wichtig, bereits im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r Fort- und Weiterbildung, bei Multiplikatoren- und Fachkräfteschulungen,<br />

entsprechen<strong>de</strong> Inhalte vorzusehen. Aber auch die Politik<br />

müsse für Antidiskriminierungsmaßnahmen gewonnen wer<strong>de</strong>n.<br />

Den politisch Verantwortlichen empfahl sie, lieber die Umsetzung<br />

langfristiger Projekte durch eine kontinuierliche För<strong>de</strong>rung zu gewährleisten<br />

anstatt eine Vielzahl von kurzfristigen, vermeintlich „innovativen“,<br />

letztlich aber nur wenig nachhaltigen Projekten, zu för<strong>de</strong>rn.<br />

Dr. Hartmann stellte seine volle Übereinstimmung mit <strong>de</strong>n Aussagen<br />

von Prof. Scherr fest. Nach <strong>de</strong>n von ihm genannten Zahlen<br />

wer<strong>de</strong>n seitens <strong>de</strong>s MBFJ <strong>de</strong>rzeit 200 Jugendzentren geför<strong>de</strong>rt, wobei<br />

sich in 28 Zentren die Besucher/innen (überwiegend) aus Migrant/<br />

innen rekrutieren. In <strong>de</strong>n Jugendzentren existiere dabei in <strong>de</strong>r Tat<br />

eine segregierte Aufenthalts- und Angebotsstruktur. Wenngleich ein<br />

„Normalisierungsprozess“ schwierig zu bewerkstelligen sei, könne<br />

eine gemeinsame migrationssensible Arbeit mit Themenschwerpunkten<br />

(z.B. Sport, Musik) durchaus erfolg<strong>reich</strong> sein. Als<br />

positives Beispiel erwähnte er das „Rockprojekt Rainbow“ in<br />

Pirmasens, in <strong>de</strong>m 25 multikulturell besetzte Bands zusammenar-<br />

beiten. Ein wichtiges Instrument für positive<br />

Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Jugendarbeit sieht<br />

er in einer stärkeren Mitwirkung von „migrantischen“<br />

Jugendverbän<strong>de</strong>n und Organisationen<br />

in <strong>de</strong>r jugendpolitischen Diskussion. Ferner<br />

müssten die Möglichkeiten überprüft und<br />

ausgeschöpft wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r Jugendarbeit<br />

verstärkt Fachkräfte mit Migrationshintergrund<br />

einzustellen.<br />

Eine Teilnehmerin am Fachgespräch berichtete<br />

von Beobachtungen, wonach ein Lehrer<br />

in einer Schulklasse absichtlich „homogene“,<br />

nach <strong>de</strong>utschen und ausländischen Schüler/<br />

innen getrennte Arbeitsgruppen bil<strong>de</strong>. Eine<br />

an<strong>de</strong>re Erfahrung ist, dass Jugendarbeit in<br />

<strong>de</strong>n einzelnen Communities nur jeweils unter<br />

sich stattfin<strong>de</strong>. Abgrenzungen zu überwin<strong>de</strong>n<br />

– so die von allen geteilte Auffassung<br />

– sei ein langwieriger und schwieriger<br />

pädagogischer Prozess.<br />

Prof. Scherr strich nochmals die Notwendigkeit<br />

einer <strong>de</strong>utlichen Ausdifferenzierung und<br />

konzeptionellen Profilierung <strong>de</strong>r Jugendarbeit<br />

heraus; es sollten (nur) solche jugendpolitischen<br />

Projekte gezielt geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n,<br />

die diese Profilierung tatsächlich aufwiesen.<br />

Eine wichtige For<strong>de</strong>rung sollte dabei sein,<br />

grenzüberschreiten<strong>de</strong> Projekte und Angebote<br />

zu initiieren. In <strong>de</strong>n Köpfen vieler Pädagogen<br />

sei das Bewusstsein und <strong>de</strong>r Anspruch<br />

nicht vorhan<strong>de</strong>n, Abgrenzungen aus <strong>de</strong>r Welt<br />

zu schaffen. Überhaupt fehle in Deutschland<br />

eine antirassistisch ausgerichtete Diskussion;<br />

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