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Im JUZ alles paletti?<br />
Albert Scherr<br />
Im JUZ alles paletti? Wie offen ist die außerschulische<br />
Jugendarbeit?<br />
Prof. Dr. Albert Scherr<br />
Vorbemerkung<br />
Es ist wissenschaftlich und politisch nicht<br />
zulässig davon auszugehen, dass Migrantenjugendliche<br />
bzw. Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
eine homogene Sozialgruppe und<br />
als solche eine spezifische Zielgruppe für die<br />
Jugendarbeit darstellen. Es han<strong>de</strong>lt sich vielmehr<br />
um eine sozialstatistische Konstruktion,<br />
die wesentlich durch die Diskrepanz zwischen<br />
Lebensort und Staatsbürgerschaft veranlasst<br />
ist. Es kann aber auch nicht ignoriert<br />
wer<strong>de</strong>n, dass Migrantenjugendliche spezifischen<br />
sozialen Benachteiligungen unterliegen.<br />
Dies wird daran sichtbar, dass ca. 20 %<br />
aller Migrantenjugendlichen keinen qualifizierten<br />
Schulabschluss er<strong>reich</strong>en und ca.<br />
40 % ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung<br />
bleiben. Migrantenjugendliche sind<br />
für die Jugendarbeit primär aufgrund <strong>de</strong>r<br />
sozioökonomischen und rechtlichen Benachteiligungen<br />
relevant, <strong>de</strong>nen sie unterliegen.<br />
Dies legitimiert aber keine pauschale<br />
Etikettierung und nicht <strong>de</strong>n Verzicht auf differenzierte<br />
Sichtweisen, wie sie immer wie<strong>de</strong>r<br />
formuliert wer<strong>de</strong>n.<br />
1.<br />
Eine explizite Aufgabe <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- und Jugendhilfe liegt darin, „junge<br />
Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung för<strong>de</strong>rn<br />
und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r abzubauen“<br />
(KJHG, § 1, Abs. 3). Der grundlegen<strong>de</strong> Auftrag <strong>de</strong>r Jugendarbeit<br />
wird gesetzlich wie folgt gefasst: „Jungen Menschen sind die<br />
zur För<strong>de</strong>rung ihrer Entwicklung erfor<strong>de</strong>rlichen Angebote <strong>de</strong>r Jugendarbeit<br />
zur Verfügung zu stellen“ (§ 11). Man muss also we<strong>de</strong>r<br />
eine beson<strong>de</strong>re moralische Verpflichtung und auch nicht die Antidiskriminierungsrichtlinien<br />
<strong>de</strong>r EU bemühen, um festzustellen: Der<br />
Aufgabe, zur Überwindung <strong>de</strong>r vielfach dokumentierten gesellschaftlichen<br />
Benachteiligungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
beizutragen, ist in <strong>de</strong>n gesetzlichen Vorgaben <strong>de</strong>s KJHG<br />
implizit enthalten. Dies gilt, nimmt man das Gesetz und die Kin<strong>de</strong>rrechtskonvention<br />
<strong>de</strong>r UNO beim Wort, nicht nur für solche Jugendliche<br />
mit gesichertem Aufenthaltsstatus, son<strong>de</strong>rn auch für diejenigen,<br />
die sich im Asylverfahren befin<strong>de</strong>n sowie für die sogenannten<br />
Illegalen.<br />
Hinzu kommt <strong>de</strong>r für die Jugendarbeit innerhalb <strong>de</strong>s KJHG spezifische<br />
<strong>Bildung</strong>sauftrag (§ 11). Dieser verbin<strong>de</strong>t sich im Fall von<br />
Migrantenjugendlichen mit einer spezifischen Paradoxie: Jugendarbeit<br />
als politische <strong>Bildung</strong> in einer <strong>de</strong>mokratisch verfassten Gesellschaft<br />
ist an eine Teilgruppe adressiert, für die umfassen<strong>de</strong><br />
staatsbürgerliche Rechte gera<strong>de</strong> nicht gewährleistet sind.<br />
2.<br />
Die Frage, ob und wie Jugendarbeit <strong>de</strong>r Erwartung gerecht wird,<br />
zur Überwindung von Benachteiligungen von Migrantenjugendlichen<br />
beizutragen, o<strong>de</strong>r aber gera<strong>de</strong> zur Verfestigung <strong>de</strong>r Benachteiligung<br />
und Marginalisierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
beiträgt, ist nicht verlässlich zu beantworten. Denn es<br />
fehlen aussagefähige empirische Studien.<br />
Zwar kann mit einiger Sicherheit vermutet wer<strong>de</strong>n, dass die Profis<br />
<strong>de</strong>r Jugendarbeit keine diskriminieren<strong>de</strong>n Absichten haben. Unter-<br />
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