Bildung macht reich - inpact-rlp.de
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Alles Pisa?<br />
Ursula Neumann<br />
3.3 Eltern, Familie und Community<br />
Ein Kennzeichen <strong>de</strong>r <strong>Bildung</strong>ssituation von Kin<strong>de</strong>rn mit Migrationshintergrund<br />
ist die wi<strong>de</strong>rsprüchliche Situation, dass die Zuwan<strong>de</strong>rerfamilien<br />
einerseits bestrebt sind, ihr ökonomisches, soziales und<br />
kulturelles Kapital zu vermehren und einen sozialen Aufstieg zu<br />
er<strong>reich</strong>en. Dies äußert sich in hohen <strong>Bildung</strong>s- und Berufserwartungen<br />
an die Kin<strong>de</strong>r. An<strong>de</strong>rerseits sind sie aber<br />
u.a. aufgrund ihrer schlechten ökonomischen Lage<br />
häufig nicht in <strong>de</strong>r Lage, diese Orientierungen auch<br />
umzusetzen bzw. angemessene Strategien dafür<br />
zu entwickeln. Umgekehrt sind die <strong>de</strong>utschen<br />
<strong>Bildung</strong>sinstitutionen häufig nicht in <strong>de</strong>r Lage, sich<br />
auf die Bedürfnisse <strong>de</strong>r Migrantinnen und Migranten<br />
einzustellen. Auch ihnen fehlen Informationen<br />
und Strategien im Zugang zu <strong>de</strong>n Migranten-<br />
Communities.<br />
Naturwissenschaften, aber auch <strong>de</strong>r Mathematik,<br />
von <strong>de</strong>n Lehrkräften zu wenig wahrgenommen<br />
und in <strong>de</strong>r Methodik und Didaktik<br />
berücksichtigt. Die spezifische schulrelevante<br />
Sprache stellt die eigentliche Hür<strong>de</strong><br />
für <strong>de</strong>n Erwerb <strong>de</strong>s schulischen Wissens<br />
dar – so eine gegenwärtig diskutierte<br />
Hypothese zur Erklärung <strong>de</strong>r niedrigen<br />
Lesekompetenzergebnisse bei<br />
zweisprachigen Kin<strong>de</strong>rn mit Migrationshintergrund.<br />
Betrachtet man die<br />
Sprache <strong>de</strong>r Schule allgemein und die<br />
Sprachen <strong>de</strong>r Fächer speziell als Fachsprachen,<br />
so zeichnen sich bei<strong>de</strong> durch<br />
solche Merkmale aus, die nicht <strong>de</strong>nen<br />
<strong>de</strong>r mündlichen Kommunikation entsprechen,<br />
son<strong>de</strong>rn eher schriftförmigen Charakter<br />
haben. Sie sind abstrakter, weniger<br />
stark an Situationen gebun<strong>de</strong>n, haben komplexere<br />
Strukturen und weisen mehr Funktionswörter<br />
auf. Diese „aka<strong>de</strong>mische Sprache“<br />
(wie Jim Cummins sie genannt hat) muss<br />
eigens gelernt wer<strong>de</strong>n, aber viele <strong>de</strong>r<br />
Migrantenkin<strong>de</strong>r kommen erst – o<strong>de</strong>r nur –<br />
in <strong>de</strong>r Schule damit in Berührung. So ist es<br />
möglich, dass fließend <strong>de</strong>utsch sprechen<strong>de</strong><br />
Kin<strong>de</strong>r nicht als Zweitsprachenlerner auffallen,<br />
weil sie gut <strong>de</strong>utsch sprechen. Trotz ihrer<br />
entwickelten mündlichen Kompetenzen<br />
müssten sie aber beim Erwerb eines schriftförmigen<br />
Deutsch unterstützt wer<strong>de</strong>n. Häufig<br />
wird Zweisprachigkeit als Bedingung schulischen<br />
Lernens nicht wahrgenommen, wenn<br />
Lerner gut <strong>de</strong>utsch sprechen.<br />
3.4 Religion<br />
Ungeachtet <strong>de</strong>s breiten Spektrums religiöser Bindungen ganz unterschiedlicher<br />
Intensität, Überzeugung und Praxen steht in <strong>de</strong>r Debatte<br />
um die spezifischen <strong>Bildung</strong>svoraussetzungen, die Kin<strong>de</strong>r und<br />
Jugendliche mit Migrationshintergrund in bezug auf die religiöse<br />
<strong>Bildung</strong> mitbringen, zumeist <strong>de</strong>r Islam im Mittelpunkt <strong>de</strong>s Interesses.<br />
Neuere Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Religiosität<br />
bzw. <strong>de</strong>r Bindung an Religionsgemeinschaften und <strong>Bildung</strong>serfolg<br />
liegen nicht vor. Im Hinblick auf <strong>de</strong>n Erziehungsstil türkischer<br />
Migrantinnen und Migranten in Deutschland hat Nauck (1994;<br />
1998) nachgewiesen, dass nicht die Religion (hier <strong>de</strong>r Islam) son<strong>de</strong>rn<br />
das Ausbildungsniveau <strong>de</strong>r Eltern ein wichtiger Faktor für das<br />
Erziehungsverhalten ist. Auch Karakasoglu-Aydin (2000) weist<br />
ebenfalls auf dieses Forschungs<strong>de</strong>si<strong>de</strong>rat hin.<br />
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