Bildung macht reich - inpact-rlp.de
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Im Dickicht von Curriculum und Institution<br />
Franz Hamburger<br />
Bei Jugendlichen ist <strong>de</strong>r formelle <strong>Bildung</strong>sabschluss<br />
beson<strong>de</strong>rs wichtig, da dieser<br />
darüber entschei<strong>de</strong>t, welche Linien sozialer<br />
Zugehörigkeit im Erwachsenenleben angelegt<br />
wer<strong>de</strong>n. Der <strong>Bildung</strong>sabschluss ist <strong>de</strong>r maßgebliche<br />
Faktor für die Systemintegration: für<br />
die Integration in das System <strong>de</strong>r weiterführen<strong>de</strong>n<br />
<strong>Bildung</strong> und später in das Berufssystem<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft.<br />
Darüber hinaus hat die Gruppe <strong>de</strong>r Gleichaltrigen<br />
für <strong>de</strong>n Jugendlichen eine beson<strong>de</strong>re<br />
Be<strong>de</strong>utung, weil nur in ihr die Erfahrung<br />
<strong>de</strong>r Anerkennung durch Gleiche ge<strong>macht</strong><br />
wer<strong>de</strong>n kann. Die Erfahrungen in <strong>de</strong>r Gruppe<br />
Gleichaltriger sind paradigmatisch für die<br />
Sozialintegration einer <strong>de</strong>mokratischen Gesellschaft,<br />
in <strong>de</strong>r es gera<strong>de</strong> darauf ankommt,<br />
dass alle die gleichen Rechte und Pflichten<br />
haben, alle die gleiche Anerkennung genießen<br />
können.<br />
Nur wenn bei<strong>de</strong> Integrationsprozesse gelingen<br />
– die Integration in die Systeme und die<br />
soziale Integration in <strong>de</strong>r Lebenswelt<br />
<strong>de</strong>r unmittelbaren Beziehungen –,<br />
kann <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die Jugendliche I<strong>de</strong>ntität<br />
entwickeln, eine I<strong>de</strong>ntität, die<br />
es ihm o<strong>de</strong>r ihr ermöglicht, die Verschränkung<br />
von Sozial- und Systemintegration<br />
für sich selbst zu gestalten.<br />
Gera<strong>de</strong> das Jugendalter wird von <strong>de</strong>r<br />
ständigen Anfor<strong>de</strong>rung begleitet, bestimmte<br />
Entwicklungsaufgaben zu<br />
bewältigen, die sich im Spannungsfeld<br />
von System- und Sozialintegration<br />
bewegen. Nur eine Bewältigung<br />
bei<strong>de</strong>r Entwicklungsaufgaben<br />
kann sicherstellen, dass <strong>Bildung</strong><br />
<strong>reich</strong> <strong>macht</strong>. Erfolgt die Integration<br />
nur im Hinblick auf eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
Dimensionen, können die individuellen Synthesen<br />
aus <strong>de</strong>m Nebeneinan<strong>de</strong>r von System<br />
und sozialen Beziehungen nicht o<strong>de</strong>r nur<br />
begrenzt hergestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Damit die Entwicklungsaufgaben in ihren<br />
bei<strong>de</strong>n Dimensionen gelöst wer<strong>de</strong>n und im<br />
Gleichgewicht bleiben, müssen sich Schule,<br />
Jugendhilfe und betriebliche Ausbildung in<br />
dieser Phase daran orientieren, wie sie <strong>de</strong>n<br />
Jugendlichen bei <strong>de</strong>r Bewältigung <strong>de</strong>r<br />
Entwicklungsaufgaben unterstützen können.<br />
Dies ist ein be<strong>de</strong>utsames Kriterium für alle<br />
<strong>Bildung</strong>s- und Unterstützungsprozesse in dieser<br />
Altersphase. Auch für <strong>de</strong>n Erwachsenen<br />
können wir die gleichzeitige Realisierung von<br />
System- und Sozialintegration als Form gelingen<strong>de</strong>n Lebens <strong>de</strong>finieren.<br />
Die Systemintegration im Beruf und in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mokratischen<br />
Institutionen <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Staates, die Teilhabe an allen wesentlichen<br />
Gütern <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Gesellschaft und die Realisierung von<br />
sozialen Rechten durch Inklusion in das <strong>de</strong>mokratische Gemeinwesen<br />
sind die Grundlage für alle weiteren Prozesse. <strong>Bildung</strong>szertifikate<br />
und Berechtigungen bil<strong>de</strong>n spezifische Voraussetzungen <strong>de</strong>r Systemintegration.<br />
Gleichzeitig kommt es darauf an, die Sozialintegration<br />
ein ganzes Leben lang zu sichern, d.h. über soziales Kapital zu verfügen,<br />
Solidarität genießen zu können und in jene Gruppen <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft integriert zu sein, die einem wichtig sind.<br />
Die gelingen<strong>de</strong> Balance von Sozialintegration und Systemintegration<br />
<strong>macht</strong> die „Integrität“ eines Erwachsenen möglich, die sich darin<br />
zeigt, dass er eine selbstständige Lebensführungskompetenz erworben<br />
hat, seine Zugehörigkeit reflektieren und akzeptieren kann<br />
und sich aufgrund dieser Zugehörigkeit für das Gemeinwesen engagiert,<br />
in <strong>de</strong>m er lebt. Denn Zugehörigkeit und Verantwortlichkeit<br />
sind zwei Seiten einer Medaille. Dies be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Zugang zu<br />
gesellschaftlich wichtigen Gütern so gesichert sein muss, dass alle<br />
Mitglie<strong>de</strong>r einer Gesellschaft ungeachtet <strong>de</strong>r unterschiedlichen Verhältnisse,<br />
in <strong>de</strong>nen sie leben, hin<strong>reich</strong>end zufrie<strong>de</strong>n sind, um die<br />
faktisch realisierte System- und Sozialintegration akzeptieren zu<br />
können.<br />
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