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Bildung macht reich - inpact-rlp.de

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Im Dickicht von Curriculum und Institution<br />

Franz Hamburger<br />

Eine intelligente Verknüpfung zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Ansätzen muss<br />

darauf abzielen, die Beziehungen zwischen <strong>de</strong>n privaten Lebenswelten<br />

und <strong>de</strong>n Sektoren öffentlich verantworteter Erziehung so zu<br />

verbessern, dass neue Kooperationsformen entwickelt wer<strong>de</strong>n und<br />

dadurch Verän<strong>de</strong>rungen in Gang kommen. Nach allem, was wir über<br />

die Bedingungen von <strong>Bildung</strong>serfolg wissen, bedarf es einer solchen<br />

Verknüpfung, um auch Migrantenkin<strong>de</strong>rn die Erfahrung ermöglichen<br />

zu können, dass <strong>Bildung</strong> <strong>reich</strong> <strong>macht</strong>.<br />

Privat organisierte und öffentlich verantwortete Lebenswelt greifen<br />

also in <strong>de</strong>m von uns betrachteten Feld ineinan<strong>de</strong>r, das durch Akteure,<br />

Strukturen und Prozesse bestimmt wird. Akteure sind die<br />

Familie und die selbst gesteuerten Zusammenschlüsse. Die staatlich<br />

gesteuerten Einrichtungen <strong>de</strong>r Daseinsvorsorge sowie Prozesse<br />

wer<strong>de</strong>n in ihrer zeitlichen Dimension betrachtet. Mit diesem Ansatz<br />

können wir die gesamte Zeitspanne von <strong>de</strong>r Kindheit zum<br />

Erwachsenenalter ins Auge fassen.<br />

Hierbei kommt es ganz wesentlich darauf an, das Kind bzw. <strong>de</strong>n<br />

Jugendlichen in <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>r Betrachtung zu stellen. Erfor<strong>de</strong>rlich<br />

ist ein genuin pädagogischer Zugang, <strong>de</strong>r danach fragt, wie<br />

die gesellschaftlichen Anfor<strong>de</strong>rungen umgeformt wer<strong>de</strong>n müssen,<br />

damit Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche sich diese aneignen und in <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit ihnen ihren eigenen Weg gehen können. Die<br />

pädagogische Betrachtungs- und Handlungsweise wird dabei auch<br />

von <strong>de</strong>r grundlegen<strong>de</strong>n menschlichen Erfahrung beeinflusst, dass<br />

die Zukunft nicht auf Kosten <strong>de</strong>r Gegenwart gewonnen wer<strong>de</strong>n kann,<br />

weil wir wissen, dass diese Zukunft nicht (in <strong>de</strong>r versprochenen<br />

Art) er<strong>reich</strong>t wird, wenn das, was <strong>de</strong>r Zukunft wegen bzw. nur <strong>de</strong>r<br />

Zukunft wegen getan wird, in <strong>de</strong>r Gegenwart keine Entsprechung<br />

hat. Zukunftsorientierung baut immer auf einer sinnerfüllten Gegenwart<br />

auf. Je mehr wir Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen in <strong>de</strong>r Gegenwart<br />

befriedigen<strong>de</strong> Lebensbedingungen sichern können, um so klarer<br />

sehen sie ihre Zukunft und um so sicherer können sie ihre Zielvorstellungen<br />

er<strong>reich</strong>en.<br />

Pädagogische Orientierung setzt auch auf intrinsische Motivation,<br />

d.h. sie versucht Kin<strong>de</strong>rn attraktive Lebensbedingungen anzubieten<br />

und verlässt sich darauf, dass Kin<strong>de</strong>r aus ihrer eigenen Entscheidung<br />

heraus aus diesen Lebensbedingungen auswählen und<br />

<strong>de</strong>n für sie besten Weg gehen.<br />

Ferner beinhaltet <strong>de</strong>r pädagogische Zugang, dass Kin<strong>de</strong>r in ihrer<br />

Gegenwart erleben und erfahren müssen, dass sie um ihrer selbst<br />

willen angenommen und akzeptiert wer<strong>de</strong>n und nicht als Instrument<br />

für gesellschaftliche Zielvorstellungen eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

„<strong>Bildung</strong> <strong>macht</strong> <strong>reich</strong>“ und zwar dann – die Individuen wie auch die<br />

Gesellschaft –, wenn sie auf <strong>de</strong>r Unterstützung und pädagogischen<br />

Zuwendung zum Kind, zum Jugendlichen beruht. Wenn <strong>Bildung</strong><br />

allerdings darauf reduziert wird, gesellschaftliche Bedarfe zu <strong>de</strong>finieren<br />

und die Individuen lediglich auf ihre Funktionserfüllung gegenüber<br />

diesen gesellschaftlichen Bedarfen auszurichten, dann<br />

können Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche ihre subjektive Orientierung nur<br />

gegen die Gesellschaft realisieren. Wenn Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche in<br />

aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen lediglich unter <strong>de</strong>m<br />

Gesichtspunkt <strong>de</strong>r von ihnen künftig zu erfüllen<strong>de</strong>n Qualifikationsanfor<strong>de</strong>rungen<br />

betrachtet wer<strong>de</strong>n, wenn sich also <strong>de</strong>r Satz „<strong>Bildung</strong><br />

<strong>macht</strong> <strong>reich</strong>“ nur auf diejenigen beziehen soll, die sich die<br />

Qualifikation von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen einmal aneignen wer<strong>de</strong>n,<br />

dann sehen Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche keinen<br />

subjektiven Sinn darin, sich <strong>Bildung</strong>sanstrengungen<br />

zu unterwerfen. Erst wenn<br />

sich das Versprechen „<strong>Bildung</strong> <strong>macht</strong> <strong>reich</strong>“<br />

auf die Gesellschaft und die Mitglie<strong>de</strong>r dieser<br />

Gesellschaft gleichermaßen bezieht, dann<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>Bildung</strong>sanstrengungen auch für die<br />

einzelne Person lohnenswert.<br />

In <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen,<br />

die Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche – und<br />

gera<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche mit<br />

Migrationshintergrund – tagtäglich erfahren,<br />

bil<strong>de</strong>n sie ihr Bild von <strong>de</strong>r Gesellschaft und<br />

von sich selbst aus. Dieses Bild muss in ein<br />

Gleichgewicht gebracht wer<strong>de</strong>n, damit sie<br />

sich in <strong>de</strong>n Institutionen <strong>de</strong>s <strong>Bildung</strong>swesens<br />

anstrengen und an eine lohnenswerte Zukunft<br />

glauben. Auf einer konkreteren Ebene<br />

wird das Bild, das sich Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />

von sich und <strong>de</strong>r Gesellschaft aneignen,<br />

natürlich durch die Personen geprägt, die sie<br />

im alltäglichen Leben erfahren, in erster Linie<br />

durch ihre Eltern, dann vor allem auch<br />

durch Erzieher und Erzieherinnen, Lehrer und<br />

Lehrerinnen, die sie in Kin<strong>de</strong>rgarten und<br />

Schule entwe<strong>de</strong>r als Individuum wie alle an<strong>de</strong>ren<br />

Individuen akzeptieren o<strong>de</strong>r die sie als<br />

etwas Beson<strong>de</strong>res behan<strong>de</strong>ln, obwohl sie gar<br />

nichts Beson<strong>de</strong>res sein wollen. Die Erfahrung,<br />

einen anerkannten Platz in <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

einnehmen zu können, hängt wesentlich<br />

davon ab, dass Kin<strong>de</strong>r täglich erleben, dass<br />

sie in ihrer Welt bereits einen selbstverständlichen<br />

Platz einnehmen und zu dieser sozialen<br />

Welt dazu gehören so wie alle an<strong>de</strong>ren<br />

Kin<strong>de</strong>r auch.<br />

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