Tauernfenster 2003
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Tauernfenster 2003
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GENAU GESCHAUT<br />
DER HEILIGE VALENTIN AM HOCHALTAR DER PFARRKIRCHE VON PRETTAU<br />
Das barocke Altarblatt des Hochaltares der Pfarrkirche<br />
von Prettau aus der Mitte des 18. Jh.s stammt<br />
von Franz Sebald Unterberger (1706-1776) und<br />
zeigt den Heiligen Valentin mit Landschaft und<br />
Herde. Der Rahmen des Bildes ist neugotisch und<br />
ein signiertes Werk von Josef Stauder aus Innichen,<br />
datiert auf der Rückseite 1858.<br />
Wir sehen die beeindruckende Erscheinung des<br />
Bischofs Valentin, der einen Kranken heilt. Die<br />
Legende erzählt von der wundersamen Heilung<br />
eines „kontrakten“ (durch Krämpfe gekrümmten)<br />
Knaben durch den Bischof Valentin. Krampfartige<br />
Verrenkungen finden sich vor allem bei der Epilepsie,<br />
die früher als besonders unheimliche Krankheit<br />
galt. So erklärt sich das Patronat des Heiligen<br />
vielleicht eher als durch den Gleichklang von Fallsucht<br />
und Valentin, der vielfach als ausschlaggebend<br />
für die Wahl dieses Patrons gegen die<br />
„hinfallete“ Krankheit angesehen wird.<br />
Der heilige Valentin erscheint in einem kostbaren<br />
Bischofsornat auf einer Wolkenbank. Sein blau<br />
gefütterter Mantel von feinstem Goldbrokat ist in<br />
reiche wallende Falten gelegt. Valentin trägt eine<br />
kostbare Mitra, hat die Rechte segnend erhoben<br />
und hält in der linken Hand seinen Bischofsstab und<br />
einen Palmzweig, der ihn als Märtyrer ausweist. In<br />
den Falten seines Mantels birgt sich ein Engel, der<br />
mit ihm den Stab hält. Sozusagen als kompositorisches<br />
Gegengewicht zum wallenden Mantel sitzt<br />
rechts auf der Wolkenbank ein weiterer Putto.<br />
Oberhalb des Bischofs öffnen sich die Wolken und<br />
geben den Ausblick auf ein hell erleuchtetes Stück<br />
Himmel frei. Engel leiten in diesen Bereich über, der<br />
auf die Anwesenheit Gottes hinweist. Gott allein<br />
gibt dem Heiligen die Gewalt, das dargestellte<br />
Wunder zu vollbringen.<br />
Der Bereich unter dem Bischof ist zweigeteilt und<br />
weist auf die beiden „Zuständigkeitsbereiche“ des<br />
Heiligen hin:<br />
Links liegt, in gewagter Verkürzung dargestellt, ein<br />
Epileptiker, den Valentin mit seinem Segensgestus<br />
heilt. Rechts erscheinen eine Herde von Rindern,<br />
Schafen und Ziegen und der dazugehörige Hirte, die<br />
darauf hinweisen, dass die Haustiere unter dem<br />
besonderen Schutz des Heiligen stehen.<br />
Die Ausführung des Werkes zeugt von hoher künstlerischer<br />
Qualität. Die stilistischen Merkmale machen<br />
die Altartafel zu einem Lehrbeispiel der barocken<br />
Malerei.<br />
Die Dargestellten sind in eine Dreieckskomposition<br />
eingefasst, wobei die Mitra des Bischofs die Spitze<br />
des Dreiecks bildet. Die Wolkenbank leitet nach<br />
unten weiter und stabilisiert zugleich als ruhende<br />
Horizontale die Komposition. Die beiden Szenen mit<br />
dem Kranken und der Herde stellen die unterste<br />
Linie des Dreiecks dar und ziehen sich über die<br />
gesamte Breite des Altarblattes.<br />
Diagonalen bestimmen das Bild, am deutlichsten zu<br />
sehen am Bischofsstab. Die Darstellung des Kranken<br />
in einer gewagten perspektivischen Verkürzung,<br />
starke Hell-Dunkel-Kontraste, eine große Dynamik<br />
und der aufgebauschte Faltenwurf sind weitere<br />
typische Merkmale der barocken Malerei.<br />
Die Darstellung des Kranken erinnert in dem scharfen<br />
Chiaroscuro und dem starken Realismus an<br />
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