Tauernfenster 2003

Tauernfenster 2003 Tauernfenster 2003

30.05.2014 Aufrufe

JAHR DES WASSERS der Etsch bei. Zunehmend wird der Ahr auch Wasser durch Ableitungen zur Stromerzeugung entnommen. Sie hat somit über lange Strecken ihre Natürlichkeit verloren. Nichts desto Trotz sind gerade die Ahrauen zwischen Sand in Taufers und Bruneck ein Kleinod der Südtiroler Landschaft. Sie sind so wertvoll, dass ein erheblicher Bereich als Natura 2000 Gebiet ausgewiesen wurde und somit unter dem Schutz der EU steht. Unsere Verbauungsaktivitäten sind nun das eine – die Wasserverschmutzung das andere. Durch Einleitung von Abwassern, illegaler Müllentsorgung und zu intensiver Landwirtschaft wird das Wasser der Ahr verschmutzt. Die Abwassereinleitung hat durch den Bau der Abwasserkanalisation und der Kläranlage in St. Lorenzen stark abgenommen. Die wilden Müllhalden bzw. die Entsorgung des Mülls in Fließgewässern, sowie die intensive Landwirtschaft wirkt sich hingen heute (wieder) zunehmend negativ auf die Wasserqualität bzw. Wassergüte aus. Daher hat die Ahr in den letzten Jahren nicht die Güteklasse 1 also Trinkwasserqualität erreicht, sondern besitzt bereits ab Prettau nur Güteklasse 2. Wir übergeben also die Ahr bereits mäßig belastet an die Ahrntaler. Diese Güteklasse behält sie bis kurz vor der Mündung in die Rienz. Entlang der Ahrauen erholt sich die Ahr nämlich wieder bis zu einer Güteklasse von 1-2. Ihr Seitenzufluss, der Mühlwalder Bach, hat sich hingegen in den letzten Jahren durch die Abwasserkanalisation merklich verbessert: im Oberlauf weist er eine erste Güteklasse auf und auch im Unterlauf ist er kaum belastet. Das gleiche gilt für den Reinbach. Die Gewässergüte wird im Übrigen über die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften der Kleintiere (Makrozoobenthos) erhoben. Zu den wichtigsten Zeigerarten gehören etwa Insektenlarven und Würmer. Nebenbei gesagt, die Artenvielfalt ist in den Süßwasserökosystemen sehr hoch. Obwohl sie nur 0,8% der Landfläche der Erde einnehmen, sind 44.000 Arten bekannt - mehr Arten als aus allen Meeren zusammen! Oder anders gesagt, ganze 12% aller beschriebenen Tierarten sind Süßwasserbewohner! Wie man sieht, wir können für die Zukunft unseres Wassers oder besser gesagt für die Zukunft des Wassers jener Menschen, die von unserem Wasser abhängig sind, aktiv etwas tun. Aber wir sind nicht die alleinigen Herren unseres Wassers! DIE ZUKUNFT UNSERES WASSERS Im Gegenzug zu der immer knapper werdenden Ressource Trinkwasser wird im Rahmen der GATS- Verandlungen (General Agreement on Trade in Services - zu deutsch: Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) überlegt, die staatlichen Wassermonopole zu lockern und den privaten Konzernen zu öffnen. Die Betreiber der GATS-Verhandlungen verfolgen im Allgemeinen das Ziel eines grenzenlosen Weltmarkts, auf dem Kapital und Waren sich ungehindert entsprechend Angebot und Nachfrage bewegen können. Ökologische Kriterien, Armutsbekämpfung und sogar Menschenrechte werden hinter das Ziel des Freihandels zurückgestellt. Das GATS-Abkommen, das gegenwärtig neu verhandelt wird, soll somit sämtliche Dienstleistungsmärkte faktisch unumkehrbar liberalisieren. Zu den zentralen Dienstleistungsmärkten gehören etwa Bereiche wie Energieversorgung, Transportund Gesundheitswesen, aber auch die Bildung. Bisher hat die Wasserversorgung in diesem Abkommen gefehlt. Ausgerechnet die EU-Kommission hat jedoch bei der WTO (Welthandelsorganisation) den Vorschlag eingebracht, den Sektor „Wasser für menschlichen Gebrauch und Abwassermanagement“ als zukünftige Dienstleistungen aufzunehmen. Das heißt im Konkreten, dass die Trinkwasserversorgung privatisiert werden soll. Hintergrund dafür sind die – staatlich geförderten – Expansionsbestrebungen der großen Wasserversorgungsunternehmen aus Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Führend sind die französischen Konzerne Vivendi und Suez. Die beiden besitzen oder kontrollieren gemeinsam kleinere Wasserfirmen in fast 120 Ländern auf fünf Kontinenten. Auch die Weltfirma Coca Cola kauft sich verstärkt in diesen Markt ein. Sie hat erst kürzlich die österreichische Wassermarke Römerquelle gekauft. Andere – wie die Mineralwasserfirma Plose - könnten folgen. Diese Großkonzerne sind sehr bestrebt den Markt weiter zu erschließen. Ein für sie günstiges GATS-Abkommen würde es ihnen ermöglichen. Nationale und regionale Regierungen wären bei Zukunftsentscheidungen aus dem Rennen. Ausgerechnet im UN-Jahr des Süßwassers wird dieses Thema von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. So gibt es auch in Südtirol nur vereinzelte Wortmeldungen, etwa von der Südtiroler HochschülerInnenschaft und vom Abgeordneten Hans Widmann. Jene die sich melden, stehen den Entwicklungen in der Trinkwasserversorgung sehr kritisch gegenüber. Und das mit Recht! Die Erfahrungen mit der Privatisierung des Wassermarktes sind schlecht. Regierungen stehen in der Verantwortung, allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Versorgung zu gewähren. Wird die Wasserversorgung privatisiert, ändert sich die Situation radikal. Die globalen Konzerne sind am maximalen Profit, nicht am Allgemeinwohl interessiert. 36 5

JAHR DES WASSERS Die Privatisierung der Wasserversorgung bedeutet im Allgemeinen den Verlust von Arbeitsplätzen, schlechtere Wasserqualität und mittelfristig höhere Verbraucherpreise. In Großbritannien wurden nach der Privatisierung 150.000 Stellen abgebaut. Die Wasserqualität verschlechterte sich derart, dass sich die Zahl der Hepatitis-A-Fälle verdoppelte, die Zahl der Ruhrerkrankungen versechsfachte sich. Zugleich nahmen die Verbraucherpreise um bis zu 50% zu. In Frankreich stiegen sie seit der Privatisierung sogar um 150%. In den Entwicklungsländern stellt sich die Lage noch dramatischer dar. In Südafrika zum Beispiel wurde denjenigen, die die Wasserrechnung nicht bezahlen konnten, der Hahn zugedreht. Weil Menschen daher gezwungen waren, Schmutzwasser zu nutzen, brach die Cholera aus. Je mehr wir also den Wassermarkt privatisieren, desto mehr überlassen wir anderen die Entscheidung über unsere Wasserzukunft. Natürlich fallen die endgültigen Entscheidungen weit ab von Prettau. Trotzdem, sie fallen nicht ganz ohne uns bzw. ohne die Zustimmung unserer politischen Vertreter. Ganz abgesehen davon, können auch wir Prettauer aktiv beitragen, dass zukünftige Entscheidungen und Entwicklungen möglichst gerecht und positiv für das Allgemeinwohl fallen. Ein erster Schritt dazu ist jener, auf unser Wasser zu achten, es möglichst zu schonen und die Entscheidungen innerhalb unserer Gemeinde zukunftsweisend zu treffen. Europäische Akademie Bozen Dr. Erich Tasser Aus vielen kleinen Quellen plätschert unser gutes Trinkwasser aus dem Boden Die Dreiherrnspitze – auch in den Gletschern begründet sich der Prettauer Wasserreichtum "Ein Tal ohne Wasser ist wie ein Mensch ohne Sprache“ (Peter Rosegger) Ein durch das Wasser geprägter Lebensraum: das Wiesermoos 37 5

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der Etsch bei. Zunehmend wird der Ahr auch Wasser<br />

durch Ableitungen zur Stromerzeugung entnommen.<br />

Sie hat somit über lange Strecken ihre Natürlichkeit<br />

verloren. Nichts desto Trotz sind gerade die<br />

Ahrauen zwischen Sand in Taufers und Bruneck ein<br />

Kleinod der Südtiroler Landschaft. Sie sind so<br />

wertvoll, dass ein erheblicher Bereich als Natura<br />

2000 Gebiet ausgewiesen wurde und somit unter<br />

dem Schutz der EU steht.<br />

Unsere Verbauungsaktivitäten sind nun das eine –<br />

die Wasserverschmutzung das andere. Durch Einleitung<br />

von Abwassern, illegaler Müllentsorgung und<br />

zu intensiver Landwirtschaft wird das Wasser der<br />

Ahr verschmutzt. Die Abwassereinleitung hat durch<br />

den Bau der Abwasserkanalisation und der Kläranlage<br />

in St. Lorenzen stark abgenommen. Die wilden<br />

Müllhalden bzw. die Entsorgung des Mülls in Fließgewässern,<br />

sowie die intensive Landwirtschaft wirkt<br />

sich hingen heute (wieder) zunehmend negativ auf<br />

die Wasserqualität bzw. Wassergüte aus. Daher hat<br />

die Ahr in den letzten Jahren nicht die Güteklasse<br />

1 also Trinkwasserqualität erreicht, sondern besitzt<br />

bereits ab Prettau nur Güteklasse 2. Wir übergeben<br />

also die Ahr bereits mäßig belastet an die Ahrntaler.<br />

Diese Güteklasse behält sie bis kurz vor der Mündung<br />

in die Rienz. Entlang der Ahrauen erholt sich<br />

die Ahr nämlich wieder bis zu einer Güteklasse von<br />

1-2. Ihr Seitenzufluss, der Mühlwalder Bach, hat<br />

sich hingegen in den letzten Jahren durch die<br />

Abwasserkanalisation merklich verbessert: im Oberlauf<br />

weist er eine erste Güteklasse auf und auch im<br />

Unterlauf ist er kaum belastet. Das gleiche gilt für<br />

den Reinbach. Die Gewässergüte wird im Übrigen<br />

über die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften<br />

der Kleintiere (Makrozoobenthos) erhoben.<br />

Zu den wichtigsten Zeigerarten gehören etwa Insektenlarven<br />

und Würmer. Nebenbei gesagt, die Artenvielfalt<br />

ist in den Süßwasserökosystemen sehr hoch.<br />

Obwohl sie nur 0,8% der Landfläche der Erde<br />

einnehmen, sind 44.000 Arten bekannt - mehr<br />

Arten als aus allen Meeren zusammen! Oder anders<br />

gesagt, ganze 12% aller beschriebenen Tierarten<br />

sind Süßwasserbewohner!<br />

Wie man sieht, wir können für die Zukunft unseres<br />

Wassers oder besser gesagt für die Zukunft des<br />

Wassers jener Menschen, die von unserem Wasser<br />

abhängig sind, aktiv etwas tun. Aber wir sind nicht<br />

die alleinigen Herren unseres Wassers!<br />

DIE ZUKUNFT UNSERES WASSERS<br />

Im Gegenzug zu der immer knapper werdenden<br />

Ressource Trinkwasser wird im Rahmen der GATS-<br />

Verandlungen (General Agreement on Trade in<br />

Services - zu deutsch: Allgemeines Abkommen über<br />

den Handel mit Dienstleistungen) überlegt, die<br />

staatlichen Wassermonopole zu lockern und den<br />

privaten Konzernen zu öffnen. Die Betreiber der<br />

GATS-Verhandlungen verfolgen im Allgemeinen das<br />

Ziel eines grenzenlosen Weltmarkts, auf dem Kapital<br />

und Waren sich ungehindert entsprechend Angebot<br />

und Nachfrage bewegen können. Ökologische Kriterien,<br />

Armutsbekämpfung und sogar Menschenrechte<br />

werden hinter das Ziel des Freihandels zurückgestellt.<br />

Das GATS-Abkommen, das gegenwärtig neu<br />

verhandelt wird, soll somit sämtliche Dienstleistungsmärkte<br />

faktisch unumkehrbar liberalisieren.<br />

Zu den zentralen Dienstleistungsmärkten gehören<br />

etwa Bereiche wie Energieversorgung, Transportund<br />

Gesundheitswesen, aber auch die Bildung.<br />

Bisher hat die Wasserversorgung in diesem Abkommen<br />

gefehlt. Ausgerechnet die EU-Kommission hat<br />

jedoch bei der WTO (Welthandelsorganisation) den<br />

Vorschlag eingebracht, den Sektor „Wasser für<br />

menschlichen Gebrauch und Abwassermanagement“<br />

als zukünftige Dienstleistungen aufzunehmen.<br />

Das heißt im Konkreten, dass die Trinkwasserversorgung<br />

privatisiert werden soll. Hintergrund<br />

dafür sind die – staatlich geförderten – Expansionsbestrebungen<br />

der großen Wasserversorgungsunternehmen<br />

aus Frankreich, Deutschland und Großbritannien.<br />

Führend sind die französischen Konzerne<br />

Vivendi und Suez. Die beiden besitzen oder kontrollieren<br />

gemeinsam kleinere Wasserfirmen in fast 120<br />

Ländern auf fünf Kontinenten. Auch die Weltfirma<br />

Coca Cola kauft sich verstärkt in diesen Markt ein.<br />

Sie hat erst kürzlich die österreichische Wassermarke<br />

Römerquelle gekauft. Andere – wie die Mineralwasserfirma<br />

Plose - könnten folgen. Diese Großkonzerne<br />

sind sehr bestrebt den Markt weiter zu<br />

erschließen. Ein für sie günstiges GATS-Abkommen<br />

würde es ihnen ermöglichen. Nationale und regionale<br />

Regierungen wären bei Zukunftsentscheidungen<br />

aus dem Rennen.<br />

Ausgerechnet im UN-Jahr des Süßwassers wird<br />

dieses Thema von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.<br />

So gibt es auch in Südtirol nur vereinzelte<br />

Wortmeldungen, etwa von der Südtiroler HochschülerInnenschaft<br />

und vom Abgeordneten Hans<br />

Widmann. Jene die sich melden, stehen den Entwicklungen<br />

in der Trinkwasserversorgung sehr kritisch<br />

gegenüber. Und das mit Recht! Die Erfahrungen<br />

mit der Privatisierung des Wassermarktes sind<br />

schlecht. Regierungen stehen in der Verantwortung,<br />

allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />

und sanitärer Versorgung zu gewähren. Wird die<br />

Wasserversorgung privatisiert, ändert sich die Situation<br />

radikal. Die globalen Konzerne sind am maximalen<br />

Profit, nicht am Allgemeinwohl interessiert.<br />

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