Tauernfenster 2011
Tauernfenster 2011
Tauernfenster 2011
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
IM UMFELD DER GEMEINDE<br />
Es gibt in Südtirol 111 verschiedene Waldtypen mit 1.113 ausgewiesenen<br />
Pflanzenarten, 173 verschiedenen Moosen, 49<br />
Baumarten, 23 unterschiedlichen Arten an Kleingehölzen und<br />
14.700 verschiedenen Tierarten. Auch wir Menschen suchen<br />
die Wälder gerne zu Erholungszwecken auf. So liegt mit 7.500<br />
Kilometern etwa die Hälfte der markierten Wanderwege im bewaldeten<br />
Gebiet.<br />
Nicht zu vergessen ist die so genannte Nutzfunktion des Waldes.<br />
Der Wald als Lieferant des nachwachsenden Rohstoffes<br />
Holz. Jedes Jahr werden in Südtirol im Schnitt 650.000 Festmeter<br />
Holz genutzt. Das entspricht nicht einmal der Hälfte der im<br />
gleichen Zeitraum zuwachsenden Holzmasse. In Südtirols Wäldern<br />
wachsen im Schnitt 3 Vfm Holz pro Minute zu. Die Nutzung<br />
des gesamten Zuwachses wäre in einem Gebirgsland wie<br />
dem unseren aber nicht möglich. Trotz relativ dichter Erschließung<br />
unserer Wälder mit Forstwegen gibt es viele Waldflächen,<br />
auf denen gerade wegen ihrer Lage, eine wirtschaftliche Holznutzung<br />
nicht möglich ist. Sie bleiben deshalb sich selbst überlassen,<br />
oder es müssen je nach Notwendigkeit, relativ kostenintensive<br />
Schutzwaldpflegemaßnahmen durchgeführt werden.<br />
Auch die kleinflächige Besitzstruktur erschwert eine rationelle<br />
Bewirtschaftung. Ganze 21.000 Waldeigentümer gibt es in<br />
unserem Lande. Davon haben über 9.000 eine Waldfläche von<br />
weniger als 2,5 Hektar. Nur 52 Betriebe in Südtirol verfügen<br />
über eine Waldfläche von mehr als 250 Hektar.<br />
In diesen Klein- und Kleinstwaldbesitzen wird nur aussetzend<br />
genutzt, d.h. Nutzungen werden nur durchgeführt, wenn Holz<br />
zum Bau eines Gebäudes gebraucht wird, bzw. wenn es eine<br />
günstige Verkaufsoption gibt. Dies birgt die latente Gefahr einer<br />
Überalterung der Wälder, mit nachteiligen Folgen für die<br />
Holzqualität und die Schutzfunktion.<br />
Eine immer größere Bedeutung im Sinne der Nutzfunktion unserer<br />
Wälder liegt in der Bereitstellung von Holz zur Versorgung<br />
der heimischen Biomassekraftwerke.<br />
Von den 116 Gemeinden unseres Landes werden mittlerweile<br />
66 mit Energie aus Biomasse versorgt. Dazu werden insgesamt<br />
1,2 Millionen Schüttraummeter (Srm) Hackgut benötigt. Von<br />
diesen kommen etwa 200.000 Srm direkt und etwa 400.000<br />
Srm indirekt über die holzverarbeitende Industrie aus heimischen<br />
Wäldern. Tendenz und Nachfrage sind steigend.<br />
Während in den vergangenen Jahrzehnten bedingt durch die<br />
„bequemen“ fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas die Nachfrage<br />
nach Holz als Brennstoff nicht sehr hoch war, kommt nun<br />
diesem Energieträger eine immer größere Bedeutung zu. Dies<br />
war schon während der Hochblüte des Bergbaues und natürlich<br />
zu Zeiten der industriellen Revolution im 18. Jhd und 19. Jhd der<br />
Fall. Die Forstwirtschaft hat damals auf den steigenden Holzverbrauch<br />
und die Vernachlässigung anderer Waldfunktionen mit<br />
der Erstellung von so genannten Waldordnungen reagiert. Eine<br />
der bekanntesten davon ist die von Kaiser Karl V. erlassene Tauferer<br />
Waldordnung aus dem Jahre 1521. In all diesen Waldordnungen<br />
hat man sich schon damals dem heute vielfach erwähnten<br />
„Prinzip der Nachhaltigkeit“ verschrieben. Dieses Prinzip<br />
besagt im Wesentlichen, dass nicht mehr Holz genutzt werden<br />
kann als nachwächst, somit kein Raubbau am Wald betrieben<br />
wird. Auch in den heutigen „Waldordnungen“ in Form von<br />
Waldbehandlungsplänen und Waldkarteien gilt die Nachhaltigkeit<br />
als oberstes Prinzip und oberste Entscheidungsgrundlage.<br />
Wo der Wald seine Schutzfunktion nicht mehr ausüben kann, müssen Lebensräume<br />
mit aufwendigen technischen Maßnahmen geschützt werden.<br />
Dieses, über mehr als 300 Jahre weiter getragene Bekenntnis<br />
zur Nachhaltigkeit mit den entsprechenden Bewirtschaftungsformen,<br />
hat dazu geführt, dass sämtliche Wälder in Südtirol<br />
ohne Notwendigkeit zur Änderung der bisher praktizierten<br />
waldbaulichen Eingriffe, nach den internationalen Normen von<br />
PEFC zertifiziert werden konnten. Diese Zertifizierung ist zum<br />
einen eine weit reichende Garantie für die nachhaltige Nutzung<br />
der Waldökosysteme auch in Zukunft, zum anderen aber auch<br />
ein Vorteil für den einzelnen Waldbesitzer, weil er imstande<br />
ist, am Holzmarkt ein Produkt zu präsentieren, welches nachweislich<br />
im Einklang mit der Natur und unter Beibehaltung aller<br />
Waldfunktionen genutzt wurde.<br />
Das Prinzip der Nachhaltigkeit gilt heute in Politik und Wirtschaft<br />
weltweit als überaus taugliches Modell für einen zukunftsorientierten<br />
Ressourceneinsatz.<br />
Forstinspektorat Bruneck • Wolfgang Weger<br />
TAUERNFENSTER <strong>2011</strong> 59