Vampir - Geschlecht - Studie - J. Reum
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ist allerdings, dass die binären <strong>Geschlecht</strong>er Mann und Frau nicht auf ihre äußeren<br />
und inneren <strong>Geschlecht</strong>smerkmale reduziert werden können und dürfen. Genauer<br />
betrachtet wird es evident, dass sich Männlichkeit und Weiblichkeit, beispielsweise in<br />
Bezug auf den Hormonhaushalt, überschneiden können. Es ist biologisch<br />
nachweisbar, dass sich unabhängig von ihrem quantitativen Erscheinen männliche<br />
Hormone im weiblichen Körper befinden und umgekehrt. 5<br />
Zur Schwierigkeit, <strong>Geschlecht</strong> ohne die Dichotomie des Biologismus zu definieren<br />
und wahrzunehmen, kommt die zweite Komponente des <strong>Geschlecht</strong>s – gender – das<br />
sozial konstruierte <strong>Geschlecht</strong>.<br />
Konsens in der <strong>Geschlecht</strong>erforschung ist, dass das soziale <strong>Geschlecht</strong> (‚gender‘) auf<br />
der Basis der biologischen Gegebenheiten (‚sex‘) konstruiert wird. Somit ist<br />
<strong>Geschlecht</strong> kein unhinterfragbares Merkmal, sondern eine interaktiv hergestellte<br />
soziale Praxis (‚doing gender‘), die jenseits ihrer Funktion einer strukturellen<br />
Absicherung von Dominanzverhältnissen vielfältig ausgestaltet werden kann. 6<br />
Gender ist durch Sozialisation, Medien und Sprache vorkonstruiert, wird jedoch nicht<br />
nur darüber thematisiert, sondern auch durch Konventionen wie Takt, Distanztechnik,<br />
Haltung, Körpersprache, aber auch durch Kleidung und Accessoires hergestellt. 7<br />
2.1 <strong>Geschlecht</strong> als Konstruktion<br />
Es gibt also zwei ineinander verstrickte Bestandteile von <strong>Geschlecht</strong>. Ich folge hier<br />
der Definition von Jürgen Budde:<br />
<strong>Geschlecht</strong> ist, (…), nicht ‘an sich’ eine biologische oder essentialistische [sic!]<br />
Tatsache, sondern eher eine Tat, eine Herstellung, eine gesellschaftliche Abmachung<br />
darüber, was als legitimes <strong>Geschlecht</strong> zu gelten hat und welche Merkmale und<br />
Eigenschaften diesen wesensmäßig zu eigen sind. Damit wird zurückgewiesen, dass<br />
jedes der beiden legitimen <strong>Geschlecht</strong>er einen wahren Kern immer schon und an sich<br />
besitzt. 8<br />
Damit wendet er sich gegen den lange vorherrschenden Biologismus, der die<br />
Natürlichkeit zweier <strong>Geschlecht</strong>er voraussetzt. Das heißt, die beiden <strong>Geschlecht</strong>er –<br />
Mann und Frau – sind von Natur aus gegeben und in jedem Menschen repräsentiert.<br />
Durch das Entweder-oder im Biologismus wurde lange Zeit die körperliche und<br />
intellektuelle Inferiorität der Frau erklärt, gerechtfertigt und gefestigt. Seit sich<br />
Forscherinnen der Problematik der Zweigeschlechtlichkeit angenommen haben, ist<br />
die Frau nicht mehr a priori anders oder besonders, sondern diese Vorstellung wird<br />
5 Vgl. Christiansen, Kerrin (1995): Biologische Grundlagen der <strong>Geschlecht</strong>erdifferenz. In: Pasero,<br />
Ursula/Braun, Friederike (Hrsg.) (1995): Konstruktion von <strong>Geschlecht</strong>. CENTAURUS-Verlagsgesellschaft.<br />
Paffenweiler. S. 13-15.<br />
6 Zit. n. Lenz, Hans-Joachim (2007): Gewalt und <strong>Geschlecht</strong>erverhältnis aus männlicher Sicht. In:<br />
Gahleitner, Silke Brigitta/Lenz, Hans-Joachim (Hrsg.) (2007): Gewalt und <strong>Geschlecht</strong>erverhältnis.<br />
Interdisziplinäre und geschlechtersensible Analysen und Perspektiven. Juventa Verlag. Weinheim und<br />
München. S. 34.<br />
7 Vgl. Pasero, Ursula (1999): Wahrnehmung – ein Forschungsprogramm für Gender <strong>Studie</strong>s. In: Pasero,<br />
Ursula/Braun, Friederike (Hrsg.) (1999): Wahrnehmung und Herstellung von <strong>Geschlecht</strong>. Perceiving and<br />
performing gender. Westdeutscher Verlag GmbH. Opladen/Wiesbaden. S. 14, 15.<br />
8 Zit. n. Budde, Jürgen (2003): Die <strong>Geschlecht</strong>erkonstruktion in der Moderne. Einführende Betrachtungen<br />
zu einem sozialwissenschaftlichen Phänomen. In: Luca, Renate (Hrsg.) (2003): Medien. Sozialisation.<br />
<strong>Geschlecht</strong>. Fallstudien aus der sozialwissenschaftlichen Forschungspraxis. Kopaed. München. S. 11.<br />
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