Vampir - Geschlecht - Studie - J. Reum
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Sexualität und hat in Mina eine ihm sexuell untergeordnete Frau gefunden, die sich<br />
damit begnügt nur einen Mann zu lieben.<br />
Harker und die <strong>Vampir</strong>jäger erreichen die Auslöschung der sexuell übergreifenden<br />
Macht der <strong>Vampir</strong>e. Die bürgerlichen Ideale von Sexualität, Liebe, Ehe und Familie<br />
werden wiederhergestellt, auch wenn Minas Emanzipation nicht aufgehalten wird.<br />
Ihre Sexualität ist aber nie so Furcht einflößend und eigenständig wie Lucys.<br />
Coppola geht durch die Zugabe von Liebe weiter als Murnau und gibt dem <strong>Vampir</strong><br />
wieder seinen menschlichen Aspekt und seine sexuelle Überlegenheit. Außerdem<br />
setzt er der stereotypischen Femme fatale nicht wie üblich die Femme fragile als<br />
Opfer gegenüber, sondern eine starke, selbstständige Frau – Mina.<br />
5.2 Die erotische Komponente – Ist es Liebe oder Hunger?<br />
Ekstase, Rausch, Lust, Begehren, Orgasmus, Küsse, Bisse – das alles ist bezeichnend<br />
für eine neue Entwicklung im <strong>Vampir</strong>ismus. Der <strong>Vampir</strong> wird nicht nur immer<br />
menschlicher im Aussehen und Auftreten, sondern er bekommt eine gottgleiche Aura<br />
und Macht über seine Opfer. Außerdem ist er der Dramatik der Dämmerung nicht<br />
mehr unterworfen, denn er entwickelt Möglichkeiten, dem Sonnenlicht standzuhalten.<br />
Dadurch und durch den Wegfall der religiösen Komponenten gibt es nichts, was dem<br />
<strong>Vampir</strong> noch schaden kann. Beinahe zeitgleich entwickelt sich der Liebesaspekt<br />
weiter. Zurück zum Romeo-und-Julia-Stereotyp und zur einzig wahren Liebe, weg<br />
von der lüsternen Liebe, der auch immer der Beigeschmack von Hunger anhaftete.<br />
Auch <strong>Vampir</strong>e haben sich emanzipiert – auf dem Weg zum Medienstar, zum<br />
Menschen und zum guten Helden, haben sie es geschafft, dem Blut der Menschen zu<br />
entsagen und fortan Tierblut zu trinken. Er wurde seiner ursprünglich monsterhaften<br />
Macht und Gewalt beraubt. Durch die ständige Vermenschlichung stellen sich die<br />
moralischen Fragen, ob nicht auch der <strong>Vampir</strong> nur Opfer ist und ob nicht auch er<br />
einen guten Kern besitzen kann.<br />
Der <strong>Vampir</strong> widerspricht weiter der stereotypen Rollenteilung Mann und Frau. Er hat<br />
die Macht und die Möglichkeit in verschiedene Rollen zu schlüpfen und diese<br />
auszuleben. Wie bereits erwähnt ändert sich nicht das biologische <strong>Geschlecht</strong>,<br />
sondern gender. 170 Im nächsten Abschnitt wird die Veränderung des (filmischen)<br />
<strong>Vampir</strong>s nach Anne Rice beschrieben, die ein großes Stück zur Vermenschlichung,<br />
zur Androgynität und zur Ästhetisierung des <strong>Vampir</strong>s beigetragen hat.<br />
5.2.1 Interview mit einem <strong>Vampir</strong><br />
Kein <strong>Vampir</strong> verkörpert die Klischees Schönheit, Macht und Moral so sehr wie Anne<br />
Rices Neuschöpfung – der ästhetisch-empfindsame <strong>Vampir</strong>. Er ist von dekadenter<br />
Eleganz, nicht übertrieben muskulös, aber dennoch ungewöhnlich stark. Seine Haut<br />
170 Vgl. Kührer (2010): S. 221.<br />
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