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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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IV. Sozialstaatsprinzip<br />

1. Rechtliche Herleitung<br />

Repetitorium<br />

Die Geltung des Sozialstaatsprinzips folgt aus Art. 20 Abs. 1 GG („sozialer Bundesstaat“),<br />

aus Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG („sozialen … Grundsätzen“) sowie aus<br />

Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG („sozialen Rechtsstaates“). Spezielle Ausprägungen finden<br />

sich in Art. 3 Abs. 3 S. 2 (Behinderte), Art. 6 Abs. 4 (Mutterschutz), Art. 9 Abs. 3<br />

S. 1 (Streikrecht) sowie Art. 14 Abs. 2 GG (Sozialbindung des Eigentums).<br />

2. Definition<br />

Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat zur Herstellung und Erhaltung<br />

sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit.<br />

� Soziale Gerechtigkeit verlangt die Herstellung tatsächlicher Chancengleichheit<br />

sowie Schutz der Schwachen vor den Starken.<br />

Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG), Schutz der Behinderten (Art. 3 Abs. 3 S. 2<br />

GG), soziales Arbeits- und Mietrecht, Gewährung von Prozesskostenhilfe.<br />

� Soziale Sicherheit bedeutet Schaffung und Erhaltung von Einrichtungen,<br />

die für den Fall des Fehlens eigener Daseinsreserven in Krisen die notwendige<br />

Daseinshilfe gewähren.<br />

Schaffung von Sozialversicherungssystemen, Gewährung von Sozialhilfe.<br />

Da die Schaffung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit gesetzlicher Regelungen<br />

bedarf, richtet sich das Sozialstaatsprinzip in erster Linie an den Gesetzgeber.<br />

Für Verwaltung und Gerichte erlangt das Sozialstaatsprinzip Bedeutung<br />

vor allem bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, für die<br />

Verwaltung auch bei Ermessensentscheidungen. Nur in eng umgrenzten Einzelfällen<br />

kann das Sozialstaatsprinzip (zusammen mit Grundrechten) unmittelbar<br />

Ansprüche des Bürgers begründen.<br />

3. Formulierungsbeispiel<br />

„Die Vorschriften des SGB II könnten den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen<br />

Existenzminimums verletzen. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m.<br />

dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG, der dem Gesetzgeber den Auftrag erteilt, jedem<br />

ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Hiervon umfasst werden …“ (vgl.<br />

näher BVerfG RÜ 2010, 250, 251).<br />

V. Bundesstaatsprinzip<br />

1. Rechtliche Herleitung<br />

Die Geltung des Bundesstaatsprinzips ergibt sich aus der in Art. 20 Abs. 1 GG<br />

getroffenen ausdrücklichen Feststellung, dass die Bundesrepublik ein Bundesstaat<br />

ist, ferner aus den zahlreichen Vorschriften, die vom Vorhandensein<br />

der Länder ausgehen (z.B. Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG: „in den Ländern“), insbesondere<br />

indem Zuständigkeiten auf Bund und Länder verteilt werden (vgl. Art. 30,<br />

70 ff., 83 ff., 92 ff., 104 a ff. GG).<br />

2. Definition<br />

Bundesstaat ist ein Gesamtstaat, bei dem die Ausübung der Staatsgewalt auf<br />

einen Zentralstaat (Bund) und mehre Gliedstaaten (Länder) aufgeteilt ist. Beim<br />

Bundesstaat haben sowohl der Bund als auch die Länder Staatsqualität.<br />

Beim Einheitsstaat hat nur der Zentralstaat Staatsqualität, nicht dagegen die einzelnen<br />

Untergliederungen, die ihre Befugnisse lediglich vom Zentralstaat ableiten. Beim<br />

Staatenbund übt der Gesamtstaat Staatsgewalt nur nach außen hin aus, während<br />

seine Anordnungen nach innen der Umsetzung der einzelnen Gliedstaaten bedürfen.<br />

Beim Bundesstaat übt der Bund dagegen sowohl nach außen als auch nach innen unmittelbar<br />

Staatsgewalt aus.<br />

RÜ 4/2012<br />

Anders der liberale Rechtsstaat, der lediglich<br />

für rechtliche Chancengleichheit<br />

sorgt.<br />

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