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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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RÜ 4/2012<br />

Repetitorium<br />

Ein Versammlungsverbot (§ 15 Abs. 1 VersG) ist z.B. nicht erforderlich, wenn Auflagen<br />

zur Abwehr der Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausreichen.<br />

� Angemessen ist die Maßnahme nur, wenn sie nicht zu Nachteilen führt,<br />

die erkennbar außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen.<br />

Hierbei hat i.d.R. eine umfassende Abwägung der betroffenen Rechte bzw. Rechtsgüter<br />

zu erfolgen. Unangemessen ist die Maßnahme nur, wenn der herbeigeführte<br />

Nachteil deutlich größer ist als der Vorteil der Maßnahme („erkennbar“).<br />

Vertrauensschutz g) Vertrauensschutz<br />

Ein weiteres Element des Rechtsstaats ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes.<br />

Er schränkt insbesondere die Rücknahme von Verwaltungsakten (§§ 48,<br />

49 VwVfG) und die Rückwirkung von Gesetzen ein. Bei rückwirkenden Gesetzen<br />

wird gemeinhin zwischen echter und unechter Rückwirkung unterschieden:<br />

Rückwirkende Strafgesetze sind nach<br />

Art. 103 Abs. 2 GG generell unzulässig.<br />

Rechtliche Herleitung<br />

Definition<br />

Subsumtion<br />

� Echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich in abgeschlossene,<br />

der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift, wenn also die<br />

Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eintreten<br />

sollen (deshalb teilweise auch als Rückbewirkung von Rechtsfolgen bezeichnet).<br />

� Unechte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie auf gegenwärtige,<br />

noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt, damit<br />

aber zugleich eine Rechtsposition nachträglich entwertet (auch tatbestandliche<br />

Rückanknüpfung).<br />

Die echte Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig. Sie ist nur ausnahmsweise<br />

zulässig, wenn das Vertrauen des Bürgers nicht schutzwürdig ist, z.B.<br />

weil der Bürger mit einer Regelung rechnen musste, die alte Rechtslage unklar<br />

und verworren war, eine nichtige Vorschrift durch eine wirksame Norm ersetzt<br />

wird oder aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls.<br />

Prüfungsansatz bei der echten Rückwirkung ist nach h.M. unmittelbar das Rechtsstaatsprinzip.<br />

Ein Gesetz mit unzulässiger echter Rückwirkung verstößt daher gegen<br />

Art. 20 Abs. 3 GG.<br />

Die unechte Rückwirkung ist dagegen grundsätzlich zulässig. Sie ist nur ausnahmsweise<br />

unzulässig, wenn aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung<br />

das Vertrauensinteresse des Bürgers das öffentliche Interesse<br />

überwiegt.<br />

Trotz der Herleitung des Rückwirkungsverbotes aus dem Rechtsstaatsprinzip wird heute<br />

die unechte Rückwirkung eher als ein Problem der Angemessenheit im Rahmen der<br />

Grundrechtsprüfung verstanden (vgl. Altevers RÜ 2010, 742 ff.).<br />

h) Weitere Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips sind u.a.<br />

� das Verbot von Einzelfallgesetzen (Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG für Grundrechtseingriffe,<br />

im Übrigen Art. 19 Abs. 4 GG bei Formenmissbrauch),<br />

� Unabhängigkeit der Gerichte und Richter (Art. 92, 97 GG),<br />

� Gebot eines fairen Gerichtsverfahrens (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG).<br />

3. Formulierungsbeispiel<br />

„Das Gesetz könnte gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen. Dieses Prinzip ist in Art. 20 GG<br />

zwar nicht ausdrücklich erwähnt, seine verfassungsrechtliche Geltung wird aber in verschiedenen<br />

Vorschriften vorausgesetzt (z.B. Art. 23 Abs. 1 S. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG) und ist<br />

deshalb allgemein anerkannt. Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ist u.a. das Gebot des<br />

Vertrauensschutzes, aus dem sich Einschränkungen für rückwirkende Gesetze ergeben.<br />

Vorliegend soll das Gesetz rückwirkend zum Jahresbeginn in Kraft treten. Darin könnte eine<br />

unzulässige echte Rückwirkung liegen. Dies setzt voraus, dass die Rechtsfolgen der Norm<br />

vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung gelten sollen. Vorliegend ergibt sich, dass …“

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