31.10.2012 Aufrufe

Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

264<br />

RÜ 4/2012<br />

Gegenbegriff ist der Willkürstaat, etwa in<br />

faschistischen oder kommunistischen Diktaturen.<br />

III. Rechtsstaatsprinzip<br />

1. Rechtliche Herleitung<br />

Repetitorium<br />

Die weitaus größte Bedeutung in der Klausur haben die Ausprägungen des<br />

Rechtsstaatsprinzips. Obwohl dieses Prinzips in Art. 20 GG nicht ausdrücklich<br />

erwähnt wird, ist allgemein anerkannt, dass es zu den grundlegenden <strong>Staatsstrukturprinzipien</strong><br />

zählt. Vorausgesetzt wird das Rechtsstaatsprinzip z.B. in<br />

Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG („rechtsstaatlichen … Grundsätzen“) und Art. 28 Abs. 1<br />

S. 1 GG („Rechtsstaates“). Die wichtigsten Ausprägungen finden sich in Art. 1<br />

Abs. 3 GG (Bindung an die Grundrechte), in Art. 20 Abs. 2 S. 2, 3. Fall GG (Gewaltenteilung)<br />

und Art. 20 Abs. 3 GG (Bindung an Recht und Gesetz).<br />

2. Definition<br />

Rechtsstaat ist ein Staat, dessen Ziel die Gewährleistung von Freiheit und Gerechtigkeit<br />

im staatlichen und staatlich beeinflussbaren Bereich ist und dessen<br />

Machtausübung durch Recht und Gesetz geregelt und begrenzt wird. Im<br />

Rechtsstaat ist das Recht primärer Ordnungsfaktor (Primat des Rechts).<br />

a) Gewaltenteilung (Funktionentrennung)<br />

Rechtsgrundlage des Gewaltenteilungsprinzips ist Art. 20 Abs. 2 S. 2, 3. Fall GG.<br />

Danach wird die Staatsgewalt vom Volk durch besondere Organe „der Gesetzgebung,<br />

der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung“ ausgeübt.<br />

Der Gedanke der Gewaltenteilung geht zurück auf den englischen Rechtsphilosophen<br />

Locke (1632–1704) und wurde später von dem französischen Staatstheoretiker Montesquieu<br />

(1689–1755) fortentwickelt.<br />

Grundlegend für die Gewaltenteilungslehre ist die Unterscheidung zwischen<br />

drei materiellen Staatsfunktionen: Legislative (Gesetzgebung), Exekutive<br />

(Verwaltung), Judikative (Rechtsprechung). Durch wechselseitige Begrenzung<br />

und Kontrolle der Machtausübung („checks and balances“) wird verhindert,<br />

dass eine der drei Funktionen eine übergeordnete Stellung erlangt.<br />

Die Regierung ist vom Vertrauen des Parlaments abhängig (Art. 63, 67, 68 GG). Verwaltung<br />

und Rechtsprechung sind an die vom Parlament erlassenen Gesetze gebunden<br />

(Art. 20 Abs. 3 GG). Die Gerichte kontrollieren die Verfassungsmäßigkeit der vom Parlament<br />

erlassenen Gesetze und die Rechtmäßigkeit einzelner Exekutivakte (Art. 92, 93,<br />

19 Abs. 4 GG) u.v.m.<br />

Ausfluss der Gewaltenteilung ist auch die sog. Inkompatibilität (auch personelle<br />

Gewaltenteilung). Niemand darf zwei Ämter innehaben, die sich gegenseitig<br />

kontrollieren oder hemmen sollen.<br />

Vgl. beispielhaft Art. 55 Abs. 1 GG (Bundespräsident), Art. 66 GG (Regierungsmitglieder),<br />

Art. 94 Abs. 1 S. 3 GG (Richter des BVerfG), Art. 137 GG (Beamte).<br />

Durchbrechungen des Gewaltenteilungsprinzips sind zulässig, wenn ein besonderer<br />

sachlicher Grund besteht (vgl. z.B. Art. 80 Abs. 1 GG, wonach die Exekutive<br />

Rechtsverordnungen als Gesetze im materiellen Sinne erlassen darf).<br />

Unzulässig ist in jedem Fall ein Eingriff in den Kernbereich einer anderen Gewalt,<br />

auch darf eine Gewalt kein deutliches Übergewicht gegenüber den anderen<br />

Gewalten erhalten.<br />

b) Bindung an Recht und Gesetz<br />

Die Legislative ist an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden (Art. 20<br />

Abs. 3, 1. Halbs. GG), d.h. Gesetze müssen verfassungsgemäß sein. Exekutive<br />

und Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3,<br />

2. Halbs. GG). Die Legislative kann die beiden anderen Gewalten daher durch<br />

Gesetze binden. Die Gesetzesbindung bezieht sich auf das Grundgesetz (insbesondere<br />

die Grundrechte, Art. 1 Abs. 3 GG) und alle sonstigen einfachrechtlichen<br />

Normen des Bundes- und Landesrechts.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!