Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
262<br />
RÜ 4/2012<br />
1. Rechtliche Herleitung<br />
Repetitorium<br />
Dass die Bundesrepublik Deutschland eine Demokratie ist folgt aus der Festlegung<br />
in Art. 20 Abs. 1 GG („demokratischer … Bundesstaat“) und aus Art. 20<br />
Abs. 2 S. 1 GG („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“). Auch Art. 23 Abs. 1 S. 1<br />
(„demokratischen … Grundsätzen“) und Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG („demokratischen<br />
… Rechtsstaates“) bestätigen die Geltung des Demokratieprinzips.<br />
2. Definition<br />
Ausübung der Staatsgewalt a) Ausübung der Staatsgewalt<br />
Die Gegenmeinung will zumindest konsultative<br />
Volksbefragungen zulassen, da<br />
es hierbei nicht um direkte Teilhabe und<br />
Ausübung von Staatsgewalt gehe (vgl.<br />
AS-Skript Staatsorganisationsrecht [2012],<br />
Rdnr. 50).<br />
Die wichtigsten Ausprägungen des Demokratieprinzips ergeben sich aus<br />
Art. 20 Abs. 2 GG.<br />
Das Volk ist Träger der Staatsgewalt (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG). Es übt die Staatsgewalt<br />
aus<br />
� in Wahlen und<br />
� Abstimmungen und<br />
� durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und<br />
der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG).<br />
aa) Wahlen sind vor allem die Wahlen zum Bundestag, zum Landtag und zu<br />
den Kommunalvertretungen (Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG). Sie müssen demokratischen<br />
Grundsätzen entsprechen, d.h. nach dem Verständnis des Grundgesetzes<br />
allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sein (Art. 38 Abs. 1 S. 1,<br />
Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG).<br />
Volk i.S.d. Art. 20, 28 GG ist das deutsche Staatsvolk, d.h. alle Deutschen i.S.d. Art. 116<br />
Abs. 1 GG. Ausländer gehören nicht dazu (§ 2 AufentG). Deshalb steht Ausländern auch<br />
kein Wahlrecht zu. Eine Ausnahme gilt für Unionsbürger bei Kommunalwahlen nach<br />
Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG, Art. 22 Abs. 1 AEUV.<br />
Da es in der Demokratie nur Herrschaft auf Zeit gibt, müssen Wahlen periodisch<br />
stattfinden.<br />
Die Verlängerung einer laufenden Legislaturperiode stellt einen Eingriff in den Kernbereich<br />
des Demokratieprinzips dar und ist daher auch durch Verfassungsänderung nicht<br />
zulässig (Art. 79 Abs. 3 GG). Eine Verlängerung künftiger Wahlperioden ist dagegen<br />
durch Verfassungsänderung möglich, wobei überwiegend aber von einer Obergrenze<br />
von fünf Jahren ausgegangen wird.<br />
bb) Abstimmungen sind im Grundgesetz nur noch bei der Neugliederung des<br />
Bundesgebiets vorgesehen (Art. 29 Abs. 2 GG). Andere Formen der Volksbeteiligung<br />
(Volksbefragung, Volksbegehren und Volksentscheid) sind auf Bundesebene<br />
nach h.M. unzulässig. Dies folgt aus dem gemäß Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG geltenden<br />
Grundsatz der repräsentativen Demokratie, der nur in ausdrücklich<br />
bestimmten Fällen eine unmittelbare Beteiligung des Volkes zulässt.<br />
In den Verfassungen der Länder sind demgegenüber teilweise obligatorische bzw. fakultative<br />
Volksabstimmungen vorgesehen.<br />
cc) Im Übrigen übt das Volk die Staatsgewalt nur mittelbar durch besondere<br />
Organe der Gesetzgebung (Legislative), der vollziehenden Gewalt (Exekutive)<br />
und der Rechtsprechung (Judikative) aus (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). Aufgrund des<br />
Demokratieprinzips bedürfen diese Organe bei jeglichem hoheitlichem Handeln<br />
einer Legitimation, die sich auf das Staatsvolk zurückführen lässt (ununterbrochene<br />
Legitimationskette vom Volk zu den Staatsorganen).<br />
In personeller Hinsicht ist eine hoheitliche Entscheidung legitimiert, wenn sich die Bestellung<br />
desjenigen, der sie trifft, durch eine ununterbrochene Legitimationskette auf<br />
das Staatsvolk zurückführen lässt. Die sachlich-inhaltliche Legitimation wird durch Gesetzesbindung<br />
und Bindung der Regierung an Aufträge und Weisungen des Parlaments<br />
vermittelt (vgl. BVerfG RÜ 2012, 178, 181).