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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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Rechtsprechung<br />

einträchtigung hinaus, die der Gewahrsam an sich für ihn darstellte. Er hat damit<br />

die Art und Weise des Gewahrsams zu einem eigenen Streitgegenstand und insoweit<br />

ausdrücklich eine zusätzliche Verletzung in seinem Persönlichkeitsrecht<br />

und seiner Menschenwürde (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie der Freiheit<br />

der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) geltend gemacht. Damit rügt er (auch) eine Verletzung<br />

von Art. 19 Abs. 3 Satz 3 PAG, wonach festgehaltenen Personen nur solche<br />

Beschränkungen auferlegt werden dürfen, die der Zweck der Freiheitsentziehung<br />

oder die Ordnung im Gewahrsam erfordert.“<br />

2. Bei erledigten Maßnahmen kann ein Feststellungsinteresse nur bestehen,<br />

wenn der Kläger noch immer ein Interesse an gerichtlicher Klärung hat.<br />

„[33] Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann jedoch ein Bedürfnis<br />

an einer gerichtlichen Entscheidung fortbestehen, wenn das Interesse des<br />

Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig<br />

ist. Dies ist unabhängig von der hier statthaften Klageart jedenfalls bei Bestehen<br />

einer Wiederholungsgefahr oder einer fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen<br />

an sich beendeten Eingriff der Fall. Darüber hinaus kommt ein trotz Erledigung<br />

fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe<br />

in Betracht (…). Bei derart schwerwiegenden Grundrechtseingriffen hat<br />

das Bundesverfassungsgericht ein durch Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes Rechtsschutzinteresse<br />

u.a. in Fällen angenommen, in denen die direkte Belastung durch<br />

den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine<br />

Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der<br />

von der Prozessordnung eröffneten Instanz kaum erlangen kann (…).“<br />

Es gelten daher für das Feststellungsinteresse im Rahmen des § 43 Abs. 1<br />

VwGO dieselben Kriterien wie für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse<br />

i.S.d. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO.<br />

„[35] Auch wenn man die vom Kläger angegriffenen polizeilichen Maßnahmen<br />

nicht als Realakte, sondern als polizeiliche Verwaltungsakte ansehen würde, hätte<br />

der Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO für sein<br />

Klagebegehren. Nach ständiger Rechtsprechung (…) genügt dafür jedes nach vernünftigen<br />

Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse<br />

rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. … Nach ständiger Rechtsprechung<br />

des Bundesverwaltungsgerichts kann ein ideelles Feststellungsinteresse<br />

auch in Betracht kommen, wenn die in Frage stehende Maßnahme den Kläger objektiv<br />

in seinem grundrechtlich geschützten Bereich beeinträchtigt hat (…). Hierzu<br />

zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand<br />

haben (…).“<br />

a) Danach lässt sich hier ein Feststellungsinteresse des K im Hinblick auf einen<br />

schwerwiegenden Grundrechtseingriff bejahen.<br />

„[34] Denn der Kläger beruft sich auf die Verletzung seiner Menschenwürde nach<br />

Art. 1 Abs. 1 GG sowie seines Rechts auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit<br />

gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und seines Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit<br />

sowie die Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 GG. Diese geltend gemachten<br />

Grundrechtsverletzungen sind nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen, …“<br />

b) Im Übrigen ist auch eine Wiederholungsgefahr anzunehmen, „[33] … da<br />

der Kläger des Öfteren an Versammlungen oder Veranstaltungen wie dem Straßentheater,<br />

das Anlass für seine Ingewahrsamnahme war, teilnimmt und dabei immer<br />

wieder die Gefahr besteht, zumindest kurzfristig in Polizeigewahrsam zu kommen.“<br />

IV. Soweit man mit der Rechtsprechung zur Vermeidung einer Popularklage<br />

eine Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO auch bei der Feststellungsklage<br />

fordert, ergibt sich diese hier daraus, dass K geltend machen kann, in seinen<br />

Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzt zu sein.<br />

RÜ 4/2012<br />

Feststellungsinteresse bei erledigten<br />

Maßnahmen insbesondere bei<br />

� Wiederholungsgefahr<br />

� Rehabilitationsbedürfnis<br />

� schwerwiegendem Grundrechtseingriff<br />

� Präjudizwirkung<br />

Zur analogen Anwendung des § 42 Abs. 2<br />

VwGO bei der Feststellungsklage vgl.<br />

AS-Skript VwGO [2011], Rdnr. 291.<br />

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