Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
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RÜ 4/2012<br />
Zur Rechtsnatur von Standard- und<br />
Zwangsmaßnahmen vgl. AS-Skript Verwaltungsrecht<br />
AT 1 [2011], Rdnr. 183 ff.<br />
Rechtsprechung<br />
II. Als statthafte Klageart kommt die Fortsetzungsfeststellungsklage analog<br />
§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO in Betracht, wenn sich K gegen einen erledigten<br />
Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG wendet.<br />
1. Die Ingewahrsamnahme und die während ihrer Dauer getroffenen Maßnahmen<br />
sind an sich Realakte ohne eigenständige Regelungswirkung. Teilweise<br />
wird jedoch angenommen, dass in der Durchführung der Maßnahme<br />
zugleich die Pflicht zu deren Duldung konkretisiert werde. Dieses konkludente<br />
Duldungsgebot stelle einen selbstständigen Verwaltungsakt dar.<br />
„[29] Dabei kann letztlich offen bleiben, ob man die streitbefangenen ,Maßnahmen‘<br />
oder die dem Kläger durch die beanstandeten Umstände seiner Unterbringung<br />
während der polizeilichen Ingewahrsamnahme auferlegten ,Beschränkungen‘<br />
als eigenständige polizeiliche Verwaltungsakte mit entsprechendem Regelungsgehalt<br />
(etwa des Inhalts, diese Maßnahmen oder Beschränkungen zu dulden)<br />
… oder als (bloße) Realakte im Rahmen des Vollzugs des polizeilichen Gewahrsams<br />
(…) einstuft. [30] Denn in jedem Fall ist ein effektiver nachträglicher gerichtlicher<br />
Rechtsschutz (s. Art. 19 Abs. 4 GG) der bereits vor Klageerhebung beendeten<br />
Maßnahmen entweder über eine Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend<br />
§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder aber die allgemeine Feststellungsklage gemäß<br />
§ 43 Abs. 1 VwGO gewährleistet.“<br />
Die Annahme eines DuldungsVA ist vor allem historisch begründet, da es vor<br />
Inkrafttreten der VwGO Verwaltungsrechtsschutz nur bei Verwaltungsakten<br />
gab. Deswegen war die Rechtsprechung bemüht, in schlichtes Verwaltungshandeln<br />
einen VA hineinzuinterpretieren, um den Rechtsweg zu eröffnen. Für<br />
eine solche extensive Handhabung des VA-Begriffs besteht heute kein Bedürfnis<br />
mehr, da die VwGO mit der allgemeinen Feststellungsklage (§ 43 VwGO)<br />
ausreichenden Rechtsschutz auch bei (erledigten) Realakten zur Verfügung<br />
stellt. Bezüglich der Art und Weise der Ingewahrsamnahme fehlt es daher mangels<br />
Regelung an einem VA. Die Fortsetzungsfeststellungsklage scheidet aus.<br />
2. Statthaft ist vielmehr die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1<br />
VwGO. Das dafür erforderliche Rechtsverhältnis resultiert aus der streitigen<br />
Frage, ob die Polizei zur Durchführung der Ingewahrsamnahme in der konkreten<br />
Art und Weise berechtigt war. Diese Frage kann K nach Erledigung auch<br />
nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage klären, sodass die Feststellungsklage<br />
nicht subsidiär ist (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO).<br />
III. Der Kläger muss ein berechtigtes Interesse (Feststellungsinteresse) an<br />
der baldigen Feststellung haben (§ 43 Abs. 1 VwGO. Ausreichend ist dafür jedes<br />
nach der Sachlage anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher<br />
oder ideeller Art.<br />
1. Daran könnte es hier fehlen, weil das Landgericht die Ingewahrsamnahme<br />
bereits für rechtswidrig erklärt hat. Diese Entscheidung betraf jedoch nur die<br />
Ingewahrsamnahme dem Grunde nach (das „Ob“) und nicht das „Wie“.<br />
„[32] Die Frage der Anordnung der Ingewahrsamnahme und deren Vollzug sind<br />
nämlich grundsätzlich voneinander zu scheiden. So kann etwa die Anordnung einer<br />
Ingewahrsamnahme durchaus rechtmäßig sein, während einzelne Maßnahmen<br />
während des Vollzugs sich als rechtswidrig erweisen können, ohne dass von<br />
einem Durchschlagen dieses Mangels auf die Freiheitsentziehung als solche ausgegangen<br />
werden muss (…). Das Landgericht hat im o.g. Beschluss die Ingewahrsamnahme<br />
deshalb als rechtswidrig angesehen, weil die den Kläger in Gewahrsam<br />
nehmende Polizei gegen das Unverzüglichkeitsgebot verstoßen hat, d.h.<br />
nicht unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer<br />
der Freiheitsentziehung gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 PAG herbeigeführt hat. Demgegenüber<br />
macht der Kläger hier geltend, … durch das lange Sitzen im Polizeibus<br />
in seinen Grundrechten beeinträchtigt zu sein, und zwar über die Grundrechtsbe-